Lidl
Lidl ist ein international tätiges deutsches Discountunternehmen mit Sitz im baden-württembergischen Neckarsulm. Lidl betreibt 10.800 Filialen in 32 Ländern (Stand: September 2020) und ist nach der Anzahl der Filialen der größte Discounter-Konzern der Welt. Lidl ist ein Tochterunternehmen der Schwarz-Gruppe, zu der auch Kaufland als Lebensmittelvollsortimenter gehört. Mit 89 Milliarden Euro soll der Discounter im Jahr 2019 rund vier Fünftel zum Gesamtumsatz der Schwarz-Gruppe beigetragen haben.[4]
Lidl Stiftung & Co. KG | |
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Rechtsform | Stiftung & Co. KG |
Gründung | 1973 |
Sitz | Neckarsulm, Deutschland |
Leitung | Gerd Chrzanowski (kommissarischer Vorstandsvorsitzender)[1]
ab 1. Dezember 2021 Kenneth McGarth[2] |
Mitarbeiterzahl | 192.920 (weltweit, 2019/20)[3] |
Umsatz | 89 Mrd. Euro (Geschäftsjahr 2019/20)[3] |
Branche | Lebensmitteleinzelhandel |
Website | info.lidl |
Stand: 29. Februar 2020 |
Geschichte
Die Lidl & Cie. Südfrüchtenhandlung findet sich bereits im Heilbronner Adressbuch von 1862. Zunächst in der Sülmerstraße 31 beheimatet, zog das Unternehmen des Kaufmanns Aloys Paulweber vor 1879 in die Deutschordensstraße 11, bevor es zehn Jahre später in der Sülmerstraße 54 zu finden war.[5]
1930 trat der Heilbronner Kaufmann Josef Schwarz (1903–1977) als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) in die damalige Lidl & Co. Südfrüchtenhandlung ein. Das Unternehmen wurde in Lidl & Schwarz KG umbenannt und zu einer Lebensmittelgroßhandlung für die Region Heilbronn-Franken ausgebaut.
Nachdem Lidl & Schwarz 1944 im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört worden war, gelang der Wiederaufbau der Lebensmittelgroßhandlung innerhalb von zehn Jahren. 1954 wurde in Heilbronn eine neue Hauptverwaltung eingerichtet. 1968 eröffnete Lidl & Schwarz den ersten Supermarkt unter dem Namen „Handelshof“ im schwäbischen Backnang, die Handelshof-Märkte wurden ab 1984 in Kaufland-Supermärkte umbenannt.[6]
Dieter Schwarz, der einzige Sohn von Josef Schwarz, absolvierte nach seinem Abitur von 1958 bis 1960 eine kaufmännische Ausbildung in der Lebensmittelgroßhandlung Lidl & Schwarz KG in Heilbronn. Sein Vater Josef Schwarz war zu diesem Zeitpunkt alleiniger Geschäftsführer der Lidl & Schwarz KG.[7] 1962 wurde Dieter Schwarz Prokurist und 1963 persönlich haftender Gesellschafter der Lidl & Schwarz KG in Heilbronn. 1972 wurde in Neckarsulm eine neue Unternehmenszentrale eröffnet.
Gründung des Discounterkonzerns Lidl
1968 eröffnete Dieter Schwarz seinen ersten Einzelhandelsladen.[8] Einige Jahre später, 1973, wurde der erste Discountermarkt als neuer Geschäftstyp in Ludwigshafen am Rhein (Mundenheimer Straße) eröffnet.[9] Weil er den Namen Lidl, den das väterliche Unternehmen bereits als Bestandteil in der Firmenbezeichnung trug, aus rechtlichen Gründen nicht ohne weiteres übernehmen konnte und um das Wortspiel „Schwarzmarkt“ zu vermeiden, sicherte Dieter Schwarz sich rechtlich ab, indem er dem pensionierten Berufsschullehrer und Kunstmaler Ludwig Lidl für 1000 DM die Namensrechte abkaufte.[10]
Als Josef Schwarz 1977 im Alter von 74 Jahren starb, übernahm Dieter Schwarz die Lebensmittelgroßhandlung Lidl & Schwarz KG. Zu diesem Zeitpunkt verfügte Dieter Schwarz bereits über 30 Lidl-Filialen. Bis 1978 testete Schwarz verschiedene Discounttypen, bevor die endgültige Konzeption der Lidl-Discounter in Serie ging. Die Unternehmens-Aktivitäten wurden in den Bereich der Discountmärkte (Kleinflächen) unter dem Namen Lidl sowie in den Bereich der Vollsortimenter (Großflächen) Kaufland aufgeteilt.
Mit dem Rückzug aus der Unternehmensleitung 1999 übertrug Dieter Schwarz seinen Anteil steuersparend auf die gemeinnützige Dieter-Schwarz-Stiftung gGmbH, deren Zweck unter anderem die Förderung von Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur ist.
Nach Wilfried Oskierski folgte im September 2008 Karl-Heinz Holland als Vorstandsvorsitzender.[11][12] Die Entlassung Hollands am 21. März 2014 wurde mit „unterschiedlicher, nicht überbrückbarer Auffassungen betreffend der künftigen strategischen Geschäftsausrichtung“ begründet. Holland bekam nach Informationen des Manager Magazins bis zum Ende seiner Kündigungsfrist zum 31. März 2017 sein Jahresgehalt von 3 Millionen Euro.[13] Sein Nachfolger, Sven Seidel, blieb aufgrund „unterschiedlicher strategischer Geschäftsauffassungen“ nur bis Februar 2017 auf seiner Position. Seidels Nachfolger, Jesper Højer, verließ das Unternehmen nach zwei Jahren aufgrund persönlicher Gründe. Er wurde Mitte 2019 durch Ignazio Paternò abgelöst. Seit August 2020 ist Gerd Chrzanowski kommissarischer Vorstandsvorsitzender. Er wird am 1. Dezember 2021 von Kenneth McGrath abgelöst. Chrzanowski übernimmt dann den Vorsitz der Schwarz-Gruppe.[2]
Im Dezember 2015 eröffnete Lidl in Offenau die erste deutsche Filiale einer neuen Filialgeneration, die im Ausland zuvor bereits getestet worden war. Die neuen Filialen zeichnen sich durch Baumaterialien wie Glas, Aluminium und Holz sowie eine neue Beleuchtungstechnik aus, sind außerdem geräumiger gestaltet und bieten ansprechende Aufenthaltsräume für die Mitarbeiter.[14] Am 5. Mai 2017 fand in Bad Wimpfen der erste Spatenstich für eine neue Lidl-Deutschland-Zentrale statt. Unweit des bisherigen Unternehmenssitzes in Neckarsulm soll für die rund 1500 Beschäftigten der Lidl Stiftung & Co. KG ein eigenes Gewerbegebiet erschlossen werden. Der Umzug des Unternehmens war für 2020 geplant.[15]
Expansion
Eine internationale Expansion wird seit 1989 intensiv betrieben. Nach der Expansion Lidls innerhalb Westdeutschlands wurde 1990 das erste Geschäft in den ostdeutschen Bundesländern in Chemnitz eröffnet. Ein Jahr zuvor begann 1989 die internationale Expansion mit dem Markteintritt in Frankreich.
Anzahl der Lidl-Filialen in einzelnen Ländern
Staat | Anzahl der Filialen[16] | Markteintritt[17] |
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Belgien | 305 | 1995 |
Bulgarien | 99 | 2010 |
Dänemark | 120 | 2005 |
Deutschland | rund 3200 | 1973 (Discounterprinzip) |
Finnland | 180 | 2002 |
Frankreich | 1500 | 1989 |
Griechenland | 224 | 1999 |
Irland | 162 | 2000 |
Italien | 630 | 1992 |
Kroatien | 97 | 2006 |
Litauen | 36 | 2016 |
Lettland | 15 | 2021 |
Luxemburg | 10 | 2001 |
Malta | 8 | 2008 |
Niederlande | 420 | 1997 |
Österreich | 250 | 1998 |
Polen | 705 | 2002 |
Portugal | 250 | 1995 |
Rumänien | 250 | 2011 |
Schweden | 204 | 2003 |
Schweiz | 157[18] | 2009 |
Serbien | 43 | 2018 |
Slowakei | 138 | 2004 |
Slowenien | 54 | 2007 |
Spanien | 550 | 1994 |
Tschechien | 245 | 2003 |
Ungarn | 200 | 2004 |
Vereinigte Staaten | 98 (71 eigene) | 2017 |
Vereinigtes Königreich | 760 | 1994 |
Zypern | 17 | 2010 |
2014 war Lidl mit 9.875 Filialen in 26 Ländern vertreten,[19] 2021 mit 11.550 Filialen in 30 Ländern.[20] Ein wesentliches Erfolgsrezept für Lidl und vergleichbare Discounter wie Aldi Süd und Aldi Nord ist die Anpassung der Sortimente auf die landestypischen Eigenheiten. Deswegen unterscheiden sich die Sortimente teils enorm. In Märkten, in denen auch Aldi Süd oder Aldi Nord vertreten ist, sind diese Unternehmen stets Hauptwettbewerber.
Norwegen ist das einzige Land, aus dem sich Lidl nach einem Markteintritt wieder zurückgezogen hat. Offizieller Grund war, dass Lidl seit dem Markteintritt 2004 nach vier Jahren in Norwegen einen zu geringen Marktanteil von 1,5 % erreichte und daher die weitere Expansion stoppte.[21] Im März 2008 wurde bekannt, dass sich der Discounter von seinen 50 Märkten in Norwegen trennen und sie an die Reitan-Gruppe abgeben werde. Neben den Filialen wurden auch Verwaltung und Distribution abgegeben.[22]
Besonderheiten bei der Expansion
Zur weiteren Finanzierung der Expansion wurden Ende 2006 Immobilien im Wert von einer Milliarde Euro verkauft.[23] In Frankreich ist Lidl mit 1500 Filialen Marktführer im Discount-Segment.[24] Der Eintritt in den tschechischen Markt (2003) war von Affären um die Abholzung geschützter Bäume begleitet.[25] Die Expansion in die baltischen Märkte wurde 2006 aufgrund mangelnden Erfolges vorerst gestoppt[26] und 2014 erneuert.
In Kroatien wurden am 23. November 2006 die ersten Filialen eröffnet.[27] Am 29. März 2007 eröffnete Lidl die ersten Filialen in Slowenien und begleitete den Markteintritt mit einer großen Werbekampagne im Fernsehen, in Printmedien und mit Plakaten. 2010 folgte der Markteintritt auf den Kanaren,[28] Bulgarien und Zypern.[29]
Litauen
Lidl ist in Litauen mit der UAB Lidl Lietuva seit Dezember 2002 vertreten.[30] 2006 wurde die Tätigkeit im ganzen Baltikum gestoppt. Erst 2010 unternahm man aktivere Handlungen bezüglich Investitionen. Nach Unternehmensangaben wird eine Gesamtzahl von 25 bis zu 30 Filialen angestrebt[31] (nach anderen Quellen bis zu 100).[32] Insgesamt sollen bis zu 202 Mio. Euro investiert werden.[33] Das Sortiment solle 1600 Artikel umfassen, davon die Hälfte aus Litauen. Am 20. Juli 2016 beschäftigte man 1585 Mitarbeiter.[34] Lidl-Vorstandsmitglied und Lidl-Personalchefin Christine Rittner verantwortete ab 2014 als Vorsitzende der Geschäftsleitung von Lidl Litauen die Vorbereitungen für den Markteintritt in das baltische Land. Direktor der litauischen geschlossenen Aktiengesellschaft (UAB) ist Radostin Dimitrov Roussev-Peine.
Die Unternehmenszentrale befindet sich in der litauischen Hauptstadt Vilnius, im Stadtteil Viršuliškės.
Die Fläche des von „Lidl Lietuva“ im Jahr 2013 gekauften Grundstücks bei Kaunas beträgt 143.000 m², auf dem seit dem 14. April 2016 das Zentrallager auf einer Fläche von 42.800 m² (davon 13.000 m² für Kühlraum) unterhalten wird.[35] Das BREEAM-zertifizierte Logistikzentrum wurde für 29 Mio. Euro beim Dorf Ramučiai in der Rajongemeinde Kaunas gebaut.[36] Die Investitionen betragen 40 Mio. Euro.
Die ersten 15 Läden wurden am 2. Juni 2016 geöffnet. Die Reihen der Käufer[37] entstanden schon ab 6:30 Uhr, obwohl die Geschäfte erst um 8 Uhr geöffnet wurden.[38] Den Lidl-Markt in Fabijoniškės besuchten als erste Käufer Ehrengäste ab 7:30 Uhr. Dazu zählten das „Lidl“-Werbegesicht Basketballspieler Arvydas Sabonis, der Vilniuser Bürgermeister Remigijus Šimašius, der litauische Wirtschaftsminister Evaldas Gustas sowie Diplomaten aus der deutschen Botschaft in Vilnius.[39] Vor der Öffnung des Geschäfts in Alytus waren etwa 200 Menschen versammelt, teilweise in aggressiver Stimmung.[40] In Kaunas schlugen wartende Kunden einen Tag vor Eröffnung Zelte auf.[41] Die Reihen der Käufer gab es auch am zweiten „Lidl“-Öffnungstag (3. Juni 2016) vor der Öffnung der Geschäfte.[42]
Österreich
Seit 1998 ist Lidl in Österreich durch die Lidl Österreich GmbH mit Sitz in Salzburg vertreten. Lidl Österreich betreibt rund 230 Filialen und drei Logistikzentren (Laakirchen, Wundschuh und Müllendorf). 2018 begann die Errichtung eines 6 ha großen Logistikzentrums bei Großebersdorf, das ab 2021 das Zentrum im burgenländischen Müllendorf[43] ersetzen soll.
Mit seinen mehr als 4800 Beschäftigten erreichte Lidl Österreich im Geschäftsjahr 2016/2017 einen Netto-Umsatz von rund 1,2 Mrd. Euro.[44] Der Marktanteil am österreichischen Lebensmitteleinzelhandel lag 2016 bei rund 4,2 %.
Rumänien
2011 kaufte Lidl die 107 von Plus in Rumänien betriebenen Filialen und flaggte diese bis Oktober auf das Lidl-Konzept um.[45] Zur Finanzierung dieser Expansion wurde 2010 ein Kredit über 200 Millionen Euro der EBRD genehmigt.[46]
Schweiz
Im März 2009 wurde die erste Filiale in der Schweiz eröffnet.[47] Der Sitz der Lidl Schweiz AG ist in Weinfelden.[48] 2018 wurde ein neues Hauptsitz-Gebäude bezogen, welches Lidl für ca. 65 Mio. Schweizer Franken bauen lies.[49] Die Verteilzentren sind in Weinfelden und Sévaz und ein Weiteres soll möglicherweise in Roggwil BE gebaut werden.[50] Im Oktober 2020 begann Lidl eine eigene Bananenreiferei in Weinfelden zu bauen.[51][18] Lidl ging eine Partnerschaft mit Loeb ein und eröffnete infolgedessen in zwei Loeb-Warenhäusern je eine Lidl-Filiale (2019; Biel, 2021; Bern).[52][53]
Vereinigtes Königreich
Nach dem Markteintritt im Jahr 1994 wurde die Expansion stark vorangetrieben. Heute ist das Unternehmen in England, Schottland, Wales und Nordirland mit etwa 760 Läden vertreten. Das Unternehmen profitierte wie der Konkurrent Aldi Süd stark von der in dem Land stark spürbaren Finanzkrise 2008 und baute den Marktanteil seitdem von 2 Prozent auf knapp (2019) 6 Prozent aus. Auch vor dem Hintergrund des Brexits wurde der Anteil der lokal produzierten Produkte stetig erhöht, was zum Erfolg beitrug. Außerdem sind die Preise teilweise wesentlich geringer als in den etablierteren, britischen Supermarktketten. In den kommenden Jahren nach 2019 möchte das Unternehmen seine Filialanzahl daher weiter erhöhen (bspw. in London um 40 Läden).
USA
Im Juni 2017 eröffnete Lidl USA vom Unternehmenssitz in Arlington, Virginia, die ersten zehn US-Filialen in den Bundesstaaten Virginia, North Carolina und South Carolina. Innerhalb eines Jahres sollten anfangs bereits über 100 weitere Lidl-Märkte an der Ostküste der USA folgen, womit Lidl an die Expansionspläne des Konkurrenten Aldi Süd für die USA anschließen will.[54] Aufgrund der für Verbraucher nicht attraktiven Lage und die zu großzügige Gestaltung der Märkte sowie zu lange Logistikwege explodierten für das Unternehmen die Kosten des Markteintritts (geschätzt: Über 1 Mrd. Euro). Die Expansion wurde daher gestoppt und die Pläne für neue Märkte überarbeitet. Daher sind bis 2019 erst rund 71 Märkte eröffnet worden. Eine Expansion in weitere Bundesstaaten ist jedoch fest geplant. Dazu gehörte die zwischenzeitliche Akquisition von 27 Supermärkten der Marke Best Market in den Bundesstaaten New York und New Jersey.
Seit 2019 verantwortet Roman Heini die Landesgesellschaft, er war vorher Deutschland-Manager von Aldi Süd. Heini verordnete dem US-Sortiment eine stärkere Ausrichtung auf typisch amerikanische Produkte und auf ein amerikanischeres Filialkonzept als zuvor.[55]
Laut Klaus Gehrig rechnet das Unternehmen mit einem Zeitraum von zehn bis zwölf Jahren, bis sich das Unternehmen wie in Europa bei den Verbrauchern als ernstzunehmende Alternative etabliert hat.[56]
Der Slogan von Lidl in den USA lautete zuerst Rethink Grocery (etwa: Lebensmittel neu denken), inzwischen jedoch Think Grocery (etwa: Denke Lebensmittel).
Unternehmen
Struktur
Lidl hat die Rechtsform einer Stiftung & Co. KG, der etwa 600 verschiedene Landes- und Servicegesellschaften unterstellt sind.[57] Die Lidl-Stiftung sowie die deutsche Geschäftsleitung haben ihren Unternehmenssitz in räumlich voneinander getrennten Gebäuden in Neckarsulm. Mitte 2021 erfolgt der Umzug von Lidl Deutschland nach Bad Wimpfen.
In Deutschland betreibt Lidl 39 Regionalgesellschaften, die wiederum (Stand 2019) etwa 3200 Filialen betreuen.[58] In jeder Regionalgesellschaft gibt es verschiedene Abteilungen, wie zum Beispiel Logistik oder Vertrieb. Für alle Bereiche einer Regionalgesellschaft ist ein Regionalgeschäftsführer zuständig,[59] der diese führt. Der Regionalgeschäftsführer wird unterstützt durch die unter ihm stehenden Vertriebsleiter.
Den Vertriebsleitern unterstehen mehrere Verkaufsleiter, die je einen Verkaufsbezirk von fünf bis sechs Filialen verantworten. Ein Verkaufsleiter ist auch gleichzeitig Disziplinarvorgesetzter und führt bis zu 100 Mitarbeiter. In einer Lidl-Filiale gibt es einen Filialverantwortlichen, der für den Ausbildungsstand und die Einteilung des Filialpersonals sowie für die Warendisposition, Abrechnung und Erreichung der entsprechenden Filial-Kennzahlen verantwortlich ist.
Produktionsbetriebe
Im Jahr 2008 erwarb die Schwarz Produktion GmbH & Co. KG die Unternehmensgruppe Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke, um Getränke selbst herstellen zu können und einen internen Recycling-Kreislauf für PET-Flaschen zu schaffen. Die erworbene Unternehmensgruppe war zu dem Zeitpunkt der zweitgrößte deutsche Hersteller von Erfrischungsgetränken und stellt seitdem für Lidl, aber auch für das Schwarz-Unternehmen Kaufland Getränke her. Die Unternehmensgruppe dient als Tochter der Schwarz Produktion GmbH & Co. KG als Muttergesellschaft[60] für die danach aufgebauten Produktionsbetriebe für Lidl-Produkte sowie ein Tiefkühllager am Hauptstandort Übach-Palenberg bei Aachen:
Im Jahr 2008 wurde die Solent GmbH & Co. KG in Übach-Palenberg gegründet.[61] Das Unternehmen produziert Schokolade und artverwandte Süßwaren sowie Nüsse und Trockenfrüchte,[62][63] unter anderem wird dort der größte Teil des Fin-Carré-Sortiments hergestellt. Mit der Eigenproduktion baut Lidl sein Schokoladenangebot weiter aus.[64]
Ebenfalls in Übach-Palenberg angesiedelt ist die Bonback GmbH & Co. KG. Das Tochterunternehmen produziert seit 2012 Backwaren für die Lidl-Filialen. Man beabsichtigt die Produktion fortlaufend auszubauen.[65][66]
Seit Juli 2017 produziert die Bon Gelati GmbH & Co. KG als weiteres Tochterunternehmen in Übach-Palenberg verschiedene Eissorten, die europaweit in verschiedene Lidl-Filialen ausgeliefert werden.
Im Jahr 2019 wurde in Rheine der Grundstein für eine Kaffeerösterei samt Logistikinfrastruktur gelegt, die als weiteres Tochterunternehmen der Mitteldeutschen Erfrischungsgetränke die Lidl-Filialen ab Ende 2021 mit Eigenmarken beliefern soll.[67] Damit wird der Schritt des Konkurrenten Aldi kopiert.
Marketing
Lidl gehört in Deutschland zu den größten Werbungstreibenden (Etat 2005 laut Nielsen 397 Mio. Euro). Dabei stützt sich das Unternehmen neben den klassischen Werbeformen wie Handzetteln und Zeitungen auch auf das Internet. Das Fernsehen wurde bis Oktober 2008 nur für Azubi-Werbespots und im Jahr 2007 in Zusammenarbeit mit dem Pre-Paid-Anbieter Fonic genutzt.
Seit Oktober 2008 werden die Eigenmarken-Produkte unter dem Lidl-Werbespruch „Lidl lohnt sich“ auch in TV-Werbespots beworben. Seit Februar 2015 folgt Lidl einer neuen Werbestrategie, wobei nicht mehr primär der günstige Preis, sondern die Qualität der Produkte im Mittelpunkt steht. Gemeinsam mit der optischen Aufwertung der Filialen möchte das Unternehmen damit die reine Wahrnehmung im Discount-Segment verlassen.[68] Aufgrund der anschließend erfolgten verstärkten Markeneinlistung der deutschen Konkurrenten Aldi Süd und Aldi Nord kann dieser Schritt als erfolgreich bezeichnet werden.
Lidl ist seit 2018 Sponsor der Europäischen Handballföderation und trat als „Frischepartner“ bei den Hamdball-Europameisterschaften der Männer auf – 2018, 2020, die Partnerschaft besteht auch für 2022 und 2024.[69]
Im August 2020 wurde Lidl laut Umfrage zum zweitbeliebtesten Supermarkt in Deutschland und platzierte sich vor seinen Konkurrenten Aldi Süd und Nord.[70][71]
Am 11. Januar 2021 kündigte Lidl eine Kooperation als offizieller Frischepartner mit der E-Sport-Organisation SK Gaming an.[72]
Lidl-Plus-App
Nach dem erfolgreichen Test in elf Ländern wurde Anfang September 2020 mit Lidl Plus eine weitere Lidl-App in ganz Deutschland zur Nutzung freigegeben. Die App wurde zur Kundenbindung mit Punktesammelsystem gestaltet und ist damit die erste App eine Anbieters im deutschen Lebensmitteleinzelhandel dieser Art. Die App kann nach dem Einscannen an der Kasse vorher aktivierte Coupons freischalten, um Rabatte auf die gekauften Produkte zu erhalten. Zudem wird der Kassenbon digital gespeichert und je nach Monatsausgaben werden weitere Rabatte freigeschaltet. Außerdem sind Werbeprospekte und weitere Angebote in der App direkt abrufbar. Laut Lidl Deutschland wurde die App in den ersten Wochen mehrere Millionen Male heruntergeladen und stand viele Wochen auf Platz 1 der einschlägigen Download-Charts.
Eine in Spanien und Polen erfolgreich eingeführte Funktion des Mobile Payments wird auch in Deutschland eingeführt – zunächst aufgrund der entsprechenden Vorliebe deutscher Verbraucher lastschriftbasiert. Erstmals bietet ein Lebensmittelanbieter damit ein eigenes Bezahlsystem ohne die Nutzung von Angeboten einiger Technologiekonzerne an – vermutlich um Kosten zu sparen. In einem Digital-Hub in Barcelona betreut eine dreistellige Zahl an Mitarbeitern die Entwicklung der App. Weitere Funktionen sollen die App sukzessive ergänzen, um die Verbraucher nicht zu überfordern.[73]
Personal
Lidl beschäftigt über 170.000 Mitarbeiter[74], davon mehr als 70.000 in Deutschland.[75] Die durchschnittliche Unternehmenszugehörigkeit der Mitarbeiter bei Lidl liegt mit 6,3 Jahren über dem Branchenschnitt von 3 Jahren. Jeder fünfte Mitarbeiter ist länger als 10 Jahre im Unternehmen beschäftigt.[76] In den Jahren 2005 und 2006 wurden in Ausbildungskampagnen je 1000 neue Auszubildende eingestellt. Lidl bietet unter anderem eine Ausbildung zu Kaufleuten im Einzelhandel, Bürokaufleuten, Fachlageristen oder Fachkräften für Lagerlogistik an. Außerdem bietet Lidl ein Abiturientenprogramm[77] sowie in Kooperation mit verschiedenen dualen Hochschulen Studiengänge in Bereichen wie Logistik und Handel.[78]
Sortiment
Lebensmittel bilden das Kernsortiment des Discounters. Mit über 1.600 Food-Artikeln[79] im Festsortiment und hunderten weiteren Aktionsartikeln ist Lidl in diesem Bereich in Deutschland untypisch breit aufgestellt; Konkurrent Aldi führte lange Zeit nur 700 Lebensmittel-Artikel.[80]
Lidl bietet neben Marken- und vereinzelt No-Name-Artikeln (Obst, Frischfleisch) auch, wie bei Discountern üblich, Produkte unter Eigenmarken an. Diese sind etwa: Milbona (Milch und Milchprodukte), Dulano (Wurstwaren), Sondey (Backwaren), Linessa (kalorienarme Lebensmittel), Freeway, Saskia (Getränke), Bellarom (Kaffee),[81] Maribel (Konfitüre)[82], Landjunker und Oldenländer (Frischfleisch) sowie seit 2006 Bioness (Bio-Lebensmittel); aus markenrechtlichen Gründen seit 2009 in Biotrend[83] umbenannt.
Lidl bietet bundesweit und in vielen Filialen weltweit ein Sortiment an frisch aufgebackenen Prebake-Backwaren mit mindestens 30 verschiedenen Produkten an.[84][85] Dieses ist laut Aussagen von Unternehmensvertretern aufgrund des zusätzlich notwendigen Personals und Aufwand defizitär, wird aber aufgrund der dadurch zunehmenden Kundenfrequenz (und vergleichbarer Angebote der Konkurrenz) als hilfreich für den Gesamtumsatz angesehen.
Zu Weihnachten sowie zu Ostern bietet Lidl eine eigene Premium-Produktlinie unter dem Namen „Deluxe“ an.[86] 2013 wurde das Sortiment auf Grund der hohen Nachfrage auf mehr als 150 Produkte erweitert – von Frische- und Tiefkühlartikeln über Konserven bis hin zu Spirituosen.[87] Seit einiger Zeit führt Lidl zudem ein umfangreiches Wein-Sortiment – sowohl in den Filialen als auch im Online-Shop. Im Angebot sind Weine aus Deutschland und Europa sowie aus Übersee, ähnlich breit ist die Preisspanne.[88]
Neben Lebensmitteln und anderen Produkten des täglichen Bedarfs bietet Lidl wöchentlich wechselnde Aktionsartikel aus verschiedenen Non-Food-Bereichen, darunter etwa Textilien, Haushalts- und Elektronikwaren oder Freizeitartikel. Größere Bekanntheit erzielten die seit mehreren Jahren in wechselnden Zyklen unter dem Logo Lidl-PC angebotenen Computer.[89] Da in den Filialen jede Woche Platz für neue Aktionsartikel geschaffen werden muss, wird nicht verkaufte Ware teilweise in eigens dafür angemieteten Lagern aufbewahrt. Der Wert der dort gelagerten Rückläufer soll mehr als 100 Millionen Euro betragen.[90] In Sonderverkäufen in aktuellen und ehemaligen Lidl-Filialen werden die Waren zu reduzierten Preisen verkauft. Ferner werden in den Filialen regelmäßig Sonderaktionen durchgeführt. 2005 hatte der Discounter erstmals gemeinsam mit der Deutschen Bahn das sogenannte Lidl-Ticket verkauft, mit dem zum Preis von 49,90 Euro zwei einfache Fahrten in der zweiten Klasse auf beliebigen innerdeutschen Strecken (auch Fernverkehr) möglich waren.[91]
Lidl ist außerdem mit verschiedenen Dienstleistungsportalen im Internet vertreten. Das Angebot umfasst unter anderem einen Fotoservice, einen Blumenversand, ein Reiseportal sowie seit November 2008 einen Online-Shop. Im Online-Shop können Nonfood-Artikel für Haus & Garten bestellt werden.[92] Eine Zeit lang waren im Onlineshop auch abgepackte Lebensmittel (etwa Konserven) und schwer verderbliche Produkte wie Drogerieartikel erhältlich, aufgrund des Aufwands sind diese jedoch seit Ende 2017 nicht mehr verfügbar. Die Entscheidung wurde getroffen, nachdem in Deutschland das für Anfang 2017 geplante Projekt „Lidl Express“ durch den Leiter der Schwarz-Gruppe, Klaus Gehrig, gestoppt wurde, in dem in bereits eigens errichteten Filialen online vorbestellte Lebensmittel abgeholt und ein geringes Lidl-Sortiment auch vor Ort gekauft hätte werden können. wurde der Deutschland-Chef von Lidl, Marin Dokozic, im Jahr 2018 ausgetauscht. Im Unternehmen wird der Onlinehandel mit Lebensmitteln als noch nicht profitabel eingeschätzt. Ein späterer Markteintritt sei für das Unternehmen nicht nachteilig, so Klaus Gehrig.[93]
Zu den Lidl-Angeboten zählte zeitweilig das von Lidl in einem Großteil seiner Auflage vertriebene Greenpeace Magazin. Die Kooperation zwischen Lidl und Greenpeace fand jedoch rasch ein Ende, da Greenpeace die Unabhängigkeit seiner Tests nicht in Verruf bringen wollte und weil auch Lidl-Produkte auf Pestizidbelastung hin untersucht worden waren.[94] Die im Jahr 2005 zeitweilig im Lidl-Sortiment befindlichen Haifischsteaks wurden nach Protesten aus dem Sortiment genommen.[95][96]
Lidl arbeitete mit dem Netzbetreiber Telefónica Germany bis September 2015 unter der Marke Lidl Mobile zusammen. Seit dem ersten Oktober 2015 wird in Verbindung mit Vodafone die Prepaid-Marke Lidl Connect angeboten. Dabei werden sowohl Sprach- als auch reine Datentarife aber auch verschiedene Pakete angeboten.[97]
Seit April 2018 hat Lidl in Deutschland eine vierstufige Haltungskennzeichnung bei Frischfleisch eingeführt. Die Stufen reichen von konventioneller Tierhaltung über zwei Zwischenstufen hin zur biologischen Landwirtschaft. Die als tierfreundlich gekennzeichneten und damit teureren Produkte werden aus dem letzten Grund wenig nachgefragt.[98] Seit November 2018 werden Bioland-Produkte angeboten.[99]
Verantwortung
Als erster Discounter in Deutschland führt Lidl seit dem 1. Juni 2006 mit der Eigenmarke Fairglobe auch Fair-Trade-Produkte im Sortiment, vor allem Kaffee, Tee, Schokolade und Zucker aus Entwicklungsländern.[100] Lidl erwirbt nach eigenen Angaben 100 Prozent zertifizierten Kakao für seine Produkte und arbeitet mit international anerkannten Siegeln wie UTZ-Certified und Rainforest Alliance zusammen.[101] Schokoladen der Eigenmarke „Fin Carré“ werden nach eigenen Angaben seit 2012 aus UTZ-zertifiziertem Kakao hergestellt[102] und seit 2016 Fairtrade zertifiziert[103]. Lidl fördert als Gründungsmitglied das Forum Nachhaltiger Kakao, eine Initiative die von mehreren Bundesministerien und der Zivilgesellschaft zur Förderung eines nachhaltigen Kakaoanbaus getragen wird.[104] Ziel neben ökonomischen und ökologischen Aspekten ist es insbesondere, die Lebensumstände der am Kakaoanbau Beteiligten zu verbessern und den Anteil nachhaltig erzeugten Kakaos zu erhöhen.[105]
2012 unterstützte Lidl die Deutsche Krebshilfe mit einer Kundenaktion. Die Krebshilfe erhielt aus dem Verkauf einer saisonalen Qualitätsmarke in den Wochen vor Weihnachten Cent-Beträge je Stück als Spende. Die Aktion erbrachte einschließlich einer Firmenspende insgesamt 400.000 Euro.
Des Weiteren ließ Lidl in Deutschland alle Pfandautomaten mit einem „Spenden“-Button ausstatten. Mit diesem kann der Pfandwert sofort an die Tafel gespendet werden.[106]
Seit Januar 2012 unterstützt Lidl als eines der ersten deutschen Handelsunternehmen mit der Teilnahme am „Roundtable on Sustainable Palm Oil“ (Runder Tisch zu nachhaltigem Palmöl) gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen und Plantagenbetreibern einen nachhaltigen Anbau.[107] Außerdem ist Lidl Deutschland Gründungsmitglied des „Forum Nachhaltiges Palmöl“.[108] In dem Zusammenschluss arbeiten Wirtschaft und Politik gemeinsam mit dem WWF daran, den Anteil von zertifiziertem Palmöl und Palmkernöl zu erhöhen.[109]
Im September 2013 hat Lidl gemeinsam mit Vertretern aus Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmittelhandel die Branchenvereinbarung der Initiative Tierwohl unterzeichnet.[110][111] Das Konzept beruht bei den Erzeugern auf Freiwilligkeit, der Aufwand für zusätzliche Tierschutzleistungen wird entlohnt. Die Initiative Tierwohl setzt sich unter anderem für mehr Platz für die Tiere bei der Haltung ein.[112]
Lidl unterstützt das Engagement von brot.Zeit e.V. Der Verein bietet Schulkindern die Möglichkeit, sich gemeinsam vor Unterrichtsbeginn zu stärken und auszutauschen. Dies erfolgt im Rahmen einer gemeinsamen Frühstückszeit. Lidl stellt die Frühstückswaren kostenlos zur Verfügung.[113]
Lidl Deutschland und Lidl Schweiz gaben im September 2018 bekannt, dass in Zukunft alle Bananen durch die Fairtrade Labelling Organizations International anstelle durch die Rainforest Alliance zertifiziert werden. Sinkende Umsätze trieben Lidl jedoch dazu, ab Sommer 2019 auch Bananen ohne Fair-Trade-Siegel wieder in allen Filialen anzubieten.[114]
Lidl Schweiz testet seit 2018 einen Elektrolastkraftwagen mit 18 Tonnen Nutzlast der Firma E-Force One.[115] Im Herbst 2019 vermarktete Lidl in Deutschland seine globale Zucker- und Fettreduzierungsstrategie für Eigenmarken mithilfe eines "Lidl-Löffels". Der Teelöffel hatte eine Wölbung, sodass das befüllbare Volumen durch diese reduziert wurde. Bei Kaffee- und Teetrinkern sollte der Löffel dadurch durch dieselbe Anzahl zugefügter Teelöffel eine geringere Menge Zucker dem Getränk zuführen. Ab einem Einkauf von 25 Euro gab es den Löffel umsonst dazu, im Onlineshop war dieser für 1 Cent (+ Versandkosten) zu erwerben und bereits nach kurzer Zeit ausverkauft.
Kritik
Arbeitsbedingungen bei Lidl
Lidl ist im Laufe der Zeit mehrfach in die Kritik geraten. Gegenstand waren häufig die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. So warfen Gewerkschaften, insbesondere Ver.di, dem Unternehmen vor, die Bildung von Betriebsräten systematisch zu verhindern.[116] ver.di gab 2004 ein Schwarzbuch über Lidl heraus, das weitere Kritikpunkte bezüglich der Personalpolitik enthält. Ende Juli 2006 erschien auch das Schwarzbuch Lidl Europa. 2004 erhielt Lidl die alternative Negativauszeichnung Big Brother Awards, die unter Beteiligung des Chaos Computer Clubs verliehen wird, in der Kategorie Arbeitswelt.[117] Von August 2005 bis Sommer 2006 führte das globalisierungskritische Attac-Netzwerk zusammen mit der Linkspartei.PDS eine bundesweit koordinierte Kampagne gegen die Arbeits- und Produktionsbedingungen des Discounters durch, die auf breiten Widerhall stieß.[118] Günter Wallraff veröffentlichte 2008 im Zeitmagazin den Artikel Unser täglich Brötchen,[119] in dem er neben der schlechten Bezahlung die Arbeitsbedingungen sowie Sicherheitsmängel und Hygienezustände eines Zulieferbetriebes kritisierte. Lidl reagierte auf die Veröffentlichung mit einer öffentlichen Stellungnahme.[120]
2010 legte Lidl als einer der ersten Lebensmittelhändler in Deutschland einen internen Mindestlohn fest; er betrug 10 Euro pro Stunde.[121] Dieser stieg bis August 2013 auf 11 Euro,[122] bis Juni 2015 auf 11,50 Euro[123] und betrug 12 Euro von März 2017 bis März 2019. Seitdem ist er auf 12,50 Euro festgesetzt.[124] Durch ein elektronisches Personalzeiterfassungssystem wird die Arbeitszeit der Lidl-Mitarbeiter laut Unternehmensangaben minutengenau dokumentiert und bezahlt.[125]
Lidl investiert verstärkt in den Ausbau seiner Personalarbeit. 2014 startete eine Weiterbildungsoffensive mit der die Filialverantwortlichen mit erweiterten Management- und Führungskompetenzen ausgestattet werden, um sie zu Filialleitern weiterzuentwickeln. Hintergrund sind die gestiegenen Anforderungen an die Filialverantwortlichen in Form von höheren Kundenansprüchen, dem umfangreicheren Produktsortiment sowie ein komplexeres und schnelleres Alltagsgeschäft.[126]
In seinem Code of Conduct definiert Lidl grundlegende Verhaltensregeln, zu denen sich das Unternehmen bekennt. Danach lehnt Lidl jegliche Form von Kinderarbeit ab und achtet international geltende Menschen- und Arbeitsrechte. Gleichzeitig definiert Lidl damit seine Erwartungen an seine Vertragspartner und deren Lieferanten im Hinblick auf die gesamte Lieferkette. Sämtliche Partner müssen vertraglich versichern, dass sie diesen Grundsätzen folgen, beziehungsweise deren Einhaltung sicherstellen.[127]
Lockvogelangebote
2005 wurde der Discounter nach einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen Lockvogelangeboten im Non-Food-Bereich verurteilt (Urteil vom 30. Juni 2005, Az. 2 U 7/05), da beworbene Produkte bereits nach einer Stunde ausverkauft waren, wohingegen für massiv beworbene Produkte ein Vorrat für mindestens zwei Tage vorzuhalten sei.[128][129] 2011 gab es in einer gleich gelagerten Sache ein weiteres Urteil des Bundesgerichtshofes aufgrund einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.[130]
Arbeitsbedingungen bei Lieferanten
2007 ist Lidl der Business Social Compliance Initiative (BSCI) beigetreten. Die Mitglieder der BSCI haben sich zu einem Verhaltenskodex verpflichtet, der die Arbeitsbedingungen innerhalb ihrer Produktionsketten regulieren soll. Der Verhaltenscodex wird jedoch laut Angaben der Kampagne für Saubere Kleidung (CCC) in den Zulieferbetrieben permanent verletzt.[131]
Obwohl den Textilarbeiterinnen in Bangladesch nur 17 Euro Monatslohn gezahlt werden (umgerechnet 10 Eurocent Stundenlohn), lässt Lidl seine Hausmarke Livergy in diesen bengalischen Textilfabriken herstellen, wie in einer Fernsehreportage des SWR vor Ort dokumentiert wurde.[132] Das Unternehmen warb mit der Behauptung, die bei ihr verkaufte Kleidung sei „fair produziert“.[133]
Lidl gehört zu den Mitunterzeichnern eines internationalen Abkommens für Brand- und Gebäudeschutz in Bangladesch. Zusätzlich zu bereits bestehendem Lidl-Engagement setzt sich das Handelsunternehmen gemeinsam mit zahlreichen Unternehmen, internationalen Gewerkschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen für die langfristige Implementierung, Kontrolle und Verbesserung von Brand-, Gebäude- und Gesundheitsschutzmaßnahmen bei Textilfabriken in Bangladesch ein.[134][135]
Im Jahr 2014 stellte die Stiftung Warentest fest, dass der Lidl Fairglobe Orangensaft, welcher das Fairtrade-Logo trägt, keinesfalls unter als fair zu bezeichnenden Bedingungen hergestellt wurde. Vielmehr bekam die Plantage ein mangelhaft für die Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz.[136]
Datenschutz
Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins Stern hatte Lidl seine eigenen Beschäftigten über mehrere Jahre in über 500[137] Filialen durch Detekteien systematisch überwachen lassen. Bei der Überwachung wurden u. a. Toilettengänge der Mitarbeiter protokolliert und auch vereinzelt Kunden bei der Eingabe ihrer PIN gefilmt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, bewertete dieses Vorgehen als einen schweren Verstoß gegen den Datenschutz.[138] Am 4. April 2008 gab die Lidl-Geschäftsführung zunächst bekannt, in allen Lidl-Filialen in Deutschland die Kameraüberwachung zu reduzieren,[139] erklärte jedoch kurz darauf, unter Aufsicht des ehemaligen Bundesdatenschutzbeauftragten Joachim Jacob doch wieder verstärkt auf Videoüberwachung zu setzen.[140] Wegen der Bespitzelung von Mitarbeitern musste das Unternehmen insgesamt 1,462 Millionen Euro Bußgeld bezahlen, wobei rund 350.000 Euro Strafe für die Nichtbestellung von betrieblichen Datenschutzbeauftragten in allen 35 Vertriebsgesellschaften verhängt wurden.[141]
Nachdem entsprechende Akten in einer Mülltonne gefunden worden waren, wurde im April 2009 bekannt, dass Lidl die Krankheitsgründe der Angestellten protokolliert hatte.[142] Der Konzern reagierte darauf mit der vorübergehenden Freistellung des Deutschland-Chefs Frank-Michael Mros.[143] Lidl bestätigte, dass Krankenakten im Unternehmen gängige Praxis gewesen seien, die Arbeit mit den Listen sei bis Dezember 2008 eingestellt worden.[144] Im August 2009 wurde infolge des Datenskandals für das Unternehmen ein Bußgeld in Höhe von 36.000 Euro verhängt.[145]
2009 hat Lidl ein Datenschutzkonzept erarbeitet, das sich auf alle Bereiche des Unternehmens erstreckt – dazu gehört auch, dass seitdem in den Filialen keine Kameras mehr eingesetzt werden.[146]
Recht auf Umtausch bzw. Rücktritt
Eine im September 2012 veröffentlichte Studie der deutschen Verbraucherzentrale (vzbv) ergab, dass Lidl in vielen Fällen – und offenbar systematisch – den Kunden Rechte vorenthält, die diesen gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch gesetzlich zustehen.[147][148]
Verkauf von Goldmünzen
Das ARD-Magazin plusminus sendete am 20. November 2013 einen Bericht über von Lidl via Internet verkaufte Goldmünzen. Ein Münzenpaar kostete 2500 Euro; sein Materialwert betrug zur gleichen Zeit etwa 520 Euro. Lidl schrieb auf Anfrage, das Angebot richte sich „an Sammler […] und nicht an Kunden, die Münzen als Anlageobjekt erwerben möchten“. Es sei Zufall, dass Lidl das Angebot kurz nach der Anfrage von seiner Seite genommen habe.[149]
Patentrechtsverletzung
Im Jahr 2017 startete Lidl in Spanien den Verkauf eines Gerätes zur Herstellung pflanzlichen Milchersatzes. Das Patent dafür (im Original ChufaMix – Veggie Drinks Maker) lag bei Andoni Monforte. Das Unternehmen des Valencianers musste nach dem Lidl-Nachbau des Geräts Umsatzeinbußen von ca. 30 % hinnehmen. Der Verkaufspreis des in Spanien produzierten Originals lag bei 40 Euro, der des vermutlichen Lidl-Plagiats mit Bauteilen asiatischer Herkunft bei ca. 5 Euro. Lidl Deutschland und Lidl Spanien bezogen dazu keine Stellung mit Hinweis auf das laufende Verfahren.[150]
Umgang mit Ressourcen
Lidl wurde in der Schweiz hinsichtlich der Entsorgung kritisiert. Lebensmittel würden samt Verpackung in Biogasanlagen entsorgt, von wo aus der durch Mikroplastik belastete Gärrest auf den Feldern landet.[151]
Literatur
- Andreas Hamann, Gudrun Giese: Schwarz-Buch Lidl. Billig auf Kosten der Beschäftigten. ver.di, Berlin 2004, ISBN 3-932349-12-1.
- Andreas Hamann u. a.: Schwarz-Buch Lidl Europa. ver.di, Berlin 2006, ISBN 3-932349-21-0.
Weblinks
- Offizielle Website der Lidl-Gruppe
- Peter Brors: Die Methoden des Geheimnis-Krämers. In: Handelsblatt. 5. Februar 2004, abgerufen am 14. Juni 2013.
- Der Lidl-Check (WDR, 2012), Dokumentation aus der Reihe „Markencheck“, Das Erste, ausgestrahlt am 9. Januar 2012 (45 Min.), (Video auf YouTube)
- Discounter-Duell: Aldi gegen Lidl?, Focus 42/13, 14. Oktober 2013
- Die Lidl-Story, Doku ZDF-Zeit 2018
- Wolfram Weimer: Person der Woche: Dieter Schwarz, Deutschlands geheimnisvollster Milliardär, der Lidl-Gründer, 15. Juni 2021, abgerufen am 19. Juni 2021
Einzelnachweise
- Lidl-Chef Paterno verlässt das Unternehmen. In: Heilbronner Stimme. 1. September 2020, abgerufen am 1. September 2020.
- Wachwechsel bei Schwarz. In: Lebensmittel Zeitung. Band 73, Nr. 42, 22. Oktober 2021, ISSN 0947-7527, S. 1,3.
- Konzernabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.03.2019 bis zum 29.02.2020 der Lidl Stiftung & Co. KG. In: Bundesanzeiger, 9. September 2020, abgerufen im Unternehmensregister am 29. September 2020.
- Paternó verlässt Lidl nach nur wenigen Monaten. In: Manager Magazin. 1. September 2020, abgerufen am 2. September 2020.
- Heilbronner Adressbücher, einsehbar unter http://wiki-de.genealogy.net/Kategorie:Adressbuch_für_Heilbronn
- Kaufland kämpft mit der Digitalrevolution im Einzelhandel (Memento vom 5. März 2018 im Internet Archive) (5. März 2018)
- Dieter Schwarz ist heute 70 Jahre alt. (Nicht mehr online verfügbar.) Nachrichten für die Wirtschaft. Informationen für Entscheider in der Region Heilbronn-Franken, 24. September 2009, archiviert vom Original am 6. Februar 2013; abgerufen am 16. April 2017.
- Die Lidl-Story, eine Dokumentation des ZDF vom 20. Juni 2019, abgerufen am 23. Juni 2019
- Unsere Geschichte, Unternehmensgeschichte laut Unternehmenshomepage, abgerufen am 24. September 2019. Der erste Lidl-Discountermarkt existiert heute nicht mehr.
- Karsten Kilian: Markenprodukte. Markenlexikon.de, abgerufen am 16. April 2017.
- (suc): Lidl-Chef nimmt seinen Hut. Karl-Heinz Holland rückt an die Spitze des verschwiegenen Discounters. In: Spiegel Online. 24. September 2008, abgerufen am 14. Juni 2013.
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- Eilėje į „Lidl“ stovėjusi pirkėja atkirto tiems, kas juokėsi
- „Lidl“ atidarymo nuotaikos: džiaugsmas pigiomis prekėmis, pykčio žaibai valdžiai ir būtinybė įsigyti bananų
- Pirmieji „Lidl“ pirkėjai: ką pirko meras Šimašius ir Sabonis?
- Alytiškiai šturmavo LIDL
- Kauniečiai laukia „LIDL“ atidarymo: pasistatė palapinę
- Ekspertas: laukia ilgasis „Lidl“ savaitgalis, vienam lietuviškam prekybos tinklui – liūdna prognozė
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- Lidl-News: Nun wird's wieder "unfair" - Lidl scheitert mit Fairtrade-Strategie. In: focus.de. 20. Mai 2019, abgerufen am 20. Mai 2019.
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- Rena Tangens: Begründung der Jury zur Verleihung des Big Brother Awards 2004 in der Kategorie „Arbeitswelt“. 1. November 2008, abgerufen am 14. Juni 2013 (mit weiteren Links zur Kritik an Lidl).
- Archiv zur Attac-Lidl-Kampagne. Website der Attac – Discounter – Kampagne, 2007, abgerufen am 1. Oktober 2008 (Zur Zusammenarbeit von Attac und Linkspartei siehe etwa Lidl-Aktionen Attac Gladbeck 2005).. Im Januar 2008 veröffentlichte die Kampagne für Saubere Kleidung ihre Kritik an den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie Bangladeschs bei Lieferanten von Lidl (ref: www.sauberekleidung.de link auf Broschüre „Wer bezahlt unsere Kleidung bei Lidl und KiK?“). Lidl steht auch im Fokus der Better Bargain Campaign der internationalen Clean Clothes Campaign (ref. www.sauberekleidung.de link zur Broschüre „Cashing in, 2009“)
- Günter Wallraff: Unser täglich Brötchen. In: Die Zeit, Nr. 19/2008, 1. Mai 2008.
- Stellungnahme von Lidl
- Lidl will alle auf 10-Euro-Höhe sehen. In: taz.de. 21. Dezember 2010, abgerufen am 20. Januar 2015.
- Lidl schraubt internen Mindestlohn hoch. In: Focus.de. 1. August 2013, abgerufen am 20. Januar 2015.
- spiegel.de
- Lidl erhöht Einstiegslohn auf über 12 Euro brutto pro Stunde. In: Lidl.de. 18. März 2019, abgerufen am 29. Januar 2020.
- Via Facebook: Lidl meldet sich zu Wort. In: Express.de. 12. Januar 2012, abgerufen am 20. Januar 2015.
- Lidl-Filialleiter lernen dazu. In: lebensmittelzeitung.net. 21. März 2014, abgerufen am 28. Januar 2015.
- Code of Conduct. (Nicht mehr online verfügbar.) In: lidl-lohnt-sich.de. 2015, archiviert vom Original am 24. März 2015; abgerufen am 20. März 2015.
- Lockvogel-Angebote – Lidl verliert vor Gericht. In: Focus Online. 11. Juli 2005, abgerufen am 14. Juni 2013.
- Urteil gegen Lockvogel-Angebote: Auch Discounter-Sonderangebote müssen zwei Tage vorrätig sein. ngo-online.de.
- Lidl: Lockvogelangebote dürfen nicht direkt weg sein. In: Focus Online. 11. Februar 2011, abgerufen am 14. Juni 2013.
- Firmenprofil Lidl. (Nicht mehr online verfügbar.) Kampagne für saubere Kleidung, 31. Januar 2012, archiviert vom Original am 25. Juli 2014; abgerufen am 14. Juni 2013.
- SWR-Fernsehen, Reihe Betrifft, 6. März 2013: Günstiger um jeden Preis. Hauptsache billig.
- Lidl darf nicht mehr für „fair produzierte“ Kleidung werben. In: www.123recht.net. AFP Agence France-Presse GmbH, 21. April 2010, abgerufen am 14. Juni 2013.
- Wende für Bekleidungsindustrie in Bangladesch – Unternehmen unterschreiben Sicherheitsabkommen. (Nicht mehr online verfügbar.) Kampagne für saubere Kleidung, 16. Mai 2013, archiviert vom Original am 4. Februar 2015; abgerufen am 4. Februar 2015.
- Die Textilarbeitsplätze sind sehr begehrt. In: Stimme.de. 2012, abgerufen am 4. Februar 2015.
- Orangensaft: Säfte und Unternehmensverantwortung im Test - Fairtrade bei Orangensaft: Erwartungen nicht erfüllt. Stiftung Warentest, 27. März 2014, abgerufen am 3. Juli 2017.
- Mehr als 500 Filialen wurden überwacht (Memento vom 2. Dezember 2008 im Internet Archive) In: Tagesschau, 20. Mai 2008.
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- vzbv.de (PDF, 45 S.; 499 kB)
- Tom König: Ärger mit defekter Ware: Garantiert ohne Garantie. In: Spiegel Online. 28. Dezember 2012, abgerufen am 14. Juni 2013.
- Paul Reifferscheid: Goldiges Versprechen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: DasErste.de. 21. November 2013, archiviert vom Original am 25. November 2013; abgerufen am 23. September 2014.
- Reiner Wandler: Spanier verklagt Lidl wegen Plagiat. In: taz.de. 13. Mai 2018, abgerufen am 14. Mai 2018.
- Yves Demuth: Ist die Plastikhülle bei Gurken wirklich nötig? In: beobachter.ch. 25. April 2019, abgerufen am 23. Juni 2019.