de Havilland Canada DHC-6

Die DHC-6 Twin Otter ist ein STOL-Flugzeug für 19 Passagiere, das von de Havilland Canada hergestellt wurde. Nach einer zwanzigjährigen Produktionsunterbrechung wird heute die modernisierte Version DHC-6-400 vom kanadischen Hersteller Viking Air angeboten, der die Fertigungsrechte im Februar 2006 von Bombardier Aerospace erworben hat.

de Havilland Canada DHC-6 Twin Otter

Wasserflugzeug DHC-6 „Twin Otter“
Typ:Turboprop-Zubringerflugzeug
Entwurfsland:

Kanada Kanada

Hersteller: * de Havilland Canada
Erstflug: 20. Mai 1965
Produktionszeit:
  • 1965 bis 1988
  • Seit 2008 wieder in Produktion
Stückzahl: 981 (26. Januar 2020)[1]

Die Turboprop-Maschine ist als Schulterdecker ausgelegt und verfügt über ein feststehendes Fahrwerk bzw. Schwimmer. Die Verstellpropeller ermöglichen die Nutzung von Schubumkehr. Das Flugzeug ist für sehr kurze Start- und Landebahnen optimiert und benötigt nur eine Pistenlänge von 366 m. Sie verfügt über keine Druckkabine.

Geschichte

Die DHC-6 hatte ihren Erstflug am 20. Mai 1965. Die Produktion endete vorerst 1988, bis dahin wurden 844 Maschinen gebaut. Davon flogen im Jahr 2007 noch 575.[2]

Im Jahr 2006 erwarb Viking Air die Produktionsrechte von Bombardier Aerospace, im Dezember 2007 wurde wieder mit der Produktion begonnen. Der Erstflug der DHC-6-400 genannten Version fand am 1. Oktober 2008 im kanadischen Victoria statt.[3] Der Erstflug der ersten Serienmaschine mit dem Luftfahrzeugkennzeichen C-FMJO erfolgte am 16. Februar 2010.[4] Nach der offiziellen Zulassung wurden die ersten drei Maschinen am 17. Januar 2011 an die schweizerische Zimex Aviation, am 26. Januar 2011 an Air Seychelles und am 6. Mai 2011 an Trans Maldivian Airways ausgeliefert.[5]

Bis Ende Januar 2020 wurden 137 DHC-6-400 gebaut.[6]

Versionen

Cockpit einer De Havilland Canada DHC-6-200 Twin Otter
Cockpit einer De Havilland Canada DHC-6-300 Twin Otter
Cockpit einer Viking Air DHC-6-400 Twin Otter

Von der Twin Otter gibt es neben der Standardausführung mit Rädern Versionen mit Schwimmern oder Kufen. Für touristische Zwecke, z. B. Rundflüge, gibt es eine Version „Vistaliner“ mit größeren Fenstern.[7]

DHC-6-Serie 100
Basisversion mit zwei 432-kW Pratt & Whitney Canada PT6A-20 Turboprop-Motoren. 115 Stück gebaut.
DHC-6-Serie 200
Verbesserte Version. Ebenfalls 115 Stück gebaut.
DHC-6-Serie 300
Version mit 462-kW Pratt & Whitney Canada PT6A-27 Turboprop-Motoren.
DHC-6-Serie 300M
Militärischer Mehrzwecktransporter. Zwei von ihnen wurden als „Proof-of-Concept“-Demonstratoren gebaut.
DHC-6-Serie 300MR
Maritime Aufklärungsversion.
DHC-6-Serie 300S
Sechs Testflugzeuge mit 11 Sitzen, Flügel mit Spoilern und einem Anti-Blockier-Bremssystem.
DHC-6 als zuverlässiges Buschflugzeug: hier eine Maschine der MAF in Papua-Neuguinea
DHC-6-Serie 400
Sie ist die nach 20 Jahren Produktionspause gebaute neue Version auf Basis der -300, die vom kanadischen Hersteller Viking Air gefertigt wird. Erstkunde war Air Seychelles mit zwei Bestellungen im Frühjahr 2007. Die ersten Lieferungen an Kunden begannen Anfang 2010. Als Antrieb dienen zwei Pratt & Whitney Canada PT6A-34 oder optional PT6A-35 mit Hot & High Performance. Neben dem Standard-Fahrwerk werden unter anderem auch Schwimmer, Ski- und Rad-Ski-Fahrwerke angeboten.[8] Außer den neuen Triebwerken wurden auch andere Komponenten auf den Stand der Technik gebracht. So konnte unter anderem durch die Verwendung von Kunststoff, neuem Cockpit mit 4 Displays und LED-Beleuchtung die Leermasse um 240 kg gesenkt werden.
CC-138
Bezeichnung der Kanadischen Streitkräfte für ihre Version als Transport-, Such- und Rettungsflugzeug.
UV-18A
Version als Utility-Transportflugzeuge für die United States Army und die Alaska National Guard. Sechs gebaut. Sie wurde in der US-Armee durch die C-23 Sherpa ersetzt.
UV-18B
Bezeichnung der United States Air Force Academy für ihre drei Ausbildungflugzeuge für Fallschirmspringer.

Einsatz

Eine Twin Otter der Serie 400

Die Fluggesellschaft Widerøe’s Flyveselskap setzte zahlreiche Maschinen über 20 Jahre lang ein, auch für British Airways flog die DHC-6 bei Loganair.

In Deutschland wurde die Twin Otter überwiegend im Inselverkehr der Nordsee eingesetzt, u. a. von OLT, General Air, HADAG Air und Holiday Express. Außerdem nutzten Delta Air, Bayerischer Flugdienst und DLT die DHC-6, die zwei letzteren hauptsächlich auf der Strecke Hof-Bayreuth-Frankfurt. Einer der wenigen heutigen deutschen Betreiber ist die Fluggesellschaft Businesswings mit Sitz am Flughafen Kassel-Calden, welche ein Exemplar mit dem Luftfahrzeugkennzeichen D-IVER besitzt.

Die Mehrzahl der Maschinen wird von kleineren Gesellschaften verwendet. So sind auf den Malediven und in Nepal zahlreiche Twin Otters zu finden. Die Flotte der Air São Tomé and Príncipe z. B. bestand bis zum Absturz des Flugzeugs am 23. Mai 2006 aus nur einer Twin Otter, mit der von São Tomé die Insel Príncipe sowie Libreville in Gabun angeflogen wurden. Auch in Panama wird die Twin Otter für Inlandflüge von Aeroperlas nach Guna Yala eingesetzt, in Costa Rica von Nature Air.[9] Air Seychelles setzt derzeit sechs Twin Otter auf ihren Inlandflügen zu den kleineren Inseln ein, die teilweise nur über Graspisten verfügen.

Häufig wird die Twin Otter im zivilen Fallschirmsport als Absetzflugzeug eingesetzt. Auch in der Antarktis sind Flugzeuge von Typ DHC-6 im Einsatz.

Die Twin Otter gehört neben der Pilatus Porter, der Let L-410 und der Dornier 228 zu den wenigen Flugzeugen, die in Nepal auf dem Flughafen Lukla landen können.

Eine DHC-6-400 wird von der Behörde der Zona Espesial Ekonomiko Sosial no Merkadu (ZEESM) vom osttimoresischen Oe-Cusse Ambeno betrieben.[10]

Militärische Nutzer

Kanadische CC-138
DHC-6 der Ecuadorianischen Luftwaffe
DHC-6 der französischen Armee
Afghanistan Afghanistan
Argentinien Argentinien
Australien Australien
Athiopien Äthiopien
Benin Benin
Botswana Botswana
Chile Chile
Dominikanische Republik Dominikanische Republik
Ecuador Ecuador
Frankreich Frankreich
Haiti Haiti
Jamaika Jamaika
Kanada Kanada
Kolumbien Kolumbien
Libyen Libyen
Malaysia Malaysia
Mexiko Mexiko
Nepal Nepal
Nigeria Nigeria
Norwegen Norwegen
Panama Panama
Paraguay Paraguay
Peru Peru
Philippinen Philippinen
Schweiz Schweiz
Senegal Senegal
Seychellen Seychellen
Sudan Sudan
Tschad Tschad
Uganda Uganda
Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten
Vietnam Vietnam[11]

Zwischenfälle

Vom Erstflug im Jahr 1965 bis November 2019 wurden insgesamt 279 DHC-6 Twin Otter bei Zwischenfällen zerstört oder irreparabel beschädigt. Bei 186 dieser Totalschäden kamen 1487 Menschen ums Leben.[12]

Technische Daten

Drei-Seiten-Riss der De Havilland Canada DHC-6
Kenngröße Daten der DHC-6-400
Besatzung1–2
Passagiere19
Länge15,77 m
Spannweite19,81 m
Höhe6,02 m
Flügelfläche39,02 m²
Flügelstreckung10,1
Leermasse3400 kg
max. Startmasse5670 kg
Höchstgeschwindigkeit (VMO) 340 km/h
Dienstgipfelhöhe7620 m
Reichweite bei max. Zuladung ca. 1800 km
Triebwerke 2 Pratt & Whitney Canada PT6A-34-Triebwerke, je 463 kW
Propeller Hartzell HC-B3TN-3DY, Durchmesser 259 cm
Landebahn/Startbahnlänge[13] min. 366 m

Siehe auch

Commons: DHC-6 Twin Otter – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. TwinOtterArchive Master Index Page. In: twinotterarchive.com. Abgerufen am 26. Januar 2020 (englisch).
  2. Der unverwüstliche Allesflieger. In: sueddeutsche.de. 22. Mai 2010, abgerufen am 10. März 2018.
  3. aero-news
  4. Erste New Production DHC-6 Series 400 Twin Otter fliegt. (Nicht mehr online verfügbar.) Aerokurier, 18. Februar 2010, ehemals im Original; abgerufen am 15. Juli 2010.@1@2Vorlage:Toter Link/www.aerokurier.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Produktionsliste Viking Air DHC-6-400
  6. Twin Otter Archive (englisch), abgerufen am 26. Januar 2020.
  7. http://www.vistaliner.com/
  8. Viking Air DHC-6-400 Twin Otter Versatility bei vikingair.com, aufgerufen am 26. Februar 2018
  9. Archivierte Kopie (Memento vom 2. Januar 2014 im Internet Archive)
  10. Visit Timor: New Timorese Airport of Oecusse Hosts Indonesian and Dili Movements, 18. Juni 2019, abgerufen am 18. Juni 2019.
  11. Vietnamese Navy Orders DHC-6 Twin-Otter 400s. Defense Industry Daily, 2010. abgerufen 15. Mai 2010.
  12. Unfallstatistik de Havilland Canada DHC-6 Twin Otter, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 25. November 2019.
  13. Andreas Spaeth: Der unverwüstliche Allesflieger. In: www.sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 22. Mai 2010, abgerufen am 7. Februar 2020.
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