Spanische Niederlande
Mit Spanische Niederlande bezeichnet man das Gebiet der heutigen Niederlande, Belgiens und Luxemburgs sowie des französischen Département Nord zur Zeit der spanischen Herrschaft, beziehungsweise nach dem Dreißigjährigen Krieg 1648 und der Unabhängigkeit der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen (Vereinigte Niederlande) nur mehr dessen Südteil. Sie bestanden als Besitz der Spanischen Krone von der Erbteilung der Österreichischen und Spanischen Habsburger 1556 bis zur Übergabe an das Haus Österreich 1714. Die Spanischen Niederlande nach 1581 werden, ebenso wie die Österreichischen Niederlande, auch als Südliche oder Habsburgische Niederlande bezeichnet, obwohl unter diesen Begriffen auch das Hochstift Lüttich und andere reichsfreie Länder einbegriffen sind, die jedoch niemals zu den Spanischen oder Österreichischen Niederlanden gehörten.
Territorium im Heiligen Römischen Reich | |
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Spanische Niederlande | |
Wappen | |
Karte | |
Niederlande samt Hochstift Lüttich bis 1795 | |
Lage im Reichskreis | |
Entstanden aus | Burgundische Niederlande 1522 |
Herrschaftsform | Provinz (Statthalterei) |
Herrscher/ Regierung | König von Spanien Regent: Statthalter |
Heutige Region/en | BE/DE/NL/LU/FR |
Reichskreis | Burgundischer Reichskreis |
Hauptstädte/ Residenzen | Brüssel (Statthalterei) |
Dynastien | Habsburg (Spanische Linie) |
Aufgegangen in | Republik der Sieben Vereinigten Provinzen 1648 Österreichische Niederlande 1714 |
Ära Karls V. (1515/1522 bis 1556)
Die Übernahme der Burgundischen Niederlande in die Hoheit des Königreichs Spanien datiert im Erbteilungsvertrag von Brüssel 1522 zwischen Kaiser Karl V. und seinem Bruder Ferdinand (später als Ferdinand I. ebenfalls Kaiser), der das Haus Habsburg in die Österreichische und Spanische Linie zerfallen ließ.[1] Nach der Abdankung Karls im Jahr 1556 fielen diese Länder endgültig formal an die Spanische Krone. Die Verwaltung wurde aber durchaus geteilt, weil das Gebiet im Heiligen Römischen Reich lag. Nach 1500 war von Maximilian I. für das Valois-Burgundische Erbe der Burgundische Reichskreis gegründet worden. Fremdherrschaften waren innerhalb der Grenzen des Heiligen Römischen Reiches jedoch nicht gerne gesehen, so dass österreichische Habsburger zeitweise die Statthalterei übernahmen.
Karls Herrschaft war die Blütezeit der Niederlande. Er erwarb Overijssel und die Utrechter Stiftslande (1517), kaufte Albrechts Sohn Georg von Sachsen seine Rechte auf Friesland ab und erlangte 1538 auch Groningen und 1543 Gelderland zurück, so dass er die 17 Provinzen Brabant, Limburg, Luxemburg, Gelderland, Flandern, Artois, Hennegau, Holland, Zeeland, Namur, Zütphen, Ost- und Westfriesland, Mechelen, Utrecht, Overyssel und Groningen unter seinem Zepter vereinigte.
Karl, in Gent geboren, galt den Niederländern als ihr Landsmann und ließ sich auch gern so nennen. In seinem Weltreich konnten die Niederländer ungehindert Handel treiben und rissen einen großen Teil des Weltverkehrs an sich, als dessen Mittelpunkt Antwerpen gelten konnte. Neben Handel und Gewerbe blühten auch Ackerbau, Viehzucht und Fischerei, Künste und Wissenschaften. Auch die politische Verschmelzung machte Fortschritte: In Mechelen wurde ein oberstes Tribunal sowie eine Rechenkammer für die Niederlande errichtet. Nachdem Artois und Flandern von der französischen Oberlehnshoheit befreit und die nordöstlichen Provinzen vom westfälischen Kreis losgelöst worden waren, erhob Karl durch den Augsburger Vertrag 1548 die 17 Provinzen zu einer staatsrechtlichen Einheit, dem nur lose mit dem deutschen Reich verbundenen Burgundischen Kreis, der nach der Pragmatischen Sanktion von 1549 immer vereinigt und von einem Fürsten beherrscht sein sollte. Dabei wahrte Karl seine fürstlichen Rechte mit Entschiedenheit und schritt gegen trotzigen Widerstand mit Strenge ein. 1540 unterwarf er gewaltsam seine Geburtsstadt Gent. Die protestantische Bewegung suchte er durch Verfolgung von den Niederlanden abzuhalten. Ungeheure Summen (für einen Krieg 40 Millionen Dukaten) zog er aus den Bewilligungen der Generalstaaten.
Achtzigjähriger Krieg (1568 bis 1648), Selbständigkeit der Niederlande
Der durch Despotismus und kirchlichen Verfolgungseifer seines Nachfolgers Philipp II. hervorgerufene Achtzigjährige Krieg führte nach vergeblichen Versuchen, die politische Einheit der nördlichen und der südlichen der Siebzehn Provinzen aufrechtzuerhalten, eine Trennung herbei. Die sieben nördlichen Provinzen konstituierten sich durch die Utrechter Union (Januar 1579) als protestantische Republik, die sich 1581 als Republik der Sieben Vereinigten Provinzen endgültig für unabhängig erklärte.[2] Die Herrschaft der Spanier über den Süden, der zum Teil katholisch geblieben war, wurde dabei durch die Eroberung Antwerpens (17. August 1585) und die Gegenreformation auf Dauer gefestigt.
Kurzzeitig selbständig waren die Spanischen Niederlande zwischen 1598 und 1621, nachdem Philipp II. das Land an seine Tochter Isabella Clara Eugenia und deren Gemahl Albrecht VII. von Österreich abgetreten hatte. Durch seine Kunstsinnigkeit und seine tolerante Politik trug das Paar nicht unwesentlich dazu bei, die Einwohner der südlichen Niederlande für die spanische Herrschaft zu gewinnen. Nach dem Tod des kinderlosen Albrecht fiel das Land allerdings vertragsgemäß wieder an Spanien.
In dem fast ununterbrochenen Krieg Spaniens mit den Niederlanden gelang weder ersterem die Wiederunterwerfung der abgefallenen Provinzen, noch letzteren die Befreiung der spanisch gebliebenen. Nur Teile von Flandern, Brabant, Geldern und Limburg fielen als die sogenannten Generalitätslande an die Republik der Niederlande, als im Westfälischen Frieden 1648 die Spanischen Niederlande endgültig von der Republik getrennt wurden. Diese verbliebenen südlichen Niederlande sind der Vorläuferstaat des heutigen Belgien.
Eroberungskriege Ludwigs XIV. (1654 bis 1697)
Spanien konnte die Schließung der Schelde durch die Holländer nicht verhindern, was die Hafenstadt Antwerpen und damit den Süden vom Seehandel vollständig aussperrte. In den Eroberungskriegen Frankreichs unter Ludwig XIV. dienten die Spanischen Niederlande dem spanischen Mutterland fast immer als Kriegsschauplatz und Entschädigungsobjekt. Im Pyrenäenfrieden (1659) trat Spanien unter anderem die Grafschaft Artois, Gravelines, Landrecy, Thionville, Le Quesnoy und Montmédy an Frankreich ab. Die im Devolutionskrieg von den Franzosen gemachten Eroberungen trennten unter anderem Lille, Charleroi, Oudenaarde und Kortrijk ab. Während diese Gebiete zwar im Nimwegener Frieden (1679) teils wieder an die Spanischen Niederlande zurückfielen, mussten andere Gebietseinbußen (beispielsweise Valenciennes, Nieuwpoort, Cambrai, Saint-Omer, Ypern und Charlemont) hingenommen werden, die im Frieden von Rijswijk von 1697 nur teilweise kompensiert werden konnten.
Spanischer Erbfolgekrieg (1701 bis 1714)
Durch die Friedensschlüsse von Utrecht und Rastatt (1713 und 1714), die dem auch auf niederländischem Gebiet ausgefochtenen Spanischen Erbfolgekrieg ein Ende machten, fielen die südlichen Niederlande an Österreich und hießen fortan Österreichische Niederlande.
Literatur
- Wolfgang Alt: Sprache und Macht: Das Spanische in den Niederlanden unter Philipp II. bis zur Eroberung Antwerpens (1555–1585). Diss. phil. Trier, 2005 (online, pdf; Das Einleitungs-Kapitel in span. Sprache, 27 S., pdf, 2010)
Einzelnachweise
- Ferdinand Seibt: Karl V. Der Kaiser und die Reformation. Siedler, Berlin 1990, ISBN 3-88680-338-4, S. 82.
- Horst Lademacher: Geschichte der Niederlande. Politik – Verfassung – Wirtschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1983, ISBN 3-534-07082-8, S. 76.