Phosphosiderit
Phosphosiderit ist ein eher seltenes Mineral aus der Mineralklasse der Phosphate, Arsenate und Vanadate. Er kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Fe3+[PO4]·2H2O[3] und ist damit ein wasserhaltiges Eisen(III)-phosphat.
Phosphosiderit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen | |
Chemische Formel | Fe3+[PO4]·2H2O |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.CD.05 (8. Auflage: VII/C.09) 40.04.03.02 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | Monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | P21/n (Nr. 14, Stellung 2) |
Gitterparameter | a = 5,329 bis 5,330 Å; b = 9,789 bis 5,809 Å; c = 8,710 bis 8,714 Å β = 90,51° bis 90,60°°[3] |
Formeleinheiten | Z = 4[3] |
Zwillingsbildung | Durchdringungszwillinge nach {101}[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3,5 bis 4 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,74 bis 2,76; berechnet: 2,72 bis 2,73[3] |
Spaltbarkeit | deutlich an {010}, undeutlich an {001}[3] |
Bruch; Tenazität | Uneben |
Farbe | rötlichviolett, purpur, gelborange, moosgrün, pfirsichblütenrot |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, Harzglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,692[4] nβ = 1,725[4] nγ = 1,738[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,046[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = 62° |
Pleochroismus | X = helles Rosenrot, Y = karminrot, Z = farblos |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | sehr gut löslich in Salzsäure, teilweise löslich in Salpetersäure[1] |
Er entwickelt taflige Kristalle und Durchdringungszwillinge mit einer Größe von bis zu 2,5 cm, kommt aber auch in Form faseriger, radialstrahliger, traubiger oder nierenförmiger Mineral-Aggregate vor. Sie sind in verschiedenen Rot- und Gelbtönen gefärbt, wobei ein Pleochroismus auftritt. Die durchsichtigen bis durchscheinenden Kristalle können je nach Fremdbeimengung von rötlichvioletter (purpur), pfirsichblütenroter, gelboranger oder moosgrüner Farbe sein und zeigen auf den Oberflächen einen glas- bis harzartigen Glanz.
Mit einer Mohshärte von 3,5 bis 4 gehört Phosphosiderit zu den mittelharten Mineralen und lässt sich etwas leichter als das Referenzmineral Fluorit (Mohshärte 4) mit einem Taschenmesser ritzen.
Etymologie und Geschichte
Das Mineral wurde 1858 von Alfred Des Cloizeaux entdeckt. Er hielt es jedoch für Hureaulith. Seinen bis heute gültigen Namen Phosphosiderit erhielt das Mineral 1890 von Wilhelm Bruhns und Karl Busz. Die Bezeichnung leitet sich von „Phospho-“ für Phosphor und „-sider-“ für gr. Sideros (= Eisen).
Im Jahr 1910 entdeckte Alfred Lacroix Vilateit, was sich als Varietät von Phosphosiderit herausstellte. 1940 beschrieb Duncan McConnell Clinobarrandit, was sich als Phosphosiderit erwies. Der Name Metastrengit wurde 1951 von Clifford Frondel, Harry Berman und Charles Palache in ihrer 7. Ausgabe des Dana System of Mineralogy eingeführt, da Phosphosiderit eine Alternativmodifikation zu Strengit ist.[4]
Einzig und allein der Name Phosphosiderit ist von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt.[5]
Klassifikation
Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Phosphosiderit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltige Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Kolbeckit, Koninckit, Malhmoodit, Mansfieldit, Metavariscit, Paraskorodit, Skorodit, Strengit, Variscit und Yanomamit die Variscit-Gruppe mit der Systemnummer VII/C.09 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Phosphosiderit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. ohne zusätzliche Anionen; mit H2O“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach der Größe der Kationen und der Menge des Kristallwassers, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; RO4 : H2O = 1 : 2“ zu finden ist, wo es mit Kolbeckit und Metavariscit in der Metavariscitgruppe mit der Systemnummer 8.CD.05 ist.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Phosphosiderit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung „Wasserhaltige Phosphate etc.“ (Nr. 40) und dort in die Untergruppe „Wasserhaltige Phosphate etc., mit A3+XO4 × x(H2O)“ ein. Hier ist er ebenfalls zusammen mit Kolbeckit und Metavariscit in der Metavariscitgruppe mit der Systemnummer 40.04.03 zu finden.
Kristallstruktur
Phosphosiderit kristallisiert isotyp zu Metavariscit[6] monoklin in der Raumgruppe P21/n (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 2) mit den Gitterparametern a = 5,329 Å, b = 9,789 Å, c = 8,710 Å und ß = 90,60° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]
Die Phosphatgruppe ([PO4]3−) bildet tetraedische Einheiten von vierfach koordinierten Phosphoratomen. Die Eisenatome sind ebenfalls vierfach koordiniert. Bindungen bestehen nur zwischen Eisen und Sauerstoff sowie Phosphor und Sauerstoff. In der Theorie müssten jetzt sowohl die Eisenatome als auch die Phosphoratome in der Oxidationsstufe +4 sein, die reale Elektronenverteilung ist allerdings so, dass Phosphor fünffach positiv ist, und Eisen dafür nur dreifach. Die Kristallwassermoleküle befinden sich bei in einem größeren Hohlraum, der einmal pro Elementarzelle entsteht und von Eisen, Phosphor und Sauerstoff umspannt ist.[1]
Modifikationen und Varietäten
Die Verbindung Fe3+[PO4]·2H2O ist dimorph und kommt in der Natur neben dem monoklin kristallisierenden Phosphosiderit noch als orthorhombisch kristallisierender Strengit vor.[6]
Als Vilateit wird eine manganreiche Varietät von Phosphosiderit bezeichnet.[7][8]
Bildung und Fundorte
Phosphosiderit bildet sich als Sekundärmineral zu Triphylin in Pegmatitgesteinen. Er ist vergesellschaftet mit Triphylin, Barbosalith, Leukophosphit, Laueit, Hureaulith, Strengit und Türkis.[3]
Als eher selten vorkommende Mineralbildung kann Phosphosiderit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Als bekannt gelten bisher rund 200 Fundorte (Stand 2015).[9]
Die Typlokalität (Stelle der Erstbeschreibung) von Phosphosiderit liegt in Deutschland in der Kalterborn Mine, Eiserfeld, Siegerland, Nordrhein-Westfalen. Andere Fundorte in Deutschland gibt es in Oberwolfach im Schwarzwald (Baden-Württemberg). In Bayern gibt es einige weitere Fundorte. In Niederbayern gibt es einen Fundort in Rabenstein (Gemeinde Zwiesel), in der Oberpfalz welche in Auerbach, Pleystein, Plößberg, Waidhaus und Waldmünchen. In Hessen gibt es nur einen Fundort, dieser liegt in Essershausen, Marktfleck Weilmünster, Landkreis Limburg-Weilburg. In Nordrhein-Westfalen gibt es außer der Typlokalität noch zwei Fundorte im Sauerland (in Arnsberg und Meschede), zudem gibt es nahe der Typlokalität in Eiserfeld noch einen weiteren Fundort (Eisenzecher Zug Mine). Ein weiterer deutscher Fundort befindet sich in Schleswig-Holstein in Joldelund, Kreis Nordfriesland.[10]
In Österreich gibt es einen bekannten Fundort. Dieser liegt in der Steiermark in Herzogberg (Gemeinde Kindberg) im Gebirgszug Koralpe.[10]
In der Schweiz gibt es einen Fundort im Kanton Tessin in Brissago.[10]
Weitere Fundorte gibt es in Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, China, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, Kolumbien, Libyen, Madagaskar, Marokko, Portugal, Russland, Ruanda, Spanien, Schweden, Südafrika, Tschechien, Ungarn, dem Vereinigten Königreich und den US-Bundesstaaten Alabama, Arizona, Arkansas, Kalifornien, Colorado, Florida, Georgia, Indiana, Maine, Maryland, Nevada, New Hampshire, New Jersey, North Carolina, South Dakota, Utah, Virginia und Wisconsin.[10]
Verwendung als Schmuckstein
Phosphosiderit hat als Schmuckstein für den kommerziellen Gebrauch nur geringe Bedeutung, da er mit seiner geringen Mohshärte von 3,5 bis 4 eigentlich zu weich ist und schnell verkratzen würde. In Form von Trommelsteinen, Cabochons oder Kugelperlen wird er jedoch gelegentlich zu verschiedenen Schmuckstücken verarbeitet.[11]
Siehe auch
Literatur
- Willy Bruhns, Karl Busz: Phosphosiderit, ein neues Mineral von der Grube Kalterborn bei Eiserfeld im Siegenschen. In: Zeitschrift für Krystallographie und Mineralogie. Band 17, 1890, S. 555–560.
- Phosphosiderite. In: Clifford Frondel, Harry Berman, Charles Palache (Hrsg.): Dana’s System of Mineralogy. 7. Auflage. 1951, S. 796–771 (rruff.info [PDF]).
- Duncan McConnell: Clinenobarrandite and the isodimorphous series, variscite-metavariscite. In: American Mineralogist. Band 25, 1940, S. 719–725 (minsocam.org [PDF]).
Weblinks
Einzelnachweise
- Mineralienatlas:Phosphosiderit
- Mindat – Clinobarrandite
- Phosphosiderite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy. Mineralogical Society of America, 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF]).
- Mindat – Phosphosiderite
- Commission on new minerals and mineral names. In: Mineralogical Magazine. Band 36. International Mineralogical Association, 1967, S. 135 (rruff.info [PDF]).
- Paul B. Moore: The crystal structure of metastrengite and it's relationship to strengit and phosphophyllite. In: American Mineralogist. Band 51. Mineralogical Society of America, 1966 (minsocam.org [PDF]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 640 (Erstausgabe: 1891).
- Mindat – Vilateite
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Phosphosiderit
- Fundortliste für Phosphosiderit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- realgems.org – Phosphosiderit mit Bildbeispielen geschliffener Steine