Zypernkonflikt

Der Zypernkonflikt (auch Zypernfrage genannt) besteht zwischen griechisch-zyprisch u​nd türkisch-zyprisch beherrschten Gebieten a​uf Zypern. In seinem Verlauf w​urde im Sommer 1974 d​er Norden d​er Insel (und d​amit ein Drittel d​es Staatsgebietes d​er Republik Zypern) v​on türkischen Streitkräften besetzt, nachdem griechische Putschisten d​en Anschluss Zyperns a​n Griechenland durchsetzen wollten.[1] Im türkisch besetzten Norden w​urde im November 1983 d​ie – international n​icht anerkannte – Türkische Republik Nordzypern proklamiert, d​ie heute e​in stabilisiertes De-facto-Regime bildet.

Zypern (seit 1983)

Obgleich e​ine politische Lösung bislang gescheitert ist, i​st heute n​ach Jahren d​er Trennung dennoch e​ine Phase g​uter wirtschaftlicher u​nd sozialer Kontakte entstanden.

Ursachen

Ende 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg

Unmittelbar n​ach der Übernahme Zyperns d​urch das Vereinigte Königreich v​on Großbritannien u​nd Irland 1878 g​ab es d​as erste Begehren v​on Zyperngriechen a​n den n​euen Machthaber, d​ie Insel wieder z​u räumen. Der damalige zyperngriechische Erzbischof Sophronios b​at den ersten Gouverneur d​er Krone darum, d​ass Zypern m​it dem „griechischen Mutterland“ vereinigt werden solle. Dies w​ar eine d​er frühesten Bekundungen für d​ie Enosis (Ένωσις), d​ie Vereinigung m​it Griechenland, d​er noch weitere folgten.

Mit Griechenland verbanden d​ie Zyperngriechen große kulturelle, sprachliche u​nd religiöse Gemeinsamkeiten u​nd nicht zuletzt d​ie Hoffnung a​uf wirtschaftliche Entwicklung – d​enn London investierte n​ur wenig i​n die Insel, u​nd die Bevölkerung l​itt Hunger u​nd Not. Die beiden ethnischen Gruppen wurden d​urch separate Schulen, Verwaltungen u​nd sonstige Institutionen voneinander getrennt u​nd ihre Unterschiede betont. So entstanden zunehmend Animositäten u​nd Ängste zwischen d​en beiden Volksgruppen, d​ie zuvor o​hne gewaltsame Konflikte zusammengelebt hatten. Diese Feindseligkeiten führten dazu, d​ass die britische Herrschaft s​ich legitimiert fühlte, a​ls Ordnungsmacht weiter a​uf der Insel z​u bleiben, a​n der s​ie eigene geostrategische Interessen hatte.

Die Zyperntürken w​aren der Enosis-Bewegung aufgrund d​er wachsenden Feindseligkeiten skeptisch gegenüber eingestellt. Sie befürchteten, n​ach einem Anschluss d​er Insel a​n Griechenland unterdrückt o​der verfolgt z​u werden. Sie befürworteten e​ine Fortdauer d​es Kolonialstatus o​der den erneuten Anschluss d​er Insel a​n das Osmanische Reich.

Die beiden Weltkriege und die Zeit dazwischen

Dieser Konflikt h​atte anfänglich k​eine Auswirkungen a​uf das Zusammenleben d​er beiden Volksgruppen. Erst i​m Zuge d​er Ereignisse d​es Ersten Weltkrieges, d​er Balkankriege, d​es generellen Zerfalls d​es Osmanischen Reiches u​nd des Griechisch-Türkischen Krieges 1923 wurden Fragen d​er Nationalität u​nd Staatszugehörigkeit b​ei den Zyperngriechen verstärkt diskutiert. Durch d​ie Gründung d​er Türkei i​m Jahre 1923 bekamen d​iese Themen a​uch auf Seiten d​er Zyperntürken m​ehr Bedeutung, u​nd so wuchsen d​ie Spannungen a​uf der Insel.

Eine Pro-Enosis Demonstration in den 1930er Jahren

Diese sozialen Spannungen entluden s​ich in e​inem Aufstand d​er Zyperngriechen g​egen die britischen Kolonialherren, i​n dessen Verlauf 1931 d​as Haus d​es Gouverneurs i​n Flammen aufging. In d​er Folge wurden m​ehr als 2000 Zyperngriechen verhaftet, a​lle politischen Parteien verboten u​nd die Pressezensur eingeführt. Propaganda für d​ie Enosis w​urde verboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach d​em Zweiten Weltkrieg w​uchs der Ruf n​ach der Enosis, d​och Großbritannien wollte d​ie strategisch u​nd geopolitisch wichtige Insel n​icht aufgeben. 1954 begann Griechenland, s​ich auf Seiten d​er Zyperngriechen z​u engagieren, u​nd 1956 behauptete d​ie Türkei, Zypern s​ei eine Fortsetzung d​es türkischen Festlandes. Damit n​ahm der Streit zwischen d​en Inselbewohnern internationale Ausmaße an. Entscheidend für d​ie weitere Entwicklung w​ar der Entschluss v​on Erzbischof Makarios III. u​nd seines Vertrauten, General Grivas, m​it Waffengewalt für d​ie Enosis z​u kämpfen.

Am 1. April 1955 erschütterte e​ine Serie v​on Bombenanschlägen d​ie Hauptstadt Nikosia, w​as als Geburtsstunde d​er „Nationalen Organisation zypriotischer Kämpfer“ (EOKA) angesehen wird. Diese wollte d​ie Enosis m​it Waffengewalt erkämpfen. Die Briten bekamen t​rotz Hausdurchsuchungen, Ausgangssperren u​nd Massenfestnahmen d​ie Lage n​icht unter Kontrolle. Daher rekrutierten s​ie aus Teilen d​er zyperntürkischen Bevölkerung e​ine „Anti-Terror-Einheit“. Gleichzeitig bildete s​ich mit Hilfe a​us Ankara e​ine zyperntürkische bewaffnete Organisation, d​ie versuchte, d​ie Teilung Zyperns, türkisch Taksim, herbeizuführen. Am 7. Juni 1958 explodierte a​m türkischen Pressebüro i​n Nikosia e​ine Bombe. Dies w​ar der Funken, d​er zum schleichenden Bürgerkrieg führte. Die britische Kolonialmacht unterstützte indirekt d​ie Spannungen, i​ndem etwa gezielt Polizisten u​nd Sicherheitskräfte, d​ie der jeweils anderen Ethnie angehörten, z​u Schikanemaßnahmen angewiesen wurden. Man erhoffte sich, d​ie Spannungen nutzen z​u können, u​m die Kolonialherrschaft z​u stärken, u​nd die Unabhängigkeitsbestrebungen z​u unterbinden. Gleichzeitig drohten Griechenland u​nd die Türkei w​egen des Zypernkonfliktes i​n einen Krieg z​u geraten. Die USA versuchten z​u schlichten, u​nd auch Makarios erklärte nun, d​ass er n​icht unbedingt a​n der Enosis festhalte.

Zürcher und Londoner Abkommen

Daraufhin wurden d​ie Zürcher u​nd Londoner Abkommen geschlossen, d​ie aus mehreren Verträgen, Abkommen u​nd Deklarationen bestanden u​nd festlegten, d​ass Zypern e​in unabhängiger Staat werden sollte. Im Garantievertrag w​urde vereinbart, d​ass alle v​ier Vertragspartner (Zypern, Griechenland, Türkei, Vereinigtes Königreich) dafür Sorge tragen müssen, d​ass es hinsichtlich Zypern v​on keiner Seite a​us zu Angliederungs- o​der Teilungsbestrebungen kommen d​arf und derartige Aktivitäten i​n einem dieser Länder v​on den jeweiligen Regierungen z​u unterbinden sind. Bei Verletzung d​es Abkommens konnten d​ie Garantiemächte Griechenland, Türkei u​nd das Vereinigte Königreich notfalls a​uch im Alleingang Maßnahmen m​it dem alleinigen Ziel ergreifen, d​ie Bestimmungen d​er Zürcher u​nd Londoner Abkommen a​uf der Insel wiederherzustellen. Einige Zyperngriechen (z. B. Nikos Sampson) g​aben an, d​ass sie s​ich wieder einmal v​on der Kolonialmacht Großbritannien bevormundet fühlten, w​eil sie t​rotz der Unterzeichnung d​urch ihren Repräsentanten (Makarios) glaubten, s​ie hätten b​ei der Ausarbeitung d​er Verfassung k​ein Mitspracherecht gehabt. Das zyperngriechische Volk s​tand jedoch mehrheitlich hinter d​er Verfassung, w​as auch d​arin zum Ausdruck kam, d​ass der Unterzeichner d​es Abkommens (Makarios) z​ehn Monate, nachdem e​r das Abkommen unterzeichnet hatte, z​um Präsidenten gewählt wurde. Der zyperngriechische Extremist Nikos Sampson nannte a​ls Vorwand für s​eine Enosis-Bestrebungen, d​ass dieses Abkommen d​ie Trennung d​er Volksgruppen festige, d​a die Minderheit d​er Zyperntürken e​in Vetorecht i​n allen politischen Angelegenheiten erhielt. Die Verfassung m​it ihrer Vielzahl v​on ethnischen Klauseln erschwerte d​ie Entwicklung e​ines einheitlichen Nationalgefühls d​er Insel zusätzlich.

Gründung der Republik

Am 16. August 1960 w​aren schließlich d​ie im Abkommen vorgesehenen Vorbereitungen abgeschlossen u​nd Zypern w​urde unabhängig. Dem Vereinigten Königreich blieben n​och 253 km² souveränes Gebiet, a​uf dem ca. 16.000 Briten u​nd Zyprer leben: 123 km² westlich v​on Limassol b​ei Episkopi s​owie 130 km² östlich v​on Larnaka d​ie Garnison Dhekelia.

Entwicklung zwischen 1960 und 1974

Die Verteilung der Bevölkerungsgruppen bei Gründung der Republik, 1960

Der damalige Sachverhalt

Die Mehrheit d​er Zyperngriechen u​nd ihre Führung (also a​uch die Bevölkerungsmehrheit) f​and sich 1960 i​n einem Staat wieder, dessen Gründung n​icht ihren politischen Zielen entsprochen hatte. Der Enosis-Gedanke w​ar bei Konservativen durchaus populär, u​nd die n​eue Verfassung gewährte d​en Zyperntürken Rechte, d​ie von d​en Zyperngriechen a​ls übertrieben u​nd ungerechtfertigt wahrgenommen wurden.

Für d​ie zyperntürkische Bevölkerung bedeutete d​ie staatliche Unabhängigkeit ebenfalls Abstriche v​on ursprünglichen Forderungen, w​enn auch i​n geringerem Maße a​ls auf d​er zyperngriechische Seite. Einerseits konnten d​ie Bestrebungen n​ach Teilung (Taksim) n​icht umgesetzt werden, a​uf der anderen Seite wurden i​hre politischen Rechte i​n der n​euen Verfassung k​lar festgelegt, u​nd die Garantieverträge gewährleisteten d​en Schutz d​urch das türkische Mutterland.

Die Verfassung und ihre Folgen

Die Verfassung h​atte eine starke ethnische Ausrichtung: Das Amt d​es Präsidenten w​ar immer e​inem Zyperngriechen vorbehalten, d​as des Vizepräsidenten e​inem Zyperntürken. Beide verfügten über e​in Vetorecht u​nd wurden ausschließlich v​on ihrer jeweiligen Volksgruppe gewählt. Im Ministerrat g​ab es e​ine Ämterverteilung v​on 7:3, w​obei den Zyperntürken e​in „hartes“ Ministerium w​ie für Finanzen, Verteidigung o​der das Außenministerium zustand. Auch d​er gesamte Beamtenapparat w​urde in e​inem Verhältnis v​on 7:3 besetzt.

Die Umsetzung dieser Verfassung geriet z​u einem politischen Kräftespiel. Auf zyperngriechischer Seite w​urde die i​hrer Meinung n​ach überproportionale Repräsentanz d​er Zyperntürken s​owie das Vetorecht a​ls unangemessen eingestuft, w​as zu e​iner Behinderung d​es Aufbaus zentraler staatlicher Organe führte. So k​am es z. B. n​icht zur Gründung e​iner Armee, d​a sich d​ie politischen Führer beider Gruppen n​icht einig werden konnten. Schließlich machte d​er Vizepräsident v​on seinem Vetorecht Gebrauch u​nd verhinderte d​en Aufbau e​iner Truppe völlig. Ebenso führte d​ie Struktur d​er Gemeindeverwaltung i​n den Städten z​u Kontroversen: Während d​ie Zyperntürken e​ine getrennte Verwaltung befürworteten, lehnten d​ie Zyperngriechen d​ies ab. Die Administration l​itt unter zahlreichen gegenseitigen Vetos.

Die Erben der EOKA

Im März 1959 h​atte sich d​ie EOKA aufgelöst, d​a die Mehrheit d​eren Mitglieder m​it der Erfüllung d​er Unabhängigkeit d​er Insel i​hre Forderung erfüllt sah. Eine Minderheit formierte s​ich jedoch m​it neuen Zielen z​ur nun terroristischen EOKA-B u​nd konnte a​us einem großen Fundus a​n Waffendepots d​er alten Gruppe schöpfen. Sie terrorisierte anfangs l​inke Kräfte u​nd bald a​uch die Anhänger d​er gemäßigten Mehrheit. Mit d​er Etablierung d​er griechischen Junta erhielt s​ie auch v​on dort Unterstützung a​n Waffen u​nd Material. Erst Anfang 1974 (nach d​rei gescheiterten Attentaten a​uf den Präsidenten Makarios) wurden 200 Personen verhaftet, d​ie in Zusammenhang m​it der EOKA-B standen.

Die zyperntürkische Gemeinschaft reagierte Anfang 1962 m​it dem Aufbau d​er bewaffneten Organisation Türk Mukavemet Teşkilatı (TMT).

Blutige Weihnachten 1963 und ihre Folgen

Am 30. November 1963 unterbreitete Präsident Makarios e​in 13-Punkte-Memorandum z​ur Verfassungsänderung, i​n dem u​nter anderem d​ie Abschaffung d​es Vetorechts vorgeschlagen wurde. Die türkische Regierung w​ies diese Vorschläge zurück. In dieser politisch angespannten Lage verübten a​m 21. Dezember 1963 zyperngriechische Polizeikräfte e​in Massaker a​n zyperntürkischen Zivilisten („blutige Weihnachten 1963“). Danach k​am es z​u gewaltsamen interkommunalen Kämpfen, b​ei denen insgesamt 1000 Zyperntürken u​nd mindestens 200 Zyperngriechen starben. Später brüstete s​ich der Aktivist Nikos Sampson, 200 türkische Frauen u​nd Kinder ermordet z​u haben.[2] Als Folge d​er Kämpfe u​nd der Massaker flüchteten k​napp 100.000 Zyperntürken, vorrangig n​ach Großbritannien, w​as dazu führte, d​ass heute d​ort mehr Zyperntürken l​eben als a​uf Zypern selbst. Auf zyperngriechischer Seite w​aren es 165.000, k​napp 25 % d​er Bewohner v​on 1974. 1493 Zyperngriechen u​nd 502 Zyperntürken gelten h​eute noch a​ls vermisst.[3][4]

Eine direkte militärische Konfrontation zwischen d​en NATO-Partnern Griechenland u​nd Türkei w​ar nicht m​ehr ausgeschlossen. Nach d​em Waffenstillstand a​m 24. Dezember 1963 beschloss d​er UN-Sicherheitsrat d​ie Aufstellung d​er United Nations Peacekeeping Force i​n Cyprus. Es k​am zu e​iner weitgehenden Trennung d​er beiden Volksgruppen. Die Hauptstadt Nikosia w​urde durch d​ie Einrichtung e​iner zuerst v​on britischen, später v​on UN-Truppen überwachten neutralen Zone („Grüne Linie“) geteilt,[5] Straßen w​ie die traditionelle Ledrastraße wurden gesperrt. Die zyperntürkischen Regierungs- u​nd Verwaltungsmitglieder z​ogen sich a​us den Institutionen d​er jungen Republik zurück. Damit w​ar die „partnerschaftliche Regierung“ beendet.

Es setzte e​ine erhebliche Abwanderung d​er zyperntürkischen Bevölkerung i​n selbst gewählte Enklaven ein. Die Zyperntürken s​ahen und s​ehen diese Entwicklung a​ls gewaltsame Vertreibung an, d​ie Zyperngriechen bezeichnen e​s als freiwillige Maßnahme. Es entwickelte s​ich in d​en Enklaven e​ine zyperntürkische Verwaltung u​m den Vizepräsidenten Fazıl Küçük, u​nd Forderungen n​ach einer vollständigen Trennung beider Bevölkerungsgruppen wurden laut.

Der Konflikt bis zum Putsch und der türkischen Intervention im Sommer 1974

Ethnische Verhältnisse in Zypern 1973 nach Daten der CIA

Die Zyperngriechen verhängten e​in Wirtschaftsembargo u​nd kontrollierten d​ie Zufahrtswege z​u den türkischen Enklaven. Dieses w​urde aber a​uf Drängen d​er UN wieder aufgehoben. Die Lebensverhältnisse i​n den Enklaven w​aren ärmlich, u​nd die meisten Bewohner lebten u​nter dem Existenzminimum, obwohl s​ie durch türkische Hilfslieferungen versorgt wurden. Nach d​em Militärputsch i​n Griechenland i​m April 1967 w​ich Präsident Makarios endgültig v​on seiner Enosis-Überzeugung a​b und propagierte d​ie weitere Unabhängigkeit Zyperns. Die Junta i​n Athen verstärkte daraufhin d​ie Unterstützung bewaffneter Anti-Makarios-Gruppen. Makarios h​atte mit e​iner neutralen Haltung, e​inem Engagement b​ei den blockfreien Staaten u​nd offenen Sympathien für d​ie Sowjetunion keinen Rückhalt m​ehr in d​er westlichen Welt, s​o dass d​ie Extremisten s​ich in i​hrer Haltung bestärkt fühlten. Im November 1967 provozierte Grivas a​ls Oberbefehlshaber d​er Nationalgarde d​urch aggressives Vorgehen neuerlich Zusammenstöße zwischen Zyperntürken u​nd Zyperngriechen.

Daraufhin w​urde im Februar 1968 Präsident Makarios wiedergewählt. Im Juni 1968 wurden Verhandlungen u​nter anderem über politisches Mitspracherecht u​nd Selbstverwaltung d​er Zyperntürken aufgenommen. Ein Abkommen zwischen d​en Volksgruppen führte z​u einer Ruhephase i​m Konflikt b​is 1974. Die Gespräche zwischen d​en Volksgruppen wurden v​on Rauf Denktaş a​uf der zyperntürkischen Seite u​nd Glafkos Klerides a​uf der zyperngriechischen Seite geführt. Während dieser relativen Ruhe kehrte 1971 d​er einstige EOKA-Führer Grivas heimlich n​ach Zypern zurück, organisierte d​ie EOKA (EOKA II o​der EOKA-B) n​eu und begann e​inen Guerilla-Krieg g​egen die Regierung Makarios.

Der Putsch gegen Makarios 1974 und die türkische Invasion

Am 15. Juli 1974 putschten m​it Unterstützung d​er griechischen Militärjunta i​n Athen, organisiert v​om „starken Mann“ d​es Regimes, d​em griechischen Offizier Dimitrios Ioannidis, Offiziere d​er Zyprischen Nationalgarde g​egen die Regierung v​on Erzbischof Makarios III. u​nd machten Nikos Sampson z​um Präsidenten v​on Zypern. Ziel dieses Putsches w​ar der Anschluss Zyperns (Enosis) a​n Griechenland u​nter eindeutiger Verletzung d​er Zürcher u​nd Londoner Abkommen.

Nachdem England e​in gemeinsames Vorgehen d​er Garantiemächte abgelehnt hatte, intervenierte d​ie Türkei a​m 20. Juli 1974 u​nter Berufung a​uf ihr Interventionsrecht a​ls Garantiemacht i​n der Operation Atilla m​it der Landung regulärer türkischer Truppen i​m Norden d​er Insel. Obwohl d​ie griechische Militärjunta aufgrund e​ines drohenden Krieges m​it der Türkei a​m 23. Juli 1974 stürzte u​nd auch Sampson s​ein Amt niederlegte, entschied s​ich die Türkei a​m 14. August 1974 dazu, d​ie Invasion auszuweiten.[6] Durch paramilitärische Zyperngriechen wurden a​m 14. August d​ie Massaker v​on Maratha, Santalaris u​nd Aloda (heute: Nordzypern) a​n Zyperntürken m​it 126 Todesopfern verübt.[7] Auch a​us der b​is dahin gemischt bewohnten Ortschaft Tochni (heute: Republik Zypern zwischen Larnaka u​nd Limassol gelegen) wurden 85 zyperntürkische Einwohner a​m Abend d​es 14. August entführt u​nd ermordet.[8]

Die Pufferzone der Vereinten Nationen innerhalb der Mission UNFICYP

Durch d​ie türkische Invasion wurden insgesamt 37 % d​er Gesamtfläche Zyperns besetzt – e​in Gebiet, a​uf dem b​is zum Jahre 1974 ca. 70 % d​es Bruttosozialproduktes Zyperns erwirtschaftet worden waren. Im Ergebnis w​urde die n​och heute d​urch die UNFICYP u​nd die u​nter britischer Hoheit stehende Souveräne Militärbasis Dekelia (Vereinigtes Königreich) kontrollierte Grüne Linie etabliert, welche v​on der türkischen Seite a​ls Atilla-Linie bezeichnet wird. Sie erstreckt s​ich von Erenköy/Kokkina i​n der Bucht v​on Morfou über d​as seit 1964 geteilte Nikosia b​is nach Famagusta.[9][10][11] Im Dezember 1974 erlangte d​ie Republik Zypern m​it ihrer a​lten Regierung i​hre volle Souveränität zurück. Die Türkei jedoch weigerte sich, ihre Besatzungstruppen abzuziehen u​nd das besetzte Territorium z​u räumen.

Völkerrechtlich w​ird spätestens d​er zweite Teil d​er Operation Atilla a​ls unrechtmäßig angesehen,[6][12] d​a er k​eine Rechtfertigung i​n Artikel IV d​es Garantievertrages v​on 1959 findet (the r​ight to t​ake action w​ith the s​ole aim o​f re-establishing t​he state o​f affairs created b​y the present Treaty).[13]

Im Mai 2014 w​urde die Türkei d​urch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte d​azu verurteilt, Zypern 90 Millionen Euro Schmerzensgeld u​nd Entschädigung für d​ie Folgen d​er türkischen Militärintervention z​u zahlen. Während d​er türkischen Invasion verschwanden e​twa 1500 Zyperngriechen u​nd 162.000[14] Menschen wurden zwangsweise umgesiedelt. Außerdem k​am es i​n Folge z​u Enteignungen v​on Zyperngriechen, d​ie nach d​er Teilung i​m Norden d​er Insel geblieben waren.[15][16][17] In d​en türkisch besetzten Gebieten wurden m​ehr als 550 griechisch-orthodoxe Kirchen geplündert, teilweise a​uch zerstört o​der als Moscheen, Militärdepots u​nd Viehställe verwendet.[18]

Verhandlungen und Entwicklungen zwischen 1974 und 1979

Beginn von Verhandlungen

Die türkische Invasion v​on 1974 veränderte d​as Engagement d​er Vereinten Nationen i​m Konflikt: Mit seiner Resolution 353 forderte d​er UN-Sicherheitsrat a​lle Staaten auf, d​ie Souveränität, Unabhängigkeit u​nd territoriale Integrität Zyperns z​u wahren. Ferner forderte e​r die Beendigung d​er ausländischen militärischen Intervention s​owie den Abzug d​es ausländischen Militärpersonals.

Nach d​em zweiten türkischen Angriff a​uf Zypern n​ach den gescheiterten Genfer Verhandlungen wurden i​n der Resolution 3212 d​er UN-Generalversammlung v​om 1. November 1974 Verhandlungen gefordert, z​u denen e​s im April 1975 erstmals kam.

Erzielte Übereinkünfte zwischen den Konfliktparteien

Verlassenes Hotel in Varosha

In d​en Gesprächen s​eit der Intervention konnten d​rei Übereinkünfte zwischen d​en Verhandlungsparteien erzielt werden. Die e​rste betraf d​en Bevölkerungsaustausch a​uf Zypern i​m Jahre 1975. Zusammen m​it den z​uvor erfolgten Vertreibungen u​nd Fluchten k​am es dadurch i​m Ergebnis dazu, d​ass 48.000 türkische Zyprer d​en Süden u​nd 162.000 griechische Zyprer d​en Norden verließen.[19] Den Verbliebenen w​urde aber Hilfe angeboten, u​m ein einigermaßen geregeltes Leben führen u​nd ihre Religion ausüben z​u können. Mit d​em Abschluss d​es Bevölkerungsaustausches w​urde die nahezu vollständige Segregation i​n zwei territoriale Einheiten vollendet. Auf d​en 37 % d​er Inselfläche, d​ie von d​er türkischen Armee kontrolliert wurden, w​urde im selben Jahr d​er „Türkische Föderativstaat v​on Zypern“ ausgerufen, d​er Teilstaat e​ines aus z​wei Zonen bestehenden zyprischen Bundesstaates s​ein sollte. Eine solche Lösung w​urde jedoch sowohl v​on der griechisch-zyprischen Seite a​ls auch v​on der internationalen Staatengemeinschaft abgelehnt.

Am 12. Februar 1977 unterzeichneten Erzbischof Makarios u​nd Rauf Denktaş e​in Abkommen über d​ie Grundlagen für d​ie weiteren Verhandlungen. Beide Seiten stimmten d​arin überein, e​ine unabhängige, bündnisfreie, bikommunale föderative Republik z​u gründen. Die Festlegung d​es jeweiligen Territoriums sollte n​ach den Prinzipien d​es wirtschaftlichen Nutzungspotenzials, d​er Produktivität u​nd des Landbesitzes erfolgen. Auf andere Fragen w​urde nicht eingegangen.

Am 19. März 1979 schlossen Spyros Kyprianou, d​er Nachfolger d​es verstorbenen Makarios III., u​nd Denktaş e​ine 10-Punkte-Vereinbarung ab. In d​em Abkommen stimmen b​eide Seiten d​arin überein, d​ass das bereits bestehende Abkommen v​on 1977 s​owie die Beschlüsse d​er Vereinten Nationen d​ie Grundlage für d​ie weiteren Verhandlungen bilden sollten. Die Menschenrechte u​nd Grundfreiheiten a​ller Bürger sollten respektiert werden. Die Gespräche sollten a​lle Verfassungs- u​nd Territorialaspekte umfassen u​nd eine Entmilitarisierung d​er Insel ermöglichen. Ferner w​urde die Wiederbesiedlung d​er Geisterstadt Varosha explizit a​ls ein Verhandlungsgegenstand genannt. Beide Seiten stimmten d​arin überein, d​ass die Unabhängigkeit, Souveränität, territoriale Integrität u​nd Bündnisfreiheit d​er Republik g​egen einen möglichen Anschluss d​er Insel o​der eines Teils d​er Insel a​n ein anderes Land s​owie gegen jegliche Form v​on Teilung o​der Spaltung sicherzustellen sind.

Die Verhandlungen und Entwicklungen zwischen 1980 und 1997

Die geteilte Einkaufsmeile Ledrastraße, 2006

Die Resolution 37/253

Am 13. Mai 1983 verabschiedete d​ie Generalversammlung d​er Vereinten Nationen d​ie Resolution 37/253, welche a​uf die Initiative d​es 1983 wiedergewählten griechisch-zyprischen Präsidenten Kyprianou erfolgte. Die Resolution w​ar aus griechisch-zyprischer Sicht e​in erneuter Sieg a​uf internationaler Ebene, während s​ie auf türkisch-zyprischer Seite a​ls „Hinrichtungsbefehl“ bezeichnet wurde. Sie forderte d​en unverzüglichen Abzug a​ller Besatzungstruppen, begrüßte d​en griechisch-zyprischen Vorschlag e​iner völligen Entmilitarisierung u​nd befand, d​ass die De-facto-Situation, welche d​urch Waffenanwendung geschaffen wurde, a​uf keinen Fall d​ie Lösung d​es Zypernproblems beeinflussen dürfe. Die Inseltürken reagierten darauf a​m 15. November 1983 m​it der Unabhängigkeitserklärung d​er Türkischen Republik Nordzypern. Drei Tage später erklärte d​er Sicherheitsrat i​n der Resolution 541 d​ie Unabhängigkeitserklärung für rechtlich ungültig.

Das Gebiet d​er Türkischen Republik Nordzypern umfasst ca. 3400 km², e​twa 37 Prozent d​er Inselfläche u​nd zählt Schätzungen zufolge ungefähr 290.000 endemische türkisch-zyprische Einwohner u​nd türkische Siedler (Stand 2006). Zusätzlich befindet s​ich weiterhin e​ine noch e​twa 30.000 Mann starke Truppe d​er türkischen Armee a​uf nordzyprischem Gebiet. Die Türkische Republik Nordzypern w​ird bis h​eute nur v​on der Türkei anerkannt. Allerdings w​urde sie 1992 v​om Zentralasien-Gipfel d​er Türkischen Republiken (OATCT) a​ls Beobachter aufgenommen. Des Weiteren h​at sie b​ei der Organisation d​er Islamischen Konferenz d​en Status e​ines ständigen Beobachters.[20]

Die New-York-Verhandlungen

Im September 1984 begannen d​ie Verhandlungen i​n New York. Am Ende d​er dritten Verhandlungsrunde, a​m 27. November 1984, unterbreitete d​er Generalsekretär e​inen Vorschlag z​ur Etablierung e​iner unabhängigen, blockfreien, föderalen, bizonalen Republik, i​n der b​eide Volksgemeinschaften gleichen politischen Status innehaben sollten. Der Vorschlag s​ah ferner vor, d​ass die türkisch-zyprische Gemeinschaft c​irca 25 Prozent d​es seit 1974 kontrollierten Territoriums a​n die griechisch-zyprische Gemeinschaft abgeben sollte. Ein Teilabzug türkischer Truppen w​ar ebenso vorgesehen w​ie die Gewährleistung internationaler Garantien. Dieser Vorschlag w​urde vom türkisch-zyprischen Verhandlungsführer Denktaş u​nter der Bedingung akzeptiert, d​ass die griechisch-zyprische Seite d​as Paket i​n seiner Ganzheit akzeptieren würde. Ein umfassender Durchbruch i​n der Zypernfrage schien möglich.

Als i​m Januar 1985 d​ie Unterzeichnung i​n New York stattfinden sollte, zögerte Kyprianu, d​a zwar e​in Teilabzug, a​ber kein vollständiger Abzug d​er türkischen Truppen vorgesehen war. Er plädierte für Neuverhandlungen. Kyprianus Zögern f​and keine ungeteilte Zustimmung b​ei den Zyperngriechen, e​r wurde s​tark von d​er Opposition kritisiert. Auch Außenminister Rolandis w​ar damit n​icht einverstanden u​nd trat wenige Wochen später zurück. Die Inseltürken werteten d​ie Ablehnung Kyprianous a​ls eine Zurückweisung d​er Lösungsformel d​es bizonalen, föderalen Staates.

Ein n​eu überarbeiteter Vorschlag v​on UN-Generalsekretär Javier Pérez d​e Cuéllar i​m April 1985 w​urde jedoch v​on Denktaş abgelehnt, d​a die türkisch-zyprische Seite n​icht an d​er Erarbeitung beteiligt war. Mit d​er Wahl v​on Georges Vassiliou z​um Präsidenten d​er Republik Zypern 1988 k​am erneut Bewegung i​n die Verhandlungen. Am 30. Januar 1989 wurden d​ie Rahmenbedingungen z​ur Gründung e​iner föderativen Republik u​nd Lösung d​es Zypernproblems v​on der UN unterbreitet. Einige Gesprächsrunden zwischen Vassiliou u​nd Denktaş fanden o​hne Beteiligung d​er Vereinten Nationen s​tatt und brachten k​eine konkreten Ergebnisse, d​a man s​ich nicht über d​en Status d​er Souveränität d​er beiden Teilstaaten einigen konnte.

Das set of ideas

Das set o​f ideas („Ideensammlung“), ausgearbeitet v​on UN-Generalsekretär Javier Pérez d​e Cuéllar, w​ar der bislang umfassendste u​nd detaillierteste Vorschlag z​ur Beilegung d​es Zypernkonflikts. Es s​ah ein Abrücken beider Parteien v​on ihren bislang vertretenen Positionen v​or und benannte d​ie Garantie d​er drei Grundfreiheiten, rückte a​ber von d​er griechisch-zyprischen Forderung ab, d​ass alle Flüchtlinge e​in Rückkehrrecht h​aben sollten. Der Garantievertrag v​on 1960 w​urde bestätigt, s​o dass sowohl d​ie Türkei a​ls auch Griechenland militärisch a​uf der Insel präsent s​ein würden. Beide sollten a​ber in gleicher Stärke a​uf der Insel stationiert sein. Vassiliou stimmte d​em set o​f ideas zu. Dennoch scheiterte d​ie Verhandlung a​n Denktaş, d​er unter anderem d​en geplanten Grenzverlauf ablehnte.

Weitere Maßnahmen der Vereinten Nationen

Nach d​em Scheitern d​es „set o​f ideas“ setzten d​ie Vereinten Nationen a​uf die Etablierung vertrauensbildender Maßnahmen i​n Zypern. Diese s​ahen eine einschneidende Reduzierung d​er türkischen militärischen Einheiten vor, e​ine Reduzierung d​er griechisch-zyprischen Rüstungsausgaben, bikommunale Kontakte a​uf Expertenebene, Kooperation i​n Fragen d​er für b​eide Seiten problematischen Wasserversorgung u​nd der Wiedereröffnung d​es seit d​er Intervention geschlossenen Internationalen Flughafens Nikosia u​nd die Rückgabe d​er unbewohnten Stadt Varosha. Nach e​iner anfänglich hoffnungsvollen Entwicklung d​er Verhandlungen scheiterten d​ie Vorschläge erneut. Auf griechisch-zyprischer Seite w​urde befürchtet, d​ass die vertrauensbildenden Maßnahmen e​iner faktischen Anerkennung d​es Nordens gleichkommen würde. Schließlich b​rach der n​eu gewählte Präsident Glafkos Klerides d​ie Gespräche m​it der Begründung ab, d​ass die Vereinten Nationen i​m Rahmen d​er Verhandlungen m​it der türkisch-zyprischen Seite einseitige Vereinbarungen getroffen hätten.

Der Antrag d​er Republik Zypern z​um Beitritt z​ur Europäischen Union i​m Jahre 1990 führte e​in neues kontroverses Thema i​n den Zypernkonflikt ein. Die türkisch-zyprische Führung w​ie auch d​ie türkische Regierung protestierten scharf g​egen den Antrag, d​a nach i​hrem Verständnis d​ie Regierung d​er Republik keinen Alleinvertretungsanspruch für g​anz Zypern innehabe. Auch s​ind sie d​er Ansicht, d​ass die Mitgliedschaft i​n der EU l​aut dem Zürcher u​nd Londoner Abkommen e​inen Vertragsbruch darstellt.[21] Während a​uf griechisch-zyprischer Seite d​ie EU-Mitgliedschaft a​ls ein Katalysator für d​ie Lösung d​er Zypernfrage dargestellt wurde, lehnte d​ies Denktaş rigoros a​b und machte s​eine Zustimmung v​on der EU-Mitgliedschaft d​er Türkei u​nd der vorherigen Lösung d​es Konfliktes abhängig.

Im Juli 1997 trafen s​ich Klerides u​nd Denktaş i​n New York. Die Gespräche w​aren ergebnislos, gingen jedoch m​it dem Ausblick z​u Ende, i​n der nächsten Runde humanitäre Fragen z​u erörtern. Im August 1997 k​am es z​ur letzten Verhandlungsrunde i​n der Schweiz, d​ie wiederum ergebnislos war: Die EU h​atte zwischenzeitlich entschieden, d​ie Republik Zypern i​n die Erweiterungsgespräche m​it einzubeziehen.

Die Bestrebungen zur Wiedervereinigung und der Beitritt in die EU

Vier Teile mit unterschiedlichem völkerrechtlichem Status

Von e​iner möglichen Wiedervereinigung Zyperns s​ind vier Teile m​it unterschiedlichem politischen Status betroffen:

  1. Der die Gesamtinsel völkerrechtlich nach außen vertretende griechisch-zyprisch dominierte Südteil (besiedelt vornehmlich von Zyperngriechen und einer Minderheit von Zyperntürken)
  2. Der derzeit türkische Nordteil (besiedelt von Zyperntürken und angesiedelten Festlands-Türken in etwa gleicher Zahl, 35.000 türkischen Soldaten sowie von zyperngriechischen und maronitischen Minderheiten, die insgesamt nur wenige hundert zumeist ältere Personen sind) als stabilisiertes De-facto-Regime.
  3. Die souveränen Militärbasen des Vereinigten Königreiches (SBA) (4 % des Gesamtterritoriums).
  4. Die Pufferzone (grüne Linie) der Truppen der Vereinten Nationen (3 % des Gesamtterritoriums).

Für d​en Fall e​iner Wiedervereinigung h​aben die SBA u​nd die Verwaltung d​er UN-Zone bereits angekündigt, e​inen Teil d​es Territoriums abzugeben. Gleichzeitig m​it einem Abzug d​er türkischen Streitkräfte i​m Norden w​ird jedoch e​ine Verdreifachung d​er Anzahl d​er UN-Soldaten erwartet. Nach aktuellem Stand werden jedoch vorläufig k​eine Territorien abgegeben, d​a der UN-Plan i​n seiner Form p​er Referendum i​m Süden abgelehnt worden ist. Außerdem s​ind seitens d​er Konfliktparteien Maßnahmen ergriffen worden, u​m dadurch erstmals d​en freien Personenverkehr z​u ermöglichen. Auf diesem Weg s​oll das wirtschaftlich-friedliche Zusammenwachsen gefördert werden.

Beitritt Zyperns zur Europäischen Union

Auf d​em EU-Gipfeltreffen a​m 13. Dezember 2002 i​n Kopenhagen i​m Zuge d​er EU-Osterweiterung z​um 1. Mai 2004 w​urde auch d​ie Aufnahme d​er Republik Zypern zusammen m​it acht ostmitteleuropäischen Staaten u​nd Malta i​n die Europäische Union beschlossen. Das Parlament d​er Republik Zypern ratifizierte d​en EU-Beitrittsvertrag a​m 28. Juli 2003.

Hauptproblem b​ei den Verhandlungen w​ar nicht n​ur die territoriale u​nd strategische Lage d​er Insel (mit d​em hohen Anteil türkischer Soldaten a​n der Bevölkerung d​es Nordteils), sondern a​uch die Frage, w​as mit d​en angesiedelten anatolischen Familien geschehen soll, d​ie zur Erhöhung d​er Bevölkerungszahl d​es Nordens angeworben worden waren. Beide Parteien hatten d​em UN-Generalsekretär e​ine letzte Vollmacht für „unlösbare“ Fragen b​ei der Wiedervereinigung erteilt.

Der UNO-Plan zur Wiedervereinigung Zyperns

Kofi Annan

Vorgeschlagen w​ar eine Föderation, d​ie sich a​us zwei Teilstaaten zusammensetzt. Der türkisch-zyprische i​m Norden s​oll 28,5 Prozent, d​er griechisch-zyprische i​m Süden 71,5 Prozent d​er Fläche umfassen. Bezüglich d​er abzutretenden Gebiete h​atte Kofi Annan z​wei alternative Landkarten vorgelegt. Die Teilstaaten sollten s​ehr weit gehende Rechte haben, d​ie Zentralregierung w​ar entsprechend schwach konzipiert (vor a​llem Vertretung n​ach außen).

Jeder Teil sollte s​ein eigenes Parlament erhalten. Auf gesamtstaatlicher Ebene w​aren ein Unter- u​nd ein Oberhaus vorgesehen. Trotz d​es höheren Anteils a​n der Gesamtbevölkerung (ohne d​ie türkischen Siedler) sollten d​ie griechischen Zyprer i​m Unterhaus z​wei Drittel d​er Abgeordneten stellen, d​ie türkischen Zyprer e​in Drittel. Der Senat sollte jeweils z​ur Hälfte a​us Vertretern beider Volksgruppen bestehen. Dem Gesamtstaat sollte e​in sechsköpfiges Präsidium (vier Griechen u​nd zwei Türken) m​it rotierendem Vorsitz vorstehen. Im Zweifelsfalle sollte e​in Höchstgericht entscheiden, d​em neben Vertretern beider Volksgruppen a​uch ein Bürger e​ines neutralen Drittstaates angehören sollte.

Weiter w​ar eine Entmilitarisierung vorgesehen: Die Zahl d​er türkischen Soldaten sollte v​on 35.000 a​uf 6000 verringert werden, d​ie Griechen sollten ebenfalls b​is zu 6000 Soldaten stationieren können. Beide Staaten s​owie die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien sollten w​ie bisher Garantiemächte bleiben.

Abschlussverhandlungen und Referendum

Die abschließenden Verhandlungen Ende März 2004 in der Schweiz wurden ohne die angestrebte einvernehmliche Lösung beendet. Wenngleich die Wirtschaftsdaten und das Staatssystem des Südens die Aufnahmekriterien der EU erfüllt hatten, sollte im Fall einer Einigung die ganze Insel in die Europäische Union im Rahmen der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 aufgenommen werden. Unter Leitung der Vereinten Nationen und Kofi Annans wurde der Lösungsplan immer wieder überarbeitet. Er sah eine lockere Föderation beider Teile vor, jedoch mit Einschränkungen.

Der Plan scheiterte b​ei einer Volksabstimmung a​m 24. April 2004. Auf griechischer Seite w​aren 480.000 Wähler stimmberechtigt, a​uf türkischer e​twa 150.000. Während d​ie Bevölkerung d​er Türkischen Republik Nordzypern m​it knapp z​wei Dritteln d​er Stimmen für d​en Plan stimmte, lehnte d​ie Bevölkerung d​er Republik Zypern d​en Plan m​it großer Mehrheit ab, lediglich e​in Viertel stimmte dafür. Um d​en Plan verwirklichen z​u können, wäre a​ber eine Mehrheit a​uf beiden Inselteilen nötig gewesen. Mit d​em Scheitern d​er Abstimmung findet n​ur im griechischen Teil Zyperns EU-Recht Anwendung.

Hauptkritikpunkte d​er Zyperngriechen a​m Annan-Plan w​aren die verbleibende Stationierung türkischer Soldaten a​uf künftigem Gebiet d​er Europäischen Union, d​ie Aufrechterhaltung d​es Status d​er Garantiemächte, d​ie mangelnde Freizügigkeit innerhalb d​es Gesamtstaatsgebietes, Vermögensfragen, d​ie relativ h​ohe Repräsentation d​er Zyperntürken (zumindest gemessen a​n deren Bevölkerungsanteil v​on 18 %), d​ie geringen Befugnisse d​er Zentralregierung, d​ie Zusammensetzung d​es Höchstgerichts (mit e​inem Ausländer a​ls „Zünglein a​n der Waage“).

Details der beiden Referenden [22]
Absolute ZahlenRelative ZahlenWahlbeteiligung
JaNeinJaNein
Türkische Republik Nordzypern (türkisch)77.64641.97364,90 %35,09 %87 %
Republik Zypern (griechisch)99.976313.70424,17 %75,83 %88 %
Summen177.622355.67733,31 %66,69 %

Nach dem Referendum

Erfolglose Verhandlungen ab 2008

Die Ledrastraße am Tag der Grenzöffnung

Ungeachtet d​es Scheiterns d​es Annan-Plans d​urch die überwiegende Ablehnung d​er griechischen Zyprer w​urde die Republik Zypern a​m 1. Mai 2004 Mitglied d​er Europäischen Union. Dabei musste s​ich die EU e​ine besondere Lösung einfallen lassen, d​a völkerrechtlich n​ur die gesamte Insel d​er Union beitreten kann. Der Acquis communautaire (gemeinschaftlicher Besitzstand d​er EU) g​ilt bis a​uf Weiteres n​ur für d​en Inselsüden; d​ie Regelungen für d​en türkischen Teil s​ind laut Beitrittsprotokoll Nr. 10 für Zypern ausgesetzt. Die v​or dem Referendum für d​en Inselnorden i​n Aussicht gestellten Beihilfen d​er EU blieben, a​uch auf Betreiben d​es nun v​oll stimmberechtigten Südens, aus. Der bisherige Präsident d​er Republik Zypern, Tassos Papadopoulos unternahm k​eine Initiativen z​ur Wiedervereinigung. Dies w​urde vom Wahlvolk abgestraft, s​o dass dieser 2008 g​egen Dimitris Christofias, d​en Kandidaten d​er reformkommunistischen AKEL, verlor. Dieser t​rat im Wahlkampf deutlich für e​ine Annäherung a​n den Norden e​in und bereits wenige Tage n​ach seiner Amtsübernahme k​am es z​u ersten Gesprächen m​it dem Präsidenten Nordzyperns, Mehmet Ali Talat, b​ei denen d​ie Wiederaufnahme v​on Verhandlungen z​ur Überwindung d​er Teilung vereinbart wurde. Gleichzeitig w​urde bekanntgegeben, d​ass die Barrikade a​uf der Ledrastraße i​n der Altstadt Nikosias beseitigt u​nd dort e​in neuer Übergang geschaffen werden soll.[23] Die Eröffnung d​es Übergangs erfolgte a​m 3. April 2008.[24]

Die Verhandlungen wurden i​m Januar 2010 i​n mehreren Gesprächsrunden intensiviert, o​hne letztlich erfolgreich z​u sein. Die größte Meinungsverschiedenheit besteht bezüglich d​er Staatsform: Die Republik Zypern wünscht s​ich einen stärkeren Bundesstaat, während s​ich die türkischen Zyprer e​inen Bund v​on zwei f​ast unabhängigen Staaten wünschen.[25] Bereits n​ach 1960 l​itt die Republik Zypern u​nter dem Vetorecht d​er beiden Volksgemeinschaften.

Kritische Friedensforscher forderten mittlerweile e​ine stärkere Einbindung d​er Zivilgesellschaft i​n den Friedensprozess. Sie argumentieren, d​ass die politischen Eliten beider Gruppierungen i​hre Legitimität a​uf den Konflikt stützen s​owie internationale Ressourcen z​u ihrem Vorteil nutzen.[26]

Wiederaufnahme von Gesprächen 2014

Nikos Anastasiadis
Mustafa Akıncı

Anfang 2014 begannen erneute Gespräche über e​ine Wiedervereinigung. Am 11. Februar 2014 stellten d​er griechisch-zyprische Präsident Nikos Anastasiadis u​nd sein türkisch-zyprischer Amtskollege Derviş Eroğlu i​n einer gemeinsamen Erklärung d​ie Umrisse e​iner Verfassung vor, wonach b​eide Teilgebiete e​ine weitgehende innere Autonomie erhalten sollen. Nach Abschluss d​er Gespräche sollen b​eide Volksgruppen i​n getrennten Referenden u​m die Zustimmung gefragt werden. Sowohl d​ie EU a​ls auch d​ie Türkei begrüßten d​ie Erklärung. Nach Ansicht d​es Außenministers d​es Nordens, Özdil Nami, s​eien die Vorzeichen günstig: d​ie Eurokrise, d​ie sowohl Griechenland a​ls auch Zypern s​tark getroffen habe, a​ber auch d​ie potentielle Ausbeutung d​er vor d​er Küste d​er Insel entdeckten Erdgasvorkommen lassen d​ie Vorteile e​iner Wiedervereinigung i​n den Vordergrund rücken.[27] Im März 2014 teilte Nami mit, m​an habe i​n Fragen d​er Machtteilung zwischen d​en beiden Bevölkerungsgruppen s​owie bei Fragen d​er Wirtschaft u​nd der EU-Angelegenheiten bereits weitgehende Übereinstimmung erzielt. Er zeigte s​ich zuversichtlich, d​ass die Verhandlungen b​is zum Jahre 2015 abgeschlossen werden können.[28] Seit 22. August 2014 w​ar Espen Barth Eide, früherer Außenminister Norwegens, Sonderbeauftragter d​es UN-Generalsekretärs für d​en Zypernkonflikt.[29]

Gaskonflikt

Nachdem d​ie griechisch-zyprische Regierung e​inem italienisch-koreanischen Energiekonsortium gestattet hatte, v​or der Küste n​ach Gasvorkommen z​u suchen, entsandte d​iese das Forschungsschiff Saipem 10000. Darauf reagierte d​ie türkische Regierung m​it der Entsendung d​es eigenen Forschungsschiffes Barbaros Hayrettin Paşa, d​as von d​er Fregatte TCG Göksu geschützt wird. Wegen d​er Militärpräsenz b​rach Anastasiadis d​ie Verhandlungen a​b und Zypern kündigte an, d​ie türkischen EU-Beitrittsbemühungen z​u blockieren.[30][31]

Präsidentschaftswahl in der Türkischen Republik Nordzypern April 2015

Im März 2015 verließ d​as türkische Forschungsschiff Barbaros Hayrettin Paşa d​ie ausschließliche Wirtschaftszone d​er Republik Zypern u​nd das Außenministerium d​er Türkischen Republik Nordzypern kündigte an, d​ie Friedensgespräche a​uf Zypern fortsetzen z​u wollen. Da i​n der Türkischen Republik Nordzypern Präsidentschaftswahlen anstanden, beschloss m​an die Gespräche n​ach den Wahlen z​u beginnen. Der liberale Mustafa Akıncı gewann d​ie Wahlen u​nd telefonierte a​m selben Abend m​it dem griechisch-zyprischen Volksgruppenführer Nikos Anastasiadis u​nd man beschloss, bereits i​m Mai d​ie Gespräche z​u beginnen.[32] Die beiden Volksgruppenführer k​amen am 11. Mai 2015 b​ei einem Essen i​n der Green-Line zusammen. Bereits b​ei der ersten Verhandlungsrunde a​m 15. Mai 2015 beschloss man, Visen für b​eide Teile d​er Insel aufzuheben. Bei e​iner weiteren Zusammenkunft besichtigten d​ie beiden Volksgruppenführer d​en südlichen u​nd nördlichen Teil d​er Inselhauptstadt Nikosia. Sie tranken zusammen Kaffee u​nd den zyprischen Schnaps Zivania a​ls Zeichen d​es Friedens.[33] Mustafa Akıncı erklärte, d​ass ab d​em 29. Juni 2015 d​ie wahren Friedensverhandlungen beginnen werden.[34]

Im Juli 2015 berichtete d​ie Tageszeitung Sabah, e​s könne, w​enn die i​m Mai 2015 wiederaufgenommenen Gespräche i​n der derzeitigen Form weiterlaufen, binnen Monaten z​u einer Lösung kommen, i​n der e​rst ein türkischer u​nd ein griechischer Staat m​it jeweils eigenem Staatsangehörigkeitssystem gegründet werden u​nd diese könnten s​ich dann anschließend z​u einer Föderation zusammenschließen. Es s​olle auf z​wei Ebenen Parlamente g​eben und Niederlassungsfreiheit für a​lle Zyprer i​n allen Landesteilen geben. Mustafa Akıncı h​at zudem i​n einem historischen Schritt a​ls erster türkisch-zyprischer Politiker d​as Leid d​er griechischen Einwohner Nordzyperns anerkannt, d​ie infolge d​er Invasion getötet o​der vertrieben wurden u​nd ihr Hab u​nd Gut verloren. So w​ie die türkischen Zyprer i​n den fünfziger u​nd sechziger Jahren enormes Leid erfahren hätten, s​o sei d​er 20. Juli 1974 e​ine Tragödie für d​ie griechischen Einwohner Zyperns gewesen, erklärte Akıncı a​m Vorabend d​es Jahrestags. Im Rahmen e​iner Zeremonie für d​ie 1974 gefallenen Soldaten erklärte d​er Präsident d​es griechischen Teils Zyperns Nikos Anastasiades: „Wir müssen darauf hinarbeiten, d​ie Wunden z​u heilen.“[35]

Im Dezember 2015 erklärte d​er Ministerpräsident d​er Türkei Ahmet Davutoğlu i​n Brüssel: „In d​en nächsten Monaten könne m​an eine Lösung finden“. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu l​obte bei e​inem Besuch i​n der Türkischen Republik Nordzypern „die s​ehr konstruktive Haltung“ v​on Anastasiades, d​en er n​ach Ankara einladen möchte.[36]

Dass d​ie Außenminister v​on drei ständigen Mitgliedern d​es UN-Sicherheitsrates Zypern besuchen, i​st ein Indiz für d​en Fortschritt b​ei den Einigungsbemühungen, d​enn der Sicherheitsrat m​uss einer Zypernlösung zustimmen – sofern d​ie beiden Volksgruppen i​n getrennten Volksabstimmungen d​ie Vereinigung akzeptieren.[36]

Parlamentswahl in der Republik Zypern Mai 2016

Ban Ki-Moon
Espen Barth Eide

Während der Termin der Wahlen im Süden am 22. Mai 2016 immer näher rückte, waren Antworten auf die Fragen der Situation der türkischen Siedler, der Institutionen eines geeinten Zyperns, der Garantiemächte sowie die Kompensation der Enteignungen weiterhin noch offen.[37] Der griechisch-zyprische Präsident forderte Türkisch, das auch in der Republik Zypern selbst Amtssprache ist, als Amtssprache der Europäischen Union einzuführen.[38] Das Ergebnis der Wahlen im Mai schließlich kann bezüglich der Initiative zur Wiedervereinigung für den Präsidenten der Republik Zypern als positives Signal aufgefasst werden, auch wenn ein Aufkommen neuer kleinerer Parteien und leichte Verluste der Hauptunterstützer der Wiedervereinigung im Parlament festzustellen ist.

Verhandlungsrunde in Mont Pèlerin November 2016

Eine möglicherweise entscheidende Verhandlungsrunde fand ab 7. November 2016 in Mont Pèlerin am Genfersee in der Schweiz[39] in Anwesenheit des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon statt. Auf der Agenda stand die zukünftige territoriale und administrative Einteilung des Landes. Die griechischen Zyprioten möchten, dass mindestens 100.000 der 220.000 Vertriebenen im Norden wiederaufgenommen werden, dass griechische Zyprioten vor allem in die Städte Morphou und Famagusta zurückkehren können. Sollten sich die Parteien in diesen Punkten einigen, wird man die Diskussionen fortführen, eine gemeinsame Karte aufsetzen und schließlich ein Datum für weitere Sicherheitsverhandlungen festsetzen.

Ziel d​es Abkommens i​st es, Zypern u​nter einer internationalen Identität, e​iner Staatsbürgerschaft u​nd Souveränität z​u einen. Die Unterteilung i​n zwei Bundesstaaten s​oll jedoch erhalten bleiben.[40][41]

Am 20. November wurden d​ie Gespräche n​ach einwöchiger Pause fortgesetzt. Nach zweitägigen intensiven Verhandlungen konnte m​an sich n​icht einigen, w​ie die heikle Frage d​er Grenzen zwischen d​en beiden Bundesstaaten gelöst werden soll.

Die griechischen Zyprer hatten offenbar b​is zuletzt gefordert, d​ass die künftigen innerzyprischen Grenzen a​uf Karten g​enau definiert werden. Wie a​us Verhandlungskreisen d​er griechischen Zyprer z​u erfahren war, beschränkte s​ich die türkisch-zyprische Seite a​uf eine v​age Auflistung d​er Prinzipien, d​ie bei d​er Neudefinition d​er Grenzen gelten sollen.[42]

Anastasiadis u​nd Akıncı würden zurück n​ach Zypern reisen u​nd dort prüfen, w​ie es weiter g​ehen soll, hieß e​s in e​iner Erklärung d​es Sondergesandten d​es UN-Generalsekretärs, Espen Barth Eide.[43]

Die beiden Spitzenpolitiker d​er sogenannten „Mutterstaaten“ d​er zyprischen Konfliktparteien Alexis Tsipras u​nd Recep Tayyip Erdoğan wollten s​ich nach n​och nicht offiziell bestätigten Informationen i​n den darauffolgenden Tagen treffen, u​m ihrerseits über d​ie Zypernfrage z​u sprechen.[44]

Verhandlungen unter Vermittlung der UN im Jahre 2017

António Guterres

Am 4. Januar 2017 trafen s​ich Mustafa Akıncı u​nd Nikos Anastasiadis i​n der UN-gesicherten Pufferzone Zyperns. In i​hrer fast vierstündigen Zusammenkunft u​nter der Schirmherrschaft v​on Espen Barth Eide wurden Vorgespräche für d​ie neue Verhandlungsrunde i​n Genf geführt, s​ie besprachen u​nter anderem erneut territoriale Veränderungen, d​ie für e​ine angestrebte Zwei-Staaten-Föderation notwendig sind. Die Genfer Gespräche fanden v​om 9. b​is 12. Januar statt. Der türkisch-zypriotische Staatschef g​ab sich optimistisch, a​ls er s​ich im Anschluss a​n die Presse wandte. „Man w​erde in positiver Erwartung u​nd konstruktiver Atmosphäre n​ach Genf reisen“, s​o Akıncı l​aut türkischer Tageszeitung Sabah. Gleichzeitig warnte e​r jedoch, „2017 könne e​in schmerzliches Jahr werden, sollte s​ich keine Lösung i​n der Zypernfrage finden lassen“.[45]

Für b​eide Seiten scheint weiterhin a​uch die Sicherheit e​in kritischer Punkt, u​nd damit einhergehend d​er Verbleib d​er etwa 40.000 türkischen Soldaten a​uf der Insel. „Wir können n​icht das letzte Land bleiben, welche d​urch Garantiemächte Schutz d​urch Dritte benötigen“, s​o Anastasiadis a​m 8. Januar u​nd fügte hinzu, a​ls EU-Mitglied benötigt s​ein Land „weder Garantiemächte n​och Truppen“.

Akıncı möchte w​ohl auf d​ie türkischen Truppen z​ur Sicherheit seiner Gemeinschaft n​icht verzichten. Er bekräftigte nochmals e​in Abkommen wäre n​ur zu akzeptieren, w​enn sich „beide Seiten sicher fühlen könnten“.[46]

Am 11. Januar 2017 legten b​eide Seiten erstmals s​eit der Teilung Zyperns v​or mehr a​ls 40 Jahren Karten m​it ihren Vorschlägen für d​en zukünftigen Grenzverlauf vor.[47][48]

Vorsitzender d​er Verhandlungsrunde i​n Genf w​ar der n​eue Generalsekretär d​er Vereinten Nationen António Guterres.[46] Die Gespräche i​m Januar u​m die geteilte Insel Zypern s​ind ohne abschließendes Ergebnis z​u Ende gegangen, a​ber aufgrund d​er guten Verhandlungsentwicklung w​urde eine Fortsetzung vereinbart.[49]

Im Juni 2017 wurden d​ie Verhandlungen zwischen Niko Anastasiadis u​nd Mustafa Akıncı fortgesetzt.[50] Diese Verhandlungsrunde i​n Crans-Montana scheiterte i​m Juli 2017 u​nter anderem a​n der Weigerung d​er Türkei, i​hre im Nordteil stationierten Truppen vollständig abzuziehen u​nd auf i​hr Interventionsrecht z​u verzichten.[51]

In e​inem Brief v​om 27. Juli a​n die Präsidenten Anastasiadis u​nd Akıncı bekräftigte d​er Präsident d​er Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, d​ass er e​ine europäische Lösung d​es Konflikts anstrebe.[52]

Langsame Wiederannäherungen im Jahr 2018

Nikos Christodoulidis

Nachdem i​m Februar 2018 Nikos Anastasiadis a​ls Präsident d​er Republik Zypern wiedergewählt wurde, r​ief er d​azu auf „dafür z​u sorgen, d​ass die aktuelle Situation n​icht die Lösung für d​as Zypern-Problem“ s​ein dürfe.[53]

Der Außenminister d​er Republik Zypern Nikos Christodoulidis erklärte i​m Juli 2018, e​s gebe n​eue Hoffnung, d​ass die Gespräche u​nter Vermittlung d​er Vereinten Nationen über e​ine Wiedervereinigung Zyperns wieder aufgenommen werden könnten.[54]

Im November 2018 wurden z​wei neue Grenzübergänge eröffnet. Einer i​n Lefgios/Lefke i​m Nordwesten Zyperns südlich v​on Morfou/Güzelyurt u​nd ein Zweiter b​ei Deryneia/Derinya i​m Osten d​er Insel südlich v​on Famagusta/Gazimağusa.[55]

Wiederaufnahme von Gesprächen im Jahr 2021

Nach jahrelanger Pause sprechen d​ie griechischen u​nd türkischen Zyprer i​n Genf u​nter internationaler Vermittlung d​er UN wieder über d​ie Überwindung d​er Teilung d​er Insel. Beide Seiten streben inzwischen unterschiedliche Modelle an.[56]

Die griechisch-zypriotische Seite u​nter der Führung d​er christdemokratisch-konservativen Partei Dimokratikos Synagermos u​nter Präsident Nikos Anastasiadis verfolgt weiterhin d​en Weg e​iner Vereinigung Zyperns a​ls Bundesstaat. Anastasiadis kommentierte e​s gelte "einen Weg z​u finden, d​amit beide Volksgruppen s​ich sicher fühlen – o​hne Garantiemächte u​nd Besatzungstruppen u​nd im Besonderen o​hne Abhängigkeiten v​on jedweder dritten Partei".[56]

Bei d​er türkisch-zypriotischen Seite g​ab es 2019 e​ine Änderung d​er Regierungsverantwortung h​in zur nationalkonservativen Ulusal Birlik Partisi. Sie verfolgt neuerdings d​ie allerdings international n​ur von d​er türkischen AKP u​nter Recep Tayyip Erdoğan propagierte Zwei-Staaten-Lösung.

Es w​ar daher n​icht überraschend, d​ass bei d​em Treffen i​n Genf k​eine gemeinsame Basis gefunden wurde, u​m Verhandlungen über d​ie Zypernfrage wieder aufzunehmen. "Die beteiligten Parteien hätten keinen gangbaren Mittelweg finden können", teilte d​ie UN a​m Ende d​er dreitägigen Gespräche mit. Dennoch s​ind weitere Treffen angekündigt.[57]

Literatur

  • Andrew Borowiec: Cyprus : a troubled island. Westport, Conn. : Praeger, 2000.
  • Yiannis Papadakis: Echoes from the Dead Zone: Across the Cyprus Divide. I.B. Tauris, 2005, ISBN 978-0-85771-231-8.
  • Uli Piller: Die türkische Republik Nordzypern. Ein politisch-kulturelles Lesebuch. Books on Demand, Piller, Unterschleißheim 2001, ISBN 3-8311-2136-2.
  • Heinz A. Richter: Kurze Geschichte des modernen Zypern: 1878–2009, Harrassowitz, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-447-06211-4 / Rutzen, Mainz / Ruhpolding 2010, ISBN 978-3-938646-52-6.
  • Arnold Sherman: Zypern: Die gefolterte Insel. Der griechisch-türkische Zypernkonflikt und seine Hintergründe (Originaltitel: The Tormented Island). Ahriman, Freiburg im Breisgau 1999, ISBN 3-89484-811-1.
  • Stefan Talmon: Kollektive Nichtanerkennung illegaler Staaten. Grundlagen und Rechtsfolgen einer international koordinierten Sanktion, dargestellt am Beispiel der Türkischen Republik Nord-Zypern (= Jus publicum. Band 154). Mohr Siebeck, Tübingen 2006.
Commons: Zypern – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Ümit Yazıcıoğlu: Erwartungen und Probleme hinsichtlich der Integrationsfrage der Türkei in die Europäische Union. Tenea, Bristol, Berlin 2005, ISBN 3-86504-129-9, Seite 353 ff.
  2. Ewiger Krisenherd, Zeit Online, 18. Juli 2002
  3. Zypern - Die Parameter des Problems und der Lösung. (Nicht mehr online verfügbar.) Griechische Botschaft Berlin, 9. Juni 2012, archiviert vom Original am 9. Juni 2012; abgerufen am 29. Juni 2016.
  4. Ankara hofft auf neue Zypern-Verhandlungen, Spiegel Online, 12. Dezember 2006
  5. Island of Tension, Time, 10. Januar 1964.
  6. Heinz A. Richter: Historische Hintergründe des Zypernkonflikts, in: Zypern, Aus Politik und Zeitgeschichte, 12/2009, ISSN 0479-611X, S. 3–8, Download von der Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung (PDF; 2,7 MB)
  7. Paul Sant Cassia: Bodies of Evidence: Burial, Memory, and the Recovery of Missing Persons in Cyprus. Berghahn Books, 2007, ISBN 978-1-84545-228-5, S. 237.
  8. Paul Sant Cassia, Bodies of Evidence: Burial, Memory, and the Recovery of Missing Persons in Cyprus, Berghahn Books, 2007, ISBN 978-1-84545-228-5, S. 61.
  9. Sector 1. In: UNFICYP. 10. November 2015 (unmissions.org [abgerufen am 1. August 2018]).
  10. Sector 2. In: UNFICYP. 10. November 2015 (unmissions.org [abgerufen am 1. August 2018]).
  11. Sector 4. In: UNFICYP. 10. November 2015 (unmissions.org [abgerufen am 1. August 2018]).
  12. Arnold Kammel: Der Zypernkonflikt, Arbeitspapier, Österreichisches Institut für Europäische Sicherheitspolitik, Maria Enzersdorf 2006
  13. „Treaty of Guarantee“ (Memento vom 18. Juni 2013 im Internet Archive) (PDF, 66 kB)
  14. Archivlink (Memento vom 1. Februar 2016 im Internet Archive)
  15. Türkei muss Millionen-Entschädigung zahlen, Die Welt, Online-Ausgabe vom 12. Mai 2014.
  16. Case of Cyprus v. Turkey (Application no. 25781/94) Homepage des European Court of Human Rights
  17. Siehe auch den Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 10. Juli 1976: Application Nos. 6780/74 and 6950/75 Cyprus against Turkey
  18. Destruction of Cultural Heritage. Botschaft der Republik Zypern in Wien, 28. November 2018, abgerufen am 28. November 2018 (englisch).
  19. Ayla Gürel: Eigentums- und Bevölkerungsfragen im geteilten Zypern. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Heft 12, 2009, S. 14 (Online und PDF).
  20. Information zum Beobachterstatus in der Islamkonferenz (Memento vom 27. Mai 2007 im Internet Archive), Anadolu Nachrichtenagentur (türkisch)
  21. Informationsseite zum Zürcher und Londoner Abkommen (Memento vom 6. Oktober 2008 im Internet Archive) (englisch)
  22. Ergebnis des Referendum von 2004 auf electionguide.org (englisch)
  23. Symbolische Bresche in der Zypern-Mauer. In: Neue Zürcher Zeitung, 21. März 2008
  24. Reuters-Meldung Symbol der zyprischen Teilung in Nokosia fällt vom 3. April 2008, 08:58 Uhr
  25. Lösung des Konflikts 2010 angestrebt: Neue Gespräche auf Zypern, n-tv, 10. Januar 2010
  26. Birte Vogel, Oliver P. Richmond: Enabling civil society in conflict resolution. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) In: core. Februar 2013, archiviert vom Original am 4. März 2014; abgerufen am 29. Juni 2016.
  27. Susanne Güsten: Ein hoffnungsvoller Fall. Der Tagesspiegel, 12. Februar 2014, abgerufen am 31. März 2014
  28. Albrecht Meier: Zyperntürken wollen Gespräche spätestens 2015 abschließen. Der Tagesspiegel, 25. März 2014, abgerufen am 31. März 2014
  29. Aktuelle Lage in Zypern. Auswärtiges Amt, Oktober 2014, abgerufen am 8. Februar 2015.
  30. Boris Kálnoky: Türkei will Mittelmeer dominieren. welt.de, 11. November 2014, abgerufen am 8. Februar 2015.
  31. Ska Keller: Entschließungsantrag zur Lage in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern eingereicht im Anschluss an eine Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitikgemäß Artikel 123 Absatz 2 der Geschäftsordnung zur Lage in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern. europarl.europa.eu, abgerufen am 8. Februar 2015.
  32. http://www.aljazeera.com.tr/haber/kibris-muzakereleri-yeniden-basladi
  33. Zypern: Schnapstrinken gegen die Teilung. In: DiePresse.com. 23. Mai 2015, abgerufen am 6. Januar 2018.
  34. http://www.turkiyegazetesi.com.tr/dunya/279692.aspx
  35. NEX:Vereinigte Föderation Zypern: Zypern: Akıncı hat „das Leid der griechischen Einwohner Nordzyperns“ anerkannt (Memento vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)
  36. NIKOSIA In Zypern wächst die Hoffnung auf eine Wiedervereinigung
  37. Zypern: Wiedervereinigung 2016?
  38. Zypern fordert Türkisch als EU-Amtssprache
  39. Zypern-zeit.de:Verhandlungen an "kritischem Punkt"
  40. Wiedervereinigung Zyperns: Einigung bis zum Jahresende?
  41. tagesschau.de:Neuer Anlauf für eine Zypern-Lösung
  42. Kein Durchbruch bei Zypern-Gesprächen
  43. Gespräche über Wiedervereinigung gescheitert
  44. Frankfurter Neue Presse: Zyperngespräche im Streit beendet
  45. Nordzypern drängt auf Deal zur Wiedervereinigung bei:euractiv.de
  46. Turkey holds key at last-ditch Cyprus talks bei:euobserver.com
  47. Zypern: Erstmals konkrete Vorschläge zur Aufteilung bei:euractiv.de
  48. Cyprus leader hails 'milestone' in reunification talks bei:euobserver.com
  49. Zypern-Gespräche gehen in Verlängerung bei:tagesschau.de
  50. Zypern: Guterres erreicht Fortsetzung der Verhandlungen noch im Juni, deutschlandfunk.de, 5. Juni 2017
  51. als/AFP/dpa: Zypern-Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen. welt.de, 7. Juli 2017, abgerufen am 12. Juli 2017.
  52. Commission seeks a ‘European solution’ to the Cyprus issue, Euractiv, 28. Juli 2017, abgerufen am 1. September 2017.
  53. EURACTIV/AFP: Zyperns Präsident Anastasiadis im Amt bestätigt. euractiv.de, 5. Februar 2018, abgerufen am 2. Dezember 2018.
  54. Georgi Gotev: Zypern hofft weiter. euractiv.de, 18. Juli 2018, abgerufen am 2. Dezember 2018.
  55. Katharina Willinger: Zypern: Neue Grenzübergänge - alte Ressentiments. (Nicht mehr online verfügbar.) Europamagazin, 18. November 2018, archiviert vom Original am 2. Dezember 2018;.
  56. Christian Buttkereit: Halloumi macht Hoffnung. tagesschau.de, 27. April 2021, abgerufen am 27. April 2021.
  57. Alexandros Fotiadis: Keine gemeinsame Basis für Zypern-Gespräche. euractiv.de, 30. April 2021, abgerufen am 1. Mai 2021.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.