Mario Comensoli
Mario Pasquale Comensoli (* 15. April 1922 in Lugano; † 2. Juni 1993 in Zürich) war ein Schweizer Maler des Realismus.
Leben
Mario Comensoli stammte aus einer italienischen Emigrantenfamilie und wuchs im Molino Nuovo auf. Nach seiner Schulzeit schlug er sich mit Gelegenheitsarbeiten und dem Verkauf von Porträts und Landschaftsbildern an Touristen durch. Im Jahr 1943 kaufte das Städtische Kunstmuseum (Museo civico di belle arti) in Lugano sein Landschaftsgemälde Piccolo Paesaggio. Comensoli erhielt dadurch ein Stipendium der Fondazione Torricelli, das ihm den Besuch von Kursen an der Kunstgewerbeschule Zürich und von Vorlesungen an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich erlaubte. 1944 lernte er Hélène Frei († 1994) kennen und heiratete sie später in Basel. Bei seinen Aufenthalten in Paris machte Comensoli die Bekanntschaft mit Joan Miró, Pablo Picasso, Fernand Léger und den Brüdern Alberto und Diego Giacometti.
1953 stellte Mario Comensoli als Gast der Zürcher Kunstgesellschaft im Zürcher Helmhaus 65 Kunstwerke aus. Die Ölgemälde, Zeichnungen und Plastiken fassten im Wesentlichen seine in Paris gesammelten Erfahrungen zusammen. Die Kritiker schätzten seine Werke postkubistischer Prägung, aber Comensoli veränderte seinen Stil aufgrund eines polemischen Angriffs in der Pariser Wochenzeitung Les lettres françaises und unter dem Einfluss einiger linksorientierter Intellektuellen. So entstand Comensolis Bilderzyklus Lavoratori in blu, Arbeiter in Blau, eine Serie von Ölbildern, welche stets die Handwerker des Südens im Zentrum sah, die in den fünfziger Jahren auf der Suche nach Arbeit in die Schweiz ausgewandert waren und welche der Maler in blauen Arbeitskleidern und in alltäglichen Situationen darstellte.
Von den Schriftstellern Carlo Levi und Saverio Strati beraten, brachte Comensoli seine Gemälde nach Rom, wo er in der «Galleria San Luca», mit dem Maler Renato Guttuso, Meister der sozialistischen Realismus in Italien, aneinandergeriet. Guttuso warf ihm einen Mangel an politischer Vision und den wenig elegischen Charakter seiner Figuren vor. Comensoli wollte jedoch kein politischer Maler sein. Sein Anliegen war die Poesie der Randfiguren der Gesellschaft zu zeigen, für ihn waren sie die neue Ästhetik. Für die solidarischen Aspekte seiner Werke wurde ihm 1970, von italienischen Emigranten in der Schweiz, der Preis „Nicolao della Flüe“ überreicht, eine Auszeichnung die er zusammen mit Max Frisch und Regisseur Alexander Seiler, entgegennahm. In jenen Jahren behandelte die Malerei von Comensoli, stets streng figurativ und dem dominanten Diktat der „Konstruktivisten“ auf zürcherischem Boden gegenüber gleichgültig, die charakteristischen Themen der 68er Proteste, mit stilistischen an die Pop-Art inspirierten Einflüssen.
Die letzte Wende im Schaffen von Mario Comensoli trat zu Beginn der 80er Jahre ein, als der Künstler, der die Welt der Alternativen genau beobachtete, die Szenen der Punks, der „Squatters“ und der Drogensüchtigen, welche den sogenannten „Needle Park“ hinter dem Zürcher Landesmuseum bevölkerten, schonungslos schilderte. Die Resultate waren bitter, geprägt von einer tiefen existentiellen Teilnahme. Unter anderem diese Bilder der „No Future-Generation“ waren es, welche in der Ausstellung zu Ehren Comensolis im Zürcher Kunsthaus im Jahre 1989 einem internationalen Publikum gezeigt wurden. Mario Comensoli starb am 2. Juni 1993 im Alter von 71 Jahren an einem Herzanfall in seinem Zürcher Atelier an der Rousseaustrasse.[1]
Comensolis Bilderzyklen
- 1949–1951 Velofahrer
- 1957–1960 Blauen Periode bzw. Lavoratori in blue
- 1962–1969 Begegnungen
- 1968–1978 Pop Art
- 1979– 1983 Discoszene
- 1983–1987 Bewegte Jugend
Ausstellungen (Auswahl)
- 1953 Helmhaus in Zürich
- 1974 Villa Malpensata in Lugano
- 1986 Aargauer Kunsthaus in Aarau
- 1989 Kunsthaus in Zürich
Posthume Ausstellungen (Auswahl)
- 1998 Museo d'Arte Moderna in Lugano
- 2002 Fondazione Mazzotta in Mailand
- 2003 Museo Cà la Ghironda in Bologna
- 2006 Palais de Beaulieu in Lausanne
- 2008 Pinacoteca Casa Rusca in Locarno
- 2009 Welti modern art in Zürich
- 2010 PressArt-Museum der Moderne in Salzburg
- 2011 Cinema Comensoli Vip Pavillon in Zürich Film Festival
- 2014 Museo Civico Villa dei Cedri in Bellinzona
- 2014 Collezione Artrust in Melano (Lugano)
- 2017/18 Bernisches Historisches Museum „1968 Schweiz“ in Bern
- 2018 Ludwig Forum „Flashes of the Future“ in Aachen
- 2018 Kunstmuseum Olten „Das Leben ist kein Ponyhof“ in Olten
- 2019 Landesmuseum Zürich „Geschichte Schweiz“ in Zürich
- 2020 Centro Comensoli, Die Sammlung Hans Peter Salim in Zürich
- 2020 Karl der Grosse, 120 Tage im Rausch in Zürich
- 2021 Landesmuseum Zürich, Frauen Rechte in Zürich
Literatur
- Comensoli, Mario. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 1: A–D. E. A. Seemann, Leipzig 1953.
- Verein zur Herausgabe des schweizerischen Künstler-Lexikons (Hrsg.): Künstlerlexikon der Schweiz XX. Jahrhundert. Band 1, Huber, Frauenfeld 1958, S. ?.
- Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, Zürich und Lausanne (Hrsg.): Biografisches Lexikon der Schweizer Kunst. Dictionnaire biographique de l'art suisse. Dizionario biografico dell'arte svizzera. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 1998, Band 1, S. ?.
- Der Maler und sein Galerist: Mario Comensoli. G. Maecenas-Verlag Zug, Baar 1996, ISBN 3-907048-08-3.
- Aurel Schmidt, Christine Seiler: Mario Comensoli – Begegnungen und Erinnerungen. Versus Verlag, 1998, ISBN 3-909066-00-3.
Weblinks
- Literatur von und über Mario Comensoli im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Silvia Huber: Comensoli, Mario. In: Sikart
- Website zu Mario Comensoli
- Mario Comensoli auf ticinarte.ch