Rzeszów
[ˈʒɛʃuf] (Ряшів (ukrainisch) und Reysha (jiddisch)[2]; 1941 bis 1945 Reichshof) ist eine Stadt im Südosten Polens, Hauptstadt und wichtiges Zentrum der Woiwodschaft Karpatenvorland mit 196.638 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2020).
Rzeszów | |||
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Basisdaten | |||
Staat: | Polen | ||
Woiwodschaft: | Karpatenvorland | ||
Powiat: | Kreisfreie Stadt | ||
Fläche: | 126,57 km² | ||
Geographische Lage: | 50° 3′ N, 22° 0′ O | ||
Höhe: | 197 bis 384 m n.p.m. | ||
Einwohner: | 196.638 (31. Dez. 2020)[1] | ||
Postleitzahl: | 35-001 bis 35-959 | ||
Telefonvorwahl: | (+48) 17 | ||
Kfz-Kennzeichen: | RZ | ||
Wirtschaft und Verkehr | |||
Nächster int. Flughafen: | Rzeszów-Jasionka | ||
Gmina | |||
Gminatyp: | Stadtgemeinde | ||
Fläche: | 126,57 km² | ||
Einwohner: | 196.638 (31. Dez. 2020)[1] | ||
Bevölkerungsdichte: | 1554 Einw./km² | ||
Gemeindenummer (GUS): | 1863011 | ||
Verwaltung (Stand: 2012) | |||
Stadtpräsident: | Konrad Fijołek | ||
Adresse: | Rynek 1 35-064 Rzeszów | ||
Webpräsenz: | www.erzeszow.pl |
Geografie
Rzeszów liegt in der Flussebene der Wisłok am Rande des Talkessels von Sandomierz unweit der Karpaten. Die Grenznähe zur Ukraine (Entfernung 90 km) und zur Slowakei (100 km) hat die Stadt zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt werden lassen.
Geschichte
Die Anfänge der Stadt sind mit dem Stadtteil Staromieście verbunden. 1354 findet der Name Resovia erstmals seine Erwähnung, wurde es nach Magdeburger Recht zur Stadt erhoben. Am wahrscheinlichsten war der Ortsname polnischer Herkunft und ursprünglich Rzę(-ą)sze(-o)w und wurde zunächst von Ruthenen als Rjaše(-i)w durch Rješ(-i) und wieder von Polen als Rzeszow entstellt. Die Etymologie der Ableitung vom deutschen Reichshof, erst im 19. Jahrhundert vorgeschlagen, ist sehr unwahrscheinlich.[3] Anfang des 15. Jahrhunderts wurde der Ortsname in die deutsche Sprache z. B. als R(z)esche/Resze adaptiert.[4] Seit der Eroberung Rotrutheniens durch Władysław II. Jagiełło im Jahr 1387 gehörte die Stadt bis zur Ersten Teilung Polens im Jahr 1772 zum Königreich Polen und fiel durch die Teilung an die Habsburgermonarchie, bis es mit dem Ende des Ersten Weltkriegs zum neugegründeten Polen kam.
Im 16. Jahrhundert entstand die jüdische Vorstadt Nowe Miasto (Neustadt) im Nordosten mit eigenem Marktplatz (heute Wolności-Platz), die bis 1637 mit Rzeszów vereinigt wurde.
1901 wurde die Stadt von 2,90 km2 auf 7,68 km2 durch Eingemeindung u. a. des nördlichen Vororts Ruska Wieś (wörtlich: Ruthenisches Dorf) vergrößert. In den Jahren 1937 bis 1939 wurde Luftfahrt- und Maschinenindustrie in der Stadt entwickelt und die Zahl der Bewohner stieg auf 40.000.[5]
Zeit des Zweiten Weltkrieges und Holocaust
Zwischen 1941 und 1945 trug der Ort unter deutscher Besetzung den Namen Reichshof. Zum Zeitpunkt des deutschen Überfalls auf Polen lebten rund 14.000 Juden in Rzeszów; die Stadt wurde am 10. September 1939 von der Wehrmacht eingenommen. Unter der deutschen Besetzung gehörte die Stadt zum Generalgouvernement. Im Dezember 1941 wurde ein Ghetto errichtet. Im Juli 1942 wurden die ersten Massendeportationen durchgeführt: Die jüdische Bevölkerung der Umgebung wurde im Ghetto zusammengeführt und etwa 22.000 Juden in das Vernichtungslager Belzec verschleppt. Zuvor kam es bereits zu Erschießungen bei passivem Widerstand. Eine Gruppe von etwa 1.000 Menschen wurde in einem nahegelegenen Waldstück ermordet. Im November 1942 lebten noch 3.000 Juden im Ghetto, das nun in ein Zwangsarbeitslager umgewandelt wurde. Lagerteil A war für die Zwangsarbeiter bestimmt, während ihre Familien im Lagerteil B untergebracht wurden. Im September 1943 wurden die Zwangsarbeiter in das Arbeitslager Szebnie verbracht, wo die meisten umkamen. Ihre Angehörigen wurden im November 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Nur 600 Menschen überlebten bis Juli 1944 in einem örtlichen Arbeitslager, einigen gelang die Flucht in die umliegenden Wälder.[6]
Die Gesamtzahl der Bewohner fiel auf 27.000.[5]
Nach dem Krieg
Nachdem Gerüchte über die Ermordung eines christlichen Mädchens in der Stadt aufgetaucht waren, verhaftete die polnische Polizei am 1. Juni 1945 sämtliche noch vorhandenen Juden Rzeszóws und führte sie inmitten einer wütenden Menge durch die Stadt, während gleichzeitig die Wohnungen der verhafteten Juden geplündert wurden. Nach ihrer Freilassung noch am selben Tag flohen mehr als 200 Juden aus Rzeszów.[7] Damit blieb eine Wiederherstellung jüdischen Lebens in der Stadt nach 1945 aus.
In den Jahren 1951 (39 km2), 1971 (40,3), 1977 (53,7), 2006 (68), 2007 (77,3), 2008 (91,5), 2009 (97,6), 2010 (116,4), 2017 (120,4), 2019 (126,6) und 2021 (128,5) wurde die Stadt durch Eingemeindungen vergrößert.[5]
Kultur und Bildung
Rzeszów ist Bischofssitz. In der Stadt befindet sich eine staatliche Universität, das Politechnikum Rzeszów sowie mehrere private Hochschulen, unter anderem die Hochschule für Informatik und Management.
Wirtschaft
In Rzeszów haben viele internationale Konzerne ihren Sitz, die mit der Luftfahrtindustrie verbunden sind. Zu diesen gehört u. a. United Technologies Corporation. Luftfahrtunternehmen, wissenschaftliche Forschungszentren und Einrichtungen der Pilotenausbildung bilden das „Aviation Valley“, das Luftfahrtcluster rund um Rzeszów, wo 90 % des Produktionsvolumens der polnischen Luftfahrtindustrie erwirtschaftet wird.[8] Neben der Luftfahrtindustrie sind hier u. a. der Pharmakonzern Bausch Health anwesend, sowie Cefarm Rzeszów und das IT-Unternehmen Asseco Poland.
Verkehr
Unweit der Stadt befindet sich der kürzlich modernisierte internationale Flughafen Rzeszów-Jasionka. Durch Rzeszów verlaufen die Autobahn A4 und die Schnellstraße S19.
Sport
In Rzeszów ist mit CWKS Resovia einer der ältesten polnischen Fußballvereine ansässig.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt:
- Hieronim Augustyn Lubomirski (1647–1706), Magnat und Politiker
- Wilhelm Turteltaub (1816 – nach 1859), österreichischer Arzt und Schriftsteller
- Leopold Löffler (1827–1898), Maler
- Amalia Carneri (1875–1942), österreichische Opernsängerin
- Jerzy Bandrowski (1883–1940), Schriftsteller, Journalist und Übersetzer
- Chiel Weissmann (1883–1974), Schweizer Kaufmann, Filmproduzent und Verleiher
- Juliusz Kaden-Bandrowski (1885–1944), Prosaiker und Publizist
- Antoni Alster (1903–1968), Politiker
- Fred Zinnemann (1907–1997, eigentlich Alfred Zinnemann), österreichisch-US-amerikanischer Filmregisseur
- Władysław Kruczek (1910–2003), Politiker
- Stanisław Wisłocki (1921–1998), Komponist, Dirigent und Musikpädagoge
- Józef Szajna (1922–2008), Maler, Schriftsteller, Regisseur, Bühnenbildner, Professor an der Akademie für bildende Künste, ehemaliger Auschwitzhäftling
- Jerzy Grotowski (1933–1999), Theaterregisseur
- Roman Micał (1939–2021), Hockeyspieler
- Stan Borys (* 1941), Rocksänger, im Stadtteil Załęże
- Tomasz Stańko (1942–2018), Jazz-Trompeter
- Jan Domarski (* 1946), Fußballspieler
- Marek Bałata (* 1955), Jazzmusiker und Grafiker
- Vitold Rek (* 1955), Kontrabassist, Jazzmusiker
- Marian Rojek (* 1955), römisch-katholischer Bischof
- Stanisław Jamrozek (* 1960), Weihbischof in Przemyśl
- Artur Ważny (* 1966), katholischer Geistlicher, Weihbischof in Tarnów
- Marek Stefański (* 1969), Organist
- Tomasz Kamiński (* 1979), Politiker
- Dawid Kostecki (1981–2019), Profiboxer im Halbschwergewicht
- Konrad Wysocki (* 1982), Profi-Basketballer, Spieler der deutschen Basketball-Nationalmannschaft
- Anja Rubik (* 1983), Model
Ehrenbürger der Stadt:
- Rafał Wilk (* 1974), Paracycler und Speedwayfahrer
Politik
Stadtpräsident
An der Spitze der Stadtverwaltung steht ein Stadtpräsident, der von der Bevölkerung direkt gewählt wird. Seit 2002 ist dies Tadeusz Ferenc von der SLD.
Bei der Wahl 2018 trat Ferenc mit einem eigenen Wahlkomitee an. Die Abstimmung brachte folgendes Ergebnis:[9]
- Tadeusz Ferenc (Wahlkomitee Tadeusz Ferenc für Rzeszów) 63,8 % der Stimmen
- Wojciech Buczak (Prawo i Sprawiedliwość) 28,9 % der Stimmen
- Maciej Masłowski (Kukiz’15) 3,6 % der Stimmen
- Krzysztof Kaszuba (parteilos) 2,6 % der Stimmen
- Übrige 1,2 % der Stimmen
Damit wurde Amtsinhaber Ferenc bereits im ersten Wahlgang wiedergewählt.
Stadtrat
Der Stadtrat besteht aus 25 Mitgliedern und wird direkt gewählt. Die Stadtratswahl 2018 führte zu folgendem Ergebnis:[10]
- Wahlkomitee Tadeusz Ferenc für Rzeszów 43,5 % der Stimmen, 12 Sitze
- Prawo i Sprawiedliwość (PiS) 33,2 % der Stimmen, 9 Sitze
- Koalicja Obywatelska (KO) 15,3 % der Stimmen, 4 Sitze
- Kukiz’15 5,6 % der Stimmen, kein Sitz
- KORWiN 2,2 % der Stimmen, kein Sitz
- Übrige 0,3 % der Stimmen, kein Sitz
Partnerstädte
Rzeszów listet folgende dreizehn Partnerstädte auf: [11]
Stadt | Land | seit |
---|---|---|
Bielefeld | Nordrhein-Westfalen, Deutschland | 1991 |
Buffalo | New York, Vereinigte Staaten | 1975 |
Cherson [12] | Ukraine | |
Fangchenggang | Guangxi, Volksrepublik China | 2011 |
Gainesville | Florida, Vereinigte Staaten | 2013 |
Iwano-Frankiwsk | Ukraine | 2000 |
Klagenfurt | Kärnten, Österreich | 1975 |
Košice | Slowakei | 1991 |
Lamia | Griechenland | 2005 |
Lwiw | Ukraine | 1992 |
Luzk | Wolyn, Ukraine | 2001 |
Nyíregyháza | Észak-Alföld, Ungarn | 1996 |
Satu Mare | Rumänien | 2007 |
Split | Dalmatien, Kroatien | 2018 |
Panorama
Siehe auch
Einzelnachweise
- Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
- Rzeszów, Poland jewishgen.org
- Władysław Makarski, Jeszcze o nazwie miejscowej Rzeszów [Noch einmal über den Ortsnamen Rzeszów], 1985 (polnisch, deutschsprachige Zusammenfassung)
- „niemieckie zapiski ksiąg miejskich lwowskich i przemyskich z pierwszej połowy XV wieku, gdy mówią o Rzeszowie, pisząc Resche, Resze lub Rezsche“ in: Pięć wieków miasta Rzeszowa, XIV–XVIII.: Praca zbiorowa, 1958, S. 18; „znane są XV-wieczne zapisy Rzeszowa w innej postaci niemieckiej Resche (por. von Resche 1410, von Rezsche, kegen Resze 1438).“ in: Władysław Makarski. Roczniki humanistyczne, Towarzystwa Naukowego Katolickiego Uniwersytetu Lubelskiego, 1983. T. 33, S. 70
- https://www.erzeszow.pl/692-rozszerzenie-granic-rzeszowa/13520-jak-roslo-nasze-miasto.html Jak rosło nasze miasto (polnisch)
- Jewish Virtual Library, Artikel Rzeszow abgerufen am 14. Mai 2014
- Jan T. Gross: Kielce. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 3: He–Lu. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02503-6, S. 345.
- Luftfahrtindustrie. poland.gov.pl. Abgerufen am 24. Februar 2012.
- Ergebnis auf der Seite der Wahlkommission, abgerufen am 29. Juli 2020.
- Ergebnis auf der Seite der Wahlkommission, abgerufen am 29. Juli 2020.
- Serwis informacyjny UM Rzeszów – Miasta partnerskie Rzeszowa. Abgerufen am 23. Dezember 2018.
- nach der Darstellung auf der ukrainischen Seite von Cherson