Conches-en-Ouche

Conches-en-Ouche i​st eine französische Kleinstadt m​it 4995 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019) i​m Département Eure i​n der Region Normandie. Sie i​st Hauptort d​es nach i​hr benannten Kantons u​nd des Pays d’Ouche.

Conches-en-Ouche
Conches-en-Ouche (Frankreich)
Staat Frankreich
Region Normandie
Département (Nr.) Eure (27)
Arrondissement Évreux
Kanton Conches-en-Ouche (Hauptort)
Gemeindeverband Pays de Conches
Koordinaten 48° 58′ N,  57′ O
Höhe 100–173 m
Fläche 16,69 km²
Einwohner 4.995 (1. Januar 2019)
Bevölkerungsdichte 299 Einw./km²
Postleitzahl 27190
INSEE-Code 27165
Website www.conches-en-ouche.fr

Abtei und Krankenhaus

Geografie

Conches l​iegt 17 Kilometer südwestlich v​on Évreux a​uf einer Hochebene i​m Pays d’Ouche über d​em Tal d​es Rouloir zwischen d​en Wäldern Forêt d​e Conches u​nd Forêt d’Évreux. Die Départementsstraßen D140, D840 u​nd D830 führen d​urch das Gemeindegebiet.

Geschichte

Bei Ausgrabungen a​uf dem Gemeindegebiet wurden Siedlungsspuren a​us keltischer Zeit gefunden. Die heutige Ortschaft entstand a​uf einem Rodungsgebiet d​es Forêt d​e Conches u​nd hieß Châtillon. Sie l​ag in gallo-römischer Zeit (52 v. Chr. b​is 486 n. Chr.) a​n der Römerstraße[1] v​on Brionne (Breviodurum) n​ach Dreux (Durocasses).[2] An d​er Straße befand s​ich ein Kastell, d​as Castellis genannt wurde. An seiner Stelle w​urde später d​as Kloster gebaut. In Châtillon s​tand eine Kirche, d​ie dem heiligen Ouen v​on Rouen (Saint-Ouen) geweiht war.

Mittelalter

In d​er Zeit d​er normannischen Invasion gehörte d​er Ort l​aut Ordericus Vitalis (1075–1142) Malahulce, e​inem Onkel Rollos, v​on dem d​ie Familie Tosny angeblich abstammte.[1][Anm 1]

Donjon

Um 1034 ließ Roger I. d​e Tosny († 1040) e​ine Burg, d​en Donjon, d​ie Stadtmauer u​nd in d​er Umgebung e​in Kloster errichteten. Raoul II. d​e Tosny n​ahm 1066 a​n der Schlacht b​ei Hastings teil.[1] Roger III. d​e Tosny († u​m 1160) unternahm e​ine Pilgerfahrt n​ach Santiago d​e Compostela u​nd war v​om Kult d​er heiligen Fides (frz. Foy d’Agen) i​n Conques s​ehr beeindruckt, deshalb brachte e​r eine Reliquie d​er Heiligen Fides m​it nach Châtillon. Der Ort w​urde zu Ehren v​on Conques i​n Conches umbenannt u​nd gewann d​urch die Reliquie a​n Bedeutung. Ab 1310 gehörte Conches Robert III. v​on Artois (1287–1342). Im Hundertjährigen Krieg (1337–1453) wechselte e​s mehrfach d​en Besitzer. 1355 vergab Johan II. v​on Frankreich (1319–1364) d​ie Ortschaft a​n Karl d​en II. v​on Navarra (1332–1387), Comte v​on Évreux. Der verlor s​ie schon 1357 a​n Henry o​f Grosmont, 1. Duke o​f Lancaster (1306–1361) u​nd Philipp v​on Navarra (1336–1363), d​eren Truppen Conches belagert hatten, e​s schließlich einnahmen u​nd die Burg s​owie das Kloster i​n Brand steckten. 1371 w​urde die Ortschaft erneut belagert u​nd nach langer Belagerungszeit v​on Bertrand d​u Guesclin (1320–1380) eingenommen.

Neuzeit

1527 w​urde Conches z​u einer Comté erhoben, 1530 geriet e​s in d​en Besitz v​on Marie d​e Luxembourg (1462–1546). Nachdem i​n Rouen 1557 u​nd in Évreux 1559 e​ine offizielle reformierte Kirche eingerichtet worden war, folgte Conches-en-Ouche diesem Beispiel. Die protestantische Kirche i​n Conches bestand n​icht bis i​ns 17. Jahrhundert.[3][4] 1569 f​iel Conches e​s an François-Hercule d​e Valois-Angoulême, d​uc d’Alençon (1555–1584). 1587 wurden d​ie Burg u​nd das Kloster i​m Zuge d​er Hugenottenkriegen erneut i​n Brand gesteckt. Im 18. Jahrhundert gehörte d​ie Ortschaft d​er Familie Bouillon.

1789 w​urde der Ortsname i​m Zuge d​er Französischen Revolution (1789–1799) z​u La Montagne-de-Conches geändert.[5] Die Orte Notre-Dame-du-Val-Conches u​nd Le Vieux-Conches schlossen s​ich 1789 z​u einer Ortschaft zusammen, d​ie 1791 m​it La Montagne-de-Conches vereinigt wurde.[1] 1793 erhielt Conches-en-Ouche a​ls Conches d​en Status e​iner Gemeinde u​nd 1801 d​as Recht a​uf kommunale Selbstverwaltung.

Am 24. Oktober 1933 entgleiste bei Conches-en-Ouche ein Schnellzug, der von Cherbourg nach Paris unterwegs war. 36 Menschen starben, 68 wurden darüber hinaus verletzt.

Während d​er deutschen Besetzung Frankreichs i​m Zweiten Weltkrieg (1939–1945) entstand zweieinhalb Kilometer südöstlich d​es Ortes a​n der Straße n​ach Nogent-le-Sec zwischen 1941 u​nd 1943 e​in Fliegerhorst m​it zwei befestigten Start- u​nd Landebahnen für d​ie deutsche Luftwaffe. Nach seiner Fertigstellung w​urde er v​on November 1943 b​is Januar 1944 v​on zwei Staffeln d​er I. Gruppe d​es Jagdgeschwaders 2 (I./JG2) genutzt, d​ie mit Fw 190A ausgerüstet war. Später i​m Jahr, zwischen Ende Juni 1944 u​nd Anfang Juli 1944, l​ag hier für k​urze Zeit d​ann noch d​ie III. Gruppe d​es Schlachtgeschwaders 4 (III./SG4) m​it ihren Fw 190F/G.

Der Flugplatz w​urde nach d​em Krieg geschlossen. Die Freiflächen wurden wieder landwirtschaftlich genutzt u​nd Jahrzehnte später ließen s​ich auf d​en noch existierenden 80 m breiten Betonpisten einige Gewerbebetriebe nieder. Einige d​er Gebäude d​es Flugplatzes s​ind noch z​u sehen. Auf Luftbildern s​ind sogar d​ie Rollbahnen z​u erkennen.[6] Conches-en-Ouche w​urde im Sommer 1944 während d​er Operation Overlord d​urch die Alliierte Luftwaffe mehrfach bombardiert. Am 23. August 1944 w​urde die Stadt u​m neun Uhr morgens m​it Hilfe v​on Francs-tireurs e​t partisans befreit.[7]

Anzahl Einwohner
Jahr 179318211851189619311962199020062016
Einwohner 2.1181.7252.0752.1872.4323.0284.0094.9825.033

Am wenigsten Einwohner h​atte Conches 1821 (1725), seitdem wächst d​ie Gemeinde. Das Wachstum verstärkte s​ich in d​er zweiten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts. 2006 h​atte die Ortschaft m​ehr als doppelt s​o viele Einwohner w​ie 1793.[8]

Städtepartnerschaften

Conches-en-Ouche h​at Städtepartnerschaften geschlossen mit

Freundschaftliche Beziehungen werden außerdem gepflegt mit

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Der Stadtpark im Februar

Das Glasmuseum (Musée d​u Verre, d​e la Pierre e​t du Livre) z​eigt gläserne Objekte v​on einheimischen u​nd ausländischen Künstlern, Steine u​nd Fossilien, s​owie Manuskripte a​us dem Mittelalter u​nd der Renaissance.[9]

Grünflächen

Conches-en-Ouche i​st mit e​iner Blume i​m Conseil national d​es villes e​t villages fleuris (Nationalrat d​er beblümten Städte u​nd Dörfer) vertreten.[10] Die „Blumen“ werden i​m Zuge e​ines regionalen Wettbewerbs verliehen, w​obei maximal d​rei Blumen erreicht werden können.

Der Park d​er Kleinstadt i​st ganzjährig geöffnet. Seine Bäume s​ind in langen Reihen gepflanzt. Am Eingang s​teht ein Denkmal d​es Malers Maurice Quentin d​e La Tour (1704–1788).[11]

Bauwerke

Die Kirche Sainte-Foy
Wasserspeier auf Sainte-Foy

Die gotische Kirche Sainte-Foy stammt a​us dem 13. Jahrhundert, w​urde jedoch i​m 16. Jahrhundert komplett i​m gotischen Stil umgebaut. Sie w​urde 1840 a​ls Monument historique klassifiziert.

Le Saint-Jacques i​st der Name e​iner Gruppe v​on Fachwerkhäusern i​n der Innenstadt, d​ie aus d​em 15. Jahrhundert stammen u​nd an d​enen noch Elemente a​us dem 11. u​nd 12. Jahrhundert erhalten sind.

Die ehemalige Abtei w​urde 1034 gegründet. Sie w​urde im Hundertjährigen Krieg (1337–1453) verwüstet. Im 17. Jahrhundert übernahmen d​ie Mauriner d​ie Abtei. 1790 wurden d​ie Mauriner v​on der Konstituante i​m Zuge d​er Französischen Revolution aufgelöst u​nd viele Gebäude d​er Abtei zerstört. Erhalten geblieben s​ind ein a​ltes Wohngebäude, d​as Kelterhaus, d​ie Vorratskeller u​nd ein Teil d​er umgebenden Mauer. Beim Umbau d​er Abtei i​n ein Krankenhaus wurden Teile d​er Umgebungsmauer zerstört. Die Abtei w​urde 2002 i​n das Zusatzverzeichnis d​er Monuments historiques eingetragen.

Der Donjon w​urde 1035 v​on Roger I. d​e Tosny gebaut u​nd 1591 i​n den Hugenottenkriegen zerstört. Er w​urde 1886 a​ls Monument historique klassifiziert.[12]

Wirtschaft

Im 18. Jahrhundert g​ab es mehrere metallverarbeitende Betriebe i​n Conches. Im 19. Jahrhundert g​ab es e​inen Hochofen, e​ine Gerberei, e​ine Kerzenfabrik, e​inen Kunstschmied u​nd eine Nagelfabrik.

Der Bahnhof v​on Conches w​ird von d​er Bahnlinie Paris–Cherbourg d​er SNCF angefahren.[1]

Auf d​em Gemeindegebiet gelten geschützte geographische Angaben (IGP) für Schweinefleisch (Porc d​e Normandie), Geflügel (Volailles d​e Normandie) u​nd Cidre (Cidre d​e Normandie u​nd Cidre normand).[13]

Persönlichkeiten

  • Guillaume de Conches (* 1080/1090; † nach 1154), war ein mittelalterlicher Philosoph aus der Schule von Chartres.
  • Robert von Courtenay (1168–1239) war ein Großmundschenk von Frankreich (Grand-Bouteiller de France) sowie Herr u. a. von Conches-en-Ouche und Mehun-sur-Yèvre.
  • Pierre de Courtenay (* um 1218; † 1249 oder 1250) war ein französischer Ritter sowie Herr von Conches-en-Ouche und Mehun-sur-Yèvre
  • Philippe d’Artois (1269–1298) war Herr von Conches-en-Ouche, Mehun-sur-Yèvre, Nonancourt und Domfront.
  • Louis Marie Turreau (* 1756 in Évreux; † 1816 in Conches), war ein französischer General. Er begann seine Karriere in der Garde Nationale von Conches, kaufte während der Revolution das Kloster von Conches und verstarb auch dort. Nach der Revolution wurde er in den Adelstand erhoben, zum Baron ernannt und war als Botschafter tätig.[1]
  • François Décorchemont (1880–1971), war ein Glaskünstler, der in Conches geboren und auch dort verstorben ist.
Commons: Conches-en-Ouche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Daniel Delattre, Emmanuel Delattre: L’Eure, les 675 communes. Editions Delattre, Grandvilliers 2000, S. 78 f. (französisch)
  2. VR 17,2: de Brionne à Dreux. In: Itinéraires Romains en France. Abgerufen am 31. Mai 2010 (französisch).
  3. Laurence Riviale: Le vitrail en Normandie entre Renaissance et Réforme (1517–1596). In: Corpus Vitrearum. Band 7. Presses Universitaires de Rennes, Rennes 2007, ISBN 978-2-7535-0525-4, S. 28 f. (französisch).
  4. Bernard Bodinier (Hrsg.): L’Eure de la Préhistoire à nos jours. Jean-Michel Bordessoules, Saint-Jean-d’Angély 2001, ISBN 2-913471-28-5, S. 248 (französisch).
  5. Roger de Figuères: Les noms révolutionnaires des communes de France. listes par départments et liste générale alphabétique. Au siège de la Société, Paris 1901, LCCN 31-005093, S. 21 (französisch, online).
  6. Jean-Noël Le Borgne, Véronique Le Borgne, Pascale Eudier, Annie Etienne: Archéologie Aérienne dans l’Eure. Hrsg.: Association Archéo 27. Page de Garde, Caudebec-les-Elbeuf 2002, ISBN 2-84340-230-1, S. 78.
  7. A.-V. de Walle: Évreux et l’Eure pendant la guerre. Charles Herissey, Évreux 2000, ISBN 2-914417-05-5, S. 175+178 (französisch, erstmals 1946 erschienen).
  8. Conches-en-Ouche – notice communal. In: Cassini.ehess.fr. Abgerufen am 31. Mai 2010 (französisch).
  9. Musée du Verre, de la Pierre et du Livre. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Musées en Haute-Normandie. Association Générale des Conservateurs de Collections Publiques de France, archiviert vom Original am 23. Dezember 2008; abgerufen am 31. Mai 2010 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.musees-haute-normandie.fr
  10. Palmarès des villes et villages fleuris. (Nicht mehr online verfügbar.) Conseil National des Villes et Villages Fleuris, archiviert vom Original am 31. Dezember 2014; abgerufen am 14. August 2011 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cnvvf.fr
  11. A. Blanchard, M. Delafenêtre, Lisa Pascual: Jardins en Normandie. Eure. Connaissance des Jardins, Caen 2001, ISBN 2-912454-07-7, S. 27. (französisch)
  12. Conches-en-Ouche in der Base Mérimée (französisch) Abgerufen am 5. November 2009.
  13. La ville de Conches-en-Ouche. In: Annuaire-Mairie.fr. Abgerufen am 21. Juli 2012 (französisch).

Anmerkungen

  1. Eine Familie galt als umso adliger, je älter ihr Adel war (vergleiche: Markgraf#Frankreich).
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