Discounter
Als Discounter (von englisch discount ‚Preisnachlass‘, ‚Rabatt‘), in Österreich auch Diskonter, auch Discounthäuser oder Discounthandel, bezeichnet man Unternehmen des stationären Einzelhandels, die sich tendenziell durch ein relativ schmales und flaches Warensortiment, einfache Warenpräsentation, intensiv genutzte Verkaufsflächen und durch geringere Verkaufspreise als bei Mitbewerbern anderer Betriebsform auszeichnen. Die erfolgreiche Niedrigpreispolitik der Discounter beruhte in der Anfangszeit hauptsächlich auf rigorosen Kosteneinsparungen bei allen eingesetzten Betriebsmitteln und auf No frills.
Mit dem Begriff Discounter sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass gleichsam ein Rabatt – insbesondere unter Umgehung der in der Bundesrepublik Deutschland bis 1974 üblichen Preisbindung auf Markenartikel – in den Verkaufspreis eingerechnet wird, statt ihn – wie früher üblich – nur Stammkunden oder über Rabattmarken zu gewähren.
Im Verlaufe des „Siegeszugs von Selbstbedienung und Discounting“[1] beruhte die erfolgreiche Niedrigpreispolitik der Discounter, vor allem im Lebensmitteleinzelhandel, jedoch immer mehr auf zwei spezifischen Erfolgsfaktoren: auf Eigenmarken und auf dem Finanzierungsvorteil, der aus einem über 52-maligen Lagerumschlag (Lagerumschlagshäufigkeit) des gesamten Sortiments pro Jahr resultiert. Bei den Energieversorgungsunternehmen hat sich der Name Energiediscounter für vergleichsweise günstige Anbieter etabliert, ebenso gibt es so genannte Mobilfunkdiscounter.
Merkmale
Im Gegensatz zum traditionellen Einzelhandel beschränken sich Discounter auf Schnelldreher und erheblich weniger Alternativprodukte innerhalb einer Warengruppe. So sinken die Kosten der Lagerhaltung und der Sortimentspflege. Zudem entfallen Rohertragseinbußen durch schlecht verkäufliche Artikel.
Unterschieden wird zwischen einem normalen Discounter und einem Harddiscounter. Letzterer Geschäftstyp zeichnet sich durch besonders starke Einschränkungen bezüglich Warensortiment (weniger als 1.500 Produkte im Sortiment) und Verkaufsfläche (max. 1.000 m²) aus. Discountmärkte, insbesondere die Harddiscounter, verzichteten in der Vergangenheit weitgehend auf Herstellermarken zugunsten von eigenen Handelsmarken. Um neue Käuferkreise zu erschließen, nehmen jedoch auch die Harddiscounter mehr und mehr Herstellermarken („Markenartikel“) in das Sortiment auf. Sie zielen damit auf preissensible aber doch „markenbewusste“ Kunden. Ähnliches zeigt sich bei der Gestaltung der Verkaufsflächen, wo lange Zeit im Bereich der Harddiscounter eine rein pragmatische Warenpräsentation in Kartons und auf Europaletten dominierte, mittlerweile findet sich auch dort eine aufwendigere Gestaltung der Verkaufsräume.
Jüngere Entwicklung
Im Gefolge der rasanten Discount-Entwicklung im Lebensmitteleinzelhandel, die dort auch eine Ausweitung sowohl des Sortiments als auch der Verkaufsflächen gestattete, wurde die Discount-Idee auch in anderen Branchen aufgegriffen (z. B. Möbel-Discount, Foto-Discount, Schuh-Discount), wobei ihre Abgrenzung von der eigenständigen Betriebsform des Fachmarkts durch die hier geleistete persönliche Beratung bestimmt wird.
Wie andere stationäre Einzelhändler, nutzen inzwischen auch die meisten Lebensmittel-Discounter das Internet, um Artikel zu präsentieren und darüber zu informieren. Vor allem Elektroartikel, Kleinmöbel, Kinderkleidung und Spielsachen (Non-Food-Artikel) können in den Online-Shops sehr gut abgesetzt werden. Nur wenige bieten auch Lebensmittel online zum Kauf an.[2]
Discounter international
Discounter
In Deutschland tätige Discounter sind Aldi (unterteilt in Aldi Süd und Aldi Nord), KiK (zu Tengelmann gehörend), Lidl (Schwarz-Gruppe), Netto Marken-Discount (Edeka), Netto Supermarkt (Salling Group), NKD, Norma, NP-Markt (Edeka), Penny (Rewe Group), Takko und TEDi sowie KODi.
Der nach Umsatz größte Discounter in Deutschland war 2007 Aldi mit etwa 27 Milliarden Euro und 4.200 Filialen. Die 2.900 zur Schwarz-Gruppe gehörenden Lidl-Märkte setzten circa 13,3 Milliarden Euro um. Die Plus Warenhandelsgesellschaft erwirtschaftete einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro in 2.900 Filialen; Netto Marken-Discount 3,7 Milliarden Euro in 1.200 Filialen. Beide Unternehmen gaben Ende 2007 bekannt, zukünftig zusammen aufzutreten. Durch die darauf folgende Fusion wurde der drittgrößte Discounter gebildet. Der zur Rewe Group gehörende Discounter Penny erwirtschaftete 2008 einen Umsatz von 9,5 Milliarden Euro in etwa 3.200 Filialen. Norma mit seinen 1.200 Filialen setzte etwa 3,1 Milliarden Euro um.
Entwicklung
Als Vorboten des Discounthandels sind die Ende der 1950er-Jahre in der Bundesrepublik Deutschland wiederauflebenden Erscheinungsformen des Beziehungs-, Betriebs- und Belegschaftshandels anzusehen. Diesmal entstanden solche Schattenformen des (Lebensmittel-)Einzelhandels nicht aus einer Warenknappheit heraus, sondern um die damalige rigide Preisbindung für fast alle Markenwaren zu unterlaufen. Als „Preisbrecher“ auftretende Existenzen, die solche (zum Teil gesetzeswidrige) Geschäfte betrieben, siedelten ihre kleinen Betriebe nicht selten in Hinterhöfen und Garagen an. Ihre Bedeutung war anfänglich gering. Jedoch war die erste Discountwelle „ein Symptom für ein sich abzeichnendes höheres Preisbewusstsein“.[3]
Die ersten nachhaltigen Erfolge mit dem Discount-Prinzip erzielten Großhändler wie Hugo Mann (Wertkauf), Gerhard Ackermans (Allkauf) oder Erivan Haub (Plus), vor allem die Firma Terfloth & Snoek, die 1957 in Bochum mit ihrem Ratio-Großmarkt dem neuen Geschäftsprinzip des Abholgroßmarkt-Handels (Selbstbedienung, Barzahlung, Selbstabholung) zum Durchbruch verhalf.
Das Jahr 1962 war ein Meilenstein für die bald folgende rasante Discount-Entwicklung im deutschen Einzelhandel. In diesem Jahr stellten die Brüder Karl und Theo Albrecht die erste Filiale des ererbten Essener Lebensmittelfilialunternehmens nach den strengen Regeln des Discountprinzips um. Diesem Konzept ihres ersten Aldi-Ladens – nur etwa 300 Artikel im Sortiment, bescheidene Ladenausstattung, Verkauf von der Palette oder aus Kartons, Dauerniedrigpreise – sollten bald noch viele weitere folgen; auch von Mitbewerbern. Auch wurde im November 1962 unter fachlicher Betreuung durch die Rewe-Genossenschaft eine eigene Einkaufsgenossenschaft für die von Industrie und Wirtschaftspolitik argwöhnisch betrachteten kleinen „Discounthäuser“ gegründet, die Für sie Handelsgenossenschaft eG – „eine Verbindung, die in Deutschland bis dahin noch ohne Vorbild war: die Verbindung der altbewährten Genossenschaftsidee mit der jugendfrischen, beinahe ungestümen Idee des Discounthandels.“[4] Versuche mit einem Discount-Warenhaus WDW im Jahre 1966 verliefen weniger erfolgreich,[5] aber der Weg für neue Discount-Typen war bereitet, wie ihn bald die großräumigen, auf einer Geschäftsebene tätigen „Verbrauchermärkte“ beschritten, die heutigen SB-Warenhäuser.
Der Anteil der Discounter in Deutschland am Lebensmitteleinzelhandel ist stetig gewachsen. Im Jahre 2006 betrug er 39,7 % am gesamten Lebensmitteleinzelhandel.[6] Seit Ende des Jahres 2010 ist jedoch zu verzeichnen, dass der Marktanteil der Discounter am Lebensmitteleinzelhandel stagniert.[7]
Österreich
KiK-Textil-Diskont, NKD-Vertriebs-GmbH, Takko, Primark, Hofer (gehört zu Aldi Süd), Lidl, Norma, Penny (gehört seit 1989 vollständig zur Rewe Group), TEDi.
Russland
Schweiz
Migros startete am 25. August 1925 mit fünf Ford-T-Verkaufswagen in Zürich. Minimale Infrastruktur, kleinstes Sortiment (6 Artikel), keine Rabattmarken, hoher Produktumschlag, sowie Ausschaltung des Zwischenhandels ermöglichten Migros sehr niedrige Preise.
Polen
Biedronka, Lidl, Netto (Handelskette), Globi (2008 umbenannt in Carrefour Express), Aldi Nord
Literatur
- Franz Kotteder: Die Billig-Lüge. Die Tricks und Machenschaften der Discounter. Droemer, München 2005, ISBN 3-426-77925-0. (2006 mit dem Journalistenpreis des Deutschen Mittelstands ausgezeichnet)[8]
- David Bosshart: Billig. Wie die Lust am Discount Wirtschaft und Gesellschaft verändert. 2. Auflage, Redline Wirtschaftsverlag, Heidelberg 2004, ISBN 3-636-01508-7
- Dieter Brandes: Konsequent einfach. Die ALDI-Erfolgsstory. 4. Aufl., Frankfurt/New York 1999, ISBN 3-593-35904-9
- Andreas Straub: ALDI einfach billig, ein ehemaliger Manager packt aus. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2012, ISBN 978-3-499-62959-4
Weblinks
Einzelnachweise
- Hans-Otto Schenk: Vierzig Jahre moderner Handel in der Bundesrepublik Deutschland, in: Distribution im Aufbruch. Bestandsaufnahme und Perspektiven, hrsg. von Otto Beisheim, München 1999, S. 443–468, hier S. 459
- Dicounter denken an Online-Shops
- Ludwig Berekoven: Geschichte des deutschen Einzelhandels, 2. Aufl., Frankfurt a. M. 1987, S. 93
- Hans-Otto Schenk: Konzentrationsprozess – Chancen des Einzelnen, in: 25 Jahre FÜR SIE – Discount setzt sich durch, hrsg. von Gottfried Theuer/Arnold Witte, Köln 1987, S. 34–47, hier S. 35
- Hans-Otto Schenk: WDW – Das erste deutsche Discount-Warenhaus, in FfH-Mitteilungen, Heft 6/1966, S. 1–3
- Stellungnahme (Memento des Originals vom 28. Juni 2007 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Discounter verlieren Marktanteile – Aldi und Co. erhöhten Preise 2011 allzu deutlich, kjo/dpa, Focus Online vom 11. Februar 2012. Abgerufen am 13. September 2012
- Deutscher Mittelstandspreis 2006. (PDF; 2,5 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) Verlagsgruppe Markt intern, 14. Dezember 2006, archiviert vom Original am 17. Juli 2012; abgerufen am 31. August 2012 (Journalistenpreis des Deutschen Mittelstandes): „Kotteder ist somit u. a. Nachfolger von Jörg Pilawa, Ulrich Kienzle, Elke Heidenreich, Matthias Döpfner und Günther Jauch.“ Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.