Wasserstoffwirtschaft
Eine Wasserstoffwirtschaft ist ein Konzept einer Energiewirtschaft, die hauptsächlich oder ausschließlich Wasserstoff als Energieträger verwendet. Außer der Nutzung von elektrischem Strom, könnte Wasserstoff in Zukunft die zweite wichtige grundlegende Form von Energieträger werden, falls der Anteil der regenerativen Energie stark gesteigert werden soll.
Wasserstoff ist zwar chemisch gesehen ein Primärenergieträger, in der Natur jedoch nicht in freier Form vorhanden, sondern muss erst mit Hilfe anderer Energiequellen (fossile Energie, Kernenergie oder erneuerbare Energien) durch Hydrolyse gewonnen werden. Damit ist eine Wasserstoffwirtschaft nicht automatisch nachhaltig, sondern nur so nachhaltig wie die Primärenergien, aus denen der Wasserstoff gewonnen wird.[1] Derzeit geschieht die Gewinnung von Wasserstoff primär auf Basis fossiler Energieträger wie des in Erdgas enthaltenen Methans. Konzepte für zukünftige Wasserstoffwirtschaft sehen zumeist die Wasserstoffgewinnung aus erneuerbaren Energien vor, womit die Bilanz einer solchen Wasserstoffwirtschaft emissionsfrei sein könnte.
Während eine klassische Wasserstoffwirtschaft auch künftig in keinem Staat der Erde angestrebt werden wird, existieren Planungen, im Rahmen der Energiewende und des Ausbaus von erneuerbaren Energien Wasserstoff oder aus Wasserstoff gewonnene Brennstoffe wie Methan oder Methanol verstärkt in die bisherige Energieinfrastruktur einzubinden. Als kostengünstigere Alternative zur Wasserstoffwirtschaft wird insbesondere die Methanolwirtschaft diskutiert.[2][3][4] Inzwischen gibt es unter anderem von der deutschen Bundesregierung nochmals deutlich verstärkte Förderprogramme für regenerativ erzeugten sauberen grünen Wasserstoff.[5][6]
Geschichte
- 1874 – beschrieb der Schriftsteller Jules Verne in einem Dialog seiner Romanfiguren auf die Frage, was in späteren Zeiten einmal statt Kohle verbrannt werden solle, erstmals die Vision, Wasserstoff und Sauerstoff als Energiequelle zu verwenden.[7]
- 1923 – nannte der Wissenschaftler John Burdon Sanderson Haldane in einem Aufsatz zum ersten Mal die Grundzüge einer Wasserstoffwirtschaft.[8]
- 1970 – verwendete der australische Elektrochemiker John Bockris erstmals den Begriff „Wasserstoffwirtschaft“ (englisch hydrogen economy) während einer Besprechung im General Motors Technical Center in Warren, Michigan.[9] und prägte ihn nach Joseph J. Romm (* 1960)[10] in den Folgejahren maßgeblich.
- 1975 – entwarf John Bockris zusammen mit dem Physiker Eduard Justi das vollständige Konzept einer Wasserstoffwirtschaft.[11]
- 1980 – entwickelte der Physiker Reinhard Dahlberg unter dem Eindruck der Ölkrise das Konzept einer Wasserstoffwirtschaft, in der mit Sonnenenergie Wasserstoff in Wüstengebieten erzeugt und über Pipelines zu den Verbrauchern transportiert wird.[12] Wesentlicher Beweggrund war der Ersatz der versiegenden fossilen Rohstoffe. Dahlberg hatte aber nicht nur die technischen, sondern auch die wirtschaftlichen Aspekte seiner Wasserstoffwirtschaft betrachtet.
- 1994 – befasste sich die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit der Wasserstoffgewinnung in der Wüste. Der von Solarzellen betriebene 350-kW-Elektrolyseur erbrachte damals den Nachweis, dass die Produktion von speicher- und transportierbarem Wasserstoff möglich ist. Die verfügbaren Solar-Ressourcen könnten auf einem Prozent der Landfläche Saudi-Arabiens dieselbe Energiemenge liefern, wie jährlich als Rohöl exportiert wird.
- 1999 – nahm die Isländische Regierung das Ziel einer Wasserstoffwirtschaft (unter dem Vorbehalt von Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit) in ihr Regierungsprogramm auf.[13] Der Fokus Islands lag dabei besonders auf Wasserstoffantrieben für Fahrzeuge und die Fischereiflotte, um unabhängig vom Öl zu werden. Das Land besitzt keine abbaubaren fossilen Brennstoffe, ist aber reich an stromerzeugender Wasserkraft und Geothermie. Zur Förderung dieses Ziels wurde das Unternehmen Icelandic New Energy gegründet.
- 2002 – beschrieb der Ökonom Jeremy Rifkin das Konzept einer Wasserstoffwirtschaft in seinem Buch Die Wasserstoff-Revolution. Für Rifkin sind die negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft durch steigende Ölpreise und der Endpunkt der fossilen Brennstoffe als „prekärster Augenblick der postindustriellen Geschichte“ ein wichtiger Beweggrund.[14][15]
- 2003 kritisierte der bisherige Wasserstoff-Befürworter Ulf Bossel die geringe Wirtschaftlichkeit einer Wasserstoffwirtschaft[16]
- 2006 analysierte Joseph J. Romm die Aussichten einer Wasserstoffwirtschaft in den USA und äußerte: „Wenn einige Leute so tun, als liege die Wasserstoffwirtschaft schon in Reichweite, so meinen sie damit lediglich ein ökonomisches System, in dessen Mittelpunkt Wasserstoff aus Erdgas und anderen schadstoffreichen fossilen Brennstoffen steht.“[10]
- 2007 – nahm das Europäische Parlament auch unter der Beratung durch Jeremy Rifkin[17] eine Erklärung an, in der die Schaffung einer Wasserstoffinfrastruktur bis 2025 gefordert wird. Als Begründung werden in der Erklärung die globale Erwärmung und die zunehmenden Kosten der fossilen Brennstoffe aufgeführt.[18]
- 2008 – Gründung der deutschen Nationalen Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW)[19]
- 2014 – Toyota stellt das erste einsatzbereite Wasserstoffauto mit Brennstoffzellentechnik in größerer Serienproduktion vor, mit dem Toyota Mirai.
- 2017 – Japan beschließt als erste Land der Welt eine nationale Wasserstoffstrategie und weitere Länder folgen dem Beispiel etwas später.
- 2020 – Die Europäische Union stellte ihre Wasserstoffstrategie im Rahmen des European Green Deal vor.
Die Ebenen einer Energiewirtschaft
Die Vorstellungen gehen von einer Durchsetzung des Wasserstoffes auf allen Ebenen der Energiewirtschaft aus:
- Erschließung benötigter Primär-Energiequellen
- Energieumwandlung
- Energiespeicherung
- Nutzung der Energie
- Energiehandel und Verteilung
- Vertrieb und Abrechnung
- Gewährleistung der Versorgungssicherheit
Herstellung von Wasserstoff
Bisher wird Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilen Energieträgern, primär aus Methan, hergestellt. Die weltweit produzierte Menge von Wasserstoff aus Erdgas und Schweröl betrug 1999 ca. 310 Mrd. m³ i.N. und ca. 9 Mrd. m³ i.N. in Deutschland.[20] Erdgas und Schweröl sind fossile Primärenergieträger. Bei der Herstellung von Wasserstoff mittels dieser Stoffe wird Kohlenstoffdioxid mit hohen Treibhauspotenzial freigesetzt. Dies steht der vom Europäischen Parlament geforderten Einführung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft entgegen.[18]
Ein Teil des Wasserstoffs entsteht auch als Nebenprodukt in der chemischen Industrie, z. B. bei der Benzinreformierung und der Ethylenproduktion. Er entsteht aber auch als Nebenprodukt bei der Chloralkali-Elektrolyse und der Herstellung von Kokereigas durch die Kohlevergasung. 1999 wurden durch die chemische Industrie weltweit 190 Mrd. m³ i.N. und in Deutschland 10 Mrd. m³ i.N. hergestellt.[20] Meist wird der so entstandene Wasserstoff durch Verbrennung direkt vor Ort thermisch genutzt.
Herstellung aus Elektrischer Energie (Elektrolyse)
Um eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen, muss der Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Hier kommen v. a. die Windenergie und die Solarenergie (Photovoltaik und solarthermische Kraftwerke) in Frage, die sowohl weltweit als auch in Deutschland über viel größere Potentiale verfügen als die Biomasse.[21] Es wird davon ausgegangen, dass Wind- und Solarenergie die Hauptlast in einem regenerativen Energiesystem decken werden,[22] einige Studien verzichten sogar vollständig auf den Einsatz von Biomasse.[23] All diese Konzepte sehen zumeist aber nur eine ergänzende Rolle des Wasserstoffs in einer strombasierten Wirtschaft vor, keine vollständige Wasserstoffwirtschaft im eigentlichen Sinne.
In einer vollständig regenerativen Stromwirtschaft werden bei hohen Anteilen variabler Erzeuger wie Wind- und Solarstrom zusätzliche Langfristspeicher zum Ausgleich benötigt. Hierfür kommen vor allem chemische Speicher wie die Wasserstoffherstellung, ggf. in Verbindung mit nachgeschalteter Methanisierung, in Frage. Bei der Wasserstoffherstellung, -speicherung und anschließender Rückverstromung liegt der Wirkungsgrad derzeit (2013) bei maximal 43 %, bei der Methanisierung bei 39 %.[24] Sterner et al. geben Wirkungsgradspannen zwischen 34 und 44 % für die Kette Wasserstofferzeugung, Speicherung und Rückverstromung an.[25] Es wird davon ausgegangen, dass perspektivisch elektrische Gesamtwirkungsgrade bis maximal 49 bis 55 % erreicht werden.[26]
Dieses Verfahren wurde seit Oktober 2011 in einem Pilotprojekt bei Enertrag im brandenburgischen Prenzlau eingesetzt.[27] Nicht benötigter Strom wurde mit einem 500 kW Druck-Elektrolyseur in Wasserstoff umgewandelt und steht so für Wasserstofftankstellen[28] zur Verfügung oder wird bei Bedarf in einem Hybridkraftwerk wieder verstromt.
Greenpeace Energy lieferte seit Oktober 2011 ebenfalls Wasserstoff aus überschüssigem Windstrom, der in reiner Form oder umgewandelt zu Methan in das Erdgasnetz eingespeist wird.[29]
Die Audi AG plante, ab 2013 im niedersächsischen Werlte Wasserstoff aus Windstrom zu erzeugen. Der erzeugte Wasserstoff sollte zunächst in CNG umgewandelt werden, um als Treibstoff für Erdgasfahrzeuge zu dienen. Der erzeugte Wasserstoff kann aber auch direkt in Brennstoffzellenfahrzeugen eingesetzt werden.[30][31]
Gute Wirkungsgrade verspricht die Hochtemperaturelektrolyse, weil der Bedarf an elektrischer Energie mit steigender Temperatur sinkt. Die Hochtemperaturelektrolyse ist besonders bei solarthermischen Kraftwerken interessant.[32] Das Verfahren befand sich 2011 im Entwicklungsstadium.
Auch das Fraunhofer-Institut in Leuna erforscht Verfahren zur nachhaltigen und günstigen Herstellung von Wasserstoff. Den benötigten Strom dazu liefern erneuerbare Energiequellen. Die Pilotanlage zur Herstellung von grünem Wasserstoff soll 2019 in Betrieb gehen.[33]
Wasserstoff aus Bioenergie
Die Erzeugung von Wasserstoff aus Biomasse ist weitgehend klimaneutral, weil der gewonnene Wasserstoff sowie der gewonnene Kohlenstoff der Atmosphäre/Biosphäre vorher durch die Photosynthese entzogen wurde. Allerdings müssen der Aufwand zur Erzeugung, z. B. Düngemittel, Pflanzenschutzmittel, Aufwand für Transport und Verarbeitung sowie Aufbereitung der Biomasse berücksichtigt werden. Die Klimaneutralität entspricht der vom Europäischen Parlament geforderten Einführung einer umweltfreundlichen Wasserstoffwirtschaft.[18]
Wasserstoff kann aus Biomasse durch Gärung oder thermochemisch, z. B. durch Dampfreformierung, hergestellt werden.
Eine großtechnische Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse existiert nicht (Stand 2011). Die Verfahren befinden sich meist noch im Stadium der Entwicklung. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt „Blauer Turm“ in Herten. Die geplante Anlage sollte 150 m³ Wasserstoff in der Stunde produzieren, die Haupteigentümerin, die Firma Solar Millennium AG ging Ende 2011 in die Insolvenz.
Potential und Flächenbedarf der Energiepflanzen
In Deutschland lag der Primärenergiebedarf im Jahr 2014 bei ca. 13.000 PJ.[34] Nach den Energieszenarien der Bundesregierung kann die zur Erzeugung von Biomasse genutzte Fläche bis 2050 ca. 4 Mio. ha (2011: 1,8 Mio. ha) betragen, ohne in Nutzungskonkurrenzen mit der Nahrungsmittelerzeugung zu geraten. Das sind nur 24 % der heute landwirtschaftlich genutzten Flächen. Daraus wird ein Primärenergiepotential von 740 PJ (18,5 MJ/kg bei 10 t/ha) errechnet.[35]
Am Beispiel der Ertragswerte von Miscanthus (18,5 MJ/kg bei bis zu 20 t/ha) errechnet sich ein Primärenergiepotential von 1480 PJ/Jahr. Abhängig von den angenommenen Parametern kann der Wert stark schwanken.
Allerdings steht die Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse neben deren direkten energetischen Nutzung auch in Konkurrenz zur Biomasseverflüssigung. Die so gewonnenen Kraftstoffe haben als Energieträger eine höhere Energiedichte als Wasserstoff und sind einfacher handhabbar.[36]
Potential biogener Reststoffe
Biogene Reststoffe aus der Landwirtschaft, Landschaftspflegeholz, Waldrestholz und unbelastetes Industrierestholz können ebenfalls zur Herstellung von Wasserstoff verwendet werden. Das Potential biogener Reststoffe wird vom Bundesumweltministerium auf 900 PJ geschätzt.[35]
Speicherung und Verteilung von Wasserstoff
In einer voll ausgebauten Infrastruktur mit entsprechenden Abnahmemengen könnte eine Verteilung über Pipelines deutlich energieeffizienter und kostengünstiger sein. Dazu könnte ein Großteil des bereits bestehenden Erdgasnetzes verwendet werden.[37] Das Erdgasnetz ist für die Aufnahme von Wasserstoff geeignet und es treten, bei korrekter Materialwahl, keine Probleme mit Wasserstoffversprödung oder Dichtigkeit auf.[38][39][40] Vor der Umstellung auf Erdgas wurden die deutschen Gasnetze mit Stadtgas betrieben, das zu 51 % aus Wasserstoff bestand. Der Energietransport über ein Gasnetzwerk erfolgt mit wesentlich weniger Verlusten (< 0,1 %) als bei einem Stromnetzwerk (8 %).[41] Die Kapazität der Speicher im deutschen Erdgasnetz liegt bei mehr als 200.000 GWh und kann den Energiebedarf mehrerer Monate zwischenspeichern.[42] Zum Vergleich: die Kapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke beträgt dagegen nur 40 GWh. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Baden-Württemberg will künftig (Stand 2011) den Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur unterstützen.[43] Es gibt zudem praktische Erfahrungen mit Wasserstoffleitungen:
- Im Ruhrgebiet wird seit Jahrzehnten ein über 240 km langes Wasserstoffnetz betrieben.
- In Sachsen-Anhalt besteht ein 90 km langes, gut ausgebautes Wasserstoff-Pipeline-System der Linde-Gas AG in einer Region mit starker industrieller Gasnachfrage zwischen Rodleben-Bitterfeld-Leuna-Zeitz.[44][45][46][47]
- Weltweit existierten 2010 mehr als tausend Kilometer Wasserstoffleitungen.[48] Air Liquide betreibt 12 Pipeline-Netze mit einer Gesamtlänge von 1200 km.[49]
Probleme gibt es noch mit der Langzeitspeicherung. So verflüchtigt sich ein Teil des Wasserstoffes aus den Kryotanks, wenn kein kontinuierlicher Verbrauch gesichert ist. Beispielsweise begann die Ausgasung beim BMW Hydrogen 7 mit Flüssigwasserstofftank nach 17 Stunden Standzeit, nach neun Tagen war ein halbvoller Tank verdampft.[50]
Energetische Nutzung des Wasserstoffs
Wichtigstes Element der Nutzung von Wasserstoff ist die Brennstoffzelle. Sie wandelt die im Wasserstoff enthaltene Energie in Wärme und Elektrizität um.
Nutzung im Haus
Bei der häuslichen Stromerzeugung mittels Brennstoffzelle kann wie bei der Blockheizkraftwerktechnik auch eine Kraft-Wärme-Kopplung realisiert werden, die den Gesamtwirkungsgrad steigert. Da bei dieser Betriebsweise die Wärmeproduktion im Vordergrund steht, werden diese Systeme nach dem Wärmebedarf gesteuert, wobei der erzeugte überschüssige elektrische Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird.
Vaillant hat ein Brennstoffzellenheizgerät entwickelt, das über einen Reformer auch mit Erdgas betrieben werden kann.[51]
Der theoretisch erreichbare brennwertbezogene Wirkungsgrad liegt bei ca. 83 %.[52] Bezieht man den Wirkungsgrad, wie bei Wärmekraftwerken und Verbrennungsmotoren üblich auf den Heizwert, ergibt sich ein theoretisch maximaler Wirkungsgrad von ca. 98 %. Die angegebenen Systemwirkungsgrade liegen je nach Brennstoffzellentyp zwischen 40 % und 65 %, wobei unklar ist, ob diese brennwert- oder heizwertbezogen sind.[53][54]
Nutzung im Verkehr
Ein mit Wasserstoff angetriebenes Fahrzeug besitzt im Allgemeinen einen Drucktank (z. B. 700 bar), der an einer Wasserstofftankstelle aufgetankt werden kann. Im Mai 2000 stellte BMW in Berlin die erste Serie von 15 Exemplaren eines Wasserstoffautos mit der Typenbezeichnung 750hL vor.[55] Als Methoden der Krafterzeugung ist entweder ein weitgehend herkömmlicher Verbrennungsmotor möglich, ähnlich dem Fahren mit Erdgas, oder eine „kalte Verbrennung“ in einer Brennstoffzelle. Im Brennstoffzellenfahrzeug wird mit der Brennstoffzelle elektrischer Strom erzeugt, der einen Elektromotor antreibt.
Verbrennungsmotor
Als brennbares Gas kann Wasserstoff in einem Verbrennungsmotor („Wasserstoffverbrennungsmotor“), ähnlich wie bei Erdgas-betriebenen Kfz, verbrannt werden. Ein Beispiel dieser Anwendung war der BMW Hydrogen 7. BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger teilte jedoch Ende 2009 mit, es werde vorerst keine neue Wasserstofftestflotte geben.[56]
Brennstoffzelle
Im Brennstoffzellenfahrzeug wird mit der Brennstoffzelle elektrischer Strom erzeugt, der einen Elektromotor antreibt.
Auch in Bussen wird die Wasserstofftechnik erprobt. Die Wasserstoffbusse aus dem Jahr 2009 erreichten mit 35 kg Wasserstoff eine Reichweite von rund 250 km.[57] Es gibt inzwischen einige Busse, z. B. den Mercedes-Benz Citaro FuelCELL-Hybrid, die mit Brennstoffzellen arbeiten.
Brennstoffzellen-Autos sind wesentlich teurer als Elektro-Autos. Ein solches Fahrzeug wird nach Aussage von Fritz Henderson (CEO von General Motors) rund 400.000 $ kosten (Stand: 2009).[58] Die Fahrzeughersteller Toyota, Nissan, Mercedes-Benz und Honda haben nach eigenen Angaben die Produktionskosten für wasserstoffgetriebene Fahrzeuge inzwischen drastisch reduziert. (Der Toyota Mirai beispielsweise ist in Deutschland für knapp 80.000 € erwerbbar.) Toyota produziert H2-Autos in Kleinserie und setzt im großen Stil auf die Brennstoffzelle.[59]
Mit dem Mercedes B-Klasse F-Cell sowie zwei Vorserienfahrzeugen des Hyundai ix35 Fuel Cell Electric Vehicle (FCEV) wurden Reichweiten von 500 km bei Maximalgeschwindigkeiten von 80 km/h erreicht.[60] Um die Alltagstauglichkeit des Wasserstoffantriebes nachzuweisen, hat Daimler eine „Weltumrundung“ mit mehreren Brennstoffzellenfahrzeugen der B-Klasse erfolgreich abgeschlossen. 200 Serienfahrzeuge dieses Typs wurden 2010 an Kunden ausgeliefert.[61]
Mit der Technik des Hydrail seit 2005 sind auch die Schienenfahrzeuge in den Blickwinkel gekommen.[62] Als eine der ersten Firmen nahm die Japanische East Railroad Company zu Testzwecken eine Hybrid-Lok in Betrieb.[63] Ende 2017 wurden in Niedersachsen 14 Züge mit Brennstoffzellen-Antrieb beim Hersteller Alstom bestellt.[64][65]
Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB führt seit Frühjahr 2014 in ihren rollenden Minibars mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen ein, um genug Energievorrat für die eingebaute Espressomaschine unterwegs zu haben, die jetzt unterwegs auch den Fahrgästen Cappuccino bieten kann. Die bisher verwendeten üblichen Akkumulatoren wären für diese energieaufwendige Aufgabe zu schwer gewesen.[66]
Effizienz der Energiekette
Begriffsdefinition
Zu unterscheiden sind Kosteneffizienz als Maß für den Geldertrag unter Berücksichtigung der eingesetzten Kosten. Je kosteneffizienter eine Technologie, desto höher ist ihre Wirtschaftlichkeit. Die Energieeffizienz ist ein Maß für den Energieertrag unter Berücksichtigung der eingesetzten Energie. Je energieeffizienter eine Technologie, desto höher ist ihr Wirkungsgrad. Die ökologische Effizienz ist ein Maß für Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Sie wird oft anhand des CO2-Ausstoßes durch die Verbrennung berechnet, wenn zum Beispiel fossile Energieträger bei der Produktion eingesetzt werden.
Kosteneffizienz geht nicht zwingend mit Energieeffizienz und ökologischer Effizienz einher. So hat z. B. ein Kohlekraftwerk bei der Erzeugung von Strom mit einem Wirkungsgrad von 30–40 % eine schlechte Energieeffizienz, kann aber bei einem niedrigen Kohlepreises sehr kosteneffizient und damit auch wirtschaftlich sein.
Beispiel: Die Umwandlungskette well to tank ohne Rohrleitungsnetz:
- Strom aus Windkraft → Stromtransport → Wasserstoff aus Dampfreformation → Wasserstoffverflüssigung → Transport im Tankwagen → umfüllen/lagern an der Tankstelle
ist vom technischen Wirkungsgrad her nicht besonders energieeffizient. 1 kg Wasserstoff kostete 2018 nur 9,50 Euro.[67] Dies ist der Wasserstoffpreis, den der Kunde an der Tankstelle zu zahlen hat, also einschließlich der Investitionen für Aufbau und Betrieb der Wasserstofftankstelle, allerdings ohne Berücksichtigung der staatlichen Subventionierung[68] und der höheren Kosten für die Anschaffung des Fahrzeuges.
Mineralöl und Wasserstoff werden in Deutschland steuerlich unterschiedlich behandelt: Auf Wasserstoff wird keine Mineralöl- bzw. Energiesteuer erhoben.
Fahrzeug mit … | |||
---|---|---|---|
… Brennstoffzelle | … Traktionsbatterie | … Ottomotor | |
Fahrzeugtyp | Mercedes-B-Klasse, Brennstoffzellenfahrzeug |
Mercedes-B-Klasse Electric Drive mit Traktionsbatterie |
Mercedes-B-Klasse mit Ottomotor |
Verbrauch pro 100 km | 0,97 kg[69] | 16 kWh[70] | 7 l |
Kraftstoffpreis | 9,50 €/kg[71] | 0,30 €/kWh[72] | 1,45 €/l[73] (Superbenzin) |
Kosten für 100 km | 9,21 € | 4,80 € | 10,15 € |
Damit ist das Brennstoffzellenfahrzeug in Bezug auf den Treibstoffverbrauch trotz mäßiger Energieeffizienz im Betrieb wirtschaftlicher als das Fahrzeug mit Ottomotor, aber unwirtschaftlicher als der direkte Elektroantrieb mit Traktionsbatterie.
Auch nach dem Hart report[74] sind die Nutzenergiekosten bei Verwendung von konventionell durch Dampfreformierung erzeugtem, unbesteuertem Wasserstoff im Verhältnis zu Benzin durchaus wettbewerbsfähig. Die zu erwartende Besteuerung würde durch steigende Preise für Benzin ausgeglichen. Die angeführte Studie geht dabei von konstanten Preisen für die Wasserstoffherstellung aus.
Wirkungsgrade in einer Wasserstoffwirtschaft
Bei der Ermittlung der Effizienz einer Wasserstoffwirtschaft muss die gesamte Umwandlungskette von der Herstellung des Wasserstoffs bis zu Erzeugung der Endenergie beim Verbraucher betrachtet werden.
Die Einschätzung der Wirkungsgrade in den Quellen sind teilweise sehr unterschiedlich, weil sich viele Verfahren noch in der Entwicklung befinden und deren praktische Produktionserfahrungen fehlen. Eine großtechnische Anwendung findet derzeit nicht statt, sodass vor allem die Wirkungsgradangaben zur Wasserstoffgewinnung bisher meist auf der Berechnung mit fossilen Energieträgern beruhen.
Die für die Wirkungsgrade angenommenen Werte wurden aus der Schwankungsbreite gemittelt und können in der Realität durchaus nach oben oder unten abweichen. Die errechneten Gesamtwirkungsgrade können daher nur Näherungswerte sein.
Art | Angenommener Wirkungsgrad | Daten aus verschiedenen Quellen |
---|---|---|
Wasserstoff thermochemisch aus Biomasse | 0,75 | Der Wirkungsgrad der thermochemischen Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse wird je nach Verfahren zwischen 69 % und 78 % angegeben.[75] |
Wasserstoff aus Elektrolyse | 0,80 | Der Wirkungsgrad der Wasserelektrolyse wird mit 70 bis 90 % angegeben.[76] Die Erzeugung der elektrischen Energie hat zusätzlich ebenfalls einen Wirkungsgrad < 100 %, der den Gesamtwirkungsgrad bzgl. fossiler bzw. nuklearer Primärenergiequellen sowie der Biomasse weiter reduziert. Dies gilt bei der international dominierenden Wirkungsgradmethode für alle Energieträger, denen ein Heizwert zugeordnet werden kann. Hingegen wird bei erneuerbaren Energien, denen kein Heizwert zugeordnet werden kann (z. B. der Windenergie oder der Wasserkraft), in Bilanzen ein Wirkungsgrad von 100 % angesetzt, sodass hier Endenergie gleich Primärenergie ist.[77] |
Wasserstofftransport im Gasnetzwerk | 0,99 | < 1 % Verluste im Gasnetzwerk.[41] |
Strom und Wärme aus Brennstoffzellenheizung | 0,85 | 85 % Wirkungsgrad bezogen auf den Brennwert mit Reformer.[51] Bei Heizanlagen kann der Wirkungsgrad auch auf den Heizwert des eingesetzten Brennstoffes bezogen werden, dabei können Wirkungsgrade über 100 % entstehen, weil die bei der Kondensation zurückgewonnene Verdampfungsenthalpie im Heizwert nicht enthalten ist. |
Brennstoffzelle elektrisch | 0,60 | Der elektrische Wirkungsgrad von Brennstoffzellen wird zwischen 35 % und 90 % angegeben. Der elektrische Wirkungsgrad einer PEM-Brennstoffzelle beträgt 60 %.[78] |
Lithium-Ionen-Akku | 0,94 | Lithium-Ionen-Akkus haben einen Wirkungsgrad von 90–98 %. |
Elektromotor | 0,95 | Der Wirkungsgrad von Elektromotoren wird zwischen 94 % und 97 % angegeben. Traktionsmotoren haben generell sehr hohe Wirkungsgrade. |
Wasserstoff Verdichtung auf 700 bar | 0,88 | Die Verluste bei der Verdichtung betragen ca. 12 %. |
In einer Wasserstoffwirtschaft ergibt sich also für die Energiekette
- Wasserstoff aus Biomasse → Transport im Gasnetzwerk → Strom und Wärme aus Brennstoffzellenheizung
ein Wirkungsgrad von 0,75 × 0,99 × 0,95 = 0,70.
Für Brennstoffzellenfahrzeuge ergibt sich die Energiekette
- Wasserstoff aus Biomasse → Transport im Gasnetzwerk → Verdichtung auf 700 bar → Brennstoffzelle elektrisch → Elektromotor
mit einem Wirkungsgrad von 0,75 × 0,99 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,37.
Zum Vergleich: Wirkungsgrade in der fossilen Energiewirtschaft
Art | Angenommener Wirkungsgrad | Daten aus verschiedenen Quellen |
---|---|---|
Wasserstoff aus Erdgasreformation | 0,75 | Praxiswerte für großtechnische Reformation und Aufbereitung |
Strom aus Kohlekraftwerken | 0,38 | 38 % Wirkungsgrad im Mittel der deutschen Kohlekraftwerke. 2010 betrug der Anteil der Stein- und Braunkohlekraftwerke an der deutschen Stromerzeugung 43 %, bis 2019 war er auf 29,1 % gefallen,[79] für 2020 ist mit wenig mehr als 20 % zu rechnen.[80] |
Stromtransport | 0,92 | 8 % Verluste im Stromnetz[41] |
Transport und Aufbereitung Motorenbenzin | 0,85 | Die Erzeugung und Bereitstellung fossiler Kraftstoffe wie Benzin und Diesel aus Erdöl erfolgt bei Wirkungsgraden bis 85 %.[81] |
Ottomotor | 0,24 | Ottomotoren besitzen einen Wirkungsgrad von 10–37 % |
Für Strom aus einem Kohlekraftwerk ergibt sich mit der Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 = 0,35.
Für ein Brennstoffzellenfahrzeug mit fossiler Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse ergibt sich für die Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport → Elektrolyse → Verdichtung → BSZ → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 × 0,8 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,14.
Für ein Brennstoffzellenfahrzeug mit fossiler Wasserstofferzeugung durch Erdgasreformation (derzeit Standard) ergibt sich mit der Energiekette
- Dampfreformation → Verdichtung → BSZ → Akku → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,75 × 0,88 × 0,6 × 0,94 × 0,95 = 0,35.
Für ein akkugetriebenes Elektrofahrzeug mit Aufladung durch reinen Kohle-Strom ergibt sich mit der Energiekette
- Kohlekraftwerk → Stromtransport → Akku → Elektromotor ein Wirkungsgrad von 0,38 × 0,92 × 0,94 × 0,95 = 0,31.
Der reale Strommix in Deutschland erhöht den Wirkungsgrad je nach Anteil der Stromerzeuger.
Für ein Fahrzeug mit Ottomotor ergibt sich mit der Energiekette
- Transport und Aufbereitung Motorenbenzin → Ottomotor ein Wirkungsgrad von 0,85 × 0,24 = 0,20.
Der Vergleich zeigt, dass die Gesamtwirkungsgrade einer Wasserstoffwirtschaft durchaus über denen der etablierten fossilen Energiewirtschaft liegen können.
Zum Vergleich: Wirkungsgrade bei Elektrofahrzeugen
Bei Aufladung mit Ökostrom aus Eigenerzeugung ergibt sich:
Für batteriegetriebene Elektrofahrzeuge mit der Energiekette
- Photovoltaikanlage/Wechselrichter → Akku stationär → Akku im Fahrzeug → Elektromotor
ein Wirkungsgrad von 0,9 × 0,94 × 0,94 × 0,95 = 0,75.
Für Elektrofahrzeuge mit Brennstoffzelle mit der Energiekette
- Photovoltaikanlage/Wechselrichter → Akku stationär → Elektrolyse → Verdichtung auf 700 bar → Brennstoffzelle → Elektromotor
ein Wirkungsgrad von 0,9 × 0,94 × 0,8 × 0,88 × 0,6 × 0,95 = 0,34.
Dabei bleibt unberücksichtigt, dass eine Eigenherstellung von Wasserstoff durch Photovoltaikgleichstrom vor Ort und Höchstkompression /Betankung für den privaten Eigenbedarf im Gegensatz zum Eigenverbrauch von Strom technisch nicht existent ist. Bei Transport des regenerativen Stromes über das Wechselstromnetz und dem notwendigen Transport des Wasserstoffes zu den Tankstellen und dessen Lagerung (zumeist als Flüssigwasserstoff) wird der Wirkungsgrad der Gesamtkette für Brennstoffzellenfahrzeuge mit 20 bis 25 % angegeben.[36]
Der Vergleich zeigt, dass batteriegetriebene Fahrzeuge den besseren Wirkungsgrad besitzen. Bei zusätzlichem Bedarf an Heizung/Kühlung wird Energie für die Wärme/Kälte-Erzeugung benötigt. Dies kann die Reichweite abhängig von Batteriegewicht und Temperatur um bis zu 50 % verringern.[82] Auch bei Brennstoffzellen-Kfz entstehen wie bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor im Winterbetrieb deutlich höhere Verbräuche. Durch die höhere mitgeführte Energiemenge wirken sich diese Mehrverbräuche allerdings nicht so deutlich auf die Reichweite aus wie beim Elektroauto.
Umwelt- und Klimaschutz
Die Nutzung von erneuerbaren Energien ist oft klimaneutral und emissionsfrei, so könnte grüner Wasserstoff mit Elektrolyse erzeugt werden. Zusätzlich können auch bei der Verbrennung von Wasserstoff oder bei der Nutzung des Wasserstoffs Luftschadstoffe entstehen, zum Beispiel Stickoxide bei magerer Verbrennung. Bei Verwendung einer Brennstoffzelle entstehen allerdings überhaupt keine schädlichen Abgase, sondern lediglich Wasserdampf. Bei Aufwand für Anbau, Gewinnung und Verarbeitung der Biomasse für Biowasserstoff muss bei einer ökologischen Betrachtung berücksichtigt werden, sowie der Wirkungsgrad der Anlage bezogen auf den (theoretisch) maximalen Wirkungsgrad des jeweiligen Prozesses. Die Nutzung der Biomasse kann den Treibhauseffekt zusätzlich reduzieren: Entsteht bei der Herstellung von Wasserstoff CO2 wie beim blauen Wasserstoff in konzentrierter Form, so kann dies im Untergrund gespeichert werden.
2003 befürchteten Wissenschaftler des California Institute of Technology in Pasadena aufgrund von Simulationen, dass eine umfassende Wasserstoffwirtschaft rund 100 Million Tonnen Wasserstoff in die Atmosphäre freisetzen und damit die Ozonschicht schädigen könnte.[83]
Nach neueren wissenschaftlichen Untersuchungen des Forschungszentrums Jülich im Jahr 2010 wird dieser Effekt bei realistischen Annahmen aber verschwindend gering sein. Der positive Effekt durch Verzicht auf fossile Energieträger überwiegt. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass ca. 20 % des Wasserstoffes in die Atmosphäre entweicht. Aufgrund der technologischen Entwicklung wird aber heute davon ausgegangen, dass weniger als 2 % entweichen. Hinzu kommt, dass der Wasserstoff seine volle Ozon schädigende Wirkung nur im Beisein von FCKW entfaltet. Mit dem Rückgang des FCKW in den nächsten Jahren wird der Wiederaufbau der Ozonschicht überwiegen.[84]
Unfallrisiko in einer Wasserstoffwirtschaft
Wasserstoff ist, wie z. B. Benzin oder Erdgas, hochentzündlich. Bei technischen Anlagen müssen die spezifischen Eigenschaften des Wasserstoffs berücksichtigt werden. Die chemische Industrie nutzt Wasserstoff seit über hundert Jahren in großen Mengen, sodass hinreichende Erfahrungen im Umgang mit Wasserstoff bestehen.[85]
Wasserstoff ist wegen der geringen Dichte ein sehr flüchtiges Gas. Im Freien verflüchtigt es sich sehr schnell in höhere Luftschichten.[86] Nur Sauerstoff/Wasserstoff-Gemische mit einem Anteil von unter 10,5 Volumenprozent Wasserstoff sind schwerer als Luft und sinken zu Boden. Die Entmischung erfolgt nicht unmittelbar,[87] sodass bis zur Unterschreitung der 4-Volumenprozent-Grenze die Zündfähigkeit erhalten bleibt. Allerdings tritt dies nur z. B. bei chemischen Prozessen, bei denen Wasserstoff entsteht oder eine solche Mischung genutzt wird und nicht versehentlich bei der Lagerung oder Verwendung von reinem Wasserstoff, auf und ist bei entsprechender sicherheitstechnischer Berücksichtigung kein Problem.[88]
Die heute verwendeten Drucktanks halten (im Gegensatz zu Benzintanks) auch schwere Unfälle unbeschadet aus.[89][90][91] Wasserstofffahrzeuge mit Drucktanks können problemlos in Parkhäusern und Tiefgaragen geparkt werden. Es existiert keine gesetzliche Bestimmung, die das einschränkt.
Im Gegensatz dazu dürfen Fahrzeuge mit Flüssigwasserstoff nicht in geschlossenen Räumen abgestellt werden, da sich durch das Ausgasen explosive Gasansammlungen bilden können.[50]
Kritik
Eine Wasserstoffwirtschaft ist zurzeit nirgends im großen Stil verwirklicht und die Umsetzbarkeit ist umstritten.[92][93] Folgende Aussagen werden angezweifelt: Die Wasserstoffwirtschaft wird als Alternative zur Stromwirtschaft dargestellt. Die Befürworter einer Wasserstoffwirtschaft heben die angebliche bessere Speicherbarkeit von Wasserstoff gegenüber derjenigen von Strom hervor. Wasserstoff besitze die Eigenschaft einer guten Kurzzeitspeicherung in Form von tolerierbaren Druckschwankungen in einem Pipeline-Verteilungsnetz (die Pipeline selbst ist der Speicher), sowie der Langzeitspeicherungsfähigkeit in Kavernen (so wie zurzeit Erdgas gespeichert wird). Benötigte elektrische Energie könne aus Wasserstoff vor Ort mit Hilfe von Brennstoffzellen mit einem Wirkungsgrad[94][95] erzeugt werden, der deutlich den der deutschen Kraftwerke überträfe:[96] Allerdings betrachten die angeführten Quellen zur Energieeffizienz der Brennstoffzellen lediglich die Umwandlung von Erdgas beziehungsweise Wasserstoff in Strom, berücksichtigen jedoch die Energieverluste nicht, die bei der Herstellung, Speicherung und Verteilung des benötigten Wasserstoffs anfallen.[97] Auch wird der geringe volumenbezogene Energiegehalt selten berücksichtigt: „Ein 40-Tonner kann gerade mal 350 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff transportieren“, sagt Bossel, „und auch flüssiger Wasserstoff ist leicht wie Styropor.“[98]
Siehe auch
Literatur
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- Jeremy Rifkin: Die H2-Revolution. Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16029-4.
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- Alf-Sibrand Rühle: Wasserstoff und Wirtschaft. Investieren in eine saubere Zukunft. Hydrogeit Verlag, Kremmen 2005, ISBN 3-937863-02-8.
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Weblinks
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Einzelnachweise
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- Jules Verne: Die geheimnisvolle Insel. 1875. Zweiter Teil, Elftes Kapitel, S. 300 (unten in Dialogform) (2015, ISBN 978-3849693862); Wortlaut: Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, dass das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, dass Wasserstoff und Sauerstoff, die Bestandteile desselben, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichtes werden.
- John Burdon Sanderson Haldane: Daedalus oder Wissenschaft und Zukunft. Drei Masken Verlag, München 1925.
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- Schriftliche Erklärung zur Wasserstoffwirtschaft vom 12. Februar 2007 (Quelle: Europäisches Parlament)
- Sven Geitmann, Eva Augsten: Wasserstoff und Brennstoffzellen: Die Technik von gestern, heute und morgen, Hydrogeit Verlag, 4. komplett überarbeitete Auflage, Oberkrämer 2021, ISBN 978-3-937863-51-1, S. 225; aus der Chronologie des Wasserstoffs in diesem Buch von S. 220 bis 225
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- Spektakulärer Test zeigt: Wasserstoff im Auto muss nicht gefährlicher sein als Benzin. (Memento vom 29. Mai 2012 im Internet Archive)
- Sicherheitsaspekte bei der Verwendung von Wasserstoff. (Memento vom 6. März 2012 im Internet Archive)
- Video: Chrashversuch der University of Miami
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- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Fuel Cell Power Modules der Fa. HYDROGENICS) (Quelle: Hydrogenics GmbH Stand: 2009; PDF; 2,3 MB)
- Energieeffizienz bei der Stromerzeugung. (Memento vom 15. September 2012 im Webarchiv archive.today) (Quelle: Umweltbundesamt Stand: Juli 2009)
- Technologiefolgeabschätzung, Theorie und Praxis, Nr. 1, 15. Jahrgang – April 2006, S. 27–33: Wasserstoff löst keine Energieprobleme, aufgerufen 14. August 2012.
- heise.de, 24. Mai 2007: Auf Wiedersehen Wasserstoff, Abschnitt: Speicherung vernichtet Energie, aufgerufen 11. September 2013.