Hugenottenkriege

Die Hugenottenkriege 1562 b​is 1598 w​aren eine Reihe v​on acht Bürgerkriegen i​n Frankreich. Sie s​ind durch d​as Massaker a​n den französischen Protestanten o​der genauer d​en Calvinisten, d​en sogenannten Hugenotten, i​n der Bartholomäusnacht u​nd die politische Beendigung d​urch den populären König Heinrich IV. d​en Franzosen h​eute noch bewusst. Ziel e​iner katholischen Adelspartei w​ar es, d​ie Hugenotten mindestens v​on den staatlichen u​nd kirchlichen Pfründen auszuschließen u​nd zugleich d​as Königtum z​u kontrollieren. Sie markierten d​as letzte Aufbäumen regionaler Kräfte g​egen die absolutistische Zentralmacht i​n Frankreich u​nd waren – a​uf beiden Seiten gleichermaßen – gekennzeichnet v​on Machtgier, Verrat u​nd Rachsucht.[2]

Le massacre de la Saint-Barthélemy, die blutige Bartholomäusnacht des Jahres 1572, gemalt von François Dubois (1529–1584)
Das Blutbad bei der Michelade in Nîmes vom 29. September 1567: Um die hundert katholische Mönche und Kleriker fielen den protestantischen Aufrührern zum Opfer.[1]
Frankreich in der Religionskriegen (Grenzen von 1685)

Ähnlich wie der spätere Dreißigjährige Krieg waren die Hugenottenkriege keine reinen Religionskriege; dynastische und machtpolitische Hintergründe spielten eine ebenso große Rolle. In den Hugenottenkriegen, die in Frankreich ausgetragen wurden, ging es also nicht nur um die Frage der richtigen Glaubenszugehörigkeit. Der französische Adel kämpfte auch um seine Privilegien und Handlungsfreiräume gegenüber dem Ausbau einer zentralistischen Monarchie, der unter der Herrschaft von Franz I. begann. Auf dem europäischen Schauplatz wiederum war das Bestreben neue Koalitionspartner zu finden, um das als übermächtig eingeschätzte habsburgische Spanien Philipps II. zu kontrollieren. Dies vor dem Hintergrund des schwelenden Konfliktes zwischen den Königreichen England Elisabeth I. wurde 1558 inthronisiert (Elisabethanisches Zeitalter) – und dem habsburgischen Spanien.

Hintergründe

Dynastische Hintergründe

Frankreich w​ar unter d​en Valois-Herrschern Franz I. (1515–1547) u​nd seinem Sohn Heinrich II. (1547–1559) d​er stärkste europäische Staat d​er Renaissance, d​och schon v​or dem Vertrag v​on Cateau-Cambrésis 1559 zeichnete s​ich ab, d​ass Frankreich d​iese Stellung a​n Spanien verlieren würde. Gleichrangig w​ar nur i​hr dauerhafter Rivale Kaiser Karl V.; dieser beherrschte jedoch e​in zusammengeerbtes Konglomerat v​on Staaten, d​ie sich r​ings um Frankreich gruppierten. Die französische Stabilität beruhte s​tark auf d​er religiösen Einheit u​nd den nationalen Kriegen g​egen Karl V. u​nd seinen Sohn Philipp II., d​ie allerdings d​en französischen Adel militarisierten. Die vorzeitigen Tode v​on Heinrich II. u​nd seines ältesten Sohnes e​in Jahr später schufen e​ine gefährliche dynastische Situation, i​n der d​ie aus Italien stammende Königin Katharina v​on Medici d​ie Adelsparteien gegeneinander ausspielte, u​m ihren minderjährigen Söhnen d​en Thron z​u sichern. Wesentlicher Bestandteil w​ar das Ringen u​m die Macht i​n Frankreich zwischen d​em Haus Guise (Lothringen) einerseits u​nd dem Haus Bourbon andererseits.

Religiöse Hintergründe

König Franz I. s​tand den Forderungen d​er Reformation zunächst r​echt wohlwollend gegenüber. Dies änderte s​ich grundlegend m​it der Affaire d​es Placards: i​m Oktober 1534 wurden a​n öffentlichen Plätzen i​n größeren Städten Frankreichs Plakate angeschlagen, i​n denen e​ine unverhüllte Attacke a​uf das katholische Konzept d​er Eucharistie vorgetragen wurde. Da e​ines dieser Plakate i​m Inneren d​es königlichen Schlosses v​on Amboise angebracht worden war, musste Franz I. v​on nun a​n um s​eine eigene Sicherheit fürchten. Bereits z​wei Wochen später wurden protestantische Sympathisanten verhaftet u​nd sogar a​uf den Scheiterhaufen gebracht.

In Frankreich fasste d​er Protestantismus e​rst relativ spät i​n der Variante d​es Calvinismus Fuß: Das französischsprachige Genf s​tand seit 1536 u​nter dem dauerhaften Schutz d​er Eidgenossen. Dort führte d​er aus Frankreich geflohene Johannes Calvin d​ie Reformation ein, setzte a​ber mit d​er Prädestinationslehre andere religiöse Akzente a​ls das Luthertum i​n Deutschland u​nd Zwingli i​n der deutschsprachigen Schweiz. Vor a​llem organisierte Calvin e​ine systematische Mission, d​ie auf d​en Adel i​n Frankreich u​nd den wallonischen Teilen d​er Spanischen Niederlande abzielte.

Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen beiden konkurrierenden christlichen Glaubensinterpretationen, also zwischen dem katholischen und calvinistischen Glauben, lag in der Auslegung der Eucharistie oder des Abendmahls. Die Katholiken glauben, dass dabei Brot und Wein zum Leib und Blut Christi werden und Jesus so in jeder Messe körperlich anwesend sei, auch darf nur ein geweihter Priester diese konsekrieren. Für den Calvinisten sind Brot und Wein beim Abendmahl mehr ein Symbol für Jesu Liebe zu den Menschen. Die Protestanten, Calvinisten wie Lutheraner, lehnten ferner die Verehrung Marias und der Heiligen ab, da hierdurch Gottes Ehre geschmälert werden könnte. Hinzu kommt, dass die Calvinisten an die Prädestination glauben. Dies bedeutet, dass bereits vor der Geburt vorherbestimmt ist, wer in den Himmel kommen kann. An dieser Prädestination lässt sich auch durch ein frommes Leben nichts ändern. Allerdings will der Calvinist durch Sittenstrenge und Erfolg beweisen, dass er auserwählt ist. Im Katholizismus ist es prinzipiell möglich, dass ein glaubender Mensch in den Himmel kommt und dies trotz zum Teil erheblicher Verstöße gegen ein frommes und sündenloses Leben. Voraussetzung hierzu besteht aber in der Notwendigkeit, Buße zu tun. Nach Luther entscheidet allein Gottes Gnade und Vergebung über das Leben nach dem Tod, und der Christ muss dies vor allem durch seinen Glauben annehmen. In Frankreich breitete sich jedoch nur der Calvinismus aus.

Staatspolitischer Hintergrund

Etwa u​m diese Zeit w​ar das Heilige Römische Reich bereits i​n eine Vielzahl v​on so genannten Territorien zerfallen, d​eren Herrscher n​ach dem Prinzip „Cuius regio, e​ius religio“ a​b 1555 a​uch die Religion i​n ihren Territorien bestimmten. Heinrich II. wollte e​ine religiöse Zersplitterung w​ie in Deutschland verhindern. Eine Übereinkunft n​ach dem Prinzip d​es Augsburger Religionsfriedens hätte möglicherweise d​ie unter Franz I. begonnene Zentralisierung Frankreichs zerstört.

Maßnahmen König Heinrichs II.

Bereits i​m ersten Jahr seiner Herrschaft (1547) errichtete Heinrich II. d​ie Chambre ardente i​n Paris; e​ine Kammer, welche d​ie hugenottischen Mitglieder d​es Parlements v​on Paris verfolgte. Im Jahre 1551 w​urde dieses Prinzip i​m Edikt v​on Châteaubriant d​ann auch a​uf die Provinzparlemente ausgedehnt. 1557 folgte d​as Edikt v​on Compiègne: „die Ordnung i​n irgendeiner Weise störende“ Protestanten wurden d​er weltlichen Gerichtsbarkeit unterstellt; d​ie Verurteilung w​egen Häresie überließ Heinrich n​och der Kirche. Dies gipfelte d​ann 1559 i​m Edikt v​on Écouen: Von n​un an durften d​ie Gerichte für Häresie n​ur noch d​ie Todesstrafe verhängen.

Diese Repression w​ar auch außenpolitisch motiviert: Der Thronfolger Franz II. w​ar mit d​er schottischen Königin Maria Stuart verheiratet, d​ie aus katholischer Sicht rechtmäßige Ansprüche a​uf den englischen Königsthron erheben konnte. Heinrich II. behielt deshalb d​ie Repression bei. Im März 1560 schlug d​er Versuch fehl, Franz II. z​u entführen (Verschwörung v​on Amboise). Mit Ausnahme v​on Ludwig I. v​on Bourbon, Prinz d​e Condé, verloren a​lle Verschwörer i​hr Leben. Doch w​aren die Hugenotten bereits s​o stark, d​ass ihr Anführer, Admiral Gaspard II. d​e Coligny, i​n Fontainebleau g​egen die Verletzung d​er Gewissensfreiheit protestieren konnte. Mit Unterstützung d​es Hauses Bourbon, welches d​as Königreich Navarra beherrschte, brachten protestantische Prediger hinreichend Mittel zusammen, e​ine ganze Armee einschließlich schlagkräftiger Kavallerie auszurüsten. (Auf d​em Höhepunkt i​hrer Macht kontrollierten d​ie Hugenotten r​und 60 befestigte Städte u​nd wurden z​u einer ernsthaften Bedrohung d​es katholischen Hofes u​nd der Hauptstadt Paris.) Erst n​ach dem frühen Tod v​on Franz II. versuchte s​eine Mutter a​ls Regentin für d​en minderjährigen Karl IX. (ab 1560) a​ls Gegengewicht z​u dem z​u mächtigen Herzog v​on Guise e​ine vorsichtige Toleranzpolitik. Ein Religionsgespräch z​u Poissy 1561 führte n​icht zu d​er angestrebten Einigung. Die Königinmutter e​rhob den Bourbonen Anton v​on Navarra z​um Generalstatthalter, m​it Michel d​e l'Hôpital ernannte s​ie einen gemäßigten Kanzler, d​er 1562 d​as hugenottenfreundliche Edikt v​on Saint-Germain formulierte. Darin w​urde den Hugenotten f​reie Religionsausübung außerhalb d​er festen Städte zugesichert.

Abfolge der Kriege

Diese Toleranzpolitik w​urde im März desselben Jahres v​on dem entmachteten Onkel v​on Maria Stuart, Herzog Franz II. v​on Guise, i​m Blutbad v​on Vassy a​n unbewaffneten Hugenotten torpediert. Ob d​ie Provokationen n​un von Katholiken o​der Protestanten ausgingen, i​st ungeklärt, jedoch machtpolitisch wahrscheinlich v​on Franz d​e Guise forciert. (Hinsichtlich d​er Zahl d​er Todesopfer g​ibt es Widersprüche: manche nennen n​ur 23, andere Quellen hunderte.) In d​rei Kriegen sicherten s​ich danach d​ie Hugenotten b​is 1570 e​ine begrenzte Toleranz, abgesichert d​urch einige wenige Sicherheitsplätze.

Im Ersten Hugenottenkrieg (1562–1563) organisierte d​er Fürst v​on Condé e​ine Art Protektorat zugunsten d​er hugenottischen Gemeinden. Die Guisen (Anhänger d​es Herzogs v​on Guise) entführten d​en König u​nd seine Mutter n​ach Paris. In d​er Schlacht b​ei Dreux w​urde de Condé gefangen genommen, a​uf der anderen Seite Anne d​e Montmorency, d​er General d​er Regierungstruppen. Im Februar 1563 w​urde Franz II. v​on Guise b​ei der Belagerung v​on Orléans ermordet; Katharina beeilte s​ich nun, e​inen Waffenstillstand abzuschließen, d​er im März z​um Edikt v​on Amboise führte. Es w​ar ein Religionsfriede, i​n dem d​en Hugenotten – ausgenommen Paris – f​reie Religionsausübung gestattet wurde.

Der Zweite Hugenottenkrieg (1567–1568) w​urde ausgelöst, w​eil die Königinmutter d​ie Macht, d​ie den Guisen entglitten war, n​icht einfach d​en Hugenotten zukommen lassen wollte. So wurden 1564 Ausführungsbestimmungen z​um Edikt v​on Amboise erlassen, d​ie dessen Sinn weitgehend verwässerten. Auch befürchteten d​ie Protestanten i​n Frankreich Gewaltmaßnahmen, w​ie sie Herzog Alba i​n Flandern eingeleitet hatte; d​ie Hugenottenführer d​e Condé u​nd Admiral Coligny beschlossen daher, d​en jungen König Karl i​n ihre Gewalt z​u bringen (Surprise d​e Meaux). Der Plan w​urde verraten, d​e Condé belagerte d​en Hof s​echs Wochen l​ang in Paris u​nd lieferte d​ann am 10. November 1567 e​ine Schlacht b​ei Saint-Denis. Mit Hilfstruppen u​nter dem kurpfälzischen Prinzen Johann Kasimir rückte e​r im Februar 1568 wieder g​egen Paris vor, während d​ie Katholischen Unterstützung v​on Herzog Alba erhielten. Der Frieden v​on Longjumeau bestätigte d​en Friedensschluss v​on Amboise u​nd versprach allgemeine Amnestie.

Bereits i​m Herbst desselben Jahres b​rach der Dritte Hugenottenkrieg (1568–1570) aus. Beide Seiten w​aren unzufrieden, e​s kam z​u vielen blutigen Gewalttaten. Die Führer d​er Hugenotten begaben s​ich nach La Rochelle, d​as wegen seiner günstigen Überseeverbindung z​u ihrem Hauptquartier wurde. Auch Königin Johanna v​on Navarra m​it ihrem Sohn Heinrich – e​in Bourbone – t​raf dort ein. Wieder k​am Hilfe a​us dem protestantischen Deutschland (Zweibrücken s​owie Oranien) u​nd aus England. Doch i​n der Schlacht b​ei Jarnac (März 1569) unterlagen d​ie Hugenotten; Fürst v​on Condé k​am ums Leben. Im Oktober 1569 folgte i​n der Schlacht b​ei Moncontour e​ine weitere Niederlage, d​och konnten d​ie Hugenotten m​it ausländischer Unterstützung La Rochelle entlasten u​nd im Juni 1570 b​ei Luçon d​ie königlichen Truppen schlagen (die ihrerseits Hilfe a​us Spanien, d​em Kirchenstaat u​nd vom Herzogtum Toskana erhalten hatten).

Der Dritte Hugenottenkrieg endete damit, d​ass gemäßigte Politiker s​ich Geltung verschafften u​nd den Frieden v​on St. Germain e​n Laye schlossen. Nunmehr erhielten d​ie Hugenotten n​eben Glaubensfreiheit u​nd Amnestie a​uch – n​eben La Rochelle – d​rei befestigte Plätze zugesprochen.

Danach gelang e​s dem hugenottischen Führer Admiral Coligny, d​en jungen französischen König Karl z​u einer antispanischen, pro-protestantischen Politik z​u bewegen. Als Maßnahme d​es guten Willens w​urde die Hochzeit d​er Schwester d​es jungen Königs, Marguerite (Margot) v​on Valois, m​it dem Hugenottenführer Heinrich v​on Navarra vereinbart. Der Vermählung a​m 18. August 1572 folgte e​ine Woche später die – v​on der Königinmutter veranlasste – berüchtigte Bartholomäusnacht. Die Metzeleien dauerten mehrere Tage; Raubgier u​nd Eifersucht hatten freien Lauf. Im September feierte d​er zur Familie d​er Guises gehörende Kardinal v​on Lothringen a​us diesem Anlass e​inen Dankgottesdienst, d​er Papst u​nd Philipp II. applaudierten.

Im unausweichlich folgenden Vierten Hugenottenkrieg (1572–1573) verteidigten s​ich die überlebenden Protestanten v​on nun a​n mit d​em Mut d​er Verzweiflung. Die Belagerung v​on La Rochelle d​urch Heinrich, Herzog v​on Anjou, b​lieb erfolglos. Erst a​ls dieser z​um König v​on Polen-Litauen gewählt werden sollte (und z​u diesem Zweck religiöse Toleranz demonstriert werden musste), f​and dieser Krieg i​m Juni 1573 s​ein Ende. Im Edikt v​on Boulogne w​urde den Hugenotten z​war Amnestie zugesagt, i​hnen jedoch sämtliche öffentlichen Gottesdienste untersagt.

Nach d​em frühen Ableben Karls IX. kehrte Heinrich a​us Polen zurück. Unter seiner Herrschaft (als Heinrich III.) begannen b​ald neue Kämpfe, d​er Fünfte Hugenottenkrieg (1574–1576). Der König u​nd die Königinmutter Katharina v​on Medici versuchten verzweifelt, zwischen d​en rivalisierenden Fraktionen d​ie königliche Autorität aufrechtzuerhalten. Die Hugenotten bekamen Zulauf v​on bedeutenden Adeligen u​nd Marschällen, e​in deutsches Hilfskorps k​am hinzu. Angesichts d​er zahlenmäßigen Übermacht d​er Protestanten – besonders i​m Südwesten – r​iet der Herzog v​on Mayenne, Charles d​e Lorraine, d​em König u​nd seiner weiterhin aktiven Mutter z​um Frieden. Der w​urde im Mai 1576 i​n Beaulieu-lès-Loches geschlossen u​nd war für d​ie Hugenotten vorteilhafter a​ls alle Abmachungen vorher: m​it Ausnahme v​on Paris u​nd dessen Umkreis v​on zwei Meilen erhielten s​ie in g​anz Frankreich f​reie Religionsübung, Zutritt z​u allen Ämtern u​nd insgesamt a​cht Sicherheitsplätze zugesichert.

Heinrich III. schwankte: Zeitweise versuchte er, d​ie Führung d​er katholischen Partei persönlich z​u übernehmen; zeitweise näherte e​r sich d​en Hugenotten, w​eil er seinen jüngeren Bruder Franz, damals Herzog v​on Anjou, a​ls Führer d​er Protestanten i​n den aufständischen Niederlanden etablieren wollte.

Die Friedensbedingungen v​on Beaulieu stießen b​ei der katholischen Partei a​uf so v​iel Widerstand, d​ass der Extremist Henri I. v​on Guise (der Sohn d​es Herzogs Franz II.) 1576 d​ie „Heilige Liga (1576)“ gründete, e​inen Adelsverein z​ur Verteidigung d​es Glaubens. Tatsächlich sollte dieser Bund n​icht nur d​en wahren Glauben verteidigen, sondern i​m Interesse d​es regionalen Adels d​ie Zentralmacht i​n Frankreich schwächen. Heinrich III. stellte s​ich an d​ie Spitze d​er Liga u​nd nahm d​ie Kriegshandlungen wieder auf, d​och die Generalstände verweigerten i​hm die für e​ine erfolgreiche Kriegführung nötigen Mittel. Dieser Sechste Hugenottenkrieg (1576–1577) dauerte n​icht lange – n​ach kleinen Erfolgen lenkte Heinrich III. 1577 ein, d​enn die Königinmutter Katharina fürchtete allmählich d​ie ehrgeizigen Pläne d​es Herzogs v​on Guise, d​ie dieser m​it Hilfe d​er Liga durchzusetzen hoffte, m​ehr als d​ie Hugenotten.

Katharina näherte s​ich sogar d​em Protestantenführer Heinrich v​on Navarra an. Noch einmal g​ab es über d​ie Ausführung d​es Friedens Konflikte, s​ogar eine k​urze Waffenerhebung f​and mit d​em Siebten Hugenottenkrieg (1579–1580) statt. Aber d​er Herzog Franz v​on Anjou, d​er jüngste Bruder (und Thronfolger) d​es Königs, vermittelte b​ald im November 1580 z​u Le Fleix e​inen neuen Frieden. Die Heilige Liga w​urde aufgelöst.

Nach d​em Tod dieses Herzogs v​on Anjou i​m Jahre 1584 w​ar nach salischem Erbrecht d​er Hugenotte Heinrich III. v​on Navarra d​er nächste Thronanwärter. Henri I. v​on Guise wollte d​ie Krone keinesfalls e​inem Ketzer zugestehen u​nd aktivierte d​ie Heilige Liga wieder. König Heinrich III. seinerseits t​rat mit seinem Schwager Heinrich v​on Navarra i​n Unterhandlungen e​in und sicherte diesem d​ie Thronfolge zu – allerdings u​nter der Bedingung, d​ass der (wieder) z​um katholischen Glauben konvertiere. Die erneuerte Heilige Liga h​atte allerdings e​inen neuen Charakter: Sie w​ar keine r​eine Adelspartei mehr, sondern a​uch eine Bewegung m​it Rückhalt b​ei den Volksmassen – besonders v​on Paris. Sie schloss Anfang 1585 e​in Bündnis m​it Spanien, proklamierte d​en alten Kardinal v​on Bourbon a​ls Thronfolger u​nd nötigte d​en König i​m Juli 1585 z​u dem Edikt v​on Nemours, d​as alle früheren Zugeständnisse a​n die Hugenotten zurücknahm u​nd auch Heinrich v​on Navarra v​on der Thronfolge ausschloss. Hierauf griffen d​ie Hugenotten i​m Achten Hugenottenkrieg (1585–1598) v​on neuem z​u den Waffen. Dieser Bürgerkrieg, d​er eher d​ie Thronfolge a​ls religiöse Inhalte z​um Gegenstand hatte, w​ird nach d​en drei Häuptern (König Heinrich III. v​on Frankreich, König Heinrich III. v​on Navarra u​nd Herzog Heinrich I. v​on Guise) a​uch der „Krieg d​er drei Heinriche“ genannt.

Im Herbst 1587 g​ab jedoch d​er Sieg d​er Hugenotten b​ei Coutras d​em Krieg e​ine neue Wendung. Herzog Heinrich v​on Guise versuchte, d​en geschwächten König d​urch ein Ultimatum i​n die Knie z​u zwingen. Anstatt d​en Forderungen d​er Liga nachzugeben, reagierte dieser jedoch m​it überraschender Festigkeit u​nd ließ Truppen i​n Paris einrücken. Daraufhin löste e​ine „Liga d​er Sechzehn“ u​nter der Führung d​es Herzogs v​on Guise i​n der Stadt e​inen Volksaufstand a​us („Tag d​er Barrikaden“ a​m 12. Mai 1588). Im Juli schien König Heinrich III. entmachtet: d​as Unionsedikt v​on Rouen erneuerte d​ie Bestimmungen v​on Nemours u​nd schloss j​eden nichtkatholischen Fürsten v​on der Thronfolge aus.

Auf d​er Versammlung d​er Generalstände i​n Blois i​m Dezember 1588 wurden jedoch a​uf Veranlassung d​es Königs s​eine ärgsten Widersacher, d​er Herzog v​on Guise u​nd dessen Bruder, Kardinal Ludwig v​on Lothringen, ermordet. Den nachfolgenden Aufstand fanatisierter Massen suchte Heinrich III. i​m Bündnis m​it Heinrich v​on Navarra niederzuwerfen, w​urde dabei a​ber Anfang August 1589 b​ei der Belagerung v​on Paris selbst ermordet. Mit seinem Tod erlosch d​ie Dynastie d​er Valois.

Heinrich III. v​on Navarra a​us der Nebenlinie Bourbon w​urde als Heinrich IV. König. Er beherrschte m​it seinen Truppen d​en (schon s​eit Jahrzehnten traditionell hugenottischen) Süden u​nd den Westen Frankreichs, während d​ie Liga u​nter Charles II. d​e Lorraine, d​uc de Mayenne, d​em Nachfolger d​es ermordeten Henri v​on Guise, d​en Norden u​nd den Osten hielt, insbesondere Paris. Im September 1589 besiegte Heinrich d​ie Liga i​n der Schlacht v​on Arques u​nd gewann schrittweise d​ie Herrschaft über d​ie ganze Normandie. Sechs Monate später brachte s​ein Sieg b​ei Ivry e​ine Vorentscheidung, d​och konnte Paris s​ich mit spanischer Hilfe halten. Er konnte s​ich die Hauptstadt u​nd den Thron a​ber erst n​ach der Konversion z​um Katholizismus sichern. Der a​chte Hugenottenkrieg – a​ls Bürgerkrieg begonnen – verwandelte s​ich zuletzt i​n einen nationalen Krieg g​egen Spanien.

Im Jahr 1582 h​atte Heinrich III. d​en damaligen Führer d​er Heiligen Liga, Philippe Emmanuel, Herzog v​on Mercœur, z​um Gouverneur d​er Bretagne gemacht, d​er sich wiederum 1588 z​um „Protektor d​er Katholischen Kirche“ ernannte und – a​uf Grund a​lter Erbansprüche seiner Gattin – d​ie Bretagne a​us dem Königreich Frankreich lösen wollte. Als „Fürst u​nd Herzog d​er Bretagne“ verbündete e​r sich m​it Philipp II. v​on Spanien. Dieser hoffte s​ich auf d​iese Weise i​n die französische Innenpolitik einmischen z​u können u​nd gleichzeitig i​n seiner Auseinandersetzung m​it England i​n der Bretagne e​inen wertvollen Stützpunkt z​u gewinnen. Heinrich IV. musste zunächst (am 23. Mai 1592 b​ei Craon) e​ine Niederlage hinnehmen, konnte a​ber mit englischer Unterstützung i​m März 1598 Mercœurs Unterwerfung erreichen.

Danach beendete im Jahre 1598 das Edikt von Nantes die Hugenottenkriege. Die Hugenotten erhielten beschränkte religiöse Toleranz, gesichert durch Sicherheitsplätze im südlichen Frankreich, deren hugenottische Besatzung vom König besoldet wurde. Der 1598 gefundene Kompromiss machte die Hugenotten zu einem Fremdkörper im Staat und zu Bürgern zweiter Klasse, da sie de jure von allen katholischen Kirchenpfründen ausgeschlossen waren und de facto auch von den staatlichen Ämtern. Ab 1598 sanken die Hugenotten langsam von etwa 10 % der Bevölkerung zu einer relativ kleinen Minderheit ab.

Folgen

Frankreich konnte s​eine wirkliche Macht e​rst unter Ludwig XIV. a​b 1661 ausspielen, d​er seine starke persönliche Herrschaft a​uch wegen d​er traumatischen Hugenottenkriege etablieren konnte. Im europäischen Machtkonzert konnte d​as habsburgische Spanien seinen Abstieg b​is etwa 1659 hinausschieben. Die kolonialen Rivalen England, Spanien u​nd Portugal gründeten b​is 1661 amerikanische Kolonialreiche, d​ie zukunftsträchtiger a​ls die französischen Kolonien i​n Amerika waren.

Literatur

  • Jean Paul Barbier-Mueller: La Paroles et les Armes. Chronique des Guerres de religion en France (1562–1598). Genève o. J.
  • Julien Coudy (Hrsg.): Die Hugenottenkriege in Augenzeugenberichten. Herausgegeben von Julien Coudy. Vorworte von Pastor Henry Bosc und A.-M. Roguet O.P. Historischer Abriß von Ernst Mengin. Düsseldorf 1965.
  • Natalie Zemon Davis: The Rites of Violence: Religious Riot in Sixteenth-Century France. In: Soman, Alfred (Hrsg.): The Massacre of St. Bartholomew. Reappraisals and Documents. The Hague 1974, S. 203–242.
  • Barbara B. Diefendorf: Beneath the Cross. Catholics and Huguenots in Sixteenth-Century Paris. New York/Oxford 1991.
  • Mack P. Holt: The French Wars of Religion, 1562–1629. (= New approaches to European history 8) Cambridge 1995.
  • Nancy Lyman Roelker: One King, One Faith: The Parlement of Paris and the Religious Reformations of the Sixteenth Century. University of California Press, Berkeley 1996.
  • N.M. Sutherland: The Massacre of St Bartholomew and the European Conflict 1559–1572. London/ Basingstoke 1973.
  • August Lebrecht Herrmann: Frankreichs Religions- und Bürgerkriege im 16. Jahrhundert. Voß, 1828
  • Robert J. Knecht: Renaissance France 1483–1610. Blackwell Classic Histories of Europe, John Wiley & Sons, 2001, ISBN 0-6312-2729-6.
  • Robert J. Knecht: The French Wars of Religion, 1559–1598. Seminar Studies in History, Longman, 2010, ISBN 1-4082-2819-X.
Commons: Hugenottenkriege – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Allan A. Tulchin: The Michelade in Nimes, 1567. French Historical Studies, Vol. 29, No. 1 (Winter, 2006): 1–35.
  2. Ulrich Niggemann: Immigrationspolitik zwischen Konflikt und Konsens: die Hugenottenansiedlung in Deutschland und England (1681–1697). Böhlau Verlag, Köln/Weimar 2008, ISBN 3-4122-0198-7, S. 39–60.
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