Europäische Rundfunkunion
Die Europäische Rundfunkunion (englisch European Broadcasting Union, EBU; französisch Union Européenne de Radio-Télévision, UER) ist ein Zusammenschluss von derzeit 72 Rundfunkanstalten in 56 Staaten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens mit Sitz in Genf (Stand Mai 2016).[2] Hinzu kommen etwa halb so viele assoziierte Sender aus der ganzen Welt (33 aus 21 Ländern).[3]
Europäische Rundfunkunion Union Européenne de Radio-Télévision (EBU) | |
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Gründung | 12. Februar 1950 in Torquay (Vereinigtes Königreich) |
Sitz | Genf |
Vorläufer | Weltrundfunkverein |
Zweck | Kooperation und Entwicklung des unabhängigen Rundfunks und der Medien in Europa |
Schwerpunkt | Rundfunk in Europa |
Vorsitz | Michael Rauchenwald (Präsident)[1] |
Mitglieder | 72 Vollmitglieder |
Website | www.ebu.ch |
Im Oktober 2020 wurde Delphine Ernotte, Präsidentin von France-Télévisions, als erste Frau zur Präsidentin der EBU gewählt. Sie trat am 1. Januar 2021 für einen Zeitraum von zwei Jahren die Nachfolge von Tony Hall an. Vizepräsident ist Petr Dvořák, der Generaldirektor des Tschechischen Fernsehens.[4]
Geschichte
Vorgänger der EBU war der Weltrundfunkverein (Internationale Rundfunkunion; englisch: International Broadcasting Union, IBU; französisch: Union Internationale de Radiophonie, UIR) mit Sitz in Genf und technischem Büro in Brüssel (1925–50).
Die Europäische Rundfunkunion wurde am 12. Februar 1950 auf einer Konferenz in Torquay (Vereinigtes Königreich) mit dem Ziel gegründet, ein Netzwerk zum Austausch von Nachrichtenfilmen aufzubauen. Des Weiteren soll die EBU technische Entwicklungen im Radio- und Fernsehbereich vorantreiben und standardisieren. Gründungsmitglieder waren 23 Rundfunkanstalten aus Europa und dem Mittelmeerraum.
Im Jahre 1953 übertrug die EBU als erste internationale Livesendung überhaupt die Krönung von Königin Elisabeth II. Die erste „offizielle“ Eurovisionssendung war die Übertragung des Narzissenfestivals am 6. Juni 1954 aus Montreux.[5] 1956 fand die Ausstrahlung des ersten Eurovision Song Contest statt.
1993 schloss sich die EBU mit ihrem Pendant OIRT zusammen.
Im November 2011 hat Andorra wegen finanzieller Schwierigkeiten seine Mitgliedschaft gekündigt.[6] Allerdings wird dieser Plan nicht mehr verfolgt, weshalb Andorra immer noch ein Mitglied ist.
Am 31. Mai 2021 teilte die EBU den Vorstandsbeschluss mit, die Mitgliedschaft der belarussischen Rundfunkanstalt Belaruskaja Tele-Radio Campanija (BTRC) zu suspendieren.[7] Begründet wurde die Entscheidung damit, dass von ebenjener Rundfunkanstalt Interviews gesendet worden sind, die offenbar unter Druck zu Stande gekommen sind. Im Zusammenhang mit den Protesten in Belarus ab 2020 hatte die Europäische Rundfunkion bereits zuvor den Schutz von Journalisten in dem Land gefordert.[8] Am 30. Juni 2021 wurde die Belaruskaja Tele-Radio Campanija vollständig aus der EBU ausgeschlossen.[9]
Am 25. Februar 2022 wurde Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine vom Eurovision Song Contest 2022 ausgeschlossen.[10] Daraufhin erklärten die russischen Sender Perwy kanal[11], WGTRK und das Radiozentrum Ostankino den Austritt aus der EBU.[12]
Projekte
Hörfunk
1991 wurde das Hörspiel „Das Treffen in Valladolid“ des britischen Schriftstellers Anthony Burgess (A Clockwork Orange, dt. Uhrwerk Orange) als Auftragsarbeit der EBU von allen ihren Mitgliedsländern in ihrer jeweiligen Sprache produziert und zeitgleich mit allen Sendeanstalten der ARD urgesendet.[13]
Fernsehen
Mehrere Fernsehsender der EBU betreiben gemeinsam den weltweit sendenden Nachrichtenkanal Euronews.
Eine der bekanntesten Produktionen der EBU ist der jährlich stattfindende Eurovision Song Contest, welcher jeweils von der Sendeanstalt des Landes produziert wird, die den Vorjahresgewinner gestellt hat.
Von 1965 bis 1999 wurde von der EBU die Spielshow Spiel ohne Grenzen ausgestrahlt. Darüber hinaus produziert sie in Eigenregie den Wettbewerb Eurovision Young Dancers sowie verschiedene Kinderprogramme und Dokumentarfilme.
Darüber hinaus betreibt die EBU einen Satellitenkanal, über den die Mitglieder-Sender sich gegenseitig eigenes (Video-)Material zur Verfügung stellen.
Erkennungsmelodien
Die EBU verwendet verschiedene Erkennungsmelodien zur Kennzeichnung ihrer Sendungen. Die bekanntesten sind die Eurovisions-Fanfare mit einem Motiv aus dem Präludium zum Te Deum des französischen Komponisten Marc-Antoine Charpentier und die Euroradio-Fanfare nach einem Motiv aus der Ouvertüre zur Oper L’Orfeo von Claudio Monteverdi.
Technische Entwicklungen
Zur Übertragung von Audiodateien in die einzelnen Mitgliedsländer wird das FLAC-Format verwendet.[14][15] Außerdem beteiligt sich die Organisation aktiv an der Forschung und Entwicklung von neuen Standards wie DAB, DVB und HDTV und konzipierte u. a. das Radio Data System (RDS).
Mitglieder
Die EBU hat 72 Vollmitglieder aus 56 Staaten[16] und 33 assoziierte Mitglieder aus 21 weiteren Staaten – unter anderem aus Kanada, Japan, Mexiko, Brasilien, Indien, Hongkong und den Vereinigten Staaten. Die meisten Vollmitglieder sind öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten oder private mit einem öffentlichen Informationsauftrag.
In Deutschland gehören der EBU die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ARD und ZDF an; Österreich ist mit dem ORF, die Schweiz mit der SRG SSR und Südtirol mit Rai Südtirol vertreten.
In Georgien gibt es sowohl assoziierte als auch Vollmitgliedssender.
Aktive Vollmitglieder
Weblinks
Einzelnachweise
- ebu.com
- Mitgliedsliste, Mai 2016
- ebu.ch, abgerufen am 27. März 2017.
- Delphine Ernotte and Petr Dvořák elected as President and Vice-President of the EBU. EBU, 2. Oktober 2020, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Computer & Medien: Ein vereintes Fernsehpublikum – badische-zeitung.de. Abgerufen am 6. Juni 2014.
- Nachruf auf ein tapferes Land (Memento vom 13. Juli 2012 im Webarchiv archive.today)
- EBU: EBU suspendiert Mitgliedschaft von Belarus. 31. Mai 2021. eurovision.de (31. Mai 2021)
- EBU EXECUTIVE BOARD AGREES TO SUSPENSION OF BELARUS MEMBER BTRC. Abgerufen am 9. Juni 2021.
- Белтэлерадыёкампанію выключылі з Еўрапейскага вяшчальнага саюза. Eurapejskaje Radyjo dlja Belarussi, 30. Juni 2021, archiviert vom Original am 1. Juli 2021; abgerufen am 1. Juli 2021 (belarussisch).
- Russland vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen – ntv.de. Abgerufen am 25. Februar 2022.
- https://www.diepresse.com/6104408/song-contest-ausschluss-russische-medien-verlassen-ebu
- Joachim Huber: Redaktion auf ESC-Ausschluss Russlands – Russische Sender verlassen EBU. In: Tagesspiegel Online. Der Tagesspiegel, 26. Februar 2022, abgerufen am 26. Februar 2022.
- Deutschlandfunk, Das Hörspiel, 11. Februar 2012. In: dradio.de (12. Februar 2012)
- EBU.CH: Frequently Asked Questions (Memento vom 10. Oktober 2009 im Internet Archive)
- Pro-Linux News: „European Broadcasting Union verwendet FLAC“
- Direktorja Radia Slovenija in Televizije Slovenija izvoljena v najvišji delovni telesi EBU. Abgerufen am 2. Juli 2021 (slowenisch).