William Henry Harrison
William Henry Harrison (* 9. Februar 1773 im Charles City County, Kolonie Virginia; † 4. April 1841 in Washington, D.C.) war ein amerikanischer Generalmajor und 1841 der neunte Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er starb nur einen Monat nach Amtseinführung und ist damit der Präsident mit der bislang kürzesten Amtszeit.
Harrison entspross einer prominenten Familie Virginias. Als jüngerer Sohn mit wenig Aussichten auf ein Erbe war für ihn erst eine medizinische Laufbahn vorgesehen. Nach dem Tode des Vaters ohne Mittel für ein Studium an der University of Pennsylvania trat er mit Unterstützung von Gouverneur Richard Henry Lee mit einem Offizierspatent in die neugegründete United States Army ein. Vor dem Hintergrund der Indianerkriege in Fort Washington im Nordwestterritorium stationiert, erweckte er bald die Aufmerksamkeit von General Anthony Wayne, der ihn in die Legion of the United States aufnahm und zu seinem Aide-de-camp ernannte. Im August 1794 kämpfte er mit ihm in der Schlacht von Fallen Timbers gegen eine Konföderation unterschiedlicher Indianervölker.
Leben
Erziehung und Ausbildung
William Henry Harrison, der auf der Berkeley Plantation im Charles City County in der damaligen Kolonie Virginia als jüngstes von sieben Kindern geboren wurde, entstammte der angesehenen Pflanzer- und Politikerfamilie der Harrisons. Diese ging auf Benjamin Harrison I zurück, der 1633 nach Jamestown ausgewandert war. Harrisons Vater, der Plantagenbesitzer Benjamin Harrison V, gehörte im Jahr 1776 zu den Unterzeichnern der Unabhängigkeitserklärung und war zwischen 1781 und 1784 Gouverneur von Virginia. Der Großvater von Harrison V war mütterlicherseits Robert „King“ Carter, einer der reichsten Männer in den Dreizehn Kolonien. Harrisons Mutter, Elizabeth Bassett, war eine Verwandte von Martha Washington. Aufgrund des damaligen Anerbenrechts in den Kolonien blickte er als jüngster von drei Brüdern einer ungewissen Zukunft entgegen. Anders als bei den älteren Brüdern betrieben die Eltern mit Harrisons Ausbildung wenig Aufwand und bis zum Alter von 14 Jahren wurde er zuhause unterrichtet. Möglicherweise durch die Freundschaft zu Benjamin Rush inspiriert, planten Harrison V und seine Frau für ihren jüngsten Sohn eine medizinische Laufbahn, wobei unklar ist, ob er jemals eine Neigung in diese Richtung verspürte. Während des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs eroberten britische Truppen unter dem Überläufer Benedict Arnold das Anwesen der Familie, stahlen das Vieh und zerstörten die Inneneinrichtung. Daneben führte die in ganz Virginia verbreitete Bodenerosion auf der Berkeley Plantation dazu, dass die Ernteerträge stetig zurückgingen während sich die Harrison-Familie immer weiter vergrößerte.[1]
Anders als in der Harrison-Familie gewöhnlich der Fall schickten ihn die Eltern nicht auf das angesehene College of William & Mary, sondern auf das kleine und ländlich geprägte Hampden-Sydney College im Prince Edward County. Typisch für die Zeit umfasste Harrisons Lehrplan neben englischer Grammatik die Klassiker des antiken Roms wie Cäsar, Sallust, Vergil und Cicero. Möglicherweise durch Berichte beunruhigt, dass unter den Studenten in Hampden-Sydney die Erweckungsbewegung zunehmend Anhänger fand, schickten ihn die stramm episkopalistischen Eltern nach Richmond. Hier setzte Harrison bei dem Mediziner Andrew Leiper sein Studium fort und kam in Kontakt mit Abolitionisten, die sich um den Quäker Robert Pleasants in der Humane Society organisierten. Bald darauf versetzten ihn die Eltern an die University of Pennsylvania, um dort Medizin zu studieren. Als Harrison im Frühjahr 1791 per Boot in Philadelphia anlandete, erfuhr er von einem Boten, dass sein Vater gestorben war. Bald danach signalisierten ihm seine Brüder, dass die Familie nicht länger in der Lage sei, seine akademische Ausbildung zu finanzieren. Harrison beendete sein Studium und verließ den Bereich der Medizin insgesamt, obwohl Ärzte dieser Zeit nur wenig formale Bildung brauchten, um praktizieren zu können. Nachdem er sich vergeblich um eine Stelle im Staatsdienst beworben hatte, fragte er den Gouverneur von Virginia, Richard Henry Lee, um Rat, der momentan in Philadelphia weilte. Als Harrison sich bereit erklärte, in die United States Army einzutreten, verschaffte ihm Lee ein Offizierspatent, das von George Washington, der mit Harrisons Vater befreundet gewesen war, genehmigt wurde.[2]
Frühe militärische Laufbahn
Der Dienst in den Streitkräften genoss zu dieser Zeit ein geringes Ansehen und war schlecht bezahlt. Nach dem Sieg im Unabhängigkeitskrieg war die United States Army in Indianerkriege verwickelt, die für den einzelnen Soldaten mit hoher Mortalität sowie großen Entbehrungen verbunden waren und in den höheren Gesellschaftskreisen als unehrenhaft galten. Harrison trat seinen Dienst als Werbeoffizier beim 1st Infantry Regiment in Philadelphia an und konnte bald knapp 80 Freiwillige rekrutieren. Danach verlegte er über Pittsburgh und den Ohio River nach Fort Washington, das er im Herbst 1791 erreichte. Dieses Fort lag auf dem Gebiet des heutigen Cincinnati im Nordwestterritorium und schützte damals eine der westlichsten Siedlungen der Vereinigten Staaten, die aus nicht mehr als 30 Hütten bestand. Der Stützpunkt war von der Außenwelt nahezu abgeschnitten und nur über Indianerpfade zu erreichen. Kurz vor Harrisons Ankunft in Fort Washington hatten die Überlebenden der Schlacht am Wabash River, die im November 1791 in einer desaströsen Niederlage der Amerikaner geendet hatte, dort Schutz gesucht.[3]
Im Offizierskorps vor Ort, das zum großen Teil aus Veteranen des Unabhängigkeitskriegs bestand, stieß Harrison als Offizier ohne militärische Vorerfahrung auf große Vorbehalte. Die Bedingungen im Lager waren prekär: Die Unterkünfte der Soldaten bestanden aus undichten Zelten, Waffen und Munition wiesen häufig Defekte auf und die Pferde wurden regelmäßig von Indianern gestohlen. Dies und die eintönige Routine verleiteten die meisten der Soldaten zu ausuferndem Alkoholkonsum, was Harrison mit Widerwillen zur Kenntnis nahm. Als der Kommandeur anordnete, jeden Soldaten, der außerhalb des Forts betrunken angetroffen werde, umgehend mit Peitschenhieben zu bestrafen, kam dem Harrison erfreut nach. In einem Fall inhaftierten ihn aufgebrachte Bewohner der Siedlung, als er einen Betrunkenen derart züchtigte, und er kam erst nach Intervention des Kommandeurs wieder frei. Im Winter nahm Harrison an Märschen außerhalb des Forts teil, wovon einer der Bergung von Ausrüstung diente, die General Arthur St. Clair und seine Truppen nach der Flucht vom Wabash River zurückgelassen hatten.[4]
Bald wurde Harrison als Eskorte für die Familie des Kommandanten nach Philadelphia beordert. Dort trat er in die neu aufgestellte Legion of the United States ein und diente als Lieutenant unter General Anthony Wayne, einer Berühmtheit aus dem Unabhängigkeitskrieg. Als Harrisons nächsthöherer Vorgesetzter wegen einer Affäre auf einen anderen Dienstposten versetzt wurde, beförderte ihn Wayne zum Captain und ernannte ihn zu seinem Aide-de-camp, womit ein deutlich höherer Sold verbunden war. Zu dieser Zeit waren seine Eltern verstorben. Seinen Erbteil in Virginia tauschte er gegen Landtitel in Kentucky ein, die der Harrison-Familie gehörten. Vermessungsprobleme im „Frontier“ sorgten dafür, dass diese Ländereien wie viele andere Investitionen Harrisons auch nie Geld abwarfen.[5]
Im Herbst 1793 hatte die Legion Fort Washington erreicht und marschierte nordwärts gegen die Indianer. Ursächlich für den Konflikt waren die zwischen diesen und weißen Siedlern geschlossenen Verträge. Letztere gingen davon aus, dass wenn ein Stamm Land abtrat, es alle Indianer verlassen mussten, auch wenn sie nicht zu dieser Gruppe gehörten. Mit Beschwerden von derart entrechteten Ureinwohnern hatte es Harrison während seines beruflichen Werdegangs häufiger zu tun; später initiierte er selbst regelmäßig solche Vertragsabschlüsse zuungunsten der Indianer. Mit Unterstützung der Briten, die sich noch immer in Teilen des Nordwestterritoriums aufhielten, hatten die Indianer St. Clair besiegen können, der die Beschwerden von vertriebenen Gruppen ignoriert hatte. Mit der Legion stand ihnen nun aber eine wesentlich besser organisierte und diszipliniertere Streitmacht gegenüber als 1791 in der Schlacht am Wabash River.[6]
Schlacht von Fallen Timbers
Bis zum Sommer 1794 hatte die 3500 Mann umfassende Streitmacht Waynes eine Stellung nahe Toledo im heutigen Ohio erreicht. Aufgrund ihrer Lage inmitten von umgestürzten Bäumen, die ein Tornado gefällt hatte, erhielt das spätere Schlachtfeld den Namen Fallen Timbers („umgestürzte Hölzer“). Die sich aus unterschiedlichen Völkern zusammensetzende indianische Konföderation wurden von dieser Truppenbewegung überrascht, so dass viele Kämpfer zu diesem Zeitpunkt abwesend waren, weil sie gerade Proviant besorgten. Am Ende konnte Kriegshäuptling Blue Jacket, ein Angehöriger der Shawnee, am 20. August lediglich 500 Männer in die Schlacht von Fallen Timbers führen. Trotzdem sie tapfer kämpften und nicht mehr Verluste erlitten als die Legion, erkannten sie bald die Überlegenheit des Gegners und zogen sich zu einem nahegelegenen britischen Fort zurück, das ihnen aber nicht die Tore öffnete. Harrison ritt während der Schlacht das Gefechtsfeld weit ausgreifend ab, um die Linien aufrechtzuerhalten. Als sich die Lage zuspitzte, war er darum bemüht, Wayne aus der Feuerlinie zu bringen. Insgesamt erhielt er für seine Leistung bei dieser Schlacht große Anerkennung durch seine Vorgesetzten.[7]
Nach dem Sieg brannte die Legion die umliegenden Indianersiedlungen ab und marschierte gen Süden in das Zentrum der bezwungenen Konföderation, wo sie ein Fort errichteten. Im Dezember 1794 kamen fast alle Häuptlinge nach Fort Greenville, um dort Wayne um einen Friedensschluss zu bitten. Eine Ausnahme bildete Tecumseh, der sich weigerte zu kapitulieren und die Verhandlungen deswegen boykottierte. Aus den Gesprächen entstand im August 1795 der Vertrag von Greenville, der einen Großteil des Nordwestterritoriums den Vereinigten Staaten zusprach. Harrison gehörte wie alle Offiziere der Schlacht von Fallen Timbers zu den Unterzeichnern des Vertrags.[8]
Hochzeit und Familiengründung
Im Anschluss kehrte Harrison nach Fort Washington zurück und wurde bald dessen Kommandant. Davor war er für mehrere Monate nicht unweit Cincinnatis in North Bend stationiert. In dieser Zeit traf er Anna Symmes, die 20-jährige Tochter des Siedlerführers Oberst John Cleves Symmes. Anna Symmes war einerseits an das Leben im Frontier angepasst, andererseits hatte sie ein Mädcheninternat besucht und war belesen sowie politisch interessiert. Später wurde sie die erste First Lady, die eine Schulbildung außerhalb des Elternhauses genossen hatte. Sie und Harrison begegneten sich erstmals im Hause ihrer Schwester in Lexington und beschrieben es später als Liebe auf den ersten Blick. Als er um ihre Hand anhielt, untersagte Symmes die Verbindung, weil er nicht wollte, dass seine Tochter einen Soldaten mit beschränkten finanziellen Mitteln heiratete. Wayne unterstützte jedoch das junge Paar.[9]
Am 25. November 1795 heirateten sie trotz der Weigerung des Brautvaters, wobei es über Ort und Umstände der Trauung unterschiedliche Versionen gibt. Laut einer warteten Harrison und Anna Symmes bis Oberst Symmes außerhalb der Stadt unterwegs war und ließen sich im kleinen Kreis im Haus eines Freundes trauen. Die andere besagt, dass die Trauung im Hause der Braut stattfand und ihr Vater die Zeremonie vorzeitig verließ. Aus der Ehe gingen zwischen 1796 und 1814 sechs Söhne und vier Töchter hervor. Sein Sohn John Scott Harrison war zwischen 1853 und 1857 Abgeordneter im Repräsentantenhaus und dessen Sohn Benjamin Harrison von 1889 bis 1893 der 23. Präsident Amerikas.[10]
Es dauerte jedoch nicht lange und es kam zu einer Versöhnung zwischen Oberst Symmes und dem Brautpaar. Möglicherweise wurde dies dadurch befördert, dass Harrison das Militär verlassen und einen einträglicheren Lebensunterhalt anstrebte. Zu diesem Zweck erwies sich sein Schwiegervater als nützlich, da er über ihn Kontakte mit örtlichen Bodenspekulanten knüpfen konnte. Noch im aktiven Dienst ließ er eine Getreidemühle und ein Sägewerk im späteren Indiana-Territorium errichten. Außerdem erwarb er trotz seiner Aversion gegen Alkohol Anteile an einer Whisky-Brennerei. Keines dieser Unternehmen hatte jedoch Erfolg. Er stand mit dieser misslichen Erfahrung in seiner Generation bei weitem nicht alleine da, weil diese Phase der amerikanischen Geschichte wegen ihres instabilen Finanzsystems eine besonders riskante für Geschäftsgründer war. Nach der Hochzeit bezog Harrison mit seiner Frau eine knapp 65 Hektar große Farm nahe North Bends, die er mit einem dazugehörigen Blockhaus von seinem Schwiegervater erworben hatte.[11]
Ausscheiden aus dem Militärdienst
Die Kommandantur in Fort Washington verlief ruhig. Um die Jahreswende 1797/1798 verließ er das Militär. Danach wirkte Harrison als Grundbuchführer und Friedensrichter. Als der Posten des Sekretärs für das Nordwestterritorium frei wurde, hatte er, wie auch später in seinem Leben, keine Gewissensbisse, seine familiären Beziehungen als ein Harrison in schamloser Manier auszunutzen. In diesem Fall schrieb er an den einflussreichen föderalistischen Kongressabgeordneten Robert Goodloe Harper, ließ einige seiner Familie verbundene prominente Namen fallen und machte auf seine angespannte finanzielle Situation aufmerksam. Seine Masche trug Früchte und Harrison erhielt diesen einträglichen Dienstposten zugesprochen.[12]
Als Sekretär war Harrison mit dem Schriftverkehr betraut, den er gewissenhaft erledigte und sich dabei den blumigen sprachlichen Ausdruck aneignete, der später seine politischen Reden auszeichnete.[13] In dieser Funktion musste er des Öfteren den Territorialgouverneur Arthur St. Clair vertreten. Zwischen 1799 und 1800 vertrat Harrison dieses Territorium als nicht stimmberechtigter Delegierter im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten in Washington. Als hilfreich für Harrison erwiesen sich die Kontakte seines Schwiegervaters in Washington, die dieser widerstrebend nutzte, um ihn zu fördern. Im Jahr 1800 wurde er von Präsident John Adams zum Gouverneur des Indiana-Territoriums ernannt und verzichtete daher im Mai auf seinen Sitz im 6. Kongress der Vereinigten Staaten.[14]
Gouverneur des Indiana-Territoriums
Als Gouverneur residierte Harrison in Vincennes, der neuen Hauptstadt des Territoriums. Er ließ dort im Stile eines Plantagenhauses Grouseland errichten, das er von 1804 bis 1812 bewohnte.
In dieser Residenz fanden einige wichtige Konferenzen mit Führern der Indianer Nordamerikas statt. Seine neue Aufgabe als Gouverneur war nicht einfach. Einerseits sollte er freundschaftliche Beziehungen zu den Indianern aufbauen, deren Vertrauen gewinnen und sie gegen weiße Landräuber beschützen, auf der anderen Seite sollte er im Auftrag der Bundesregierung möglichst viel Land von den Indianern erwerben und den weißen Siedlern zur Verfügung stellen. Das war ein unlösbarer Widerspruch, der bald zu neuen Streitigkeiten mit den Indianern führen sollte, für welche Eigentum an Land ein fremdes Konzept war.[15]
Von 1802 bis 1805 setzte er sieben Verträge mit den Indianern durch, wobei er die Korruption ihrer Führung sowie ihre Armut und Alkoholprobleme ausnutzte. Dies gipfelte 1805 in einem arglistigen Landgewinn von 51 Millionen Acres. Dazu wurden fünf weniger bedeutende Stammesführer der Sauk eingeladen, die sich unter dem Einfluss von Alkohol dazu bereit erklärten, große Ländereien für einen Penny pro 200 Acres zu verkaufen.[16]
Im Jahr 1809 handelte Harrison mit ausgewählten indianischen Führern den Vertrag von Fort Wayne aus. Feindlich gesinnte Stämme waren zu der Konferenz nicht geladen worden. Als Ergebnis erstanden die Vereinigten Staaten weitere 3 Millionen Acres an Land. Für Tecumseh, der an der Konferenz nicht teilgenommen hatte, war dieser weitere Gebietsverlust ausschlaggebendes Moment, die Stämme für den Kampf gegen die USA zu einen und das Vereinigte Königreich um militärische Unterstützung zu bitten.[17]
1811 eskalierte der Konflikt zum offenen Krieg und Harrison wurde wieder als Soldat aktiv. Nationale Popularität brachte ihm die Schlacht bei Tippecanoe am 7. November 1811, wo er eine Föderation Widerstand leistender Indianer (vor allem Shawnee) unter der Führung Tecumsehs und seines Bruders Tenskwatawa, des Propheten, schlagen konnte. Das Gebiet zwischen dem Ohio River und den Großen Seen war damit endgültig für die weiße Besiedelung frei gemacht. Harrison galt daraufhin als The General who saved the Northwest. Zeitweise erhielt er auch die Beinamen „Washington of the West“ oder „Old Tippecanoe“.
Während seiner Amtszeit als Gouverneur beteiligte er sich an Grundstückspekulationen und investierte in zwei Mühlen. Er hatte einen Ruf als zuverlässiger Verwalter und leistete wesentliche Beiträge zur Verbesserung der Infrastruktur im Territorium.[18]
Im britisch-amerikanischen Krieg von 1812 zeichnete er sich gegen die Briten auf dem westlichen Kriegsschauplatz aus und besiegte sie nach anfänglichen Rückschlägen in der Schlacht am Thames River vom 5. Oktober 1813, in der auch sein alter Widersacher Tecumseh den Tod fand.[19] Während dieses Krieges stieg Harrison in den Generalsrang auf. Er war Oberbefehlshaber der Nordwest-Armee. 1814 schied Harrison aus der Armee aus, weil er sich mit Kriegsminister John Armstrong entzweit hatte. Im Indiana-Territorium wurde er als Territorialgouverneur in der Folge zeitweilig von John Gibson vertreten und schließlich von Thomas Posey 1812 abgelöst.
Weiterer politischer Aufstieg
Zwischen 1816 und 1819 war Harrison erneut Abgeordneter im Repräsentantenhaus in Washington. Diesmal vertrat er seinen neuen Heimatstaat Ohio. Die folgenden beiden Jahre bis 1821 gehörte er dem Senat dieses Bundesstaates an. 1825 wurde er in den US-Senat gewählt, wo er bis 1828 verblieb. In diesem Jahr wurde er von Präsident John Quincy Adams zum amerikanischen Botschafter in Großkolumbien ernannt. Dieses Amt übte er bis 1829 aus. Danach zog er auf seine Farm bei North Bend in Ohio, wo er bis 1836 als Farmer tätig war. Politisch stand Harrison Henry Clay und John Quincy Adams nahe und wurde schließlich Mitglied der Whig Party. Er setzte sich für Schutzzölle, Verbesserungen der Infrastruktur und Mehrausgaben für die Streitkräfte ein.
Präsidentschaftskandidaturen 1836 und 1840
1836 wurde William Harrison von den Whigs zu deren Spitzenkandidat für die anstehende Präsidentschaftswahl nominiert. Sein Gegenkandidat war der bisherige demokratische Vizepräsident Martin Van Buren. Die Whigs erhofften sich mit der Nominierung eines Kriegshelden einen ähnlichen Erfolg, wie ihn der nach zwei Amtszeiten scheidende Präsident Andrew Jackson, der ebenfalls als Kriegsheld ins höchste Staatsamt gewählt worden war, im Jahr 1828 errungen hatte. Dieser Plan ging 1836 nicht auf, weil die Popularität Jacksons ungebrochen war und dieser sich vehement für Van Buren einsetzte. Hinzu kam, dass mit Hugh Lawson White ein weiterer Politiker der Whigs zur Wahl antrat und sich knapp zehn Prozent der Stimmen sicherte. Van Buren gewann am Ende mit klarer Mehrheit.
Vier Jahre später hatte sich das Blatt gewendet: Die Regierung Martin Van Burens musste sich mit den Folgen einer 1837 ausgebrochenen Wirtschaftskrise auseinandersetzen. Die Whigs hatten erneut Harrison für die Wahl von 1840 zu ihrem Spitzenkandidaten nominiert, während John Tyler für das Amt des Vizepräsidenten vorgesehen war. Ihr Wahlkampfschlager lautete: Tippecanoe and Tyler too.[21] Nach einem harten Wahlkampf konnte Harrison Van Buren schlagen. Für Harrison hatten sich fast 53 Prozent der Wähler ausgesprochen, Van Buren errang 46,8 Prozent. Im Electoral College war das Ergebnis mit 234 gegenüber 60 Stimmen noch deutlicher. Gleichzeitig errangen die Whigs in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit der Mandate.
Präsident für einen Monat
Als erster amerikanischer Präsident reiste Harrison mit der Eisenbahn zu seiner Amtseinführung nach Washington, das er am 9. Februar 1841 erreichte. Er war bei seinem Amtsantritt bis Ronald Reagan der älteste Präsident. Am 4. März 1841 hielt er nach seiner Vereidigung die mit zwei Stunden längste Antrittsrede, die an den meisten Stellen äußerst vage blieb. Einen großen Redeanteil nahmen seine Ausführungen zur Vetomacht des Präsidenten ein, die insbesondere von Andrew Jackson exzessiv ausgenutzt worden war. Die Kritik an diesem Ausgreifen des Weißen Hauses war schon im Wahlkampf der Whigs ein wiederkehrendes Thema gewesen. Laut Harrison sollte das Veto nur eingelegt werden, wenn der Kongress die amerikanische Verfassung verletzte, zu eilig und nachlässig arbeitete oder die Rechte von Minderheiten missachtete. Seinem Kabinett gehörte unter anderem als Außenminister Daniel Webster an.
Die Antrittsrede ging nicht nur wegen ihrer Länge in die Geschichte ein, sondern weil sie der konventionellen Überlieferung nach ursächlich für Harrisons Tod vier Wochen später verantwortlich war. Da die demokratische Presse ihn als bedauernswerten Greis verspottet hatte, zog Harrison an diesem kalten Tag und bei Eisregen keinen Übermantel an, um seine Vitalität zu demonstrieren. Dies habe ihn so geschwächt, dass sich bei ihm eine Lungenentzündung entwickelt habe. Laut der Biographin Collins ist dies zwar eine logische Erklärung, aber nur eine von vielen möglichen Ursachen. So hielt sich Harrison in seiner kurzen Zeit in der Hauptstadt generell viel außen auf und erledigte anfallende Einkäufe, wie zum Beispiel für die Küche, selbst. So war er am Tage seiner Erkrankung längere Zeit durch Regen gelaufen, um einem Freund persönlich mitzuteilen, dass er ihm einen Posten im diplomatischen Dienst verschafft habe.[22]
Drei Wochen nach der Amtseinführung zog er sich eine Lungenentzündung zu, an deren Folgen er am 4. April mit 68 Jahren starb. Seine Präsidentschaft ist mit einer Dauer von einem Monat die kürzeste in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Zudem ist Harrison der einzige Präsident, der in seinem Amt keine Executive Order erließ. Als Präsident war er aufgrund der Kürze seiner Amtszeit politisch bedeutungslos.
Harrison war der erste Präsident der Vereinigten Staaten, der während seiner Amtszeit starb und durch den amtierenden Vizepräsidenten ersetzt wurde. Sein Tod löste in den USA eine lange Diskussion über die Nachfolge aus. Die Frage war, ob der Vizepräsident John Tyler nur die Aufgaben und Befugnisse des Präsidenten geschäftsführend wahrnehmen sollte oder ob er als vollwertiger Präsident angesehen werden konnte. Tyler entschied sich gegen starken Widerstand seiner Gegner für die zweite Möglichkeit und schuf damit einen Präzedenzfall, der später auch durch den 25. Zusatzartikel verfassungsrechtlich anerkannt wurde.
Nachleben
Persönlichkeit
Harrison galt als außergewöhnlich gesellig und vereinbarte die Vornehmheit seiner Herkunft aus einer prominenten Pflanzer-Familie mit der Zähigkeit des Lebens in Militär und „Frontier“. Sein Umgangston war so jovial und ungezwungen, dass die Mitmenschen schnell eine Bindung zu ihm aufbauen konnten. Andererseits verführte dieser Kommunikationsstil andere auch dazu, ihn für naiv und leicht manipulierbar zu halten.[23]
Historische Bewertung
Harrison wollte die Prägung, die das Präsidentenamt durch Jackson erfahren hatte, auf einen kleineren Machtanspruch zurückführen und zum Kongress wieder ein harmonischeres Verhältnis herbeiführen. Andererseits sah er im Präsidenten in seiner Beziehung zum Kabinett mehr als einen Primus inter pares, wie dies noch bei den republikanischen Präsidenten Anfang des Jahrhunderts der Fall gewesen war. Wegen seiner äußerst kurzen Amtszeit konnte Harrison so gut wie nichts davon umsetzen.[24]
Ehrungen und Denkmäler
Vier Countys in den Vereinigten Staaten sind nach Präsident Harrison benannt.[25] Die 2007 gestartete Serie der Präsidentendollar prägte im Jahr 2009 Münzen mit den Porträts von Harrison, John Tyler, James K. Polk und Zachary Taylor.[26] Seine Residenz Grouseland, in der er als Gouverneur des Indiana-Territoriums lebte, ist seit Dezember 1960 ein National Historic Landmark.[27]
Literatur
- Sachbücher
- Horst Dippel: William H. Harrison (1841): Präsident für einen Monat. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Präsidenten: 44 historische Portraits von George Washington bis Barack Obama. 6., fortgeführte und aktualisierte Auflage. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-58742-9, S. 136–138.
- Michael J. Gerhardt: The Forgotten Presidents: Their Untold Constitutional Legacy. Oxford University Press, New York 2013, ISBN 978-0-19-938998-8, S. 25–36 (= 2. William Henry Harrison).
- Hendrik Booraem V: A Child of the Revolution: William Henry Harrison and His World, 1773-1798. Kent State University Press, Kent 2012, ISBN 978-1-60635-115-4.
- Gail Collins: William Henry Harrison. (= The American Presidents Series.). Times Books, New York City 2012, ISBN 978-0-8050-9118-2.
- Robert M. Owens: Mr. Jefferson’s Hammer: William Henry Harrison and the Origins of American Indian Policy. University Press of Oklahoma, Norman 2007, ISBN 978-0-8061-3842-8.
- Reginald Horsman: William Henry Harrison: Virginia Gentleman in the Old Northwest. In: Indiana Magazine of History. Vol. 96, No. 2, Juni 2000, ISSN 0019-6673, S. 125–149.
- Cleaves Freeman: Old Tippecanoe: William Henry Harrison and his time. C. Scribner’s Sons, New York 1939, LCCN 39-032515.
- Belletristik
Filme
- Life Portrait of William Henry Harrison auf C-SPAN, 10. Mai 1999, 142 Min (Dokumentation und Diskussion mit Doug Clanin und James Huston).
Weblinks
- William Henry Harrison in der Notable Names Database (englisch)
- William Henry Harrison im Biographical Directory of the United States Congress (englisch)
- American President: William Harrison (1773–1841). Miller Center of Public Affairs der University of Virginia (englisch, Redakteur: William Freehling)
- Harrison bei den Gouverneuren von Indiana
- The American Presidency Project: William Henry Harrison. Datenbank der University of California, Santa Barbara mit Reden und anderen Dokumenten aller amerikanischen Präsidenten (englisch)
- William Henry Harrison in der Datenbank von Find a Grave (englisch)
Einzelnachweise
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 9–12.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 12f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 13–15.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 15f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 16f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 18f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 19f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 20.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 21f.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 22, 24.
William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia. - Gail Collins: William Henry Harrison. S. 22–24.
William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia. - Gail Collins: William Henry Harrison. S. 24f.
William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia. - Gail Collins: William Henry Harrison. S. 25.
- William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia.
- William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia.
- William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia.
- William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia.
- William Freehling: American President: William Henry Harrison: Life Before the Presidency, Miller Center of Public Affairs der University of Virginia.
- Vgl. dazu David Curtis Skaggs: Decisions at Sandwich: William Henry Harrison and the Pursuit to the Thames. In: Michigan Historical Review. Vol. 38, No. 1, Frühjahr 2012, ISSN 0890-1686, S. 107–128.
- Metropolitan Museum of Art, New York: William Henry Harrison, ca. 1850. Abgerufen am 10. Mai 2019.
- Vgl. dazu Leslie L. Hunter: The Role of Music in the 1840 Campaign of William Henry Harrison. In: The Bulletin of Historical Research in Music Education. Vol. 10, No. 2, Juli 1989, ISSN 0739-5639, S. 107–110.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 115, 119–121.
- Gail Collins: William Henry Harrison. S. 21f.
Horst Dippel: William H. Harrison (1841): Präsident für einen Monat. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Präsidenten: 44 historische Portraits von George Washington bis Barack Obama. 2013, S. 136–138; hier: S. 137f. - Horst Dippel: William H. Harrison (1841): Präsident für einen Monat. In: Christof Mauch (Hrsg.): Die amerikanischen Präsidenten: 44 historische Portraits von George Washington bis Barack Obama. 2013, S. 136–138; hier: S. 138.
- Charles Curry Aiken, Joseph Nathan Kane: The American Counties: Origins of County Names, Dates of Creation, Area, and Population Data, 1950–2010. 6. Auflage. Scarecrow Press, Lanham 2013, ISBN 978-0-8108-8762-6, S. XIV.
- Steve Nolte: 2010 Coins. Frederick Fell, Hollywood 2010, ISBN 978-0-88391-174-7, S. 137.
- Listing of National Historic Landmarks by State: Indiana. National Park Service, abgerufen am 10. November 2020.