Annit (Mineral)
Annit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Glimmergruppe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Zusammensetzung KFe2+3[(OH,F)2|AlSi3O10][1] und damit chemisch gesehen ein Kalium-Eisen-Alumosolikat mit zusätzlichen Fluor- und/oder Hydroxidionen. Strukturell gehört Annit zu den Schichtsilikaten (Phyllosilikate).
Annit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | KFe2+3[(OH,F)2|AlSi3O10][1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.EC.20 (8. Auflage: VIII/E.05b) 71.02.02b.03 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12) |
Gitterparameter | a = 5,3860 Å; b = 9,3241 Å; c = 10,2683 Å β = 100,63°[2] |
Formeleinheiten | Z = 2[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 2,5 bis 3 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,3; berechnet: [3,36][2] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001}[2] |
Farbe | schwarz, rötlichbraun |
Strichfarbe | bräunliches Weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz, Perlmuttglanz[3] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,625 bis 1,631 nβ = 1,690 nγ = 1,691 bis 1,697[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,066[4] |
Achsenwinkel | 2V = 0° bis 5°[2] |
Pleochroismus | in X-Richtung Braun, in Y- und Z-Richtung Dunkelbraun[2] |
Annit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt durchsichtige bis durchscheinende, meist tafelige Kristalle und blättrige Mineral-Aggregate von schwarzer Farbe mit rötlichem Schimmer. Je nach Ausprägung weisen die Kristalloberflächen einen glasähnlichem oder perlmuttartigem Glanz auf.
Etymologie und Geschichte
Das Mineral wurde schon 1868 von James Dwight Dana in seiner sechsten Ausgabe von Dana's system of mineralogy beschrieben, in dem er auch die Systematik der Minerale nach Dana begründete.[5] Annit wurde nach seiner ersten Fundstelle (Typlokalität), dem Cape Ann an der östlichen Landzunge vom Essex County in Massachusetts, USA benannt.[2]
Klassifikation
Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Annit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Hendricksit, Phlogopit, Polylithionit, Siderophyllit, Tainiolith, Trilithionit sowie den inzwischen als Mischkristalle diskreditierten Biotit, Lepidolith und Zinnwaldit die „Biotit-Reihe“ mit der System-Nr. VIII/E.05b innerhalb der Glimmer-Gruppe (VIII/E.05) bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/H.11-110. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Schichtsilikate“, wo Annit zusammen mit Aspidolith, Balestrait, Eastonit, Ephesit, Fluorannit, Fluorophlogopit, Fluorotetraferriphlogopit, Hendricksit, Hydrobiotit, Luanshiveiit, Masutomilith, Montdorit, Norrishit, Orlovit, Oxyphlogopit, Phlogopit, Polylithionit, Preiswerkit, Shirokshinit, Shirozulith, Siderophyllit, Sokolovait, Suhailit, Tetraferriannit, Tetraferriphlogopit, Trilithionit, Tainiolith, Voloshinit, Yangzhumingit die „Lithionit/Biotit-Reihe“ (VIII/H.11) bildet.[6]
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[7] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Annit ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist jedoch weiter unterteilt nach der Schichtstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen und oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Aspidolith, Biotit, Eastonit, Ephesit, Fluorannit, Fluorophlogopit, Hendricksit, Lepidolith, Masutomilith, Norrishit, Phlogopit, Polylithionit, Preiswerkit, Shirokshinit, Shirozulith, Siderophyllit, Sokolovait, Suhailit, Tetraferriannit, Tetraferriphlogopit, Trilithionit, Wonesit und Zinnwaldit die „Phlogopitgruppe“ mit der System-Nr. 9.EC.20 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Annit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale (Phyllosilikate)“ ein. Hier ist er in der „Glimmergruppe (Biotit-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 71.02.02b zu finden.
Chemismus
Bei einer Untersuchung von zwei Annit-Proben wurden bei einer Probe geringe Beimengungen von Magnesiumoxid festgestellt, bei einer anderen Probe wurde ein etwas höherer Aluminiumanteil festgestellt, dafür fehlten die Fluor- und Hydroxidgruppen.[2]
Kristallstruktur
Annit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 5,3860 Å, b = 9,3241 Å und c = 10,2683 Å und zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.
Eigenschaften
Annit ist Bestandteil von Biotit. Biotit wurde 1999 der Status als eigenständiges Material aberkannt, es wird nun als Mischkristall in der Annit-Phlogopit-Mischreihe behandelt.[8]
Zudem hat Annit einen Pleochroismus. Es scheint in X-Richtung braun, in Y- und Z-Richtung dagegen dunkelbraun.[2]
Bildung und Fundorte
Annit bildet sich in magnesiumarmen magmatischen und metamorphen Gesteinen. Als Begleitminerale können unter anderem Fluorit und Zirkon auftreten.[2]
Als eher seltene Mineralbildung kann Annit an verschiedenen Fundorten zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweit sind bisher rund 400 Fundorte für Annit dokumentiert.[9]
In Deutschland gibt es in Rheinland-Pfalz einen Fundort in Rockeskyll bei Gerolstein an der Eifel. Zwei Fundorte gibt es auch in Sachsen, beide in der Oberlausitz: Einer liegt in Thiemendorf, Gemeinde Waldhufen, der andere in Döbschütz, Gemeinde Vierkirchen.
In Österreich gibt es einen Fundort in der Steiermark im Gebirgszug Gleinalpe. Eventuell befindet sich ein weiterer Fundort in Amering im Bezirk Murtal.
In der Schweiz gibt es zwei Fundstellen. Einer befindet sich Chironico im Kanton Tessin. Der andere ist in Thyon im Kanton Wallis.
Ansonsten kann das Mineral in Ägypten, Argentinien, Australien, Brasilien, China, Eritrea, Finnland, Griechenland, Indien, Italien, Japan, Kamerun, Kanada, Madagaskar, Malawi, der Mongolei, dem Niger, Norwegen, den Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, St. Lucia, der Slowakei, Südafrika, Spanien, Schweden, der Tschechischen Republik, dem Vereinigten Königreich, der Ukraine, Ungarn und den USA gefunden werden. Das Mineral ist somit in 34 Staaten und auf allen Kontinenten vertreten.[10]
Siehe auch
Literatur
- David R. Wones: Physical properties of synthetic biotites on the join phlogopite-annite. In: American Mineralogist, Vol. 48, 1963, S. 1300–1321
- Embaie Ferrow: Mössbauer and X-ray studies on the oxidation of annite and ferriannite. In: Physics and Chemistry of Minerals., Band 14, 1987, Springer Verlag, S. 270–275, doi:10.1007/BF00307993
Weblinks
- Annit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 16. Dezember 2021.
- David Barthelmy: Annite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
- Annite search results. In: rruff.info. Database of Raman spectroscopy, X-ray diffraction and chemistry of minerals (RRUFF), abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
- American-Mineralogist-Crystal-Structure-Database – Annite. In: rruff.geo.arizona.edu. Abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 667.
- Annite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 69 kB; abgerufen am 16. Dezember 2021]).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 252.
- Annite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
- Annit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 16. Dezember 2021.
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,82 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
- Biotit. In: Mineralienatlas Lexikon. Stefan Schorn u. a., abgerufen am 16. Dezember 2021.
- Localities for Annite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 16. Dezember 2021 (englisch).
- Fundortliste für Annit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 16. Dezember 2021.