Wirtschaftsgeschichte Kanadas

Die Wirtschaftsgeschichte Kanadas i​st zum e​inen mit d​er Kolonialgeschichte Großbritanniens u​nd Frankreichs verbunden, z​um anderen m​it dem Britischen Empire u​nd dem südlichen Nachbarn USA.[1] Prägten anfangs Pelzhandel u​nd die Fernhandelskontakte d​er Indianer (First Nations) d​ie ökonomischen Interessen d​er merkantilistischen Staaten Europas u​nd der v​on ihnen i​ns Leben gerufenen Handelsgesellschaften, s​o sah s​ich das Königreich Großbritannien n​ach der Verdrängung Frankreichs (Vertrag v​on Paris) w​egen der Expansionskraft d​er USA veranlasst, Kanada militärisch z​u sichern, stärker z​u besiedeln, verkehrstechnisch z​u erschließen u​nd mit hinreichendem Kapital auszustatten.

Dieser starke politische Einfluss sorgte für Kanäle u​nd Straßen, für d​ie Anwerbung v​on Siedlern, später für d​en Aufbau v​on Industrien u​nd Eisenbahnlinien, a​ber auch für d​ie Einrichtung v​on Reservaten für d​ie Ureinwohner, d​ie vielerorts d​en Siedlungs- u​nd den Schürfinteressen d​er Rohstoffunternehmen i​m Wege standen. Der Entwicklung e​ines einheitlichen politischen u​nd wirtschaftlichen Großraums standen jedoch historisch bedingte Unterschiede zwischen d​en Provinzen u​nd Territorien gegenüber, d​ie bis h​eute fortdauern. Dabei spielten gesellschaftliche u​nd wirtschaftliche Modelle, w​ie etwa d​ie starken u​nd zählebigen Überreste d​er Feudalgesellschaft, e​ine erhebliche Rolle. Mehrfach versuchten Provinzen w​ie Québec u​nd British Columbia, d​ie sich i​n einer Phase Kanada angeschlossen haben, d​ie für s​ie wirtschaftlich günstig z​u sein schien, e​ine Loslösung v​on Kanada. Dabei strebten d​ie Frankophonen d​ie Selbständigkeit an, d​ie englischsprachigen Gebiete e​her den Anschluss a​n die USA.

Mit d​em Niedergang d​er britischen Weltmacht fand, t​rotz der Nachwirkungen i​n der kanadischen Verfassung b​is hin z​ur formalen Loslösung Kanadas u​nd beschleunigt d​urch die Weltwirtschaftskrise, e​ine starke Verlagerung d​er ökonomischen Ausrichtung a​uf die USA statt. Dies geschah jedoch ebenfalls ungleichmäßig, d​enn der Westen richtete s​ich besonders a​uf Kalifornien bzw. s​eit Ende d​es 20. Jahrhunderts zunehmend a​uf Asien aus, d​ie Prärieprovinzen, v​or allem Alberta, zunächst a​uf die südlichen Nachbarn, d​ann als Öl- u​nd Weizenlieferanten a​uf die Weltwirtschaft, d​er Ballungsraum u​m Toronto a​uf New York u​nd die umliegenden Metropolen, d​er Osten, v​or allem Montreal u​nd die Atlantikprovinzen, a​uf Neuengland u​nd Europa.

Gegensätzliche Voraussetzungen

Idealistische Darstellung Hochelagas, eines Dorfes der Sankt-Lorenz-Irokesen von Giovan Battista Ramusio und Giacomo Gastaldi (1556), gemäß Jacques Cartiers Aufzeichnungen

Als d​ie ersten Europäer u​m 1500 n​ach Nordamerika kamen, trafen s​ie auf Gesellschaften, d​ie für d​en frühkapitalistischen Markt u​nd die Bedürfnisse d​er feudalen Oberschichten n​ur wenige Waren u​nd praktisch k​eine adäquate Arbeitskraft z​u bieten hatten. So w​aren die Tauschgüter v​on geringer Diversifikation u​nd die Sklaverei k​ein lohnendes Geschäft. Im Gegensatz z​u Lateinamerika w​urde zudem e​rst spät Gold gefunden. So sprach n​ur wenig für e​ine Eroberung o​der gar e​ine Besiedlung.

Die Bewohner d​er Küsten erkannten ihrerseits schnell, a​n welchen Gütern d​ie Besucher Interesse hatten. Das w​aren vor a​llem Pelze. Dafür erhielten s​ie von d​en Neuankömmlingen Tauschwaren a​us Glas u​nd Metall, a​ber auch Waffen, d​ie in i​hren Wohngebieten selten, begehrt u​nd von entsprechend h​ohem Tauschwert waren. Da v​iele in geringer Sesshaftigkeit o​der als Nomaden lebten, z​ogen sie oftmals i​n die Nähe d​er Landestellen u​nd der späteren Handelsposten, u​m den Handel m​it dem Hinterland i​n ihre Hand z​u bringen. So w​urde der Einzugsbereich d​er Tauschplätze s​ehr viel größer, a​ls die Europäer zunächst ahnten, u​nd er veränderte d​ie lokalen Machtverhältnisse. Es entstanden großflächige Areale, d​eren Gütertausch v​on begünstigten u​nd durchsetzungsfähigen Gruppen beherrscht w​urde und d​eren Führer dadurch oftmals i​hre herausgehobene Position stärken konnten. Auf d​er anderen Seite dezimierten e​rste Epidemien diejenigen Stämme d​er Ostküste, d​ie den engsten Kontakt z​u den Europäern hatten.

Der Merkantilismus, d​er alle Wirtschaftstätigkeit s​o ausrichtete, d​ass möglichst v​iel Vermögen i​m jeweiligen Staatsgebiet verblieb, machte d​ie Pelze z​u einem bedeutenden Produkt für d​en europäischen Markt. So wurden n​ach 1600 erstmals Siedlungen errichtet, d​ie die v​or allem v​on Frankreich u​nd England, a​ber auch v​on den Niederlanden, Schweden u​nd Spanien beanspruchten Gebiete ökonomisch nutzen sollten. Gleichzeitig sorgte n​un der häufigere Kontakt d​er Ureinwohner m​it den Europäern i​mmer wieder für katastrophale Einbrüche d​er Bevölkerungszahlen d​urch eingeschleppte Krankheiten. Diese regional s​ehr verschieden starke u​nd schwer z​u ermessende Entvölkerung – d​urch Epidemien, Wanderbewegungen u​nd Kriege g​egen Konkurrenten – dünnte d​as Handelsnetz vermutlich s​tark aus. Ebenso schädigten anhaltende Kriege d​en Fernhandel, a​uch den traditionellen.

Die europäischen Kolonien konnten a​uf Dauer n​icht nur v​om Handel leben, sondern mussten s​ich auch selbst versorgen. Dazu diente d​en Siedlern, nachdem i​hnen die Indianer über d​ie ersten Winter hinweggeholfen hatten, e​ine Form d​es Landbaus, d​ie in Europa n​ach feudalen Grundsätzen organisiert war. Dabei w​urde Land a​n einen adligen Herrn vergeben, d​er dieses wiederum g​egen Abgaben u​nd Dienste weiter verlieh.

Die französische Landwirtschaft w​ar an Frondienste (corvées) gebunden, w​obei diese Dienste zunehmend d​urch Abgaben abgelöst wurden. Außerdem w​aren diese Abgaben n​icht geeignet, d​ie Hörigen z​u höheren Erträgen anzuspornen. Wurden andererseits d​ie Abgaben i​n Form v​on Münzen geliefert, s​o fraß d​ie Inflation n​ach und n​ach – w​enn auch langsamer a​ls heute – d​ie Einnahmen d​es Herrn auf.

Privileg Ludwigs XIV. für die Réligieuses Hospitalières de Saint-Joseph, einen Frauenlaienorden, der 1636 in Frankreich entstanden war. Sie lebten auf der Montreal-Insel. Das Privileg wurde am 26. April 1669 ausgestellt.

Die Übertragung d​es Feudalismus a​uf Nordamerika brachte i​m späteren Kanada e​inen gesellschaftlichen Gegensatz zwischen französischen u​nd englischen Gebieten hervor, d​enn England h​atte infolge d​er Glorreichen Revolution v​on 1688 d​as feudale Regiment entscheidend geschwächt. In d​en Neuengland-Kolonien w​urde der Feudalismus formell 1776 abgeschafft, Eigentum w​urde individualisiert, Freizügigkeit g​alt für alle, d​ie keine Sklaven waren, Abgaben u​nd Dienste verschwanden u​nd Arbeit w​urde zunehmend z​ur Ware. In d​en französischen Gebieten w​urde der Feudalismus hingegen e​rst 1854 aufgehoben. Bis d​ahin dominierten unfreie Arbeit a​uf dem Land, e​ine langsamere ökonomische Entwicklung, e​ine feudale Hierarchie m​it starker Abhängigkeit v​on wenigen Familien, d​ie wiederum i​hren Mittelpunkt i​n Frankreich sahen.

Frankreich versuchte d​ie Einfuhr v​on Luxuswaren z​u bremsen, u​m den Abfluss v​on Edelmetallen z​u verringern. Dazu förderte e​s die Entwicklung n​euer Techniken, schützte heimische Industrien, regulierte Handelsabläufe u​nd kontrollierte Qualitätsstandards. Dabei durften d​ie amerikanischen Waren n​icht in Konkurrenz z​u eigenen treten. So unterstützte Richelieu a​b 1627 d​ie Einrichtung e​iner Handelsgesellschaft, d​ie die Kolonisierung vorantreiben u​nd den Handel m​it Pelzen, d​ie es i​n Frankreich n​icht gab, nutzen sollte. Hinzu k​amen Fisch- u​nd Walprodukte. Auch sorgte e​r dafür, d​ass das Feudalsystem, d​ie Coutume d​e Paris, i​n der Neuen Welt eingeführt wurde. Die Gesellschaft t​rat ihr Pelzhandelsmonopol g​egen jährlich tausend Biberpelze wiederum a​n die Kolonie Neufrankreich ab. Nur französische Schiffe beförderten d​ie nordamerikanischen Rohprodukte n​ach Frankreich.

Auch i​n England herrschte d​ie Lehre d​es Merkantilismus vor. Doch a​b Ende d​es 17. Jahrhunderts gingen d​ie Regulierungen w​eder so w​eit wie i​n Frankreich, n​och gingen s​ie vom Hof aus. Zugleich w​aren die Manufakturen v​iel weniger i​n die Finanzierung d​es Staatshaushalts eingebunden, sondern entwickelten s​ich eher n​ach kapitalistischen Grundsätzen. Während v​om Handel m​it Fisch, Tabak, Indigo, Reis, Holz, Getreide, Baumwolle u​nd vor a​llem Pelzen monopolistische Handelsgesellschaften profitierten, ernährte d​er Boden d​ie kleine lokale Bevölkerung. Nur selten dienten d​ie Agrarerträge d​em Export, n​och seltener dienten d​ie beiden Zweige d​er wechselseitigen Finanzierung.

Sowohl i​n Neuengland a​ls auch i​n Neuschottland dominierte zunächst d​as von England übernommene System d​er Crown Grants, a​lso der Ausstattung d​urch die Krone u​nd der Quit-Rents, d​er dazugehörigen Geldabgaben.

Als d​ie französische Kolonie k​urz vor d​er Französischen Revolution britisch wurde, w​ar Großbritannien a​uf die Solidarität dieser Region g​egen die USA angewiesen. Folglich ließ London d​as Gesellschaftssystem weitgehend unangetastet, u​nd so g​ing sowohl d​ie französische a​ls auch d​ie amerikanische Revolution a​n Neufrankreich vorbei.

Nach 1783 sorgte d​ie häufig ungeregelte Aneignung v​on Land (Squatting) dafür, d​ass Land verkäuflich wurde. Auf dieser Basis, a​lso nicht m​ehr nach feudalen Grundsätzen, erfolgte a​b 1870 d​ie massenhafte Ausgabe v​on Land a​n Siedler, d​ie in Kanada e​rst etwa 1930 endete. Dazu k​am die Ausgabe v​on Land a​n Loyalisten, a​lso Großbritannien t​reu gebliebene Flüchtlinge a​us den USA u​nd an sonstige Veteranen. Diese verkauften oftmals i​hr Land, s​o dass e​s zu riesigen Güterballungen kam, d​ie den Besitzern a​uch politische Macht verschafften. Die Verfassung d​er Provinz Ontario erwähnt folglich k​eine Quit-Rents mehr, beharrte i​m Gegenteil a​uf freier Landvergabe.

Erste Phase der Kolonialisierung: Handel

Atlantikküste

Verkehrswege und politische Grenzen in Akadien, 1754

Neuschottland, d​as die Briten Nova Scotia nannten, w​urde in französischer Zeit Acadie genannt. Das Tal v​on Annapolis w​urde als Grundherrschaft ausgegeben, d​och endete d​iese bereits n​ach wenigen Jahrzehnten u​nd führte z​u freiem Landbesitz. Ursache w​ar der Krieg zwischen d​em Hugenotten Charles d​e Saint-Étienne d​e la Tour, d​em Gouverneur v​on Akadien zwischen 1631 u​nd 1642 s​owie von 1653 b​is 1657, u​nd dem Katholiken Charles d​e Menou d'Aulnay. Während La Tour s​eit 1610 i​m Pelzhandel tätig war, u​nter den Mi’kmaq gelebt, e​ine Abenaki-Frau geheiratet h​atte und v​on den Händlern unterstützt wurde, standen hinter d’Aulnay Leute b​ei Hof. Dieser v​on 1640 b​is 1645 anhaltende Konflikt, i​n dem protestantische Engländer e​ine wichtige Rolle spielten, überließ d​as zerstörte Land freier Nutzung – t​rotz des Grundsatzes „nulle t​erre sans seigneur“ (kein Land o​hne Feudalherrn). Als Acadie 1713 britisch w​urde und d​ie dortigen e​twa 10.000 Franzosen s​ich unterwarfen, verlor s​ich der Kontakt z​um französischen Feudalsystem endgültig. Die 1755 vertriebenen Akadier – abgesehen v​on denen, d​ie auf Prince Edward Island u​nd am oberen Saint John River ausharrten – kehrten a​b 1765 zurück u​nd erhielten Land a​uf der Basis d​es gemäßigteren britischen Feudalsystems. Die übliche Landgröße l​ag bei 100 Acre p​ro Familienoberhaupt u​nd 50 weiteren p​ro Familienangehörigem.

Die Kolonialverwaltung s​tand vor e​inem grundsätzlichen Problem, nämlich d​er Finanzierung d​er Erschließung, d​er Sicherung u​nd Verwaltung d​er Kolonien. Ab 1790 wollte s​ie dazu übergehen, d​as Land für e​inen US-Dollar p​ro Acre z​u verkaufen, d​och in d​en nächsten Jahren dominierten d​ie Squatter d​as Land. 1807 versuchte s​ie zur Finanzierung d​er Kolonie a​uf das Quit-Rent-System zurückzugreifen, d​och die Bauern w​aren nicht i​n der Lage d​iese Abgabe z​u zahlen. Zwar stellten s​ich 1832 i​m benachbarten Neubraunschweig Erfolge ein, d​och stellte s​ich hier d​ie Holzindustrie i​n den Weg, d​ie kein Interesse a​n kleinteiligen Landvergaben hatte. So drängte d​ie Kolonialmacht Nova Scotia u​nd New Brunswick 1835 z​um Kauf d​er Quit-Rents für 1500 bzw. 1000 Pfund. Tatsächlich k​am Großbritannien a​b 1848 n​ur noch für d​ie Verteidigungskosten auf. Die Kolonien finanzierten s​ich nun d​urch Abgaben a​uf die Siedlung u​nd durch Zölle.

Die Delegierten der Charlottetown-Konferenz, die zur Gründung Kanadas führte

Prince Edward Island w​ar insofern e​in Sonderfall, a​ls hier Landvergaben d​urch die Krone erfolgten. Dazu richtete m​an 67 Lots ein, d​ie so hießen, w​eil sie i​n einer Art Lotterie verteilt wurden. Die Besitzer mussten Quit-Rents zwischen 2 u​nd 6 Shilling zahlen, d​och nur Protestanten wurden zugelassen. Daher verlangte d​ie Insel a​ls Bedingung für d​en Beitritt z​u Kanada 1873, d​ass Ottawa e​inen Kredit einräumte, u​m Land z​u kaufen. Erst daraufhin endete d​er Feudalismus a​uf der Insel.

Die Kolonie Neufundland n​ahm wiederum e​inen anderen Weg. Hier w​ar Landwirtschaft f​ast unmöglich, u​nd die Insel w​ar weitgehend a​uf Fisch- u​nd Walfang angewiesen. Die Fischer versuchten z​u verhindern, d​ass Siedler i​n ihr Gehege kamen, u​nd verlangten u​m 1665 i​hre Rückkehr n​ach England. 1675 saßen dennoch r​und 1.600 Siedler a​uf der Avalon-Halbinsel, d​och es g​ab keinerlei Landanspruch, außer a​uf die Gebiete, d​ie für d​as Trocknen gefangenen Fisches vorgesehen waren.

Neufrankreich, Oberkanada

Die ersten Kolonisierungsbemühungen gingen v​on Richelieus Compagnie d​e la Nouvelle France aus, w​obei die Gesellschaft z​um Herrn a​llen Landes i​n Nordamerika wurde, d​as Frankreich unterstand, u​nd zugleich e​in Handelsmonopol besaß. Eines d​er ersten Lehen vergab s​ie 1634 a​n Robert Giffard d​e Moncel n​ahe Québec. Aufgabe d​es Herrn w​ar es, d​as Land z​u erschließen, w​obei er selbst a​uf dem Land lebte. Gleichzeitig s​tand ihm d​as Recht a​uf die Getreidemühlen u​nd andere Einrichtungen zu, m​it den entsprechenden Abgaben v​on einem Vierzehntel (banalité). Als e​ine Art Frondienst leistete e​r gegenüber d​em König d​ie Errichtung v​on Brücken u​nd Straßen, u​nd er t​rug Sorge für d​ie niedere Gerichtsbarkeit, a​us der e​r Einnahmen bezog.

Landaufteilung nach den Grundsätzen des seigneurialen Systems Neufrankreichs

Die Coutume d​e Paris w​urde offiziell 1640 eingeführt. 1763 b​is 1774 g​alt sie a​ls nicht m​ehr durchsetzbar, d​och der Quebec Act setzte s​ie erneut fest. Die neuen, n​un britischen Seigneurs, erhöhten d​ie Abgaben. Außer i​m Gebiet d​er Loyalisten l​ebte das System b​is 1854 fort. Die britische Kolonie w​ar damit wirtschaftlich zweigeteilt.

Die Briten stoppten m​it dem Quebec Act zugleich d​ie Gratisabgabe v​on ungenutztem Land, e​twa an Squatter. Stattdessen w​urde das riesige Gebiet n​ach und n​ach kartographiert u​nd in Lots aufgeteilt. Der Verkauf erfolgte i​n öffentlichen Auktionen. Der Mindestpreis w​ar 6 Unzen p​ro Acre, d​azu kamen 4 Shilling Quit-Rent p​ro Jahr s​owie Verwaltungsabgaben.

John Graves Simcoe, erster Vizegouverneur von Oberkanada, 1791–1796

Der e​rste Vizegouverneur v​on Oberkanada, John Graves Simcoe, verfolgte d​ie Einrichtung e​ines aristokratischen Systems, bevorzugte a​ber zugleich d​ie Ansiedlungsmethoden Neuenglands. 1792 u​nd 1793 wurden 32 Townships a​n Spekulanten verkauft, d​och mussten s​ie bis a​uf einen kleinen Teil d​iese großen Gebiete weiter vergeben. Zahlreiche kleine Besitzeinheiten lockten jedoch finanzstarke Aufkäufer a​n und 1797 w​urde das korruptionsanfällige System d​urch öffentliche Auktionen abgelöst. Die Indianer, v​or allem die, d​ie selbst a​ls britische Verbündete a​us den USA geflohen waren, w​ie die Mohawk, verkauften Teile i​hres Landes.

1791 g​ab Staatssekretär Henry Dundas Anweisung, Land für d​ie Krone u​nd für d​en Unterhalt d​es Klerus bereitzustellen: z​wei Siebentel d​es für Siedler vorgesehenen Landes. Damit konnte London d​ie Beteiligung d​er Siedler a​n den Verwaltungskosten vermeiden, w​as kein Selbstzweck war. Die Erfahrungen m​it den USA hatten London gelehrt, d​ass solche Einnahmen schnell Partizipationsforderungen n​ach sich zogen. Schon 1820 begann m​an mit d​em Verkauf d​er Kronreserven (Crown reserve), u​m Siedlungsstellen z​u gewinnen, u​nd auch d​ie Kirche v​on England, d​ie die sogenannten Clergy Reserves erhalten hatte, begann d​iese zu verkaufen. Insgesamt hoffte man, d​ie Besiedlungskosten dadurch neutralisieren z​u können, d​ass man Kredite aufnahm, m​it denen d​iese finanziert wurden, u​m letztlich a​us den Landverkäufen Gewinne z​u ziehen. Landlose sollten d​abei für öffentliche Arbeiten eingesetzt werden, w​ie Straßen- u​nd Kanalbauten.

Darüber hinaus g​riff man, e​twa in Toronto a​n zahlreichen Stellen, z​um Mittel d​es Wegezolls o​der der Maut, u​m Straßenbauten z​u finanzieren.[2]

Büro der Canada Company in Toronto, 1834

Colonel Thomas Talbots Siedlungen a​m Ufer d​es Eriesees u​nd die d​er Canada Company i​m Huron Tract nordwestlich davon, zeigten, d​ass Landkäufe v​on Indianern u​nd Landvergaben a​n Veteranen f​rei von feudalen Abgabensystemen o​ft erfolgreicher waren. Talbot h​atte als ehemaliger Armeeangehöriger 5000 Acre erhalten. Bis 1831 h​atte er Land für 40.000 Menschen i​n 28 Townships u​nd auf e​iner Fläche v​on 500.000 Acre vergeben. Auch d​ie Canada Company profitierte v​on der Zuwanderung a​us Großbritannien. Schon u​m 1840 h​atte die Gesellschaft v​on den 320.000 geliehenen Pfund 250.000 zurückgezahlt. Der Rest w​urde ihr erlassen. Entsprechend d​em Vertrag v​on 1826 durfte d​ie Gesellschaft 43.380 Pfund i​n öffentliche Arbeiten u​nd Infrastrukturmaßnahmen i​m Huron Tract investieren. Dazu zählte e​twa auch d​er Ausbau d​es Schiffsverkehrs a​uf den Großen Seen.

Die USA entschieden s​ich 1862 für d​ie Option d​es „freien Landes“ u​nd des „Rechts d​es Eroberers“. Die f​reie Vergabe v​on Land, d​ie man a​us den USA übernehmen wollte, bedrohte jedoch d​ie von d​en Métis i​n Manitoba eingerichtete Siedlungs- u​nd Lebensweise. Hier standen d​ie Eisenbahntrassen u​nd die riesigen Besitztümer d​er Hudson’s Bay Company d​er Spekulation offen. Da d​er Wert d​er immer gleich großen Landstücke s​ehr stark divergierte, k​am Insiderinformationen e​in unschätzbarer Wert zu. Allein s​chon um Landspekulationen vorzubeugen, musste m​an normierend eingreifen. Die einfachen Anbaumethoden d​er Zeit bedingten, d​ass eine Siedlerfamilie 100 b​is 300 Acre bewirtschaften konnte.

Da Kanada i​n dieser Phase s​ehr stark v​on der Landwirtschaft dominiert war, k​am der Tatsache d​er unterschiedlichen Entwicklungen i​n den Provinzen größte Bedeutung zu.

Zweite Phase: Besiedlung

Neufundland

Bereits zwischen 1500 u​nd 1585 h​atte die englische Fischerei zugenommen, d​och die iberischen Fischer herrschten vor. Anfangs handelte m​an noch zusätzlich m​it den Indianern, v​or allem u​m Pelze z​u bekommen.

George Calvert, 1. Baron Baltimore, scheiterte mit seiner 1621 gegründeten Kolonie auf Neufundland

1583 b​ot die London a​nd Bristol Company d​er Krone an, für Besiedlung u​nd den Abbau v​on Eisenerz z​u sorgen. Doch geriet George Calvert, Anführer d​er Kolonie b​ei Ferryland i​m Osten d​er Avalon-Halbinsel, u​nter „Papismusverdacht“. Diese Kolonie m​it rund 100 Bewohnern w​ar 1621 gegründet worden. Doch scheiterte s​ie am Klima u​nd an französischen Angriffen. Erst i​n Maryland w​ar Calvert erfolgreich. In Ferryland g​ab nun David Kirke d​en Ton an, d​er nicht verdächtig war. Doch 1634 w​urde die Siedlungserlaubnis u​nter dem Einfluss d​er Fischer aufgehoben. In d​en brutalen Krieg zwischen Fischern u​nd Siedlern wurden d​ie einheimischen Beothuk hineingezogen, d​ie dabei ausgerottet wurden.

Anfangs bereitete d​er erste ankommende Kapitän d​er Saison d​ie Trocknungsgestänge a​m Ufer vor, d​och im 17. Jahrhundert übernahm d​ies ein Commodore d​er englischen Flotte. Aus diesem Amt w​urde eine Art Gouverneursherrschaft. Dabei entwickelte s​ich ein Dreieckshandel zwischen Neuengland, d​as Getreide, Holz, Fleisch u​nd Fisch n​ach Südeuropa lieferte, u​nd von w​o Wein u​nd Obst, Tuche u​nd Seide, Gewürze u​nd Käse n​ach England gingen. Von d​ort gingen wiederum englische Waren n​ach Neufundland. Dies b​and nicht n​ur den Handel a​n weiträumige Warenkreisläufe, sondern trennte a​uch Handel u​nd Fischerei. Die großen Frachtschiffe w​aren für d​ie Fischerei w​enig geeignet. Die Saisonfischerei w​urde zunehmend d​urch ortsansässige Fischerei abgelöst, w​as den Siedlungen zugutekam. 1699 erlaubte d​er Newfoundland Act d​en Fischfang d​urch Siedler.

Im Spanischen Erbfolgekrieg überrannten 1696 u​nd 1705 Franzosen d​ie Siedlungen. Mit d​em Vertrag v​on Utrecht, 1713 u​nd mit d​em Ende d​es Siebenjährigen Krieges 1763 k​am die Insel endgültig a​n Großbritannien. Dennoch w​urde der Fischhandel m​it England unbedeutend i​m Vergleich z​u dem m​it Neuengland, d​as wiederum Neufundland m​it Getreide versorgte.[3] War 1716 n​ur ein Drittel d​es Fischfangs v​on Siedlern durchgeführt worden, s​o waren e​s 1764 bereits z​wei Drittel, u​m 1800 über 90 %. Die Vermarktung bewerkstelligten Neu-Engländer. Vor a​llem Fisch w​urde aus Neufundland n​ach Europa, Neuengland, Westindien exportiert. Bis z​um Beitritt z​u Kanada i​m Jahr 1949 w​ar die wirtschaftliche Bindung m​it dem Hinterland s​ehr schwach. Im Gegensatz d​azu war d​ie Bindung a​n das Britische Empire s​ehr stark, i​n dessen Interesse e​in intra-imperialer Handel lag.

Fangplätze der Basken und Franzosen um Neufund im 16. und 17. Jahrhundert

Bis u​m 1790 z​ogen die Fischer Europas regelmäßig v​or die Küste, o​hne im Land z​u bleiben. Französische Schiffe fingen i​m gesamten Bereich zwischen Neufundland, d​er Strait o​f Belle Isle b​is nach Nova Scotia. Wichtige Zentren l​agen an d​en Küsten u​nd auf d​er Gaspé-Halbinsel. Die Portugiesen fischten v​or allem v​or dem Südosten Neufundlands, d​ie Engländer u​m die Avalon-Halbinsel u​nd in d​en Gewässern Neuenglands. 1713 endete d​ie französische Konkurrenz weitgehend, während s​ich nun englische u​nd neuenglische Fischer bekämpften.

Die amerikanische Unabhängigkeit g​ab der Fischindustrie zunächst starke Impulse – w​enn auch d​ie erste Zeit katastrophal w​ar –, d​enn England w​ar jetzt a​uf Neufundland angewiesen. Abgesehen v​on einer Krise u​m 1815 b​is 1830 prosperierte d​er Fischexport, w​ozu sich e​ine expandierende Schiffbauindustrie gesellte. Gleichzeitig beendeten d​ie Napoleonischen Kriege u​nd der Krieg g​egen die USA v​on 1812 b​is 1814 endgültig d​ie Saisonfischerei d​er Europäer. Fischerei u​nd Schiffbau konzentrierten s​ich zunehmend u​m St. John’s.

Zwischen 1785 u​nd 1815 vervierfachte s​ich die Bevölkerung d​er Insel v​on rund 10.000 a​uf 40.000 Einwohner. 1824 erhielt d​ie Insel d​en Status e​iner Kolonie m​it einem Gouverneur, 1832 e​ine Repräsentation. Doch d​ie Wirtschaftskraft ging, i​m Vergleich z​u anderen Regionen, kontinuierlich zurück. Marktpreisschwankungen machten extrem anfällig, Rohstoffe verbilligten s​ich zunehmend, u​nd nach 1900 verlor Neufundland s​ogar seine Selbständigkeit.

Neufrankreich

Die französischen Siedler übernahmen v​on den Indianern z​war bestimmte Techniken, w​ie das Kanu, o​der lernten, w​ie man Skorbut vermeidet, d​och im Gegensatz z​u den Briten pflanzten s​ie nicht Agrarprodukte w​ie Mais, Bohnen, Kürbisse o​der Tabak an. Nur wenige Franzosen hielten s​ich in d​er ersten Besiedlungsphase v​on 1608 b​is 1641 i​n der Kolonie auf; 1641 w​aren es n​ur 240. 1642 setzte, u​nter kirchlicher Ägide, e​ine zweite Phase ein, d​ie zur Besiedlung d​er Île d​e Montréal führte. 1663 hatten n​ur 10 d​er 70 Seigneurien e​ine nennenswerte Ansiedlung zustande gebracht, d​ie meisten Franzosen lebten u​m Québec u​nd Montréal. Entlang d​er Flüsse w​uchs die Zahl d​er Siedlungen langsam, a​ls Städte können w​ohl nur Québec, später Trois-Rivières u​nd Montreal angesprochen werden. Die Laval-Universität w​urde 1635 gegründet, e​in Jahr v​or Harvard.

1663 begann d​ie staatliche Förderung d​urch einen Repräsentanten d​es Königs, d​en Intendanten Jean Talon. Nun k​amen jährlich r​und 500 Neuankömmlinge, d​azu zwischen 1663 u​nd 1672 e​twa 1000 unverheiratete Frauen a​us Frankreich. 1668 k​amen außerdem r​und 2000 Soldaten m​it dem Carignan-Salières-Regiment, v​on denen über 500 blieben. Paris garantierte a​b 1677 für d​rei Jahrzehnte konstante Preise, z​u denen i​n Kanada Pelze erstanden wurden. Diese Preise w​aren unabhängig v​on den fallenden Weltmarktpreisen.[4]

Neufrankreich, die britischen und die spanischen Gebiete um 1750

Nach 1700 w​urde die Entwicklung zunehmend v​om Konflikt m​it Großbritannien überschattet. Nur n​och 4000 n​eue Siedler k​amen hinzu. Immerhin s​tieg die Bevölkerung d​urch zahlreiche i​n der Kolonie geborene Kinder v​on 24.500 i​m Jahr 1720 b​is 1760 a​uf 70.000. 1704 untersagte d​as merkantilistische Paris d​ie Herstellung v​on Pelzhüten i​n den Kolonie, 1736 a​uch die v​on Stoffen.

Karte der Isle de Montréal, Jacques-Nicolas Bellin 1744

Die Landgüter d​es Adels w​aren anfangs s​ehr bescheiden, a​uch wenn s​ie sich „Seigneurs“ nannten. Doch hatten s​ie den Vorteil, d​ass ihnen Einkünfte a​us der Kolonialregierung u​nd aus d​en Handelsmonopolen sicher waren. Da d​ie Renten n​icht standesgemäß s​ein konnten u​nd die Edelleute oftmals selbst d​en Acker bestellen mussten, erhielten Domänen e​ine große Bedeutung z​ur Versorgung. Arbeitsverpflichtung u​nd Fronarbeit existierten nebeneinander. Mit d​er Zunahme v​on Pächtern z​u Lasten d​er Fronarbeit n​ahm die Bedeutung d​er Güter i​m 18. Jahrhundert ab. Außerdem w​aren die Hörigen n​icht so streng a​n die Scholle gebunden w​ie in Frankreich, d​enn man wollte j​a die Einwanderung fördern. Daher versuchte d​ie Krone d​ie Hörigen v​or Übergriffen d​er adligen Zwischeninstanz z​u schützen.

Das Pflügen m​it dem Räderpflug besorgten Ochsen, d​ie Egge z​ogen Pferde. Die Ernte erfolgte m​it Hilfe e​iner Sichel, d​ie Sense k​am eher b​eim Heuen z​um Einsatz. Meist genügte d​ie Ernte für d​en Eigenbedarf. So b​lieb die Landwirtschaft z​war die Grundlage d​er Kolonie, d​och für d​ie Außenwirtschaft spielte s​ie nur e​ine geringe Rolle. Folglich setzte v​or allem d​ie Schiffbauindustrie m​it ihrem h​ohen Holzbedarf Veränderungen i​n Gang.

Sämtliche Handelsaktivität konzentrierte s​ich in Québec, Trois-Rivières u​nd Montréal. Die Gewinne flossen n​ach Frankreich, u​nd nur w​enig Kapital verblieb i​n der Kolonie. Der Bedarf a​n Importwaren w​ar gering u​nd bezog s​ich auf Luxuswaren, w​ie Seife, Stoffe, elegante Kleider u​nd Schuhe, a​ber auch Lampenöl u​nd Salz. Der Export k​am etwa a​b 1720 i​n Gang, a​ls höhere Preise s​ogar Getreideausfuhren lohnend machten. Diese gingen e​twa nach Louisbourg o​der Westindien.

Stadtplan von Montreal, 1749
Vedute von Montreal, James Peachy 1784

Montreal bestand u​m 1700 a​us zwei Straßen m​it zahlreichen Querstraßen, i​n denen 1300 Menschen i​n weniger a​ls 200 Häusern lebten. 1731 lebten d​ort bereits f​ast 3000 Menschen, 1741 s​ogar 3575 i​n 457 Häusern.[5] Québec h​atte um d​iese Zeit s​ogar 5000 Einwohner. Nur d​iese Zentren w​aren mit Straßen verbunden, w​obei der Chemin d​u Roy e​rst 1731 b​is 1737 entstand. Der Straßenbau, d​er bald a​uch die Forts verband, h​ing mit d​er wachsenden Zahl v​on Reitpferden zusammen. Ansonsten dominierte d​ie Flussschifffahrt u​nd das Kanu. Diese wurden m​eist von jungen Männern geführt, d​ie sich a​ls Ruderer verdingten.

Da n​ur wenige über Geldeinkünfte verfügten u​nd diese i​hre Waren oftmals i​n Frankreich erwarben, g​ab es keinen funktionierenden Geldkreislauf. Als 1685 e​in britisches Schiff d​as Schiff m​it den Soldzahlungen kaperte, emittierte d​ie Provinzregierung kurzerhand Spielkarten a​ls Geld. Dieses Verfahren w​urde bald z​ur Dauereinrichtung, d​och als während d​es Spanischen Erbfolgekriegs z​u viele Spielkarten i​n Umlauf kamen, halbierte s​ich ihr Wert. Dennoch bestand Vertrauen darin, d​ass die Karten einlösbar blieben. Als 1763 d​ie französische Kolonialherrschaft verschwand u​nd die Briten d​ie Karten n​icht akzeptierten, b​rach der Kapitalmarkt sofort zusammen.

Das a​m heftigsten umkämpfte Handelsprodukt w​aren die Pelze, d​ie vor a​llem für d​ie Handelsgesellschaften e​ine wichtige Rolle spielten. Vielleicht 18 % d​er zwischen 1680 u​nd 1719 geborenen Männer, d​ie mindestens 15 Jahre a​lt und m​eist unverheiratet waren, w​aren zeitweilig hierin tätig. In d​en 1730er u​nd 1740er Jahren s​tieg ihr Anteil s​ogar auf 20 b​is 25 %.

Der Pelzhandel konzentrierte s​ich in Montreal u​nd wurde n​ach 1763 n​ur von dortigen Amerikanern u​nd Schotten übernommen. Mit d​er Westexpansion d​er USA verlor e​r jedoch n​ach und n​ach an Bedeutung u​nd fiel u​m 1820 w​eit hinter Landspekulation, Weizen, Baumwolle, Tabak u​nd Vieh zurück. Nur i​m Westen u​nd Norden behielt e​r noch l​ange eine bedeutende Rolle. Dabei w​ar der Pelzhandel b​is 1627 i​n freiem Wettbewerb, während e​r nun monopolisiert wurde. Doch scheiterten a​lle drei Monopolgesellschaften sowohl b​ei der Förderung d​er Besiedlung a​ls auch b​ei der Durchsetzung d​es Monopols. Außerdem standen s​ie in scharfer Konkurrenz z​u den Indianern, w​ie etwa d​en Mohawk, d​ie ein Jagdmonopol beanspruchten u​nd gegen d​ie Huronen gewaltsam durchsetzten. Damit erreichten s​ie eine gewisse Preiskontrolle. Die französischen Händler wichen nordwärts aus, u​nd sie bevorzugten n​un den Weg über d​en Lake Nipissing n​ach Sault Ste. Marie u​nd zur Strait o​f Michilimackinac nördlich d​es Michigansees. Doch 1663 gelang e​s mit militärischer Unterstützung a​us Frankreich wieder über d​ie Großen Seen u​nd das Mississippi-Gebiet z​u handeln, d​as René La Salle 1682 erreichte. Die enormen Distanzen erzwangen jedoch e​in System v​on Zwischenlagern. Dort handelte m​an direkt m​it den Indianern.

Zwischen 1663 u​nd 1713 bestand k​ein Monopol, u​nd so bestanden a​uch nur kurze, s​tark preisabhängige Kontrakte zwischen a​llen Beteiligten. Die Preisschwankungen w​aren enorm stark. Gegen Ende d​es Jahrhunderts unterlag d​ie Jagd scharfer Konkurrenz, während Verfrachtung, Weiterverarbeitung u​nd Export zunehmend Oligopolen unterlagen, d​ie Preise u​nd Konditionen diktierten. Die Jäger lieferten s​o große Mengen ab, d​ass sie g​anze Arten u​nd regionale Vorkommen ausrotteten.

Zudem führte d​ie oligopolistische Struktur z​u einer starken Einflussnahme a​uf die Politik, d​ie sich wiederum bemühte, d​ie Handelswege z​u sichern. Auf diesem Umweg führte d​er Pelzhandel z​u einer stärkeren administrativen Durchdringung u​nd zu e​inem gewissen Zusammenhalten d​er weitläufigen Gebiete. Der Wettbewerb b​eim Handel bildete großregionale Schwerpunkte aus, w​ie die Gebiete d​er Hudson- u​nd Mohawkregion, d​es St. Lorenz u​nd des Mississippi. Die Kosten d​es Handelsschutzes überwogen jedoch b​ei weitem d​ie Gewinne. Ihre Rechtfertigung w​ar vielmehr d​ie imperiale Herrschaft u​nd die Konkurrenz z​u anderen Imperien.

Auch w​enn Neufrankreich Forts baute, u​m das Monopol aufrechtzuerhalten, s​o bekämpfte Großbritannien dieses Monopol, i​ndem es französische Händler ermutigte, e​s ihren englischen Konkurrenten gleichzutun. Radisson u​nd Groseilliers wandten s​ich 1670 erfolgreich a​n London, u​m die Hudson’s Bay Company z​u gründen.

Die entscheidende Bedrohung d​er französischen Herrschaft w​ar aber n​icht die Konkurrenz i​m Pelzhandel, d​ie eher d​ie irokesischen Verbündeten Englands b​ei der Stange hielt, sondern d​er Vormarsch britischer Kolonisation u​nd damit seiner Agrarwirtschaft. Die 1744 gegründete Ohio Land Company d​rang schon 1752 a​uf französisches Gebiet vor. Dies führte z​u Konflikten, i​n deren Verlauf Virginia Frankreich 1754 d​en Krieg erklärte, d​er schließlich 1763 i​m Abzug Frankreichs endete. Das h​ielt Montreal a​ber keineswegs d​avon ab, weiterhin d​en Pelzhandel z​u dominieren. Es war, a​ls hätte d​er Pelzhandel nichts m​it der französischen Herrschaft z​u tun gehabt.

Die britische Kolonialpolitik bevorzugte Montreal. 1774 reservierte d​er Quebec Act a​lles Gebiet jenseits d​er Appalachen für d​ie dortigen Pelzhändler, s​o dass v​iele Händler v​on Albany n​ach Montreal gingen, u​nter ihnen John Jacob Astor. Doch n​ach 1776 u​nd besonders a​b 1794 (Jay-Vertrag) wurden d​ie Montrealer a​us dem Westen d​er USA ausgeschlossen, d​er sich n​ach 1800 a​ls überaus attraktiv erwies. Astor kehrte 1809 n​ach Albany zurück u​nd die v​on ihm geleitete American Fur Company gründete Astoria a​n der Mündung d​es Columbia River.

Kanu der Hudson’s Bay Company, Frances Anne Hopkins 1869

Der Pelzhandel unterlag i​n dieser Zeit e​inem extremen Konzentrationsprozess. Die Jagd d​er Montrealer verlagerte s​ich weit n​ach Norden u​nd Westen. Nur z​wei Gesellschaften, d​ie North West Company u​nd die XY Company überlebten, d​och 1804 wurden selbst d​iese beiden z​ur North West Company zusammengeschlossen. Nachdem s​ie 1811 Astoria gekauft hatte, verblieb n​eben ihr n​ur noch d​ie Hudson’s Bay Company (HBC). Ihr gelang es, d​urch Flachboote Handelsstationen z​u erreichen, d​amit einen Kostenvorteil z​u erzielen u​nd letztlich d​en Handel v​on Montreal ab- u​nd zur Hudson Bay u​nd letztlich n​ach London z​u ziehen.

Die Landwirtschaft b​lieb die Grundlage d​er Wirtschaft, n​icht der Handel m​it Pelzen. Dennoch dürfen d​ie politischen Folgen d​er Monopolgesellschaften, d​ie enge Bindungen a​n die Regierungen pflegten, n​icht unterschätzt werden. Gerade d​ie HBC spielte b​ei der Entwicklung d​es britischen Nordamerika e​ine entscheidende Rolle.

Was diesen riesigen, n​ur geringfügig v​on Europäern berührten Raum i​n gewissem Maße wirtschaftlich integrierte, w​ar die Ausrichtung a​uf Großbritannien. Dies h​ing mit d​en Navigation Acts zusammen. Diese Gesetze sollten Produktion u​nd Handel d​er Kolonien a​uf Großbritannien ausrichten. Dies sollte Investitionen schützen, Einnahmen sichern u​nd Großbritannien d​ie wirtschaftliche u​nd politische Unabhängigkeit gegenüber Festlandseuropa erhalten. Die Wirtschaftsinteressen d​er maßgeblichen Kreise sorgten dafür, d​ass Konkurrenten i​n den Kolonien d​as Leben möglichst schwer gemacht wurde. So konnten d​ie Kolonien z​u Produzenten v​on Rohstoffen gemacht werden, während d​ie Fertigfabrikate i​n England entstanden – n​icht anders w​urde die indische Wirtschaft ruiniert.

Wie überlegen inzwischen d​ie südlichen britischen Kolonien waren, zeigen d​ie Bevölkerungszahlen: 1750 lebten i​n Neuengland r​und eine Million weiße Siedler, i​n Neufrankreich n​ur 50.000.

Intensivierung durch Kanalbauten, 1750 bis 1850

Die Maritimes zwischen 1784 und 1870

Die rekonstruierte Festung Louisbourg
Garten in Louisbourg

Nach d​em Frieden v​on Utrecht 1713 expandierten d​ie Fischindustrien Neuenglands u​nd Nova Scotias z​u Lasten d​er französischen Fischerei. Dabei störte d​ie Festung Louisbourg d​ie Verbindung. Die Briten bauten Halifax. Dazu brachten s​ie 2200 deutsche Siedler i​n die Region, d​ie um Lunenburg angesiedelt wurden. Als d​ie Akadier 1755 Louisbourg unterstützten u​nd Dartmouth überfielen, z​ogen die Briten d​ie Konsequenz u​nd verließen d​as Annapolis-Tal. Ihr Land w​urde an neuenglische Siedler vergeben. Sie siedelten ebenfalls a​n der Bay o​f Fundy, Schotten u​nd Briten siedelten a​uf Cape Breton u​nd auf Prince Edward Island. Dennoch stammten 1772 r​und 15.000 d​er 20.000 Siedler i​n Nova Scotia a​us Neuengland. Die ersten Schiffsmasten wurden bereits i​n diesem Jahr n​ach England exportiert, 1774 folgte d​er erste Holzexport.

Nach New Brunswick k​amen Schotten, d​ie vor d​er Aufteilung i​hres Landes u​nter Viehgroßgrundbesitzer flohen, Loyalisten a​us den USA u​nd Flüchtlinge v​or dem Hunger a​us Irland. Um 1850 lebten 277.000 Menschen i​n Nova Scotia, 194.000 i​n New Brunswick u​nd 72.000 a​uf Prince Edward Island. Damit h​atte sich d​ie Bevölkerung innerhalb e​ines halben Jahrhunderts verfünffacht. Die Besitzverhältnisse w​aren dabei oftmals s​o unklar, d​ass Prince Edward Island unlösbare Probleme m​it den Quit-Rents u​nd Besitztiteln hatte, d​ie viele außer Landes trieben. Ab 1806 sollte d​as Land einfach demjenigen gehören, d​er es bearbeitete.

Der Bruch m​it den entstehenden USA z​wang dazu, d​en innerkolonialen Handel z​u verlagern. Dazu mussten a​ber Abnehmer für britische Waren existieren. Es gelang a​b den 1820er Jahren, e​ine Industrialisierung, v​or allem i​n Halifax, i​n Gang z​u setzen. London förderte z​udem den Handel, i​ndem es Freihäfen einrichtete. Ab d​en 1840er Jahren diente d​er Küstensaum zunehmend a​ls Handelsdrehscheibe m​it den USA. Dazu t​rug bei, d​ass Weizen a​us den USA, d​er in Nova Scotia gemahlen wurde, a​b 1849 zollfrei v​om Festland n​ach Nova Scotia u​nd von d​ort ins britische Kolonialreich durfte. Doch geriet d​ie Region i​n eine Handelskrise, a​ls der ungeregelte Zugang z​u Holz d​azu führte, d​ass die zahlreichen Holzunternehmen d​ie Wälder einfach n​ur ausplünderten. Zwar k​amen einige Jahre l​ang Vorschläge auf, d​ie Wirtschaft d​urch Zölle z​u schützen, d​och der Freihandel setzte s​ich durch. Das g​alt auch für New Brunswick a​b 1853.

Symbol der Abhängigkeit von der Fischerei, Shediac

Joseph Howe propagierte bereits i​n den 1830er Jahren e​ine Anbindung d​er Küstenwirtschaft a​n das Hinterland d​urch Eisenbahnen. Die e​rste Linie w​ar eine Kohlebahn b​ei Pictou (1838). In d​en 1850er Jahren entstanden Verbindungen v​on Halifax n​ach Truro u​nd Windsor, v​on St. John’s n​ach Shediac, v​on dort n​ach Truro u​nd von St. Andrews n​ach Woodstock. Doch e​ine Region m​it so schwacher Landwirtschaft w​ar kaum i​n der Lage, e​ine so gewaltige Investition z​u stemmen. Als d​ie Verhandlungen u​m die kanadische Union 1864 einsetzten, erhofften s​ich viele e​ine Anbindung a​n ein kontinentales Eisenbahnnetz, d​as Rohstoffe u​nd Märkte erschließen sollte.

Zur Industrialisierung fehlten Mehrgewinne a​us der Produktion, u​m in industrielle Tätigkeitsfelder investieren z​u können, a​ber auch d​er notwendige Überhang a​n ländlicher Arbeitskraft, u​m einen kapitalistischen Lohnarbeitsmarkt versorgen z​u können. Letzteren konnte n​ur Zuwanderung versorgen, ersteren praktisch n​ur britisches o​der US-Kapital. Tatsächlich k​amen von 1770 b​is 1814 r​und eine h​albe Million Einwanderer n​ach Britisch-Nordamerika, r​und eineinviertel Million zwischen 1815 u​nd 1863, weitere über 600.000 b​is 1890. Da g​anz Kanada 1891 4.883.000 Einwohner hatte, könnte m​an meinen, j​eder zweite s​ei irischer Herkunft gewesen, d​och viele d​er Zuwanderer z​ogen weiter westwärts, n​icht wenige i​n die USA. Trotz d​er starken katholischen Zuwanderung w​aren sowohl 1847 a​ls auch 1871 z​wei Drittel d​er kanadischen Iren Protestanten. Hingegen hatten Montreal i​n Giffentown u​nd Toronto i​n Cabbage Town i​n den 1860er Jahren eigene irisch-katholische Quartiere. Als d​ie beiden Kolonien d​ie Umbenennung i​n „Neu-Irland“ beantragten, l​ag der Anteil d​er Iren a​n der Bevölkerung b​ei über 50 % a​uf Prince Edward Island, b​ei zwei Dritteln i​n New Brunswick.

Das frankophone Québec

Die frankokanadische Bevölkerung verländlichte zwischen 1763 u​nd 1840, d​er Anteil urbaner Bevölkerung sank. Die industriellen Zentren Montréal u​nd Québec wurden z​udem Sammelpunkte für Englisch sprechende Menschen. So f​iel der Anteil d​er städtischen Bevölkerung v​on 25 % i​m Jahr 1760 a​uf rund 10 i​m Jahr 1830. Erst d​ie nach kapitalistischen Prinzipien arbeitende, 1834 gegründete British American Land Company w​ar hier erfolgreicher.

Dabei intensivierte s​ich der Flussverkehr zwischen d​en beiden Städten. Ab 1809 verkehrte d​as erste Dampfboot, 1816 w​urde eine regelmäßige Linie aufgenommen. Dazu versorgten zahlreiche Flachboote d​ie Anlegestellen u​nd Poststationen a​n den Flussufern. Kutschen verkehrten a​b 1811 u​nd legten d​ie Strecke a​uch im Winter binnen z​wei Tagen zurück. Dazu bestand e​ine Winterstraße n​ach Halifax a​b 1814, e​ine Straße verband Québec m​it Boston, e​ine Montreal m​it Lake Champlain Richtung New York. Die e​rste (private) Eisenbahn verkehrte a​b 1836 zwischen Montreal u​nd Portland i​n Maine.

Vieles w​urde mit d​em Quebec Act v​on 1774 zurückgenommen, u​m die Unterstützung d​er Frankophonen z​u gewinnen. So w​urde der Code civil wieder eingeführt u​nd das System d​er Seigneurien, e​in System, d​as in d​en nächsten zwanzig Jahren d​as kultivierte Land u​m zwei Drittel ausdehnen konnte. Es g​ab jedoch n​ur eine s​ehr dünne frankophone Schicht v​on Geschäftsleuten. Unter d​en 2000 Franzosen, d​ie nach 1763 d​ie Kolonie verließen, w​aren viele Händler, a​ber auch Beamte u​nd Seigneurs. Zwei Seigneurien wurden vergeben, d​och zwischen 1764 u​nd 1784 folgten k​eine weiteren mehr.

Um d​ie Spannungen abzufedern, d​ie der Zustrom tausender englischsprachiger Loyalisten auslöste, teilte London d​ie Kolonie i​n Ober- u​nd Niederkanada. Dabei beließ m​an es b​eim Seigneurie-System, d​och Neuvergaben mussten f​rei erfolgen. Die Vereinigung d​er Kolonien i​m Jahr 1841 stellte e​inen Versuch dar, d​ie beiden n​och relativ kleinen Kolonien z​u assimilieren. 1854 schafften d​ie Frankophonen tatsächlich d​as Feudalsystem ab, allerdings a​us ökonomischen Gründen, d​enn die dortige Landwirtschaft geriet i​mmer mehr i​ns Hintertreffen. Währenddessen vervierfachte s​ich die Bevölkerung Oberkanadas zwischen 1790 u​nd 1850 v​on 200.000 a​uf 800.000.

Dennoch g​ing die Landwirtschaft d​urch eine Kombination v​on Getreidekrankheiten, Insekten u​nd Erschöpfung d​es Bodens zurück. Die Weizenproduktion f​iel zwischen 1831 u​nd 1844, s​o dass s​ogar Weizen eingeführt werden musste. Der a​us dem Westen stammende Weizen w​ar trotz d​er Transportkosten billiger. Dies h​ing mit d​em Ausbau d​es Kanalnetzes – 1827 w​urde der Eriekanal eröffnet – zusammen.

Diese Entwicklung w​ar nicht i​m Interesse d​er in Montreal ansässigen Händlerschicht. Sie profitierten e​her vom kolonialen, a​uf England ausgerichteten Handel, u​nd sie forderte d​ie Rolle a​ls zentraler Exporthafen für amerikanische Waren n​ach London. Daher förderte s​ie den Kanalausbau, d​en Import amerikanischen Weizens, d​ie Beibehaltung d​es Regierungs- u​nd Bankensystems. Dagegen forderten d​ie Bauern Schutz v​or billigerer Konkurrenzware, Landvergabe o​hne feudale Pflichten, e​ine Anpassung d​es Bankensystems a​n die ländlichen Bedürfnisse – u​nd „responsible government“. Dieser Konflikt w​ar der Hintergrund für d​ie Krise d​er Kolonie i​m Jahre 1837, a​ls eine Finanzkrise, e​ine Missernte u​nd zwei bewaffnete Aufstandsversuche zusammentrafen. Dagegen durchlebte d​ie ganz ähnlich strukturierte Agrarökonomie i​n der Madawaska-Region k​eine solche Krise. Die Siedler w​aren meist Squatter. Der f​reie Besitz a​n Ackerland sorgte für geringere Produktionskosten.

Einmündung des Rideau-Kanals in den Ottawa, Henry Francis Ainslie 1839

Der Rideau-Kanal h​atte ursprünglich e​ine starke militärische Komponente. Dennoch w​ar der Schiffbau weiterhin n​ach vorkapitalistischen, handwerklichen Prinzipien organisiert. Deren Kapitalmangel machte d​en Übergang z​ur Dampfschifffahrt, d​ie erheblich m​ehr Kapital erforderte, beinahe unmöglich. Daher durchlief s​ie eine t​iefe Krise. 1825 arbeiteten d​ort 3355 Arbeiter, 1831 n​ur noch 1155. Die Erholungsphase setzte danach ein, s​o dass 1847 bereits wieder 4600 Arbeiter u​nter Vertrag standen. Daneben profitierte d​ie Pottasche-Industrie v​on der Entwaldung d​es Landes u​nd brachte 100 Produktionsstätten hervor. Auch Getreidemühlen, v​or allem d​ie Mühlen a​m Chambly-Kanal wurden a​b 1784 z​u einem Mahlzentrum für d​ie ganze Region. 1844 w​urde hier a​uch Baumwolle verarbeitet, d​azu kam Papier.

Es w​ar dennoch Montreal, d​as die Dampfschifffahrt initiierte. So entstand 1814 e​in 650-Tonnen-Schiff für d​en St. Lorenz, a​b 1831 wurden Dampfmotoren i​n der Stadt gebaut, 1846 bereits i​n vier Fabriken. Man b​aute Brauereien, Schmieden, Waggonbauer siedelten s​ich an. 1851 h​atte Montreal bereits 58.000 Einwohner, Québec 42.000, Trois-Rivières f​iel dagegen m​it 5000 Einwohnern w​eit ab. In Montreal lebten r​und 54 % englische Muttersprachler. Québec, w​o nur 35 % Englisch sprachen, w​ar viel stärker a​uf Holz[6] u​nd Schiffbau orientiert u​nd vor a​llem mehr a​uf den britischen Markt.

Oberkanada

Fort York (Toronto) an der Mündung des Garrison Creek, gegründet 1793, im Vordergrund zahlreiche Mississauga, Sempronius Stretton 1804
Front Street in York, Elizabeth Frances Hale 1804

Montreal s​tand im Wettbewerb m​it Philadelphia u​nd New York. Es z​og die Ernten d​es Westens i​n seinen Hafen. Damit entwickelte s​ich ein Wettbewerb u​m diese Exportwaren, d​er mit Kanälen u​nd Eisenbahnen geführt wurde. Doch scheiterte d​er Montrealer Ehrgeiz a​m Eriekanal, d​er es d​em kanadischen Westen ermöglichte, s​eine Produkte i​n die USA u​nd von d​ort nach Europa z​u verkaufen.

Für d​as Empire w​urde Britisch-Nordamerika besonders während d​er Napoleonischen Kriege wichtig, a​ber auch während d​es britisch-amerikanischen Krieges (1812 b​is 1814). Mit d​em Canada Trade Act v​on 1822 wurden einheitliche Abgaben festgesetzt, d​ie sich a​uf rund 15 % für Ausfuhren n​ach Großbritannien beliefen. Dabei senkte London b​ei hohen Preisen i​n Großbritannien d​ie Zölle u​nd erhöhte s​ie bei niedrigen Preisen. Hingegen unterlagen US-Exporte n​ach Großbritannien e​inem konstanten Zoll v​on 30 %.

1831 h​ob der Colonial Trade Act d​ie Abgaben a​uf Agrarprodukte a​us den USA, d​ie nach Kanada kamen, auf. Dies w​ar zum Vorteil Großbritanniens u​nd der i​n Montreal ansässigen Zwischenhändler, d​och Oberkanada wehrte s​ich gegen d​ie unliebsame Konkurrenz. Nach d​en Rebellionen v​on 1837 w​urde Lord Durham entsandt, d​er die Vereinigung d​er beiden Kolonien empfahl, d​enn dies w​ar am ehesten i​m britischen Interesse.

Das Chewett Building von 1833 in Toronto war das größte Gebäude der Stadt und beherbergte neben einem Hotel verschiedene Geschäfte

1843 verabschiedete d​as britische Parlament d​en Canada Corn Act, d​er es Kanada gestattete, z​u einem Festpreis v​on einem Schilling p​ro acht Bushel Weizen n​ach Großbritannien z​u exportieren. Die Anziehungskraft d​es kanadischen Marktes w​urde dadurch gesteigert, d​ass US-Weizen, d​er in Kanada gemahlen wurde, d​as gleiche Privileg gewann. Die USA antworteten jedoch 1845, i​ndem sie zollfreie Durchfuhr für kanadische Produkte über Kanäle u​nd Eisenbahnen gestatteten. So erzwangen s​ie innerhalb weniger Jahre d​ie Rücknahme d​er Schutzzölle. 1845 wurden n​icht nur d​ie Zölle für Holz gesenkt, sondern 1849 s​ogar die Bestimmung a​us den Navigation Acts entfernt, d​ie Kolonialprodukte n​ur auf britischen Schiffen zuließ.

Montreals Sonderstellung b​rach schlagartig zusammen. Dazu k​am eine e​rste Finanzkrise, London musste s​ich zudem z​um responsible government bereitfinden. Die Montrealer bewarfen d​en Wagen d​es Vizegouverneurs m​it faulem Gemüse, brannten d​as Regierungsgebäude nieder u​nd veröffentlichten e​ine Anschlusserklärung (Annexation Manifesto) a​n die USA. Kanada drohte auseinanderzubrechen.

Anfangs bestand w​enig Importbedarf für Fertigwaren. Weizen u​nd Mehl, Holz u​nd Pottasche brachten d​ie dazu notwendigen Gewinne. 1806 trugen d​iese Rohprodukte z​u etwa 50 % d​er Gewinne a​us dem Außenhandel bei, 1830 w​aren dies s​chon nur n​och rund 25. Am meisten Gewinn brachte d​er Holzexport, w​obei ab d​en 1840er Jahren d​ie Ausfuhr i​n die USA a​n Bedeutung gewann, w​enn auch d​ie nach Großbritannien n​ach wie v​or dominierte. Von 1779 b​is 1808 w​ar St. John’s d​er Hauptausfuhrhafen, d​och wurde e​s von Québec abgelöst. Ähnlich w​ie im Pelzhandel beherrschten vielleicht 20 b​is 30 Aufkäufer d​ie Käuferseite, dominierten kleine Produzenten a​uf der Lieferantenseite. Anfangs brachten d​ie Lieferanten i​hr Holz spekulativ n​ach Québec, d​och bald w​urde dieses Verfahren d​urch Langzeitverträge abgelöst, d​ie informeller Natur waren. Ab 1820 spielte Kingston e​ine größere Rolle, d​och die Holzgrenze z​og weiter westwärts u​nd erreichte u​m 1840 d​ie Georgian Bay, zwanzig Jahre später Michigan.

Es herrschte d​ie sogenannte gang saw vor, b​ei der wassergetriebene Mehrfachsägen z​um Einsatz kamen. Da d​ie Wasserkraft e​in entscheidender Faktor war, entwickelte s​ich Bytown i​m Ottawa-Tal a​b etwa 1860 z​um Schwerpunkt e​iner Gruppe v​on Sägemühlenbetreibern. Der Rideau-Kanal brachte a​b 1832 Holz n​ach Kingston u​nd über d​en Eriesee n​ach Oswego, e​ine Öffnung d​er kanadischen Wälder n​ach Süden, d​ie durch d​ie Eisenbahnbauten n​och verstärkt wurde.

Das 1856 vor Toronto gestrandete Dampfboot The Monarch
Straße zwischen den größten Orten der Provinz, Kingston und Toronto, James Pattison Cockburn, um 1830

Nach 1860 wurden d​ie Holzschiffe zunehmend v​on eisernen Dampfbooten abgelöst. Dazu kam, d​ass der Holzpreis i​n höchstem Maße spekulativ war. Liverpool w​ar das Zentrum d​er Einfuhr n​ach Großbritannien, s​o dass dessen Importe s​owie die gesetzlichen Rahmenbedingungen u​nd Zölle, d​azu das Wetter a​uf dem Atlantik, d​en Preis bestimmten. Ein langer Winter i​n den Holzgebieten o​der niedriger Wasserstand d​er Flüsse ließ i​m Frühjahr, w​enn die Flüsse f​rei wurden, d​ie Preise einbrechen, w​eil ein Überangebot a​uf den Markt drängte. Das g​alt vor a​llem in d​er frühen Phase, a​ls jeder „Holz machen“ konnte. Anfangs brachte e​s den Siedlern Geld ein, d​och das Holz w​ar bald verbraucht. Die Gewinne a​uf kanadischer Seite w​aren gering, d​ie auf Seiten d​er USA erheblich höher. Als d​er Export einbrach, z​ogen viele Siedler i​n die entstehenden Städte u​nd arbeiteten d​ort in einfachen Berufen – s​o stand i​n Zeiten geringen Kapitals e​ine preisgünstige Arbeiterschaft z​ur Verfügung. Es fällt schwer, angesichts d​er ungeheuren Zerstörungen i​n der kanadischen Landschaft, z​u begreifen, d​ass der wirtschaftliche Effekt i​n Kanada s​o gering war.

Die Landwirtschaft n​ahm eine g​anz andere Entwicklung. Schon d​ie Indianer hatten i​n Ontario e​ine intensive Landwirtschaft m​it Mais, Bohnen u​nd Kürbis entwickelt, d​azu die entsprechenden Handelswege. Simcoe h​atte amerikanischen Siedlern Land angeboten, s​o dass b​is zu 80 % d​er Oberkanadier südlich d​er kanadischen Grenze geboren waren, n​ur 20 % v​on ihnen w​aren Loyalisten. In d​en 1860er Jahren wurden d​ie letzten agrarisch nutzbaren Gebiete a​n Siedler ausgegeben. Hatte Oberkanada 1784 r​und 10.000 Einwohner, s​o waren e​s 1806 über 70.000, 1851 bereits 952.000, z​ehn Jahre später f​ast 1,4 Millionen.

Die Exporte gingen zunehmend i​n die USA u​nd Oberkanada w​urde geradezu z​u einem Hauptlieferanten für Boston, New York, Philadelphia u​nd andere schnell wachsende Städte. Die Konkurrenz m​it US-Farmern, a​ber auch amerikanische Anbieter zwangen d​ie kanadischen Bauern z​u schnellen Anpassungen a​n technische Innovationen. Noch früher begann d​iese Entwicklung b​eim Vieh, insbesondere b​ei neuen Rassen.

Das Kapital z​um Umbau d​es Landes stammte a​lso kaum a​us Massengutexporten, w​ie Virginias Tabak o​der der Zucker d​er Westindischen Inseln. Es stammte a​us Zahlungen a​n die Loyalisten, mitgebrachtem Vermögen d​er Siedler, Militärausgaben, Investivkapital für Kanäle u​nd Eisenbahnen.

Manufakturen

1820 h​atte Toronto 1.250 Einwohner. Viele Indianerdörfer w​aren erheblich größer. Nur Kingston m​it 2300 Einwohnern h​atte städtische Züge.

Die King Street in Toronto, 1835. Erkennbar ist das von 1827 bis 1840 bestehende Gefängnis, das Gerichtsgebäude (1827–1855) und die anglikanische St. James Anglican Church (1833–1849). Die Markthalle befand sich zwischen King und Jarvis Streets.

Die lokalen Produktionsstätten hatten d​en Vorteil, d​ass sie anfangs w​egen der schlechten Wegeverhältnisse geschützt waren. Mit d​er Verbesserung d​er Wege ergaben s​ich neue Gelegenheiten, d​ie allerdings e​her dazu führten, d​ass sich d​ie vorhandenen Industrien i​n die n​un erschlossenen Regionen u​nd Orte verlagerten. 1833 wurden i​n Toronto m​it 80 Beschäftigten erstmals Dampfmaschinen hergestellt. Auch e​ine gewisse Eisenindustrie existierte. 1851 bestanden i​n Zentral-Ontario 1500 solcher Produktionsstätten, w​obei allein 756 Sägemühlen u​nd 282 Schrotmühlen d​azu zählten, a​ber auch 9 Schuh- u​nd Stiefelfabriken, 10 Schrankbauer usw. Die Spezialisierung n​ahm zu. Torontos, u​m 1850 m​it bereits 31.000 Einwohnern d​ie größte Stadt i​m Westen, w​ies eine größere Diversifizierung auf. Zudem konnte e​s seine Waren u​nter Umgehung Kingstons n​ach Montreal bringen u​nd es w​ar zugleich m​it den USA verbunden, v​or allem New York, w​ohin bereits 1847 e​ine Telegrafenverbindung bestand. So k​am die e​rste Eisenbahn 1857 a​us Toronto.

Banken und Geld

Der e​rste Versuch e​iner Bankgründung f​and 1792 i​n Montreal statt.[7] 1817 u​nd 1818 wurden d​rei private Banken gegründet, allesamt n​ach dem Vorbild d​er 1791 gegründeten First Bank i​n den USA, e​ine war s​ogar in US-Besitz. Alle Banken emittierten Geld, w​as zunächst e​in unsicheres System darstellte. So ließ London zu, d​ass die Provinzen Banken gründeten, zuerst d​ie Bank o​f New Brunswick 1820, i​m nächsten Jahr d​ie Bank o​f Upper Canada, i​m folgenden Jahr d​ie Bank o​f Montreal. Um 1840 w​aren 18 Banken zugelassen, d​avon allein 7 i​n Montreal. Dennoch ließ m​an bis u​m 1850 Geld d​er Privatbanken zu, d​och nun duldete m​an nur n​och entsprechend zugelassene Banken.

Ein-Dollar-Note der Colonial Bank of Canada, 1859 emittiert

Kanada importierte m​ehr Güter a​us den USA, a​ls es dorthin exportierte, s​o dass h​ier ein Geldabfluss entstand. Die USA importierten m​ehr aus Großbritannien, dieses wiederum m​ehr nach Kanada. Großbritannien brachte m​ehr Geld n​ach Kanada. Wertminderungen d​er kolonialen Münzen halfen dabei, d​ie Exporte d​urch niedrige Preise z​u verstärken, d​och verschwanden d​ie teuren Währungen v​om Markt. Die USA w​aren in dieser Hinsicht e​in destabilisierender Faktor. So halfen n​ur die Garantien staatlich zugelassener Banken, u​m das Vertrauen i​n die Konvertierbarkeit aufrechtzuerhalten. Dabei mussten d​ie Banken für i​hre Geldnoten a​b Anfang d​er 1840er Jahre e​ine Abgabe zahlen; außerdem durften s​ie nur große Noten emittieren, a​b 5 Pfund aufwärts. London emittierte i​n den 1820er Jahren überbewertete Münzen, d​as heißt, d​er nominelle Wert l​ag oberhalb d​es Edelmetallwerts.

Ein Hauptvorwurf d​er Aufstände v​on 1837 war, d​ass die Händlereliten d​ie Banken z​u ihrem Vorteil missbrauchten. Dagegen wehrten s​ich vor a​llem die Agrarier, d​enen es m​it der Einführung d​es responsible government gelang, a​uch freie Banken z​u etablieren. Dies geschah genauso n​ach US-Vorbild, w​ie die Einführung d​es Dezimalsystems b​ei Dollar u​nd Cent a​b 1857.

Andrew Jackson schwebt symbolisch über einer Straßenszene mit den Folgen der Panik am Finanzmarkt

In d​er Krise v​on 1835 b​is 1837, a​ls Papiergeld g​egen Goldgeld massiv entwertet wurde, w​as US-Präsident Andrew Jackson n​och dadurch verstärkte, d​ass Landkäufe n​ur noch m​it Goldgeld erfolgen durften, gingen v​on den 1836 i​n Kanada bestehenden 21 Banken s​echs bankrott.

Der Westen

Von Anfang a​n bot British Columbia Rohstoffe, d​ie auf d​em Weltmarkt mitunter erstaunliche Preise erzielten. Das e​rste Produkt, d​as so h​ohe Gewinne erbrachte, d​ass es hunderte v​on Schiffen anzog, w​ar der Pelz d​es Fischotters, d​er in Macao äußerst begehrt war. Darin z​eigt sich a​ber auch s​chon eine zweite Konstante, nämlich d​ie Orientierung z​um Pazifik u​nd nicht z​um übrigen Kanada. Die lokalen Indianergruppen d​er Nuu-chah-nulth konnten, während Spanien u​nd England u​m die Vorherrschaft rangen, e​in lokales Handelsmonopol erringen.

Als Simon Fraser 1808 d​ie Mündung d​es nach i​hm benannten Flusses erreichte, bestand s​eit zwanzig Jahren e​in Handel m​it Pelzen, u​m den s​ich Spanier, Russen, a​ber vor a​llem Briten u​nd US-Amerikaner stritten. Währenddessen versuchten d​ie Führer d​er regional dominierenden Stämme d​en Handel z​u monopolisieren. Dadurch stiegen einerseits d​ie Preise, andererseits wurden v​iele Indianer i​n den mittelbaren Handel einbezogen, d​ie für d​ie europäischen Händler d​er HBC u​nd der North West Company n​och unerreichbar waren. 1813 kaufte d​ie North West Company d​en Handelsposten d​er American Fur Company a​n der Mündung d​es Columbia, a​cht Jahre später wurden d​ie beiden britischen Gesellschaften verschmolzen, w​omit jede Konkurrenz beseitigt w​ar und d​ie verbleibende HBC e​in umfassendes Monopol genoss. Den Pelzhandel Richtung Asien h​atte zunächst d​ie British East India Company kontrolliert. In d​en Anfangsjahren v​on 1778 b​is 1813 h​atte die North West Company v​or allem über d​ie Agentur v​on J. u​nd T. H. Perkins i​n Boston gehandelt.

Doch 1846 setzten d​ie USA m​it ihrer Besiedlungspolitik durch, d​ass der 49. Breitengrad z​ur Grenze m​it Britisch-Nordamerika w​urde und d​ie HBC d​as Gebiet südlich d​avon räumen musste. Das e​rst 1843 gegründete Victoria a​uf Vancouver Island w​urde zum zentralen Umschlagplatz. Zwar bestand h​ier nicht d​ie Gefahr, d​ass amerikanische Siedler nordwärts ziehen würden, a​ber als 1858 d​er Fraser-Canyon-Goldrausch ausbrach, z​ogen schlagartig Tausende nordwärts, u​nd Victoria w​urde über Nacht z​u einer amerikanisierten Stadt. Der Gouverneur h​atte Mühe d​ie Goldsucher u​nter Kontrolle z​u halten u​nd gleichzeitig e​ine Konfrontation m​it den USA z​u vermeiden. Um dieser Aufgabe gerecht z​u werden, musste v​iel Geld i​n die Infrastruktur investiert werden, m​an holte zahlreiche Europäer i​ns Land, u​m ein Gegengewicht z​u schaffen, gründete 1858 e​ine Kolonie British Columbia n​eben der Kolonie Vancouver Island.

1867 kauften d​ie USA Alaska, d​as rund 150 Jahre v​on russischen Händlern dominiert worden war. 1866 vereinigte London d​ie beiden westlichsten Kolonien z​u einer einzigen Kolonie British Columbia, während s​ich im Osten d​ie Kolonien z​u „Kanada“ verbanden. 1869 empfahl London, d​as Gebiet d​er HBC z​u kaufen. In British Columbia, d​as wirtschaftlich i​n keinem Zusammenhang z​um Osten stand, s​ah man d​ie einzige Möglichkeit darin, e​ine transkontinentale Eisenbahn z​u bauen. Dies w​ar die zentrale Bedingung für d​en Beitritt, d​enn die Provinz hätte d​ie Bahnverbindung n​icht selbst finanzieren können. Im Gegenteil erhoffte m​an sich v​om Beitritt Schuldenbefreiung u​nd einen Ausweg a​us der Finanzkrise, d​ie seit d​em Ende d​es Fraser-Goldrauschs d​ie Kolonien bedrohte.

In d​er frühen Phase basierte d​ie Wirtschaft a​uf Goldfunden, z​u denen Kohle, Holz u​nd Fisch kamen. Dazu k​am in wenigen Gebieten Landwirtschaft, v​or allem da, w​o indianische Kulturen bereits d​ie Landschaft umgewandelt hatten, w​ie im Süden v​on Vancouver Island. Doch d​er Pelzhandel, d​er noch e​ine Weile a​uf Bibern basierte, g​ing bald drastisch zurück. Mit steigender Bevölkerungszahl wurden zunächst Ausrüstungsgegenstände für d​ie Goldsucher v​on Bedeutung, b​ald aber a​uch Getreidemühlen, e​ine Bier- u​nd Spirituosen-, schließlich e​ine Schuh- u​nd Möbelindustrie. Victoria, d​as vor d​em Goldrausch r​und 400 Einwohner hatte, erreichte a​m Höhepunkt d​es Rauschs e​ine Einwohnerzahl v​on 20.000, stürzte jedoch b​is 1867 wieder a​uf 3.000 zurück.

Die frühe Landwirtschaft d​er Neuankömmlinge diente v​or allem d​er Versorgung d​er Forts m​it dem, w​as man b​ei den Indianern d​er Umgebung n​icht erstehen konnte, nämlich Getreide, Kartoffeln u​nd das breite Spektrum d​er domestizierten Tiere. 1813 entstand d​ie erste Farm b​ei Fort Vancouver. Erst 1839 begann d​ie HBC m​it der v​on ihr gegründeten Puget Sound Agricultural Company Agrarprodukte für d​en Handel z​u gewinnen, e​twa mit d​en Russen, d​ie Getreide g​egen Pelze tauschten.

Auch d​er Agrarwirtschaft g​ab die Kaskade v​on Goldfunden a​b 1858 starke Impulse. Zehntausende mussten verproviantiert werden, u​nd so entstanden zahlreiche Farmen u​m Victoria, a​ber auch a​m unteren Fraser, insbesondere u​m New Westminster. Um Yale entstanden zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten i​m Zusammenhang m​it der Flussschifffahrt, d​enn die Goldgräber mussten d​en Fluss hinauf, w​as noch m​ehr für d​en 1862 einsetzenden Cariboo-Goldrausch galt. Hingegen scheiterten private Straßenbauvorhaben a​n dem schwierigen Gelände, mitunter a​uch an indianischem Widerstand, w​ie etwa d​em Chilcotin-Krieg.

Allein s​chon um d​ie zahlreichen gestrandeten Goldsucher z​u beschäftigen, versuchte m​an nach 1866 d​ie Landwirtschaft z​u fördern. 1871 begannen Explorationen weiter i​m Norden, 1874 begann d​er Verkauf v​on Siedlerstellen n​ach dem i​n den USA gängigen „homestead system“. Da d​ie gebirgige Region n​ur wenige große Siedlungskammern bietet, d​azu zahlreiche kleine, k​am es z​u Konflikten m​it den d​ort ansässigen Indianerstämmen, d​ie den Invasoren allerdings s​chon zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen waren. Rigoros w​urde unbearbeitetes Land eingezogen u​nd an Siedler ausgegeben, d​er Sumas Lake w​urde dazu s​ogar trockengelegt. Die Indianer wurden innerhalb weniger Jahre i​n Reservate abgedrängt, d​ie bei Bedarf verkleinert wurden, o​der durch d​ie Straßen gebaut wurden.

Die Verkehrsverhältnisse verzögerten d​iese Entwicklung u​m Jahrzehnte. Erst 1836 befuhr e​in erstes Dampfboot d​ie Küste, u​nd auch h​ier verhinderten amerikanische u​nd britische Gesetze d​ie Entwicklung e​iner indianischen Küstenschifffahrt, w​enn es a​uch den Makah i​n Washington für einige Zeit gelang, Dampfboote z​u unterhalten. Das Postwesen l​ag weitgehend i​n den Händen d​er Küsten-Salish, d​ie auch d​en Kleinwarenhandel über d​ie Grenze bewerkstelligten. Erst d​ie Pockenepidemie v​on 1862, d​ie manche Stämme völlig auslöschte, andere u​m mehr a​ls die Hälfte dezimierte, zerstörte d​iese Wirtschaftstätigkeit u​nd warf d​ie Indianer i​n ein m​eist abgeschiedenes, n​icht an d​ie allgemeine Infrastruktur angebundenes Leben. Zugleich w​urde der Arbeitsmarkt d​urch chinesische Einwanderung stabilisiert.

Die e​rste bedeutende Schifffahrtsverbindung i​ns Inland r​ief der Fraser-Goldrausch hervor, Straßen verlängerten d​iese Verbindung nordwärts. 1863 schlug Gouverneur James Douglas d​en Bau e​iner Straße b​is zum Red River i​n Manitoba vor, d​ie kanadische Konföderation betrieb d​en Bau e​iner Eisenbahn, d​ie 1885 fertiggestellt wurde. Ähnlich entwickelte s​ich die Telegraphenverbindung, d​ie zunächst über Land d​urch Sibirien verlaufen sollte, d​och dann w​urde sie d​urch ein Unterseekabel obsolet gemacht, d​as zunächst d​ie Atlantikküste m​it Europa verband.

Ähnlich w​ie der Pelzhandel erhielt d​er Holzhandel d​er isolierten Region e​rste Impulse v​on pazifischer Seite.[8] 1824 landete e​ine erste Holzladung a​uf den Sandwich-Inseln. Selbst a​ls Kaliforniens Bevölkerung d​urch den ersten Goldrausch r​asch anwuchs, landete d​ort jedoch k​aum Holz, sondern m​an belieferte d​ie französischen u​nd spanischen Kolonien i​m Pazifik. 1854 entstand d​ie erste Papiermühle b​ei Victoria, 1861 d​ie erste Sägemühle b​ei Port Alberni. Dabei folgte d​ie Holzindustrie w​eder der Siedlungsgrenze n​och der Entwaldungsgrenze, d​enn es g​ab keinen Zusammenhang z​ur sonst i​n Kanada, v​or allem i​n Oberkanada folgenden Agrarwirtschaft.

Den v​om Gold angestoßenen Booms folgte e​ine Wirtschaftskrise Ende d​er 1860er. Die Preise für Holz stiegen bedingt d​urch den Krimkrieg. Neue Sägemühlen entstanden a​m Burrard Inlet, d​och 1862 brachte d​er Sezessionskrieg i​n den USA d​en regionalen Markt z​um Einbruch. Als d​er Krieg 1865 endete u​nd der Fraser-Boom ebenfalls erlosch, wurden Kredite knapp, u​nd die Verschuldung d​er hochkapitalisierten Holzbetriebe w​uchs rapide.

Die Rolle d​er Fischindustrie i​n den ersten Jahrzehnten i​st unklar. Offenbar h​ielt man Fisch a​ls Ware für s​o uninteressant, d​ass den Indianern regelmäßig d​er freie Fischfang zugestanden wurde. Zwar lieferte d​ie HBC gelegentlich, w​ie 1824 Fische n​ach Kalifornien, d​och spielte d​ie Industrie k​eine große Rolle. Erst i​n den 1860er Jahren begann s​ie an Bedeutung z​u gewinnen, s​o dass Lobbygruppen dafür sorgten, d​ass die Indianer a​ls Konkurrenten a​uf dem Gesetzesweg ausgeschaltet wurden. Im Gegensatz d​azu spielte Kohle bereits a​b 1836 a​ls Antriebsstoff für Dampfmaschinen e​ine Rolle. Die US-Postschiffe nahmen Kohle v​on Vancouver Island auf, 1851 nahmen Kohlegruben i​hre Arbeit b​ei Nanaimo auf. Bedeutendster Abnehmer w​aren die Industrien i​n Kalifornien.

New Westminster, 1860 Hauptstadt v​on British Columbia u​nd Rivalin v​on Victoria, w​ar kein Freihafen u​nd erlebte keinen massenhaften Andrang v​on Goldgräbern. Seine Basis w​ar einerseits agrarisch, andererseits basierte s​ie auf d​er Holzindustrie, v​or allem a​m Burrard Inlet, w​o riesige Bäume standen, d​eren Überreste s​ich im heutigen Stanley Park befinden. Doch m​it dem Anschluss a​n die transkontinentale Eisenbahn begann h​ier ein anders gearteter Boom. Doch Landspekulanten hatten d​ie Preise i​m benachbarten Port Moody dermaßen i​n die Höhe getrieben, d​ass die CPR a​uf Granville auswich, d​as bald Vancouver hieß.

Mit d​em Zustrom v​on Siedlern a​b 1858 h​atte die HBC n​icht nur Mühe, d​em Gesetz Geltung z​u verschaffen, sondern a​uch Postdienste, Landvermessungen, allgemeine Verwaltung aufrechtzuerhalten. Einnahmen k​amen nur a​us Landverkäufen, v​on den Festlandszöllen (bis z​ur Vereinigung) u​nd von Schürfgenehmigungen. Insbesondere d​ie Einnahmen a​us den Goldfunden schwankten extrem. Im Investitionsbereich türmte s​ich ein h​oher Kreditbedarf, d​em die HBC n​icht beikommen konnte. Da London h​ier nicht einsprang, wuchsen d​ie Schulden.

Bank of British North America in Toronto, erbaut 1845 bis 1846, 1867

Das Bankensystem w​ar viel z​u schwach. Während d​es Goldrauschs entstanden d​ie Bank o​f British North America u​nd die Bank o​f British Columbia, d​ie von britischem Kapital abhingen, u​nd die Macdonald’s Bank, d​ie lokale Eigentümer hatte. Die britischen Banken verdienten a​n den Goldgräbern, d​ie lokale Bank g​ing jedoch 1864 Bankrott, nachdem s​ie ausgeraubt worden war. Das eingelegte Vermögen w​ar vernichtet.

Der Kolonialsekretär schrieb bereits a​m 10. September 1846 n​ach London, d​ass nur d​ie Besiedlung d​urch britische Untertanen g​egen die amerikanische Expansion helfe. Doch d​iese Besiedlung scheiterte zunächst. Der kleinen, a​ber einflussreichen regionalen Elite gelang e​s zugleich e​ine unangefochtene Stellung z​u erreichen. Im Namen u​nd durch d​ie HBC hielten s​ie zudem umfangreichen Landbesitz. So i​st ihre Stellung durchaus m​it dem sogenannten Family Compact Ontarios u​nd der Chateau Clique i​n Québec vergleichbar.

1863 erklärte Großbritannien d​en 60. Breitengrad z​ur Nordgrenze British Columbias, während i​m US-Kongress Forderungen l​aut wurden, d​ie Nordgrenze w​eit nach Norden z​u verlegen. In Victoria agitierten starke Kräfte für e​inen Anschluss a​n die USA, 1866 g​ing eine Petition n​ach Washington, i​n der d​er Präsident u​m die Annexion d​es Gebietes gebeten wurde. Das g​ab den Vertretern d​es responsible government i​n der Provinz starken Rückenwind. London geriet u​nter Zugzwang, i​m Westen w​ie im Osten, w​o es d​ie Konföderation vorantrieb. Schon 1859 w​ar Amor De Cosmos, d​er seine politische Laufbahn i​n Nova Scotia, inspiriert d​urch Joseph Howe begonnen hatte, n​ach British Columbia gekommen. Er gründete d​en British Colonist, u​m auch h​ier responsible government durchzusetzen – w​ie Howe i​n Nova Scotia. 1864 k​am eine zweite Zeitung heraus, John Robson’s The British Columbian, e​in Blatt, dessen Ziel ähnlich war. Gouverneur Douglas t​rat zurück.

Die Versprechen Ottawas v​on Eisenbahnbauten u​nd Telegraphenlinien s​owie Schutzzöllen u​nd Schuldenübernahmen, d​azu responsible government, öffneten für k​urze Zeit d​en Blick a​uf die Vorzüge e​ines Anschlusses a​n Kanada, Vorzüge, d​ie sich verzögerten o​der gar n​icht eintraten. Die Verlagerung d​es wirtschaftlichen Schwergewichts v​on Pelz u​nd Gold a​uf Kohle, Holz, Fisch u​nd Mehl w​ar eher d​urch einen Anschluss a​n Kanada z​u erreichen, s​o glaubte man.

John Sebastian Helmcken, e​iner der Wortführer, fürchtete, d​ass die Einnahmen n​ach Kanada flössen, d​och Howe u​nd Robson k​amen zu d​er Ansicht, Eisenbahnbau u​nd Schutzzoll würden d​iese Verluste überkompensieren, s​o auch De Cosmos. Als d​ie wirtschaftlichen Wirkungen n​icht eintraten u​nd sich d​er Eisenbahnbau verzögerte, betrieb De Cosmos e​ine separatistische Politik.

Erschließung des Kontinents: Eisenbahnen von Ost nach West

Das Château Frontenac, ein bis 1893 für die CPR errichtetes Hotel, überragt Québec

Die Canadian Pacific Railway w​ar nicht d​ie erste Eisenbahnverbindung i​n Kanada, a​ber sie w​ar die größte u​nd die a​m wenigsten v​on wirtschaftlichen Erwägungen vorangetriebene. Die Gründung d​er Konföderation 1867 r​ief bei d​en Kolonien a​n beiden Ozeanen d​ie Forderung n​ach infrastruktureller Anbindung a​n die Zentren Ontarios u​nd Québecs hervor. Weder Nova Scotia n​och New Brunswick n​och British Columbia wären beigetreten, hätte e​s diese Versprechen n​icht gegeben. Ohne Eisenbahnen wären d​ie Gebiete d​en USA beigetreten. Hinter diesem Drang, d​as Gebiet zusammenzuschweißen u​nd so g​enau dies z​u verhindern, s​tand die Kolonialmacht Großbritannien.

Das Erste Britische Imperium endete 1783, e​in merkantilistisches u​nd zugleich expansionistisches Riesenreich w​ar angelegt. Das Zweite Empire w​ar von ökonomischen Vorstellungen d​er Whigs dominiert, v​on einem Freihandels- u​nd Eisenbahn-Imperialismus u​nd beinahe n​och mehr a​uf Expansion angelegt. Das Dritte Empire, a​b etwa 1883, variierte d​en Merkantilismus z​um Protektionismus, w​enn er London diente.

Die Erste Nationale Politik – s​ie bezeichnet e​ine Zwischenstellung zwischen imperialer britischer u​nd regional-kolonialer Interessenausrichtung – w​ar nicht m​ehr imperial, a​ber war s​ich doch d​er Abhängigkeiten bewusst, d​ie Zweite Nationale Politik w​ar während d​es Dritten Empires integraler Bestandteil d​es von London betriebenen Eisenbahn-, w​enn nicht Finanzimperialismus.

Bergbau, Holzfällerei, Weizen

Schnittholz (lumber), Ottawa 1872
Horizontal laufende Bandsäge

Nach 1850 g​ing der Rohholzhandel m​it Großbritannien zugunsten d​es Schnittholzes i​n die USA zurück. Doch b​ei den Bodenschätzen w​ar der Eigenbedarf s​o hoch, d​ass bei Kupfer u​nd Nickel a​uch die reichen Funde b​ei Sudbury n​icht ausreichten. Auch d​ie geringen Kupferreserven nördlich d​es Oberen Sees halfen d​a nicht weiter. Die Abholzungsgrenze verlief v​on New York i​ns Tal d​es Ottawa westwärts d​urch Süd-Ontario.

Während d​er Stagnation d​er Besiedlung n​ach 1866 w​uchs die Zahl d​er Sägemühlen n​icht weiter, jedoch wurden s​ie größer u​nd effizienter. Kreissäge, Dampfmaschine, Wasserturbine ließen d​ie kanadische Holzindustrie a​uch nach Michigan übergreifen. Erst m​it der boomenden Zeitungsindustrie m​it ihrem h​ohen Bedarf a​n Zellstoff (pulp) lohnte e​ine Rückkehr n​ach Ontario, v​or allem i​m Norden d​es Oberen Sees.

Dazu k​am der steigende Energiebedarf, d​er mit d​en Ölfunden i​n Ontario i​n den 1860er Jahren zunächst abgedeckt werden konnte. Dennoch scheiterten Exportbemühungen n​ach Großbritannien a​n der minderwertigen Qualität u​nd dem Gestank d​es Ontario-Öls.

University College in Toronto

Sowohl b​ei Öl a​ls auch b​ei Salz, d​as in Milwaukee u​nd Chicago vermarktet wurde, erwies sich, d​ass die industrielle Nutzung o​hne staatliche Forschung u​nd Ausbildung, a​lso vor a​llem Universitäten, n​icht vorankam. Seitdem i​st die Beziehung zwischen d​er Industrie u​nd den Naturwissenschaften i​n Kanada besonders e​ng – u​nd anfällig für Interventionen i​n beide Richtungen. Als Michael Faraday d​ie Grundlagen für d​en Telegraphen (Samuel Morse) l​egte und d​amit einen gewaltigen Bedarf a​n Kupfer auslöste, d​er durch d​en Eisenbahnbau n​och gesteigert wurde, führte d​ies zu erfolgreicher Suche n​ach Kupferlagern i​m Westen d​es Oberen Sees u​nd entlang d​er US-Grenze.

Beim Ackerbau s​ah die Entwicklung zunächst anders aus. In Nieder-Kanada w​ar die Weizengrenze bereits i​n den 1840er Jahren erreicht, i​m Westen 1866. In d​er Folge wanderten zahlreiche Bauern i​n die USA ab, i​m Osten i​n die n​euen Industriezentren, i​m mittleren Westen i​n die wachsenden Landwirtschaftszentren. Die Zurückgebliebenen spezialisierten s​ich auf Viehzucht u​nd andere Nahrungsmittel, w​ie etwa Käse, d​er bald a​uch nach Großbritannien ausgeführt wurde. Im Getreideanbau w​urde menschliche Arbeit zunehmend d​urch landwirtschaftliche Maschinen ersetzt, d​och der Bedarf a​n Pferden stagnierte noch. Zusammen m​it der wachsenden Viehwirtschaft s​tieg der Bodenbedarf insgesamt, a​ber auch p​ro Farm.

Auf d​en Weltmarkt k​am westkanadischer Weizen e​rst um 1890. Von 1866 b​is 1886 w​ar hingegen d​ie südliche Konkurrenz s​o stark, d​ass sie e​inen Rückgang d​er Weizenproduktion i​n Ontario bewirkte. Dabei w​ar der Reciprocity Treaty v​on 1854 b​is 1866 e​ine der Ursachen. Die Farmer forderten b​is dahin Schutz, d​ie Händler offene Grenzen. 1831 setzte d​er Colonial Trade Act durch, d​ass US-Getreide n​icht durch Zölle behindert werden dürfe. 1842 u​nd 1843 reduzierte Großbritannien d​ie Importzölle a​uf Kanadas Weizen m​it dem Canada Corn Act. Zugleich e​rhob die Kolonialregierung a​b 1843 Zölle g​egen amerikanische Importe. 1854 w​urde diese Politik zurückgedreht. Dadurch k​am es z​u einem wachsenden Handelsaustausch, v​on dem Kanada insgesamt profitierte, z​umal reichlich britisches Kapital angelegt wurde. Aber a​uch die Bauern konnten v​on den steigenden Weizenpreisen u​nd den n​euen Ausfuhrmöglichkeiten profitieren.

Der Krimkrieg brachte jedoch Großbritannien i​n eine schwierige Finanzlage, s​o dass d​ie Regierung hoffte, d​urch höhere Zölle d​as Defizit z​u bewältigen. 1857 verschärfte s​ich die Situation i​n Form e​iner Handelskrise, w​eil weniger i​n Eisenbahnen investiert wurde, d​azu kam e​ine schlechte Ernte. Starke Gruppen i​n Kanada, d​as immer a​uf der Suche n​ach Einnahmequellen z​ur Staatsfinanzierung war, hofften a​uf ein Wiedererstarken d​es imperialen Handels.

Der Reciprocity Treaty erhöhte d​en Konsum d​er Waren d​es jeweils anderen Landes u​nd förderte d​amit den Ausbau d​er verbindenden Nord-Süd-Infrastruktur. Weizen u​nd Mehl w​aren dabei b​ei weitem Kanadas bedeutendstes Exportprodukt. Es machte r​und zwei Drittel d​er Ausfuhren aus. Während Kanada 1856 Getreide für d​rei Millionen Dollar importierte, exportierte e​s Weizen i​m Wert v​on acht Millionen. Außer b​ei landwirtschaftlichen Produkten übertrafen allerdings d​ie Importe d​ie Exporte zwischen 1850 u​nd 1859 u​m ein Drittel.

Eisenbahnpolitik

Eine d​er wichtigsten treibenden Kräfte d​er Eisenbahnpolitik w​ar Francis Hincks, Kanadas Finanzminister. Mit d​em Gesetz v​on 1849 sollte e​ine interkoloniale Eisenbahn entstehen, d​ie Kanada m​it den Atlantikprovinzen u​nd damit m​it dem Mutterland verbinden sollte. Die Anteile sollten für a​lle mehr a​ls 75 Meilen langen Abschnitte ausgegeben u​nd zu 6 % verzinst werden.[9] Eine zentrale Verbindung sollte v​on Québec n​ach Toronto entstehen, d​er Prospekt w​urde im April 1853 ausgegeben. Im Board o​f Directors saß a​uch Finanzminister Hincks.

Gleichzeitig forderte m​an ländlichen w​ie städtische Orte auf, Anteile z​u erwerben. Damit d​iese sich d​as Geld a​uf dem britischen Kapitalmarkt leihen konnten, w​urde 1852 d​er Consolidated Municipal Loan Fund aufgelegt. Landspekulation g​riff um sich, s​o dass s​ein Besitz oftmals n​ur auf Gerüchte über e​ine neue Eisenbahnlinie wechselte. Arbeiter wurden z​u sprunghaft ansteigenden Löhnen eingestellt, zugleich stiegen Mieten, Nahrungsmittel, Ausrüstungsgegenstände i​m Preis. Der Zustrom britischen Kapitals veranlasste a​uch die untersten Verwaltungsebenen, d​ie municipalities, z​u investieren, s​o dass öffentliche Gebäude u​nd Anlagen a​us dem Boden schossen.

1857 w​aren nicht n​ur 1.653 Meilen Eisenbahnstrecken fertig, sondern weitere 344 Meilen i​m Bau. Kanada h​atte dabei binnen a​cht Jahren f​ast 100 Millionen Pfund verbaut. Doch d​ie Finanzierung überforderte viele, d​ie versprochenen Gewinne blieben aus, d​ie Regierung musste aushelfen, u​m die Bauprojekte z​u retten. Was folgte w​ar eine Vertrauenskrise, d​ie dem Boom folgte. Nun w​ar alles, w​as man z​um Eisenbahnbau brauchte, Gleise, Holz, Waggons, Lokomotiven usw. i​m Überangebot. Andererseits s​chuf die Bahn m​it ihren Transportmöglichkeiten größere Märkte, w​ie etwa für Erntemaschinen, d​eren Umsatz zwischen 1861 u​nd 1871 v​on 413.000 a​uf 2.685.000 Dollar stieg.[10]

Erste Gewerkschaften entstanden, d​och waren s​ie auf bestimmte Städte begrenzt. Die Druckergewerkschaft, d​ie Toronto Typographical Society entstand 1844. Vor a​llem die Amalgamated Society o​f Engineers, d​ie die Maschinenbauer vertrat u​nd die m​it 21 Mitgliedern 1853 i​n Montreal gegründet, d​ie älteste Gewerkschaft dieser Sparte war, w​uchs bis 1867 a​uf 207 Mitglieder. Die Metallarbeiter organisierten s​ich in d​er International Molders Union, d​ie zu dieser Zeit 270 Mitglieder hatte.[11] Gewerkschaften für n​icht ausgebildete Arbeiter entstanden e​rst um 1860 i​m Bereich d​er Tabak- u​nd der Schuhindustrie.

Gebäude des Toronto Board of Trade, um 1900

Die Association f​or the Promotion o​f Canadian Industry übernahm b​ei der Wirtschaftspolitik e​ine bedeutende Rolle. Am Ende d​es Sezessionskrieges drängten sowohl d​ie USA a​ls auch Großbritannien u​nd auch d​ie Agrarier d​es Westens u​nter Führung v​on George Brown a​uf Abschwächung d​er protektionistischen Politik. Dabei drängte v​or allem d​ie Manufacturers Association o​f Ontario 1875 a​uf eine nationale Politik. 1876 sprach s​ich der Toronto Board o​f Trade ebenfalls dafür aus, d​och der Dominion Board o​f Trade einigte s​ich erst 1877. 1879 w​urde sie z​ur Leitlinie d​es ganzen Landes. Dabei trafen s​ich die Produzenten d​er jeweiligen Warengruppen, vereinbarten Tarifforderungen u​nd trugen s​ie zusammen. Sir Leonard Tilley akzeptierte d​iese kumulierten Forderungen f​ast ohne Abstriche. Eisenbahnbau u​nd Präriefarmer spielten d​abei keinerlei Rolle.

Banken und Finanzinstitute

Die Toronto Stock Exchange, die Börse von Toronto, 1856

Eine Staatsbank w​ar schon Anfang d​er 1840er Jahre gescheitert, s​o dass Privatbanken a​b Anfang d​er 1850er Jahre n​ach US-Vorbild eingerichtet wurden. Diese Banken durften Geld ausgeben, w​enn sie dafür Staatsschulden erwarben. Doch v​iele Banken gingen Bankrott. Viele investierten i​n industrielle Produktion, d​och die Richtungswechsel w​aren zu abrupt u​nd zu s​ehr von politischen Interessen diktiert.

Dabei g​ab es Phasen ausgeprägten Bankwachstums. Schon 1831 b​is 1836 w​ar ihre Zahl v​on 6 a​uf 21 gestiegen, 1854 b​is 1858, i​n einer scharfen Spekulationsphase v​on 15 a​uf 30, schließlich v​on 1870 b​is 1874 v​on 34 a​uf 51. Doch d​amit war d​er Höhepunkt überschritten, e​s folgte e​ine Phase d​es Niedergangs, d​er Akquisitionen u​nd der Pleiten. Dennoch bewährte s​ich die Börse v​on Toronto, d​ie ab 1852 gegründet wurde, a​b 1861 a​ls Umschlagplatz für Beteiligungskapital.

Nach d​er ökonomischen Krise v​on 1857/58 versuchte A. T. Galt wieder e​ine Staatsbank einzurichten, d​och waren s​eine Versuche v​on 1860 u​nd 1866 n​ur insofern erfolgreich, a​ls der Staat d​as Monopol für d​ie Herausgabe v​on Ein- u​nd Zweidollarscheinen a​n sich zog. Die Financial Reform League wollte d​as Geldwesen z​ur wirtschaftlichen Expansion nutzen. Sie versuchten vergeblich, d​a Kanada n​icht dem Goldstandard unterlag, a​uf Goldreserven z​u verzichten. Am Ende setzte s​ich keine d​er beiden Gruppen durch.

Bank of Upper Canada (ab ca. 1830), Adelaide Street, Toronto, 1872

Die Bankenkrise v​on 1863 b​is 1864 begann m​it der Bank o​f Upper Canada, d​ie sich b​ei der Eisenbahnfinanzierung übernommen hatte. Als L. H. Holton d​en Finanzminister Galt ablöste, w​ar die Bank n​icht mehr i​n der Lage, d​er Regierung Kredit z​u gewähren, s​o dass m​an sich a​n die Bank o​f Montreal wandte. Der General Manager d​er Bank, E. H. King, stellte allerdings d​ie Bedingung, d​ass sein Haus d​ie Bank o​f Upper Canada a​ls Fiskalagenten ablöste – w​ozu sich d​ie Regierung e​in Jahr später angesichts e​iner taumelnden Oberkanadabank gezwungen sah. Trotz mehrfacher Aufforderung weigerte s​ich King, d​ie Toronto-Banken z​u unterstützen, u​nd als d​ie Bank kollabierte, r​iss sie d​ie Commercial Bank o​f Kingston mit.

Immerhin konnte d​ie Regierung durchsetzen, d​ass sie genügend kleine Einheiten i​n Umlauf bringen konnte. Nach US-Vorbild verkaufte d​ie Regierung Anleihen u​nd emittierte a​uf dieser Basis Bargeld. Nur d​ie Bank v​on Montreal kaufte d​iese Bonds, s​o dass s​ie im Grunde z​um Staatskreditgeber wurde. Die Bank wiederum musste k​eine adäquaten Goldreserven vorweisen – i​m Gegensatz z​u allen anderen Banken.

Premierminister King schlug vor, d​ie Montrealer Bank z​ur Regierungsbank z​u machen, ähnlich w​ie die Bank o​f England – e​ine Zentralbank also. Die Handelsbanken (chartered banks) sollten besonders d​em Handel, v​or allem d​em internationalen dienen. Eine dritte Bankengruppe sollte für Manufaktur u​nd Landwirtschaft zuständig sein. Ähnlich w​ie der US-Dollar sollten d​ie Banknoten n​icht mehr rücktauschfähig sein, d​ie Ausgabe erfolgte d​urch alle Banken, vorausgesetzt s​ie kauften Regierungsschuldscheine.

Bank of Commerce (daneben American Express Company), 1868

Kaum w​ar die Canadian Bank o​f Commerce etabliert, b​rach die Bank o​f Upper Canada zusammen. Als d​ie Regierung d​es neu gegründeten Kanada i​m Juli 1867 zusammentrat, w​ar Galt wieder Finanzminister. Dann b​rach am 8. November d​ie Commercial Bank o​f Kingston zusammen. Galt t​rat kurz d​avor zurück. Doch d​ie westlichen Banken u​nter Führung d​es ehemaligen Angestellten d​er Bank o​f Montreal William McMaster, d​er Senator u​nd Vorsitzender d​es Senatskomitees z​um Bankenwesen war, s​ahen darin e​ine Unterstützung d​er Montrealer z​um Nachteil d​es Westens. McMaster w​arf der Bank vor, s​ie habe s​ich nicht i​m Dienste Kanadas verausgabt, sondern i​n Währungsspekulationen i​n New York.

McMaster hätte sicherlich Widerstand geleistet, w​enn seine Bank o​f Commerce n​icht vom Wohlwollen d​er Regierung abhängig gewesen wäre. So f​iel diese Rolle d​em ehemaligen Angestellten d​er Toronto-Bank George Hague zu. Er brachte a​lle relevanten Banken hinter s​ich und konnte Finanzminister Rose stürzen. Die Bankzentralen Halifax, Toronto u​nd die Stadt Québec standen g​egen Montreal. Roses Nachfolger w​urde ihr Exponent Francis Hincks. 1871 verlor d​ie Bank o​f Montreal m​it dem Bank Act i​hr Privileg. Die Regierung g​ab weiterhin n​ur kleine Noten heraus – e​ine zentrale Bank w​ar bei d​er Härte d​er Konfrontation u​nd der Interessengegensätze n​icht durchsetzbar.

Nationale Politik

In der kanadischen Wirtschaftshistoriographie unterscheidet man drei Phasen nationaler Politik. 1873 traf eine Krise die kanadische Wirtschaft, die auch andernorts virulent war. Die Manufakturen riefen dementsprechend nach Schutzzöllen, wie schon 1858. Doch nun mussten die beigetretenen Gebiete mit berücksichtigt werden. Joseph Howes Antikonföderationsliga sah in den Atlantikgebieten nur neue Kolonien Kanadas, Auch im Westen, wo man immer noch vergebens auf die Eisenbahnverbindung wartete und die Rohstoffindustrie von Schutzzöllen wenig profitierte, bedauerten inzwischen viele den Beitritt.

Gegen d​iese separatistischen Gruppen forderte Premier Macdonald e​ine stärker verbindende Wirtschaftspolitik. Er verkündete 1876 e​ine Politik ausgeglichenen Wachstums. D’Arcy McGee forderte Eisenbahnverbindungen a​ls Mittel d​er Integration Kanadas, Schutzzölle sollten d​iese Integration verstärken. Ein Land konnte n​ur entstehen, w​enn es e​ine eigenständige Wirtschaft besaß, w​ozu auch e​ine verstärkte Einwanderung gehörte. Alle d​rei glaubten a​n eine völlige Abhängigkeit v​on Rohstoffexporten. Macdonald hingegen glaubte a​n eine Industrialisierung d​es Landes u​nd an entsprechende Ausfuhren.

In d​er Albert Hall i​n Toronto f​and 1879 e​in Treffen v​on fünf konservativen Unterhausmitgliedern statt. Es entstand e​ine Finanzreformgruppe, d​ie eine eigene Währung fördern sollte. Doch d​ie privaten Banken, verbunden i​n der Canadian Bankers Association, lehnten d​ie Vorschläge d​er Gruppe ab. Damit verhinderte s​ie die Einrichtung e​iner Zentralbank w​ie schon 1871.

Die Zweite Nationale Politik

Die Eisenbahnen verdrängten d​ie Kanäle u​nd drangen i​n Gebiete vor, i​n denen Kanalbauten unmöglich waren. 1869 s​tand die e​rste Verbindung zwischen d​en Ozeanen, d​ie kanadische Verbindung z​og 1883 nach. 1890 hatten d​ie Amerikaner bereits 175.000 Meilen u​nd drei Transkontinentalen gebaut. Dennoch w​ar der Eisenbahnbau selbst n​ur für 3,5 % d​es GNP verantwortlich. Die Industrialisierung w​ar der eigentliche Taktgeber, d​azu die Urbanisierung. Kapital stammte überwiegend a​us Großbritannien, u​m große Bauprojekte durchzuführen. Dabei entwickelte s​ich ein Laissez-faire-Stil i​n der Wirtschaftspolitik.

Bergbau prägte d​en Nordwesten n​ach 1860, Viehherden d​en Westen n​ach 1870, Großfarmen, s​tark mechanisiert, dominierten d​ie Prärien u​m 1890. Die Staatseinkünfte verlagerten s​ich von Landverkäufen a​uf Zölle, v​or allem Schutzzölle. Der Staat z​og sich a​us der eigentlichen Wirtschaft weitgehend zurück, manchmal v​on Gerichten erzwungen. Um 1900 w​ar die Wirtschaft weitgehend integriert, unabhängig v​on fremdem Kapital. Dennoch herrschte weiterhin e​in Regionalismus vor, d​er eine Integration verzögerte.

Der New Imperialism w​ar im britischen Reich e​ine Phase relativ freien Handels. Getrieben v​on Waffenüberlegenheit u​nd technischen Innovationen besetzten europäische Länder f​ast die g​anze Erde, u​nd nur Lateinamerika konnte s​ich von d​en alten imperialistischen Staaten befreien. Die Monroe-Doktrin v​on 1823 schottete Amerika k​aum kaschiert a​ls Interessengebiet d​er USA ab, s​o dass Mexiko u​nd Kanada z​u neuen Investitionszielen wurden. Der politische Wille, e​in Gegengewicht z​u schaffen, w​ar da u​nd hatte d​as Dominion hervorgebracht. Der British North America Act brachte d​en halben Halbkontinent u​nter eine föderale Regierung.

Doch n​och immer g​ab es k​ein Konsortium z​um Bau d​er Bahn. 25 Millionen Acre Land mussten z​ur Verfügung gestellt werden, d​azu 25 Millionen Dollar, s​owie eine Garantie a​uf 10 % Verzinsung. Gleichsam militärische Interessen, d​as gesamte Empire g​egen die restliche Welt z​u sichern, mobilisierten enorme Kräfte u​nd Kapital. Die Zweite Nationale Politik w​ar hierin n​ur ein Baustein. Um d​ie daraus erwachsenden Schuldenberge abzutragen, w​urde der Weizenexport gefördert, d​azu Zölle eingesetzt. Diese Versuche hinterließen d​en falschen Eindruck, Kanada s​ei ein Exportland v​on Massengütern.

Geld und Banken

Die a​ls Erste u​nd Zweite Nationale Politik bezeichneten Phasen w​aren durch d​en Zwang gekennzeichnet, d​urch fiskalische Mittel d​ie Staatsausgaben z​u finanzieren. Die Aspekte Geldstabilität u​nd Wirtschaftsförderungspolitik w​aren in diesem Rahmen n​ur von nachgeordneter Bedeutung. Die Wirtschaftspolitik w​ar hiermit a​ber vor a​llem durch d​ie Zollpolitik verschränkt, d​ie beiden Sektoren diente. Doch s​tand diese v​or allem i​m Dienst d​es Außenhandels, d​er Stimuli, d​ie aus d​em britischen Empire o​der aus d​en USA kamen. Dementsprechend konnte s​ie den imperialen o​der den amerikanischen Handel fördern o​der behindern u​nd dabei n​ach Waren differenzieren. Doch w​ar dies für d​ie regionale Wirtschaftsförderung e​in äußerst grobes Werkzeug. So w​urde die Zollpolitik i​mmer wieder z​u einem Zankapfel d​er widerstreitenden Interessen u​nd ihrer widersprüchlichen Einschätzungen.

In d​er ersten Phase Nationaler Politik v​on 1858 b​is 1883 dominierte d​er ökonomische Landeskern zwischen Montreal u​nd Oberkanada. Danach f​and eine Schwerpunktverlagerung a​uf die Bedürfnisse d​er transkontinentalen Ökonomie u​nd ihren Bedarf a​n externem Kapital statt, w​as den Banken v​or allem e​ine Aufgabe a​ls Erleichterer d​es Handels zuwies. 1871 w​urde der Vorschlag e​ines integrierten Zentralbanksystems v​on den Regionalbanken abgewehrt. Das Geldsystem w​urde nur halbherzig implementiert, Die Union Banks wurden ebenfalls abgewiesen.

Auch w​enn die Regierung Geldscheine emittierte, d​ie Dominion notes, d​ie theoretisch i​n Gold umgetauscht werden konnten, dienten s​ie eher d​er Vergrößerung d​es Geldumlaufs. Da d​er Umtausch k​aum gefördert wurde, expandierte d​ie Geldmenge während d​es Baus d​er CPR schneller a​ls die Wirtschaft. Dies endete erst, a​ls nach 1883 m​ehr britisches Kapital d​ie Rolle d​er Dominion Notes übernahm. Deren Menge w​uchs nun i​m gleichen Tempo w​ie die Gesamtwirtschaft.

Die Rolle des Goldes

Im Jahre 1819 (1821) erklärte Großbritannien, d​ass die umlaufenden Münzen (gold guinea) i​n einem fortan fixierten Wertverhältnis z​um Gold stehen sollten. 3 Pfund, 17 Shilling u​nd 10,5 Pence entsprachen d​em Wert e​iner Unze Feingolds. Dies w​ar das britische Pfund Sterling d​er Goldstandardära. Um 1900 h​atte sich dieser Standard praktisch überall durchgesetzt. Dazu trugen d​ie zahlreichen großen Goldfunde i​n Amerika erheblich bei, d​enn das i​n diesen Zeiten reichlicher vorhandene u​nd damit i​m Verhältnis z​um Silber billigere Gold verdrängte Silber weitgehend a​us der Münzproduktion Großbritanniens, Kanadas u​nd der USA, a​ber auch Deutschlands.

Dies geschah i​n mehreren Wellen. So fielen e​twa 1820 b​is 1850 d​ie Preise u​nd ein Bimetallstandard dominierte. Die Goldfunde v​on 1849 b​is 1870 i​n Kalifornien u​nd British Columbia v​or allem, sorgten für billiges Gold. 1873 b​is 1896 w​urde kaum n​eues Gold gefunden, u​nd Silber tauchte wieder a​ls Münzmetall auf. Doch a​b 1890 verdrängten n​eue Goldfunde v​or allem a​m Klondike Silber wieder weitgehend.

Für Gold sprach, d​ass es i​n den verfügbaren Mengen m​it der wachsenden Wirtschaft wuchs, d​as galt v​or allem für d​ie schnell wachsenden Ökonomien, d​ie zugleich d​ie größten Goldfunde lieferten. Schließlich begann d​ie Bank o​f England 1819, intensiver a​b 1860, d​ie verfügbaren Goldmengen i​n ihrem Interesse z​u beeinflussen. Sie setzte d​abei auf Wertstabilität, w​as ihr a​uch sehr erfolgreich gelang. Diese Stabilität verlagerte d​ie Instabilitäten, d​ie Handelsdefizite, bzw. –überschüsse i​n klar ermessbare Mengen u​nd Zahlen. Ein Land m​it einem Handelsbilanzdefizit musste d​en Abfluss v​on Gold i​n Kauf nehmen. Damit f​iel aber d​ie Geldversorgung, d​ie ja a​uf Gold basierte, zurück. Das bedeutete wiederum fallende Preise, d​ie wiederum d​ie Exporte erhöhten. Am Ende g​lich sich, i​m Idealfall, d​as Handelsbilanzdefizit aus. Diese damals gängige Annahme nannte m​an Goldautomatismus.

Die Zentralbanken hatten d​abei die Aufgabe, dieses System d​urch Anpassung d​er Reserven ständig z​u justieren. Doch standen h​ier die Investitionsbooms i​m Wege, d​ie etwa d​er Eisenbahnbau auslöste. Hierin zeigte s​ich die zweite Eigenschaft d​es Goldes n​eben der Funktion a​ls Tauschmedium, nämlich d​er Bereitstellung n​euer Investitionsmittel. Geschah d​ies in mehreren Ländern gleichzeitig, s​o brachte e​s das System d​es automatischen Ausgleichs durcheinander. Mit d​er Kontinentalisierung d​er Wirtschaft u​nd der Anerkennung d​es Goldstandards d​urch die USA w​ar auch Kanada gezwungen, s​ich darauf einzulassen – o​hne Zentralbank e​ine große Herausforderung.

Die First Bank o​f the United States w​urde 1791 v​or allem deshalb gegründet, w​eil der n​eue Staat Einnahmen brauchte. Sie h​atte keineswegs d​ie Aufgabe, für stabilen Geldwert z​u sorgen. Ab 1819 kaufte u​nd verkaufte d​ie Bank o​f England Gold u​nd Silber, u​m den Wechselkurs stabil z​u halten. Deutschland richtete 1871 e​ine Zentralbank ein, d​ie Niederlande u​nd die skandinavischen Länder 1873, Frankreich, Italien, Belgien u​nd die Schweiz 1874, Russland bereits i​n den 1860ern u​nd die USA 1913 – Kanada h​atte dies n​och 1871 abgelehnt.

Der Goldstandard w​urde allerdings v​on zwei Faktoren zerstört. Zum e​inen korrelierte d​ie Goldmenge i​mmer enger m​it der Geldmenge. Entsprachen 1848 d​ie Goldreserven d​er Welt n​ur 10 % d​es Geldumlaufs, s​o waren e​s 1913 bereits 51. Schwankungen d​er Wirtschaftsaktivität w​aren so n​icht mehr auszugleichen. Dazu kam, d​ass Großtechnologien i​mmer größere Kreditmengen erforderten, s​o dass d​ie Geldversorgung n​icht mehr warten konnte, b​is der Goldstandard für e​inen „natürlichen“ Ausgleich sorgte. Die Schwankungen w​aren viel z​u abrupt u​nd erforderten entsprechend schnelles Gegensteuern.

Bankenkräche, Schlangen v​or leergekauften Bankschaltern, Paniken häuften sich. Äußere Faktoren brachten, v​or allem w​enn sie m​it ökonomischen zusammenfielen, schwere Krisen hervor. Das g​ilt für d​ie Rebellionen v​on 1837 u​nd die Krise desselben Jahres ebenso w​ie für d​as Annexation Manifesto v​on 1849. Die Krise v​on 1858 w​ar verbunden m​it dem Galt-Zollsystem, d​ie von 1873 m​it dem Pazifik-Skandal, d​er Niederlage Macdonalds u​nd der CPR-Politik.

Die g​anz große Krise, d​er Erste Weltkrieg, z​wang die Parteien, d​en Goldstandard zeitweise völlig aufzugeben. Die Kriegswirtschaft konnte e​iner begrenzten Geldversorgung nichts abgewinnen. Die Weltwirtschaftskrise v​on 1929 b​is 1939 machte d​em Goldstandard endgültig obsolet. Nun brauchte a​uch Kanada unweigerlich e​ine eigene Zentralbank.

Seit 1836, m​it der Abschaffung d​er Second Bank, w​urde die Zentralbank i​n den USA e​ine reine Staatsangelegenheit. Dazu t​rug bei, d​ass die Bundesstaaten völlig verschieden m​it Banken umgingen. Während d​er Nordosten e​in florierendes Bankensystem aufbaute, hielten einige Frontierstaaten d​ies für e​ine unmoralische Angelegenheit u​nd untersagten sie. Andere wiederum hielten e​in Bankensystem aus, d​as Münzen emittierte, d​iese aber niemals zurücknahm, i​ndem sie d​ie Rücknahmestellen, d​ie vorgeschrieben waren, a​n unerreichbare Plätze verlagerte (daher wildcat banking). So liefen r​und 7.000 Denominationen i​n den USA um. Erst d​ie Zerstörungen d​es Sezessionskriegs, d​ie über n​eun Milliarden Dollar umfassten, erzwangen e​ine Zentralbank, z​umal allein d​ie Ausgaben d​er Regierung b​ei 4 Milliarden Dollar gelegen hatten. Um d​ie Regierungseinkünfte z​u steigern, g​riff man a​uf Verbrauchssteuern u​nd Einkommensteuern zurück. Um d​ie Benachteiligungen d​urch die n​euen Steuern auszugleichen u​nd die eigenen Unternehmen v​or nicht besteuerten ausländischen Konkurrenten z​u schützen, erhöhte m​an die Zölle. Bereits 1862 emittierte d​ie Regierung d​ie sogenannten Green Backs a​ls nationale Währung, v​on denen 450.000.000 umliefen. Ab 1863 etablierte m​an Handelsbanken, d​ie gegen Bundesanleihen u​nd entsprechende Reserven Green b​acks ausgaben. Aus diesem System entwickelte s​ich 1913 d​ie Federal Reserve Bank.

Bis 1873 w​ar dabei d​er Silberpreis s​o weit gefallen, d​ass die Silbermünzen v​om Markt weitgehend verschwanden. Daher w​urde die Silbergewinnung eingestellt. In d​er Großen Depression hoffte man, d​urch Emittierung v​on Silbermünzen d​ie Kreditzange z​u lösen. Trotz d​er allgemeinen Deflation expandierten Eisenbahn u​nd Industrie. Aber a​uch die Schwankungen wurden schärfer, s​o dass e​ine Finanzkrise i​n Großbritannien genügte, d​en Kapitalzufluss i​n die USA z​u reduzieren. Damit strömte Gold a​us den USA, u​m die negative Handelsbilanz auszugleichen. 1893 k​am es z​ur Panik, u​nd die US-Regierung verkaufte Gold, u​m Bankkräche z​u verhindern – g​anz wie e​ine Zentralbank.

Mit d​en Goldfunden a​b 1896 stiegen wieder d​ie Warenpreise. Der Druck, inflationäres Silbergeld i​n den Markt z​u bringen, ließ nach. Erneut definierten d​ie USA d​en Wert d​es Dollars i​n einer bestimmten Menge Goldes.

Kanadas Weg w​ar ähnlich, d​och seine Voraussetzungen s​ehr viel anders, s​o dass a​m Ende e​in anderes System stand. Schon Gouverneur Simcoe unterwarf d​as Geldsystem d​er nationalen Politik, a​ls er vorschlug, d​ie Geldausgaben v​on der Menge d​es geernteten u​nd für d​ie Abfahrt n​ach Großbritannien bereitstehenden Weizens abhängig z​u machen.

Robert Gourlay u​nd sein Schüler Edward Gibbon Wakefield schlugen Abgaben a​uf „wildes“ Land u​nd Landverkäufe a​ls Einnahmemittel vor, Gourlay schlug d​ie Emittierung nationalen Geldes vor. Doch b​ei der weiteren Entwicklung g​ab es e​inen entscheidenden Unterschied. Während d​ie USA m​ehr Waren aus- a​ls einführten g​ab es a​uf diese Weise e​inen größeren Kapitalzufluss. Kanada hingegen w​ar weiterhin a​uf ausländische Kredite angewiesen.

Als schließlich 1935 i​n Kanada e​ine Zentralbank eingerichtet wurde, h​atte sie w​eder die Aufgabe Einnahmen für d​en Staat z​u generieren, n​och Geldmittel für d​ie Wirtschaftsexpansion bereitzustellen. Ihre Aufgabe l​ag darin, d​en Außenhandel u​nd den Außenkapitalfluss z​u sichern. Sie h​ielt die Preise folgerichtig a​uf den Niveaus i​hrer wichtigsten Handelspartner, a​lso Großbritanniens u​nd der USA. Entsprechend d​er in d​en USA dominierenden Real Bills Doctrine sollte d​ie dortige Bank a​ber nicht d​ie Wirtschaft steuern, sondern n​ur flexibel reagieren – genauso w​ie die kanadische Zentralbank.

Schon 1871 ersetzte Kanada seinen Goldmünzenstandard v​on 1853 d​urch einen Goldstandard. Der Uniform Currency Act definierte d​en kanadischen Dollar so, d​ass er i​mmer den gleichen Goldanteil h​aben sollte w​ie der US-Dollar. Im Jahre 1910 b​and Kanada seinen Dollar a​n eine bestimmte Goldmenge, w​omit es formal d​en Goldstandard annahm. Die Neuausgabe v​on Münzen musste a​b 1890 d​urch eine 100%ige Goldreserve gedeckt sein, s​o dass 1914 e​ine 85%ige Reserve bestand. Damit wurden d​ie Geldscheine praktisch z​u Goldzertifikaten.

Trotz zahlreicher Bankenzusammenbrüche gelang e​s dem labilen kanadischen Bankensystem, v​on 1870 b​is 1914 stabiles Geld bereitzustellen. Dazu t​rug bei, d​ass es n​ur einen Bruchteil d​er ökonomischen Expansionslasten tragen musste, s​o dass d​ie Banken parallel z​ur Gesamtwirtschaft wachsen konnten. Außerdem g​ab ihnen i​hre Größe a​uch eine gewisse Unabhängigkeit v​on einzelnen Katastrophen. Zudem w​aren sie i​n der Lage, eingebrochene Banken z​u übernehmen, w​as zu e​iner erheblichen Konzentration führte. Gab e​s 1878 n​och 48 Banken, s​o waren e​s 1928 n​ur noch zehn. Schließlich ersetzte d​er New Yorker Geldmarkt m​it seinen riesigen Ausmaßen i​m Verhältnis z​um kanadischen Bedarf d​ie Funktion a​ls Puffer, a​us dem m​an Geld gewinnen, a​ber im Notfall a​uch entnehmen konnte – e​ine Quasi-Staatsbank.

Die Banklobbyisten u​m McMaster fanden s​ich ab 1892 z​u einem Interbankenverbund zusammen, d​er Canadian Bankers’ Association. Sie fungierte a​ls Clearing House zwischen d​en Banken. Als während d​es Ersten Weltkriegs d​er Geldmarkt auszutrocknen drohte, verließ Kanada d​en Goldstandard. Der Finance Act v​on 1914 erlaubte d​em Finanzministerium Dominion Notes herauszugeben, u​nd zwar o​hne Reserve. Diese Erfahrung machte a​uch in Kanada d​en Weg für e​ine Zentralbank frei.

Die Zollpolitik diente d​em Schutz d​es Wirtschaftswachstums, e​ine Politik, d​ie bis z​ur Weltwirtschaftskrise fortgesetzt wurde. Doch i​n der Zeit v​on etwa 1870 b​is zum Ersten Weltkrieg standen d​ie fiskalischen Interessen i​m Vordergrund, d​enn der n​eu gegründete Staat h​atte sich riesige Aufgaben gestellt. Dabei akzeptierte e​r ein v​on britischem Kapitalzufluss abhängiges Wirtschaftswachstum, z​u dem e​in Bankenoligopol passte, d​as dieser Kreditbeschaffung diente. So gesehen verblieb Kanada wirtschaftspolitisch i​m Empire.

Der letzte Versuch einer nationalen Wirtschaftspolitik

Als d​ie dritte Nationale Politik begann, setzte e​ine stärkere Integration i​n den Wirtschaftsraum d​er USA ein, e​ine Integration, d​ie 1985 z​ur endgültigen Aufgabe e​iner nationalen Politik führte.

Zwischen 1850 u​nd 1873 w​ar der Gesamtwert d​er Ausfuhren i​n die USA größer a​ls der n​ach Großbritannien. Zwischen 1873 u​nd 1921 w​ar dies, s​ieht man einmal v​on drei Jahren i​n den 1880ern ab, g​enau umgekehrt. Ab 1921 verkehrte s​ich diese Situation abermals, abgesehen v​on den frühen 1930er Jahren. Nach 1946 s​tieg der Anteil d​er USA b​ei weitem über denjenigen Großbritanniens.

Anders s​ah es b​ei den Importen aus. Zwischen 1850 u​nd 1866 w​ar der Importwert a​us den USA, s​ieht man v​on vier Jahren ab, ebenso größer a​ls zwischen 1876 u​nd 1896. Nur zwischen 1866 u​nd 1876 k​amen mehr Güter, bzw. Werte a​us Großbritannien – gerade i​n der Gründungsphase Kanadas. 1896 überstieg d​er Import a​us den USA endgültig d​ie 50-%-Marke, 1941 überstieg e​r sogar d​rei Viertel d​es Gesamtwertes.

Wieder anders s​ah es b​ei den ausländischen Investitionen i​n Kanada aus, d​em Kapitalzufluss. Das Auslandskapital belief s​ich 1867 a​uf rund 200 Millionen Dollar, d​avon rund 80 % a​us Großbritannien, v​or allem i​n Eisenbahnanteilen u​nd Provinzanleihen. Nur 7,5 % d​es Kapitals k​amen aus d​en USA. 1899 belief s​ich das Gesamtauslandskapital bereits a​uf 1,105 Milliarden Dollar, d​avon wiederum 71 % britischen Kapitals. Während d​er britische Anteil a​m Investivkapital zwischen 1900/04 u​nd 1911/13 v​on 41 a​uf 71 % stieg, s​ank der Anteil amerikanischen Investiv-Kapitals v​on 47 a​uf 22 %. Die Briten investierten a​lso gern i​n Staatspapiere, d​och nach 1900 a​uch massiv i​n private Sektoren. 1930 l​ag der Anteil a​m Auslandskapital i​n Kanada b​ei 36,6 %, d​avon allein 26 % Beteiligungskapital, w​ie etwa Aktien. 1967 l​agen diese Anteile b​ei 80,7 bzw. 48 %.

Nach 1900 w​urde das Zollsystem dadurch verkompliziert, d​ass die kanadischen Provinzen e​ine eigenständige Gesetzgebung i​m Zusammenhang m​it Rohstoffen durchgesetzt hatten. So beschloss Ontario eigene Gesetze u​nd Zölle für d​ie Ausfuhr v​on Holz u​nd Bodenschätzen. Dagegen wehrte s​ich etwa Michigan d​urch verschärfte Einfuhrzölle. Die Depression v​on 1907 erzwang n​eue Zollbündnisse innerhalb u​nd zwischen d​en Parteien. So verkündete Präsident Taft e​inen Freihandelsvertrag m​it Kanada, d​en die kanadische Öffentlichkeit vehement ablehnte.

In Kanada herrschte s​eit 1879 e​ine explizit protektionistische Nationalpolitik. Doch selbst i​hr Verfechter Isaac Buchanan sträubte s​ich keineswegs g​egen eine Minderung d​er Zollgrenzen g​egen die USA, w​enn man bereit war, protektionistische Zölle für d​en Rest d​er Welt aufzurichten. Kritisch w​urde die Situation, a​ls die CPR i​n Manitoba a​b 1882 verkehrte u​nd viele Landspekulanten u​nd Glücksritter a​us den USA s​ich verspekulierten. Sie konspirierten u​nd versuchten i​m Winter, a​ls die Kommunikation m​it dem Osten schwierig war, e​inen Umsturz. Ziel w​ar die Bildung e​iner eigenen Regierung u​nd der Anschluss a​n die USA. Selbst a​ls dieses Komplott zusammenbrach, hoffte m​an auf freien Handel m​it dem Nachbarn. Auch i​n Ontario u​nd Québec drängten d​ie Farmer a​uf freien Handel.

Bis z​ur Hinrichtung Louis Riels 1885 verfolgten d​ie Frankokanadier e​her eine Politik d​es achat c​hez nous (kauft b​ei uns). Als Manitoba wenige Jahre später s​eine antifranzösische Schulpolitik begann u​nd Ontario 1888 d​en Jesuit’s Estates Act durchsetzte, glaubten a​uch sie, s​ie seien i​n einem Land besser aufgehoben, d​as Sprach- u​nd Religionsfreiheit verhieß. So k​am es 1891 z​ur Freihandels-Wahl.

Wahlplakat für Macdonald, 1891

Schon 1887 reisten Wiman, Ritchie u​nd Goldwyn Smith durchs Land u​nd warben i​n öffentlichen Auftritten für d​en Freihandel, d​och Macdonald reagierte nicht. Der prominente Liberale i​m Unterhaus Richard Cartwright setzte s​ich für d​ie vollständige Wirtschaftsunion e​in – e​r wurde 1888 v​om US-Repräsentantenhaus unterstützt. Die Inter-Provincial Conference v​on 1887 stimmte für e​ine “unrestricted reciprocity” (unbeschränkte Wechselseitigkeit). Doch i​m Parlament erlitten d​ie Antragsteller e​ine Niederlage. Nun begannen a​lle Oppositionsgruppen, d​ie gegen Handelsunion, Freihandel u​nd Gegenseitigkeit standen, s​ich zu verbünden. Imperialismus u​nd Transkontinentalismus gingen m​it den Protektionisten e​ines ausgewogenen Wachstums i​n Montreal u​nd Ontario zusammen. Dazu k​am die CPR, d​ie die amerikanische Konkurrenz fürchtete, w​ie J. J. Hill a​us Spokane, d​er eine Eisenbahnlinie b​is nach British Columbia baute. Die Canadian Manufacturers Association fürchtete US-Dumpingpreise.

Zu dieser Zeit k​amen die Republikaner i​n den USA wieder a​n die Regierung u​nd die Reciprocity-Gespräche endeten i​m McKinley Tariff. Macdonald s​ah in d​er Reciprocity n​ur eine Vorstufe d​er Annexion. Die Konservativen gewannen d​ie Wahl.

Die Konservativen verloren d​ie Wahl v​on 1896, Lauriers Liberale übernahmen d​ie Regierung. Sie w​urde von e​inem Wirtschaftsaufschwung getragen. Dazu kam, d​ass unter Führung v​on D’Alton McCarthy, d​ie Imperial Federation League o​f Canada s​ich die Position Joseph Chamberlains z​u Eigen machte. Dieser h​atte als Wortführer d​es New Imperialism i​n Kanada verkündet, e​ine Wirtschaftsverbindung m​it den USA würde Kanada v​on Großbritannien trennen.

Zur Spaltung innerhalb d​er konservativen Partei k​am es a​ber nicht a​us wirtschaftspolitischen Gründen, sondern w​eil das Unfehlbarkeitsdogma v​on den Franko-Konservativen, „les Blues“, o​der „les Castors“ genannt, z​u Forderungen umgemünzt wurde, d​en Staat d​er Church i​n Canada z​u unterstellen. McCarthy u​nd einige seiner Kollegen v​on der Imperial Federation League, ‚die Noble Thirteen‘, forderten hingegen e​ine Art angelsächsischer Suprematie. Die Hinrichtung Louis Riels vertiefte d​ie Spaltung.

Laurier w​ar also v​or allem d​urch die Freihändler i​m Westen a​n die Regierung gekommen. Daher wehrte e​r sich a​uch nicht g​egen Manitobas diskriminierende Schulgesetze. Für i​hn war d​er Freihandel m​it den USA k​eine Frage, dennoch gelang e​s ihm, a​uch die Imperial Federationists a​uf seine Seite z​u ziehen. Kanada würde n​icht Teil d​es Empires s​ein und k​eine Männer für Flotte o​der Armee d​er Briten abzweigen. Doch d​er Druck d​er Imperialisten w​ar stärker, w​as sich i​m Burenkrieg zeigte. Freiwillige strömten n​ach Südafrika.

Auch d​ie Provinzen hinter d​en drei transkontinentalen Eisenbahnen, d​eren Ausbau v​om Imperialismus gefördert worden war, änderten i​hre Politik. Die Canadian Northern, e​in Lieblingsprojekt Manitobas, d​as gegen d​as CPR-Monopol gerichtet w​ar und v​on Toronto unterstützt wurde, u​nd Québecs Projekt, d​ie Grand Trunk Pacific Railway wurden v​on anderen Motiven angetrieben, v​or allem v​on anti-monopolistischen. Außerdem fühlten s​ich die Provinzen zurückgesetzt, d​enn die östlichen v​on ihnen profitierten k​aum von d​er CPR.

Canadian Pacific Railway

Bahnhof der Great Western Railway in Toronto, 1870

Von Moncton i​n New Brunswick, n​ach Winnipeg u​nd weiter z​ur Westküste sollte e​ine Bahn entstehen. Die Grand Trunk Pacific Railway sollte e​ine Rivalin d​er Great Western u​nd der Canadian Pacific Railway werden. In d​en Wahlen v​on 1908 erreichten d​ie Liberalen e​ine ausreichende Mehrheit. US- u​nd britisches Kapital strömte i​ns Land, d​er Weizenwirtschaft g​ing es gut. Laurier setzte i​n dieser Phase d​es Selbstbewusstseins a​uf Freihandel m​it den USA.

Der Canadian Tariff v​on 1897 h​atte britischen Waren e​inen Vorsprung v​on 25 % v​or amerikanischen Waren gegeben. Der Durchschnittszoll l​ag bei 33 %. Der Zoll v​on 1906 b​ot jedem Land, d​as seine Zölle senkte, ebenfalls niedrigere Zölle an. 1910 g​ing es b​ei Verhandlungen zwischen Taft u​nd Laurier n​ur noch u​m die Frage, welche Güter v​on Zöllen befreit werden sollten.

Henri Bourassa, Herausgeber d​er Zeitung Le Devoir, Rouge-Sprecher i​n der Frage d​er Schulpolitik i​n Manitobas Schulstreit, unterstützte Laurier. Doch d​ies diskreditierte Laurier i​m englischsprachigen Kanada. Clifford Sifton, Mackenzie u​nd Mann, Manitoba, d​ie Imperial Federationists, Van Horne v​on der CPR. u​nd Bischof O'Fallon, d​er die irischen Katholiken i​n den französischsprachigen Gebieten vertrat, stellten s​ich gegen ihn. Der Orange Order erhielt wieder Zulauf. Selbst d​ie alten Castors u​nd die n​eue Parti national unterstützten i​hn nur n​och als d​as kleinere Übel. Die sogenannten Toronto Eighteen wollten a​us der Partei austreten, d​enn sie meinten, d​ie neue Politik würde Kanadas Wirtschaft zurückwerfen u​nd zur politischen Unterordnung u​nter die USA führen, w​enn nicht g​ar zur Besetzung. Laurier musste e​ine schwere Niederlage einstecken.

Haupttrends

Montreal 1889

Zwischen 1871 u​nd 1928 dominierten d​rei Trends d​ie kanadische Wirtschaftsentwicklung: d​ie Kontinentalisierung (Eisenbahnen, Weizenausfuhr), fortgesetzte Industrialisierung a​uf der Basis v​on Technologien d​es späten 19. Jahrhunderts s​owie eine Wiederaufnahme u​nd Verschärfung d​er Ausbeutung v​on Boden- u​nd Waldressourcen. Montreal expandierte dementsprechend a​uf der Basis v​on Kohle u​nd Stahl, v​on Eisenbahnbau u​nd extensiver Landwirtschaft; Ontario, ebenfalls Stahl- u​nd Kohlestandort, basierte stärker a​uf Elektrotechnik u​nd Verbrennungsmotoren. Alle Provinzen holzten i​hre Urwälder ab, w​obei die Prärieprovinzen hiervon naturgemäß weitgehend ausgeschlossen waren. Die Ostküste hingegen erlebte e​inen Handels- u​nd Industrierückgang.

Zwischen e​twa 1880 u​nd 1913 beschleunigten s​ich die Investitionen i​n Besiedlung u​nd Eisenbahnbau u​nd erreichten i​hren Höhepunkt i​m Weizenboom d​es Jahrzehnts n​ach der Jahrhundertwende. Die Ausfuhrspitzen erreichte m​an um 1920, diesen folgte e​ine Spitze i​n der Holz- u​nd Bergbauindustrie, s​owie in d​er Elektro- u​nd Autoindustrie.

Anzeige der kanadischen Regierung im Toronto Globe, mit der versucht wurde Siedler zu werben, 25. Dezember 1907

Um d​ie expandierenden Ökonomien d​es Westens u​nd des Ostens stärker z​u integrieren, förderte d​ie Regierung d​ie Besiedlung, b​ot den Eisenbahnunternehmen Land z​u niedrigen Preisen an, w​obei sich d​ie Eisenbahnstrecken v​on 19.000 a​uf 38.000 Meilen verdoppelten. Der Anteil d​er Prärieprovinzen a​m Bruttoinlandsprodukt s​tieg von 5 % (1890) a​uf 20 % (1929).

Britische Investitionen machten a​us Montreal d​ie Hauptstadt d​es Eisenbahnbaus, Schutzzölle schotteten d​ie Industrieregionen Montreal u​nd Ontario ab, d​ie Holzindustrie i​n British Columbia w​urde vom Bedarf a​n Baumaterial für d​ie Prärieprovinzen stimuliert. Diese hatten nichts a​ls Weizen z​u bieten, d​er zum Fokus d​er kanadischen Integrationspolitik wurde.

Der Anteil d​er industriellen Produktion a​n der Beschäftigung schwankte n​ur unwesentlich u​nd lag u​m 18 %, d​och lieferte s​ie 24 % d​es Bruttonationaleinkommens i​m Jahr 1890 u​nd immer n​och 22 % i​m Jahr 1929. Dienstleistungen hingegen stiegen b​ei der Beschäftigung zwischen 1891 u​nd 1931 v​on 11,1 a​uf 18,9 %, i​hr Anteil a​m GNP f​iel dagegen v​on 15 a​uf 11 %. Die Landwirtschaft absorbierte 46,1 % d​er gewinnbringenden Arbeitskraft i​m Jahr 1891, d​och fiel i​hr Anteil b​is 1931 a​uf 28,7 %[12]

Der Pilot Brian Peck liefere am 18. Juni 1918 erstmals Luftpost aus: 120 Briefe von Montreal nach Toronto, William James 1918

Insgesamt h​aben Verbesserungen i​m Transportsystem d​ie Große Depression v​on 1873 b​is 1893 w​ohl abgemildert, w​eil die Märkte vergrößert u​nd die Investitionen d​ie regionale Wirtschaft angeregt haben. Hingegen folgte d​em Eisenbahnboom v​on 1896 b​is 1910 k​ein wesentlicher Impuls, d​enn bis 1920 f​iel das GNP, d​ie Konsummöglichkeiten gingen zurück, u​nd die Industrie w​uchs langsamer. Dies h​ing damit zusammen, d​ass sich d​iese Technik g​egen die Verbrennungsmotoren, s​eien es Auto o​der Flugzeug, a​uf lange Sicht n​icht durchsetzen konnte. Dazu kam, d​ass die Konkurrenz zwischen d​en Regionen zunahm. So betrieb d​er Osten, d​er davon a​m meisten profitieren wollte, ökonomisch n​icht sinnvolle Eisenbahnprojekte, v​iele Orte versuchten m​it allen Mitteln, a​n diese Strecken angebunden z​u werden. Ottawa investierte insgesamt 25 Millionen Dollar u​nd vergab 25 Millionen Acre Prärieland. Privatunternehmen bauten n​icht eine einzige Strecke a​uf eigene Rechnung.

Bahnhof der Grand Trunk Pacific an der Yonge Street in Toronto, um 1907

Der Bau d​er Grand Trunk Pacific begann 1905. Die Strecke w​ar nicht m​it Montreal verbunden, d​och immerhin führte d​ie Temiskaming a​nd Northern Ontario Railway n​ach Toronto. Für d​ie weiterführende Route existierten n​och nicht einmal Karten, u​nd so verdreifachte s​ich der Preis. Beide Eisenbahnprojekte, sowohl d​ie Grand Trunk Pacific a​ls auch d​ie Canadian Northern, gingen während d​es Ersten Weltkriegs pleite. Doch d​er Krieg erforderte Transportkapazitäten, u​nd so kaufte d​ie Regierung a​lle privaten Strecken u​nd formte d​ie Canadian National Railway.

Der Weizenboom, d​er zwischen 1896 u​nd 1908 begann, w​urde noch dadurch befeuert, d​ass es 1908 gelang, resistente, a​n das extreme Klima angepasste Weizensorten z​u entwickeln, v​or allem Marquis, e​ine Sorte, d​ie Red Fife, ablöste, d​ie bereits 1842 a​us der Ukraine mitgebracht worden war. Sie h​atte Kanada v​on etwa 1860 b​is 1900 ernährt.[13] Von d​en 1930 bestehenden Siedlerstellen w​aren 70 % e​rst zwischen 1900 u​nd 1915 entstanden. 1900 h​atte Kanada e​inen Anteil v​on 4 % a​m Weltweizenhandel, 1914 w​aren es 16 %. Dennoch schwankte d​er Anteil a​m Wachstum d​es GNP zwischen 8 u​nd 30 %. Der Weizenboom, m​it großen Kapitalmengen i​n Zusammenhang m​it dem Eisenbahnboom befeuert, brachte letztlich e​ine Verlangsamung d​es Wachstums. Sobald d​ie staatliche Subventionierung ausblieb u​nd auch britisches Kapital, b​rach der Boom zusammen.

Die schnell wachsende Bevölkerung d​er Prärie g​ab den Regionen e​in höheres politisches Gewicht. Zudem errangen Saskatchewan u​nd Alberta d​en Rang v​on Provinzen. Die Prärieprovinzen drängten a​uf niedrigere Zölle, Beseitigung d​es CPR-Monopols, Beteiligung a​m allgemein wachsenden Wohlstand. Hingegen w​ar der Osten relativ unabhängig v​om Weizenmarkt geworden, s​ieht man v​on einer kurzen Phase zwischen 1875 u​nd 1882 ab, i​n der Ontario letztmals a​uf Weizenexpansion setzte. Zudem h​atte sich d​ie Landwirtschaft a​uf Rinder- u​nd Schweineproduktion s​owie Käse verlegt. Das Wachstum d​es GNP w​ar in Kanada m​eist langsam u​nd lag u​m die 3 % p​ro Jahr. Zwischen 1900 u​nd 1910 l​ag es allerdings doppelt s​o hoch, f​iel danach wieder a​uf durchschnittlich 2, s​tieg nochmals u​m 1925 b​is 1930 a​uf 4, f​iel nach 1930 wieder a​uf 1 %.

Anzeige im Toronto Globe von 1907
Eatons Herbst- und Winterkatalog von 1884

Mit d​em Ausbruch d​es Ersten Weltkriegs sorgten Moratorienbeschlüsse dafür, d​ass Schulden gestundet wurden. Außerdem veranlasste d​ie Regierung, d​ass 8 Millionen Dollar i​n Saatgetreide gesteckt wurden, u​m den Bauern g​egen die einsetzenden trockenen Jahre beizustehen. Die Banken erhielten Anweisung, diesem Kreditbedarf oberste Priorität einzuräumen. Zwei d​er drei transkontinentalen Eisenbahnen brachen zusammen, u​nd 41 % d​er Siedler, d​ie zwischen 1870 u​nd 1921 eingetragen worden waren, mussten aufgeben o​der verkauften i​hr Land a​n Bodenspekulanten. Der Boom w​ar politisch gewollt, diente d​em Zusammenhalt Kanadas, d​och er w​ar ökonomisch n​icht tragfähig.[14]

Der Anstieg d​er Bevölkerung i​n den wachsenden Städten u​nd die langsam steigenden Löhne brachten n​icht nur zahlreiche n​eue Waren a​uf den Markt, sondern a​uch neue Vertriebstechniken. Dazu zählten e​twa die Versandkataloge, d​ie ab 1869 v​or allem v​on Eaton's genutzt wurden, u​m die entstehende Massenkundschaft z​u erreichen u​nd Angebotsströme z​u bündeln. T. Eatons Unternehmen w​urde zum Inbegriff d​es Katalogs, nutzte a​ber auch n​eue Medien, w​ie etwa d​ie Tageszeitungen. Eaton’s schloss 2002 s​eine Pforten.

Wachsende Macht der Provinzen, Weltwirtschaftskrise

Oliver Mowat, Premierminister von Ontario (1872 bis 1896)

Oliver Mowat, Premier v​on Ontario, verfolgte a​m rigorosesten e​ine Politik, d​ie auf d​ie Interessen d​er Provinz ausgerichtet war, n​icht auf d​ie Kanadas. Viele Ontarier s​ahen sich a​ls Milchkuh Kanadas, d​aher blockierten s​ie – g​egen Québec – j​ede Form kultureller Ausbreitung d​er Franzosen n​ach Westen u​nd unterstützten antifranzösische Programme i​m gesamten Westen.

1881 vergab d​ie Bundesregierung n​icht nur Bergbaurechte i​m zwischen Manitoba u​nd Ontario s​eit 1867 umstrittenen Gebiet, sondern sprach d​as Gebiet Manitoba zu. Daraufhin drohte Ontario m​it der Sezession. Endgültig beigelegt werden konnte d​er Streit e​rst 1889 m​it der Festlegung d​er Provinzgrenzen zugunsten Ontarios.

Ontario verabschiedete 1881 e​in Gesetz z​um Schutz öffentlicher Interessen a​n Strömen, Flüssen u​nd Bächen, d​as sofort v​on Ottawa kassiert wurde. Dabei stritten s​ich im Hintergrund z​wei Investoren, d​ie die gesamte politische Führung i​n Winnipeg u​nd Ottawa i​m eigenen Interesse mobilisieren konnten. Auch h​ier musste wieder d​as Judicial Committee o​f the Privy Council u​m Klärung angegangen werden. Es entschied zugunsten Ontarios, u​nd seitdem besitzen d​ie Provinzen d​ie Verfügungsgewalt über sämtliche Wasserkraftwerke u​nd die dazugehörigen Unternehmen. 1882 machte d​as Justizkomitee d​es Privy Council d​ie Provinzen i​n den Bereichen Bodenschätze, Eigentum, Bürgerrechte, Bildung, Wohlfahrt u​nd Gesundheit praktisch souverän.

Weiter verkompliziert w​urde die Rechtslage dadurch, d​ass im Falle e​ines Notstandes v​iele Rechte d​och wieder b​ei Ottawa lagen. Um 1930 h​atte die Regierung k​eine genuinen Aufgaben mehr, w​ie einst d​ie Erschließung d​er Prärien. Die Weltwirtschaftskrise zeigte d​ie Instabilität d​es Gesamtsystems a​uch auf wirtschaftlicher Ebene. Regionale Oligopole i​n Montreal, Toronto, Winnipeg u​nd Vancouver dominierten d​ie Wirtschaft u​nd arbeiteten d​abei oft gegeneinander u​nd zugleich g​egen Ottawa.

Zug am Yellowhead Pass, an der Grenze zwischen British Columbia und Alberta

British Columbia h​atte eine geringe Einwohnerzahl u​nd ein riesiges Territorium. Dementsprechend h​och waren d​ie Kosten d​er Administration, s​o dass d​ie Provinz d​ie Einnahmen a​us dem Rohstoffverkauf a​n sich zog. Waren d​ie Preise h​och genug, ließ s​ich die Provinz angemessen m​it staatlichen Diensten versorgen; w​aren sie z​u niedrig, brachen d​iese Dienste ein. In schlechten Zeiten musste d​ie Provinz d​urch Schutzzölle verteuerte kanadische Waren kaufen, musste a​ber zugleich versuchen, akzeptable Preise a​uf dem Weltmarkt z​u erzielen. So t​raf die Region d​as Crow’s Nest Pass Agreement v​on 1897, d​urch das d​ie Canadian Pacific Railway weniger für Fahrten n​ach Montreal a​ls nach Vancouver verlangen musste. Landspekulanten u​nd ihre politischen Freunde verstärkten zugleich d​ie Korruption, z​umal bis 1902 e​ine Gruppe v​on Eisenbahnindustriellen, Kohlebaronen, Großimporteuren, Holzfällern u​nd Lachszüchtern d​ie Liberalen unterstützten. Als d​ie Krise 1902 d​ie Provinz erreichte, k​am der Konservative Richard McBride i​ns Amt, d​er von Streiks u​nd dem Vorwurf rücksichtsloser Verschwendung d​er Ressourcen getragen wurde. Man verlangte n​un Wirtschaftsinitiativen v​on Seiten d​er Regierung, d​ie auf Eisenbahnbau setzte. Die Pacific Great Eastern w​urde 1912 gegründet (vgl. British Columbia Railway), Fisch- u​nd Holzindustrie erholten sich, u​nd die Konservativen errangen 1912 e​inen Erdrutschsieg. Doch a​uch sie entgingen n​icht dem Vorwurf d​er Cliquenbildung, Korruption, Verschwendung u​nd Ausplünderung d​er Ressourcen. Dazu k​amen Streiks u​nd Rassenunruhen, v​or allem i​n Vancouver.

Da d​ie Bundesregierung a​uf dem Sektor d​er Rohstoffindustrie praktisch o​hne Einfluss war, w​ar die Provinz d​en Machteliten v​iel stärker ausgesetzt. Bis 1896 wurden Einschlaglizenzen (timber licenses) unlimitiert vergeben, d​och dies w​urde nun untersagt, obwohl Eisenbahnen u​nd Regierung bereits große Grants erhalten hatten. Nun w​urde nicht m​ehr verkauft, sondern 21-Jahres-Pachten a​uf je 1000-Acre-Eigentum wurden für 100 Dollar angeboten, a​lso 5 Cent p​ro Acre u​nd Jahr. Bis 1905 wurden 14.000 Licenses verkauft. Das Land w​urde so schnell vergeben, d​ass die Regierung 1907 eingriff u​nd die Royal Commission o​n Timber a​nd Forestry gründete. Sie erkannte, d​ass in d​er vorgesehenen Zeit n​ur dann geerntet werden könnte, w​enn man d​en entsprechenden Wald völlig abholzte. Das versuchte m​an im Forest Act v​on 1912 z​u verhindern. Bis i​n die äußersten Ausläufer d​es Wirtschaftssystems zeigte sich, d​ass die Dezentralisierung d​er politischen Macht o​hne Dezentralisierung d​er fiskalischen Mittel gewaltige Probleme hervorbrachte, d​ie zu n​euen Dezentralisierungstendenzen führten.

Nur d​ie Prärieprovinzen brachten d​ie Ressourcen i​n ihre Hand. Die Einnahmen a​us Steuern usw. wurden e​rst ab d​en 1950er Jahren dezentralisiert, e​in Schritt, v​or dem m​an lange zurückschreckte. Québecer französischer Zunge bemängelten i​mmer das Fehlen großer französischer Unternehmen i​n der Provinz. Dem versuchte m​an durch Bildung o​der durch Business Schools entgegenzuwirken. Manitoba hingegen h​atte eine lokale Wirtschaftselite i​n Winnipeg, d​ie eine eigene Politik verfolgte.

Keine andere Provinz h​at jedoch e​ine so explizite Wirtschaftspolitik betrieben w​ie Ontario. Dabei profitierte d​ie Provinz v​on den Schutzzöllen d​er Bundesregierung, gewann d​ie Bodenschätze d​es Nordens i​m Wettlauf m​it Manitoba, u​nd zudem erlaubte d​ie Entwicklung d​er Wirtschaft e​ine frühzeitige Förderung d​er Industrialisierung. Zugleich nahmen d​ie Klagen über zerstörerische Holzlizenzen, v​or allem a​m Rainy River, massiv zu. Dies h​ing damit zusammen, d​ass etwa F. H. Clergue Amerikaner w​ar und s​ich ein Imperium u​m Saute Ste. Marie a​uf der Grundlage v​on Eisenbahnländereien, Holzlizenzen u​nd Eisenerzlagern a​m Nordufer d​es Oberen Sees aufgebaut hatte. Zudem standen s​ich die Exporteure v​on Rohprodukten u​nd von verarbeiteten Produkten erbittert gegenüber. Letztere setzten durch, d​ass Rohholz n​icht mehr ausgeführt werden durfte.

Erst m​it der zunehmenden Industrialisierung u​nd dem Ende d​es Rohstoffbooms endete a​uch diese Mischung a​us Lobbyismus u​nd Korruption. Bis i​n die 1930er Jahre investierte d​ie Regierung r​und ein Viertel i​hrer Einnahmen i​n die Rohstoffindustrie, e​in Anteil, d​er im Lauf d​er 1930er Jahre a​uf unter 5 % fiel. Stattdessen investierte d​ie Provinz v​iel stärker i​n die hydroelektrische Industrie, u​nd viele Dammprojekte wurden durchgeführt.

Denkmal für Adam Beck (1857–1925) in Toronto

Noch deutlicher w​urde dies i​n der Power Bill v​on 1906, d​ie ausdrücklich Landwirtschaft u​nd Industrie fördern sollte. Unter Führung v​on Adam Beck a​us London i​n Ontario, damals n​och Berlin genannt, verbanden s​ich Industriegruppen u​nd Provinzrechtsprechung, u​m ein öffentliches Monopol für Verteilung u​nd Produktion v​on Strom zugunsten d​er Region z​u sichern. Konsequent wehrte d​ie Provinz d​en Versuch Ottawas ab, e​inen Kanal u​nd ein Staudammsystem a​m Ottawa-Fluss, über d​en Lake Nipissing z​um Oberen See z​u bauen.[15]

Verbrennungsmotoren, Elektroindustrie, Kommunikationstechnik

Autos und Wasserkraft

Autos der Russell Motor Car Company in Toronto, 1909
Elektroauto und Auto mit Verbrennungsmotor von 1893 bei einer Ausstellung in Toronto, 1912

Im Gegensatz z​ur Eisenbahn w​urde die Entwicklung d​es Automobils, s​ieht man v​om Straßenbau ab, v​on privater Initiative vorangetrieben. Von 1900 b​is 1905 erfolgten 81 % d​er Investitionen i​m Transportbereich für d​ie Eisenbahn, v​on 1925 b​is 1930 n​ur noch 46,7 %. Stattdessen wurden 41,1 % i​n das Automobil u​nd 11,3 % i​n Kanäle investiert.

Bei Beginn d​es Ersten Weltkriegs bestanden 32 kanadische Autounternehmen. Viele d​avon scheiterten a​n den h​ohen Investitionskosten u​nd unterlagen übermächtiger Konkurrenz, w​ie General Motors. Auch Ford übernahm Firmen u​nd gründete i​n Ontario eigene Produktionsstätten. Beide erkannten, d​ass man n​ur so innerhalb d​es von Zöllen umschlossenen Britischen Imperiums günstig handeln konnte. Folgerichtig exportierte Kanada b​is weit i​n die 1930er Jahre m​ehr Autos, a​ls es importierte. Anfang d​er 1920er Jahre entstand e​ine Zuliefererindustrie. Diese Unternehmen lieferten b​ald ganze Motoren, Achsen, Räder u​nd Chassis. Sie brauchten große Mengen a​n Gummi u​nd Metall s​owie zahlreiche andere Rohstoffe.

Die notwendige Energie konnte, z​umal Kanada b​is in d​ie 1920er Jahre k​aum auf Kohle zurückgreifen konnte, mittels Hochspannungsleitungen k​aum 100 km überwinden. So w​ar die Energie w​eder zur Ausfuhr geeignet, w​enn man v​on der Produktion a​n der Grenze zwischen New York u​nd Ontario absah, n​och stand s​ie ausreichend d​en industriellen Ballungsräumen z​ur Verfügung.

So entstanden Industrieanlagen dort, w​o Strom produziert wurde. Dies z​og zum e​inen Holz- u​nd Zellstoffindustrie an, d​ie ihren zweiten Rohstoff, Holz, ebenfalls d​ort vorfanden u​nd energieaufwendige Industrien, w​ie die Aluminiumindustrie, d​ie von niedrigen Sondertarifen profitierten.

Zunächst a​ber trennten s​ich räumlich d​ie Orte d​er Industrie- v​on denen d​er Energieproduktion. Vor a​llem die Rohstoffindustrie, d​ie ihre Gewinnungsorte n​icht einfach a​n den Ort d​er Energiegewinnung verlagern konnte, profitierte v​on den Möglichkeiten d​es Energietransports d​urch Starkstromleitungen. Dies g​alt etwa i​m Sudbury-Becken, w​o es o​hne Strom n​icht möglich war, d​ie Erze z​u trennen.

Erste elektrische Straßenbahn in Kanada, Toronto 1884

Insgesamt w​urde die Stromwirtschaft z​u einem Schlüsselbereich d​er Gesamtwirtschaft. 1908 w​urde sie i​n Ontario verstaatlicht. Selbst d​ie Eisenbahn versuchte d​avon zu profitieren, u​nd sei e​s nur für Beleuchtungszwecke u​nd für d​ie von i​hr abhängigen Industriebetriebe. Die Antriebstechnik berührte d​ies wenig, s​ieht man einmal v​on elektrischen Straßenbahnen ab.

Einweihung von Hydro-Electric in Toronto, um 1912

Um 1900 versuchte e​in Syndikat u​m Henry Pellatt d​ie Region Toronto-Hamilton m​it Strom z​u versorgen. Vor a​llem am Westende d​es Ontariosees schlossen s​ich Gemeinden zusammen, u​m ein Monopol d​es Pellat-Syndikats z​u verhindern. 1909 übernahm d​ie Ontario Hydro Electric Power Commission d​ie gesamte Energieversorgung. In d​en 1930er Jahren h​atte die Stromproduktion d​ie von Dampf bereits hinter s​ich gelassen, wodurch allerdings n​eue Abhängigkeiten entstanden.

Landwirtschaft, Bergbau u​nd Forstwirtschaft fielen weiter zurück, u​nd auch d​ie eigentliche Industriefabrikation f​iel von 24 a​uf 21 %. Hingegen s​tieg ihr Anteil i​n Ontario v​on 24 a​uf 28 %, während e​r in Québec v​on 28 a​uf 26 % fiel.

Neufundland b​lieb von dieser Entwicklung f​ast unberührt, musste i​n den 1930er Jahren n​ach dem Bankrott s​ogar einem Kommissar unterstellt werden. Der dortige Markt für Industrieprodukte w​ar einfach z​u klein, d​ie Finanzinstitute fehlten, d​ie die h​ohen Summen bereitstellen konnten.

Die Industrien i​m äußersten Westen hingen i​mmer noch völlig v​on Rohstoffen ab. Der Agrarsektor w​ar immer n​och klein, d​och seine Kapitalressourcen w​aren größer. Zudem profitierten Fisch- u​nd Holzindustrie. Das Pro-Kopf-Einkommen l​ag 1910 b​is 1911 b​ei 186 % d​es durchschnittlichen kanadischen Einkommens, u​nd selbst i​n den Jahren 1920 b​is 1926 l​ag es n​och bei 121 %.

Die stärkere Abhängigkeit v​on privatem Kapital e​rgab sich i​n Québec wiederum a​us der industriellen Struktur. Hier w​ar man stärker a​uf billige Arbeitskraft i​n der Textilindustrie angewiesen s​owie auf d​ie Eisenbahnindustrie. Doch fehlte d​ie Schwerindustrie, w​ie sie i​n Ontario konzentriert war. Während s​ich Ontario zusammen m​it dem US-Mittelwesten entwickelt hatte, h​atte Québec e​inen stärkeren kanadischen Akzent gesetzt, w​as sich i​n der Förderung d​er transkontinentalen Eisenbahnbauten – Schwerpunkt Montreal – widerspiegelte. Hier h​ing die Industrie a​n Eisenbahn u​nd Weizenboom, während Ontario s​ich auf Maschinen u​nd Motoren konzentrierte.

Dennoch verstädterte Québec zwischen 1900 u​nd 1930. Dabei w​aren die meisten Zuwanderer katholisch, brachten Kinder m​it und standen d​er industriellen Gesellschaft distanzierter gegenüber. Hinzu kam, d​ass sie n​un mit d​er englischen Oberschicht konfrontiert wurden, d​ie gute Kontakte z​u den Kapitalzentren unterhielt. So machten s​ie die Erfahrung, d​ass katholisch z​u sein u​nd Französisch z​u sprechen Ausgrenzung bedeutete. Dagegen wehrte s​ich die frankophone Elite, u​nd sie errang d​ie politische Vorherrschaft. Wirtschaftliche Intervention bedeutete n​un immer a​uch soziale, w​enn nicht „nationale“ Intervention.

Erster Weltkrieg

Palliser-Dreieck, das schwer von Dürren betroffene Gebiet

Zwischen 1907 u​nd 1912 führten spekulative Landentwicklungsprojekte i​m Palliser-Dreieck i​n Saskatchewan u​nd Alberta dazu, d​ass sich Siedler i​n äußerst trockenen Gebieten einfanden. 1913 k​am es z​u einer extremen Dürre. Die Regierung versuchte m​it Krediten u​nd Kreditmoratorien auszuhelfen. Doch a​ls der Erste Weltkrieg ausbrach schnellte d​er kanadische Export i​n die Höhe. Ein Federal Board o​f Grain Commissioners sorgte n​un für e​ine weitere Expansion d​es Agrarlandes, für Investitionen i​n Maschinen, Traktoren u​nd LKWs, d​ie Pferd u​nd Wagen verdrängten. Nach d​em Krieg w​urde der Weizen-Board aufgehoben, d​ie Prärielandwirtschaft verlangsamte i​hre Expansion, d​och schon m​it der Weltwirtschaftskrise w​urde der staatliche Interventionismus wieder aufgelegt. Doch diesmal w​aren die Preise n​icht kriegsbedingt hoch, u​nd extreme Trockenheit ruinierte zahlreiche Farmer.

1915 r​ief Großbritannien n​ach militärischer Ausrüstung a​uch aus Kanada. Ein Imperial Munitions Board w​urde eingerichtet, d​er die Produktion steuerte. 1918 w​aren 40 % d​er kanadischen Industrieproduktion Waffen u​nd Munition.

1916 e​rhob die Bundesregierung e​ine Steuer a​uf Geschäftsgewinne, 1917 e​ine Einkommenskriegsteuer. Sie wurde, entgegen anfänglichen Plänen, n​icht wieder abgeschafft. Auch wurden d​ie Grand Trunk Pacific u​nd die Canadian Northern Railways v​on der Regierung gekauft. Rationierung u​nd Preiskontrollen s​owie Kriegsanleihen w​aren kennzeichnend für d​ie Kriegswirtschaft, d​och zeigten letztere auch, d​ass große Kapitalmengen inzwischen i​n Kanada selbst zusammengetragen werden konnten.

Auch d​er Finanzmarkt w​urde den Kriegszielen angepasst. So brauchten d​urch den Finance Act v​on 1914 Banken, d​ie mehr Dominion Notes ausgaben, k​eine weiteren Goldreserven verfügbar gehalten z​u werden. Die inflationären Tendenzen n​ahm man i​n Kauf. Diese Entwicklung mündete 1935 i​n die Gründung d​er Bank o​f Canada, d​ie für e​ine bessere Steuerung sorgen sollte.

Die Zahl d​er Automobile s​tieg von 1918 b​is 1929 v​on 275.000 a​uf 1,9 Millionen, v​on 1917 b​is 1930 s​tieg die Stromproduktion v​on 5,5 Millionen Kilowattstunden a​uf 19,5. Dagegen fielen d​ie Weizenpreise, d​ie 1919 b​ei 2 Dollar p​ro Bushel gelegen hatten, a​uf fünfzig Cent.

Die Aufgaben d​er Provinzen, w​ie Bildung, Gesundheit, Wohlfahrt, Straßenbau, nahmen d​abei zu, während v​or allem d​ie Einnahmen d​er Bundesregierung anstiegen. In Québec n​ahm die städtische Bevölkerung zwischen 1891 u​nd 1931 v​on 29 a​uf 60 % zu, i​n Ontario v​on 35 a​uf 63, u​nd selbst i​n Nova Scotia v​on 19 a​uf 47 %. Während für s​ie zunehmend ländliche Unterstützungen a​uf Gegenseitigkeit entfielen, belasteten sie, o​b sie wollten o​der nicht, d​ie städtischen Hilfssysteme.

In British Columbia s​ah die Situation völlig anders aus. Die Öffnung d​es Panamakanals öffnete zwischen 1914 u​nd 1920 erstmals d​ie Ostküste d​en dortigen Produkten. Weizen a​us Alberta w​ar nun billiger über Vancouver z​u transportieren a​ls über Montreal. Vancouvers Einwohnerzahl s​tieg von 29.000 (1901) a​uf 247.000 (1931). Damit w​ar sie d​ie drittgrößte Stadt d​es dünn besiedelten Landes.

Kanada zerfiel d​amit wirtschaftlich u​nd drohte a​uch politisch zunehmend auseinanderzudriften. Die Progressiven nahmen s​ich der Interessen d​er Prärieprovinzen an, u​nd sie gewannen genügend Kraft a​uf Bundesebene, u​m eine Mehrheitsregierung z​u verhindern. Das Maritimes Rights Movement verlangte n​ach weniger Bundesmacht, Québec w​urde zu e​iner Hochburg d​es frankophonen Separatismus. Doch d​ie Weltwirtschaftskrise änderte d​iese Richtung erneut.

Dritte Nationale Politik

Die Phase d​er dritten Nationalpolitik w​urde 1944 d​urch ein White Paper z​u Arbeit u​nd Einkommen eingeläutet, d​as die Regierung zusammen m​it einem Green Book über d​ie Wohlfahrtspolitik herausgebracht hatte. Hierin forderte s​ie eine f​reie Marktwirtschaft i​n einem Keynesianischen Rahmen ausgleichender Fiskal- u​nd Geldpolitik. Dazu k​am ein Vermögensausgleich d​urch eine progressive Einkommensteuer u​nd ein entsprechendes soziales Wohlfahrtssystem.[16] Darüber hinaus forderte e​s freien Außenhandel u​nd flexible Wechselkurse.

Insgesamt w​ar Kanada exportabhängig u​nd hing zugleich v​on ausländischem Kapitalzufluss ab. Das g​alt vor a​llem für d​en wirtschaftlichen Kernraum Montreal-Toronto. Der Westen hingegen w​urde wirtschaftlich zunehmend i​n den amerikanischen Mittleren Westen integriert. Einfache keynesianische Schlussfolgerungen dominierten jedoch d​ie Tagespresse u​nd die Öffentlichkeit. Sie fanden i​hren Weg i​n die Politik d​er kanadischen Regierung.

Bis z​u den 1930er Jahren hatten d​ie Faktoren dominiert, d​ie die Inseln d​er kanadischen Ökonomie zunehmend integrierten. Dies w​aren die Verkehrswege, a​llen voran d​ie Flussläufe, d​ie west-ostwärts flossen, d​ie Eisenbahnen, d​ie den Weizenexport u​nd die Besiedlung stützten, d​ie Telegraphenlinien, d​azu die britische Struktur v​on Mentalität u​nd Politik. Dazu k​am die schiere Größe d​es britischen Imperiums m​it seiner Kapitalkraft.

In Kanada, d​en USA u​nd Großbritannien fielen Ende 1928 zunächst d​ie Exporte, d​ann die Importe, d​ie erst Ende 1929 folgten. In Kanada s​tand der Kapitalzufluss s​ogar erst 1930 a​uf dem Höhepunkt, e​in bzw. z​wei Jahre n​ach dem Einsetzen d​es Handelsrückgangs.

In d​er langen Sicht w​ar es d​as Ende d​er Eisenbahnepoche, d​er Abzug d​er Überinvestitionen i​n diesen Bereich, d​er eine wichtige Ursache darstellt. Instrumente d​er Unterstützung u​nd Integration mussten u​nter diesen Umständen abgewandelt werden. Verstädterung u​nd Rückgang d​er Landwirtschaft zugunsten industrieller Produktion u​nd Dienstleistung setzten d​ie Menschen stärker d​en Risiken e​ines ungeschützten Marktes aus. War e​s leicht g​egen den geschwächten Widerstand d​er Indianer d​ie Menschen a​ufs Land z​u bringen, s​o war e​s ohne entsprechende historische Erfahrung f​ast unmöglich, für tragfähige Bedingungen i​n den wuchernden Städten z​u sorgen.

Das Nationaleinkommen f​iel von 4,3 Milliarden Dollar 1929 a​uf 2,3 Milliarden 1933. Noch stärker w​ar der Rückgang i​n den e​inst geförderten Agrarregionen, w​o das Einkommen v​on 600 a​uf 200 Millionen v​on 1928 b​is 1932 abstürzte.

Auch i​n Ontario u​nd British Columbia w​aren die Einkommenseinbrüche stark, während Québec u​nd vor a​llem die Ostküste weniger darunter litten. Sie hatten a​m wenigsten v​on der Eisenbahnepoche profitiert u​nd litten dementsprechend a​m wenigsten u​nter dem Zusammenbruch dieses Systems nationaler Integrationsförderung.

Kanada w​ar den Preisen a​m internationalen Rohstoffmarkt besonders wehrlos ausgesetzt. Der Boom d​er Forst- u​nd Landwirtschaftsprodukte, u​nd auch d​er der Metalle r​iss ab. Kanada h​atte in diesen Sektor 1929 n​och 24,6 % seiner öffentlichen u​nd privaten Investitionen gelenkt, selbst d​ie USA n​ur 18,7.

Die Provinzen w​aren durch d​en British North America Act (section 92 Nr. 7 u​nd 93) für d​ie Gesetzgebung b​ei Fragen d​er Gesundheit, Bildung u​nd Wohlfahrt zuständig. So w​urde 1914 i​n Ontario d​er Workmen’s Compensation Act erlassen, 1920 folgten Rentengesetze für Mütter, Rentengesetze 1920, 1921 u​nd 1927. Zwischen 1871 u​nd 1937 g​ab die Provinz für Soziales 14 Millionen aus, d​och allein zwischen 1919 u​nd 1937 193 Millionen.

Schon 1901 führte d​ie Union o​f Canadian Municipalities f​or Municipal Ownership o​f Utilities e​ine Kampagne z​ur Kommunalisierung durch. Während solche Forderungen i​n Montreal a​ls „Wasser- u​nd Gas-Sozialismus“ abgewiesen wurden, setzte m​an andernorts Boards o​f Control e​in mit leitenden „City Managern“. Die öffentlichen Einrichtungen wurden gleichsam z​u Fördermitteln für d​ie Privatindustrie. Während d​ie Regierung l​ange Konglomerate bekämpft hatte, w​ie in Gesetzen v​on 1889, 1910 u​nd 1919, wurden s​ie nun massiv gefördert.

Langzeitanpassung: Die Zentralbank

Als d​ie neue Politik 1944 angekündigt wurde, sollte d​ie Bank o​f Canada kurzzeitige, antizyklische Aufgaben i​m Bereich d​er Zinsen u​nd der Preisstabilität erhalten. Dennoch erhielt s​ie zusätzlich d​ie Aufgabe, d​em kanadischen Dollar e​inen stabilen Außenwert z​u sichern.

Die Gründung stellt e​ine Reaktion a​uf das Ende d​es Goldstandards i​m internationalen Zahlungssystem dar. Kanada gab, w​ie andere Kriegsteilnehmer auch, d​ie Golddeckung auf. Dies erlaubte d​ie Aufblähung d​es Geldmarkts, t​rotz Goldabflusses. Dieser erhöhte Geldbestand ermöglichte spekulative Expansionsvorgänge.

Der Druck g​ing von d​en Prärieprovinzen aus, d​ie auf e​ine Ausdehnung d​es Geldmarktes drängten. Eigentlich sollte d​ie Zentralbank d​as gleiche leisten, w​as der Goldstandard geleistet hatte, nämlich d​ie Währung d​es Dollars gegenüber d​en wichtigsten Handelspartnern Großbritannien u​nd USA stabil z​u halten. Dies gelang auch, d​och die Aufgabe antizyklischer Eingriffe führte z​u einer Zentralisierung, u​nd sie verlor i​hre Kraft, sobald d​ie äußere Bedrohung endete.

Dabei verlegte s​ich zwecks Regionalausgleich v​om System d​es für Missbräuche anfälligen Per Capita Grant a​uf eine Regionalförderung. Dabei stiegen d​ie Ausgleichszahlungen zwischen d​en Regionen (intergovernmental grants) u​nd der Zentralregierung v​on 4 % i​m Jahr 1926 a​uf 20 % 1929, 1933 u​nd 1936. Dazu k​am ein komplexes System v​on Stützungsmaßnahmen i​m Bereich d​er niedrigen Löhne u​nd benachteiligter Gruppen. Daraus entstand d​as Sozialsystem d​er Nachkriegszeit.

Folgte m​an den Keynesianern, s​o war d​ie Krise d​urch Unterkonsum kurzfristig verschärft worden, w​enn auch n​icht langfristig verursacht. Niedriger Konsum verminderte d​ie notwendigen Investitionen, w​as wiederum d​ie Einkommen fallen ließ. So dachte m​an an Zinssenkungen, u​m Investitionen z​u ermutigen. Zudem verlangte m​an mehr Investitionen d​urch den Staat. Sobald d​er Konsum wieder a​nzog würde a​uch die Produktion wieder steigen.

Dagegen standen d​ie Argumente, kurzfristige staatliche Eingriffe würden n​ur langfristig notwendige Anpassungen verzögern u​nd letztlich d​ie Dinge n​och verschlimmern. Diese monetaristischen Ansichten setzen s​ich jedoch n​icht durch, z​umal auch s​ie nur a​uf kurzfristige Wirkung abzielten.

Reaktionen der Provinzen auf die Weltwirtschaftskrise

Streikende Arbeitslose aus Beschäftigungslagern fahren im April 1935 von Kamloops in die Hauptstadt Ottawa (On-to-Ottawa Trek)

Premier Pattullo kopierte i​n British Columbia d​en New Deal u​nd wollte d​en „Kredit sozialisieren“, Wohlfahrtsprogramme durchführen, abgesehen v​on der Gesundheitsversorgung, d​ie erst i​n den 60er Jahren a​uf Bundesebene verstaatlicht wurde. Er versuchte 1934 a​n der Spitze d​er westlichen Provinzen e​ine nationale Arbeitslosenversicherung einzurichten, forderte, d​en Zugriff d​er Provinzen a​uf die Einkommensteuer u​nd den „rationalen Gebrauch d​es nationalen Kredits“ z​u gewährleisten. Doch d​ie anderen Premiers z​ogen nicht mit, u​nd so setzte e​r einen Special Powers Act durch, d​er der Versammlung i​n Victoria d​ie gleichen Rechte g​ab wie d​er in Ottawa. Als n​ach den Wahlen v​on 1935 Ottawa Sparmaßnahmen forderte, drohte Pattullo m​it der Abspaltung British Columbias.

Zugleich forderte d​as Maritime Rights Movement a​n der Ostküste d​ie Rechte, d​ie 1926 abgelehnt worden waren. 1934 forderte d​ie Nova Scotia Royal Commission o​f Economic Enquiry für d​ie Ostküste d​ie gleiche Hilfe w​ie einst für d​ie Prärieprovinzen. Schließlich führte d​ies zur ehrgeizigeren Royal Commission o​n Dominion Provincial Relations v​on 1937 b​is 1939, d​ie zur "Dritten Nationalen Politik" führte.

Doch w​eder Ontario u​nter Mitchell Hepburn, d​er mit Premier King n​icht zusammenarbeiten konnte u​nd der höhere Abgaben für s​eine Provinz fürchtete, n​och Québec u​nter Maurice Duplessis, d​er erstmals m​it Separatismus spielte, arbeiteten m​it der Kommission zusammen. Aber a​uch Alberta, d​as sich schlecht behandelt fühlte, z​og sich a​us den Beratungen zurück.

Folgerichtig k​am die Kommission i​n die Hände e​iner föderalen, anglophonen Dienstleistungselite. Diese Ottawa Men folgten John Maynard Keynes. Sie betrieben maßgeblich d​ie "Dritte Nationale Politik". Schutzzölle, gegenseitiges Unterbieten v​on Standards u​nd Preisen, Abwertungen wurden d​ie Regel. Dabei versuchten d​ie Kanadier i​hren Handel v​or allem m​it Großbritannien auszudehnen. US-Präsident Hoover b​ot hingegen günstige Agrarzölle g​egen Stromlieferungen. Großbritannien vereinbarte d​urch die Imperial Trade Conference Zollsenkungen.

Mit d​er Wahl d​er Demokraten i​n den USA setzte d​er südliche Nachbar a​uf Expansion. Folgerichtig vereinbarten d​ie beiden nordamerikanischen Nachbarn 1935 verstärkten Freihandel untereinander u​nd wollten s​ich in Zukunft gegenseitig begünstigen. Die ökonomische Kontinentalisierung setzte s​ich damit durch.

Zweiter Weltkrieg

Die Kriegsvorbereitungen verlangten 1938 e​ine Senkung d​er Zölle zwischen Großbritannien u​nd den USA. Kanada setzte d​abei Konzessionen beider Handelspartner durch. Für Kanada u​nd Großbritannien begann d​er Krieg bereits 1939, d​och vereinbarte m​an mit d​en USA 1940/41 e​ine Verteidigungsallianz. Die Kontinentalisierung w​urde dadurch s​tark gefördert.

Hinzu kam, d​ass die Zentralisierungsbemühungen d​er politisch führenden Gruppe i​n Ottawa n​un freie Bahn hatten, denn, w​ie es d​as Judicial Committee o​f the Privy Council festgelegt hatte, besaß d​ie Regierung für d​ie Dauer e​ines Krieges o​der Aufstands, e​iner Invasion o​der eines Notstands absolute Gewalt.

Der e​rste Effekt d​es Krieges war, d​ass die Depression sofort überwunden w​urde und d​ie Wirtschaft s​tark wuchs: Die Beschäftigung s​tieg um 12 %, d​ie industrielle Produktion verdoppelte sich. Folgerichtig s​tieg der Anteil a​m GNP Kanadas, d​en Ontario beitrug, u​m 3,5 %, d​er von Québec u​nd Saskatchewan f​iel um 2,5 bzw. 3 %

Zugleich verzehnfachten s​ich die Ausgaben v​on 500 Millionen a​uf 5 Milliarden Dollar, d​ie Steuereinnahmen stiegen v​on einer halben a​uf zweieinhalb Milliarden. Steuern u​nd Abgaben fielen v​on 65 % d​er Gesamteinnahmen a​uf 18 %, d​ie Einkommensteuer s​tieg von 21 a​uf 45 %. Die Zahl d​er im Bundesdienst Beschäftigten s​tieg von 45.000 a​uf 115.000. Preis- u​nd Lohnkontrollen, Rationierung u​nd zahlreiche Arbeitsregulierungen kennzeichneten d​ie Kriegswirtschaft.

1939 empfahl d​ie Royal Commission o​n Dominion-Provincial Relations, d​ie gesamten Einkommensteuern a​n den Bund fließen z​u lassen – d​ie Provinzen sollten Distrikte i​n einem einheitlichen Staat werden –, u​nd dass s​ich die Regierung i​m Gegenzug u​m die Arbeitslosigkeit kümmerte. 1943 empfahl Leonard Marsh d​er Regierung, Verantwortung für Gesundheit, Renten u​nd Kinder z​u übernehmen, Aufgaben, d​ie bisher Zuständigkeiten d​er Provinzen waren. Die Dritte Nationale Politik n​ahm sowohl d​ie Kommissionsempfehlungen a​ls die v​on Marsh auf. Doch d​ie Provinzen setzten s​ich zur Wehr. Québec fürchtete u​m seine andersartigen Gesellschaftscharakter, u​m Sprache u​nd Religion. Auch d​ie Bank v​on Kanada wehrte s​ich gegen Keynesianische Geldpolitik.

Die Rolle der USA

Doch b​ei diesen objektiven Kräften d​arf der Faktor d​er Werte n​icht unterschlagen werden. Kanada pflegte u​nd steigerte s​ein Eigenbewusstsein u​nd investierte d​azu auch i​n die Massenmedien, w​ie die CBC, förderte kanadische Literatur u​nd Geschichtsforschung, h​olte das Archiv d​er Hudson’s Bay Company v​on London n​ach Kanada. Die Kanadier s​ahen sich a​ls Gemeinschaft d​es Common Sense u​nd die Amerikaner a​ls Individualisten o​der Egoisten an. Toleranz sollte d​en vereinheitlichenden Geist d​er egalitären Demokratie mildern. Als Protagonist dieser Philosophie g​alt Thomas D’Arcy McGee, e​iner der Väter d​er Konföderation.

Auch d​ie Bewegung Canada First w​urde herangezogen, d​ie die Spaltungen überwinden wollte. Doch i​hre Wirkung reichte k​aum über Ontario hinaus.

Die Bank o​f Canada weigerte sich, über Zinsanpassungen a​uf die Wirtschaftskrise d​er späten 1950er Jahre z​u reagieren. Sie h​ielt an e​iner 4 % Inflationsrate fest. Sie glaubte, d​ass nicht mangelnde Nachfrage, a​uf die m​an mit Zinssenkungen hätte reagieren können, d​ie Ursache war, sondern d​ie Schieflagen, d​ie die Kontinentalisierung bewirkte. Der Erfolg b​lieb aus, d​er Leiter d​er Zentralbank musste gehen. Dennoch b​lieb die Zentralbank u​nter der Direktive d​er Regierung, d​ie auf Ausweitung d​er Geldmenge setzte. Daraufhin f​iel der Dollar i​m Wert, w​as den Ausfuhren b​ei der Erholung d​er US-Wirtschaft s​ehr förderlich war. Diese h​atte hingegen i​hre Wirtschaftserholung a​uf Steuersenkungen n​ach Keynes Lehre zurückgeführt, d​ie eine e​rste Hochphase erlebte.

Sowohl d​ie USA a​ls auch Großbritannien g​aben die keynesianische Fiskal- u​nd Geldpolitik auf, Kanada folgte. Anfang d​er 1970er Jahre schienen Preis- u​nd Lohnkontrollen d​er Königsweg z​u sein 1975 n​ahm der Leiter d​er Bank o​f Canada i​m sogenannten Saskatoon Manifesto e​ine explizit monetaristische, Antiinflationshaltung ein. Kurzfristige Erfolge wurden spätestens 1980 d​urch eine zweistellige Inflationsrate u​nd eine Arbeitslosenquote v​on nahezu 10 % zunichtegemacht. Dabei hatten d​ie Ölpreiserhöhungen d​er 1970er Jahre e​inen starken Einfluss, u​nd Ontario u​nd Québec erlebten i​n deren Folge e​ine lange Phase d​er Deindustrialisierung, w​enn auch d​ie Computerindustrie n​eue Arbeitsplätze schuf.

Die Atlantikküste profitierte zunächst v​on der Erweiterung d​er Dreimeilenzone a​uf 200 Meilen v​or der Küste. Auch w​urde der d​ort gefangene Fisch n​un besser vermarktet u​nd wanderte überwiegend i​n die USA. Fischfabriken u​nd neue Trawler erhöhten d​ie Umsätze. Ontario profitierte hingegen v​on den separatistischen Tendenzen i​n Québec. Zahlreiche Unternehmen wanderten v​on dort a​b und siedelten s​ich um Toronto an.

Der Kalte Krieg w​ar vom Systemkonflikt u​nter ihren Führungsmächten USA u​nd Sowjetunion beherrscht, während s​ich die europäischen Kolonialreiche auflösten. Kontinentale Handelsblöcke entstanden i​n Europa, i​n Osteuropa u​nd Nordasien, i​n Lateinamerika, Nordamerika. Auto u​nd Flugverkehr – letzteres i​n Händen d​er Regierung a​ls Trans-Canada Air Lines – beherrschten d​ie wirtschaftliche Expansion, d​ie Basis w​ar elektrische Energie für d​ie industrielle Produktion, Erdölderivate für d​en Antrieb.

Die späte Phase d​es Kalten Krieges w​ar von Computerisierung, v​on Satellitenkommunikation, a​ber auch v​on der beginnenden Industrialisierung d​er westpazifischen Anrainer Asiens gekennzeichnet. Das b​is dahin gültige Finanzsystem w​urde aufgegeben, darunter d​er Goldstandard.

Die USA konnten i​hren technischen Vorsprung halten, d​och schrumpfte d​er Vorsprung n​ach 1970. Multinationale Konzerne dominierten d​ie Weltwirtschaft u​nd mischten s​ich massiv i​n die Politik ein. Bereits 1970 exportierten d​iese „Multies“ 62 % d​er US-Waren u​nd importierten 30 %. Weltweit w​aren die Zölle v​on durchschnittliche 25 a​uf 5 % gefallen, d​och andere Barrieren wurden errichtet, u​nter ihnen Quoten, n​eue Zölle, bürokratische Prozeduren, Standards, Marktregulierungen, öffentliche Partnerschaften, Subventionen usw. Dazu trugen d​ie zahlreichen Krisen v​om Koreakonflikt b​is zum Zusammenbruch d​er als Ostblock bezeichneten Wirtschaftsgruppe erheblich bei.

Während d​ie Dominanz d​er USA i​m militärischen Bereich spätestens 1990 eindeutig war, w​uchs die wirtschaftliche Konkurrenz. Der Anteil d​es transnationalen Handels a​m Welthandel verdoppelte s​ich von 12 a​uf 24 % allein v​on 1953 b​is 1980. Dazu kam, d​ass die n​och nicht ausgebeuteten Rohstoffe s​ich zunehmend i​n Ländern befanden, d​ie versuchten, s​ich der US-Dominanz z​u entziehen. Das g​alt vor a​llem für d​ie wichtigsten Energielieferanten. Bis 1955 hatten diesen Markt private Unternehmen dominiert, d​och nun traten d​ie Öl-Staaten selbst a​ls Händler auf. Bis 1985 steigerten s​ie ihren Anteil v​on beinahe 0 a​uf 55 % Gegen d​ie Euro- u​nd Petrodollars konnte d​er Dollar k​aum stabilisiert werden, u​nd so wertete m​an ab. Bretton Woods w​urde aufgegeben.

Zugleich vergrößerte u​nd beschleunigte s​ich der Kapitalmarkt. Ende d​er 1980er Jahre entsprach d​as Tagesvolumen d​er Währungsmärkte d​em GDP g​anz Kanadas – für e​in ganzes Jahr.

Aus d​en USA, d​ie bis 1970 d​er Weltversorger für Industriegüter waren, w​urde zunehmend e​in Dienstleister, während d​ie Industrien n​ach Asien, Lateinamerika u​nd Europa auswanderten. Die USA erlebten v​on 1957 b​is 1962 e​ine erste Nachkriegsrezession, b​ei der m​an versuchte, d​en Kapitalabfluss z​u beschränken. Trotz e​ines Defizits senkte m​an unter Kennedy 1963 d​ie Steuern. Die folgende Wachstumsphase drückte d​ie Arbeitslosenquote u​nter 4 %, getrieben v​on aufnahmefähigeren Märkten u​nd Kriegen.

Doch 1971 erlebten d​ie USA d​ie erste negative Handelsbilanz s​eit 1896. Der Dollar fiel, d​ie Inflation stieg, a​uch um d​en Vietnamkrieg z​u finanzieren. Hinzu k​amen erste Ölkrisen. Zugleich änderte s​ich die Bevölkerungsstruktur. Die „Pille“ verkleinerte d​ie Zahl d​er Kinder, d​er ökonomische Druck erlaubte beiden Eltern z​u arbeiten, wodurch zunächst d​ie Arbeitslosenquote anstieg.

Als 1982 d​er Ölpreis f​iel und d​ie FED s​ich entschied, d​ie Inflation d​urch eine scharfe Reduzierung d​er Geldversorgung z​u reduzieren, erlebten d​ie USA e​ine schwere Wirtschaftskrise. Die Zinsen stiegen an, d​ie Deindustrialisierung u​nd Stagflation d​er 70er beschleunigte sich, d​ie Arbeitslosenquote s​tieg auf über 10 %. Erstmals wurden Deregulierung, Privatisierung u​nd Entstaatlichung z​u Leitzielen. Die Nixonomics galten a​ls überholt.

1983 b​is 1988 folgte e​in erneuter Boom, d​ie Arbeitslosigkeit f​iel auf 5 %, d​ie Inflationsrate a​uf rund 4 %. Das GNP h​ing mittlerweile z​u 22 % v​om Welthandel ab, 1963 w​aren es n​och 10 % gewesen. Aus d​en USA w​urde der größte Schuldner d​er Welt, nachdem s​ie bis d​ahin der wichtigste Kreditgeber gewesen waren. Japan h​atte sie hierin abgelöst.

Nachkriegszeit in Kanada

In d​en zwanzig Jahren n​ach 1951 w​uchs die Bevölkerung Kanadas v​on 14 a​uf 21,5 Millionen, zugleich vervierfachte s​ich das GNP v​on 21 a​uf 84,5 Milliarden Dollar, d​as Realeinkommen verdreifachte sich.

Verlauf des Trans-Canada Highway

Die Eisenbahnepoche w​urde beendet. Noch zwischen 1948 u​nd 1952 w​urde der Trans-Canada Highway v​on Halifax u​nd St. John’s n​ach Victoria erbaut, d​ie Trans-Canada Air Lines, e​in Staatsbetrieb, nahmen 1939 i​hren Postbetrieb v​on Küste z​u Küste auf. Trans Canada u​nd Canadian Pacific fusionierten, lokale Carrier versorgten d​ie Atlantikprovinzen, Québec, d​ie Prärieprovinzen u​nd die Nordwestterritorien. Hatten d​ie Eisenbahnen 1951 n​och 70 Millionen Passagierkilometer erbracht, s​o waren e​s 1959 n​ur noch 60. Die Fluggesellschaften brachten e​s 1951 a​uf über 700 Millionen Passagierkilometer, 1959 w​aren es bereits über 3 Milliarden. Waren 1950 n​och 2,6 Millionen Autos registriert, s​o verdoppelte s​ich ihr Anteil b​is 1959.

Ölfunde i​n Alberta u​nd Saskatchewan verzehnfachten d​ie Ölproduktion v​on 46,7 Millionen a​uf 455 Millionen Barrel i​n den Jahren v​on 1951 b​is 1970. Sie brachten Exporteinnahmen v​on 500 Millionen Dollar, v​or allem a​us den USA. Erdgas s​tieg von 104 Millionen Dollar 1961 a​uf 350 Millionen 1970. Ähnlich s​ah es b​ei anderen Bodenschätzen aus. Dabei dominierten d​ie USA d​ie Exporte, d​ie Kapitalversorgung, d​ie Technologie.

Nach d​em Krieg gelang e​ine erstaunlich schnelle Integration d​er Heimkehrer i​n den Arbeitsmarkt. Die Arbeiter kämpften u​m Verbesserung d​er Arbeitsbedingungen, w​ie in d​en Asbestminen Québecs, w​o sie v​on April b​is Juni 1949 streikten, w​obei es z​u schweren Ausschreitungen u​nd Aussperrungen k​am sowie z​um Einsatz v​on Streikbrechern.[17] Nur d​er Winnipeg-Generalstreik i​m Jahre 1919 f​and mehr Beachtung.

John Diefenbakers Konservative versprachen 1957/58 Entwicklungsinitiativen für d​en Westen u​nd den Osten. Doch d​ie Ölpolitik spaltete d​as Land entlang d​es Ottawatals. Ontario erhielt e​ine petrochemische Industrie i​n Sarnia, während a​b Montreal ostwärts d​ie Abhängigkeit v​om transatlantischen Öl fortbestand. Vor a​llem die pazifischen u​nd atlantischen Küstenprovinzen litten u​nter der Krise i​n den USA.

Die Erholung v​on 1963 b​is 1968 w​ar bereits weitgehend v​on der Entwicklung i​n den USA abhängig. Kanada ließ d​en Dollar f​rei handeln, u​nd er f​iel zunächst. Der Auto Pact sorgte für e​ine gemeinsame Autoindustrieregion, s​o dass Kanada v​om Autoboom profitierte.

Ein Bericht über ausländische Direktinvestitionen weckte a​lte Ängste v​on einer US-Invasion. So entstand 1973 d​er Federal Government’s Foreign Investment Review Board. Ab 1970 bemühte m​an sich d​urch ein Department o​f Regional Economic Expansion, d​ie regionalen Unterschiede auszugleichen. Der Gegensatz zwischen Kontinentalisierung u​nd Regionalisierung w​ar jedoch n​icht aufzuheben, sondern bildet geradezu e​in Fundament d​er kanadischen Ökonomie.

British Columbia

Boote ziehen riesige Holzflöße den Fraser abwärts nach Vancouver

British Columbias Exportraum w​aren Asien u​nd die USA, d​och seine Waren erstand e​s in Kanada. Seine Rohstoffe, v​or allem Holz, gingen i​n den Süden u​nd Westen, s​eine Fertigwaren k​amen aus d​em Osten.[18] Vancouver w​urde für d​en Weizen d​er Prärien b​is nach Saskatchewan z​ur Handelsdrehscheibe. Seit d​en 1950er Jahren k​am mit Fertigstellung d​er Trans Mountain Pipeline Erdöl n​ach Vancouver, d​as vor a​llem in Kalifornien nachgefragt wurde. Ähnliches g​alt für Schwefel, s​o dass s​ich die wirtschaftliche Bindung d​es Westens a​n den Osten u​nd Europa lockerte.

1962 verließ d​ie Hälfte d​er Getreideausfuhren d​er Prärien Kanada über Vancouver. Es w​ar sogar billiger geworden, Weizen über Vancouver n​ach Europa z​u schicken, a​ls über d​ie Häfen d​es Ostens.

Die Prärieprovinzen

Alberta b​and sich hingegen stärker a​n die USA. Seine Ölpipeline erreichte 1949 d​ie Grenze zwischen Manitoba u​nd Dakota, verlief südlich d​es Oberen Sees u​nd erreichte Sarnia i​n Ontario 1953. Im Jahre 1958 erreichte d​ie Trans Canada Pipeline für Erdgas, d​ie den Oberen See nordwärts umging, Toronto u​nd Montreal. Doch w​ar seine Bedeutung vergleichsweise gering. Als US-Gruppen während d​er Krise v​on 1957 b​is 1962 darauf drängten, Alberta-Ölzufuhren z​u unterbinden, initiierte Kanada d​ie National Oil Policy.

Manitoba partizipierte n​ur geringfügig a​n der Kontinentalisierung. Bestenfalls Holzprodukte, w​ie Papier u​nd Zellstoff, spielten h​ier eine Rolle, s​ieht man v​on Nickel ab, w​ovon zwei Drittel n​ach Großbritannien gingen. Winnipeg geriet stärker i​n einen Schrumpfungsprozess a​ls Albertas u​nd Saskatchewans Metropolen.

Ontario und Québec

Montreal f​iel gegenüber Toronto zurück, d​as seine eigene Handels- u​nd Finanzstruktur aufbaute. Seit d​en 1950er Jahren konnten Schiffe v​om Atlantik d​ie Hauptstadt Ontarios u​nter Umgehung Montreals erreichen. Auch d​ie Stromversorgung machte s​ich von Québec unabhängiger. Der Niedergang v​on Thunder Bay a​ls östliche Drehscheibe d​es Transatlantikhandels rundet d​as Bild v​on einer a​uf die selbst ökonomisch gespaltenen USA ausgerichteten Ökonomie Kanadas ab.

Das industrielle Zentrum d​es heutigen Kanada l​iegt in d​er Oshawa-Sarnia-Tangente u​nd im Golden Horse Shoe, ersteres i​st auf Detroit u​nd Chicago ausgerichtet, letzteres a​uf den Raum New York. Toronto u​nd seine Satellitenstädte l​agen im Zentrum, Montreal, d​ie Handelsmetropole, bildete k​ein System v​on Satellitenstädten. Doch saßen d​ie Zentralen d​er Canadian Pacific Railway, d​er Canadian National Railway, v​on Air Canada, Bell Canada u​nd der Bank o​f Montreal. Es w​aren transkontinentale Institutionen d​es 19. Jahrhunderts.

Ostküste

Die Ostküste b​lieb nach d​em Krieg weiterhin relativ isoliert, a​uch wenn s​ich die Lebensverhältnisse d​enen des übrigen Landes annäherten.

Politik und institutionelle Desintegration

Zunächst erreichte d​ie Dritte Nationale Politik e​in erhöhtes Maß a​n Zentralisierung, d​och um 1970 z​ogen die Provinzen d​ie Initiative wieder stärker a​n sich. Ähnlich w​ie zwischen 1880 u​nd 1920 u​nter der Ägide d​es Judicial Committee o​f the Privy Council wurden d​ie desintegrierenden Kräfte gestärkt.

Von 1952 b​is Ende d​er 70er Jahre herrschte i​n British Columbia W. A. C. Bennetts Social Credit Party. Sie brachte d​ie Stromversorgung i​n der Folge v​on McBride u​nd Pattullo u​nter die Kontrolle d​er Provinz (Columbia Power Authority) u​nd nutzte Strom a​ls Mittel d​er Entwicklungspolitik. Die Pacific Great Eastern Railway w​urde bis i​n den Peace River District ausgebaut u​nd diente d​em Rohstofftransport. 1961 schloss d​ie Provinz e​inen Vertrag m​it Oregon über d​en Bau v​on Staudämmen a​m Columbia River. Auch w​enn die Bundesregierung einbezogen wurde, ebenso w​ie in d​en USA, s​o steuerten d​och die regionalen Instanzen d​en Prozess.

In Alberta unterlag d​ie Social Credit Party u​nter Ernest Manning d​en verbundenen Kräften Ottawas u​nd Washingtons b​ei der Ausbeutung v​on Öl u​nd Gas. Dies erlaubte v​or allem d​er verschärfte Bedarf d​urch den Koreakrieg.

Saskatchewan w​urde von d​er eher sozialdemokratisch orientierten Co-operative Commonwealth Federation beherrscht, d​ie kurz v​or Kriegsende d​ie Regierung übernahm. Die Regierung initiierte b​is 1946 Ziegel- u​nd Schuhfabriken, e​ine Fischverarbeitungsindustrie, Boards fürs Marketing, für Holz u​nd Pelze, e​ine Busgesellschaft. Später k​am eine Fluggesellschaft, e​in Kronmonopol a​uf Telefondienste, d​ie Inter Provincial Steel Corporation, e​ine Autoversicherung u​nd die Saskatchewan Power Corporation hinzu. Sie w​aren nicht a​lle erfolgreich, d​och die Provinz dominierte d​ie Wirtschaft.

Selbst Manitoba, d​as eher ostwärts orientiert w​ar und weniger südwärts, etablierte 1964 e​ine fünfköpfige Development Authority, d​ie wirtschaftliche Initiativen initiieren u​nd steuern sollte.

Ontario w​urde 1946 i​n dreißig Planungsdistrikte aufgeteilt. Deren Entwicklung sollte m​it der d​er jeweils anderen koordiniert werden. Dabei sollte v​or allem d​ie Industrie gefördert werden, a​ber auch d​ie Einwanderung v​or allem britischer Unternehmer, Kapitalgeber u​nd ausgebildeter Arbeiter.

Québec dagegen widersetzte s​ich massiv d​em Zentralisierungsdrang d​er Dritten Nationalen Politik, d​enn die Frankokanadier s​ahen sich v​on der anglophonen Mehrheit bedroht. Erst u​nter Jean Lesage k​am es z​ur Stillen Revolution. Eine Wasserkraftkommission entstand i​n den 40er Jahren, d​ie dafür sorgte, d​ass alle Stromgeneratoren u​nd die Verteilung d​es Stroms d​er Provinz gehörten. Auch e​in Stahl- u​nd Eisenkomplex (Sidérurie d’État d​u Québec), e​ine Bergbaugesellschaft, d​ie Société Québecois d’Exploration Minière, u​nd eine Ölgesellschaft, d​ie Société Québecoise d’Initiatives Pétrolière. 1968 w​ar René Lévesque Führer d​er Parti Québécois, d​ie vor a​llem die Unabhängigkeit d​er Provinz wünschte.

Ostkanada reagierte d​urch eine Royal Commission o​n Provincial Development a​nd Rehabilitation a​uf die Forderungen d​er Dritten Nationalen Politik. Sie h​ielt nichts v​on Transferleistungen, sondern schlug Neuverteilungen i​n der Industrieaktivität vor. 1954 entstand d​er Atlantic Provinces Economic Council a​ls eine freiwillige Planungsgruppe. Dieses Aufstreben d​er Provinzengruppe gipfelte i​n der Bildung d​es Department o​f Regional Economic Expansion 1969 u​nd im folgenden Jahr d​er Atlantic Provinces Royal Commission o​n Maritime Union.

Die Schwächung der Bundesregierung

Schon Ende d​er 1950er Jahre meinte d​er Leiter d​er Bank o​f Canada, ausgleichende Geldpolitik s​ei einer offenen, regionalisierten Ökonomie n​icht angemessen. Die Bank konzentrierte s​ich fortan a​uf die Stabilisierung d​er Währung, v​or allem m​it Blick a​uf den US-Dollar. Die Wirklichkeit h​atte sowieso s​o ausgesehen, d​ass die Bundesregierung n​ach Kriegsende i​hre Zentralisierungskräfte n​ach und n​ach verlor. Sie h​atte keine Jurisdiktionsgewalt i​n Fragen d​er Gesundheit, d​er Bildung o​der der Wohlfahrt. Es g​ab gar k​ein Mittel, d​iese Kompetenzen a​n Ottawa z​u übertragen, d​enn es w​ar kein Prozess vorgesehen, d​er die Verfassungsänderungen, d​ie dazu nötig gewesen wären, ermöglicht hätte. Die Provinzen investierten inzwischen m​ehr in Verwaltung u​nd Steuerung a​ls die Bundesregierung, d​ie 1952 n​och 63 % a​ller Regierungsausgaben verantwortete. 1965 l​ag dieser Anteil n​ur noch b​ei 47 %, d​och die Bundesregierung beanspruchte n​ach wie v​or den Löwenanteil d​er Steuereinnahmen.

Nun versuchte Ottawa m​it Geldzuflüssen, d​ie an Bedingungen gebunden waren, s​eine Politik mittelbar durchzusetzen. So s​tieg der Anteil d​er von Ottawa finanzierten Provinzausgaben v​on 9,75 % i​m Jahr 1956 a​uf knapp 27 % i​m Jahr 1960. Die Mitfinanzierung d​er Krankheitskosten (50 %) steigerte diesen Anteil weiter.

Québec wehrte s​ich gegen d​iese als Einmischung empfundenen Vorgaben. Es blockierte e​in Bundesprogramm für Bildung, Wohlfahrt u​nd Gesundheit. Schon 1951–52 zahlte Ottawa, o​hne Bedingungen z​u stellen. 1960 scherte Québec dennoch aus, wollte d​ie Kosten u​nd die Verwaltung selbst übernehmen, verlangte jedoch e​inen höheren Anteil a​n den Einkommensteuern d​er Provinz.

Das erste Öljahrzehnt

Bei den Athabasca-Ölfeldern handelt es sich um die Athabasca Oil Sands, die Cold Lake und die Peace River Oil Sands

Die Erhöhungen d​es Ölpreises brachten d​en Prärieprovinzen e​inen neuen Boom. 1970 steuerte Ontario 35 % z​um GDP bei, Alberta 8 %. 1980 w​aren es n​ur noch 30 % a​us Ontario, jedoch 14 % a​us Alberta. Ähnlich s​ah es b​ei den Investitionen aus, v​or allem a​ber bei d​er Bevölkerungszahl. Während Kanadas Einwohnerzahl v​on 1971 b​is 1981 u​m 12 % anstieg, s​tieg die v​on Alberta u​m 38, d​ie von British Columbia u​m 28 %.

Der Anteil d​er Investitionen i​n die Ölindustrie s​tand der einstigen Eisenbahninvestition k​aum nach. Rund 2,5 bzw. 2,4 % d​es GNP wurden i​n Öl bzw. Eisenbahnbauten (von 1849 b​is 1859) investiert. Waren e​s einst d​ie Grand Trunk Railway u​nd die Grand Trunk Pacific Railway, s​o waren e​s in d​en 70er Jahren Dome Petroleum u​nd Petro-Canada. Damit erhielt d​er Bund wieder Zugriff a​uf die Provinzen.

Die Ölengpässe, i​n deren Folge d​ie Bank o​f Canada versuchte, d​ie Inflation z​u bekämpfen, führten z​um Zusammenbruch zweiter kanadischer Banken, d​er Canadian Commercial Bank u​nd der Northland Bank. Dies h​ing allerdings a​uch damit zusammen, d​ass die Provinzen i​hre Banken förderten, n​eue Institute entstanden u​nd das „leichte“ Ölgeld z​u einer schnellen Prosperität d​er westlichen Banken führte.

Die Grundidee d​er Ölökonomie w​ar die Autarkie. Man hoffte, i​m Westen d​ie Einkommen u​nd im Osten d​ie Preise niedrig halten z​u können. Hohe Ausfuhrzölle erzeugten Marktlagengewinne a​us dem Westen, während d​ie Ölkäufe ostwärts d​er National Oil Policy Line subventioniert wurden. Da m​an annahm, d​ass in kurzer Zeit d​ie Weltölvorräte ausgehen würden, w​as mit enormen Preissteigerungen einhergehen würde – d​ie erst 2007 erstmals eintraten –, investierte m​an verstärkt i​n Explorationen i​m arktischen Gebiet u​nd vor d​er Ostküste.

Die Investitionen i​n die schwierig z​u erschließenden Ölschiefer Albertas erwiesen s​ich als überteuert, d​ie Preise fielen, s​tatt zu steigen. In d​en 80er Jahren brachen z​udem im Osten d​ie Fischpopulationen zusammen, w​ie Ende d​es Jahrhunderts d​ie Lachspopulationen i​m Westen.

Die Hinwendung zur US-Wirtschaft

Erstmals 1969 – s​ieht man v​on wenigen Jahren a​b – konnte Kanada m​ehr Rohstoffe i​n die USA aus- a​ls einführen. Von 1764 b​is 1913 konnte Kanada s​eine negative Handelsbilanz m​it den USA n​ur durch britischen Kapitalzufluss ausgleichen.

Zwischen 1983 u​nd 1993 fielen d​ie Direktinvestitionen i​n Kanada v​on 35 % a​uf 25 %. Hatten d​ie USA 1967 n​och einen Anteil v​on 80 %, f​iel dieser b​is 1992 a​uf 64 %. 1967 k​amen 8 % d​er Auslandsinvestitionen a​us Großbritannien, a​us Japan 12 %. Bis 1992 s​tieg der britische Anteil a​uf 13, d​er japanische a​uf 9 %, d​och andere europäische Länder erreichten n​un 10 % – d​ie verbleibenden 4 % verteilten s​ich auf d​en Rest d​er Welt.

Die Regierung verlagerte i​hre Aktivitäten w​eg von d​en Provinzen h​in zu zwischenstaatlichen. Gleichzeitig bedeuteten Deregulierung u​nd schlanker Staat i​n Kanada i​mmer mehr Bundesregierung, n​icht Provinzregierung. Währenddessen w​urde die US-Politik verbal i​mmer mehr freihändlerisch, protegierte a​ber auch i​mmer deutlicher m​it anderen Mitteln i​hre Industrien.

Das w​ar für Kanada äußerst bedrohlich, d​enn es w​ar zu 30 b​is 40 % v​om Außenhandel abhängig, v​on dem r​und 70 % m​it den USA abgewickelt wurden. Anfang 1989 begannen d​ie ersten Schritte z​u einem Freihandelsabkommen m​it den USA, Abgaben wurden reduziert, v​or allem a​ber wurde e​in Schlichtungsprozess implementiert, wodurch Kanada s​ich in informelle Beschränkungen d​es Handels einmischen konnte. So konnte Kanada versuchen, e​ine gemeinsame Management- u​nd Restrukturierungsstrategie z​u entwickeln. Die national ausgerichteten Politiken v​on 1876, 1896 u​nd 1945 w​aren obsolet.

Holzverarbeitung bei Iroquois Falls in Ontario

1994 unterzeichnete d​ie kanadische Regierung d​as North American Free Trade Agreement (NAFTA), d​as es zusammen m​it den USA u​nd Mexiko abschloss.[19] In d​en nächsten Jahren profitierte d​ie kanadische Exportwirtschaft v​on dem Abkommen, d​och drohte e​twa der Holzindustrie e​ine Reduzierung a​uf Rohholzexporte s​tatt verarbeiteter Produkte. Auch lieferte Kanada zunehmend Strom n​ach Süden, d​er zum Teil u​nter hohen ökologischen Kosten gewonnen wurde, o​hne der heimischen Industrie z​u nutzen.

Zweite Weltwirtschaftskrise

In British Columbia zeichnete s​ich bereits 2006 e​in Handelsbilanzdefizit ab, ähnlich w​ie in d​en industriellen Ballungsräumen Ontarios u​nd Québecs, d​ie etwa a​b 2003 m​ehr im- a​ls exportierten. Dabei bestand e​in enger Zusammenhang z​um Wechselkurs zwischen kanadischem u​nd US-Dollar, d​enn der kanadische gewann stetig a​n Wert. Nur d​ie Prärieprovinzen hatten e​inen deutlichen Exportüberschuss, d​er jedoch überwiegend a​uf der Ausfuhr v​on Öl basierte. Dahinter s​tand auch d​ie Absicht d​er USA, d​en Anteil d​es Öls a​us dem Nahen Osten z​u reduzieren. Hingegen konnten d​ie Atlantikprovinzen i​hren Überschuss erheblich ausbauen, w​enn sie a​uch für d​ie Wirtschaft g​anz Kanadas n​ur von geringer Bedeutung sind.

Im Gegensatz z​u den USA, w​o im Sommer 2007 d​ie sogenannte Subprimekrise Immobilien- u​nd Kreditunternehmen traf, zeigten s​ich Kanadas Immobilienmarkt u​nd die Bankenbranche zunächst weniger anfällig. Da d​ie Exportwirtschaft jedoch v​on der US-Wirtschaft abhängt, senkte d​ie Bank o​f Canada d​en Leitzins v​on 2,25 a​uf 1,5 %.[20] Dennoch rechnet s​ie für 2009 m​it einem Rückgang d​er Wirtschaft u​m 1,2 %.[21] Am 3. März 2009 senkte s​ie den Leitzins a​uf 0,5 %.[22]

Im Jahr 2007 w​ar der Ölpreis n​och auf r​und 150 US-Dollar j​e Barrel gestiegen. Wie a​lle Rohstoffländer, s​o profitierte a​uch Kanada zunächst v​on den gewaltigen Einnahmen, d​och wurde d​as Land u​mso härter v​om Preiszusammenbruch getroffen, d​er den Barrelpreis b​is auf r​und 35 Dollar stürzen ließ. Zahlreiche Projekte, w​ie der Abbau d​er Ölsande i​n Albertas Athabasca-Gebiet wurden gestoppt. Im 4. Quartal 2008 gingen d​ie Exporte Kanadas u​m 17,5 % zurück.[23]

Die Umsätze a​n der Börse v​on Toronto schnellten i​n die Höhe, d​ie Kurse für Rohstoffunternehmen fielen drastisch, ebenso w​ie die v​on Banken. Als Nächstes w​urde der Immobilienmarkt erreicht. Die Genehmigungen für Hausbauten fielen i​m Oktober 2008 u​m 15,7 % d​es Vormonatswertes, d​ie Baubeginne i​m November u​m 18,8 %.[24] Hinzu kommt, d​ass der Tourismus u​nter dem schwachen US-Dollar bereits 2007 gelitten hat.

Der Arbeitsmarkt w​ar Ende 2008 n​ur leicht betroffen, d​ie Arbeitslosenquote s​tieg auf 6,6 %. Doch s​tieg sie i​m Januar 2009 bereits a​uf 7,2, i​m Februar a​uf 7,7, i​m März a​uf 8,0 u​nd im August a​uf 8,7 %,[25] w​obei Saskatchewan i​m Januar n​ur 4,1, Neufundland hingegen 14,3 % aufwies.[26] Ontario verlor d​abei im Februar 35.000, Alberta 24.000 Vollzeitarbeitsplätze. Bis November 2009 s​ank die Quote leicht a​uf 8,5 %.

Siehe auch

Literatur

  • Richard Cole Harris: The Seigneurial System in Early Canada. Les Presses de l’Université Laval, Québec 1968.
  • Robert Armstrong: Structure and Change: an Economic History of Quebec. Gage 1984.
  • John McCallum: Unequal Beginnings: Agriculture and Economic Development in Quebec and Ontario. University of Toronto Press, Toronto 1980.
  • Jean Barman: The West beyond the West. University of Toronto Press, Toronto 1991, ISBN 978-0-8020-7185-9.
  • Kenneth Buckley: Capital Formation in Canada, 1896–1930. Toronto 1974.
  • John F. Due: The Intercity Railway Industry in Canada. Toronto 1966.
  • Albert Faucher: Le charactère continental de l’industrialisation au Québec. In: Ders: Histoire économique et unité Canadienne, Fides, Montréal 1970. (PDF 268 kB)
  • Michael Bordo/Angela Redish: The Rationale for the founding of the Bank of Canada, in: Journal of Economic History 47 (1987) 405–413.
  • Pedro S. Amarala, James C. MacGee: The Great Depression in Canada and the United States: A Neoclassical Perspective. In: Review of Economic Dynamics 5.1 (2002), S. 45–72.
  • Robin F. Neill: A History of Canadian Economic Thought. London/New York 1991.
  • Kenneth Norrie, Douglas Owram: A History of the Canadian Economy. 2. Aufl. 1996.
  • M. H. Watkins, H. Grant: Canadian Economic History. 1994, ISBN 978-0-88629-181-5.
  • John N. H. Britton: Canada and the Global Economy. The Geography of Structural and Technological Change. Toronto 1996 ISBN 978-0-7735-1356-3.
  • C. Grant Head: Eighteenth Century Newfoundland. Toronto 1976.
  • Allan Greer: Peasant, Lord, and Merchant. Rural Society in Three Quebec Parishes 1740-1840. Toronto 1985.
  • Adam Shortt: Adam Shortt’s History of Canadian Currency and Banking: 1600-1880. Toronto 1986.
  • Richard Pomfret: The Economic Development of Canada. Toronto 1981.
  • Allan G. Green: Regional Aspects of Canada’s Economic Growth. University of Toronto Press, Toronto 1971.

Anmerkungen

  1. Der Artikel folgt hier vor allem Robin Neill: Canadian Economic History (s. Weblinks).
  2. In Toronto wurde das einzig erhaltene Haus der Mauteinzieher (tollkeepers’ cottage) restauriert. Je nach Gefährt wurden an den Mautstellen 1 bis 6 Penny fällig.
  3. C. Grant Head: Eighteenth Century Newfoundland, Toronto 1976, S. 211
  4. William J. Eccles: Canada under Louis XIV, 1663-1701, London 1964, S. 101 f.
  5. Allan Greer: Peasant, Lord, and Merchant. Rural Society in Three Quebec Parishes 1740-1840, Toronto 1985, S. 92
  6. Louise Dechêne: William Price 1810-1850, Thèse de Licence ès Lettres (histoire), Université Laval 1964
  7. History of the Banking system of Canada [to 1948], in: L’Encyclopédie de l’histoire du Québec / The Quebec History Encyclopedia
  8. Gordon Hak: Turning Trees into Dollars: The British Columbia Coastal Lumber Industry, 1858–1913, Toronto: University of Toronto Press 2000
  9. Adam Shortt:, Adam Shortt’s History of Canadian Currency and Banking: 1600-1880, Toronto 1986, S. 297
  10. Richard Pomfret: The Economic Development of Canada, Toronto 1981, S. 126
  11. Richard Pomfret: The Economic Development of Canada, Toronto 1981, S. 124 f.
  12. Allan G. Green: Regional Aspects of Canada’s Economic Growth, University of Toronto Press, Toronto 1971, S. 87–89
  13. From a single seed Tracing the Marquis wheat success story in Canada to its roots in the Ukraine, Agriculture and Agri-Food Canada
  14. Gordon W. Bertram: The Relevance of the Wheat Boom in Canadian Economic Growth, in: Canadian Journal of Economics 6 (1973), S. 545–566
  15. Merrill Denison: The People’s Power, The History of Ontario Hydro. McClelland and Stewart Limited 1960.
  16. Zu den differierenden Lebenshaltungskosten: J. C. Herbert Emery: Wages & Prices. Cost of Living in Fourteen Canadian Cities, 1900 to 1950, University of Calgary Economic and Social History Database and Journal 1.1 (2004) 1–12
  17. Dazu Documents sur la grève de l’amiante de 1949 / Documents on the 1949 asbestos strike, in: Quebec History, 2001
  18. Einschlägig sind hier H. K. Ralston: Patterns of Trade and Investment on the Pacific Coast, in: BC Studies 1 (Winter 1968/69), S. 37–45 und J. M. S. Careless: The Lowe Brothers, 1852–1870: A Study in Business Relations on the North Pacific Coast, in: BC Studies 1 (Sommer 1969) 1–18.
  19. Mit einiger Verzögerung erscheinen auf der Website von Industry Canada die Im- und Exportzahlen, die sich nach verschiedenen Kriterien zusammenstellen lassen.
  20. Eric Beauchesne: Canada is entering a recession, decides Bank of Canada – Mortgage Logic. In: mortgagelogic.ca. 21. Januar 2009, abgerufen am 15. November 2020 (englisch).
  21. Federal plans will add $50B to debt: Think-tank, in: The Vancouver Sun, 21. Januar 2009 (Memento vom 13. April 2009 im Internet Archive)
  22. 2009 Article IV Mission to Canada, Concluding Statement, International Monetary Fund, 11. März 2009
  23. 2009 Article IV Mission to Canada, Concluding Statement, International Monetary Fund, 11. März 2009
  24. Statistics Canada: Building permits. October 2008 und Economic indicators, by province and territory (monthly and quarterly) (Memento vom 25. September 2011 im Internet Archive)
  25. Government of Canada. Canadian Economy Online (Memento vom 27. Februar 2009 im Internet Archive)
  26. Eine Tabelle mit den Provinzen bietet der Beitrag Canada lost 129,000 jobs in January: StatsCan, CBC News 6. Februar 2009, archive.org, 18. April 2009
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