Ulf Kirsten
Ulf Kirsten (* 4. Dezember 1965 in Riesa) ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler der DDR und anschließend des wiedervereinigten Deutschlands. Er gilt als einer der besten deutschen Torjäger der 1980er und 1990er Jahre sowie als einer der wichtigsten Spieler in der Vereinsgeschichte des Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen, für den er von 1990 bis 2003 aktiv war. Kirsten war im Anschluss an seine Profikarriere Co-Trainer der ersten sowie Cheftrainer der zweiten Mannschaft des Vereins in der Regionalliga West. Neben seiner sportlichen Aktivität kümmert sich Kirsten um seine eigene Stiftung, die „Ulf-Kirsten-Stiftung“, zugunsten der Nachwuchsarbeit seines Heimatvereins Dynamo Dresden.
Ulf Kirsten | ||
Ulf Kirsten (2019) | ||
Personalia | ||
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Geburtstag | 4. Dezember 1965 | |
Geburtsort | Riesa, DDR | |
Größe | 172 cm | |
Position | Sturm | |
Junioren | ||
Jahre | Station | |
1972–1978 | BSG Chemie Riesa | |
1978–1979 | BSG Stahl Riesa | |
1979–1983 | Dynamo Dresden | |
Herren | ||
Jahre | Station | Spiele (Tore)1 |
1983–1990 | Dynamo Dresden | 154 | (57)
1990–2003 | Bayer 04 Leverkusen | 350 (181) |
Nationalmannschaft | ||
Jahre | Auswahl | Spiele (Tore) |
1981–1982 | DDR U16 | 7 | (4)
1982–1984 | DDR U18 | 29 | (9)
1984–1986 | DDR U21 | 10 | (4)
1985–1990 | DDR | 49 | (14)
1992–2000 | Deutschland | 51 | (20)
Stationen als Trainer | ||
Jahre | Station | |
2003–2005 | Bayer 04 Leverkusen (Co-Trainer) | |
2005–2011 | Bayer 04 Leverkusen II | |
1 Angegeben sind nur Ligaspiele. |
Kirsten war zum Zeitpunkt seines Karriereendes Mitte 2003 mit 181 Treffern der fünfterfolgreichste Torschütze der Bundesliga. Er ist zudem mit 100 Länderspielen, die er von 1985 bis 1990 sowie von 1992 bis 2000 absolvierte, der Spieler mit den meisten Einsätzen, der für beide deutsche Staaten aktiv war. Mit der Bundesrepublik nahm er an der WM 1994 und 1998 sowie der EM 2000 teil.
Seit Februar 2019 ist er bei Wacker Nordhausen als sportlicher Berater angestellt.
Laufbahn als Spieler
Vor der Wende
Ulf Kirsten hatte seine Karriere, bevor er 1979 zur SG Dynamo Dresden wechselte, bei zwei Vereinen in seiner Heimatstadt Riesa – BSG Chemie Riesa (1972–1978) und BSG Stahl Riesa (1978–1979) – begonnen.
Bei Dynamo Dresden schaffte Kirsten in der Oberligasaison 1983/84 den Sprung in die erste Mannschaft. In 154 Oberligaspielen traf er 57-mal für Dresden. Im Europapokal erzielte Kirsten in 21 Spielen acht Treffer. Der international größte Erfolg der Dresdner in Kirstens Zeit bei Dynamo war der Einzug ins Halbfinale des UEFA-Pokals in der Saison 1988/89, in dem man knapp (0:1-Niederlage beim VfB Stuttgart und 1:1 in Dresden) am Einzug ins Finale scheiterte. Kirsten gewann mit Dresden mehrere nationale Titel: 1988/89 und 1989/90 wurde Dynamo DDR-Fußballmeister und gewann 1984, 1985 (jeweils gegen den BFC Dynamo) und 1990 (gegen den Polizeisportverein Schwerin) mit Kirstens Beteiligung den FDGB-Pokal. Insgesamt lief er im Pokalwettbewerb der DDR 34-mal für die SGD auf und schoss dabei 14 Treffer. 1990 wurde er zum Fußballer des Jahres in der DDR gewählt.
Unumstrittener Stürmerstar in Leverkusen
Der Sprung in die Bundesliga gelang Kirsten ohne Mühe, bereits in seinem ersten Bundesligaspiel traf er gegen den FC Bayern München. Er entwickelte sich bei den Leverkusenern zum besten einheimischen Bundesligastürmer der 1990er Jahre. Von der Spielzeit 1990/91 bis zur Saison 2002/03 konnte Kirsten in 350 Erstligabegegnungen 181-mal ins gegnerische Tor treffen. Dazu kommen 32 Europapokaltreffer in 54 Partien für den Verein aus dem Rheinland. Vier Mal – 1996/97, 1998/99, 1999/2000 und 2001/02 – wurde Kirsten jeweils Bundesliga-Zweiter. Ein Meistertitel mit Leverkusen blieb ihm in allen 13 Spielzeiten versagt, jedoch gewann der Verein durch ein Tor von Kirsten den DFB-Pokal 1993 im Endspiel gegen die Amateure von Hertha BSC. Der Traum vom Europapokalsieg erfüllte sich auch in Leverkusen nicht: In der Saison 2001/02, als der Verein sowohl in der Meisterschaft als auch im DFB-Pokal 2002 nur Zweiter wurde, unterlag Kirsten mit den Rheinländern im Glasgower Hampden Park gegen Real Madrid im Finale der UEFA Champions League mit 1:2.
Zu seinen persönlichen Erfolgen im Fußball gehörten neben der Wahl zum vorletzten DDR-Fußballer des Jahres im Jahr 1990 die drei Torjägerkanonen in den Bundesligaspielzeiten 1992/93 (20 Tore), 1996/97 und 1997/98 (jeweils 22 Tore).
Mit seinen 181 Bundesligatoren belegt Kirsten Platz sieben der ewigen Torschützenliste der Bundesliga.[1]
Als Nationalspieler
Kirsten bestritt insgesamt 100 A-Länderspiele – 49 Partien für die DDR (14 Tore) und 51 für die Bundesrepublik Deutschland (20 Tore) – und erzielte für DFV und DFB dabei 34 Tore.
Kirsten, der zehnmal (vier Tore) für die U-21 der DDR aktiv war, debütierte für die A-Auswahl bereits als 19-Jähriger am 8. Mai 1985 im dänischen Kopenhagen bei der 1:4-Niederlage gegen Dänemark. Für eine WM oder EM konnte sich die DDR weder 1986 noch 1988 oder 1990 qualifizieren. Kirstens Karriere in der DDR-Fußballnationalmannschaft endete am 13. Mai 1990 mit einem 3:3-Unentschieden gegen Brasilien im Estádio Mário Filho (Maracanã) von Rio de Janeiro.
Sein erstes Spiel im Trikot des DFB-Teams absolvierte er am 14. Oktober 1992 beim 1:1 gegen Mexiko im Dresdner Rudolf-Harbig-Stadion. Kirsten gehörte 1994 und 1998 zum WM-Aufgebot der Deutschen unter Bundestrainer Berti Vogts, wobei er nur beim Turnier in Frankreich 1998 zu vier Kurzeinsätzen ohne Tor kam. Während Kirsten 1992 und 1996, als die Vogts-Elf den Titel in England gewann, nicht im deutschen EM-Kader war, nominierte ihn Erich Ribbeck für die EM in Belgien und den Niederlanden im Jahr 2000. Im Rahmen dieses Turniers absolvierte Kirsten am 20. Juni 2000 bei der 0:3-Niederlage gegen Portugal in De Kuip von Rotterdam sein 100. und letztes A-Länderspiel.
In zwei Länderspielen gelang Kirsten ein „Dreierpack“, jeweils zum 3:2-Sieg: am 28. März 1990 für die DDR-Elf unter Trainer Eduard Geyer gegen die USA und am 2. April 1997 im WM-Qualifikationsspiel für das DFB-Team gegen Albanien.
Nach der aktiven Karriere
Nach seinem Karriereende 2003 wurde Kirsten durch Bayer Leverkusen als Co-Trainer der ersten Mannschaft übernommen. 2005 wechselte er für sechs Jahre auf die Position des Cheftrainers der zweiten Mannschaft.
Ab Oktober 2012 arbeitete Kirsten für zwei Sportagenturen im Bereich Marketing und Spielervermittlung mit dem Schwerpunkt Asien.[2] Da ihm ein Bürojob nicht lag, beendete er diese Arbeit. Ende 2019 eröffnete er zusammen mit zwei Freunden ein Vergleichsportal für Wettquoten.[3]
Seit dem 1. Februar 2019 nimmt Kirsten beim Viertligisten Wacker Nordhausen die Aufgaben eines sportlichen Beraters und Sponsorenbeauftragten wahr.[4]
Erfolge
Dynamo Dresden
- DDR-Meister (2): 1988/89, 1989/90
- FDGB-Pokalsieger (2): 1984/85, 1989/90
Bayer 04 Leverkusen
- Champions-League-Finalist: 2001/02
- Deutscher Vizemeister (4): 1996/97, 1998/99, 1999/2000, 2001/02
- DFB-Pokalsieger: 1992/93
- DFB-Pokalfinalist: 2001/02
- DFB-Hallenpokalsieger: 1994
Auszeichnungen
- Fußballer des Jahres der DDR: 1990
- Kicker des Jahres in der Kategorie Stürmer: 1997
- Torschützenkönig der Bundesliga: 1992/93, 1996/97, 1997/98
- Torschützenkönig des Europapokals der Pokalsieger: 1993/94
- Torschützenkönig des UEFA Cup: 1994/95
- Torschützenkönig des DFB-Ligapokals: 1999
Soziales Engagement
Kirsten gründete mit den Einnahmen seines Abschiedsspiels vom 16. November 2003 die Ulf-Kirsten-Stiftung. Deren Ziel ist die nachhaltige Förderung des Sports, insbesondere des Jugendfußballs, in Dresden und der Region Dresden.
Sonstiges
- Kirsten ist verantwortlich für den Spitznamen „Zecke“ des Fußballprofis Andreas Neuendorf. Als dieser nach einer Untersuchung eines entzündeten Zeckenbisses zurück ins Training kam, rief Kirsten ihm zu: „Na, da is’ sie ja wieder: Die Zecke!“
- Obwohl Kirsten der erfolgreichste Bundesliga-Stürmer seiner Generation war, wurde keiner seiner Treffer in der ARD als „Tor des Monats“ ausgezeichnet.
- Sein Sohn Benjamin ist ebenfalls professioneller Fußballer.
- Kirsten war als inoffizieller Mitarbeiter „Knut Krüger“ für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR tätig.[5][6]
- Kirsten ist Eishockey-Fan des DEL-Clubs Kölner Haie.[7]
- 1994 hat Kirsten im DEFA-Spielfilm Fernes Land Pa-isch von Regisseur Rainer Simon einen Gastauftritt.[8]
- 2017 war Kirsten Kandidat bei Global Gladiators.
Zitate
- „Wenn bei einem Auswärtsspiel keiner ruft: ‚Kirsten, du Arschloch‘, dann weiß ich genau, dass ich schlecht bin.“
- Eduard Geyer: „Dort, wo andere den Fuß wegziehen, geht Kirsten mit dem Kopf hin.“
Literatur
- Kurzbiografie zu: Kirsten, Ulf. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Weblinks
- Ulf Kirsten in der Datenbank des Deutschen Fußball-Bundes
- Literatur von und über Ulf Kirsten im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ulf Kirsten in der Datenbank von weltfussball.de
- Ulf Kirsten in der Datenbank von fussballdaten.de
- Ulf Kirsten in der Datenbank von National-Football-Teams.com (englisch)
- Matthias Arnhold: Ulf Kirsten – International Appearances. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation
- Marcel Haisma: Ulf Kirsten – Matches in European Cups. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation
- Matthias Arnhold: Ulf Kirsten – Matches and Goals in Bundesliga. Rec.Sport.Soccer Statistics Foundation
- Virtuelles Denkmal
- Ulf Kirsten in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- Profil auf kicker.de, abgerufen am 4. Februar 2016
- „Ich muss niemandem hinterherlaufen“. sz-online.de (kostenpflichtig), 11. September 2012, abgerufen am 11. September 2012.
- Sven Geisler: „Dynamo? Für mich jetzt als Fan“. In: Sächsische Zeitung. 1. Dezember 2019 (kostenpflichtig online [abgerufen am 1. Dezember 2019]).
- Wacker Nordhausen verpflichtet Ulf Kirsten; wacker90.de, vom 28. Januar 2019, abgerufen am 29. Januar 2019
- Jörg Winterfeldt: Mielkes Rächer unbestraft. welt.de. 22. März 2000. Abgerufen am 26. Juni 2009.
- Ingolf Pleil: Mielke, Macht und Meisterschaft. In: Hamburger Abendblatt. 31. Juli 2001, abgerufen am 1. Juni 2016.
- DEL: Top Team Sotschi: Bundestrainer Cortina benennt finalen Kader. del.org. 4. Dezember 2012. Archiviert vom Original am 7. Dezember 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 4. Dezember 2012.
- Fernes Land Pa-isch - DEFA-Filmausschnitt. In: DEFA-Stiftung. 16. Oktober 2019, abgerufen am 30. Juli 2021.