Woiwodschaft
Eine Woiwodschaft oder Wojewodschaft ist ein polnischer Verwaltungsbezirk als oberste Stufe der territorialen Gliederung in der Republik Polen (ISO 3166-2-Ebene, siehe ISO 3166-2:PL) und liegt in der Statistikebene NUTS-2. Nächstkleinere Selbstverwaltungseinheit ist der Powiat (Landkreis). Derzeit gibt es in Polen 16 Woiwodschaften.
Das Lehnwort Woiwodschaft, polnisch województwo (deutsch: Provinz) ist abgeleitet von Woiwode (deutsch: Heerführer, Herzog). Dieser Titel steht in der polnischen Geschichte in Kontrast zum Titel Książę, der etymologisch vom germanischen Wort König abgeleitet ist, aber ebenfalls zumeist mit Herzog übersetzt wird. Historisch ersetzten die Województwa als Verwaltungseinheiten eines geordneten Staatswesens zunehmend die stammesgeschichtlich und dynastisch entstandenen Księstwa (Fürsten- oder Herzogtümer).
Am 1. Januar 1999 entstanden die heutigen 16 Woiwodschaften, die größtenteils in etwa historische Gebiete darstellen. Ursprünglich waren 12 Woiwodschaften geplant; allerdings gab es politische Diskussionen, die zu einer Vergrößerung der Anzahl auf 16 führten. Die zusätzlichen vier Woiwodschaften waren Heiligkreuz, Opole, Lebus und Kujawien-Pommern.[1] Politische Überlegungen führten auch dazu, dass die Woiwodschaft Kujawien-Pommern zwei offizielle Hauptstädte hat, ebenso die Woiwodschaft Lebus.
Organe
Da Polen ein Einheitsstaat ist, weisen die Woiwodschaften im Gegensatz zu den deutschen Ländern keine Staatsqualität auf.
Jede Woiwodschaft besitzt als Selbstverwaltungsorgan eine Volksvertretung (Sejmik województwa, Woiwodschaftsversammlung, Woiwodschaftstag), die einen Vorstand (zarząd województwa, Woiwodschaftsvorstand) wählt und einen Vorsitzenden (marszałek województwa, Woiwodschaftsmarschall, Woiwodschaftspräsident) nominiert.
Der Woiwode (etwa Präfekt) ist hingegen der Vertreter der (Warschauer) Zentralregierung, zuständig für Kontrolle der Selbstverwaltung der Woiwodschaften, Landkreise (Powiat) und Gemeinden (Gmina).
Liste der Woiwodschaften
Historische Woiwodschaften
Woiwodschaften im 14. bis 18. Jahrhundert
Schon bald nach der Überwindung des Polnischen Partikularismus wurde das Königreich Polen 1308–1339 in Woiwodschaften eingeteilt. Deren Hauptstädte lagen oft nicht in der Mitte, sondern recht nahe bei dem der Königsstadt Krakau zugewandten Ende:
- Poznań (Posen)
- Kalisz
- Sieradz
- Łęczyca
- Brześć Kujawski
- Gniezno
- Inowrocław
In Kleinpolen:
- Kraków (Krakau)
- Sandomierz
- Lublin
Zu der Zeit war Masowien nur durch die Zugehörigkeit zum Erzbistum Gnesen mit Polen verbunden. Mit seiner Integration in das polnische Staatswesen wurde es später ebenso in Woiwodschaften eingeteilt wie das Großfürstentum Litauen (und dessen ruthenische Länder, die unter die polnische Krone kamen) sowie das Königliche Preußen. Ausgenommen von diesem System waren die königlichen Freistädte (Danzig, Thorn, Elbing und Riga bis 1621).
Woiwodschaften 1816–1837 (Kongresspolen)
In den Jahren 1816 bis 1837 bestanden auch in Kongresspolen Woiwodschaften, diese wurden danach in Gouvernements umbenannt und mehrfach reorganisiert.
- Woiwodschaft Augustów (Hauptstadt Suwałki)
- Woiwodschaft Kalisz
- Woiwodschaft Krakau (trotz des Namens war Krakau kein Teil der Woiwodschaft, sondern bis 1846 eine Freie Stadt; die Hauptstadt war zuerst Miechów, dann Kielce).
- Woiwodschaft Lublin
- Woiwodschaft Masowien (Hauptstadt Warschau)
- Woiwodschaft Płock
- Woiwodschaft Podlachien (Hauptstadt Siedlce)
- Woiwodschaft Sandomierz (Hauptstadt Radom)
Woiwodschaften in der Zweiten Republik 1921–1939
Da Polen schon seit der Vereinigung des Königreichs Polen mit dem Großfürstentum Litauen die Staatsbezeichnung Rzeczpospolita trug, wird die polnische Republik zwischen den Weltkriegen als Zweite Republik bezeichnet.
- Woiwodschaft Białystok
- Woiwodschaft Kielce
- Woiwodschaft Krakau
- Woiwodschaft Łódź
- Woiwodschaft Lublin
- Woiwodschaft Lwów
- Woiwodschaft Nowogródek
- Woiwodschaft Polesien
- Woiwodschaft Pommerellen
- Woiwodschaft Posen
- Woiwodschaft Schlesien
- Woiwodschaft Stanisławów
- Woiwodschaft Tarnopol
- Woiwodschaft Warschau
- Woiwodschaft Wilna
- Woiwodschaft Wolhynien
Woiwodschaften 1945–1975
Nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1975 war Polen in 17 Woiwodschaften gegliedert.
- Woiwodschaft Białystok
- Woiwodschaft Bydgoszcz (Bromberg, bis 1950 noch Pomorskie, dann umbenannt nach der Hauptstadt)
- Woiwodschaft Danzig
- Woiwodschaft Katowice
- Woiwodschaft Kielce
- Woiwodschaft Koszalin (Köslin)
- Woiwodschaft Krakau
- Woiwodschaft Łódź
- Woiwodschaft Lublin
- Woiwodschaft Olsztyn (Allenstein)
- Woiwodschaft Opole
- Woiwodschaft Posen
- Woiwodschaft Rzeszów
- Woiwodschaft Stettin
- Woiwodschaft Warschau
- Woiwodschaft Breslau
- Woiwodschaft Zielona Góra (Grünberg)
Woiwodschaften 1975–1998
1975 wurde die Zahl auf 49 erhöht, offiziell um die Landesverwaltung zu optimieren, die Behörden in den Regionen zu stärken und die Missverhältnisse in den wirtschaftlichen Entwicklungen zwischen den Regionen auszugleichen. Keines der genannten Ziele wurde erreicht, stattdessen wurde, erwartungsgemäß, der Einfluss der Zentralregierung erhöht.[4]
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Siehe auch
Einzelnachweise
- Andrzej Chwalba: Kurze Geschichte der Dritten Republik Polen. 1989 bis 2005. Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-05925-1, S. 59.
- Ludność. Stan i struktura ludności oraz ruch naturalny w przekroju terytorialnym (stan w dniu 31.12.2019), Główny Urząd Statystyczny
- Rocznik Statystyczny Województw 2019, Główny Urząd Statystyczny
- Iwona Sagan: Polnische Regional- und Metropolenpolitik. In: Polen-Analysen. Nr. 103, 21. Februar 2012, ISSN 1863-9712, S. 1–12, Digitalisat (PDF; 795 KB).