Verwaltungsgliederung Galiziens
Die Verwaltungsgliederung Galiziens entwickelte sich nach der Ersten Polnischen Teilung und der damit einhergehenden Eingliederung in die Habsburgermonarchie. Diese ersetzte die bis dahin bestehenden traditionellen polnischen Ämter wie Woiwode, Starost oder Kastellan durch eine viergliedrige administrative Hierarchie[1]:
- als Zentralstellen benannte Hof- und Regierungsämter in Wien als höchste exekutive Organe
- das galizische Landes-Gubernium, später die Statthalterei in Lemberg mit einem Gouverneur an der Spitze
- Kreis- und/oder Bezirksämter als mittlere Verwaltungsebene
- Stadt-, Dorf- oder Patrimonialämter als autonome Behörden gegenüber den drei staatlichen Verwaltungsebenen
Verwaltungsgliederung Galiziens von 1772 bis 1850
Nach der offiziellen Eingliederung der Königreiche Galizien und Lodomerien am 11. September 1772[2] wurde in Lemberg ein sogenanntes Gubernium eingerichtet, das die neu erworbenen Gebiete zentral verwaltete, als Amtssprache wurde das damals noch vorherrschende Latein und Deutsch anstatt des Polnischen bestimmt.
Im November 1773 wurde das Königreich Galizien analog der Einteilung in Österreich in 59 Kreisdistrikte, die wiederum in die sechs Kreise Krakau (ehemals Woiwodschaft Krakau), Sandomir (ehemals Woiwodschaft Sandomir), Lublin (ehemals Woiwodschaft Lublin), Bełz (ehemals Woiwodschaft Bełz), Rotreußen (ehemals Woiwodschaft Ruthenien) und Podolien (ehemals Woiwodschaft Podolien) unterteilt, die bis dahin bestehenden Woiwodschaften wurden abgeschafft.
Nachdem bereits 1774 der Beschluss zur Straffung der Landesverwaltung gefasst worden war, kam es 1777 zu einer Umbenennung der Kreise in Wieliczka, Pilzno, Sambor, Bełz, Lemberg und Halitsch (nach dem Namen des Verwaltungssitzes) bei gleichzeitiger Verringerung der Bezirke auf 19:
- Kreis Wieliczka: Bezirk Zator, Bezirk Wiśnic, Bezirk Neu-Sandez
- Kreis Pilzno: Bezirk Krosno, Bezirk Tarnów, Bezirk Leżajsk
- Kreis Sambor: Bezirk Lisko, Bezirk Przemyśl, Bezirk Drohobycz
- Kreis Bełz: Bezirk Sokal, Bezirk Tomaszów, Bezirk Zamość
- Kreis Lemberg: Bezirk Brody, Bezirk Brzeżany, Bezirk Żółkiew
- Kreis Halicz: Bezirk Halicz, Bezirk Tyśmenica, Bezirk Kolomea, Bezirk Zaleszczyki
Durch ein am 22. März 1782 erlassenes Dekret kam es zu einer zweiten Verwaltungsreform, bei der die bisher bestehenden Bezirke in unmittelbar mit der Landesstelle in Korrespondenz stehende Kreise umgewandelt wurden, wobei durch die Zusammenlegung der bisherigen Bezirke Kolomea und Tyśmenica zum Kreis Stanislau 18 neue Kreise entstanden. In den Folgejahren kam es immer wieder zu Veränderungen der Kreisgrenzen und auch Änderungen der Kreisnamen.[3]
An der Spitze jedes Kreises stand ein Kreishauptmann, die unmittelbare Verwaltung im Königreich Galizien hatte wie schon vorher das Gubernium in Lemberg inne, dieses unterstand der jeweiligen obersten Landesbehörde in Wien[4]:
- 1774–1776 Galizische Hofkanzlei
- 1776–1782 Vereinigte Böhmisch-Österreichische Hofkanzlei
- 1782–1792 Vereinigte Hofstelle
- 1792–1802 Galizische Hofkanzlei
- 1802–1848 Vereinigte Hofstelle
- ab 1848 verschiedene Ministerien
1786 kam die Bukowina noch als Kreis Czernowitz (später Kreis Bukowina) dazu, bis zum Wiener Kongress 1815 unterlag die Kreiseinteilung durch Gebietszuwächse und -verluste immer wieder Änderungen. So mussten zum Beispiel die Kreise Tarnopol und Czortkow von 1810 bis 1815 an Russland abgetreten werden, ebenso Westgalizien, der Kreis Zamość[5] und der schmale Landstreifen Podgórze bei Krakau, welche aber nach dem Verlust 1809 im Wiener Kongress 1815 nicht zurückgewonnen werden konnten.[6]
1817 existierte schließlich folgende Einteilung in 19 Kreise: Bochnia, Brzeżany, Bukowina (früher Czernowitz), Czortków, Jasło, Kolomea, Lemberg, Myślenice, Przemyśl, Rzeszów, Sandez (früher Neu-Sandez), Sanok, Sambor, Stanislau, Stryj, Tarnopol, Tarnów, Złoczów und Żółkiew.[7] Diese waren jeweils in weitere Konskriptions-Sektionen unterteilt.
Nach der Auflösung der Republik Krakau am 16. November 1846 kam diese ab 1849 als Kreis Krakau unter galizische Verwaltung.
Verwaltung Galiziens zwischen 1850 und 1867
Nach dem Revolutionsjahr 1849 kam es 1850 neuerlich zu einer Verwaltungsreform, dabei wurde die Bukowina als eigenständiges Kronland aus Galizien ausgegliedert und das restliche Land in die drei Regierungsbezirke Lemberg, Stanislau und Krakau mit 63 Bezirkshauptmannschaften unterteilt[8], diese Einteilung wurde dann aber im April 1854 abermals geändert.
Das Land wurde in die Verwaltungsgebiete Lemberg (Ostgalizien) und Krakau (Westgalizien) unterteilt, der westgalizische Regierungsbereich unterstand dabei der Landesregierung zu Krakau, der ostgalizische Regierungsbereich der Statthalterei zu Lemberg. Jedes Verwaltungsgebiet teilte sich auf mehrere Kreise auf und diese wiederum auf mehrere Bezirke, die Stadt Lemberg selbst unterstand der Statthalterei in Lemberg direkt, die Stadt Krakau der Landesregierung in Krakau:[9][10]
- Verwaltungsgebiet Lemberg:
- Kreis Lemberg
- Kreis Zołkiew
- Kreis Przemyśl
- Bezirk Sądowa Wisznia, Bezirk Niżankowice, Bezirk Sieniawa, Bezirk Radymno, Bezirk Krakowiec, Bezirk Jaroslau, Bezirk Mościska, Bezirk Jaworów, Bezirk Przemyśl
- Kreis Sanok
- Kreis Złoczow
- Kreis Brzezan
- Kreis Stryj
- Kreis Sambor
- Kreis Tarnopol
- Kreis Czortkow
- Bezirk Budzanów, Bezirk Tłuste, Bezirk Hussiatyn, Bezirk Jazłowiec, Bezirk Zaleszczyki, Bezirk Czortków, Bezirk Mielnica, Bezirk Borszczów, Bezirk Kopeczynce
- Kreis Kolomea
- Kreis Stanislau
- Bezirk Nadworna, Bezirk Bohorodczany, Bezirk Delatyn, Bezirk Sołotwina, Bezirk Buczacz, Bezirk Tyśmienica, Bezirk Monasterzyska, Bezirk Halicz, Bezirk Stanislau, Bezirk Tłumacz
- Verwaltungsgebiet Krakau:
- Kreis Krakau
- Bezirk Jaworzno, Bezirk Mogiła, Bezirk Chrzanów, Bezirk Krzeszowice, Bezirk Liszki
- Kreis Wadowice
- Kreis Sandec
- Bezirk Grybów, Bezirk Ciężkowice, Bezirk Czarny-Dunajec, Bezirk Krościenko, Bezirk Alt-Sandec, Bezirk Neumarkt, Bezirk Limanowa, Bezirk Muszyna, Bezirk Tymbark, Bezirk Neu-Sandec
- Kreis Jasło
- Kreis Rzeszów
- Kreis Tarnow
- Kreis Bochnia
- Kreis Krakau
Verwaltungseinteilung vom 1867 bis 1918
Nachdem bereits Ende Oktober 1865 die Kreisämter abgeschafft worden und deren Kompetenzen auf die Bezirksämter übergegangen waren[11], wurde die Unterteilung in zwei Landeshälften nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 wieder aufgegeben und Galizien zunächst in 74 Bezirke eingeteilt.[12] 1914 existierten schließlich folgende 82 Bezirke:[13]
- Bezirk Biała (Bezirk Biala)
- Bezirk Bóbrka
- Bezirk Bochnia
- Bezirk Bohorodczany
- Bezirk Borszczów
- Bezirk Brody
- Bezirk Brzesko
- Bezirk Brzeżany (Bezirk Brzeżan)
- Bezirk Brzozów
- Bezirk Buczacz
- Bezirk Chrzanów
- Bezirk Cieszanów
- Bezirk Czortków
- Bezirk Dąbrowa
- Bezirk Dobromil (bis 30. September 1876 als Bezirk Bircza[14])
- Bezirk Dolina
- Bezirk Drohobycz
- Bezirk Gorlice
- Bezirk Gródek Jagielloński
- Bezirk Grybów
- Bezirk Horodenka
- Bezirk Husiatyn
- Bezirk Jaroslau
- Bezirk Jasło
- Bezirk Jaworów
- Bezirk Kałusz
- Bezirk Kamionka Strumiłowa
- Bezirk Kolbuszowa
- Bezirk Kolomea
- Bezirk Kosów
- Bezirk Krakau
- Bezirk Krosno
- Bezirk Łańcut
- Bezirk Lemberg (Lwów)
- Bezirk Limanowa
- Bezirk Lisko
- Bezirk Mielec
- Bezirk Mościska
- Bezirk Myślenice
- Bezirk Nadwórna
- Bezirk Nowy Sącz (Bezirk Neu Sandez)
- Bezirk Nowy Targ (Bezirk Neumarkt)
- Bezirk Nisko
- Bezirk Oświęcim (Bezirk Auschwitz, seit 1. Juli 1910[15])
- Bezirk Peczeniżyn (seit 15. Juni 1898[16])
- Bezirk Pilzno
- Bezirk Podgórze (seit 15. September 1896[17])
- Bezirk Podhajce
- Bezirk Przemyśl
- Bezirk Przemyślany
- Bezirk Przeworsk (seit 1. November 1899[18])
- Bezirk Radziechów (seit 1. Januar 1912[19])
- Bezirk Rawa Ruska
- Bezirk Rohatyn
- Bezirk Ropczyce
- Bezirk Rudki
- Bezirk Rzeszów
- Bezirk Sambor
- Bezirk Sanok
- Bezirk Skałat
- Bezirk Skole (seit 1. Januar 1911[20])
- Bezirk Śniatyn
- Bezirk Sokal
- Bezirk Stanislau
- Bezirk Stary Sambor (bis 1899 Bezirk Staremiasto)
- Bezirk Stryj
- Bezirk Strzyżów (seit 15. September 1896[21])
- Bezirk Tarnobrzeg
- Bezirk Tarnopol
- Bezirk Tarnów
- Bezirk Tłumacz
- Bezirk Trembowla
- Bezirk Turka
- Bezirk Wadowice
- Bezirk Wieliczka
- Bezirk Zaleszczyki
- Bezirk Zbaraż
- Bezirk Zborów (seit 1. September 1904[22])
- Bezirk Złoczów
- Bezirk Żółkiew
- Bezirk Żydaczów
- Bezirk Żywiec (Bezirk Saybusch)
Nach dem Ende der österreichischen Herrschaft über Galizien kam das gesamte Gebiet schließlich unter polnische Verwaltung (später Zweite Polnische Republik), nach der Beendigung des Polnisch-Ukrainischen Krieges und des Polnisch-Sowjetischen Krieges wurde Galizien schließlich am 1. September 1921 in die vier Woiwodschaften Krakau, Lwów, Stanislau und Tarnopol aufgeteilt.[23]
Einzelnachweise
- Jan Fellerer: Mehrsprachigkeit im galizischen Verwaltungswesen (1772-1914), Böhlau-Verlag, Wien 2005, Seite 30
- lt. Edicta et mandata universalia Regnis Galiciae et Lodomeriae
- Rudolf A. Mark: Galizien unter österreichischer Herrschaft, Herder-Verlag, Marburg 1994, Seite 7ff.
- Jan Fellerer: Mehrsprachigkeit im galizischen Verwaltungswesen (1772-1914), Böhlau-Verlag, Wien 2005, Seite 31ff.
- A. C. A. Friederich, Historisch-geographische Darstellung Alt- und Neu-Polens; 1839, S. 60
- Rudolf A. Mark: Galizien unter österreichischer Herrschaft. Herder-Verlag, Marburg 1994, S. 3 und 4.
- Joseph Marx von Liechtenstern: Handbuch der neuesten Geographie des Österreichischen Kaiserstaates, Wien 1817, S. 1090 ff.
- Reichsgesetzblatt vom 8. Oktober 1850, Nr. 383, Seite 1741
- Reichsgesetzblatt vom 24. April 1854, Nr. 111, Seite 400
- Franz Heinrich Ungewitter: Die österreichische Monarchie, geographisch, statistisch, topographisch und historisch dargestellt: unter genauer Bezugnahme auf die neueste administrative und gerichtliche Organisation der Kronländer, und mit der sorgfältigsten und ausführlichsten Topographie, Brünn 1856, S. 149 ff.
- Reichsgesetzblatt vom 23. September 1865, Nr. 92, Seite 305
- Reichsgesetzblatt vom 23. Januar 1867, Nr. 17, Seite 35
- Brian J. Lenius: Genealogical Gazetteer of Galicia, 1999
- Reichsgesetzblatt vom 4. Juli 1876, Nr. 93, Seite 230
- Reichsgesetzblatt vom 31. Mai 1910, Nr. 110, Seite 181
- Reichsgesetzblatt vom 18. Mai 1898, Nr. 86, Seite 137
- Reichsgesetzblatt vom 5. August 1896, Nr. 148, Seite 488
- Reichsgesetzblatt vom 10. Oktober 1899, Nr. 199, Seite 925
- Reichsgesetzblatt vom 6. Dezember 1911, Nr. 225, Seite 624
- Reichsgesetzblatt vom 13. November 1910, Nr. 204, Seite 577
- Reichsgesetzblatt vom 5. August 1896, Nr. 148, S. 488
- Reichsgesetzblatt vom 17. August 1904, Nr. 88, Seite 190
- Dz.U. 1921 nr 46 poz. 282
Weblinks
- http://www.galizien-online.de/de/galizien/basisinformationen.html
- Polnischer Wikipedia-Artikel zu den Kreiseinteilungen in Galizien
- Karte mit der politischen Einteilung Galiziens und der Bukowina um 1900
- Zeitgenössische Karten zu Galizien um 1800
- Gemeindelexikon der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, Bd. 12 Galizien