9. Gardearmee (Rote Armee)
Die 9. Gardearmee (russisch 9-я гвардейская армия) war ein Großverband der Roten Armee, der erst im letzten Kriegsjahr 1945 eingesetzt wurde. Im Rahmen der 2. und 3. Ukrainischen Front operierte die Armee zunächst in Transdanubien, dann in Niederösterreich und am Schluss im südlichen Böhmen.
Geschichte
Die 9. Gardearmee wurde am 5. Januar 1945 auf der Grundlage einer Stawka-Richtlinie vom 18. Dezember 1944 gebildet, sie entstand unter Verwendung des Oberkommandos der aufgelösten 7. Armee. Die neu aufgestellte Armee war zunächst direkt dem Hauptquartier unterstellt. Die Infanterie bestand zumeist aus wenig kriegserfahrenen Formationen der in Reserve gehaltenen Garde-Luftlandetruppen, welche zuletzt in Karelien eingesetzt und in Schützenverbände umgewandelt worden waren.
Am 27. Februar wurde die Armee während der Kämpfe in Ungarn Teil der 2. Ukrainischen Front, ab dem 9. März der 3. Ukrainischen Front zugeteilt. Das Oberkommando der Armee übernahm die Führung über das 37., 38. und 39. Garde-Schützenkorps, welche südöstlich von Budapest konzentriert waren.
Armeegliederung im März 1945
37. Garde-Schützenkorps – Generalleutnant Pawel V. Mironow
- 98. Garde-Schützendivision – Oberst Wassili M. Larin
- 99. Garde-Schützendivision – Generalmajor Iwan Iwanowitsch Blaschewitsch
- 103. Garde-Schützendivision – Generalmajor Sergej Prochorowitsch Stepanow
38. Garde-Schützenkorps – Generalleutnant Alexander I. Utvenko
- 104. Garde-Schützendivision – Generalmajor Iwan Fedotowitsch Seregin
- 105. Garde-Schützendivision – Generalmajor Michail Denisenko
- 106. Garde-Schützendivision – Oberst Konstantin Windushew
39. Garde-Schützenkorps – Generalleutnant M. F. Tichonow
- 100. Garde-Schützendivision – Generalmajor Iwan Alexejewitsch Makarenko
- 107. Garde-Schützendivision – Generalmajor Michail A. Bogdanow
- 114. Garde-Schützendivision – Generalmajor Wassili Polikarpowitsch Iwanow
Ab Mitte März 1945 nahm die 9. Gardearmee an der Wiener Operation (16. März – 15. April) teil und rückte zusammen mit der 6. Garde-Panzerarmee an der Spitze der 3. Ukrainischen Front in Richtung Wien vor. Rechts davon brachen die Formationen der 4. Gardearmee nördlich von Székesfehérvár durch die Front und bedrohten den Rücken der noch zwischen Velence-See und Plattensee haltenden deutschen 6. SS-Panzerarmee. Die 9. Gardearmee drang Ende März mit dem 9. Garde-mechanischen Korps (Generalleutnant M. W. Wolkow) voran aus dem Raum Kőszeg über Aspang mit drei Schützenkorps durch die Bucklige Welt in Richtung Gloggnitz vor. Die 99. und 107. Gd.S.D. erzwangen am 1. April bei Kleinwolkersdorf und Schleinz den Durchgang über die Pässe des Leithagebirges.
Der Oberbefehlshaber der Front, Marschall Tolbuchin hatte der 6. Garde-Panzerarmee den Befehl gegeben, Wien über Baden – nach Norden vorstoßend – vom Westen her zu umfassen, die 9. Gardearmee hatte diesem Vorstoß zu folgen. Schon am 2. April konnte Wiener Neustadt durch die 107. Gd.S.D. im Zusammenwirken mit dem 9. Garde-mechanischen Korps erobert werden. Während die 107.Gd.S.D. durch den Wienerwald vordrang, rückten die 100. und 114. Gd.S.D. in Richtung Atzgersdorf vor.
Die anderen Korps der 9. Gardearmee rückten gleichzeitig weiter nach Westen zur Donau vor und versuchten den deutschen Verbänden den Rückzug nach Westen abzuschneiden. Die Truppen der 3. Ukrainischen Front eroberten am 13. April in Zusammenarbeit mit der 46. Armee die Stadt Wien. Ab 15. April trug die 9. Gardearmee am rechten Flügel der Front die Hauptlast der Kämpfe während der Offensive Richtung Amstetten. Das 38. Garde-Schützenkorps sowie das nach geführte 18. Panzerkorps führten die Angriffe auf St. Pölten weiter, wobei die 105. Gd. S.D. in Richtung der Donau nach Krems vorrückte. Ab 18. April lösten Teile der 4. Gardearmee das 38. Garde-Schützenkorps ab, wobei aber die 105. 105. Gd. S.D. im Kampfraum des den Befehl übernehmenden 20. Garde-Schützenkorps verblieb.
Anfang Mai 1945 war die 9. Gardearmee bereits vollständig umgruppiert und der 2. Ukrainische Front überstellt, um an der Prager Operation (6.–11. Mai) teilzunehmen, bei der am 8. Mai in Zusammenarbeit mit der 7. Gardearmee die Stadt Znaim besetzt wurde. Das Kriegsende endete in Südböhmen, nach Erreichen der Städte Budweis und Písek.
Am 10. Juni 1945 wurde gemäß der Weisung des Oberkommandos vom 29. Mai 1945 die Gruppe der Zentrale Streitkräfte gebildet, zu der auch die 7. und 9. Gardearmee gehörte. Bald wurde das Armeeoberkommando in den Moskauer Militärbezirk zurückgezogen, wo 1946 das Stabskommando zur Führung der Luftlandearmee verwendet wurde, alle unterstellten Formationen – 37., 38., 39. Korps und 98., 99., 100., 103., 104., 105., 106., 107., 114. Division – wurden zu Verbänden der Garde-Luftlandetruppen umgewandelt.
Führung
Oberbefehlshaber
- Generaloberst Wassili Wassiljewitsch Glagolew 5. Januar – 10. Juni 1946
Stabschef
- Generalmajor Serafim Jewgenjewitsch Roschdestwenski, 7. Januar 1945 – 6. Juli 1946
Literatur
- Markus Reissner: Die Schlacht um Wien 1945, Kral Verlag, Berndorf 2021
- Manfried Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945. Österr. Bundesverlag, Wien 1984
- В. И.Феськов / К. А. Калашников / В. И. Голиков: «Фронтовые и армейские управления вооруженных сил СССР в годы Великой Отечественной войны» // Красная Армия в победах и поражениях 1941–1945 гг.., Издательство Томского университета, Томск 2003.