Jänschwalde

Jänschwalde, niedersorbisch Janšojce, ist eine offiziell zweisprachige Gemeinde im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg im Osten Deutschlands. Sie ist amtsangehörige Gemeinde des Amtes Peitz. Bekannt ist Jänschwalde durch den gleichnamigen Braunkohletagebau sowie das nahegelegene Kraftwerk Jänschwalde.

Wappen Deutschlandkarte
?

Basisdaten
Bundesland:Brandenburg
Landkreis: Spree-Neiße
Amt: Peitz
Höhe: 62 m ü. NHN
Fläche: 82,37 km2
Einwohner: 1532 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 19 Einwohner je km2
Postleitzahlen: 03197,
03172 (Grießen)Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/PLZ enthält Text
Vorwahlen: 035607, außer OT Grießen: 035696Vorlage:Infobox Gemeinde in Deutschland/Wartung/Vorwahl enthält Text
Kfz-Kennzeichen: SPN, FOR, GUB, SPB
Gemeindeschlüssel: 12 0 71 193
Gemeindegliederung: 4 Ortsteile
Adresse der Amtsverwaltung: Schulstraße 6
03185 Peitz
Bürgermeister: Helmut Badtke
Lage der Gemeinde Jänschwalde im Landkreis Spree-Neiße
Karte

Geographie

Die Gemeinde gehört zur Niederlausitz. Die nächste Kleinstadt ist Peitz, Cottbus ist 25 Kilometer entfernt. Einen größeren Teil der Gemeindefläche nimmt der Braunkohletagebau Jänschwalde ein, der im Osten bis zur Neiße und damit an die Grenze zu Polen reicht. Die Südgrenze des Ortes bildet die Malxe.[2]

Gemeindegliederung

Das Gemeindegebiet besteht aus den Ortsteilen (mit zugehörigen Wohnplätzen)[3]:

Weiterhin gehört die Gemarkung des devastierten Dorfes Horno / Rogow zum Gemeindegebiet.[4]

Jänschwalde-Dorf

Das Dorf ist vom Ortsteil Kolonie durch den kleinen Bach Puschanitza getrennt, wobei rechtlich gesehen beide Teile einen zusammenhängenden Ortsteil darstellen.

In unmittelbarer Nähe zur 1806 bis 1807 erbauten Kirche befinden sich eine Gaststätte und die „Jugendbude“ als Angebot für die jungen Leute im Dorf sowie auch einige Geschäfte. Der freistehende, niedrige Glockenturm beherbergt drei Glocken aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Im deutsch-wendischen Museum direkt neben der Kirche, das im ehemaligen Schulgebäude und in der Pfarrscheune eingerichtet wurde, kann man sich über die Vergangenheit des Ortes auf unterhaltsame Weise informieren. Das Leben der Kirchengemeinde hat ein weiteres Zentrum im unweit gelegenen Pfarrhaus, das allen Altersgruppen offensteht.

Kolonie

In der sogenannten Kolonie findet man den Friedhof und die Agrargenossenschaft. Im Zentrum der Kolonie befand sich das Restaurant Brauhaus Zur Linde.

Jänschwalde-Ost

Drei Kilometer weiter durch den Wald befindet sich Jänschwalde-Ost, das ab 1952 als Wohnsiedlung für Berufssoldaten des nahe gelegenen Militärflugplatzes errichtet wurde. Für diesen Flugplatz und die dazugehörige Kaserne endete die militärische Nutzung am 31. Dezember 1995 mit der Übergabe der Liegenschaften von der Bundeswehr an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.[5]

Hier gibt es vorwiegend Neubauten sowie eine Grundschule und einen Kindergarten. Die Krabat-Grundschule im Ort bietet Witaj an. Des Weiteren dient das Ländliche Sozio-kulturelle Zentrum als Treffpunkt zur Freizeitgestaltung für Jung und Alt mit Bastelnachmittagen, einer Bibliothek und Sportangeboten wie beispielsweise Judo.

Geschichte

Urgeschichte

Durch Grabungen seit 2013 ließ sich anhand von Schnittspuren an den Knochen belegen, dass Neandertaler vor etwa 130.000 Jahren, bei Beginn der Eem-Warmzeit, das Gebiet um Jänschwalde bewohnten, und dass sie dort Jagd auf Pferde machten; unter den Tierüberresten fanden sich auch Knochen von Bison priscus, dem Steppenbison.[6] Unter den Werkzeugen befand sich ein Schaber, mit dem wohl Tierfelle entfernt wurden. In einem Graben, etwa 150 Meter von der Tagebaukante entfernt, wurde ein bearbeiteter Schildkern aus Feuerstein entdeckt. Damit fertigten die Neandertaler Werkzeuge und Waffen an.

Die bis dahin ältesten Spuren stammten ebenfalls von Jägern und Sammlern, doch waren sie mit 13.000 Jahren bedeutend jünger.[7] Bei den jüngeren archäologischen Spuren handelt es sich um Feuersteinwaffen von Rentierjägern am Ende der letzten Kaltzeit. Bereits 1903 wurde am Rande des Tagebaus das erste Mammutskelett in Deutschland ausgegraben.

Aus dem Neolithikum und der Bronzezeit traten zahlreiche Begräbnisplätze zu Tage, vielfach ausgestattet mit Silexspitzen und Silexdolchen als Beigaben. Aus der Zeit um 1000 v. Chr. stammen die auf der Hornoer Höhe – dort konzentriert sich seit 2009 der Tagebau – ergrabenen bronzezeitlichen Pfostenbauten. Diese wiesen Speicherplätze für Getreide, Brunnen, die die Wasserversorgung in der Höhenlage sicherten, sowie weitere Gräber auf. Anfang 2008 wurde ein germanisches Dorf aus dem 3. und 4. Jahrhundert ausgegraben. Neben Hausgrundrissen fanden sich Brunnen, eine Getreidemühle, eine Schmiede zur Schmuckherstellung, Fibeln und zahlreiche weitere Artefakte.

Mittelalter

Jänschwalde soll bereits im 13. Jahrhundert durch wendische Siedler entstanden sein.[8] Der sorbische Name für den Ort – Janšojce – bedeutet auf Deutsch das dem Jan, Jansch oder Jänsch Gehörende, womit vermutlich eine im Malxebruch gelegene Siedlung unter Leitung eines Jan oder Jänsch bezeichnet war. Im Jahre 1346 wurde Jänschwalde – geschrieben Genschwalde – in der sogenannten Meißener Matrikel als Kirchdorf erwähnt, das an das Bistum drei Groschen Kirchensteuer zu zahlen hatte. Der Ort entstand auf einer flachen Talsandinsel im Sumpfgebiet der Malxeniederung. Die Häuser waren auf großen Findlingen ruhende Blockhäuser mit Schilfdach.

Neuzeit und jüngste Geschichte

Nach 1945 ist zu den bereits bestehenden Ortsteilen ein dritter hinzugekommen – Jänschwalde-Ost. Hier fanden ca. 2000 Menschen ein neues Zuhause, überwiegend wohnten hier Berufssoldaten und Angestellte der Nationalen Volksarmee, die hier einen Militärflugplatz betrieb, mit ihren Familien.

Jänschwalde und Drewitz gehörten seit 1816 zum Kreis Cottbus, Grießen zum Landkreis Guben in der preußischen Provinz Brandenburg. 1952 wurden die Gemeinden in den Kreis Guben im DDR-Bezirk Cottbus eingegliedert. Seit 1993 liegen sie im brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße.

Eingemeindungen

Am 1. Juli 1998 wurde das Dorf Horno, das 2004 und 2005 infolge des angrenzenden Braunkohletagebaus devastiert wurde, nach Jänschwalde eingemeindet.[9] Am 26. Oktober 2003 entstand durch die Fusion der Gemeinden Drewitz, Grießen und Jänschwalde die neue Gemeinde Jänschwalde.[10] Der Ortsteil Jänschwalde erhielt am 10. Oktober 2005 den neuen Namen Jänschwalde-Dorf.[11]

Entwicklung des Ortsnamens
  • 1346: Genschwalde
  • 1484: Gentzwalde
  • 1554: Jenischwalde und Jenßwalde
  • 1775: Genschwalde
  • 1784: Jaenischwalde

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1875743
1890812
1910853
1925866
1933854
1939853
19461 282
19501 204
Jahr Einwohner
19641 904
19711 910
19812 137
19852 005
19892 539
19902 400
19912 313
19922 331
19932 355
19942 277
Jahr Einwohner
19952 198
19962 113
19971 995
19982 202
19992 081
20002 069
20011 957
20021 797
20032 222
20042 109
Jahr Einwohner
20052 019
20061 963
20071 884
20081 828
20091 776
20101 751
20111 638
20121 585
20131 570
20141 559
Jahr Einwohner
20151 535
20161 563
20171 537
20181 523
20191 536
20201 532

Gebietsstand des jeweiligen Jahres, Einwohnerzahl[12][13][14]: Stand 31. Dezember (ab 1991), ab 2011 auf Basis des Zensus 2011

Politik

Gemeindevertretung

Die Gemeindevertretung von Jänschwalde besteht aus 11 Gemeindevertretern und dem ehrenamtlichen Bürgermeister. Bei der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 ergab sich bei einer Wahlbeteiligung von 68,3 % folgendes Ergebnis für die Zusammensetzung der Gemeindevertretung:[15]

Partei / Wahlbewerber Stimmenanteil Sitze
Wählergruppe Zukunft Gemeinde Jänschwalde19,3 %2
AfD17,8 %2
Wählergruppe Wir für Drewitz in Jänschwalde16,5 %2
Die Linke11,4 %1
Wählergruppe Landwirtschaft und Umwelt09,9 %1
Wählergruppe Domowina08,9 %1
Bürgerbündnis der Grundbesitzer der Gemeinde Grießen08,5 %1
Einzelbewerberin Sieglinde Zoellner04,1 %1

Helmut Badtke kandidierte sowohl als Gemeindevertreter als auch als Bürgermeister. Da er die Wahl zum Bürgermeister annahm, bleibt nach § 60 (3) des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes[16] sein Sitz in der Gemeindevertretung unbesetzt.

Bürgermeister

  • 1998–2003: Günter Strafe[17]
  • 2003–2014: Heinz Schwietzer[18]
  • seit 2014: Helmut Badtke[19]

Badtke wurde in der Bürgermeisterwahl am 26. Mai 2019 ohne Gegenkandidat mit 75,8 % der gültigen Stimmen für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren[20] gewählt.[21]

Gemeindepartnerschaft

Mit Iłowa (bis 1945 Halbau) im polnischen Teil der Oberlausitz besteht eine Gemeindepartnerschaft.

Sehenswürdigkeiten und Kultur

In der Liste der Baudenkmale in Jänschwalde und in der Liste der Bodendenkmale in Jänschwalde stehen die in der Denkmalliste des Landes Brandenburg eingetragenen Denkmale.

Musik

Für das Kulturleben des Ortes spielen die Jänschwalder Blasmusikanten eine wichtige Rolle. Die 2001 aus der 1972 gegründeten Feuerwehrkapelle Jänschwalde hervorgegange Musikformation ist inzwischen auch überregional bekannt. Der Verein WIR für Jänschwalde e.V. veranstaltet seit 2000 regelmäßig das Jänschwalder Blasmusikfest, welches hunderte Besucher alle 2 Jahre (ungerade Jahreszahl) nach Jänschwalde lockt.

Sorbisches Traditionsleben

Ein Ortsverein der Domowina und die Dorfjugend, welche sich als Jugendinitiative organisiert hat, führt jedes Jahr sorbische Brauchtumsveranstaltungen durch. Dazu gehören die sorbische Fastnacht (Zapust), das Osterfeuer und das sorbische Hahnrupfen (Kokot). Diese Festivitäten sind eng an die wendische Geschichte des Dorfes gebunden. Des Weiteren wird jährlich zum 1. Mai ein Maibaum aufgestellt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Unternehmen

Braunkohlekraftwerk Jänschwalde

Auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Teichland befindet sich mit dem Kraftwerk Jänschwalde das drittgrößte Braunkohlekraftwerk Deutschlands.

In der Ortslage Kolonie befand sich die im Jahr 2000 gebaute Privatbrauerei Brauhaus Zur Linde. Sie produzierte 12.000 Liter Bier im Jahr, das größtenteils in der dazugehörigen Gaststube ausgeschenkt, aber auch in Fässern verkauft wurde.[22]

Verkehr

Jänschwalde liegt an der Landesstraße L 502 zwischen Tauer und der Bundesstraße 97.

Jänschwalde Ost und Jänschwalde sind Haltepunkte der Regionalbahnlinie RB 11 (Frankfurt (Oder)Cottbus) an der Bahnstrecke Guben–Cottbus.

Im Ortsteil Drewitz befindet sich der Flugplatz Cottbus-Drewitz.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Deborah Schulz: Das Gräberfeld von Jänschwalde, Diss., Berlin 2019.
  • Amt Jänschwalde – für die deutsch-sorbischen Gemeinden Drewitz, Grießen, Horno und Jänschwalde im Landkreis Spree-Neiße. 1997, Herausgeber: Amt Jänschwalde
  • Martin Pernack (Hrsg.): 650 Jahre Jänschwalde. 650 lět Janšojce. Domowina-Verlag, Bautzen 1996, ISBN 978-3-7420-1669-0.
  • Rudolf Lehmann: Geschichte des Wendentums in der Niederlausitz. Beltz, Langensalza/Berlin/Leipzig 1930.
Commons: Jänschwalde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung im Land Brandenburg nach amtsfreien Gemeinden, Ämtern und Gemeinden 31. Dezember 2020 (PDF-Datei; 950 KB) (Fortgeschriebene amtliche Einwohnerzahlen) (Hilfe dazu).
  2. Bundesamt für Naturschutz: Lage von Jänschwalde gem. Geodienste. Schutzgebiete in Deutschland. Abgerufen am 5. Mai 2013.
  3. Dienstleistungsportal des Landes Brandenburg; abgerufen am 29. Dezember 2015
  4. Brandenburg-Viewer; abgerufen am 29. Dezember 2015
  5. Interessantes aus der Geschichte des Ortsteils Jänschwalde-Ost / Janšojce-Juitso. In: www.peitz.de. Amt Peitz, abgerufen am 21. Juni 2013.
  6. Leif Steguweit: Mikroskopische Untersuchungen zu menschlichen Manipulationen an Tierknochen des Saale-Spätglazials (MIS 6) aus Jänschwalde, in: Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge 2 (2015) 193–210 (academia.edu).
  7. Neandertaler schon vor 130 000 Jahren in Brandenburg, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 17. Oktober 2013.
  8. R. Lehmann: Geschichte des Wendentums in der Niederlausitz
  9. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1998
  10. Sechstes Gesetz zur landesweiten Gemeindegebietsreform betreffend die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße (6.GemGebRefGBbg) vom 24. März 2003, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg, I (Gesetze), 2003, Nr. 05, S. 93
  11. Gemeinde- und Ortsteilverzeichnis des Landes Brandenburg. Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg (LGB), abgerufen am 29. Dezember 2020.
  12. Historisches Gemeindeverzeichnis des Landes Brandenburg 1875 bis 2005. Landkreis Spree-Neiße. S. 18–21
  13. Bevölkerung im Land Brandenburg von 1991 bis 2017 nach Kreisfreien Städten, Landkreisen und Gemeinden, Tabelle 7
  14. Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Statistischer Bericht A I 7, A II 3, A III 3. Bevölkerungsentwicklung und Bevölkerungsstand im Land Brandenburg (jeweilige Ausgaben des Monats Dezember)
  15. Ergebnis der Kommunalwahl am 26. Mai 2019
  16. Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz § 60
  17. Ergebnisse der Kommunalwahlen 1998 (Bürgermeisterwahlen) für den Landkreis Spree-Neiße (Memento des Originals vom 17. April 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wahlen.brandenburg.de
  18. Kommunalwahlen 26. Oktober 2003. Bürgermeisterwahlen, S. 32
  19. Ergebnis der Bürgermeisterwahl am 25. Mai 2014
  20. Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz, § 73 (1)
  21. Ergebnis der Bürgermeisterwahl am 26. Mai 2019
  22. Daniel Preikschat: Bier braucht Heimat. In: lr-online.de. Lausitzer Rundschau, 8. Juni 2006, abgerufen am 22. Mai 2013.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.