Müllheim TG
Müllheim, schweizerdeutsch Müle,[4] ist eine politische Gemeinde und eine Ortschaft[5] im Bezirk Frauenfeld des Kantons Thurgau in der Schweiz. Die Munizipalgemeinde Müllheim vereinigte sich 1967 mit ihren Ortsgemeinden Müllheim und Langenhart zur Einheitsgemeinde Müllheim.[6]
TG ist das Kürzel für den Kanton Thurgau in der Schweiz und wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen des Namens Müllheim zu vermeiden. |
Müllheim | |
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Staat: | Schweiz |
Kanton: | Thurgau (TG) |
Bezirk: | Frauenfeld |
Postleitzahl: | 8555 |
BFS-Nr.: | 4831 (Politische Gemeinde) |
frühere BFS-Nr.: | 4832 (Ortsgemeinde) |
UN/LOCODE: | CH MLL |
Koordinaten: | 717417 / 273314 |
Höhe: | 413 m ü. M. |
Höhenbereich: | 399–520 m ü. M. |
Fläche: | 8,74 km² (Pol. Gemeinde)[1] 8,01 km² (Ortsgemeinde)[2] |
Einwohner: | 3002 (31. Dezember 2020)[3] |
Einwohnerdichte: | 343 Einw. pro km² |
Website: | www.muellheim.ch |
Evangelische Kirche mit Fachwerkhäusern | |
Lage der Gemeinde | |
Geographie
Müllheim liegt im Thurtal in der Nähe des Autobahndreiecks Grüneck, der Schweizer Autobahn 7 und hat zusammen mit Wigoltingen einen Bahnhof an der Bahnstrecke Winterthur–Romanshorn. Nach Steckborn am Unteren Bodensee im Norden sind es etwa 10 km, Konstanz am Bodensee im Nordosten ist etwa 19 km entfernt. Nachbargemeinden sind Pfyn und Homburg TG im Bezirk Frauenfeld, Raperswilen im Bezirk Kreuzlingen sowie Wigoltingen im Bezirk Weinfelden.
Geschichte
Das Gemeindegebiet kam wohl bereits im 9. Jahrhundert unter die Grundherrschaft des Klosters Reichenau.[7] Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Dorf 1254 als Mulhain. Erwähnung finden die Ministerialen von Müllheim im 13. und 14. Jahrhundert. Die Grafen von Kyburg und ihre Nachfolger, die Habsburg-Neukyburg, übten in Müllheim die Schirmvogtei aus.[6] Am 5. September 1445 brannten die Eidgenossen das Dorf nieder.[7] Die Schirmvogtei wurde 1460 durch die Abtei Reichenau zurückgekauft. Die Abtei und von 1540 bis 1798 ihr Rechtsnachfolger, der Bischof von Konstanz, waren Gerichts- und Grundherren. Eine Offnung datiert aus dem Jahr 1475. Müllheim wählte bis 1798 drei Bürgermeister, nämlichen einen Keller-, einen Seckel- und einen Thurmeister. Die Gemeinde hatte das Recht, Bussen und leichte Körperstrafen zu verhängen. 1967 entstand durch die Vereinigung der Ortsgemeinden Müllheim und Langenhart die Einheitsgemeinde Müllheim.[6]
Kirchlich war Müllheim zunächst wohl Teil von Pfyn und entstand als Pfarrei beim Bau der Kirche St. Verena um 1340. Zur Pfarrei gehörten Langenhart und bis 1483 auch Hüttlingen. 1528 kam es in Müllheim zur Reformation. 1540 gingen die Kollaturrechte an den Bischof von Konstanz über. 1804 ging die Kollatur an den Kanton Thurgau und 1830 an die Kirchgemeinde. 1607 wurde die katholische Messe wieder eingeführt, und die Kirche St. Verena wurde von da an bis zum Bau der katholischen Kirche St. Maria 1967 als paritätische Simultankirche von beiden Konfessionen genutzt. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts ging der Anteil der Reformierten in Müllheim stark zurück und umfasste an der Wende zum 21. Jahrhundert noch etwa die Hälfte der Bevölkerung.[6]
1800 gestattete die Gemeinde den Auskauf der Weidgangrechte. In Müllheim wurde Acker-, Wein-, Obst-, Flachs- und Hanfbau sowie Forst- und Milchwirtschaft mit einer Käserei betrieben. Müllheim besass Handwerke und Gaststätten sowie zwei Jahrmärkte. Die 1855 eröffnete Bahnstation Müllheim-Wigoltingen begünstigte 1857 die Errichtung der Leinwandfabrik Grüneck. 1979 entstand die Weberei Grüneta AG, die 2004 Konkurs ging. Die 1870 gegründete Werkzeugfabrik Utilis Müllheim wurde 1915 eine Aktiengesellschaft und beschäftigte 2000 40 Mitarbeiter. Weiter gab es u. a. um 1900 Stickereien, 1909 bis 1916 eine Drechslerei und 1906 bis 1909 eine Maschinenfabrik. Seit 1954 fabriziert ein Unternehmen Stahlmöbel, ein anderes rezykliert seit 1991 Industrieabfälle. An den Verkehrsachsen mit Durchgangsverkehr haben Dienstleistungsfirmen das Handwerk abgelöst. Einfamilienhauszonen breiten sich aus und führen zu örtlichen Konflikten bezüglich der Quartierstrassen.[6]
→ siehe auch Abschnitt Geschichte im Artikel Langenhart TG
→ siehe auch Artikel Grüneck TG
Wappen
Blasonierung: Geteilt von Rot und Weiss mit halbem rotem Mühlerad.[8]
Redendes Wappen in den Farben Rot und Weiss, die an die Abtei Reichenau erinnern, deren Gerichtsherrschaft Müllheim war.[8]
Bevölkerung
1831 | 1850 | 1860 | 1870 | 1900 | 1910 | 1950 | 1960 | 1980 | 1990 | 2000 | 2010 | 2018 | |
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Politische Gemeinde[9] | 2676 | 2980 | |||||||||||
Einheitsgemeinde[6] | 1541 | 1888 | 2398 | ||||||||||
Munizipalgemeinde[6][9] | 873 | 1144 | 904 | 1464 | 1409 | 1541 | 1511 | ||||||
Ortsgemeinde[6] | 863 | 783 | 1061 | 821 | 1397 | 1343 | 1486 | 1475 |
Von den insgesamt 2980 Einwohnern der Gemeinde Müllheim im Jahr 2018 waren 512 bzw. 17,2 % ausländische Staatsbürger. 1153 (38,7 %) waren evangelisch-reformiert und 765 (25,7 %) römisch-katholisch.[5]
Wirtschaft
Im Jahr 2016 bot Müllheim 895 Personen Arbeit (umgerechnet auf Vollzeitstellen). Davon waren 5,2 % in der Land- und Forstwirtschaft, 42,3 % in Industrie, Gewerbe und Bau sowie 52,5 % im Dienstleistungssektor tätig.[1]
Persönlichkeiten
In Müllheim wurde 1810 Johann Wepf, der Komponist des Thurgauerliedes geboren. Eine Tafel an seinem Geburtshaus erinnert an den verdienten Bürger der Gemeinde. 1881 wurde der Maler Ernest Bolens in Müllheim geboren.
Thomas Bornhauser war von 1851 bis 1856 evangelischer Pfarrer in Müllheim. Sein Grabstein ist an der Südmauer der evangelischen Kirche.[10]
Sehenswürdigkeiten
Im Ortskern von Müllheim insbesondere rund um die reformierte Kirche existieren zahlreiche gut erhaltene Fachwerkhäuser aus dem 19. Jahrhundert.
Das Dörfchen Grüneck im Thurvorland zwischen Pfyn und Müllheim besteht aus rund 50 Einfamilienhäusern, die die Weberei Grüneck für ihre Arbeiter gebaut hat.[11] Die Webersiedlung Grüneck ist im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz aufgeführt.
- Neuapostolische Kirche
- Gemeindehaus
- Altes Feuerwehrspritzenhaus
- Geburtshaus von Johann Wepf
- Fachwerkhaus in Langenhart
Literatur
- Alfons Raimann, Peter Erni: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Thurgau VI. Der Bezirk Steckborn. Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 2001 (Kunstdenkmäler der Schweiz Band 98). ISBN 3-906131-02-5.
Weblinks
Einzelnachweise
- Thurgau in Zahlen 2019. Auf der Webseite der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (PDF-Datei; 1,8 MB), abgerufen am 28. April 2020.
- Schweizerische Arealstatstik. Abgeschlossen auf 1. Juli 1912. Herausgegeben vom Eidg. Statistischen Bureau. (Memento vom 12. April 2016 im Internet Archive)
- Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2020. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2020 zusammengefasst. Abruf am 17. November 2021
- Müllheim Auf ortsnamen.ch (Online-Datenbank), abgerufen am 15. Februar 2020
- Ortschaften und ihre Wohnbevölkerung. Ausgabe 2019. Auf der Webseite der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabelle; 0,1 MB), abgerufen am 28. April 2020.
- Erich Trösch: Müllheim. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Geschichte. auf der Webseite der Gemeinde Müllheim, abgerufen am 31. Dezember 2019
- Gemeindewappen. Auf der Webseite des Staatsarchivs des Kantons Thurgau, abgerufen am 8. Dezember 2019
- Bevölkerungsentwicklung der Gemeinden. Kanton Thurgau, 1850–2000 und Wohnbevölkerung der Gemeinden und Vorjahresveränderung. Kanton Thurgau, 1990–2018. Auf der Webseite der Dienststelle für Statistik des Kantons Thurgau (Excel-Tabellen; jeweils 0,1 MB), abgerufen am 28. April 2020.
- Gedenkstätten in Müllheim
- Paul F. Portmann: Die Weberei Grüneck AG. In: Thurgauer Jahrbuch. Band 55 (1980), (archiviert in E-Periodica.ch der ETH-Bibliothek, PDF; 2,2 MB).