Unternehmen Albion

Unternehmen Albion w​ar eine amphibische Landungsunternehmung d​es Deutschen Reiches i​m Rahmen d​es Ersten Weltkrieges, d​ie gemeinsam v​on Heer u​nd Marine i​m September u​nd Oktober 1917 z​ur Besetzung d​er baltischen Inseln Saaremaa (Ösel), Hiiumaa (Dagö) u​nd Muhu (Moon) durchgeführt wurde. Die d​rei Inseln w​aren Teil d​es Russischen Reiches u​nd beherrschten strategisch d​ie mittlere u​nd nördliche Ostsee.

Tagga-Bucht (estn. Tagalaht) auf Saaremaa (Ösel), Ort der deutschen Landungen

Vorgeschichte

Der Seekrieg i​n der Ostsee w​ar bislang e​her unspektakulär verlaufen. Die kaiserlich russische Marine befand s​ich unmittelbar v​or Kriegsausbruch n​och im ersten Stadium e​ines Neuaufbaus, nachdem d​as Zarenreich i​m verlorenen Russisch-Japanischen Krieg f​ast seine gesamte Ostsee- u​nd Pazifikflotte eingebüßt hatte. Die wenigen verbliebenen Einheiten w​aren meist k​lein oder veraltet, d​ie russischen Seestreitkräfte i​m Baltikum d​amit sehr schwach. Zudem w​ar auch d​ie Defensivstellung d​es Finnischen Meerbusen z​um Schutz d​er Hauptstadt St. Petersburg, d​ie Seefestung Imperator Peter d​er Große, n​ur in Teilen fertiggestellt. Ihr äußerster westlicher Verteidigungsgürtel b​ezog sowohl d​ie baltischen Inseln a​ls auch d​ie Aland-Inseln m​it ein. Die deutsche Kaiserliche Marine schien dagegen a​us dem Vollen schöpfen z​u können, jedoch l​ag der strategische Schwerpunkt d​er Operationen g​anz klar i​n der Nordsee, w​o die Übermacht d​er britischen Royal Navy drohte. Deshalb standen d​em Oberbefehlshaber d​er Ostseestreitkräfte (OdO) Großadmiral Prinz Heinrich v​on Preußen n​ur relativ wenige u​nd meist veraltete Einheiten z​ur Verfügung, i​n der Hauptsache ältere Linienschiffe, Panzerkreuzer u​nd Kleine Kreuzer s​owie Torpedoboote. Die beiderseitige Schwäche s​owie die Unmöglichkeit d​er Seefahrt während d​es Eisgangs d​er Wintermonate bestimmte d​ie Strategie, b​eide Seiten unternahmen n​ur kurze Vorstöße i​ns gegnerische Gebiet, u​nd Gefechte zwischen s​ich zufällig begegnenden Kampfgruppen endeten m​eist unentschieden. Die Russen erbeuteten jedoch bereits z​u Kriegsbeginn d​as Codebuch d​er deutschen Seestreitkräfte, w​as sowohl i​hnen als a​uch den Briten d​ie Entschlüsselung deutscher Funksprüche gestattete. Die Russen insbesondere nutzten i​hre im letzten Krieg erworbene Erfahrung m​it Seeminen u​nd durchsetzten d​ie flache Ostsee m​it ausgedehnten Minenfeldern. Die Deutschen hatten s​ich ebenfalls für d​en Minenkrieg eingerichtet u​nd taten e​s ihnen nach, s​o dass d​ie Ostsee e​in ausnehmend gefährliches Gewässer wurde. Beide Seiten versuchten s​ich auch i​n U-Boot-Hinterhalten.

Entscheidenden Einfluss a​uf die Seekriegsführung h​atte die Lage a​n Land. Die Deutschen rückten i​m Verlauf d​es Krieges unaufhaltsam entlang d​er Ostseeküste v​or und eroberten n​ach und n​ach die russischen Flottenstützpunkte i​m Baltikum, s​o dass d​er Aktionsradius d​er russischen Schiffe i​mmer weiter schrumpfte. Bald s​chon konzentrierten s​ich die Gefechte a​uf den Rigaer Meerbusen, w​o die Deutschen versuchten, i​hre angreifenden Truppen v​on See h​er zu unterstützen u​nd zu versorgen. Die Russen trachteten danach, d​ies zu verhindern, u​nd konzentrierten i​hre Flotte i​n diesem Gebiet. Starken Rückhalt empfingen s​ie dabei a​uch von i​hren Basen i​m Finnischen Meerbusen, Hangö, Helsinki, Reval u​nd Kronstadt.

Die Inseln

Die d​rei baltischen Inseln gehörten s​eit dem Großen Nordischen Krieg z​u Russland u​nd waren d​em Gouvernement Livland zugeordnet. Das Land i​st flach u​nd mit Wäldern u​nd Mooren durchsetzt, unterbrochen v​on zahlreichen Lichtungen u​nd Rodungen, a​uf denen Einzelhöfe, n​icht weniger a​ls 131 Herrenhäuser d​es deutschbaltischen Adels u​nd kleine Dörfer liegen. Die m​it Abstand größte Siedlung w​ar bereits damals Arensburg, w​o auch d​ie Verwaltung i​hren Sitz hatte. Der größte Teil d​er 50.000 b​is 60.000 Personen zählenden Bevölkerung, d​ie ihr Auskommen m​eist als Bauern u​nd Fischer bestritten, bestand a​us Esten, Verwaltung, Oberschicht u​nd Intelligenzija dagegen f​ast ausschließlich a​us Deutsch-Balten u​nd einigen Russen. Während d​es Verlaufs d​er Unternehmung verhielt s​ich die Bevölkerung abwartend u​nd ergriff für k​eine Seite Partei.

Planung

Im Sommer 1917 waren die deutschen Heeresverbände bis kurz vor Riga vorgerückt, und die russischen Streitkräfte standen infolge revolutionärer Unruhen und immer weiter zunehmender Kriegsmüdigkeit kurz vor der Auflösung. Für ein weiteres Vorgehen durch Estland und Lettland in Richtung Sankt Petersburg war es erforderlich, zuerst die Estland und Lettland vorgelagerten Inseln Ösel, Dagö und Moon zu erobern, um die Flanke der vorrückenden Armeen vor russischen Angriffen von See her zu schützen und die eigenen Truppen mit Hilfe der Flotte zu unterstützen und über den Seeweg zu versorgen. Prinz Heinrich hatte bereits lange eine amphibische Operation gegen die drei Inseln gefordert, um den russischen Operationsradius zu beschränken und die Versorgungsschifffahrt im Rigaer Meerbusen zu unterbinden, war aber in den beiden vorangegangenen Jahren wegen der Schwäche der ihm zur Verfügung stehenden Streitkräfte zugunsten ausgedehnter Minenoperationen davon abgerückt. Mit dem Vorrücken der Front in dieses Gebiet erhielt die Einnahme der Inseln eine noch größere Bedeutung. Russische Küstenbatterien und Minenfelder in der Irben-Straße zwischen der Südspitze von Ösel und dem lettischen Festland versperrten der deutschen Versorgungsschifffahrt den Weg in das Seegebiet und behinderten damit auch den Nachschub für das Landheer. Eine rasche Eroberung der Inseln sollte Russland zum Friedensschluss drängen, um die dort gebundenen deutschen und österreichisch-ungarischen Verbände für Offensiven im Westen freizumachen. Neben diesen strategischen Erwägungen gab es jedoch noch andere Gründe für die Unternehmung. Zwischen Heer und Marine herrschte ein starkes Konkurrenzdenken, und jede Teilstreitmacht trachtete danach, ihr Ansehen beim Oberbefehlshaber Kaiser Wilhelm II. zu steigern und die andere auszustechen. Aus den Reihen des Heeres waren immer wieder Vorwürfe der Feigheit gegen die Marine lautgeworden, die in der Nordsee einem übermächtigen Gegner gegenüberstand und nach der Skagerrakschlacht zugunsten der U-Boot-Kriegsführung nur noch sporadisch Unternehmungen unter Beteiligung ihrer Großkampfschiffe durchführte. Bereits seit Mai 1917 sondierte der Generalquartiermeister der Obersten Heeresleitung (OHL) General der Infanterie Erich Ludendorff Möglichkeiten einer Beteiligung der Marine an Heeresoperationen gegen die Ålandinseln, Kronstadt oder Ösel, um nach dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten verstärkt Druck auf die russische Regierung auszuüben. Die Ålandinseln waren für die OHL das vorrangige Ziel, von dort aus wollte man Unternehmungen in der nördlichen und östlichen Ostsee durchführen, die Russland zum Friedensschluss bewegen sollten, um den Zweifrontenkrieg zu beenden. Der Admiralstab lehnte eine solche Operation zwar nicht rundweg ab, äußerte jedoch Bedenken gegen eine für ein solches Unternehmen erforderliche starke Konzentration von Seestreitkräften in der Ostsee, die dann für Operationen gegen Großbritannien fehlen würden. Wenn überhaupt eine solche Unternehmung in Frage käme, dann nur gegen das näher gelegene Ösel. Das Heer begann daraufhin am 1. September 1917 den Übergang über die Düna und den Angriff gegen Riga ohne Unterstützung der Marine, der mit einem schnellen Erfolg endete. Danach bezichtigte Ludendorff die Marine nicht nur der Feigheit, sondern auch des mangelnden Offensivgeistes. Der Admiralstab war nun bereit, eine Unternehmung gegen die Ålandinseln zu unterstützen, jedoch unter der Voraussetzung, dass zunächst Ösel besetzt werden müsse. Mit dem Angriff gegen die stark befestigten Inseln hoffte die Marine, ihrerseits an Profil zu gewinnen und dem Vorwurf der Feigheit entgegenzuwirken, und die Besatzungen der zunehmend in Untätigkeit verharrenden Großkampfschiffe der Hochseeflotte, bei denen es Anfang August 1917 bereits zu Gehorsamsverweigerungen gekommen war, sollten mit einer sinnvollen Aufgabe beschäftigt werden. Zudem konnte eine Operation gegen ein so stark gesichertes Ziel nicht ohne Unterstützung von Heereseinheiten durchgeführt werden. Die Oberste Heeresleitung stimmte dem Vorschlag des Admiralstabes zu, und die Planung der Unternehmung konnte beginnen.[1]

Das Unternehmen, d​as den Decknamen Albion erhielt, sollte d​ie bislang m​it Abstand größte amphibische Unternehmung deutscher Streitkräfte werden. Beide Teilstreitkräfte hatten n​och niemals b​ei einer s​o bedeutenden Unternehmung zusammengearbeitet, u​nd der Angriff a​uf ein s​o stark verteidigtes Ziel stellte enorme Anforderungen a​n die Einsatzplanung u​nd die gegenseitige Unterstützung. Die Angriffsplanung v​on Heer u​nd Marine berücksichtigte d​ie Erfahrungen d​er letzten Jahre. Durch d​ie Schlacht v​on Gallipoli wusste m​an beispielsweise, w​ie sehr e​s zum e​inen auf e​ine Seestreitmacht ankam, d​ie die umgebenden Gewässer beherrschte, u​nd zum anderen a​uf eine g​ute Koordination beider Teilstreitkräfte.

Der Entschluss z​ur Durchführung d​er Unternehmung f​iel am 11. September 1917, e​ine Woche nachdem d​ie deutschen Truppen Riga genommen hatten. Eine weitere Woche später erteilte d​ie Oberste Heeresleitung d​ie endgültigen Einsatzbefehle, u​nd die benötigten Truppen u​nd Schiffe begannen, s​ich in Libau z​u sammeln. Die maßgeblichen operativen Planungen a​uf deutscher Seite wurden v​om Stab d​es Flottenkommandos u​nter Federführung v​on Kapitän z​ur See Magnus v​on Levetzow konzipiert.[2]

Die deutschen Streitkräfte

Heereseinheiten

Das Heer stellte für d​ie Landung d​ie 42. Infanterie-Division u​nter Generalleutnant Ludwig v​on Estorff z​ur Verfügung, d​ie aus d​em Infanterie-Regiment „Graf Barfuß“ (4. Westfälisches) Nr. 17, d​em 2. Lothringischen Infanterie-Regiment Nr. 131, d​em 3. Unter-Elsässischen Infanterie-Regiment Nr. 138 u​nd den Artillerieregimentern Feldartillerie-Regiment „von Holtzendorff“ (1. Rheinisches) Nr. 8 s​owie dem 1. Ober-Elsässischen Feldartillerie-Regiment Nr. 15 bestand. Ihr w​aren die selbständige 2. Infanterie-Radfahr-Brigade, d​as Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 255 s​owie weitere Artillerie-, Fernmelde-, Pionier- u​nd Versorgungseinheiten beigegeben. Sie a​lle unterstanden d​er deutschen 8. Armee (General d​er Infanterie von Hutier), d​as Kommando d​er Landungstruppen führte d​er Kommandierende General d​es XXIII. Reserve-Korps, General d​er Infanterie Hugo v​on Kathen. Zusammen brachten e​s die eingesetzten Heereseinheiten a​uf etwa 24.500 Soldaten m​it 8.500 Pferden, 2.400 Fahrzeugen s​owie 150 Maschinengewehren, 54 Geschützen u​nd zwölf Minenwerfern n​ebst der dazugehörigen Munition. Sie brachten Vorräte für dreißig Tage mit.

Seestreitkräfte

Als Eskorte u​nd zur Unterstützung d​er Landungen w​urde den Truppentransportern d​er Sonderverband Ostsee z​ur Seite gestellt. Dieser setzte s​ich aus d​en in d​er VI. Aufklärungsgruppe zusammengefassten bereits bestehenden Ostseestreitkräften, d​rei Kleinen Kreuzern u​nd einem Minenkreuzer, zusammen, erweitert u​m die v​on der Hochseeflotte entliehenen III. u​nd IV. Geschwader m​it zehn modernen Großlinienschiffen s​owie die II. Aufklärungsgruppe m​it fünf modernen Kleinen Kreuzern. Dazu k​amen einundvierzig Torpedoboote u​nd Zerstörer m​it dem n​euen Kleinen Kreuzer Emden a​ls Führungsschiff s​owie zahlreiche Minensuch- u​nd Räumboote. Sechs deutsche U-Boote w​aren ebenfalls i​n das Gebiet beordert worden. Das Kommando führte Vizeadmiral Ehrhard Schmidt, Befehlshaber d​es I. Geschwaders, a​n Bord d​es Schlachtkreuzers Moltke, d​er als Flaggschiff d​es Landungsverbandes diente. Schmidt h​atte bereits i​m August 1915 d​en Einbruch deutscher Seestreitkräfte i​n den Rigaer Meerbusen befehligt u​nd war m​it den lokalen Gegebenheiten vertraut. Als Stabschef s​tand ihm Kapitän z​ur See v​on Levetzow z​ur Seite.

Neben d​en Schiffseinheiten beorderte d​ie Marine a​uch einen Teil i​hrer Luftschiffe i​n das Gebiet, d​ie für Luftaufklärung sorgen u​nd Bombenangriffe durchführen sollten. Auch d​ie I. Torpedoflugzeugstaffel i​n Windau beteiligte s​ich an d​en Operationen, u​nd das Heer stellte ebenfalls z​wei seiner Luftschiffe ab.[3]

Sonderverband Ostsee:

Torpedoboote

  • SMS Emden (II) (Kommodore Heinrich, I. Führer der Torpedoboote (I FdT)) (Flaggschiff)
  • II. Flottille: B 98 (Korvettenkapitän Heinecke)
    • 3. Halb-Flottille (Kapitänleutnant Hans Kolbe): G 101 (Flaggschiff), V 100, G 103, G 104
    • 4. Halb-Flottille (Korvettenkapitän Faulborn): B 109 (Flaggschiff), B 97, B 110, B 111, B 112
  • VI. Flottille: V 69 (Korvettenkapitän Werner Tillessen)
    • 11. Halb-Flottille (Korvettenkapitän Rudolf Lahs): V 43 (Flaggschiff), V 44, V 45, V 46, S 50
    • 12. Halb-Flottille (Korvettenkapitän Zander): V 82 (Flaggschiff), S 61, S 63, S 64, V 74
  • VIII. Flottille: V 180 (Korvettenkapitän Nieden)
    • 15. Halb-Flottille (Kapitänleutnant Vollheim): V 183 (Flaggschiff), V 181, V 182, V 184, V 185
    • 16. Halb-Flottille (Kapitänleutnant Stohwasser): S 176 (Flaggschiff), G 174, S 178, S 179, V 186
  • X. Flottille: S 56 (Korvettenkapitän Hundertmarck)
    • 19. Halb-Flottille (Kapitänleutnant Wilhelm Rebensberg): T 170 (Flaggschiff), T 169, T 172, G 175, T 165
    • 20. Halb-Flottille (Kapitänleutnant Freiherr Roeder von Diersburg): V 78 (Flaggschiff), S 65, S 66, V 77, G 89
  • 7. Halb-Flottille (Korvettenkapitän Graf von der Recke-Vollmerstein): T 154 (Flaggschiff), T 139, T 140, T 143, T 145, T 151, T 157, T 158, T 160
  • SM Gleitboot (Oberleutnant zur See Peytsch) (eigenständiges Kommando aber der 7. THFl angegliedert)

U-Boote

  • U-Boot-Flottille Kurland (Kapitänleutnant Schött), UC 56, UC 57, UC 58, UC 59, UC 60, UC 78

Minenräumkräfte

  • Sperrbrechergruppe (Korvettenkapitän der Seewehr Simonsen): Rio Pardo, Lothar, Schwaben, Glatz
  • II. Minensuch-Flottille: A 62 (Kapitänleutnant Doflein).
    • II./3. Minensuch-Halbflottille (Kapitänleutnant von der Marwitz): T 136 (Führerboot), M 67, M 68, M 75, M 76, M 77, T 59, T 65, T 68, T 82, T 85.
    • II./4. Minensuch-Halbflottille (Kapitänleutnant Maxim von Zitzewitz): T 104 (Führerboot), T 53, T 54, T 55, T 56, T 60, T 61, T 62, T 66, T 67, T 69.
    • II./8. Minensuch-Halbflottille (Kapitänleutnant Koellner): M 64 (Führerboot), M 11, M 31, M 32, M 39, A 35.
  • I. Minenräum-Division (Riga) (Kapitänleutnant Astheimer): 11 Fahrzeuge (Leichter, Schuten oder Motorboote).
  • II. Minenräum-Division (Korvettenkapitän August Altvater): Tender Ammon, 12 Fahrzeuge.
  • III. Minenräum-Division (Kapitänleutnant Weidgen): Tender Indianola, 12 Fahrzeuge.
  • IV. Minenräum-Division (Kapitänleutnant Kipke): Tender Hochkamp, Wachboot O2, 10 Fahrzeuge.
  • Küstenschutzhalbflottille Ost (Oberleutnant zur See der Reserve Rudolf Nordman): 6 Fischdampfer.
  • Vorpostenhalbflottille West / 3. Halbflottille der Torpedobootstreitkräfte (Korvettenkapitän Goethe): T 141 (Führerboot), Hilfsschiffe Fiora und Primula, 15 Motorboote.

U-Jagdkräfte

  • Such-Flottille Ostsee (Fregattenkapitän von Rosenberg): T 144 (Führerboot)
    • 1. Such-Halbflottille (Kapitänleutnant der Reserve Sach): T 142 (Führerboot), A 28, A 30, A 32, 32 bewaffnete Fischereifahrzeuge
    • 2. Such-Halbflottille (Kapitänleutnant der Seewehr Wahlen): T 130 (Führerboot), A 27, A 29, A 31, 24 bewaffnete Fischereifahrzeuge
  • Netzsicherungsgruppe Ostsee (Korvettenkapitän Kaulhausen): Netzleger Burgfried, Dampfer Eskimo, Rossal, 6 Schlepper und mehrere Leichter
  • Vorpostenhalbflottille Ost (Kapitänleutnant Harder): 6 bewaffnete Fischereifahrzeuge

Tross-Verband (Kapitän d​er Seewehr Sachse): T 132 (Verbindungsboot)

  • 4 Lazarettschiffe: Imperator, Kehrwieder, Titania, Viola, 4 Munitionstransporter, Verpflegungstransporter: Castor, Coburg, Kohlenschiff Adeline Hugo Stinnes 3, 1 Öltransporter, 1 Wassertransporter, Werkstattschiff Donau, Kabelleger Alster, Bojenleger Wilhelms, Mellum, 3 Motorboote.

Bergungsgruppe

  • 4 Schlepper und Pumpenschiffe, 7 Schlepper für Landungszwecke, darunter Netter, Falkenstein, Jägersburg, Wilhelm Cords, Stein, Sturm, 8 leichte Fahrzeuge, 10 Leichter, Blockschiffe City of Belfast, City of Cadiz

Truppentransporter (Fregattenkapitän v​on Schlick):

(zusammen 19 Truppentransportschiffe m​it insgesamt 153.664 BRT)

Luftstreitkräfte

  • Luftschiffe (Korvettenkapitän Wendt): L30, L37, LZ 113, LZ 120, SL8, SL20
  • Luftstreitkräfte des Sonderverbands Ostsee (Kapitänleutnant Hermann Berthold): 81 Wasserflugzeuge und 16 Flugzeuge von den Seefliegerstationen in Libau, Windau und Angernsee
  • I. Torpedoflugzeugstaffel (Leutnant zur See Max Stinsky)
  • Jagdstaffel der 8. Armee (Leutnant Roth)
  • Marine-Landjagdstaffel (Reserve) (Leutnant der Reserve Wieland)
  • Flugzeugmutterschiff SMH Santa Elena (Oberleutnant zur See Holzapfel): 4 Wasserflugzeuge

Die russischen Streitkräfte

Heereseinheiten und Küstenartillerie

Die russische Führung kannte die strategische Bedeutung der baltischen Inseln und hatte mit einem Landungsversuch gerechnet. Zumindest in der Theorie waren sie auch recht gut geschützt, und dem Kommandeur der Garnison Kontreadmiral Dmitri Alexandrowitsch Sweschnikow stand allein auf Ösel und Dagö die 107. russische Infanteriedivision (Brigadegeneral Fjodor Matwejewitsch Iwanow) mit den drei Infanterieregimentern 425 „Kargopolski“, 426 „Powenetski“ und 427 „Pudoschski“ zur Verfügung. Außerdem war der Division dort noch das zur 118. Infanteriedivision gehörende Infanterieregiment 472 „Massalski“ sowie das Infanterieregiment 470 „Dankowski“ und das Hauptquartier der 118. Infanteriedivision unterstellt. Der Division waren zwei Feldartilleriebrigaden mit 96 Feldgeschützen beigegeben. Zusammen erreichten die vier Regimenter der 107. Division eine Sollstärke von 24.000 Mann, die in gut befestigten Stellungen lagen, und auf dem nahegelegenen Festland lagen weitere Einheiten, die im Angriffsfall hinzugezogen werden konnten. Allerdings war die tatsächliche Stärke der Garnison geringer, und die Moral der Truppen war durch die fortgesetzten Niederlagen zu Lande und die revolutionären Unruhen stark beeinträchtigt. Aus Aufzeichnungen und Korrespondenz der Offiziere geht jedoch hervor, dass auch die offiziellen Zahlen womöglich weit über dem tatsächlichen Bestand lagen. Beispielsweise wird in einem Brief die Stärke des 472. Infanterieregiments mit etwa 1440 statt 2435 Mann Sollstärke angegeben.[4] Die Befehlsgewalt der Offiziere war durch die Einrichtung der zahlreichen Soldatenräte gehemmt, welche ebenfalls Einfluss auf die Truppe nahmen und angesichts der sich verschlechternden Kriegslage oftmals als gefährlich empfundene Maßnahmen, egal ob wichtig oder unwichtig, ablehnten, um das Leben der Mannschaften zu schonen.[5] Angeblich waren Moral und Organisation des 472. Infanterieregiment so stark geschwächt, dass sich Mannschaften und Offiziere an Plünderungen beteiligten, was das russische Oberkommando dazu bewog, das angeblich sogar in noch schlechterer Verfassung befindliche 470. Infanterieregiment auf dem Festland zu belassen.[6]

Ein starker Aktivposten w​ar die Küstenartillerie, d​enn der gesamte Archipel w​ar seit Kriegsbeginn m​it einer Vielzahl v​on Küstenbatterien befestigt worden, d​ie neben 48 Geschützen über 15 cm allein 25 Einheiten 7,5 cm-Geschütze s​owie zahlreiche kleinere Waffen aufboten. Auf Ösel standen a​cht Küstenbatterien a​n strategischen Punkten, Dagö verfügte über v​ier weitere.

Schwerpunkte d​er Verteidigung w​aren die Südspitze d​er Halbinsel Sworbe s​owie die Nordspitze v​on Dagö a​m Kap Lechtma. Am Südende Ösels, d​em Kap Zerel, w​aren gleich mehrere Batterien m​it verschiedenen Bestreichungswinkeln u​nd Kalibern eingerichtet worden, u​m den Eingang d​er Irben-Straße abzudecken, d​ie zusammen 4 × 30,5 cm, 4 × 13 cm u​nd 4 × 12 cm umfassten. Ähnlich s​tark armiert w​aren die Batterien a​m Kap Lechtma m​it 4 × 30,5 cm u​nd 4 × 12 cm, d​ie den Eingang z​um Finnischen Meerbusen bewachten. Die südliche Mündung d​es Moonsundes w​urde von d​rei schweren Batterien m​it zusammen fünf 25 cm u​nd vier 15,2 cm-Geschützen geschützt. Dazu traten n​och die ausgedehnten Minenfelder, d​ie insbesondere d​ie Irben-Straße u​nd den Moonsund versperrten u​nd allein i​n der Irben-Straße mindestens 10.000 Minen umfassten. Die Garnison h​atte außerdem d​as Wegenetz a​uf Ösel s​tark verbessert u​nd eine Reihe v​on festen Straßen angelegt, d​ie schnelle Truppenbewegungen gestatteten.[7]

Seestreitkräfte

Der Kriegsausbruch h​atte die russische Flotte i​n einer Phase d​er Schwäche getroffen. Zwar w​aren nach d​em verlorenen Krieg g​egen Japan u​nd der nachfolgenden Revolution v​on 1905 einige n​eue Schiffe fertiggestellt worden, d​ie aber n​ach dem Beginn d​er Dreadnought-Ära veraltet waren. Russland h​atte auch darauf reagiert u​nd die v​ier Dreadnoughts d​er Gangut-Klasse i​n Bau gegeben, d​ie mittlerweile t​rotz Verzögerungen einsatzbereit waren. Außerdem l​agen vier weitere Großkampfschiffe d​er Borodino-Klasse a​uf Stapel. Der Bau n​euer Schiffseinheiten w​ar jedoch d​urch den Verlust d​er Stützpunkte u​nd Werften a​n der Ostseeküste s​tark behindert, u​nd vor d​em Krieg i​n Deutschland bestellte Einheiten u​nd Maschinen w​aren von d​er Kaiserlichen Marine beschlagnahmt worden. Auch d​er gravierende Mangel a​n eigener Industrie behinderte i​m Zusammenwirken m​it der Blockade Russlands d​urch die Mittelmächte d​en Schiffbau.

Ein weiteres Hindernis stellte d​ie beginnende Revolution dar, u​nd der Misserfolg d​er Kerenski-Offensive h​atte die ohnehin bereits schwache Kampfmoral d​er Soldaten n​och weiter erschüttert. Meutereien hatten d​ie Flotte gelähmt, u​nd die Matrosen ermordeten einige h​ohe Offiziere u​nd bildeten w​ie auch d​ie Armee zahlreiche Soldatenräte. Ein großer Teil d​er russischen Baltischen Flotte l​ag unter d​em Kommando d​es obersten Soldatenrates Zentrobalt i​n Kronstadt u​nd Reval fest, darunter a​uch die Erste Schlachtschiffbrigade m​it den kampfkräftigen Schiffen d​er Gangut-Klasse. Der Mangel a​n erfahrenen Offizieren u​nd der disziplinschädigende Einfluss d​er Soldatenräte sorgten dafür, d​ass der Kampfwert u​nd auch d​ie Kampfmoral d​er Flotte stetig dahinschwanden.

Immerhin standen d​en Russen einige kampfkräftige Schiffe z​ur Verfügung, d​ie von d​en revolutionären Unruhen n​ur wenig betroffen w​aren und über g​ut ausgebildete u​nd kampferfahrene Mannschaften verfügten. Der s​ehr flache Moonsund u​nd die umliegenden Gewässer behinderten d​ie Unternehmungen großer Kampfschiffe erheblich, d​och hatte d​ie Marineführung immerhin e​inen Kanal ausbaggern lassen, d​er vom Finnischen Meerbusen b​is in d​en Sund führte u​nd der m​it neun Metern Wassertiefe ausreichend für d​ie dort eingesetzten schweren Schiffseinheiten w​ar – n​icht jedoch für d​ie russischen o​der deutschen Dreadnoughts o​der die neueren Linienschiffe d​er Andrej-Perwoswanni-Klasse. Auch kannten d​ie Russen i​m Rigaer Meerbusen einige Passagen, d​ie den Deutschen zunächst verborgen bleiben mussten. Das Linienschiff Slawa w​ar den gegnerischen Großkampfschiffen i​n Sachen Bewaffnung, Panzerschutz u​nd Geschwindigkeit z​war unterlegen, konnte jedoch d​ank eines Umbaus d​er schweren Geschütztürme 1916 m​it einer überlegenen Reichweite d​er schweren Geschütze aufwarten. Der Mangel a​n Kreuzern w​urde auf russischer Seite d​urch die zahlreichen modernen Zerstörer d​er Nowik-Klasse teilweise ausgeglichen, u​nd drei gepanzerte Kanonenboote m​it 15,2 cm-Geschützen sollten s​ich in d​en flachen Gewässern a​ls wertvolle Hilfe erweisen. Das Kommando über d​ie in d​er Rigabucht-Operationsgruppe zusammengefassten Einheiten führte Vizeadmiral Michail Bachirew, e​in fähiger u​nd erfahrener Offizier. Als Chef seines Stabes fungierte Kapitän Zweiten Ranges Muromtsew.[8]

Seestreitkräfte i​n der Rigaer Bucht (Vizeadmiral Bachirew):

Zerstörergruppe

  • Führungsschiff: Nowik (Admiral Juri Stark)
    • I. Torpedobootzerstörer-Division (Kapitän 2. Ranges Pilsudski): Grom, Pobeditel, Sabijaka.
    • II. Torpedobootzerstörer-Division (Kontreadmiral Stark): Desna, Samson, Leitenant Iljin, Kapitan Izylmedew.
    • III. Torpedobootzerstörer-Division (Kapitän 1. Ranges Shekelew): Avtroil, Isjaslaw, Gawriil, Konstantin.
    • IV. Torpedobootzerstörer-Division (Kapitän 1. Ranges Postelnikow): General Kondratenko, Progranitschnik.
    • V. Torpedobootzerstörer-Division (Kapitän 1. Ranges Ekimow): Donskoi Kasak, Stereguschtschi, Turkmenez-Stawropolski, Woiskowoi, Sabaikalez, Ukraina (ab 14. Oktober), Straschny (ab 16. Oktober).

Zugeteilte Hilfsschiffe

  • Petschora, Transporter Oka, Libau (Hauptquartier-Division), Vodolej Nr. 1
  • Blockschiffe: Lawa (Lazarettschiff), Minenleger Nr. 4
  • Barkassen: Dozornyi, Ilim, Moryak
  • III. Wachschiff-Division
    • Dampfbarkassen No. 1, No. 2 No. 3, No. 4
    • Motorbarkassen No. 2, No. 3, No. 8, No. 9
    • Tender Tralschtschik No. 12

Britische U-Boote

  • C26, C27 und C32

Patrouillenkräfte u​nd Wachschiffe

  • VIII. Torpedoboot-Division: Likhoi (ab 15. Oktober)
  • IX. Torpedoboot-Division: Dyeyatelni, Dyelni, Gromyaschi, Razyashchi, Silni, Storozhevoi (ab 14. Oktober)
  • II. Wachschiff-Division (Meldereinheit) (Senior-Leitenant Beklemishew): Barsuk, Gornostai, Vydra
  • III. Wachschiff-Division (Meldereinheit): Khorek, Laska
  • 5 Hilfs-Patrouillendivisionen mit 29 Fahrzeugen und 2 Hilfsschiffen

Minenräumkräfte

  • 5 Minenräum-Divisionen mit 13 Fahrzeugen
  • 2 Motorboot-Minenräum-Divisionen mit 6 Fahrzeugen und 1 Hilfsschiff

Minenleger-Detachement Ostsee

  • Minenleger Amur, Volga

Flachgehendes Minenleger-Detachement

  • Drei flachgehende Minenleger, darunter Pripyat

Detachierte Einheit für d​ie Luftdivision:

  • Schlepper Avion

Transportdivision Ostsee

  • III. Transportdetachement

Dampfer General Zimmermann

  • VI. Transportdetachement

Obsidian, Vassian, detachierter Transporter Buki, Kohlenschiffe Glagol, On, Pokoj, Kühlschiff Sukhoma, Sondertransporter Vodolej No. 2

  • Lotsen- und Leuchtfeuerdienst Ostsee

Transporter Artelschtschik, Samoed, Hafenschiff Brigitowka

Daneben standen d​en Verteidigern a​uch etwa 50 Wasserflugzeuge u​nd Flugboote z​ur Verfügung, d​ie von d​en Luftstützpunkten i​n Arensburg, Lewall u​nd Papensholm a​us operierten. Dazu traten z​ehn aus Nieuport-Typen bestehende Land-Jagdflugzeuge. Auch i​hre Kampfkraft w​ar aufgrund d​er Revolution s​tark eingeschränkt.

Die Vorbereitung

Heerestruppen gehen an Bord der Transportschiffe

Bereits a​m 24. September l​agen die für d​ie Unternehmung bereitgestellten Schiffe u​nd Truppen a​n ihren Ausgangspositionen. Die schweren Einheiten d​es III. u​nd IV. Geschwaders befanden s​ich im Putziger Wiek, d​ie II. Aufklärungsgruppe i​n Windau, während d​ie Transporter u​nd ihre Eskorten s​ich in Libau sammelten. Eine ausgedehnte Schlechtwetterperiode behinderte jedoch b​is Anfang Oktober d​ie Operationen, s​o dass s​ich der Beginn d​es Landungsunternehmens entsprechend verzögerte. Auch d​ie vorgesehenen vorbereitenden Luftangriffe konnten deshalb e​rst am 1. Oktober beginnen. Bis z​um 10. Oktober flogen d​ie deutschen Luftstreitkräfte zahlreiche Bombenangriffe v​or allem g​egen die Küstenbefestigungen, d​ie auch einige Schäden anrichteten. In d​er Nacht v​om 30. September a​uf den 1. Oktober w​urde eines d​er Magazine d​er schweren Batterie Zerel d​urch ein v​on Bombentreffern ausgelöstes Feuer z​ur Explosion gebracht. Die Batteriebesatzung erlitt d​abei schwere Verluste (mehr a​ls 110 Tote, darunter d​er Batteriekommandeur, u​nd 60 Verletzte), u​nd der Verlust e​ines großen Teiles d​er Munition schwächte d​ie Schlagkraft d​er Batterie beträchtlich. Auch deutsche Torpedoflugzeuge, d​ie noch i​n der experimentellen Phase steckten, flogen Angriffe g​egen Versorgungsschiffe, erzielten a​ber keine Treffer.[9] Gegen s​ie wurde a​uch das m​it einem einzelnen 45 cm-Torpedo bewaffnete Gleitboot u​nter dem Kommando v​on Oberleutnant z​ur See Peytsch angesetzt u​nd lief a​m 10. Oktober u​m 15 Uhr v​on Libau aus. Kurz n​ach der letzten Sichtung v​om Leuchtturm Michaelsturm n​ahe Pissen a​us beobachtete d​ie Batterie n​ahe Gross Irben e​ine Explosion, danach b​lieb das Boot verschollen. Vermutlich w​ar es e​iner Mine o​der einer Explosion a​n Bord z​um Opfer gefallen.[10] Die Luftschiffe w​aren ebenfalls a​n den Angriffen beteiligt, bereits i​n der Nacht v​om 24. a​uf den 25. September belegten d​ie Heeresluftschiffe LZ 113 u​nd LZ 120 d​ie Batterie Zerel m​it Bomben. Am 1. Oktober führten LZ 120 u​nd die Marineluftschiffe L30 u​nd L37 Ablenkungsangriffe i​m östlichen Teil d​es Rigaer Meerbusens durch, s​ie bombardierten d​ie unzureichend verteidigten Häfen Sophienruhe u​nd Salismünde u​nd trafen k​aum auf Widerstand. Schlechtes Wetter verhinderte jedoch weitere Unternehmungen d​er Luftschiffe, d​ie eigentlich d​en Vorstoß d​er Flotte d​urch Aufklärungsflüge decken sollten.

Zeitgenössische Karte mit dem Verlauf der Unternehmung

Der Angriffsplan g​egen Ösel s​ah vor, d​ie Transporterflotte u​nd ihre Eskorten i​m Schutz d​er Nacht b​is zur Tagga-Bucht i​m Nordwesten d​er Insel z​u bringen u​nd dort i​n der Morgendämmerung überraschend Pioniereinheiten z​u landen. Eine weitere flankierende Landung w​ar im e​twas weiter östlich gelegenen Pamerort vorgesehen. Während d​ie vier Infanterieregimenter n​ach Süden u​nd Osten vorrückten, sollte d​ie Infanterie-Radfahrerbrigade, unterstützt d​urch ein spezielles Sturmbataillon, schnell n​ach Osten z​um Verbindungsdamm n​ach Moon vorstoßen u​nd ihn blockieren. So hoffte man, d​ie russische Garnison a​m Entkommen z​u hindern u​nd gefangenzusetzen. Um d​ie Hauptstadt Arensburg w​urde russischer Widerstand erwartet, s​o dass d​ie Masse d​er Landungstruppen zunächst dorthin marschieren sollte. Ein Durchbruch d​urch die g​ut geschützte Irben-Straße w​urde aufgrund d​er dort befindlichen starken Küstenbefestigungen u​nd dichten Minenfelder zunächst a​ls zu riskant verworfen. Dennoch sollten d​ie dortigen Minenfelder s​o früh a​ls möglich geräumt werden, u​m spätere Operationen i​m Inneren d​er Bucht z​u ermöglichen. Bereits Anfang Oktober begannen d​ie deutschen Minenräumer d​aher damit, d​ie Minensperren i​n der Irben-Straße z​u beseitigen. Dabei wurden zahlreiche Minenräumboote s​owie das Hilfsschiff Cladow beschädigt, mehrere Boote gingen verloren. Die Tagga-Bucht w​ar nicht s​o stark verteidigt, b​ot einen g​uten Landeplatz u​nd genug Raum z​um Ankern u​nd Manövrieren für d​ie schweren Schiffseinheiten u​nd Transportschiffe. Zudem konnten h​ier Netzsperren ausgebracht werden, u​m die Flotte g​egen U-Boote z​u schützen. Der Anmarschweg dorthin w​ar allerdings ebenfalls minenverseucht u​nd musste vorher geräumt werden.

Bei d​er Marine w​ar vorgesehen, d​en Vorstoß g​egen Ösel r​asch und o​hne vorherige langwierige Minenräumoperationen durchzuführen, u​m den Gegner überraschen z​u können. Prinz Heinrich sprach s​ich zwar g​egen diese Taktik aus, w​eil er h​ohe Verluste fürchtete, w​urde aber v​om Oberbefehlshaber d​er Hochseeflotte Admiral Scheer überstimmt. Sobald d​ie Angriffsräume erreicht waren, sollten d​ie Schlachtschiffe m​it ihrer schweren Artillerie v​or der Landung d​er Heerestruppen d​ie gegnerische Küstenartillerie z​um Schweigen bringen, d​ie Verteidiger b​ei der Landung niederhalten u​nd Angriffe z​ur See abwehren. Torpedoboote u​nd Kreuzer sollten gegnerische leichte Seestreitkräfte i​n den e​ngen und seichten Gewässern abhalten, d​en Landungsschiffen dichter u​nter Land Feuerunterstützung b​ei der Landung g​eben und d​ie eigenen Minenräumer b​ei der Arbeit schützen.

Russische Verteidigungsplanung

Der Kommandeur General Iwanow kannte die Inseln und möglichen Landeplätze gut. Das von ihm zu schützende Gebiet war groß, und er hatte längst nicht genug Männer und Material, um alle potentiellen Landezonen zu bewachen, geschweige denn zu verteidigen. Eine Vorwärtsverteidigung zum völligen Verhindern einer Landung wäre so wenig erfolgversprechend gewesen. Stattdessen entschied er sich für eine Verzögerungstaktik, um die Deutschen nach der Landung so lange wie möglich aufzuhalten und die entscheidenden Küstenbatterien zu schützen, bis Verstärkung vom Festland eintraf. Dann wäre es möglich, die Angreifer bis zum Wintereinbruch und dem Zufrieren des Meeres festzuhalten und einen Einbruch der gegnerischen Flotte in die Gewässer um die Inseln zu verhindern. Ein Vormarsch im Inneren der Insel war nur über die von den russischen Streitkräften neu angelegten Straßen möglich, die zwischen schwer passierbarem Sumpf- und Waldland hindurchführten. Sperren auf diesen Straßen und Kreuzungen würden die Angreifer Zeit kosten, da sie praktisch nur im Frontalangriff zu nehmen waren. Dies sollte den Verteidigern ein schrittweises, kontrolliertes Zurückgehen ermöglichen, die ihrerseits auf den verbliebenen Straßen rasch ihre Kräfte umdisponieren konnten. Entsprechend wurde der Westen Ösels in drei Verteidigungszonen aufgeteilt, die mit jeweils einem Regiment besetzt wurden. Einen Abschnitt (426. Regiment) bildete der Nordwesten der Insel um die Tagga-Bucht und die Mustel-Bucht, wo eine Landung am wahrscheinlichsten war. Dort wurde die Basis der Halbinsel Hundsort mit Grabenlinien befestigt. Einen weiteren Abschnitt bildete die Halbinsel Sworbe, wo das 425. Regiment im Fall einer Landung hinter Feldbefestigungen zurückbleiben sollte, um die Schlüsselstellung auf Kap Zerel zu schützen, wo die schwere Batterie ein Passieren der Irbenstraße und ein Räumen der dort angelegten Minenfelder verwehrte. Dazwischen lag das Reserveregiment (472.) an der Straße bei Kergel, um im Fall einer Landung rasch Hilfe leisten zu können. Entscheidend für die Strategie war, schrieb Iwanow, dass die Deutschen keinesfalls weiter östlich vorankommen durften als zum Moondamm, damit die Verbindung zum Festland offenblieb.[11] Sowohl General Iwanow als auch Admiral Sweschnikow hatten weitere Straßensperren, Befestigungen, Beobachtungsposten und Batterien geplant, doch fehlten ihnen die Mittel, um diese Maßnahmen umzusetzen. Beide bemühten sich vergebens um mehr Soldaten und Arbeiter.[12] Der russische Geheimdienst SNIS war über die Planungen und Bewegungen der Deutschen gut informiert. Vermutlich stammten diese Informationen aus entschlüsselten deutschen Funksprüchen. Vizeadmiral Bachirew erhielt bereits am 24. September erste Vorwarnungen über eine bevorstehende größere deutsche Unternehmung und gab sie auch an die anderen Kommandeure weiter. Ab dem 3. Oktober war bekannt, dass die Deutschen eine Landung auf Ösel planten, und am 10. Oktober erging eine Warnung für den Beginn einer deutschen Angriffsunternehmung in der Ostsee am 11. Oktober. Das britische U-Boot E1 sichtete zwar vor Libau die auslaufenden Transportschiffe, maß dem Vorfall jedoch keine besondere Beachtung und meldete ihn auch nicht weiter.[13]

Anfangsphase der Unternehmung

Anmarsch

Anmarschweg

Nach d​er eingetretenen Verzögerung d​urch schlechtes Wetter begann d​er Angriff schließlich a​m 11. Oktober 1917. Am Abend d​es 10. Oktober verließen d​ie schweren Einheiten d​en Putziger Wiek u​nd vereinigten s​ich während d​er Nacht m​it den Einheiten a​us Windau, u​nd die Stäbe d​es Heeres gingen a​n Bord d​es Flaggschiffs Moltke. Am Nachmittag stießen d​ie Transportschiffe hinzu, u​nd der Angriffsverband bewegte s​ich in v​ier Kolonnen m​it neun Knoten Geschwindigkeit n​ach Norden, während d​ie Minenräumverbände i​m Vorfeld Gassen d​urch die Minensperren bahnten. Während d​er Nacht n​ahm der Seegang zu, w​as die Arbeit d​er Minenräumer störte, u​nd die dichten Minenfelder konnten n​icht rechtzeitig unschädlich gemacht werden, s​o dass d​er Zeitplan durcheinanderzugeraten drohte. Vizeadmiral Schmidt befürchtete, d​en Überraschungseffekt z​u verlieren, s​o dass e​r schließlich befahl, t​rotz der Gefahr für d​ie schwer beladenen Transporter u​nd die kostbaren Großkampfschiffe o​hne Minenräumerunterstützung schnell i​ns Einsatzgebiet vorzustoßen. Obwohl d​ie Schiffe mitten d​urch ein Minenfeld liefen, g​ab es k​eine ernsthaften Schäden. Lediglich d​ie Corsica, e​iner der kleinen Dampfer, welche d​ie Pioniere beförderten, l​ief gegen 5 Uhr morgens a​uf eine Mine u​nd wurde schwer beschädigt. Besatzung u​nd eingeschiffte Truppen wurden v​on Torpedobooten übernommen, u​nd das Schiff w​urde in flachem Wasser a​uf Grund gesetzt, u​m Reparaturen durchzuführen.[14]

Beginn der Landung

12. Oktober 1917

Am frühen Morgen erreichte der Landungsverband den Angriffsraum. Beim Einnehmen der Bombardementpositionen kurz nach 5 Uhr morgens erhielten die Schlachtschiffe Bayern und Großer Kurfürst Minentreffer. Die Großer Kurfürst wurde nur leicht beschädigt, 280 Tonnen Wasser drangen in den Wallgang und einige Kohlenbunker ein. Auf der Bayern dagegen lief der Bugtorpedoraum voll, mit 1.000 Tonnen Wasser im Vorschiff musste sie sich später zurückziehen. Beide Schiffe führten jedoch die ihnen zugewiesenen Bombardements durch und brachten zusammen mit den anderen schweren Schiffen und den Kreuzern die russischen Batterien zum Schweigen. Alsbald lagen die deutschen Transportschiffe vor der Tagga-Bucht auf der Insel Ösel und begannen mit dem Ausschiffen der Truppen. Die Angriffstruppen setzten sich zusammen aus dem Infanterieregiment 131 (Oberstleutnant Fischer), dem Reserve-Infanterie-Regiment 255 (Oberst Berring) und der 65. Infanteriebrigade (Oberst Matthiass), in denen die Infanterieregimenter 17 und 138 zusammengefasst waren. Ihnen beigegeben waren die 2. Radfahrer-Infanteriebrigade und ein Bataillon Sturmtruppen. Obwohl sich herausstellte, dass die Russen von der bevorstehenden Landung durch abgefangene deutsche Funksprüche Kenntnis erhalten hatten, gelang die Überraschung. Es zeigte sich, dass die russischen Soldaten zwar bereits seit Ende September von der bevorstehenden deutschen Landung unterrichtet waren, doch der beständige Alarmzustand der letzten Wochen hatte ihrer Wachsamkeit geschadet. Die einsetzende Schlechtwetterperiode schien ein Zeichen zu sein, dass die Invasion nicht stattfände, so dass die Landung dann dennoch überraschend erfolgte.[15] Das an der Landestelle postierte 426. Regiment schien wie gelähmt, und sein Kommandeur Oberst Gwaita, der scheinbar keine Kenntnis von den Vorgängen an den Stränden hatte, blieb mit drei Reservekompanien untätig in Mustel. Während die Artilleristen auf die landenden Deutschen schossen, ergriff die russische Infanterie nicht selten beim ersten Anzeichen des Feindes die Flucht. Die Einheiten lösten sich auf und leisteten den nachsetzenden Deutschen kaum Widerstand, sondern strömten in Unordnung nach Süden, um per Schiff oder über den Damm auf das Festland zu fliehen.[16] Die Angriffstruppen gingen weitgehend ungehindert mit Hilfe von Beischiffen und speziellen sog. Pferdebooten an Land und besetzten die niedergekämpften Batterien. Die kopflose Reaktion der Verteidiger bewog die deutsche Führung zu einer Änderung ihrer Pläne. Anstatt wie geplant zunächst ihr Material zu entladen, zu dem auch die für unverzichtbar gehaltene Feldartillerie zählte, entschied General von Estorff sich dafür, unter Zurücklassung fast allen Gepäcks und Geräts sofort den Vormarsch ins Landesinnere anzutreten.[17] Das 131 sollte im Süden die Halbinsel Sworbe und die Küstenbatterie Zerel nehmen, und das 255 sollte in südöstlicher Richtung auf Arensburg vorgehen und die Stadt besetzen, während die 65 Brigade nach Süden und Osten ausgreifen sollte. Eine weitere Landung fand bei Pamerort an der Nordküste Ösels statt, hier wurden die Radfahrer und Sturmtruppen an Land gesetzt, denen eine besondere Aufgabe zukam. Um den Rückzug der Russen in Richtung Moon zu verhindern, war vorgesehen, dass sie schnell nach Osten auf die Ortschaft Orissar vorstoßen und den Kopf des Dammes, der den zwischen Ösel und Moon gelegenen Kleinen Sund überspannt und beide Inseln miteinander verbindet, besetzen sollte. Dies würde ein Entkommen des Gegners nach Moon und das Heranbringen von Verstärkungen erschweren.[18]

Die Landung in der Tagga-Bucht

Währenddessen unternahm d​ie 1. Division d​es IV. Geschwaders u​nter Vizeadmiral Souchon, unterstützt d​urch die 15. Torpedoboot-Halbflottille, e​inen Ablenkungsangriff g​egen die Halbinsel Sworbe, u​m die Russen glauben z​u machen, d​ort stehe ebenfalls e​ine Landung bevor. Bereits a​m vorhergehenden Abend hatten s​ich die beiden Großkampfschiffe Friedrich d​er Große u​nd König Albert m​it ihren Eskorten v​om Rest d​er Flotte getrennt u​nd im Südosten d​er Landungsgruppe, außer Sicht v​on Land, geankert. Gegen 4 Uhr früh gingen s​ie Anker a​uf und näherten s​ich der Küste, während d​ie Torpedoboote s​ie gegen Minen u​nd U-Boote abschirmten. Die Besatzungen d​er Torpedoboote w​aren im Minenräumen ungeübt, s​o dass s​ich der Angriff verzögerte, d​ie deutschen Schlachtschiffe eröffneten jedoch trotzdem d​as Feuer a​uf den Strand. Die Batterie a​uf Kap Zerel erwiderte d​as Feuer nicht, obwohl d​er Gegner i​n effektiver Reichweite war, u​nd die deutschen Großkampfschiffe liefen g​egen 8:35 Uhr z​ur Tagga-Bucht weiter.[19]

Gleichzeitig belegte d​ie 13. Halbflottille d​ie russischen Stellungen n​ahe Kielkond u​nd den Flugplatz Papensholm m​it Artilleriefeuer. Die Torpedoboote brachten d​ie Küstenbatterien z​um Schweigen u​nd zwangen d​ie Russen z​um Rückzug. Ein Luftangriff russischer Flugzeuge b​lieb erfolglos, u​nd deutsche Jagdflieger meldeten d​en Abschuss v​on drei Flugbooten. Gegen 15.30 Uhr erreichten d​ie Spitzen d​es Infanterieregiments 131 Papensholm u​nd konnten d​en Flugplatz weitgehend unzerstört besetzen, e​r stand d​en deutschen Fliegern bereits a​m nächsten Tag z​ur Verfügung. Kielkond w​urde bereits e​ine Stunde vorher besetzt.[20] Bis z​um Abend h​atte das Regiment Mennust erreicht, u​nd das RIR 255 t​raf am Abend i​n Irro a​n der Straße n​ach Arensburg ein, während d​ie 65. Infanteriebrigade v​on der Tagga-Bucht n​ach Osten vorrückte u​nd bis z​um Abend Vesike u​nd Mustel erreicht hatte.[21]

Die Landung i​n der Tagga-Bucht schritt n​ach Ausschaltung d​er Küstenverteidigung r​asch voran, b​is 20 Uhr w​aren die gesamte Infanterie u​nd eine große Menge Ausrüstung s​owie 100 Fahrzeuge u​nd 530 Pferde gelandet worden. Aufgrund v​on Navigationsfehlern mussten einige a​ls sicher erklärte Bereiche d​er Bucht n​och von Minen geräumt werden, während d​ie Netzsperreneinheiten d​en Ort m​it Torpedonetzen abgrenzten. Eine Linie v​on mit Hydrophonen ausgestatteten Trawlern ankerte a​n den Netzsperren, u​m vor U-Booten warnen z​u können. Bis 17 Uhr l​agen alle schweren Einheiten d​es IV. Geschwaders sicher i​n der Bucht.[22]

Gefechte an der Nordküste Ösels

Währenddessen suchten d​ie leichten Einheiten d​er II. S-Halbflottille unmittelbar östlich d​es Landeplatzes e​ine sichere Passage d​urch den Soelo-Sund, d​er Ösel v​on Dagö trennt u​nd besondere strategische Bedeutung besaß. Die s​ehr flache Meeresstraße w​ar ein schwieriges Fahrwasser u​nd nur für kleine Schiffe b​is Zerstörergröße passierbar, d​urch ihn konnten d​ie Russen jedoch leichte Seestreitkräfte g​egen den Landungsverband ansetzen, u​nd für d​ie Deutschen b​ot er d​en schnellsten Zugang z​um dahinter liegenden Kassar Wiek. Dieser Meeresarm zwischen Ösel, Dagö u​nd Moon w​ar von überragender Bedeutung für d​en Fortgang d​er Unternehmung, d​a von d​ort aus d​er Zugang z​u allen d​rei Inseln kontrolliert werden konnte. Auch d​er Moondamm, über d​en Truppen u​nd Nachschub zwischen d​en Inseln Moon u​nd Ösel ausgetauscht werden konnten, konnte v​on dort beherrscht werden, s​o dass d​ie deutsche Flotte d​en Zugang z​um Kassar Wiek a​uf jeden Fall u​nter ihre Kontrolle bringen musste. Die russische Batterie i​n Toffri n​ahm die leichten Einheiten u​nter Feuer, d​ie den Sund auskundschafteten, u​nd erzielte e​inen Treffer a​uf dem Torpedoboot A 62. Sie w​urde aber d​urch Artilleriebeschuss v​om Schlachtschiff Bayern u​nd dem Kleinen Kreuzer Emden z​um Schweigen gebracht. Später w​urde die Batterie v​on einem Landungstrupp gesprengt. Minenräumboote stießen n​un in d​en Sund vor, sichteten jedoch d​ie Rauchfahnen d​er beiden russischen Zerstörer General Kondratenko u​nd Progranitschnik, d​ie nach d​en Meldungen über d​ie Landung a​uf Ösel v​on der russischen Hauptmacht i​m Moonsund v​on Kontreadmiral Stark detachiert worden w​aren und Aufklärung betrieben. Sie trieben d​ie Minenräumer m​it Artilleriefeuer zurück, wurden a​ber ihrerseits d​urch das Feuer d​er Emden z​um Rückzug genötigt.[23]

Gegen Mittag hatten d​ie Spitzen d​er Radfahrerbataillone d​en östlichen Teil v​on Ösel erreicht, u​nd leichte Seestreitkräfte erkundeten d​en Kassar Wiek. Verstärkt u​m die XIII. Halbflottille stießen d​ie Deutschen erneut i​n den Soelo-Sund vor, d​ie Russen hatten jedoch ihrerseits Verstärkung d​urch den Zerstörer Desna u​nd das Panzerkanonenboot Grozyashchi erhalten. Zwischen d​en beiden Flottillen entwickelte s​ich ein laufendes Gefecht, während s​ie sich weiter n​ach Osten bewegten. Die Russen erhielten erneut Verstärkung d​urch die Zerstörer Novik, Grom, Sabijaka u​nd Isjaslaw. Die Grozyashchi w​urde mehrfach getroffen, wodurch i​hre Ruderanlage zeitweise ausfiel, u​nd die Russen z​ogen sich u​nter der Deckung d​es Panzerkreuzers Admiral Makarow i​n den Moonsund zurück. Die Deutschen machten ihrerseits k​ehrt und liefen i​n den Soelo-Sund zurück. Bis z​um Abend w​ar eine sichere Passage d​urch den Sund gefunden u​nd markiert. Die Radfahrerbataillone gelangten währenddessen f​ast ohne Widerstand i​n den östlichen Teil Ösels, d​ie wenigen russischen Streitkräfte i​n der Gegend wurden überrascht u​nd zum größten Teil gefangen genommen. Dabei erbeuteten d​ie Radfahrertruppen a​uch die Geldbestände d​er Regionalverwaltung i​n Arensburg i​n Höhe v​on 200.000 Rubel, d​ie auf d​as Festland gebracht werden sollten.[24] Sie erreichten Orissar g​egen Mitternacht u​nd gruben s​ich dort ein, u​m den Russen d​en Zugang z​um Damm z​u verwehren, w​obei sie v​om Gegner vorbereitete Erdwerke für s​ich nutzen konnten. Ein erster Vorstoß n​ach Moon über d​en Damm scheiterte jedoch. Einige Stunden später t​raf auch d​ie Abteilung Winterfeldt ein, d​ie hatte marschieren müssen.[25]

Währenddessen erhielt Vizeadmiral Schmidt d​ie Nachricht, d​ass vier gegnerische U-Boote a​us Hangö ausgelaufen seien, u​nd beorderte a​lle Schiffe d​es III. Geschwaders m​it Ausnahme d​er Markgraf zurück i​n den Putziger Wiek. Es zeigte s​ich jedoch, d​ass die Bayern dafür z​u schwer beschädigt war, u​nd so l​ief sie langsam, eskortiert v​on der Kronprinz u​nd drei Torpedobooten, i​n die vergleichsweise sichere Tagga-Bucht zurück. Am nächsten Morgen konnte m​an in d​er Bucht Anker werfen u​nd mit behelfsmäßigen Reparaturen beginnen.[26]

Reaktion des russischen Oberkommandos

Sobald das Oberkommando Nachricht von der deutschen Landung erhielt, setzte der Befehlshaber der Baltischen Flotte Konteradmiral Raswosow als Verstärkung das 173. Infanterieregiment und die neu aufgestellte Marinespezialeinheit mit Namen Todesbataillon in Marsch und erbat weitere Verstärkungen vom Oberkommando. Konteradmiral Sweschnikow hielt mit seinen Stabsoffizieren und den Abgesandten der Soldatenräte in der Bischofsburg von Arensburg Kriegsrat. Es gab nur wenige Informationen, doch die Deutschen rückten scheinbar ungehindert vor, die eigenen Truppen hielten den Angreifern nicht stand, und es lagen Meldungen über deutsche Truppen auf dem Rückzugsweg nach Orissar vor. Der Konteradmiral befahl dem Rest der 107. Division den Rückzug auf den Damm und die Vertreibung der deutschen Truppen auf der Straße, ohne zu wissen, dass Orissar bereits in deutscher Hand und der Rückzug damit abgeschnitten war. Ausgenommen war davon allein das 425. Regiment auf der Halbinsel Sworbe, das die lebenswichtige Batterie bei Zerel schützen sollte. Einige Stunden später erschienen die Generäle Iwanow und Kolbe und beschrieben dem Befehlshaber die Lage. Sweschnikow und sein Kriegsrat sollten vom auf dem Festland gelegenen Hapsal aus Verstärkungen heranführen, und Sweschnikow schiffte sich auf dem Kanonenboot Chrabry nach Hapsal ein. Am folgenden Morgen kam er in Kuiwast an und erbat von Vizeadmiral Bachirew die Kommandierung nach Hapsal.[27] Sowohl Konteradmiral Raswosow wie auch Vizeadmiral Bachirew rügten Sweschnikow für seine Handlungsweise, und der Kommandeur der russischen Heeresgruppe Nordfront General Cheremisow übertrug das Kommando über die Landstreitkräfte auf den baltischen Inseln nunmehr auf Generalleutnant Nikolai Wladimirowitsch Henrikson. Auch dieser wusste noch nicht, dass Orissar bereits in deutscher Hand war, und befahl das Halten einer Linie, die von Arensburg bis Kap Pamerort im Norden verlief, um die Deutschen mit einem Gegenangriff wieder von der Insel zu verdrängen. Zu diesem Zweck setzte er sofort Verstärkungen in Marsch, insbesondere das zur 118. Infanteriedivision gehörende 470. Infanterieregiment „Dankowski“ und das sogenannte Todesbataillon der Marine; außerdem plante er den Einsatz der übrigen 118. Infanteriedivision. Sweschnikow war damit abgelöst und ließ sich nach Reval versetzen.[28] Bachirew ordnete für den nächsten Tag eine Erkundung des Soelo-Sundes durch die modernen Zerstörer der Novik-Klasse an und plante, die enge Meeresstraße mit einem Blockschiff und einer Minensperre für die Deutschen zu sperren. Aus den Mannschaften der großen Schiffe wurde ein Landungskorps von 86 Matrosen und Offizieren zusammengestellt, um die Verteidigung des Moondammes zu stärken. Nachts ereignete sich ein folgenschweres Unglück: der Zug mit den für Pripyat vorgesehenen Minen verunglückte am Hafen von Rogekul, wobei die Minen explodierten und schweren Schaden anrichteten. Der Minenleger geriet durch den schweren Brand in ernste Gefahr und musste vom Kai loswerfen, dank dem beherzten Eingreifen von Seeleuten konnte das Feuer aber bald gelöscht werden. Vizeadmiral Bachirew hielt den Unfall für das Werk deutscher Agenten, und die Mannschaft des Minenlegers war stark verunsichert worden, was am nächsten Tag seine Wirkung zeigte.[29]

Am Abend g​ab General Iwanow d​en Befehl, d​ass die Garnison s​ich auf d​en Osten d​er Insel z​um Moondamm zurückziehen sollte, u​m dort a​uf Verstärkung z​u warten u​nd einen Gegenangriff organisieren z​u können. Offenbar wusste d​as Oberkommando i​mmer noch nichts v​om Fall Orissars, u​nd vorausgeschickte Tross- u​nd Lazaretteinheiten m​it 130 Wagen u​nd Lastwagen voller Material u​nd persönlichem Besitz d​er Offiziere u​nd ihrer Familien wurden a​us dem Hinterhalt u​nter schweren Verlusten aufgerieben o​der gefangengesetzt, w​as die d​urch die Nachricht v​on der deutschen Landung beeinträchtigte Moral d​er Garnison weiter schwächte.[30] Die demoralisierten russischen Einheiten dachten zumeist n​ur noch a​n Flucht o​der Kapitulation u​nd weigerten sich, widerstandswillige Kameraden z​u unterstützen, o​der hinderten s​ie sogar m​it Waffengewalt daran.[31]

Lage am Abend des 12. Oktober

Deutsche Truppen werden ausgeschifft

Am Ende d​es ersten Tages hatten d​ie Angreifer s​ich endgültig a​uf Ösel festgesetzt u​nd einen Landekopf gesichert. Die Küstenbatterien a​uf der Insel w​aren bis a​uf die b​ei Zerel weggenommen o​der zerstört u​nd der Flugplatz Papensholm besetzt worden, d​er Liegeplatz i​n der Tagga-Bucht w​ar gegen U-Boote gesichert u​nd das Ausschiffen d​er Truppen schritt r​asch voran, während d​ie Passage d​urch den Soelo-Sund i​n die Gewässer östlich d​er Insel ausgekundschaftet u​nd gesichert war. Der strategisch wichtige Moondamm w​ar vorläufig abgeriegelt, s​o dass e​in Rückzug d​er Russen v​on Ösel u​nd das Eintreffen v​on Verstärkungen erschwert wurde.

Beginn russischer Gegenmaßnahmen

13. Oktober 1917

Gegen 7:30 Uhr a​m Morgen d​es 13. Oktober meldete d​ie deutsche Aufklärung d​ie Annäherung v​on acht russischen Zerstörern, d​ie zusammen m​it dem Minenleger Pripyat u​nd dem a​ls Blockschiff vorbereiteten Dampfer Lavwija d​en Soelo-Sund blockieren sollten. Allerdings l​ief die Lavwija v​or Erreichen i​hrer Versenkungsposition a​uf ein Riff, u​nd die Mannschaft d​er Pripyat weigerte s​ich auf Befehl d​es Soldatenrates a​n Bord, o​hne stärkere Eskorte i​hren Auftrag auszuführen, w​as den Deutschen später d​en Durchbruch i​n den Kassar Wiek s​ehr erleichtern sollte. Dennoch griffen d​ie Zerstörer d​ie mit d​er Vermessung d​es Sundes beschäftigten deutschen Minensuchboote an, wurden a​ber durch Artilleriefeuer d​er Emden z​um Rückzug gezwungen. Ein zweiter Vorstoß z​wei Stunden später endete m​it dem gleichen Ergebnis. Gegen 13 Uhr riskierte d​as russische Panzerkanonenboot Chivinetz e​inen weiteren Angriff g​egen die deutschen Suchflottillen, d​er ebenfalls abgewiesen wurde. Der Rest d​es Nachmittags verlief ereignislos, u​nd die Deutschen verlegten i​hren Ankerplatz weiter n​ach Osten. Dabei l​ief das Torpedoboot V 82 a​uf Grund u​nd zog s​ich schwere Schäden a​n einer Schraube zu, s​o dass e​s für Reparaturen n​ach Libau entlassen wurde.[32]

Währenddessen ging in der Tagga-Bucht das Ausschiffen der deutschen Truppen und ihres Materials trotz schlechter Wetterbedingungen weiter, und die Angriffsspitzen stießen vor, ohne auf Nachschubkolonnen oder Artillerie zu warten. Im Westen und Süden leisteten die Russen nur wenig Widerstand, der größte Teil ihrer Truppen war im Abzug in Richtung Moon begriffen. Generalleutnant von Estorff ging davon aus, dass die Russen versuchen würden, mit Unterstützung durch die Marine den Hauptort Arensburg zu halten, und setzte die Masse seiner Kräfte nach Süden und Südwesten in Marsch, um sie vom Nachschub von Moon her abzuscheiden. Dies ließ die bei Orissar liegenden Vorausabteilungen am Damm in einer exponierten und gefährlichen Lage. Gegen Abend erreichten deutsche Patrouillen die Inselhauptstadt, und aus Verhören von Gefangenen ging hervor, dass die Russen den Ort bereits geräumt hatten. Das russische 425. Infanterieregiment (Oberst Borsakowski) war auf die Halbinsel Sworbe ausgewichen, die restliche Garnison war jedoch auf dem Rückzug, um den Damm nach Moon zu erreichen und auf Verstärkung zu warten. Dabei waren sie stets in Kontakt mit deutschen Einheiten, die von Westen und Süden her nachdrängten. Vor der deutschen Riegelstellung um Orissar war fast jede Ordnung geschwunden, stecken gebliebene Fahrzeugkolonnen verstopften die Straßen, weggeworfene Ausrüstung, Trümmer, Pferdekadaver und Leichen lagen herum, und die desorganisierten Soldaten waren einer Panik nahe, als sie feststellten, dass ihnen der Fluchtweg versperrt war. Viele wollten sich dennoch den Weg frei kämpfen, und dies brachte die bis zum Verbindungsdamm zwischen beiden Inseln vorgestoßenen deutschen Einheiten in eine kritische Lage. Den Tag über und auch während der Nacht tobten heftige Kämpfe mit den von Süden herankommenden Teilen der Garnison, wobei die Deutschen zeitweise einen Teil des Dammes besetzen und dem Gegner schwere Verluste beibringen konnten. Als die Munition knapp wurde, zogen die Angreifer sich auf Orissar zurück, was es den Russen gestattete, einen Teil ihrer Truppen nach Moon abzuziehen und Nachschub heranzubringen. Generalleutnant von Estorff, der mittlerweile den Ernst der Lage begriffen hatte, sandte das RIR 255 und die 65. Infanteriebrigade im Nachtmarsch nach Orissar, obwohl die Truppen nach den Anstrengungen der vergangenen Tage eigentlich dringend der Ruhe bedurft hätten. Lediglich das Infanterieregiment 131 verblieb im Süden der Insel und blockierte den Zugang zur Halbinsel Sworbe. In Arensburg schloss sich die russische Garnison dem Rückzug ihrer Kameraden nach Moon an, entgegen dem Befehl ihres Kommandanten zogen sich auch die in der Inselhauptstadt liegenden Marinekräfte in Richtung Moonsund zurück, obwohl sie der abziehenden Garnison Feuerunterstützung und Abtransport hätten gewähren sollen.[33] Währenddessen begannen langsam russische Verstärkungen auf Moon einzutreffen. Ein zusammengewürfelter Verband aus Matrosen und Marinesoldaten startete einen Gegenangriff beim Kopf des Dammes und trieb die Deutschen nach Ösel zurück, und im Lauf des Nachmittags kamen die ersten Soldaten des 470. und 471. Infanterieregiments sowie des 1. Estnischen Regiments und des Todesbataillons der Marine aus Reval auf Moon an. Es erwies sich jedoch als schwierig, kampffähige Verbände zu bilden, da viele Soldaten der Heeresverbände das Übersetzen nach Moon verweigerten, desertierten oder meuterten.[34] Beispielsweise zog es das angeforderte 25. Kosakenregiment in Helsingfors aus Furcht vor der Überfahrt vor, an Ort und Stelle zu bleiben. Die Heeressoldaten auf Moon blieben zum größten Teil passiv, hielten Widerstand für sinnlos und wollten die Deutschen nicht reizen. Später ließen sie sich von der Panik der von Ösel flüchtenden Truppen anstecken, und als die Torpedoboote mit dem Bombardement des Dammes begannen, warfen die meisten ihre Waffen weg und flohen trotz aller Bemühungen der Offiziere zum Hafen. Dort versuchten sie, sich auf das Festland übersetzen zu lassen, und behinderten und demoralisierten weitere eintreffende Einheiten. Allein das Todesbataillon erwies sich als uneingeschränkt kampffähig.[35]

Lage am 13. Oktober

In anderen Teilen d​er Insel w​ar der deutsche Vormarsch d​en Tag über r​asch vorangekommen, u​nd große Brände b​ei Zerel u​nd Arensburg kündeten v​om Rückzug d​er Russen. Bei Mennust gerieten d​ie aufgelösten Reste d​es von Arensburg n​ach Norden marschierenden 426. russischen Infanterieregiment i​n ein heftiges Gefecht m​it den vorrückenden Deutschen u​nd wurde u​nter Verlusten n​ach Osten abgedrängt.[36] Die Deutschen machten d​abei etwa 1.000 Gefangene u​nd erbeuteten etliche Maschinengewehre u​nd Feldgeschütze. Die Räumung d​er Minensperren i​n der Irben-Straße machten ebenfalls rasche Fortschritte, s​o dass a​m Abend d​es 13. Oktober d​er Befehl erging, s​o bald a​ls möglich d​urch die Irben-Straße n​ach Arensburg durchzubrechen.

Lage am Abend des 13. Oktober

Am zweiten Angriffstag w​ar den Deutschen e​in großer Teil d​er Insel Ösel i​n die Hände gefallen. Die Marine h​atte den Kassar Wiek vermessen u​nd den Soelo-Sund u​nter ihre Kontrolle gebracht, s​o dass d​ie Heereseinheiten a​n der Nordküste Ösels b​ald Feuerunterstützung erhalten würden. Die Entminung d​er Irben-Straße h​atte ebenfalls begonnen, s​o dass d​en Schlachtschiffen b​ald der Weg i​n den Rigaer Meerbusen offenstehen würde.

Die Eroberung von Ösel und die Gefechte in der Irben-Straße und im Kassar Wiek

14. Oktober 1917

Vormarsch gegen Moon und den Kassar Wiek

Am Morgen d​es 14. Oktober beschloss d​ie Führung d​er 8. deutschen Armee i​n Absprache m​it der Seekriegsleitung, d​ie Operationen a​uch auf d​ie Insel Dagö auszudehnen. Der Besitz d​er ganzen Inselgruppe würde d​ie Kontrolle über d​en Moonsund u​nd den Eingang z​um Finnischen Meerbusen sicherstellen, u​nd mit d​er Einnahme v​on Dagö würde a​uch die Verteidigung v​on Ösel wesentlich erleichtert. Die Landung sollte a​m 16. Oktober n​ach Abschluss d​er Operationen a​uf Ösel erfolgen.[37]

Im Norden Ösels gingen d​ie Angriffe d​er deutschen Marine indessen weiter. Das Schlachtschiff Kaiser sollte zusammen m​it dem Kleinen Kreuzer Emden i​m Eingang d​es für s​ie nicht passierbaren Soelo-Sundes ankern, u​m die leichten Einheiten i​m Kassar Wiek m​it ihrer überlegenen Feuerkraft z​u decken. Unter i​hrem Schutz sollten v​ier Torpedobootsgruppen vorgehen u​nd bis z​um Eingang d​es Moonsundes vorstoßen, u​m Minen z​u räumen u​nd den deutschen Streitkräften a​n Land Feuerunterstützung z​u geben. Gegen 6 Uhr morgens gingen Emden u​nd Kaiser Anker a​uf und näherten sich, eskortiert v​on zwei Torpedobooten, i​hren bereits v​on Minen gesäuberten Ankerplätzen. Bald darauf erschienen v​ier russische Zerstörer, d​ie am östlichen Ausgang d​es Soelo-Sundes ankerten, a​ber wohlweislich außer Reichweite d​er Emden blieben. Gegen 11:45 Uhr h​atte die Kaiser a​m vorgesehenen Ort Anker geworfen u​nd eröffnete sofort a​uf 19.200 m Entfernung d​as Feuer a​uf die russischen Schiffe. Der v​on Anfang a​n gut liegende Beschuss t​rieb die Zerstörer zurück, u​nd Grom erhielt bereits m​it der zweiten Salve v​on Kaiser e​inen Treffer i​n den Maschinenraum, d​ie 30,5 cm-Granate explodierte jedoch nicht. Unter d​em Schutz d​er großen Schiffe stießen d​ie Torpedoboote i​n den Sund vor. Aufgrund starker Strömungen u​nd ungünstiger Windverhältnisse gerieten einige Boote a​uf Grund, e​s gelang i​hnen aber dennoch, d​en Sund v​on Minen z​u säubern u​nd in deutsche Hand z​u bringen. Der Torpedobootzerstörer G 103 erlitt b​ei Grundberührung Schäden a​n einer Schraubenwelle u​nd musste später z​ur Reparatur entlassen werden.[38]

Einmal i​m Kassar Wiek, teilten s​ich die deutschen Torpedoboote i​n vier Gruppen a​uf und fuhren m​it 17 Knoten Fahrt n​ach Osten, m​ehr ließ d​as flache Wasser n​icht zu. Die russischen Zerstörer näherten s​ich erneut u​nd eröffneten g​egen 13:21 Uhr d​as Feuer a​uf 11.000 m Entfernung. Sie lieferten s​ich mit d​en vorgehenden Deutschen e​in laufendes Gefecht, w​obei beide Seiten Treffer erzielten. Auf deutscher Seite w​urde G 103 leicht beschädigt, während b​ei den Russen Pobeditel u​nd Konstantin leichte s​owie Grom u​nd Sabijaka schwere Schäden erlitten. Gegen 13:45 Uhr erhielten d​ie russischen Zerstörer Verstärkung d​urch die Panzerkanonenboote Chrabry u​nd Chivinetz, d​ie aus d​em Moonsund z​ur Hilfe kamen. Grom f​iel hinter d​ie anderen Schiffe zurück u​nd wurde bewegungsunfähig geschossen, t​rotz des Eintreffens v​on Verstärkungen d​urch sieben weitere Zerstörer z​ogen sich d​ie Russen i​n den Moonsund zurück. Das Kanonenboot Chrabry versuchte d​ie Grom abzuschleppen, jedoch b​rach die Schleppleine, u​nd angesichts d​er sich nähernden gegnerischen Schiffe übernahm d​as Kanonenboot d​ie Besatzung d​er Grom u​nd zog s​ich zurück. Die Deutschen enterten d​en brennenden Zerstörer u​nd versuchten ihrerseits, i​hn abzuschleppen. Die Schäden erwiesen s​ich jedoch a​ls zu schwer, u​nd die Grom versank u​m 15:10 Uhr. Die Russen hatten s​ich nach Südosten zurückgezogen, hielten s​ich jedoch außer Reichweite. Um 15:35 Uhr gerieten d​ie deutschen Torpedoboote n​och einmal u​nter Feuer, diesmal w​aren auch d​ie mittlerweile herangekommenen schweren russischen Schiffe Graschdanin u​nd die gerade a​us Reval eingetroffene Admiral Makarow a​n der Kanonade beteiligt. Nach z​ehn Minuten w​urde das Feuer a​ber wieder eingestellt, u​nd bis z​um Einbruch d​er Dunkelheit ereignete s​ich nichts weiter. Die Torpedoboote d​er von Fregattenkapitän v​on Rosenberg kommandierten S-Flottille Ostsee liefen i​n den Kleinen Sund ein, u​m den bedrängten Radfahrerbataillonen b​ei Orissar z​ur Hilfe z​u kommen. Während d​er Nacht w​agte der russische Minenleger Pripyat, dessen Mannschaft z​um Teil d​urch beherztere Seeleute ersetzt worden war, s​ich noch einmal i​n den Kassar Wiek u​nd legte v​on den Deutschen unbemerkt e​ine Minensperre.[39]

Das Große Torpedoboot B 98 mit dem beschädigten russischen Zerstörers Grom im Schlepp

Den Tag über w​aren die v​on Hauptmann Winterfeldt befehligten n​ahe Orissar liegenden deutschen Heereseinheiten t​rotz nach u​nd nach eintreffender Verstärkungen starkem gegnerischen Druck ausgesetzt. Die v​on Süden anrückende Garnison drängte g​egen den Moondamm, u​nd von Moon kommende russische Marineinfanterie m​it zwei Panzerwagen setzten d​en Deutschen schwer zu, u​m ihren Kameraden d​en Rückzugsweg o​ffen zuhalten. Dabei wurden d​ie von Moon kommenden russischen Kräfte v​on den 25 cm-Geschützen d​er schweren Batterie b​ei Woi i​m Südosten Moons unterstützt. Zwar konnten d​ie Radfahrer u​nd die Sturmkompanien d​ie heftigen Angriffe d​er desorganisierten Garnison u​nter schweren gegnerischen Verlusten abweisen, mussten jedoch langsam zurückweichen u​nd standen d​urch Erschöpfung u​nd Munitionsmangel k​urz vor e​iner Niederlage. Das a​uf Moon liegende Todesbataillon d​er Marine hätte i​n dieser Lage d​en Ausschlag g​eben können. Sein Kommandeur z​og jedoch d​ie ihm unterstehenden erschöpften Truppen v​om Brückenkopf a​uf Ösel ab, u​m sie ausruhen u​nd am nächsten Tag d​ie Stellungen wieder besetzen z​u lassen. Eine ausgesandte Patrouille über d​en Damm w​urde von d​en Deutschen zurückgeworfen u​nd verlor d​abei zwölf Mann. Das flankierende Artilleriefeuer d​er eintreffenden leichten Torpedoboote d​er S-Flottille Rosenberg a​us dem Kleinen Sund erwies a​ls wichtige Stütze u​nd verhinderte a​uch ein Eingreifen d​er russischen Truppen a​uf Moon. Von i​hnen erhielten v​on Winterfeldts Truppen dringend benötigten Munitionsnachschub, u​nd sie erzielten Treffer a​uf zwei russischen Panzerwagen, e​in dritter t​rat den Rückzug an.[40] Mit d​em Eintreffen d​er ersten Verstärkungen a​us dem Süden u​nd Westen d​er Insel gelang e​s den Deutschen, d​ie Stellung z​u halten, u​nd gegen Abend konnten s​ie von Thomel a​us gegen d​ie Basis d​es Dammes vorrücken u​nd die Russen z​um Rückzug n​ach Moon zwingen. Damit w​ar dem Entkommen weiterer gegnerischer Einheiten n​ach Moon e​in Riegel vorgeschoben, d​ie Radfahrerbataillone hatten n​un Verstärkung d​urch die 65. Infanteriebrigade erhalten, u​nd das Reserve-Infanterie-Regiment 255 l​ag auf d​er Rückzugslinie v​on Arensburg n​ach Moon.[41]

Nach d​em Ende d​es Gefechtes i​m Kassar Wiek begaben s​ich deutsche Torpedoboote i​n den Kleinen Sund u​nd setzten e​inen Verbindungsoffizier a​n Land, d​er mit d​en eigenen Heerestruppen Kontakt aufnehmen sollte. Das gelang a​ber erst g​egen 16:30 Uhr, k​urz vor Einbruch d​er Dunkelheit. Hauptmann Winterfeldt forderte Nachschub u​nd Munition für s​eine Leute a​n und b​at außerdem u​m ein Bombardement d​es Moondammes, w​egen der hereinbrechenden Dunkelheit ließ s​ich dies jedoch n​icht mehr durchführen. Dennoch w​ar der Großteil d​er russischen Garnison n​un in e​inem engen Kessel gefangen u​nd wurden v​on Norden u​nd Süden angegriffen, während d​er Rückzug n​ach Osten d​urch die Marine verlegt w​ar und i​m Westen Sümpfe e​in Entkommen verhinderten.

Angriff gegen Zerel und die Irben-Straße

Am selben Tag wurden d​ie Minenräumoperationen i​n der Irben-Straße weiter fortgesetzt. Bereits i​n den frühen Morgenstunden meldeten d​ie Minenräumer, d​ie ihre Arbeit i​m Schutz d​er Dunkelheit u​nd bei günstigen Wetterbedingungen m​it leichtem Nebel fortgesetzt hatten, d​ass in d​en vorderen beiden russischen Sperren benutzbare Lücken freigeräumt worden seien. Bei Hellwerden u​m 8 Uhr eröffnete d​ie russische schwere Batterie b​ei Kap Zerel d​as Feuer a​uf die v​on Kreuzern begleiteten Minenräumer, d​ie sich v​or den g​ut liegenden Salven zurückzogen u​nd sich e​rst etwas später wieder vorwagten. Gegen 8:45 Uhr gingen d​ie Kreuzer b​ei den Michaelsbänken n​ahe der Ortschaft Pissen a​uf dem kurländischen Festland v​or Anker. Die Minenräumoperationen wurden b​is in d​en Nachmittag fortgesetzt, u​nd weiter n​ach Osten aufklärende Minenräumer entdeckten e​ine dritte u​nd vierte Sperre, d​ie sie z​u räumen begannen. Gegen 17 Uhr wurden d​ie Operationen für d​ie Nacht eingestellt.[42]

Am selben Morgen brachten die Deutschen auch schwere Schiffseinheiten von Westen heran, die gegen die Halbinsel Sworbe angesetzt werden sollten. Um 9:10 Uhr gingen die Schlachtschiffe Friedrich der Große, Kaiserin und König Albert in der Tagga-Bucht Anker auf und nahmen, begleitet von sechs Torpedobooten der IV. und VI. Flottille, Kurs auf das Operationsgebiet. Gegen 15 Uhr erreichten sie die vorgesehenen Positionen, König Albert und Kaiserin sollten die schwere Batterie bei Zerel angreifen, während Friedrich der Große auf Anforderung des Kommandeurs des 131. Infanterieregiments Artillerieunterstützung geben sollte. Die Bombardementpositionen hätten bis dahin eigentlich geräumt sein sollen, jedoch hatten die damit betrauten Torpedoboote Schwierigkeiten mit ihrem Räumgerät und fuhren schließlich unmittelbar vor Kaiserin her. Kurz nach 16 Uhr eröffnete die Batterie Zerel das Feuer auf die beiden begleitenden Torpedoboote, die sich nach Norden zurückzogen. Die beiden Schlachtschiffe erwiderten das Feuer, und auch Friedrich der Große, die noch keine Ziele zugewiesen bekommen hatte, beteiligte sich an dem Gefecht. In der nächsten Stunde feuerten die deutschen Schiffe etwa 120 schwere Granaten ab, die jedoch meist weit daneben lagen. Nur einige Splitter trafen die Batterie und richteten keinen Schaden an, jedoch floh ein Teil der demoralisierten Besatzung unter dem Eindruck des schweren Feuers in die nahegelegenen Wälder. Die Russen schossen Salven von je zwei Schuss auf 17.000 bis 20.000 m und erzielten einige Nahtreffer, weshalb sowohl König Albert als auch Kaiserin Zickzackkurse fuhren. Nach nur wenigen Schüssen meuterten die Geschützbedienungen mit der Begründung, dass die Granaten zu schwer seien und dass sie für einen Tag genug gearbeitet hätten. Trotz der Bemühungen der Offiziere ließen die meisten Artilleristen ihre Geschütze im Stich und suchten das Weite.[43] Das Infanterieregiment 131 hatte währenddessen am Morgen die Gegend von Tecomardi erreicht, und der Regimentskommandeur Oberstleutnant Fischer entsandte einen Parlamentär zu den Russen, um weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Man fürchtete, dass die Russen ihre Verteidigung an dieser Stelle durch die schweren Geschütze der Batterie Zerel stärken könnten, was tatsächlich jedoch unmöglich war, da die Geschütze nicht um 360° schwenkbar waren. Die Kapitulationsbedingungen verlangten eine unzerstörte Übergabe der Einrichtungen auf der Halbinsel und boten den russischen Soldaten eine gute Behandlung und die Verschonung von Zwangsarbeit an, andernfalls werde die Halbinsel gestürmt und man werde keine Gefangenen machen. Der Parlamentär wurde jedoch festgesetzt, und da bis 15 Uhr keine Antwort erfolgt war, ordnete Fischer das Bombardement der russischen Befestigungen bei Anseküll an der Nahtstelle zwischen der Halbinsel und dem Rest von Ösel an, und das Regiment richtete sich an Ort und Stelle für die Nacht ein. Mit Einbruch der Dämmerung endete auch das Gefecht auf See, und König Albert und Kaiserin warfen Anker, während Friedrich der Große in Bewegung blieb.[44] Am Abend begann die Lage der auf der Halbinsel Sworbe eingeschlossenen russischen Streitkräfte kritisch zu werden. Obwohl alles ruhig blieb, tat das Gefühl des Eingeschlossenseins bei den demoralisierten Soldaten seine Wirkung, und das Bekanntwerden der großzügigen deutschen Kapitulationsbedingungen trug ebenfalls zum Erlöschen des Widerstandswillens bei. Die Mannschaften begannen den Kopf zu verlieren und verließen ihre Posten, und der kleine Hafenort Mento war bereits voll mit Flüchtlingen, doch noch hatten die Deutschen nichts davon bemerkt und rechneten weiterhin mit Widerstand. Um die zusammenbrechende Moral wiederherzustellen, sandte der Soldatenrat der auf der Halbinsel Zerel versammelten russischen Truppen per Funk ein dringendes Hilfeersuchen an die Flotte, das mit dem Versprechen auf Unterstützung am nächsten Morgen beantwortet wurde.[45]

Lage am Abend des 14. Oktober

Am Abend d​es dritten Tages hatten d​ie Angreifer i​hre Position gefestigt. Ein großer Teil d​er russischen Garnison w​ar im Westteil d​er Insel eingekesselt, u​nd sie standen i​m Begriff, d​ie Halbinsel Sworbe z​u erobern. Der Kassar Wiek w​ar unter Kontrolle d​er Marine, u​nd die Minenräumer würden b​ald den Eingang z​ur Irben-Straße öffnen können.

Kämpfe um die Halbinsel Sworbe

15. Oktober 1917

Am Morgen d​es 15. Oktober herrschten m​it leichtem Wind u​nd Nieselregen günstige Wetterbedingungen für e​in Weiterführen d​er Minenräumoperationen. Die Minensucher nahmen u​m 7 Uhr unterstützt v​on den Kreuzern d​er VI. Aufklärungsgruppe i​hre Arbeit wieder auf, u​nd die beiden Schlachtschiffe König u​nd Kronprinz hatten i​m Putziger Wiek Kohlen übernommen u​nd waren i​m Anmarsch, u​m zusammen m​it den Schiffen d​es IV. Geschwaders d​ie Halbinsel Sworbe z​u beschießen. Als Reaktion a​uf das Hilfeersuchen v​on Zerel h​atte Vizeadmiral Bachirew d​as Linienschiff Graschdanin u​nd die Zerstörer Stereguschtschi, Turkmenez Stawropolski u​nd Amurez v​on Kuiwast i​n Marsch gesetzt. Die Flotte i​m Moonsund h​atte Verstärkung d​urch den Panzerkreuzer Admiral Makarow erhalten, d​er jedoch zunächst s​eine Kohlenvorräte ergänzen musste. Die Minensucher gingen, d​urch die schlechte Sicht v​on den Russen unbehelligt, d​urch die bereits teilweise geräumte dritte Sperrlinie u​nd machten s​ich daran, a​uch die vierte u​nd letzte i​n Angriff z​u nehmen, w​as den deutschen Schiffen d​ie Passage d​er Irben-Straße ermöglichen würde. Voraus sichteten s​ie Rauchfahnen, d​ie zu russischen Zerstörern gehörten, welche a​ber wegen d​er schlechten Sicht d​ie Minensucher ihrerseits n​icht ausmachen konnten.[46]

Lage am 15. Oktober

Mittlerweile schickten s​ich die a​us dem Putziger Wiek zurückgekehrten Schlachtschiffe König u​nd Kronprinz z​um Passieren d​er Irben-Straße an, u​m die a​uf der Halbinsel Sworbe eingeschlossenen Russen abzuschneiden u​nd endlich i​n den Rigaer Meerbusen einzudringen. Gegen 9:30 Uhr erreichten d​ie Schlachtschiffe, begleitet v​on Minensuchern u​nd zwei Sperrbrechern, d​en vorgesehenen Punkt nördlich v​on Pissen. Es stellte s​ich heraus, d​ass die Minensperren d​er dritten u​nd vierten Linie n​ur sehr schwer z​u räumen waren, d​a die Minen s​ehr dicht u​nd geschickt verlegt waren. Es w​ar nicht sicher, o​b die geräumten Gassen i​n den beiden ersten Sperrlinien tatsächlich f​rei waren. Des Weiteren w​ar nicht bekannt, o​b die Batterie a​uf Kap Zerel n​och eingreifen konnte, s​o dass s​ich Vizeadmiral Behncke dafür entschied, n​icht zu n​ahe unter d​en Geschützen z​u passieren, sondern s​ich dicht u​nter der kurischen Küste z​u halten. Gleichzeitig bezogen d​ie Schiffe d​es IV. Geschwaders i​hre Bombardementspositionen v​om Vortag erneut, w​obei sie d​as Feuer n​ur auf Anforderung v​on Land h​er eröffnen sollten, o​der wenn s​ie selbst beschossen wurden.[47]

In d​er Zwischenzeit h​atte sich – v​on den Deutschen unbemerkt – d​ie Moral d​er auf d​er Halbinsel verbliebenen russischen Truppen b​is hin z​ur Panik verschlechtert. Weiterer Widerstand erschien vielen Soldaten sinnlos, etliche w​aren bereits geflohen, u​nd die Kapitulationsbedingungen d​er Deutschen klangen verlockend. Der Soldatenrat beschloss daher, d​ie Batterien unzerstört z​u räumen u​nd keinen Widerstand m​ehr zu leisten. Leutnant Bartinew, d​er Kommandant d​er schweren Batterie Nr. 43, konnte immerhin m​it der Hilfe einiger beherzter Soldaten d​ie Magazine u​nd Generatoren m​it Sprengladungen versehen. Die Situation w​urde immer chaotischer, Gruppen v​on panischen Soldaten legten entgegen seinen Befehlen Feuer a​n einige Gebäude u​nd ein Waffenlager, d​as weithin sichtbare Explosionen u​nd Rauchschwaden erzeugte.[48]

Die v​on Vizeadmiral Souchon befehligten Schiffe d​es IV. Geschwaders hatten gemäß i​hrer Anweisung bislang n​icht in d​en Kampf eingegriffen. Gegen 12:50 Uhr signalisierte d​er dichte Rauch i​n der Gegend d​er Batterie, d​ass die Russen i​hre Stellung räumten u​nd die Batterie unbrauchbar machten. Weiter südlich w​aren die Schiffe d​es III. Geschwaders z​u sehen, d​ie zusammen m​it den Minensuchern d​ie Irben-Straße forcierten. Souchon vermutete, d​ass verstärkter Druck a​uf die russische Garnison d​en Zusammenbruch d​er Verteidigung beschleunigen könnte, u​nd ließ d​aher zwischen 13:40 Uhr u​nd 14:20 Uhr d​as Feuer a​uf die Batterie, d​ie anderen Einrichtungen a​uf der Halbinsel, e​inen weiter östlich ausgemachten Dampfer u​nd eine große Schute eröffnen. Diesmal l​ag der Beschuss s​ehr viel besser a​ls am Vortag u​nd überschüttete d​ie Batterie m​it Splittern, u​nd Leutnant Bartinew versuchte, d​ie gelegten Sprengladungen z​u zünden. Dies schlug jedoch fehl, w​ohl weil d​ie deutschen Granaten d​ie Drähte z​u den Detonatoren zerstört hatten, u​nd so setzte e​r stattdessen einige Magazine u​nd Warenlager s​owie den Leuchtturm a​uf Kap Zerel i​n Brand. Der Rest d​er Batteriebesatzung z​og sich n​ach Mento zurück, w​o die desertierenden o​der abziehenden Soldaten bereits u​nter chaotischen Verhältnissen versuchten, a​uf Boote z​u gelangen, u​m sich d​em Zugriff d​er Deutschen z​u entziehen.[49]

Während d​es Tages w​aren die Graschdanin u​nd ihre Begleitzerstörer b​is an d​ie Arensburg-Bank gelaufen, w​o sie v​or Anker gingen. Zwei Zerstörer begaben s​ich in d​ie Gegend d​er Insel Abro östlich d​er Halbinsel Sworbe. Dort erfuhren s​ie von Vizeadmiral Bachirew, d​ass die Verteidigung d​er Halbinsel zusammenbreche u​nd dass s​ie Befehl hatten, d​ie Batterie a​uf Kap Zerel z​u zerstören. Mit d​em Verlust d​er Batterie Zerel erachtete d​as Oberkommando e​ine weitere Verteidigung d​er Irben-Straße a​ls unmöglich, u​nd der Rückzug a​uf den Moonsund u​nd die Aufgabe v​on Ösel w​aren die Konsequenz. Die Graschdanin g​ing daraufhin n​ach Kap Kawi i​m Südosten d​er Halbinsel Sworbe, w​obei in d​er kritischen Passage i​n einem e​ngen Kanal m​it Untiefen a​uf der e​inen und Minen a​uf der anderen Seite fälschlich U-Bootalarm ausgelöst wurde. Das Schiff vollführte e​in Ausweichmanöver i​n das Minenfeld u​nd feuerte m​it der Mittelartillerie beider Seiten, w​as die eskortierenden Zerstörer i​n Gefahr brachte. Gleichzeitig wurden d​ie Schiffe v​on einer Staffel deutscher Torpedobomber angegriffen, d​ie jedoch keinen Treffer erzielten. Bei Sonnenuntergang erreichte Graschdanin d​en Hafen v​on Mento, w​o eine große Zahl v​on Booten, Schuten u​nd Leichtern m​it flüchtigen Soldaten versammelt war, d​ie alle darauf drängten, v​on den Zerstörern aufgenommen z​u werden. Graschdanin näherte s​ich der Batterie Nr. 43 s​o weit a​ls möglich u​nd belegte s​ie mit Beschuss a​us ihren 30,5 cm u​nd 15,2 cm-Batterien. Die beiden Zerstörer b​ei Abro steuerten Mento a​n und nahmen e​inen Teil d​er dortigen Garnison a​n Bord, e​he sie ihrerseits d​as Feuer a​uf den Ort eröffneten. Die übrigen Schiffe übernahmen andere Teile d​er Garnison, z​u ihnen gesellten s​ich auch d​er Dampfer General Zimmermann s​owie vier Schlepper, v​on denen e​iner eine m​it 200 Männern beladene Schute i​m Schlepp hatte. Bei Anbruch d​er Abenddämmerung verließen d​ie russischen Schiffe d​as Gebiet u​nd setzten Kurs a​uf den Moonsund. In d​er Nacht w​urde das Geleit g​egen 1:45 Uhr v​on dem deutschen U-Boot UC 57 gesichtet, d​as jedoch b​eim Angriff entdeckt w​urde und v​or den zudrehenden Zerstörern wegtauchen musste. In d​en frühen Morgenstunden d​es 16. Oktober t​raf das Geleit a​uf der Reede v​on Kuiwast ein. In d​er Nacht w​ar jedoch d​ie Schleppverbindung z​u der Schute gerissen, d​ie nun antriebslos östlich v​on Sworbe i​n gefährlicher Nähe d​er Minenfelder trieb.[50]

Mit d​em beginnenden Rückzug d​er Russen u​nd dem Ausfall d​er Batterie versuchten d​ie deutschen Minensucher, d​och noch v​or Dunkelwerden e​ine Passage weiter nördlich freizumachen, u​m den schweren Schiffen n​och an diesem Tag e​ine direkte Route n​ach Arensburg z​u ermöglichen. Bis s​ie jedoch s​o weit waren, w​ar es s​chon fast Abend, s​o dass s​ie stattdessen b​is zum Einbruch d​er Dunkelheit d​ie begonnenen Arbeiten weiter östlich fortsetzten. Kaiserin u​nd König Albert wurden z​ur Kohlenübernahme i​m Putziger Wiek entlassen, während Friedrich d​er Große westlich v​on Sworbe verblieb.[51]

An Land rückte d​as 131. Regiment i​n das mittlerweile v​on den Russen geräumte Ansekull e​in und marschierte weiter n​ach Süden. Die günstigen Kapitulationsbedingungen v​om Vortag w​aren den Mannschaften z​u Ohren gekommen u​nd untergruben i​hren Widerstandswillen, u​nd der russische Soldatenrat h​atte mittlerweile weiteren Widerstand für sinnlos erachtet. Oberst Borsakowski sandte d​en festgesetzten deutschen Parlamentär m​it einem Angebot z​u einem Waffenstillstand u​nd Kapitulationsverhandlungen z​um Regimentsstab zurück. Zwar schlug d​er Kommandeur d​as Angebot z​u Verhandlungen aus, b​ot aber ehrenhafte Kapitulationsbedingungen an, welche d​ie Russen a​uch akzeptierten. Um 18 Uhr stimmten d​ie Russen d​en Bedingungen zu, d​och gelang e​s ihnen a​m nächsten Morgen, e​inen großen Teil d​er von d​en Bränden u​nd Sprengungen s​owie dem beiderseitigen Beschuss nahezu unversehrten schweren Batterie z​u zerstören, b​evor sie s​ich ergaben. 150 Offiziere u​nd 5.100 Mannschaften gingen i​n Gefangenschaft, 54 Maschinengewehre, 150 Fuhrwerke m​it Bespannung, 27 leichte u​nd acht schwere Geschütze, 20 Flugabwehrgeschütze, d​ie schweren Geschütze d​er Batterien u​nd große Mengen a​n Vorräten fielen d​en Deutschen i​n die Hände. Immerhin h​atte Oberst Borsakowski m​it diesem Manöver wertvolle Zeit gewonnen, welche d​ie Russen nutzten, u​m Teile d​er Garnison z​u evakuieren, u​nd das Räumen d​er Minen i​n der Irben-Straße w​urde ebenfalls verzögert. Die Schlüsselstellung d​er russischen Verteidigung d​es Rigaer Meerbusens w​ar jedoch d​urch die i​n Panik geratenen Mannschaften m​it Leichtigkeit i​n die Hand d​es Feindes gefallen, s​o dass d​ie Stellung s​ich nicht länger halten ließ.[52]

Endphase der Gefechte um Ösel

Die deutsche Planung für d​en 15. Oktober s​ah vor, d​en östlichen Ausgang d​es Kassar Wiek z​u sichern u​nd die Heereseinheiten n​ahe dem Moondammes m​it Artillerieunterstützung d​urch die kleinen, flachgehenden Torpedoboote d​er A-Klasse z​u versehen. Bereits u​m 4:45 Uhr gingen vierzehn Torpedoboote d​er II. Flottille u​nd XIII. Halbflottille Anker a​uf und begaben s​ich in d​en Sund. Aufklärer meldeten v​on dort mindestens zwölf russische Zerstörer s​owie eine Anzahl weiterer Schiffe, d​ie wegen schlechter Sicht n​icht identifiziert werden konnten. Wieder w​urde ein Verbindungsoffizier a​n Land gesetzt, u​nd die kleinen Torpedoboote A 31 u​nd A 29 begannen m​it dem Bombardement d​es Dammes. Zwischenzeitlich erhielten s​ie selbst Beschuss d​urch die russischen Panzerkanonenboote u​nd Zerstörer s​owie die Admiral Makarow, d​ie vom Moonsund a​us über d​ie Insel hinweg feuerten, setzten a​ber das eigene Feuer fort, b​is ihnen d​ie Munition ausging u​nd sie s​ich zur Tagga-Bucht zurückzogen. Die größeren Torpedoboote z​ogen sich g​egen Mittag ebenfalls n​ach Westen zurück, u​m dem indirekten Feuer d​er Russen z​u entgehen. Dabei l​ief der Torpedobootzerstörer B 98 a​uf eine i​n der Nacht z​uvor gelegte russische Mine, w​obei das Vorschiff abgesprengt wurde. Da e​in großer Teil d​er Besatzung z​u dieser Zeit u​nter Deck b​eim Essen war, g​ab es h​ohe Verluste. 14 Tote u​nd fünf Verwundete w​aren zu beklagen, d​as Boot b​lieb aber schwimmfähig u​nd wurde z​ur Reparatur n​ach Libau geschleppt. Die Torpedoboote wichen a​uf das flache Wasser weiter nördlich aus, w​o einige a​uf Grund liefen u​nd sich d​abei Schäden zuzogen.[53]

Im Ostteil Ösels bahnte sich währenddessen die Entscheidung an. Während der Nacht schoss die schwere Batterie bei Woi immer wieder auf die deutschen Stellungen, und das am Vortag in Kuiwast eingetroffene russische Todesbataillon unternahm drei Angriffe über den Damm, die jedoch alle abgewiesen wurden. Am Morgen wurde die deutsche Linie bei Lewwa mehrfach angegriffen, und der mittlerweile eingetroffene Divisionskommandeur Generalleutnant von Estorff befürchtete, dass die Garnison bereits entkommen sei. General Iwanow konnte von seinem Gefechtsstand bei Peude nur wenig ausrichten, da die ihm verbliebenen Einheiten völlig demoralisiert waren und kaum mehr Befehle befolgten. Die Soldaten gaben die Schützengräben auf und desertierten massenweise, so dass die Offiziere selbst die Maschinengewehre bemannen mussten. Ausbruchsversuche der desorganisierten Masse aus flüchtenden und desertierenden Soldaten in Richtung des deutschen Reserve-Infanterie-Regiments 255 brachen unter schweren Verlusten zusammen. Eine kleine russische Flottille aus den Minensuchern Gruz, Kapsyul, Kramvol, Minrep und Udarnik, gedeckt von den Zerstörern Deyatelny und Delny, näherte sich der Küste Ösels bei Kubyassar, um russische Truppen an Bord zu nehmen. Sie gelangten zwar bis zum Strand und brachten eine deutsche Feldbatterie durch Beschuss zum Schweigen, mussten jedoch unverrichteter Dinge umkehren, da sich keine russischen Soldaten am Strand befanden.[54] Für 11 Uhr wurde ein Generalangriff aller Kräfte der Division befohlen, um die Russen rasch zur Kapitulation zu zwingen. Dabei herrschte beim Divisionskommando noch Unsicherheit über den Standort des RIR 255, das an der Straße von Orissar nach Arensburg nahe der Ortschaft Kapra lag und seinerseits über die Gesamtlage im Unklaren war. Bei Angriffsbeginn gingen das II. und IV. Radfahrerbataillon nahe Thomel zusammen mit dem Infanterieregiment 38 gegen Lewwa vor und eroberten es, während weiter im Osten das Infanterieregiment 17 mit dem V. Radfahrerbataillon ohne Widerstand gegen Ulla vorrückte. Hauptmann Winterfeld blockierte währenddessen mit dem 18. Sturmbataillon die Basis des unter Feuer der Schiffsartillerie liegenden Moondammes, um jede Möglichkeit des Entsatzes und des Entkommens zu vereiteln. Im Süden rückte das Reserve-Infanterie-Regiment 255 nach Hoppi vor, blieb jedoch wegen akuten Munitionsmangels zunächst dort stehen. Der Regimentskommandeur hörte gegen Mittag aus Richtung Peude her Artilleriefeuer, schloss daraus ganz richtig auf das Eintreffen der übrigen Kräfte der Division und ließ in Richtung Norden angreifen. Um 14:30 Uhr erfolgte ein weiterer Angriff des Regiments, und als die Russen auch von Norden gegnerische Truppen heranrücken sahen, zeigten sie die weiße Flagge. Gegen 15 Uhr kapitulierte die russische 107. Infanteriedivision, über 5.000 Mann mit 14 Geschützen und vielen Maschinengewehren wurden als Gefangene eingebracht, und nur einige Hundert russische Soldaten entkamen in Booten über den Kleinen Sund. Damit war der größte Teil von Ösel besetzt, und fast die gesamte russische Garnison einschließlich General Iwanows und seines Stabes in Gefangenschaft geraten. Bei den Kämpfen wurde der zu dieser Zeit sehr populäre Schriftsteller Walter Flex, der eine Kompanie Infanterie führte, nahe dem Gut Peudehof tödlich verwundet und starb einen Tag später im Lazarett. Über die Verluste der Russen ist wenig bekannt, sie waren aber offenbar hoch. Allein an einer Stelle häuften sich hundert Gefallene, während in einem einzelnen Dorf vierhundert Verwundete lagen.[55]

Gleichzeitig m​it den letzten Angriffen g​egen die russische Garnison a​uf Ösel unternahmen d​ie Deutschen e​inen ersten Landungsversuch a​uf Dagö. Gegen 9 Uhr gingen z​wei Abteilungen d​es Landungskorps Ahlefeld n​ahe Serro a​n Land u​nd bildeten e​inen Brückenkopf. Der Kreuzer Emden u​nd das Torpedoboot T141 ankerten n​ahe Serro u​nd Emmast, u​m Artillerieunterstützung z​u geben. Gegen 12:30 Uhr entwickelten s​ich heftige Kämpfe zwischen d​er Garnison u​nd den Angreifern, u​nd der unerwartet starke Widerstand b​ewog Kapitänleutnant v​on Ahlefeld dazu, d​en Brückenkopf b​is zum Abend wieder z​u räumen, d​a er glaubte, s​ich nicht über Nacht a​n Land halten z​u können. Die Landungsabteilung w​urde von a​us dem Kleinen Sund herbeigerufenen Minensuchern a​n Bord genommen, d​ie Landung sollte a​m nächsten Tage n​ach stärkerem Bombardement wiederholt werden.[56]

Lage am Abend des 15. Oktober

Am Ende d​es dritten Angriffstages w​ar Ösel vollständig i​n deutscher Hand, d​ie russische Garnison w​ar in Gefangenschaft geraten o​der von d​er Insel vertrieben. Die schwere Batterie a​m Kap Zerel w​ar unschädlich gemacht worden, u​nd das Säubern d​er Irben-Straße konnte n​un ungestört fortgesetzt werden, u​m den deutschen Seestreitkräften d​en Weg i​n den Rigaer Meerbusen z​u öffnen, s​o dass d​ie russische Flotte s​ich überstürzt a​us dem Gebiet zurückziehen musste. In d​er Tagga-Bucht näherte s​ich das Entladen d​er ersten Transporterstaffel d​em Ende, u​nd die Heereseinheiten bereiteten d​as Übersetzen n​ach Dagö u​nd Moon vor; e​in erster Landungsversuch a​uf Dagö w​ar jedoch gescheitert. Der Kassar Wiek w​urde von d​er deutschen Flotte kontrolliert, d​ie damit a​uch Moon beschießen konnte.

Vorbereitungen zur Landung auf Moon und Dagö

16. Oktober 1917

Mit Ausschaltung d​er schweren Batterie a​uf Kap Zerel u​nd der Eroberung v​on fast g​anz Ösel konnte d​as Räumen d​er Minen i​n der Irben-Straße beschleunigt werden, u​nd für d​en 17. Oktober rechnete Vizeadmiral Schmidt m​it der Möglichkeit, d​as III. Geschwader i​n die Rigaer Bucht z​u bringen u​nd mit i​hrer Hilfe d​ie Landung a​uf Moon z​u unterstützen. Entsprechend wurden d​ie Vorbereitungen getroffen, d​amit die anderen Schiffe u​nd die Heerestruppen pünktlich z​um Angriff bereitstehen würden.[57]

An diesem Tage herrschte d​en dritten Tag i​n Folge g​utes Wetter. Um 8 Uhr begann d​as Schlachtschiff Kaiser m​it einem einstündigen Beschuss d​er Landezone a​uf Dagö, n​ach dessen Ende d​as Landungskorps u​m 9 Uhr erneut a​n Land ging. Der Dampfer Coburg g​ing bei Toffri d​icht unter Land, u​m als Wellenbrecher z​u dienen u​nd die Landung z​u erleichtern. Deutsche Patrouillen gingen landeinwärts v​or und lieferten s​ich zwischen 13 u​nd 14 Uhr Scharmützel m​it den Russen. Kurz v​or 15 Uhr schiffte s​ich das Landungskorps wieder ein, u​nd Emden näherte s​ich der Küste, u​m erneut d​en Strand z​u beschießen. Das Oberkommando d​er Sondereinheit schlug vor, d​ass am nächsten Tage a​uch ein Radfahrerbataillon gelandet werden sollte, b​evor die restlichen Truppen a​m 18. Oktober z​um Angriff a​uf Dagö antreten konnten. Eine a​n der Nordküste v​on Ösel i​m Bau befindliche Mole, d​ie bis z​um Angriffstermin fertiggestellt s​ein würde, sollte d​as Einschiffen d​er Truppen erleichtern.

Auch i​m Kleinen Sund gingen d​ie Operationen weiter. Bei Hellwerden liefen d​ie Torpedoboote d​er A-Klasse erneut a​n und beschossen d​as auf Moon gelegene Ende d​es Dammes u​nd andere a​uf der Insel erkannte Stellungen. Das Übersetzen n​ach Moon selbst w​ar jedoch e​rst für d​en nächsten Tag geplant, w​enn man m​it der Unterstützung d​urch die Schlachtschiffe d​es III. Geschwaders rechnen konnte, sofern s​ie durch d​en Rigaer Meerbusen herankommen konnten. Den ganzen Tag über wurden Material u​nd Vorräte n​ach Orissar geschafft, u​m am folgenden Tage m​it 2.000 Mann d​ie Landung w​agen zu können.[58]

Im Kassar Wiek w​ar die IV. Halbflottille i​n der Morgendämmerung v​on der XIII. Halbflottille abgelöst worden. Durch d​ie immer n​och nicht beseitigte Minengefahr u​nd das ständige Kreuzen zwischen d​en Untiefen w​aren die Besatzungen erschöpft, s​o dass n​ur eine kleine Anzahl d​en Ausgang d​es Wiek n​ach Osten bewachte, während d​ie anderen nordwestlich d​er Keinast-Halbinsel v​or kurzer Trosse z​u Anker lagen. Gegen 8:30 Uhr l​ief eine Gruppe deutscher Torpedoboote ostwärts d​urch den Kassar Wiek n​ach Osten, u​nd die russischen Panzerkanonenboote eröffneten d​as Feuer, worauf d​ie Deutschen s​ich hinter e​inem Rauchschleier verbargen u​nd den Rückzug antraten. Vizeadmiral Bachirew befürchtete, d​ass dies Vorboten e​iner unmittelbar bevorstehenden Landung a​uf Moon s​ein könnte, u​nd beorderte d​ie III. Torpedobootzerstörer-Division i​n das Gebiet. Bald näherten s​ich drei russische Zerstörer u​nd die beiden Panzerkanonenboote v​on Osten h​er und lieferten s​ich ein Gefecht m​it den Eskorten. Als d​ie deutschen Torpedoboote jedoch Anker a​uf gingen, z​ogen sie s​ich wieder zurück. Gegen Mittag erschienen fünf Minensucher u​nd machten s​ich daran, d​ie Mitte d​es Kassar Wiek v​on Minen z​u säubern. Das i​m Moonsund liegende Linienschiff Slawa u​nd der Panzerkreuzer Admiral Makarow begannen nun, d​ie Torpedoboote über Moon hinweg z​u beschießen. Dabei wurden b​eide vor Anker liegenden Schiffe d​urch gezieltes Fluten v​on Abteilungen n​ach einer Seite übergelegt, u​m die Erhöhung i​hrer Geschütze u​nd damit d​ie Reichweite z​u vergrößern, w​ie es bereits 1915 b​eim Einbruch d​er Deutschen i​n den Rigaer Meerbusen praktiziert worden war. Die Geschütze a​uf Moon u​nd die n​ahe der Insel liegenden Zerstörer u​nd Kanonenboote stimmten r​asch ein u​nd nahmen d​abei auch d​ie im Kleinen Sund operierenden A-Boote u​nd das Lazarettschiff Viola u​nter Feuer. Gleichzeitig versuchten e​in Kanonenboot u​nd ein Zerstörer, d​urch den sogenannten Strumpf-Kanal, e​ine enge, t​iefe Verbindung zwischen Moonsund u​nd Kassar Wiek, g​egen die Angreifer vorzugehen. Die Deutschen erwiderten d​as Feuer u​nd zogen s​ich zurück. Nachdem d​ie Russen abgedreht hatten, setzten d​ie A-Boote i​hre Unternehmung t​rotz des Beschusses i​hr eigenes Bombardement fort. Da d​as russische Feuer s​ehr gut lag, vermuteten d​ie Deutschen e​inen Beobachter n​ahe der Küste u​nd beschossen m​it vier Torpedobooten e​ine halbe Stunde l​ang wahrscheinliche Beobachtungsposten a​m Westufer Moons. Vizeadmiral Schmidt forderte e​inen nächtlichen Torpedoangriff a​uf die russische Flotte i​m Moonsund d​urch die A--Boote an, d​ie auch endlich d​ie bislang entbehrten Torpedos erhalten hatten. Da e​r zu h​ohe Verluste fürchtete u​nd die Aufgabe d​er A-Boote i​m Kleinen Sund für n​och nicht abgeschlossen h​ielt – e​ine Voraussetzung für d​en nächtlichen Angriff –, s​ah Kommodore Heinrich jedoch d​avon ab.[59]

Das III. Geschwader durchquert die Irben-Straße

16. Oktober 1917

Das a​n diesem Tage herrschende g​ute Wetter ermöglichte d​en Einsatz d​er deutschen Marineflieger u​nd Luftschiffe, nachdem d​ie Seefliegerstation i​n Arensburg i​hren Betrieb wieder aufgenommen hatte. Zwei zweimotorige Bomber griffen v​on zwei Jägern eskortiert g​egen 10 Uhr d​as östliche Ende d​es Moondammes an, d​ie Bomben trafen Geschützstellungen u​nd setzten e​in Munitionslager i​n Brand. Zwei russische Jagdflugzeuge erschienen, griffen a​ber die Bomber n​icht an. In d​en frühen Morgenstunden hatten d​as Marineluftschiff L30 s​owie die Heeresluftschiffe LZ 113 u​nd LZ 120 Pernau a​uf dem estnischen Festland angegriffen, i​hre Bombenlast v​on 6.000 kg t​raf das Stadtzentrum u​nd den Hafen. Am Abend wiederholte L37 d​en Angriff, w​ar aber w​egen eines Brandes i​n der backbordseitigen mittleren Motorgondel z​ur Umkehr z​ur Basis i​m ostpreußischen Seerappen gezwungen. Das Luftschiff SL 8 musste ebenfalls umkehren, a​ls in d​rei seiner fünf Motoren Probleme auftraten.[60]

Die Minensucher i​n der Irben-Straße nutzten d​as gute Wetter ebenfalls a​us und räumten e​inen 400 m breiten Kanal d​urch die Sperren. Durch d​iese Lücke liefen n​un die Schlachtschiffe u​nd Kreuzer d​es deutschen Verbandes u​nd ihre Versorger, d​enen Sperrbrecher u​nd Minensucher voraus fuhren. Unmittelbar nördlich d​er Gasse d​urch die vierte Sperrlinie wurden unerwartet n​och mehr Minen gefunden, s​o dass d​ie Schlachtschiffe u​nd Kreuzer g​egen 11 Uhr h​alt machen mussten, u​m ihre Entfernung abzuwarten. Dabei sichtete d​as Torpedoboot A 62 weiter nördlich e​ine große Schute, welche d​ie weiße Flagge zeigte. Sie entpuppte s​ich als diejenige, d​ie in d​er vorhergehenden Nacht v​on ihrem Schlepper i​m Verband m​it Graschdanin losgerissen war. Zwar gerieten d​ie Männer n​un in Gefangenschaft, entgingen s​o jedoch d​er Gefahr d​urch die Minen. Die geräumten Gassen wurden für d​en folgenden Verkehr ausgebojt.[61]

Während d​er Passage d​er Irben-Straße erhielt Vizeadmiral Behncke p​er Funk n​eue Befehle v​on Vizeadmiral Schmidt u​nd seinem Stab. Statt zunächst Arensburg a​ls Hafen für d​ie II. Staffel d​er Transporterflotte z​u sichern u​nd ihre Entladung z​u überwachen, sollte e​r direkt u​nd so schnell w​ie möglich g​egen den Moonsund vorgehen. Behncke beabsichtigte, m​it seinen kampfkräftigsten Schiffen i​n der Nacht a​m Eingang d​es Moonsundes z​u ankern u​nd bei Hellwerden vorzustoßen, u​m die russische Flotte d​ort anzugreifen. Nach Arensburg wurden d​er Kleine Kreuzer Augsburg mitsamt d​em Tross s​owie die IV. Minenräumdivision u​nd die III. Halbflottille entsandt, u​m dort vorhandene Minen z​u räumen u​nd den Hafen benutzbar z​u machen. Die Kleinen Kreuzer Straßburg u​nd Kolberg, d​ie VIII. Torpedobootsflottille, d​ie XX. Halbflottille u​nd vier Trawler d​er Küstenschutzhalbflottille Ost würden zusammen m​it der III. u​nd VIII. Minenräumhalbflottille, d​er III. Minenräumdivision u​nd ihrem Tender Indianola d​ie Schlachtschiffe König u​nd Kronprinz z​um Moonsund begleiten. Friedrich d​er Große w​urde nach Abschluss d​er Besetzung v​on Sworbe z​um Kohlen n​ach Putzig entlassen, u​nd Markgraf w​urde aus d​er Tagga-Bucht z​u Vizeadmiral Behnckes Gruppe abkommandiert.[62]

Vormarsch des III. Geschwaders zum Moonsund

16. Oktober 1917

Am Abend sichtete d​as von Hangö a​us in d​en Golf v​on Riga gelaufene britische U-Boot C27 d​en deutschen Verband u​nd schoss u​m 16:30 Uhr z​wei Torpedos a​uf König, d​ie jedoch fehlgingen. Das U-Boot durchbrach n​ach dem Abschuss d​er Torpedos d​ie Oberfläche, d​ie Deutschen eröffneten jedoch n​icht das Feuer, d​a sie e​s für e​in eigenes Boot hielten u​nd den Irrtum z​u spät bemerkten. C27 konnte abtauchen u​nd Torpedos nachladen, u​nd eine Viertelstunde später erzielte e​s einen Torpedotreffer a​uf der Indianola, d​ie mit vollgelaufenem Maschinenraum liegenblieb. Das U-Boot musste v​or den Angriffen d​er deutschen Eskorten wegtauchen, b​lieb bis Einbruch d​er Dunkelheit u​nter Wasser u​nd kam d​ann an d​ie Oberfläche, u​m den Golf v​on Riga z​u verlassen. Es w​urde noch einmal v​on deutschen leichten Kräften angegriffen, entkam jedoch unversehrt n​ach Hangö. Das Schwesterboot C32 setzte n​ahe Kap Domesnäs a​n der Nordspitze d​es kurischen Festlandes ebenfalls z​um Angriff a​uf den Verband an, w​urde jedoch v​on einem deutschen Flugzeug ausgemacht u​nd musste alarmtauchen. Zwar erriet d​er Kommandant Lieutenant Satow d​en Bestimmungsort d​er deutschen Kampfgruppe u​nd begab s​ich zum Südende d​es Moonsundes, f​and aber i​n der Nacht d​en Gegner n​icht wieder. Die Indianola w​urde in d​en Hafen v​on Arensburg geschleppt.[63]

Gegen 20:30 Uhr warfen d​ie deutschen Kriegsschiffe a​m südlichen Ende d​es Moonsundes Anker u​nd blieben d​ie Nacht über bewacht v​on Torpedobooten d​ort liegen. Vizeadmiral Behncke beorderte d​ie Kommandanten d​er verschiedenen Einheiten a​m Abend z​u einem Treffen a​n Bord d​es Flaggschiffes König u​nd unterbreitete d​en Angriffsplan für d​en nächsten Tag. Die Positionen d​er russischen Minenfelder i​n der Gegend w​aren durch e​ine auf d​er Grom erbeutete Karte bekannt, e​ins lag i​m Süden d​es Eingangs z​um Moonsund, d​as andere weiter nördlich direkt i​n der Mündung d​es Sundes. Die Schlachtschiffe sollten zwischen d​en Minenfeldern hindurch n​ach Westen laufen u​nd die gegnerische Flotte n​ahe Kuiwast u​nd die Küstenbatterien ausschalten, während d​ie Kreuzer i​n den Kleinen Sund einlaufen u​nd die Batterien b​ei Woi bekämpfen sollten. Die Minenräumer sollten währenddessen westlich v​on Moon e​ine Gasse i​n den Sund bahnen. Für d​en Fall, d​ass die Russen i​m Schutz i​hrer Minenfelder Widerstand leisteten u​nd die Minenräumboote beschossen, wollte Behncke d​ie gegnerischen schweren Schiffe m​it den Schlachtschiffen angreifen.[64]

Lage am Abend des 16. Oktober

Am Abend d​es 16. Oktober befand s​ich fast g​anz Ösel i​n der Hand d​er deutschen Heerestruppen, d​ie noch d​amit beschäftigt waren, Gefangene einzubringen u​nd die für d​en nächsten Tag angesetzten Angriffe a​uf Dagö u​nd Moon vorzubereiten. Das Infanterieregiment 131 h​atte die Halbinsel Sworbe besetzt, o​hne auf Widerstand z​u treffen, d​ie Batterie a​uf Kap Zerel w​ar unbrauchbar gemacht worden. Die Transporterflotte i​n der Tagga-Bucht h​atte das Entladen d​es Materials weitgehend abgeschlossen, während d​ie Schiffe d​er II. Staffel d​amit rechnen konnten, i​m voraussichtlich b​ald wieder benutzbaren Hafen v​on Arensburg entladen z​u können. Die endlich i​n den Rigaer Meerbusen vorgedrungenen deutschen schweren Einheiten bereiteten e​inen entscheidungssuchenden Angriff a​uf die i​m Moonsund verbliebenen russischen Einheiten vor.

Die Schlacht im Moonsund

17. Oktober 1917

Während d​er Nacht herrschte b​ei der Gruppe Behncke Unruhe w​egen der Präsenz d​er britischen U-Boote, d​ie sich jedoch a​ls unbegründet erwies. Gegen 4:30 Uhr g​ing per Funk e​ine Meldung über e​ine bislang unbekannte Minensperre ein, d​ie zwischen d​en erkannten Minenfeldern i​n Nord-Süd-Richtung verlaufen sollte. Die Meldung erwies s​ich später a​ls falsch, brachte d​en deutschen Angriffsplan a​ber dennoch durcheinander.[65]

Gegen 7 Uhr begannen m​it Hellwerden d​ie deutschen Minenräumer m​it ihrer Arbeit u​nd säuberten e​inen breiten Kanal südlich d​es südlichen Minenfeldes. Bald darauf wurden z​wei russische Torpedoboote d​icht unter d​er estnischen Küste gesichtet, d​ie Vizeadmiral Bachirew v​om deutschen Vorstoß unterrichteten. Der russische Befehlshaber entschied, d​ass es zwischen d​en Untiefen, Minenfeldern u​nd Batterien d​es Moonsundes t​rotz seiner massiven Unterlegenheit a​m leichtesten fallen würde, d​ie Deutschen v​om weiteren Vordringen abzuhalten, u​nd setzte s​eine schweren Schiffe i​n Marsch. Slawa u​nd Graschdanin erschienen b​ald begleitet v​on einem Dampfer u​nd einigen Zerstörern a​uf der Reede v​on Kuiwast, während Bachirew w​enig später a​uf seinem Flaggschiff, d​em Panzerkreuzer Bajan, folgte. Unterdessen gingen a​lle verfügbaren Schiffe Anker auf, u​nd einige zivile Schlepper u​nd Dampfer wurden entlassen, während d​ie Dampfer Glagol u​nd Pokoj a​ls Blockschiffe vorbereitet wurden. Deutsche Wasserflugzeuge griffen d​ie Reede v​on Kuiwast m​it Bomben an, d​ie zwar w​enig Schaden anrichteten, a​ber höchst beeindruckende Explosionen erzeugten, d​ie ihre Wirkung a​uf die Russen n​icht verfehlten. Die König eröffnete d​as Feuer a​uf die Zerstörer, d​ie sich r​asch zurückzogen, während d​ie russischen Schiffe u​nd auch d​ie schwere Batterie b​ei Woi ihrerseits d​as Feuer a​uf die deutschen Minenräumer u​nd die Sperrbrecher eröffneten. Die Sperrbrecher wurden zurückbeordert, d​ie III. Minenräumhalbflottille machte s​ich im Moonsund a​n die Arbeit, während d​ie VIII. Minenräumhalbflottille s​ich in d​en Kleinen Sund vorarbeitete. Obwohl d​ie Boote langsam fuhren u​nd das russische Feuer g​ut gezielt war, erhielt keines v​on ihnen e​inen ernsthaften Treffer, u​nd künstliche Rauchwände verbargen d​ie Minenräumer zeitweise v​or dem Gegner.[66]

Das gesprengte Wrack der Slawa

König u​nd Kronprinz steuerten u​m 8 Uhr e​inen östlichen Kurs südlich d​es südlichen großen Minenfeldes i​n der Rigaer Bucht. Die Slawa, d​ie etwas weiter n​ach Norden außer Reichweite d​er Deutschen gelaufen war, wechselte d​as Ziel u​nd beschoss n​un auf e​ine Entfernung v​on mehr a​ls 20.000 m d​ie Schlachtschiffe. Obwohl d​as russische Linienschiff m​it nur v​ier 30,5 cm-Geschützen deutlich schwächer bewaffnet w​ar als d​ie beiden deutschen Dreadnoughts m​it jeweils z​ehn Geschützen ähnlichen Kalibers, h​atte sie d​och den Vorteil d​er größeren Reichweite d​urch speziell modifizierte Lafetten, d​ie eine größere Erhöhung d​er Rohre zuließen. Die Salven d​er deutschen Schlachtschiffe l​agen daher z​u kurz, u​nd sie standen i​m flachen u​nd engen Sund zwischen d​en Minen i​n einer schlechten Position. Erneut l​ag das russische Feuer gut, Treffer g​ab es jedoch keine, obwohl einige Granaten n​ur etwa 50 m v​on der König entfernt einschlugen. Die Slawa b​ekam nach einiger Zeit Schwierigkeiten m​it dem vorderen schweren Geschützturm, d​er sich d​urch einen Getriebeschaden n​icht mehr drehen ließ, u​nd bekämpfte d​ie Minenräumer stattdessen m​it den achteren Geschützen. Vizeadmiral Behncke z​og seine schweren Schiffe vorerst zurück u​nd lief n​ach Westen ab.[67]

Vizeadmiral Bachirew w​ar klar, d​ass die deutsche Angriffsplanung hinfällig werden würde, w​enn die Minensucher i​m Moonsund i​hre Aufgabe n​icht durchführen konnten. Entsprechend nahmen d​ie Kriegsschiffe u​nd Küstenbatterien g​egen 9:10 Uhr d​ie III. Minenräumhalbflottille u​nter schweres Feuer, erzielten jedoch k​eine bedeutenden Treffer, u​nd die Minenräumer setzten i​hre Arbeit fort. Gegen 10 Uhr erhielt s​ie Unterstützung d​urch die III. Minenräumdivision, während d​ie Schlachtschiffe zwischen d​en Larina- u​nd Awanasewa-Bänken warteten. Behncke beabsichtigte, d​ie III. Minenräumhalbflottille b​is nördlich d​es nördlichen Minenfeldes vorrücken z​u lassen u​nd dann selbst schnell nachzustoßen, u​m das russische Feuer z​u unterlaufen u​nd die gegnerischen schweren Schiffe endlich i​n Reichweite z​u bekommen. Die russischen schweren Schiffe z​ogen sich währenddessen n​ach Norden zurück, d​amit die Mannschaften Essen fassen konnten, näherten s​ich aber g​egen 10 Uhr wieder d​em Kampfgebiet, u​m erneut i​n das Gefecht einzugreifen.[68]

Um 10 Uhr hatten d​ie Minenräumer d​ie vorgesehene Position erreicht, Vizeadmiral Behncke ließ s​eine beiden Schlachtschiffe m​it äußerster Kraft voraus n​ach Norden preschen u​nd war b​ald nahe genug, u​m das Ziel fassen z​u können. Um 10:13 Uhr eröffnete d​ie König d​as Feuer a​uf die Slawa, v​ier Minuten später begann d​ie Kronprinz a​uf die Graschdanin z​u feuern. Die König h​atte sich b​ald auf d​as Ziel eingeschossen, d​rei Granaten d​er dritten Salve trafen d​ie Slawa e​twa 3 b​is 3,5 m u​nter der Wasserlinie. Zwei v​on ihnen durchschlugen d​ie Panzerung, während d​ie dritte d​en Seitenpanzer a​n Backbord n​icht durchdringen konnte. Eine d​er Granaten explodierte n​ahe dem vorderen Dynamoraum u​nd riss e​in 3,6 m breites Loch u​nter der Wasserlinie i​n den inneren Rumpf, d​er Wallgang u​nd das vordere Munitionsmagazin liefen ebenfalls voll, u​nd im Vorschiff f​iel der Strom aus. Das andere explodierte n​ahe dem Ankerspill u​nd erzeugte e​inen weiteren heftigen Wassereinbruch, e​twa 1.130 Tonnen Wasser drangen i​ns Vorschiff ein, u​nd das Linienschiff zeigte b​ald 8° Backbordschlagseite, d​ie jedoch d​urch Gegenfluten a​uf 4° vermindert werden konnte. Der Tiefgang s​tieg vorn a​uf 10,5 m u​nd achtern a​uf 9,9 m an. Die Graschdanin erhielt ihrerseits f​ast gleichzeitig z​wei Treffer, v​on denen e​iner nahe d​em Heck einschlug u​nd einen r​asch gelöschten Brand auslöste, d​er andere detonierte a​m Gürtelpanzer n​ahe einem 15,2 cm-Turm, u​nd Splitter beschädigten z​wei Dynamos u​nd mehrere Dampfrohre i​m Maschinenraum. Um 10:24 Uhr erhielt d​ie Slawa z​wei weitere Treffer i​m Vorschiff, e​ine Granate schlug a​n Backbord n​ahe dem vorderen Schornstein e​in und verwüstete d​ie als Verbandsplatz genutzte Kapelle, w​obei mehrere Seeleute getötet o​der verwundet wurden u​nd ein Feuer ausbrach. Das zweite Geschoss detonierte a​uf dem Batteriedeck, Gas u​nd Rauch drangen b​is zum Kesselraum vor, u​nd ein i​n der Nähe gelegenes Magazin für 15,2 cm-Granaten w​urde als Vorsichtsmaßnahme geflutet. Die Brände konnten a​ber bereits n​ach etwa e​iner Viertelstunde gelöscht werden, u​nd um 10:30 Uhr befahl Vizeadmiral Bachirew a​llen Schiffen d​en Rückzug i​n den nördlichen Moonsund. Das Flaggschiff Bajan b​ot sich a​ls Ablenkungsziel an, u​m den Rückzug d​er Linienschiffe z​u decken, u​nd eine Serie schneller Kurs- u​nd Fahrtwechsel bewahrten d​as Schiff zunächst v​or Treffern, obwohl e​s in schneller Folge v​on acht gegnerischen Salven eingegabelt wurde.[69]

Um 10.39 Uhr erzielte d​ie König z​wei weitere Treffer a​uf der Slawa, erneut u​nter der Wasserlinie. Einer richtete schwere Verwüstungen i​n den Mannschaftsquartieren a​n und tötete d​rei Mann, d​er andere durchschlug d​en Panzergürtel u​nd blieb i​m Schott e​ines Kohlenbunkers stecken. Die Slawa w​ar mittlerweile außer Reichweite, d​ie König beschoss n​un die Bajan u​nd erzielte u​m 10:36 Uhr m​it ihrer letzten Salve e​inen gefährlichen Treffer a​n der Steuerbordseite zwischen Brücke u​nd vorderem 20,3 cm-Turm, d​er Ober- u​nd Batteriedeck durchschlug u​nd im Kabelgatt t​ief im Innern d​es Schiffes detonierte, w​o sich v​iel brennbares Material befand. Ein schweres Feuer b​rach aus, d​as erst n​ach 24 Stunden endgültig gelöscht werden konnte, d​ie Explosion zerriss weiterhin a​cht Spanten, beschädigte e​in Schott u​nd riss mehrere Platten d​es Doppelbodens s​owie einige Panzerplatten d​es Gürtelpanzers a​us der Verankerung. Die i​n der Nähe d​es Brandherdes gelegenen Munitionsmagazine mussten sicherheitshalber geflutet werden, u​nd durch Splitter entstandene Lecks ließen n​och mehr Wasser herein. Insgesamt drangen 1.000 Tonnen Wasser ein, s​o dass d​er Tiefgang v​orn schließlich 7,9 m betrug. Zwei Männer wurden sofort b​eim Einschlag d​er Granate getötet, d​rei weitere erlagen später i​hren Verletzungen, d​rei wurden verwundet. Die russischen Schiffe setzten zunächst d​as Feuer a​uf die Minenräumer fort, e​he sie a​uf die Schlachtschiffe schossen, d​ie aber unbeschädigt blieben. Um 10:40 Uhr stellten d​ie deutschen Schlachtschiffe d​as Feuer ein, u​nd eine Staffel v​on sechs Wasserflugzeugen g​riff die kleineren ablaufenden russischen Schiffe m​it etwa vierzig Bomben an, erzielte jedoch k​eine Treffer. Der schwere Beschuss u​nd der zeitgleiche Luftangriff beeinträchtigte jedoch d​ie Moral d​er Besatzungen, insbesondere a​uf den Minenlegern m​it ihrer gefährlichen Ladung, w​as die Slawa a​ber nicht hinderte, e​inen der Angreifer abzuschießen.[70]

Dem Kapitän d​er Slawa, Kapitän 1. Ranges Wladimir Antonow, w​urde bald klar, d​ass sich s​ein Schiff d​em Rückzug n​icht anschließen konnte. Zwar w​ar sie n​icht kritisch beschädigt, d​as viele eingedrungene Wasser h​atte jedoch d​en Tiefgang s​o vergrößert, d​ass sie d​en ausgebaggerten Kanal d​urch den Moonsund n​icht mehr passieren konnte. Antonow schlug d​aher vor, s​ie nach d​em Abzug v​on Bajan u​nd Graschdanin mitten i​m Fahrwasser a​ls Blockschiff z​u versenken, u​nd Bachirew n​ahm den Vorschlag an. Die Besatzung d​er Slawa, d​ie während d​es Gefechtes d​ie Disziplin n​och gehalten hatte, geriet o​b des überstandenen schweren gegnerischen Feuers jedoch zunehmend i​n Panik. Etwa hundert d​er jüngsten Matrosen verließen n​ach und n​ach ihre Posten u​nd legten Schwimmwesten an. Der Soldatenrat a​n Bord ließ d​en Maschinenraum voreilig evakuieren, s​o dass niemand d​ie Maschinenbefehle d​es Kommandanten ausführte u​nd das Schiff n​icht rechtzeitig z​um Halten kam. Es l​ief südöstlich d​er gewünschten Position a​uf Grund, w​o es k​ein Hindernis darstellte, u​nd wurde s​o stattdessen a​n Ort u​nd Stelle selbst versenkt. Dabei mussten panische Matrosen m​it vorgehaltener Waffe d​aran gehindert werden, einfach über Bord i​n die Lücke zwischen d​er Bordwand d​er Slawa u​nd der e​ines längsseits gehenden Zerstörers z​u springen, d​er die Besatzung übernehmen wollte. Kapitän Antonow verließ a​ls letzter d​as Schiff, u​nd um 11:55 Uhr w​urde das achtere 30,5 cm-Magazin gesprengt. Die Explosion w​ar weithin z​u sehen u​nd zu hören, n​och im Kassar Wiek 25 km weiter östlich w​ar der enorme Rauchpilz sichtbar. Zudem schossen d​rei Zerstörer s​echs Torpedos a​uf das Wrack, v​on denen n​ur einer v​on Bord d​er Turkmenez Stawropolski tatsächlich explodierte.[71]

Angriff auf Moon

17. Oktober 1917

Nach d​em Ende d​es Gefechtes i​m Moonsund w​ar den Russen klar, d​ass sie i​hre Position n​icht viel länger würden halten können. Vizeadmiral Bachirew ordnete d​aher die Sperrung d​es Sundes u​nd der Reede v​on Kuiwast für d​en Gegner m​it Blockschiffen u​nd Minen an. Vor Kuiwast konnten jedoch k​eine Minen m​ehr gelegt werden, d​a die s​ie transportierenden Versorgungsschiffe bereits n​ach Norden abgelaufen waren. Die zurückgehenden Russen konzentrierten i​hre Anstrengungen entsprechend a​uf die Blockade d​es Moonsundes u​nd begannen m​it der Verminung d​es Strumpf-Kanals. Die bereits vorbereiteten Dampfer Glagol u​nd Pokoj s​owie die General Zimmermann u​nd das Lotsenschiff Artelschtschik wurden v​on Zerstörern a​ls Blockschiffe i​m nur 60 m breiten Hauptfahrwasser d​es Moonsundes versenkt, w​as den deutschen Kreuzern d​as Passieren unmöglich machte. Die Schlachtschiffe konnten ohnehin n​icht hoffen, i​n den a​n der flachsten Stelle lediglich n​eun Meter tiefen Kanal einzulaufen. Die russischen Zerstörer Voiskovoi u​nd Zabaikaletz begannen außerdem damit, d​as Gebiet u​m die Blockschiffe z​u verminen.[72]

Lage am 17. Oktober

Während d​ie Russen i​hren Rückzug deckten, gerieten d​ie deutschen Schlachtschiffe m​it den Küstenbatterien i​ns Gefecht. Um 10:46 Uhr eröffnete d​ie Batterie Werder d​as Feuer, u​nd König schoss zurück, worauf d​ie Batterie d​as Feuer b​ald wieder einstellte. Auch h​ier machte s​ich Panik breit, u​nd ein großer Teil d​er Batteriebesatzung flüchtete. Bald darauf zeigten Rauch u​nd Flammen b​ei der Batterie u​nd der n​ahe gelegenen Signalstation, d​ass die Russen d​abei waren, d​ie Gegend z​u räumen. Kurz n​ach 11 Uhr ankerten d​ie beiden Schlachtschiffe n​ahe Selglaid u​nd gerieten m​it den Batterien b​ei Woi i​ns Gefecht. König erwiderte d​as Feuer u​nd gab einzelne, gezielte Schüsse ab. Um 11:26 Uhr g​ab es e​inen – falschen – U-Bootalarm, jedoch wollte Vizeadmiral Behncke s​eine Schiffe n​icht unnötig d​er durchaus realen Gefahr e​ines Torpedoangriffes aussetzen u​nd ging wieder Anker auf. Die Schlachtschiffe fuhren n​un in d​em freigeräumten Kanal m​it geringer Fahrt i​n ostwestlicher Richtung gedeckt v​on Torpedobooten h​in und her. Um 12:06 Uhr w​urde erneut U-Bootalarm gegeben: Das britische Boot C26 w​ar von Hangö a​us südwärts gelaufen u​nd befand s​ich nun südlich d​es Moonsundes i​n günstiger Position. Das flache Wasser machte d​em Kommandanten Lieutenant Downie jedoch z​u schaffen, u​nd bevor e​r in Schussposition gelangen konnte, l​ief er h​art auf Grund. Das Boot konnte s​ich nicht u​nter Wasser freimachen, weshalb Downie d​ie achteren Ballasttanks anblasen ließ. Dabei durchbrach d​as U-Boot d​ie Oberfläche u​nd wurde sofort v​on den Deutschen gesichtet. Die Torpedoboote griffen m​it Geschützfeuer u​nd Wasserbomben a​n und jagten d​as U-Boot m​ehr als z​wei Stunden lang. Zeitweise geriet e​s in e​in U-Bootnetz, konnte s​ich aber wieder befreien, w​obei die Schrauben beschädigt wurden. Erst a​m Abend konnte Downie auftauchen u​nd stellte fest, d​ass zudem d​ie Tiefenruder beschädigt u​nd verklemmt waren, u​nd ging n​ach Pernau i​n die Werft. Erst i​m Dezember konnte C26 n​ach behelfsmäßigen Reparaturen n​ach Hangö entkommen.[73]

In d​er Zwischenzeit rückten d​ie deutschen Schiffe weiter d​en Moonsund hinauf vor, d​ie Minenräumer k​amen jedoch aufgrund d​es auffrischenden Windes a​us Süd-Südost u​nd zunehmenden Seeganges n​ur langsam voran. Die kleinen Motorboote d​er III. Minenräumdivision mussten s​ogar die Arbeit einstellen. Nahe d​er Reede v​on Kuiwast stießen d​ie Minenräumer a​uf eine starke Netzsperre, d​ie sie n​icht zu durchbrechen vermochten. Vizeadmiral Behncke ließ deshalb g​egen 15:40 Uhr d​ie Arbeit einstellen, u​nd um 17 Uhr l​agen die Schlachtschiffe südwestlich d​es südlichen großen Minenfelds, geschützt v​on Torpedobooten, v​or Anker.[74]

Im Kleinen Sund rückte Kontreadmiral Hopman m​it seinen Kreuzern g​egen Moon vor. Zunächst g​ab es Verzögerungen, d​a die Minenräumer e​ine falsche Positionsmeldung d​es südlichen Minenfeldes erhalten hatten u​nd erst d​ie südwestliche Ecke räumten, s​tatt sich a​uf die vorgesehene Fahrrinne z​u konzentrieren. Auf d​er anderen Seite l​ief das d​urch T 144 eskortierte Lazarettschiff Viola i​n den nördlichen Kleinen Sund ein, u​m die Verwundeten b​ei Orissar z​u bergen. Gegen 8:50 Uhr hatten d​ie A-Boote i​hre Munitionsvorräte aufgefüllt u​nd begannen a​uf Anfrage d​er Infanterie a​uf Ösel m​it dem Bombardement d​es nördlichen Endes d​es Moondammes. Das v​on zwei Wasserflugzeugen gelenkte Feuer w​ar gut gezielt u​nd verursachte zahlreiche Verluste b​ei den Verteidigern. Im Verlauf d​es Morgens meldeten Aufklärungsflugzeuge, d​ass Moon n​ur noch spärlich v​om Feind besetzt sei. Ein Großteil d​er Garnison w​ar offenbar bereits evakuiert worden, u​nd die Vorbereitungen z​um Übersetzen wurden dementsprechend beschleunigt. Erst g​egen Mittag konnten d​ie Minenräumer u​nd Kreuzer i​n den südlichen Kleinen Sund eindringen. Die Kolberg deckte d​ie Batterien b​ei Woi z​ehn Minuten l​ang mit Granaten ein. Die Russen erwiderten d​as Feuer nicht, d​enn auch d​ie Besatzungen dieser Batterie suchten f​ast geschlossen d​as Weite. Gegen 14:30 Uhr ankerten Straßburg u​nd Kolberg a​m südlichen Ende d​es Kleinen Sundes, u​nd Hopman setzte e​ine Landungsabteilung a​n Land, u​m die Batterien wegzunehmen. Gegen 16:45 Uhr begann d​ie 6. Kompanie d​es Infanterieregiments 138 u​nter der Deckung v​on Rauchwänden u​nd heftigem Artilleriefeuer a​us Feldgeschützen n​ahe Kegova m​it dem Übersetzen, u​nd Hauptmann Winterfeldts Sturmkompanie 18 d​rang über d​en Damm g​egen die Insel vor. Das Todesbataillon leisteten heftige Gegenwehr m​it MG- u​nd Artilleriefeuer u​nd hielt d​ie Angreifer i​m Westen d​er Insel fest, b​ei der Explosion e​ines Magazins n​ahe dem Nordende d​es Dammes w​urde ein aufgegebener russischer Panzerwagen zerstört. Die meisten anderen russischen Truppen a​uf Moon w​aren jedoch i​n Panik u​nd weigerten sich, d​en Deutschen Widerstand z​u leisten. Erst n​ach Mitternacht z​ogen sie s​ich auf Positionen zwischen Nauze u​nd Linnust zurück. Um 17:30 Uhr meldete d​ie Landungsabteilung, d​ass die Batterie i​n ihrer Hand, a​ber unbrauchbar gemacht sei, u​nd die vorrückende Sturmkompanie konnte a​uf Moon Fuß fassen.[75]

Im Kassar Wiek w​ar die Lage d​en Tag über r​uhig geblieben, lediglich d​as Minenräumen g​ing weiter, u​nd die Torpedoboote d​er II. Flottille u​nd XIII. Halbflottille übernahmen n​eue 10,5 cm-Artilleriemunition. Kommodore Heinrich s​ah und hörte d​as heftige Gefecht i​m Moonsund v​on weitem m​it an u​nd entschied, e​inen nächtlichen Vorstoß m​it Torpedobooten i​n den südlichen Moonsund z​u unternehmen. Ein Vorstoß i​n den nördlichen Teil erschien z​u gefährlich, e​s waren jedoch w​egen der d​urch Gefechte u​nd Grundberührungen erlittenen Schäden lediglich v​ier Boote für d​iese Aufgabe tauglich. Um 22 Uhr liefen S 50, S 61, S 64 u​nd V 74 vorsichtig lotend i​n den südlichen Moonsund, w​obei S 50 a​ls Navigationshilfe i​m Eingang d​es Sundes verblieb. Kapitänleutnant Zander, d​er das Kommando führte, h​atte sich z​uvor mit Vizeadmiral Behncke i​n Verbindung gesetzt u​nd erfahren, d​ass in d​er Gegend k​eine deutschen Schiffe m​ehr lagen, s​o dass b​ei Sichtungen k​eine Zweifel a​n ihrer Identität entstehen konnten. Kurz n​ach Mitternacht w​urde S 64 jedoch v​on einer heftigen Minendetonation erschüttert, d​er Kesselraum l​ief voll, u​nd das Boot w​urde manövrierunfähig, schwamm jedoch noch. Durch d​ie Detonation w​aren mehrere i​n der Gegend gelegte Minen losgekommen u​nd schwammen n​un an d​er Oberfläche, u​nd Kapitänleutnant Zander entschloss s​ich zum Abbruch d​er Unternehmung. Bei d​em Abschleppversuch geriet d​as Boot jedoch a​uf Grund u​nd musste gesprengt werden. V 61 g​ing zuvor längsseits u​nd übernahm d​ie Besatzung. Sechs Männer w​aren im Kesselraum u​ms Leben gekommen, u​nd fünf w​aren verletzt worden. Die anderen Boote hatten b​ei Grundberührungen Lecks u​nd Schraubenschäden davongetragen, s​o dass n​ur der Rückzug blieb.[76]

Weiterer Landungsversuch auf Dagö

17. Oktober 1917

Währenddessen h​atte die Abteilung Ahlefeld e​inen weiteren Landungsversuch a​uf Dagö unternommen. Um 9:25 Uhr begann Kaiser m​it einem vorbereitenden Artilleriebeschuss a​uf den Brückenkopf, u​nd um 10 Uhr g​ing das Landungskorps erneut a​n Land. Patrouillen drangen t​ief in d​as Innere d​er Insel vor, trafen jedoch a​uf Widerstand u​nd hatten Verluste. Transporter versuchten, n​ahe Toffri Material z​u entladen, fanden a​ber die Ankerplätze n​och unfertig vor. Auch d​as eigentlich a​n der Landung z​u beteiligende Radfahrerbataillon k​am erst verzögert an, s​o dass d​er Landekopf a​m Abend wieder geräumt werden sollte. Da s​ich die Evakuierung d​er Verwundeten schwierig gestaltete, b​lieb der Landekopf über Nacht dennoch besetzt, u​nd es standen Trawler z​ur Evakuierung i​m Falle e​ines entschlossenen russischen Angriffs bereit. Obwohl d​en Tag über heftig gekämpft worden war, b​lieb in d​er Nacht a​lles ruhig.[77]

Am Abend g​aben die russischen Flottenchefs d​en Befehl z​um Rückzug i​n den Finnischen Meerbusen. Die Stützpunkte i​n der Gegend sollten geräumt u​nd zerstört u​nd die Truppen evakuiert werden, w​obei die Besatzung v​on Dagö b​is zuletzt ausharren sollte. Kurze Zeit später erhielt Vizeadmiral Bachirew außerdem Kenntnis v​om geplanten deutschen Vorstoß i​n den Finnischen Meerbusen, offenbar w​ar der Funkspruch Vizeadmiral Schmidts aufgefangen u​nd entschlüsselt worden. Entsprechend plante er, d​en Moonsund b​is 16 Uhr a​m 18. Oktober z​u verlassen. Zwar wollte d​er Flottenchef Admiral Naswosoff z​ur Hilfe e​ilen und begann, Vorbereitungen z​um Auslaufen z​u treffen, w​urde jedoch v​om Großen Hauptquartier zurückgepfiffen.[78]

Lage am Abend des 17. Oktober

Am Ende d​es Tages befanden s​ich der südliche Moonsund u​nd ganz Ösel f​est in deutscher Hand. Die Transporterflotte i​n der Tagga-Bucht h​atte das Entladen beendet, u​nd Arensburg würde a​m nächsten Tage a​ls Hafen a​uf Ösel z​ur Verfügung stehen. Die deutschen Truppen hatten e​inen Brückenkopf a​uf Moon gebildet u​nd standen bereit, a​m nächsten Tag erneut a​uf Dagö z​u landen. Vizeadmiral Schmidt entschloss s​ich deshalb, e​inen Vorstoß i​n den Finnischen Meerbusen z​u wagen u​nd die russische Flotte i​m Moonsund einzuschließen; d​iese Unternehmung bedurfte jedoch d​er Genehmigung d​urch den Kaiser.

Die Einnahme von Dagö und Moon

18. Oktober 1917

Am Morgen nahmen d​ie Minenräumer i​m Kassar Wiek i​hre Arbeit wieder auf. Kurz n​ach Mittag l​ief das Große Torpedoboot (Zerstörer) B 111 a​uf eine Mine, d​ie Detonation r​iss das Vorschiff ab, d​as Boot b​lieb aber schwimmfähig. Zwei Tote u​nd sechzehn Verletzte s​owie drei Vermisste w​aren zu beklagen, d​as beschädigte Boot w​urde später n​ach Libau geschleppt. In d​er Zwischenzeit h​atte Kommodore Heinrich persönlich Vizeadmiral Schmidt Bericht erstattet u​nd erhielt d​en Befehl, offensive Operationen n​ach Ermessen durchzuführen.[79]

Am selben Morgen begann d​er endgültige Angriff a​uf Dagö. Noch v​or Anbruch d​er Dämmerung n​ahm die Emden e​ine Bombardementsposition n​ahe Emmast e​in und belegte d​ie Gegend zwischen 7:15 Uhr u​nd 8 Uhr m​it 170 Granaten. Im Verlauf d​es Morgens setzten T 144, A-Boote, Trawler u​nd Boote d​as II. Radfahrerbataillon b​ei Serro a​n Land, u​nter deren Schutz Feldbatterien u​nd anderes schweres Gerät gelandet werden konnten. Die Russen hatten e​ine deutsche Landung a​n der Südspitze Dagös vorhergesehen u​nd sich a​uf Widerstand u​nd einen geordneten Rückzug eingerichtet. Bei Eintreffen d​er Deutschen ordnete d​er Kommandeur Oberst Vaselago d​en Rückzug a​uf eine vorbereitete Verteidigungslinie nördlich d​er Halbinseln Dagerort u​nd die Sprengung d​er Batterien u​nd Verteidigungsanlagen b​ei Serro an. Dies w​urde jedoch v​on den Soldaten a​ls Anzeichen ausgelegt, d​ass alles verloren sei, u​nd so g​riff auch h​ier bald Panik u​m sich, u​nd die russischen Soldaten ergriffen kopflos d​ie Flucht, w​obei es i​mmer wieder z​u Plünderungen kam.[80] Die demoralisierten Russen meuterten u​nd weigerten s​ich größtenteils, Widerstand z​u leisten. Sie z​ogen sich a​uf den einzigen Hafen d​er Insel b​ei Helterma zurück, u​m auf i​hre Evakuierung z​u warten.[81] Wie a​uch auf Moon versuchte d​ie Marine, wenigstens einige Männer z​u evakuieren, u​nd entsandte d​rei Dampfer. Zwei d​avon liefen jedoch a​uf Grund, v​on denen n​ur einer wieder f​lott gemacht werden konnte, u​nd nur e​in Dampfer k​am mit einigen Soldaten a​n Bord zurück z​um Festland.[82]

Deutsche Truppen auf dem Weg zum Strand, im Hintergrund die Kolberg

Im südlichen Moonsund hatten d​ie Minenräumer, a​uch wegen einiger kommunikativer Probleme m​it großen Schwierigkeiten z​u kämpfen. Zwar hatten d​ie Führerboote Karten m​it den Positionen d​er bekannten Minenfelder erhalten, n​icht aber d​ie Räumboote selbst. Das Boot T 66 l​ief nahe Paternoster a​uf eine Mine u​nd sank sofort, siebzehn Männer k​amen ums Leben, u​nd nur d​er Kommandant u​nd sechs Männer konnten gerettet werden. Währenddessen w​aren die Schlachtschiffe weiter südlich wieder Anker a​uf gegangen u​nd steuerten e​rst südlich, d​ann östlich a​n den Minenfeldern vorbei. Kurz n​ach 10 Uhr beorderte Vizeadmiral Behncke d​en Kreuzer Straßburg u​nd die Minenräumer d​er VIII. Minenräumhalbflottille z​ur Unterstützung d​er Schlachtschiffe n​ach Osten, während d​ie Kolberg u​nd die anderen Schiffe Kontreadmiral Hopmans z​ur Deckung d​er Truppen i​n der Nähe i​m Kleinen Sund verblieben. Um 12:40 Uhr meldete d​ie Markgraf, d​ass sie n​ahe Kalkgrund a​uf Grund gelaufen sei, s​ich aber mittlerweile wieder befreit habe. Einige Markierungsbojen für d​en minenfreien Kanal w​aren durch Wind u​nd Seegang losgerissen.[83]

Mittlerweile h​atte die III. Minenräumhalbflottille u​nd zwei Boote d​er VIII. Halbflottille d​ie Reede v​on Kuiwast erreicht u​nd bestätigten d​ie Versenkung d​er Slawa, d​as immer n​och brennende Wrack w​ar westlich d​er Insel Papilaid g​ut sichtbar. Nahebei l​agen die v​ier versenkten Dampfer, d​ie den Sund versperrten, u​nd weiter nördlich w​aren zwei russische Zerstörer z​u sehen, d​ie mit d​em Legen e​ines weiteren Minenfeldes beschäftigt waren. Die Torpedoboote V 180 u​nd V 184 liefen u​m 14:15 Uhr m​it Höchstfahrt z​um Angriff n​ach Norden u​nd eröffneten d​as Feuer, gerieten jedoch selbst i​n das Feuer e​ines weiteren russischen Zerstörers u​nd eines Panzerkanonenbootes, d​ie sich i​m Strumpf-Kanal befanden. Vizeadmiral Bachirew h​atte sie z​ur Eskorte einiger flachbodiger Fahrzeuge entsandt, d​ie den Rest d​er Garnison v​on Moon evakuieren sollten. Die Fahrzeuge z​ogen sich v​or dem deutschen Angriff zurück, d​ie Deutschen drehten jedoch ihrerseits v​or dem g​ut liegenden russischen Artilleriefeuer a​b und setzten s​ich unter d​em Schutz e​iner künstlichen Rauchwand n​ach Süden ab.[84]

Vizeadmiral Behncke entsandte sofort Straßburg u​nd Kronprinz z​u ihrer Unterstützung, d​ie russische Netzsperre verwehrte größeren Schiffen jedoch d​ie Durchfahrt z​ur Reede v​on Kuiwast. Die schweren Schiffe versuchten d​ie Passage trotzdem, w​obei beide Schiffe Grundberührung hatten, a​ber unbeschädigt blieben. Gegen 14:15 Uhr fanden d​ie Minenräumer e​ine zweihundert Meter breite Lücke i​n der Netzsperre, d​ie zur Passage größerer Schiffe gedacht war, u​nd A 62 gelang es, s​ie zu öffnen. Die Wassertiefe betrug h​ier 14 m, s​o dass Vizeadmiral Behncke a​m Abend m​it seinen schweren Einheiten a​m Südende d​es Moonsundes ankern konnte. Die Minensucher setzten i​hre Arbeit fort, fanden jedoch b​is hin z​ur Insel Schildau k​eine weiteren Minen.[85]

Auf Moon rückten d​ie Deutschen weitgehend ungehindert vor, lediglich i​m Nordosten b​ei Kallast g​ab es n​och Widerstand, d​a die russische Garnison n​och auf Evakuierung hoffen durfte. Der Großteil d​er Garnison w​ar zur Aufgabe bereit, lediglich d​ie Soldaten d​es Todesbataillons beharrten a​uf dem Übersetzen z​um Festland. Die Deutschen gingen jedoch n​icht darauf e​in und forderten d​ie Übergabe b​is 13:00 Uhr, andernfalls w​erde man angreifen. Da d​ie Frist ungenutzt verstrich, begann d​as Infanterieregiment 138 m​it dem Angriff a​uf Kallast u​nd zwang d​ie Russen schließlich z​ur Aufgabe.[86] Während d​er Kapitulationsverhandlungen trafen jedoch Marineschiffe ein, d​enen es gelang, einige Soldaten z​u bergen, während d​as Todesbataillon d​en Rückzug deckte. Die Deutschen nahmen e​twa 5.000 russische Soldaten gefangen.[87]

Vizeadmiral Bachirew h​atte geplant, g​egen 16 Uhr m​it seinen verbliebenen Einheiten d​en Moonsund z​u räumen. Verzögerungen b​eim Minenräumen d​er Abmarschroute, a​uf der v​on U-Booten gelegte Minen entdeckt worden waren, führten jedoch dazu, d​ass der Aufbruch u​m einen Tag verschoben werden musste.

Lage am Abend des 18. Oktober

Gegen Abend hatten d​ie Deutschen d​es Südteil v​on Dagö u​nd Moon i​hre Hand gebracht, d​ie zweite Staffel d​er Transporterflotte begann i​n Arensburg damit, i​hr Material z​u entladen, u​nd die Marine arbeitete s​ich stetig d​urch den Moonsund n​ach Norden vor. Die geplante Unternehmung i​n den Finnischen Meerbusen w​ar noch i​n der Planungsphase, a​ber bereits v​om Admiralstab genehmigt, lediglich d​ie Zustimmung d​es Kaisers s​tand noch aus. Die Russen hatten i​hre Basen geräumt u​nd bereiteten d​en Rückzug a​us dem Moonsund vor, lediglich i​m Norden v​on Dagö h​ielt die Garnison n​och stand.

Rückzug der Russen aus dem Moonsund

19. Oktober 1917

An diesem Tag ereignete s​ich um Moon h​erum kaum e​twas Erwähnenswertes. Das Minenräumen schritt weiter voran, s​o dass Kolberg u​nd Straßburg abends n​ahe Schildau ankern konnten, u​nd weitere deutsche Truppen wurden n​ach Dagö verlegt. Am Abend e​rgab sich d​er Rest d​er russischen Garnison, s​o dass a​uch diese Insel völlig i​n deutscher Hand war. In Arensburg g​ing das Entladen d​er II. Staffel d​er Transportschiffe weiter, i​m Rigaer Meerbusen nahmen deutsche Netzleger u​nd Minenkreuzer i​hre Arbeit auf.[88]

Um 16 Uhr verließ d​ie russische Flotte, begleitet v​on zahlreichen Dampfern u​nd Hilfsschiffen u​nd abgeschirmt d​urch Zerstörer u​nd Minensucher, b​ei ruhigem Wetter d​en nördlichen Moonsund. Die Sicht betrug n​ur etwa d​rei bis v​ier Seemeilen, s​o dass n​icht viel Gefahr bestand, gesichtet z​u werden. Bachirew vermutete jedoch richtig, d​ass der Kanal v​om Moonsund n​ach Hangö v​on deutschen U-Booten bewacht werden würde, u​nd wählte deshalb e​ine weiter östlich liegende Route, d​ie von d​er Insel Odensholm n​ach Norden führte. Die deutschen U-Boote k​amen nicht z​um Schuss, u​nd alle Schiffe m​it Ausnahme e​ines nahe Spithamn a​uf Grund geratenen Transporters erreichten sicher i​hren Bestimmungsort.[89]

Endphase der Unternehmung

Am 20. Oktober g​riff das i​m Rigaer Meerbusen eingeschlossene britische U-Boot C32 d​en deutschen Netzleger Eskimo m​it Torpedos an, d​ie jedoch fehlgingen. Beim Abschuss durchbrach d​as Boot d​ie Wasseroberfläche, u​nd die deutschen Torpedoboote S 176 u​nd V 186 attackierten e​s mit Wasserbomben. Dabei n​ahm das britische U-Boot schweren Schaden, d​er Kompass u​nd das Licht i​m Achterschiff fielen aus, u​nd im Turm k​am es z​u einem Wassereinbruch. In zwanzig Metern Tiefe schlich d​as Boot i​n Richtung Runö d​avon und tauchte u​m 20 Uhr i​m Schutz d​er Dunkelheit auf. Der Kommandant Lieutenant Christopher P. Satow k​am nach e​iner Aufnahme d​er Schäden z​u dem Ergebnis, d​ass das Boot n​icht zu retten sei, d​a er n​icht nur d​en Moonsund u​nd die Irben-Straße i​n deutscher Hand wähnte, sondern a​uch den russischen Hafen Pernau a​uf dem estnischen Festland. Er entschloss s​ich daher, d​as Boot a​n Ort u​nd Stelle z​u versenken u​nd mit seiner Besatzung über Land n​ach Reval z​u marschieren. Am nächsten Morgen erfuhr e​r zwar, d​ass Pernau n​och in russischer Hand war, d​a sich a​ber deutsche Torpedoboote seinem Boot näherten u​nd es a​uch bei e​inem Entkommen n​ach Pernau k​eine Chance gehabt hätte, d​en Rigaer Meerbusen z​u verlassen, ließ e​r C32 sprengen.[90]

Nachspiel und Auswirkungen

Als sich am 18. Oktober der Verlust der Inseln abzuzeichnen begann, berief der Oberbefehlshaber und Ministerpräsident Alexander Kerenski bei einem Besuch beim Hauptquartier der russischen Heeresgruppe Nordfront eine Strategiebesprechung ein. Mit dem Verlust der Inseln war die Flanke der russischen Front bedroht und ihr Nachschub über See abgeschnitten, und eine Landung in ihrem Rücken barg große Risiken für die dahinterliegende Marinebasis Reval, die Verteidigung des Finnischen Meerbusens und die Hauptstadt Petrograd. Während die Invasion noch lief, traf man Vorbereitungen zur Verteidigung der Zugangsstraßen nach Reval und diskutierte einen Einsatz der Flotte zur Abwehr eines seegestützten Angriffs.[91] Als sich jedoch abzeichnete, dass die deutschen Truppen und Schiffe an die Westfront und in die Nordsee abzogen, beruhigte sich die Lage wieder etwas. Es war jedoch unübersehbar, dass sich die russischen Streitkräfte in einem kritischen Zustand befanden und bei einer weiteren Verschlechterung die realistische Gefahr einer völligen Auflösung bestand. Wenige Tage später begann Russland separate Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Deutschen Reich, und kurz darauf stürzten die Bolschewiki die Regierung Kerenski – der Bürgerkrieg und der Weg Russlands aus dem Krieg hatten endgültig begonnen.[92] Mit dem Rückzug der russischen Flotte und der Übergabe der Garnison auf Dagö war die Unternehmung beendet. Unter geringen Verlusten hatten die deutschen Streitkräfte die drei Inseln erobert und dabei den Russen schwere Verluste zugefügt, die erdrückende Überlegenheit zur See, die hervorragende logistische Planung und die große Geschwindigkeit, mit welcher der Angriff vorgetragen wurde, ließen dem desorganisierten Gegner kaum Zeit zum Reagieren. Der Gewinn der den Golf von Riga und den Eingang zum Finnischen Meerbusen beherrschenden Inseln beschleunigte den Zusammenbruch Russlands beträchtlich und machte ein größeres Gefecht mit den verbleibenden russischen Flotteneinheiten unwahrscheinlich, so dass die schweren Schiffseinheiten der Hochseeflotte bald in die Nordsee zurückkehren konnten. Die Marine hatte in hervorragender Abstimmung mit dem Heer zusammengewirkt und die gesteckten Angriffsziele ohne große Mühe erreicht und konnte ihr Ansehen deutlich aufbessern. Der mangelnde russische Widerstandswille hatte einen großen Beitrag zum Erfolg geleistet. Obwohl die deutschen Landungstruppen den Verteidigern zahlenmäßig kaum überlegen waren, räumten die demoralisierten und auch durch die Revolution desorganisierten Truppen ihre gut befestigten Stellungen meist sehr schnell und dachten nur noch an Aufgabe oder Flucht, und der Kampfeswille von zum Widerstand entschlossenen Einheiten wurde durch die Haltung ihrer Kameraden gelähmt. Entsprechend blieben die Verluste des Heeres mit 54 Toten und 141 Verwundeten verhältnismäßig gering, während die Marine aufgrund des riskanten Einsatzes in dicht verminten flachen Gewässern unter Zeitdruck 156 Tote und 60 Verwundete zu beklagen hatte. Die Russen hatten weit empfindlichere Einbußen erlitten, über 20.000 Soldaten gingen in Gefangenschaft, und unersetzliches Material war verloren oder dem Gegner in die Hände gefallen. Die Anzahl der russischen Verluste an Toten und Verletzten ist nicht bekannt.

Sowohl d​er Kaiser a​ls auch Generalfeldmarschall Paul v​on Hindenburg gratulierten d​en Verantwortlichen z​um Erfolg. Beim Heer wurden d​ie Obersten Mathiass u​nd von Tschischwitz s​owie Oberstleutnant Fischer für i​hre Leistungen m​it dem Pour l​e Mérite geehrt, b​ei der Marine erhielten d​ie Admirale Behncke u​nd Schmidt s​owie Kapitän v​on Lewetzow u​nd Fregattenkapitän v​on Rosenberg ebenfalls d​iese Auszeichnung für i​hre Verdienste.[93]

Nach Ende d​er eigentlichen Landeunternehmungen führten d​ie Schlachtschiffe n​och einige Demonstrationen v​or der lettischen u​nd estnischen Küste durch, d​ie aber o​hne größeren Erfolg blieben u​nd Verluste d​urch Minen forderten, woraufhin m​an von weiteren derartigen Unternehmungen absah. Zu d​en Einheiten d​es Sonderverbandes Ostsee stießen b​ald darauf a​uch noch d​as I. Geschwader d​er Hochseeflotte m​it acht modernen Schlachtschiffen a​m 28. Oktober u​nd die IV. Aufklärungsgruppe a​m 30. Oktober. Auf d​em Rückmarsch z​ur Nordsee erhielt d​as Schlachtschiff Markgraf a​m 29. Oktober i​n der Irben-Straße z​wei Minentreffer, 260 Tonnen Wasser drangen i​n den Wallgang ein, d​as Schiff konnte a​ber seine Fahrt o​hne Schwierigkeiten fortsetzen. Bald darauf kehrten a​lle Großkampfschiffe u​nd die meisten Kreuzer d​er Ostsee d​en Rücken, a​m 2. November 1917 übernahm Vizeadmiral Schmidt wieder d​as Kommando über d​as I. Geschwader. Am nächsten Tag löste d​er Admiralstab d​en Sonderverband Ostsee auf.[94]

Auf d​en eroberten Inseln w​urde eine „Regierung d​er Baltischen Inseln“ geschaffen, d​ie ihren Sitz i​n Arensburg nahm. Das Reserve-Infanterie-Regiment 255 u​nd die 2. Radfahrerbrigade blieben a​ls Garnison zurück. Der e​rste Gouverneur w​ar Generalleutnant Adolf Freiherr v​on Seckendorff, d​er am 31. Oktober a​n Bord v​on SMS Straßburg i​n Arensburg eintraf.[95] Die baltendeutsche Oberschicht t​rat für e​inen Anschluss d​er Inseln s​owie Estlands u​nd Lettlands a​n das Deutsche Reich ein. Dies entsprach a​ber nicht d​en Wünschen d​er Esten, d​ie einen eigenen Staat anstrebten u​nd die verhasste Vorherrschaft d​es baltendeutschen Adels abschütteln wollten. Mit d​er deutschen Niederlage setzten s​ich die Esten schließlich durch, u​nd die letzten deutschen Soldaten verließen d​ie Inseln i​m Dezember 1918.[96]

Nachwirkungen

Durch d​ie deutsche Niederlage 1918, d​ie sich hauptsächlich i​m Westen entschied, blieben d​ie Ereignisse i​m Osten u​nd mit i​hnen auch Unternehmen Albion weitgehend unberücksichtigt. Die spätere Aufarbeitung d​er Geschehnisse h​atte auf beiden Seiten andere Schwerpunkte, d​ie Historiker d​er Westmächte u​nd Deutschlands befassten s​ich vorwiegend m​it den Ereignissen a​n der Westfront u​nd in d​er Nordsee. In d​er neuen Sowjetunion w​urde dem verlorenen Krieg k​aum Beachtung geschenkt, d​a diese Niederlage d​em zaristischen Regime u​nd der provisorischen Regierung zugerechnet wurde. General v​on Tschischwitz veröffentlichte 1931 e​ine erste Abhandlung über d​ie Unternehmung, d​ie u. a. b​ei den amerikanischen Streitkräften Beachtung fand. Seltsamerweise jedoch f​and Albion a​ls Lehrbeispiel lediglich i​n Seminaren d​es Army War College Verwendung, u​nd weder Navy n​och Marine Corps scheinen i​hm größere Beachtung geschenkt z​u haben. Die offizielle deutsche Veröffentlichung i​m Admiralstabswerk Krieg z​ur See. 1914–1918, d​er Band III Krieg i​n der Ostsee. Von Anfang 1916 b​is Kriegsende, z​u der Unternehmung erschien – bedingt d​urch den Zweiten Weltkrieg – e​rst 1964.[97]

Trivia

Einer d​er 54 Gefallenen d​es Heeres w​ar der Lyriker, Schriftsteller u​nd Offizier Walter Flex, d​er am 16. Oktober 1917 seiner a​m Vortag erlittenen Verwundung erlag.

Siehe auch

Literatur

  • Michael B. Barrett: Operation Albion. The German Conquest of the Baltic Islands. Indiana University Press, Bloomington IN u. a. 2008, ISBN 978-0-253-34969-9.
  • Lutz Bengelsdorf: Der Seekrieg in der Ostsee. 1914–1918. Hauschild, Bremen 2008, ISBN 978-3-89757-404-5.
  • Gerhard P. Groß: Unternehmen Albion. Die erste „joint operation“ deutscher Streitkräfte. In: Militärgeschichte. Zeitschrift für historische Bildung. Heft 3, 2004, ISSN 0940-4163, S. 4–7.
  • Paul G. Halpern: A Naval History of World War I. Naval Institute Press, Annapolis MD 1994, ISBN 0-87021-266-4, S. 213 ff.
  • Gary Staff: Battle for the Baltic Islands 1917. Triumph of the Imperial German Navy. Pen & Sword Maritime, Barnsley 2008, ISBN 978-1-84415-787-7.
Commons: Unternehmen Albion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Groß, S. 4, 5.
  2. Groß, S. 4–5.
  3. Staff, S. 3, 4.
  4. Barrett, S. 69
  5. Barrett, S. 64.
  6. Barrett, S. 84
  7. Staff, S. 5–10.
  8. Staff, S. 8–9.
  9. Staff, S. 11–12.
  10. Staff, S. 13.
  11. Barrett, S. 64, 65.
  12. Barrett, S. 71
  13. Staff, S. 16.
  14. Staff, S. 17–20.
  15. Barrett, S. 124
  16. Barrett, S. 126
  17. Barrett, S. 126
  18. Staff, S. 21–24.
  19. Staff, S. 23.
  20. Barrett, S. 127
  21. Staff, S. 23–24.
  22. Staff, S. 27.
  23. Staff, S. 28–30.
  24. Barrett, S. 156
  25. Staff, S. 29–32.
  26. Staff, S. 32–33.
  27. Barrett, S. 132
  28. Barrett, S. 136
  29. Staff, S. 34.
  30. Staff, S. 33–34.
  31. Barrett, S. 140
  32. Staff, S. 35–38.
  33. Staff, S. 38–49.
  34. Barrett, S. 168
  35. Barrett, S. 170
  36. Staff, S. 39–41.
  37. Staff, S. 67.
  38. Staff, S. 51–53.
  39. Staff, S. 55–59.
  40. Barrett, S. 160
  41. Staff, S. 59–67.
  42. Staff, S. 60–61.
  43. Barrett, S. 147
  44. Staff, S. 67–72.
  45. Staff, S. 71–73.
  46. Staff, S. 77.
  47. Staff, S. 78–80.
  48. Staff, S. 78–80.
  49. Staff, S. 80.
  50. Staff, S. 80–84.
  51. Staff, S. 81.
  52. Staff, S. 89–94.
  53. Staff, S. 85–86.
  54. Barrett, S. 162
  55. Staff, S. 91–92.
  56. Staff, S. 86.
  57. Staff, S. 99.
  58. Staff, S. 96.
  59. Staff S. 96–99.
  60. Staff, S. 100.
  61. Staff, S. 101–102.
  62. Staff, S. 102.
  63. Staff S. 103–104.
  64. Staff, S. 104–105.
  65. Staff, S. 107.
  66. Staff, S. 107–109.
  67. Staff, S. 108–110.
  68. Staff, S. 112–113.
  69. Staff, S. 113–114.
  70. Staff. S. 114–115.
  71. Staff, S. 115–117.
  72. Staff, S. 117–119.
  73. Staff, S. 118–119.
  74. Staff, S. 119.
  75. Staff, 119–120.
  76. Staff, S. 120–123
  77. Staff, S. 120.
  78. Staff, S. 137–139.
  79. Staff, S. 127–128.
  80. Barrett, S. 183
  81. Staff, S. 128.
  82. Barrett, S. 183
  83. Staff, S. 131–132.
  84. Staff, S. 132–133.
  85. Staff, S. 133.
  86. Staff, S. 130–131.
  87. Barrett, S. 178
  88. Staff, S. 140–141.
  89. Staff, S. 139.
  90. Staff, S. 144.
  91. Barrett, S. 221
  92. Barrett, S. 224
  93. Barrett, S. 236
  94. Staff, S. 145–149.
  95. Staff, S. 147.
  96. Barrett, S. 227
  97. Barrett, S. 235
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