Essentieller Stoff
Ein essentieller Stoff ist eine chemische Verbindung (oder ein chemisches Element), die für einen Organismus lebensnotwendig ist und die er nicht selbst aus anderen Nährstoffen wie Wasser, Fetten oder Aminosäuren synthetisieren kann.[1]
Dieser Artikel listet nur die für den Menschen essentiellen Stoffe auf, für andere Arten sind andere Stoffe essentiell. Mineralien, Spurenelemente, fast alle Vitamine, etliche Aminosäuren und einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für Menschen essentiell.
Aminosäuren
Folgende L-Aminosäuren gelten als für den Menschen essentiell und müssen daher mit der Nahrung aufgenommen werden:[2]
- Isoleucin
- Leucin
- Lysin
- Methionin
- Phenylalanin
- Threonin
- Tryptophan
- Valin
- Arginin (für Kinder und alte Menschen essentiell, sonst semi-essentiell)
- Histidin (für Kinder essentiell)
Semi-essentielle (auch bedingt essentielle) Aminosäuren können aus anderen essentiellen Aminosäuren umgewandelt werden, können aber in bestimmten Lebensabschnitten oder aufgrund von Erkrankungen zu essentiellen Aminosäuren werden.[3]
Fettsäuren
Für den Menschen sind zwei Fettsäuren essentiell: Linolsäure (eine Omega-6-Fettsäure) und α-Linolensäure (eine Omega-3-Fettsäure). Aus diesen stellt der Körper weitere benötigte Fettsäuren und Folgeprodukte (Eikosanoide) her. Dazu gehören Arachidonsäure, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure. Daher mindert eine Zufuhr eines oder mehrerer dieser Folgeprodukte den Bedarf an den dennoch essentiellen Fettsäuren. Das mag der Grund sein, warum in der Literatur in diesem Zusammenhang gelegentlich die Charakterisierung „begrenzt synthetisierbar“ zu finden ist. Eine Ernährung, die jahrelang frei von Arachidonsäure und Eicosapentaensäure ist, führt jedoch nicht automatisch zu Mangelsymptomen, während Mangel an Linolensäure oder Linolsäure zu deutlichen Mangelerscheinungen führt.[4]
Die Stoffwechselwege, auf denen die wichtigen langkettigen Fettsäuren hergestellt werden, werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst: Dazu gehören z. B. eine übermäßige Aufnahme gesättigter oder einfach ungesättigter Fettsäuren oder auch von Alkohol. Ein Übermaß an Omega-6-Fettsäuren behindert die Verarbeitung von Omega-3-Fettsäuren, da die dafür zuständigen Enzyme (Elongase, Delta-5-Desaturase, Delta-6-Desaturase) beide Stoffklassen verarbeiten.
Die kompetitive Hemmung wirkt auch umgekehrt, doch liegt ein Missverhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren praktisch meist auf der Seite der Omega-6-Fettsäuren, da diese meist zu wesentlich größeren Anteilen in der Nahrung enthalten sind.
Mineralstoffe
Spurenelemente
Die essentiellen Spurenelemente werden vom Organismus in geringsten Mengen benötigt und sind oftmals bei der Wirkung spezieller Enzymsysteme von Bedeutung (z. B. bei Transaminasen).[5]
Vitamine
Per Definition sind alle Vitamine essentiell. Lediglich Vitamin D kann der menschliche Organismus aus Cholesterin durch UV-B-Strahlung, wie Sonnenlicht, in begrenzter Menge selbst herstellen, sowie Niacin (Vitamin B3) aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan. Einige Vitamine können in Form von Vorstufen (Provitamine) aufgenommen werden, die vom Körper selbst in Vitamine umgewandelt werden können. Andere werden dem Organismus von symbiotisch lebenden Organismen (z. B. Darmbakterien) zur Verfügung gestellt, zum Beispiel Vitamin K. Vitamin B12 hingegen wird erst im Dickdarm synthetisiert, kann zu diesem Zeitpunkt also nicht mehr durch den Dünndarm resorbiert werden und wird daher ungenutzt wieder ausgeschieden; daher muss es in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden.
Essentielle Stoffe im Tierreich
Ascorbinsäure
Ascorbinsäurebedarf (Vitamin C) besteht außer beim Menschen bei vielen Affen und beim Meerschweinchen.
Cholin
Für einige Tiere ist die Aufnahme von Cholin mit der Nahrung essentiell. Dies gilt insbesondere für Wiederkäuer, da Cholin nahezu vollständig im Pansen abgebaut wird. Für den Menschen stellt die Aufnahme von Cholin keine Notwendigkeit dar, solange seine Nahrung die Aminosäure Methionin und Folsäure enthält.[6]
Retinole
Retinole werden teilweise direkt mit der Nahrung aufgenommen oder aus Carotinen (Provitamin A) gebildet, auch beim Menschen, wozu aber nicht alle Tiere in der Lage sind (z. B. Hauskatzen).[7]
Taurin
Im Gegensatz zum menschlichen Organismus sind Katzen auf eine externe Zufuhr von Taurin angewiesen; Taurin stellt damit eine essentielle Aminosulfonsäure für deren Organismus dar.[8]
Einzelnachweise
- Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 2: Cm–G. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1981, ISBN 3-440-04512-9, S. 1184.
- Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, Weinheim 1982, ISBN 3-527-25892-2, S. 23–26.
- "Semi-essentielle Aminosäuren" in vitalstoff-lexikon.de, abgerufen am 3. März 2019
- Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 379.
- S. Ebel, H. J. Roth (Hrsg.): Lexikon der Pharmazie. Georg Thieme Verlag, 1987, ISBN 3-13-672201-9, S. 605.
- S. H. Zeisel, K. A. Da Costa, P. D. Franklin, E. A. Alexander, J. T. Lamont, N. F. Sheard, A. Beiser: Choline, an essential nutrient for humans. In: FASEB Journal. Band 5, Nr. 7, 1991, S. 2093–2098.
- F. J. Schweigert, J. Raila, B. Wichert, E. Kienzle: Cats absorb beta-carotene, but it is not converted to vitamin A. In: J. Nutr. Band 132, 6 Suppl 2, Juni 2002, S. 1610S–1612S, PMID 12042471.
- Hans Lutz, Barbara Kohn, Franck Forterre: Krankheiten der Katze. Thieme, Stuttgart 2014, S. 45. (Eingeschränkte Vorschau).