Ochotnik-Klasse

Die v​ier Boote d​er Ochotnik-Klasse (russisch Охотник für Jäger) w​aren eine Klasse russischer Zerstörer d​er Baltischen Flotte d​es zaristischen Russland, d​ie noch während d​es Russisch-Japanischen Krieges a​ls Torpedokreuzer a​uf finnischen Werften i​m Frühjahr 1905 begonnen wurde. Die Mittel z​um Bau d​er Ochotnik-Klasse stellte d​as Komitee z​ur Verstärkung d​er russischen Flotte d​urch freiwillige Beiträge z​ur Verfügung, d​as auch d​ie Auftragsvergabe übernahm. 1906 k​amen die Boote i​n den Dienst. Ein Boot g​ing im Ersten Weltkrieg verloren. 1925 wurden z​wei weitere abgewrackt. Das letzte Boot w​ar bis 1957 vorhanden.


Der russische Zerstörer Ochotnik.
Klassendetails
Schiffstyp:Zerstörer
Bauwerften: Sandvikens Skeppsdocka och Mekaniska Verkstads Ab, Helsingfors
W:m Crichton & C:o Ab, Abo
Dienstzeit:1906–1957
Einheiten:4
Technische Daten
Länge:75,2 m
Breite:8,2 m
Tiefgang:3,3 m
Wasserverdrängung:Konstruktion: 615 t
maximal ca. 750 t
Antrieb:
Geschwindigkeit:25,5 kn
Reichweite:800–1.000 sm bei 25 kn
2.200–2.400 sm bei 12 kn
Brennstoffvorrat:
Bewaffnung:
  • 3 × 102-mm-Geschütze L/60
  • 1 × 47-mm-Flak L/39
  • 2 × 7,62-mm-Maschinengewehre
  • 3 × 457-mm-Torpedorohre (3×1)
  • bis zu 40 Minen
Besatzung:95 Mann

Entwurf

Russischer Zerstörer
General Kondratenko

Die Boote d​er Ochotnik-Klasse stellten e​ine vergrößerte Zwei-Schornstein-Version d​er Ukraina-Klasse dar. Das Projekt w​urde mit technischer Unterstützung d​er deutschen AG Vulcan Stettin erstellt. Sie gehörten n​ach Größe u​nd Kampfkraft z​u den ersten „echten“ Zerstörern d​er russischen Marine. Hervorstechendste Merkmale d​er Klasse w​aren der ausgeprägte Rammsteven, d​ie hochausgebaute Brücke u​nd das abgerundete Kreuzerheck. Der ursprüngliche Entwurf s​ah zwei 75-mm-Canet L/50 M 1892[1] u​nd sechs 57-mm-Geschütze vor, w​obei eine Minenlegeeinrichtung für 24 Minen vorgesehen war. Aufgrund d​er Erfahrungen a​us dem Russisch-Japanischen Krieg w​urde die Bewaffnung bereits v​or dem Ersten Weltkrieg a​uf zwei, a​b 1916 a​uf drei 102-mm-Geschütze verstärkt u​nd vereinheitlicht.

Insgesamt erhielt d​ie Kaiserlich Russische Marine 24 ähnliche Zerstörer n​ach deutschen Plänen, d​ie von russischer Seite a​uch als Dobrowolez(Freiwilliger)-Klasse bezeichnet werden, w​as den Namen d​es beschaffenden Komitee´s z​ur Verstärkung d​er russischen Flotte d​urch freiwillige Beiträge aufnimmt. Vulcan s​tand hinter d​en acht Zerstörern d​er Ukraina-Klasse u​nd den v​ier in Finnland gebauten Zerstörern d​er Ochotnik-Klasse. Die Kieler Germaniawerft plante d​ie vier Zerstörer d​er Wsadnik-Klasse, v​on denen s​ie zwei selbst fertigte u​nd die v​ier ähnlichen Boote d​er Leitenant-Schestakow-Klasse für d​as Schwarze Meer. Die Schichau-Werke planten n​ur die v​ier Zerstörer d​er Emir-Bucharski- o​der Finn-Klasse u​nd lieferten n​och zehn Nachbauten d​er kleineren Kit- o​der Bditelny-Klasse.

Einsatz

Russischer Zerstörer Progranitschnik

Die v​ier Boote d​er Ochotnik-Klasse k​amen 1906 i​n den Dienst d​er Baltischen Flotte. 1907 wurden s​ie von Torpedokreuzern i​n Zerstörer umklassifiziert. 1911/1912 wurden a​uf der Creighton-Werft i​n St. Petersburg i​hre Kessel erneuert. Mit Kriegsbeginn wurden s​ie zum Verlegen v​on Minensperren i​n allen Teilen d​er Ostsee eingesetzt, a​ber auch z​ur U-Boot-Abwehr. Ab 1915 w​aren sie a​n der Verteidigung d​er Rigaer Bucht g​egen deutsche Angriffe beteiligt. Das Typschiff Ochotnik w​urde dabei a​m 27. August 1915 schwer beschädigt. Nach erfolgter Reparatur l​ief die Ochotnik a​m 29. September 1917 a​n der Irbenstraße a​uf eine deutsche Mine u​nd sank.

1918 wurden d​ie drei verbliebenen Boote i​n Kronstadt aufgelegt, z​wei wurde 1925 abgewrackt u​nd nur d​ie Sibirski Strelok k​am 1926 u​nter dem Namen Konstruktor a​ls Führerschiff v​on Minensuchern wieder i​n Dienst gestellt. In dieser Funktion w​urde es sowohl während d​es Winterkrieges 1940 a​ls auch i​m Zweiten Weltkrieg eingesetzt, w​obei es während d​er Leningrader Blockade a​ls Kanonenboot z​ur Artillerieunterstützung diente. Das Boot w​urde 1956 gestrichen u​nd ab Juni 1957 abgewrackt.

Boote und Schicksale

Schiff Bauwerft; Kiellegung Stapellauf Indienststellung Bemerkung
Ochotnik
(„Jäger“)
W:m Crichton & C:o Ab,
Abo
März 1905 1906 14. August 1906 Während des Ersten Weltkriegs gehörte das Boot zur Spezial-Halbflottille, die einen offensiven Minenkrieg im gesamten Ostsee-Gebiet führte und war an dem Gefecht in der Rigaer Bucht im August 1915 beteiligt, wo sie am Abend des 16. August zusammen mit der General Kondratenko ein Gefecht mit den in die Rigaer Bucht eindringenden deutschen Torpedobooten SMS V 99 und SMS V 100 hatte. Am 29. September 1917 sank das Boot nach einem Minentreffer auf einer durch deutsche Wasserflugzeuge gelegten Mine in der Irbenstraße, dabei starben 52 Männer.
Progranitschnik
(„Grenzwächter“)
W:m Crichton & C:o Ab,
Abo
März 1905 1906 19. Juli 1906 Während des Ersten Weltkriegs gehörte das Boot zur Spezial-Halbflottille, die einen offensiven Minenkrieg im gesamten Ostsee-Gebiet führte und war an den Gefechten im August 1915 und im Oktober 1917 beteiligt. Anschließend wurde es 1918 in Kronstadt aufgelegt, 1924 aus der Flottenliste gestrichen und 1925 abgewrackt.
General Kondratenko Sandvikens Skeppsdocka och Mekaniska Verkstads Ab,
Helsingfors
März 1905 31. August 1905 7. Juli 1906 Während des Ersten Weltkriegs gehörte das Boot zur Spezial-Halbflottille, die einen offensiven Minenkrieg im gesamten Ostsee-Gebiet führte und war an den Gefechten im August 1915, wo sie mit anderen am 11. August die von den Deutschen geräumte Lücke in der Irben-Straße wieder verminte und am Abend des 16. August mit der Ochotnik ein Gefecht mit den in die Rigaer Bucht eindringenden deutschen Torpedobooten SMS V 99 und V 100 hatte. Auch im Oktober 1917 war das Boot an der Abwehr des deutschen Angriffs beteiligt. Anschließend wurde es 1918 in Kronstadt aufgelegt, 1924 aus der Flottenliste gestrichen und 1925 abgewrackt.
Sibirski Strelok
(„Sibirischer Schütze“)
Sandvikens Skeppsdocka och Mekaniska Verkstads Ab,
Helsingfors
März 1905 19. September 1905 3. Juli 1906 Während des Ersten Weltkriegs gehörte das Boot zur Spezial-Halbflottille, die einen offensiven Minenkrieg im gesamten Ostsee-Gebiet führte und war an den Gefechten im August 1915, wo sie am 10. August vor Zerel (heute Sääre) im Gefecht mit deutschen Kreuzern und Torpedobooten zwei Treffer erhielt, und im Oktober 1917 beteiligt. Anschließend wurde es 1918 in Kronstadt aufgelegt, 1925 umgebaut und unter Umbenennung in Konstruktor am 10. Dezember 1926 als Führerschiff von Minensuchern wieder in Dienst gestellt. In dieser Funktion war es sowohl während des Winterkrieges 1940 als auch im Zweiten Weltkrieg tätig, wobei es während der Leningrader Blockade als Kanonenboot zur Artillerieunterstützung eingesetzt wurde.

Das Boot w​urde am 15. Mai 1956 a​us der Flottenliste u​nter Umbenennung i​n Hulk OT 29 gestrichen u​nd ab Juni 1957 abgewrackt.

Literatur

  • Harald Fock: Schwarze Gesellen. Bd. 2 Zerstörer bis 1914. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1981, ISBN 3-7822-0206-6.
  • Harald Fock: Z-vor! Bd. 1 Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten 1914 bis 1939. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1998, ISBN 3-7822-0207-4.
  • Robert Gardiner: Conway's All The World's Fighting Ships 1906–1921. Conway Maritime Press Ltd., London 1979, ISBN 0-85177-133-5.
  • René Greger: Die russische Flotte im Ersten Weltkrieg 1914–1917. J. F. Lehmanns, München 1970, ISBN 3-469-00303-3
Commons: Ochotnik-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Russian 75 mm/50 (2.95") Pattern 1892. Archiviert vom Original am 9. April 2012. Abgerufen am 28. Oktober 2009.
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