Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber
Der European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E) ist ein europäischer Verband, in dem alle Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Pflichtmitglieder sind. Die Vorgängerorganisation hieß European Transmission System Operators (ETSO).
European Network of Transmission System Operators for Electricity (ENTSO-E) | |
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Rechtsform | AISBL |
Sitz | Brüssel |
Gründung | 1999 |
Mitglieder | 43 (Unternehmen)[1] |
Website | www.entsoe.eu |
Entstehung
Der Vorgänger der ENTSO-E war die ETSO. Die European Transmission System Operators (ETSO) entstand 1999 als europäischer Verband im Zuge der Schaffung eines Gemeinsamen Strommarktes aus den regionalen Verbänden ATSOI (Irland), UKTSOA (Vereinigtes Königreich), NORDEL (Skandinavien) und UCTE (Verband für die Koordinierung des Transports elektrischer Energie).[2] In der ETSO sind auch Mitglieder wie Lettland, die technisch in der russischen Regelzone IPS/UPS sind. 2001 wurde der ETSO ein internationaler Verband mit 32 Mitgliedern aus 15 EU-Ländern plus Norwegen und Schweiz. 2009 waren 40 Übertragungsnetzbetreiber vereint.[2]
Seit dem 1. Juli 2009 hat der Verband ENTSO-E (European Network of Transmission System Operators for Electricity) die Aufgaben der ETSO übernommen. Auslöser war die „Verordnung (EG) Nr. 714/2009 vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003“ in welcher die Gründung vorgeschrieben wurde – dort bezeichnet als „ENTSO (Strom)“.[3] In einer separaten Verordnung entstand analog die Schwesterorganisation „ENTSO (Gas)“, siehe ENTSO-G.
Struktur
Die ENTSO-E-Hauptorgane sind die Versammlung (Assembly) und der Lenkungsausschuss (Board). Präsident ist Hervé Laffaye (RTE, Frankreich), Vorsitzender des Lenkungsausschusses ist Joachim Vanzetta (Amprion, Deutschland). Der ENTSO-E verfügt zudem über ein Generalsekretariat und zahlreiche Arbeitsgruppen für bestimmte Themenbereiche wie Stromnetzzugang, elektronischen Datenaustausch oder Strompreise.
Mitglieder
2018 repräsentierte ENTSO-E 43 Übertragungsnetzbetreiber aus 36 europäischen Ländern; der türkische Übertragungsnetzbetreiber hat dabei den Status eines beobachtenden Mitglieds.[1] Mit dem Brexit 2021 sind die drei Betreiber des National Grid von Großbritannien ausgeschieden, der nordirische SONI verblieb.
Staat | Übertragungsnetzbetreiber – ENTSO-E-Mitglied(er)[1] | Netzlänge 2017[4] (km Stromkreise)Anm. |
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Albanien | Operatori i Sistemit te Transmetimit (OST) | 3.336 |
Belgien | Elia System Operator | 5.345 |
Bosnien und Herzegowina | Nezavisni operator sustava u Bosni i Hercegovini (NOS BiH) | 6.338 |
Bulgarien | Electroenergien Sistemen Operator (ESO) | 15.236 |
Dänemark | Energinet.dk | 5.491 |
Deutschland | Amprion Tennet TSO TransnetBW 50Hertz Transmission |
35.922 |
Estland | Elering | 5.306 |
Finnland | Fingrid | 14.398 |
Frankreich | Réseau de Transport d’Electricité (RTE) | 50.207 |
Griechenland | Independent Power Transmission Operator (ADMIE/IPTO) | 17.168 |
Irland | EirGrid | 7.116 |
Island | Landsnet | k. A. |
Italien | Terna – Rete Elettrica Nazionale | 68.041 |
Kroatien | Hrvatski operator prijenosnog sustava (HOPS) | 7.305 |
Lettland | Augstsprieguma tÏkls (AST) | 5.251 |
Litauen | Litgrid | 7.003 |
Luxemburg | Creos Luxembourg | 130 |
Montenegro | Crnogorski elektroprenosni sistem (CGES) | 835 |
Niederlande | TenneT | 8.594 |
Nordmazedonien | Macedonian Transmission System Operator (MEPSO) | 2.122 |
Norwegen | Statnett | 12.302 |
Österreich | Austrian Power Grid (APG) Vorarlberger Übertragungsnetz (VÜN) |
6.728 |
Polen | Polskie Sieci Elektroenergetyczne (PSE) | 14.550 |
Portugal | Rede Eléctrica Nacional (REN) | 8.908 |
Republik Zypern | Cyprus TSO | 973 |
Rumänien | Transelectrica | 9.888 |
Schweden | Svenska kraftnät | 15.482 |
Schweiz | Swissgrid | 6.543 |
Serbien | Elektromreža Srbije (EMS) | 3.869 |
Slowakei | Slovenská elektrizačná prenosová sústava (SEPS) | 2.465 |
Slowenien | Sistemski operater prenosnega elektroenergetskega omrežja (ELES) | 2.893 |
Spanien | Red Eléctrica (REE) | 40.635 |
Tschechien | Česká energetická přenosová soustava (ČEPS) | 5.728 |
Türkei | Türkiye Elektrik İletim (TEİAŞ) – beobachtendes Mitglied | 66.175 |
Ungarn | Magyar Villamosenergia-ipari Átviteli Rendszerirányító Zártkörűen Működő Részvénytársaság (MAVIR) | 4.645 |
Vereinigtes Königreich | System Operator for Northern Ireland (SONI) Scottish Hydro Electric Transmission (SSE) ScottishPower Transmission |
20.695 |
Netzausbau
Im Jahr 2009 legte der ENTSO-E Pläne für einen insgesamt 42.100 neue Leitungskilometer umfassenden Netzausbau in Europa vor. Die entsprechenden Trassen sollen bis circa 2020 gebaut werden. Es handelt sich bei ihnen überwiegend um die Pyrenäen zwischen Spanien und Frankreich querende Verbindungen, um Nord-Süd-Verbindungen in Deutschland sowie Netzverstärkungen rund um die Nordsee zum Anschluss der entstehenden Offshore-Windparks. Weitere Netzverstärkungen sind in Skandinavien geplant.[5]
Netzcodes
Der ENTSO-E formuliert die Regeln für den Betrieb des Netzes (sogenannten Netzcodes) neu. Die Netzcodes legen verbindlich fest, wie und wann ein Netzbetreiber einspeisende Kraftwerke abregeln darf, um Spannung und Frequenz im Stromnetz stabil zu halten.[5] Hierdurch erhalten die Netzbetreiber die Möglichkeit, den Energiemix im Leitungsnetz, vom Windpark bis zum Atomkraftwerk, ihren eigenen Bedürfnissen anzupassen. Im Zusammenspiel mit ihren regionalen Partnern innerhalb der Regelzonen haben sie so eine direkte Kontrolle über die Auslastung der Energieerzeuger und damit auch über die Rentabilität konventioneller und alternativer Energien.
Die europäischen Netzcodes ersetzen mit ihrem Inkrafttreten bestehende nationale Vorgänger weitgehend, wie beispielsweise die Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber.
ENTSO-E Transparenzplattform
Besorgnisse über mangelnde Transparenz im Energiehandel und die Einschätzung, dass preisbestimmende Informationen oftmals nur wenigen Marktteilnehmern bekannt sind, führten zu der Verordnung (EU) Nr. 5 43/2013 vom 14. Juni 2013 über die Übermittlung und Veröffentlichung von Daten auf den Strommärkten. Diese Verordnung verpflichtet Erzeuger, Netzbetreiber und Eigentümer von Speicherkapazitäten preisbestimmende Fundamentaldaten an die ENTSO-E-Transparenzplattform zur Veröffentlichung zu melden. Diese Daten können dort nach Registrierung von jedermann eingesehen werden. ENTSO-E-Daten sind die Basis für zahlreiche Veröffentlichungen über die Strommärkte. Sie enthalten Stromeinspeiseprofile nach Art der Erzeugung und nach Regelzone, Kraftwerksausfälle, Speicherkapazitäten und Speicherauslastungen, Lastdaten für alle Regelzonen, Nettoexportsalden und viele andere Informationen.[6]
Weitere Aktivitäten
- Der Austausch von Strommengen zwischen den Mitgliedern ist beträchtlich und kann über die monatlichen Statistiken der (ehemaligen) UCTE verfolgt werden. So verbrauchte Österreich z. B. im Januar 2006 6.407 Gigawattstunden Strom, produzierte aber nur 5.250 Gigawattstunden (GWh). Netto 1.157 GWh mussten also importiert werden. Das heißt aber nicht, dass nur Strom nach Österreich floss. Es exportierte insgesamt 1.260 GWh, und zwar 754 GWh an die Schweiz, 419 GWh an Deutschland, 75 GWh nach Italien, 10 GWh nach Slowenien und 2 GWh nach Ungarn. Gleichzeitig importierte Österreich über bestimmte Stränge und Zeiten während des Monats Januar 2.757 GWh, und zwar 1.706 GWh aus Deutschland, 631 GWh aus Tschechien, 222 GWh aus Slowenien, 196 GWh aus Ungarn und 2 GWh aus Italien. Im Januar 2006 wurden so insgesamt 25.713 GWh über Staatsgrenzen innerhalb des westeuropäischen Verbundsystems ausgetauscht, samt dem Verkehr mit den äußeren Partnern 30.173 GWh.
- Es gibt zwei Projektgruppen, welche die Aufnahme der Netzbetreiber der Türkei, der Ukraine und Moldawiens prüfen.[7] Die Türkei wurde im September 2010 im Testbetrieb synchron mit dem Verbundnetz gekoppelt.
- Der ENTSO-E befasst sich neben dem Betrieb der Netze auch ständig mit Regeln und Weiterentwicklungen zum sicheren Betrieb der Netze und von Kraftwerken, der Planung und Abstimmung von Erweiterungen und Verbesserungen der Netze sowie der Dokumentation und Planung der Austauschvorgänge.
IT-Sicherheit
Im März 2020 wurden unbefugte Zugriffe auf das Büronetzwerk des Verbandes registriert.[8] Der Zugriff war dem Verband zufolge nicht geeignet, auf die Stromnetze in Europa Einfluss zu nehmen.
Anschluss der Ukraine an das westeuropäische Stromnetz
Die Ukraine bat am 27. Februar 2022, wenige Tage nach dem Beginn des russischen Überfalls, um sofortigen Notanschluss an das europäische Stromnetz, um die Versorgungssicherheit und auch einen möglichen Notfallbetrieb ihrer Kernkraftwerke zu garantieren.[9]
Die für Energie zuständigen Minister der EU-Mitgliedstaaten einigten sich am gleichen Tag auf den Anschluss der Ukraine an das westeuropäische Stromnetz. EU-Energiekommissarin Kadri Simson sagte, es habe „breite Übereinstimmung“ gegeben, dies „so schnell wie möglich“ zu tun. Sie betonte, diese Synchronisierung sei „technisch anspruchsvoll“ und nicht sofort umzusetzen. Die Ukraine und die Republik Moldau seien nicht mehr an das russische Stromnetz angebunden und im Inselbetrieb.[10]
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle Website (englisch)
- ENTSO-E-Transparenzplattform (englisch)
Einzelnachweise
- ENTSO-E Member Companies. In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
- European Transmission System Operators (ETSO). In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
- Verordnung (EG) Nr. 714/2009 (PDF)
- Power Statistics. Inventory of transmission. Datenbankabfrage für das Jahr 2017. In: entsoe.eu. Abgerufen am 19. Oktober 2018 (englisch).
- Streit um neues Stromnetz für Europa. heise.de, 26. Mai 2010.
- Electricity Market Transparency. Abgerufen am 9. September 2021 (englisch).
- System Extension Projects for the Continental European Synchronous Area. In: entsoe.eu. Abgerufen am 20. Oktober 2018 (englisch).
- Patrick Beuth, DER SPIEGEL: Hacker dringen ins IT-Netzwerk des Stromnetzbetreiber-Verbands ein - DER SPIEGEL - Netzwelt. Abgerufen am 12. März 2020.
- faz.net: Ukraine erbittet Notanschluss an Europas Stromnetz
- ENTSO-E: Continental Europe TSOs are fully committed to the synchronisation with Ukraine and Moldova power systems. Pressemitteilung vom 1. März 2022