Hôtel Beauharnais
Das Hôtel Beauharnais ist ein Stadtpalast im 7. Arrondissement am linken Seine-Ufer von Paris. Der Architekt des Palais war Germain Boffrand, der es im Jahr 1714 erbaute. Später wurde es im Stil des Empire umgebaut. Das nach Eugène de Beauharnais benannte Gebäude ist heute Residenz des deutschen Botschafters in Frankreich. Die Kanzlei der deutschen Botschaft befindet sich jedoch im 16. Arrondissement.
Lage
Die Residenz liegt zwischen dem französischen Parlament im Westen und dem Musée d’Orsay im Osten auf dem linken Seine-Ufer. Im Süden, zur Rue de Lille hin, befindet sich hinter einer hohen Mauer der Ehrenhof. Nach Norden hin erstreckt sich ein englischer Park mit Sicht über die Seine hinweg auf den Jardin des Tuileries. Das Grundstück hat eine Fläche von 3700 Quadratmetern, das Palais eine Nutzfläche von 6500 Quadratmetern; es ist bei Empfängen und zu bestimmten Zeiten bei einer französischsprachigen Führung zu besichtigen.[1]
Geschichte
Das Palais Beauharnais wurde für Jean-Baptiste Colbert errichtet. 1803 kaufte es nach vielen Eigentümerwechseln Eugène Beauharnais, Stiefsohn Napoleons und Vizekönig von Italien, der auf die Thronfolge spekulierte, und ließ es aufwändig umgestalten. 1818 ging es unter Friedrich Wilhelm III. in preußischen Besitz über und wurde zur Gesandtschaft; später zur Botschaft des Deutschen Reiches. Die Botschaft bestand bis 1944. Dann wurde das Gebäude beschlagnahmt. 1951 wurde es als Baudenkmal geschützt und 1961 an die Bundesrepublik Deutschland zurückgegeben. Da es zu diesem Zeitpunkt bereits den Neubau der Botschaft nahe dem Palais de la découverte in der Avenue Franklin Delano Roosevelt gab, kam es als Botschaft nicht mehr in Frage. So wurde es bis 1968 für 17 Millionen Mark durch die Bundesbauverwaltung renoviert und dient der Repräsentation.
Das Palais ist mit zahlreichen bedeutenden Personen und Ereignissen verbunden. Otto von Bismarck residierte hier 1862 als preußischer Gesandter, Fürst Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst gab hier in seiner Zeit als Botschafter nach dem Deutsch-Französischen Krieg große Feste, um die Beziehungen zum Nachbarland zu verbessern. Diese kosteten ihn bereits im ersten Jahr 168.000 Mark.[2] Karl-Friedrich Schinkel, Leo Klenze und Max Beckmann besichtigten es. 1894 wurden hier Dokumente gestohlen und die Dreyfus-Affäre nahm ihren Anfang. 1938 gab die Ermordung des Diplomaten Ernst Eduard vom Rath durch Herschel Grynszpan den Vorwand zur sogenannten Reichskristallnacht. Während der deutschen Besetzung Frankreichs residierte hier Botschafter Otto Abetz.
Seit 2002 wird das Gebäude durch das Deutsche Forum für Kunstgeschichte umfassend dokumentiert. In diesem Zusammenhang wurde auch 2004 der Grüne Salon (franz. Salon Vert)[3] wiederhergestellt und der Garten nach den Plänen von 1817 neu angelegt.[4]
Die Gestaltung des Portikus erinnert an ägyptische Bauten. Er besteht aus Holz mit Stuckverkleidung und spiegelt die Ägyptomanie nach Napoleons Ägyptenfeldzug wider.[5] Die Inneneinrichtung und Möblierung mit ihren Schwanenhalslehnen, Löwentatzenbeinen, Sphinx-Gestellen oder dem türkischen Boudoir ist außergewöhnlich wertvoll.[6]
Literatur
- Jörg Ebeling, Ulrich Leben (Hrsg.): Ein Meisterwerk des Empire. Das Palais Beauharnais in Paris, Tübingen 2016, ISBN 978-3-8030-0814-5
- Thomas W. Gaehtgens, Jörg Ebeling und Ulrich Leben: Eugène de Beauharnais. Honneur et fidelité at the Hôtel de Beauharnais. In: Odile Nouvel-Kammerer (ed.), Symbols of power. Napoleon and the art of the Empire style, 1800 – 1815, Abrams, New York 2007, ISBN 978-0-8109-9345-7, S. 78–87, Ausstellungskatalog.
- Thomas W. Gaehgtens, Ulrich Leben, Jörg Ebeling: Palais Beauharnais in Paris. Zur historischen Ausstattung. In: Bau und Raum, ISSN 1612-1406, 2004, S. 82–91, Online-Ausgabe, (PDF-Datei, 3,7 MB).
- Karl Hammer: Hôtel Beauharnais Paris. (Beihefte der Francia, 13). Artemis, München und Zürich 1983, ISBN 3-7608-4663-7 (Online)
- Claus von Kameke: L’Hôtel de Beauharnais. La résidence de l’Ambassadeur d’Allemagne à Paris. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1968, (frz.).
- Klaus Henning von Krosigk: Der Garten des Palais Beauharnais. In: Jahrbuch Bau und Raum, ISSN 1612-1406, 2004, S. 92–95, Online-Ausgabe, (PDF-Datei, 3,7 MB).
- Ulrich Leben, Jörg Ebeling: The Palais Beauharnais, Paris, in: The Magazine Antiques, online-Zeitschrift, Oktober 2006, S. 116–125.
- Ulrich Leben, Jörg Ebeling: Palais Beauharnais – Vollständiges Inventar der Möbel, der Bronzen, der Gemälde und anderer Gegenstände, Residenz des Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich. Wissenschaftliche Leitung: Thomas W. Gaehtgens, Paris, September 2002.
Video
- Das Palais Beauharnais (carpe diem Film & TV-Produktion GmbH, 2014). Abgerufen am 22. Dezember 2021. auf YouTube
- arte.tv Karambolage (Oktober 2021). Abgerufen am 22. Dezember 2021.
Weblinks
- Hôtel Beauharnais Paris vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung mit Außenbild und Informationen zum Bau, zur Geschichte und zur Sanierung
- Innenaufnahmen vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung
- Angaben zum Palais auf der Seite der deutschen Botschaft in Paris
- Datenbank des französischen Kulturministeriums – Eingaben: Nom de l'édifice: Hôtel de Beauharnais, + Avec image en ligne (frz.), viele s/w-Abbildungen
Einzelnachweise
- Note d'information à l’attention des visiteurs de l’Hôtel de Beauharnais. Abgerufen am 15. Juli 2019.
- Jörg von Uthmann: Völkerbindende Zärtlichkeit: Das Palais Beauharnais in Paris. In: Die Welt vom 21. Januar 2003
- Thomas W. Gaehtgens, Ulrich Leben und Jörg Ebeling: Salon Vert (Grüner Salon) – Restaurierungskonzept für die Wiederherstellung der Raumausstattung und Möblierung nach dem Inventar von 1817. Paris, 2003, Quelle.
- Wissenschaftliche Bearbeitung des Palais Beauharnais durch das Deutsche Forum für Kunstgeschichte, abgerufen am 29. Januar 2011
- Hinweis auf der Seite der Bundesbauverwaltung (Memento des Originals vom 20. Oktober 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 6. Februar 2012
- Michael Mönninger: Imperiale Wehmut. In: Die Zeit vom 2. März 2006, Nr. 10