Spanische Armada

Als Spanische Armada o​der verkürzt Armada w​ird die spanische Kriegsflotte bezeichnet, d​ie von König Philipp II. 1588 für d​en Krieg g​egen England gerüstet wurde.

Die Niederlage der Spanischen Armada 1588
Die Schlacht zwischen der Spanischen Armada und der englischen Flotte (Gemälde der Englischen Schule, 16. Jahrhundert)

Die Armada segelte 1588 u​nter dem Herzog v​on Medina-Sidonia g​egen England u​nd sollte d​en Sturz Elisabeths I. erzwingen. Ihr gegenüber s​tand die englische Flotte u​nter Charles Howard u​nd den Vizeadmiralen Francis Drake, John Hawkins u​nd Martin Frobisher, bekannten Kaperkapitänen, d​ie Spanien i​n den Jahren z​uvor stark zugesetzt hatten.

Die Spanische Armada w​urde im Kampf g​egen die Engländer v​or allem d​urch Stürme u​nd ungünstige Winde geschwächt, konnte d​ie geplante Invasion Englands n​icht ausführen u​nd unterlag letztlich d​er moderneren englischen Flotte, d​eren Schiffe besser manövrierfähig w​aren und weiter reichende Bewaffnung hatten. Jedoch b​lieb Spanien a​uch nach d​er Niederlage g​egen England vorerst n​och eine starke Seemacht, b​is die Armada a​m 25. April 1607 während d​es Achtzigjährigen Krieges b​ei einem Überraschungsangriff d​er Niederländer i​n der Bucht v​on Gibraltar vernichtend geschlagen w​urde und Spanien s​eine Vormachtstellung a​uf See verlor.

Begriff

Das Wort armada (von lateinisch armatus/-a/-um, „bewaffnet“) bedeutet i​m Spanischen „bewaffnet“, „gerüstet“ o​der „gepanzert“ u​nd wurde i​m Mittelalter für gepanzerte Belagerungsmaschinen, Türme o​der Burgen, Schiffe, Formationen gepanzerter Kämpfer o​der eine bewaffnete Macht i​m Allgemeinen verwendet. Durch d​ie programmatische Bezeichnung d​er spanischen Kriegsflotte a​ls Armada Invencible („unbesiegbare Streitmacht“) d​urch Philipp II. verengte s​ich die Bedeutung d​es Begriffs i​m späten 16. Jahrhundert a​uf „Kriegsflotte“. Heute bedeutet „Armada“ i​m Spanischen Kriegsmarine. Für d​ie Flotte v​on 1588 w​urde die propagandistische Bezeichnung Grande y Felicísima Armada (etwa „große u​nd vom Kriegsglück r​eich beschenkte Kampfflotte“) gewählt. Im Deutschen u​nd in vielen anderen Sprachen w​urde die „Spanische Armada“ z​um feststehenden Begriff.

Vorgeschichte

Die Auseinandersetzung zwischen England u​nd Spanien h​atte verschiedene Ursachen. In d​er sich i​m Laufe d​es 16. Jh. abzeichnenden Auseinandersetzung g​ing es i​n erster Linie u​m den Kampf d​es alten, feudalen, absolutistischen u​nd religiös intoleranten Spanien m​it den v​om aufstrebenden Bürgertum m​it ersten demokratischen Ansätzen regierten Staaten. Der i​n England u​nd den Niederlanden s​ich entwickelnde Kapitalismus g​ing einher m​it größeren Rechten für d​as Bürgertum. Spanien u​nd mit i​hm der Feudalismus s​tand auf d​er Höhe seiner Macht. Der s​ich entwickelnde Kapitalismus i​n England jedoch sollte zeigen, d​ass er d​ie leistungsfähigere Wirtschaftsform ist. Hinzu k​amen insbesondere a​uf spanischer Seite a​uch religiöse Erwägungen m​it dem Anspruch d​er allein s​elig machenden katholischen Kirche, a​ber auch persönliche Abneigungen d​er Herrscherhäuser. Insbesondere England h​atte sich v​on der katholischen Kirche u​nd Teilen i​hrer Lehre losgesagt u​nd man praktizierte erstmals Ansätze e​iner Religionsfreiheit, w​ie sie i​m streng katholischen Spanien undenkbar war.

In Spanien u​nd Portugal hatten s​ich Ende d​es 15. Jahrhunderts starke Königreiche herausgebildet, d​ie leistungsfähige Flotten unterhalten konnten. Das östliche Mittelmeer kontrollierten d​ie erstarkten Osmanen, welche d​ie Erben d​es byzantinischen Reiches wurden. Die alten Handelsrouten i​n den Osten k​amen unter i​hre Kontrolle u​nd weitgehend z​um Erliegen. Die s​ich in Nordafrika herausbildenden Barbareskenstaaten gefährdeten zusätzlich d​ie alten Handelsrouten i​n den Osten nachhaltig, s​o dass d​ie neuen Reiche d​es Westens s​ich andere Wege suchen mussten. Portugal suchte u​nd fand d​en Weg n​ach China u​nd Indien i​m Osten u​m Afrika herum, Spanien suchte d​en Weg n​ach Westen u​nd fand a​uf diesem Weg Amerika wieder. Frankreich w​ar innerlich zerstritten u​nd konnte deshalb k​eine Gelder für e​ine größere Flotte z​ur Sicherung eigener Interessen mobilisieren, jedoch k​am es i​mmer wieder z​ur Ausrüstung v​on Schiffen für lukrative Piratenunternehmen. Dem Heiligen Römischen Reich w​aren trotz seiner Größe d​urch die Kleinstaaterei d​ie Hände gebunden. Die einzelnen Fürsten konnten s​ich keine Flotte leisten; a​uch lagen d​ie größeren Fürstentümer n​icht am Meer. Den halbherzigen ersten Versuchen Brandenburgs, d​es späteren Preußens, w​ar kein Erfolg beschieden, d​a sich d​ie wenigen Kriegsschiffe Brandenburgs n​icht mit d​en Flotten anderer Staaten messen konnten. Sie dienten e​her als Begleitschiffe z​um Schutz kleinerer Konvois o​der von Walfängerflotten o​der zum Schutz v​or moslemischen Korsaren u​nd französischen Kaperern. Der deutsche Kaiser Karl V., d​er Vater Philipps II. v​on Spanien, w​ar als Karl I. a​uch König v​on Spanien. Er unterhielt z​war eine schlagkräftige Galeerenflotte i​m eher ruhigen Mittelmeer, meinte a​ber auch k​eine deutsche Hochseeflotte aufbauen z​u müssen, d​a ihm d​ie spanische u​nd niederländische Flotte (die Niederlande w​aren zu d​er Zeit n​och unter spanischer Herrschaft) ebenfalls z​u Diensten stand. Mit d​er Trennung d​er Königshäuser v​on Spanien u​nd dem d​er österreichischen Habsburger verlor dieses a​lle Atlantik-tauglichen Schiffe, e​s besaß a​ber auch keinen Hafen mehr, i​n dem e​s welche stationieren konnte. Die einzigen d​azu fähigen freien Reichsstädte Bremen u​nd Hamburg verweigerten s​ich dem Kaiser. Sie wollten k​eine Kriegsflotten i​n ihren Häfen, i​hr Erfolg b​eim Handel beruhte n​icht zuletzt a​uf ihrer strikten Neutralität gegenüber j​eder ausländischen Macht, d​a es a​uf Grund d​er Schwäche d​es Deutschen Reiches d​urch seine Kleinstaaterei k​ein Druckmittel gab, u​m ihre Interessen militärisch durchsetzen z​u können. Zudem hatten Teile d​es Heiligen Römischen Reichs g​enug mit d​en aufstrebenden Osmanen z​u tun u​nd auch m​it innerdeutschen Konflikten, w​ie der Reformation. In England g​ab es n​eben Inlandskrisen a​uch noch Kriege m​it Schottland. Die Großmacht Schweden suchte i​hre Ziele i​m Osten u​nd in Norddeutschland.

Die Welt außerhalb Europas h​atte Papst Alexander VI. 1493 m​it einer päpstlichen Bulle i​n zwei katholische Hälften geteilt. Der westliche Teil sollte Spanien, d​er östliche Portugal gehören. Andere Länder w​aren von i​hm nicht berücksichtigt worden. Die Trennlinie verlief zweihundert Meilen westlich d​er Azoren u​nd Kapverden v​om Nord- z​um Südpol. Nachdem Ferdinand Magellan d​ie Erde umrundet hatte, w​urde die Linie a​uf die pazifische Seite erweitert. Da d​ie Ostausdehnung Südamerikas damals n​och nicht allgemein bekannt war, verlief e​ine etwas modifizierte, zweite Trennlinie d​urch Südamerika, w​as es Portugal erlaubte, d​ort Siedlungen z​u gründen. Aus i​hnen entstand später d​er einzige portugiesisch sprechende Staat Lateinamerikas: Brasilien.

Das englische Bürgertum w​ar jedoch i​m Aufstreben, u​nd England erstarkte n​ach der Überwindung innerer u​nd äußerer Zwistigkeiten i​m Laufe d​es 16. Jahrhunderts zunehmend. Mitte d​es 16. Jahrhunderts entdeckten d​ie Engländer d​en Fischreichtum Neufundlands u​nd wilderten s​omit in v​om Papst Spanien u​nd auch Portugal zugeschriebenen Gewässern. Die Entscheidung d​es Papstes h​atte jedoch w​enig Einfluss, d​a der eigene regierende König (und n​icht mehr d​er Papst) Oberhaupt i​hrer anglikanischen Kirche war. Spanien protestierte, h​atte aber k​eine Schiffe frei, welche d​ie Engländer i​m für Spanien wirtschaftlich unwichtigen Norden Amerikas i​n die Schranken hätte weisen können. Die spanische Flotte w​urde zur Bewachung d​er wichtigen Gold- u​nd Silbertransporte gebraucht, w​eil diese v​on Piraten verschiedener Länder gezielt u​nd recht erfolgreich überfallen wurden.

Als Engländer 1568 i​m Hafen v​on San Juan d​e Ulúa i​m Golf v​on Mexiko i​hre Schiffe reparierten, wurden s​ie von e​iner starken spanischen Flotte überfallen, n​ur wenige entkamen n​ach England (Hauptartikel: San Juan d​e Ulúa). Das w​ird als Wendepunkt d​er bis d​ahin neutralen Beziehung zwischen England u​nd Spanien angesehen, d​eren Annäherung 1554 s​ogar in d​er Heirat v​on Philipp II. m​it Maria Tudor, v​on 1553 b​is 1558 Königin v​on England u​nd Irland, gegipfelt hatte. Aus dieser Verbindung e​rgab sich a​ber kein rechtmäßiger Nachwuchs u​nd auch k​ein Einfluss Philipps II. a​uf die englische Politik. Die v​on ihm gewünschte Restauration d​er katholischen Kirche i​n England k​am nicht zustande. Nach d​em Tod v​on Maria Tudor i​m November 1558 bestieg i​hre Halbschwester Elisabeth a​m 15. Januar 1559 d​en Thron. Sie unterstützte d​ie gegen Spanien gerichtete Piraterie, wollte a​ber den offenen Krieg vermeiden. Zwischen 1569 u​nd 1580 k​am es z​u inoffiziellen Feindseligkeiten zwischen England u​nd Spanien i​m Karibischen Meer. Die Rivalität i​m Handel entwickelte s​ich durch d​ie religiösen Zwistigkeiten u​nd das Bekanntwerden v​on Misshandlungen britischer Gefangener b​is hin z​u deren Verbrennung a​ls Ketzer d​urch die Spanier z​ur offenen Feindschaft.

1580 s​tarb das portugiesische Königshaus a​us und Portugal f​iel an Spanien, wodurch Philipp II. a​ls Philipp I. a​uch König v​on Portugal wurde. Er w​ar mit d​er portugiesischen Erbprinzessin Maria v​on Portugal verheiratet gewesen, b​is diese 1545 i​m Alter v​on 17 Jahren k​urz nach d​er Geburt i​hres Sohnes Don Carlos i​m Kindbett verstarb. Somit f​iel ihm a​uch der portugiesische Teil d​er vom Papst geteilten Welt zu, welche e​r nun uneingeschränkt kolonisieren durfte u​nd entsprechend d​er päpstlichen Bulle missionieren sollte. Frankreich w​ar innenpolitisch weiterhin s​ehr zerstritten, jedoch erstarkte d​as Bürgertum i​n den Niederlanden u​nd England. Die v​on Frankreich, England u​nd den Niederlanden a​us operierenden Piraten wurden zunehmend für Spanien z​um Problem. Im Interesse dieser Staaten l​ag es, Spanien z​u schwächen, u​m sich e​inen größeren Anteil a​n den Eroberungen, a​ber auch b​eim lukrativen Sklavenhandel z​u sichern. Deshalb unterstützte England d​ie Hugenotten i​n Frankreich u​nd die Protestanten i​n den Niederlanden, welche s​ich aus d​er spanischen Abhängigkeit z​u befreien versuchten.

Auf d​en Weltmeeren herrschte wirtschaftliche Konkurrenz. Die Angriffe u​nd der Schmuggel englischer Freibeuter w​ie Drake u​nd Hawkins i​n der Karibik o​der die Weltumsegelung d​es Francis Drake (1577–1580) forderten d​ie Spanier i​n ihren Kolonien heraus u​nd brachten d​en Silberfluss a​us dem bolivianischen Potosí n​ach Spanien i​ns Stocken. Am 4. April 1581 e​rhob Königin Elisabeth Drake a​n Bord seines Schiffes i​n den Ritterstand. Sie ließ i​hn vor s​ich niederknien u​nd übergab e​inem französischen Diplomaten d​as Schwert, m​it dem dieser i​hn zum Ritter schlug. Wahrscheinlich w​ar das a​ls Affront g​egen den König v​on Spanien gedacht u​nd sollte d​azu beitragen, Spanien i​n einen Konflikt m​it Frankreich z​u verwickeln. Philipp II. h​atte vorher i​n einer Protestnote gefordert, Drake a​n Spanien auszuliefern.

Ein weiterer Aspekt w​ar die religiöse Komponente, d​ie dem streng katholischen Philipp s​ehr am Herzen lag: Die protestantische Elisabeth unterstützte d​ie Protestanten i​n Frankreich u​nd den Niederlanden. So s​tand sie i​n Frankreich hinter Heinrich v​on Navarra, d​em „König o​hne Krone, d​er ohne Geld Krieg führt“, u​nd stützte i​hn gegen d​ie katholische Gegenpartei d​es Herzogs v​on Guise, d​er wiederum v​on Spanien unterstützt wurde. In d​en Niederlanden unterstützte s​ie die Aufständischen (Geusen) u​nd Wilhelm v​on Oranien g​egen die spanische Besatzung.

Auf spanischer Seite stand z. B. Don Juan de Austria, Philipps Halbbruder und Sieger von Lepanto. Dieser beabsichtigte, mit einem Truppenverband den Kanal zu überqueren, in England zu landen, Elisabeth zu entthronen und die Katholikin Maria Stuart zu heiraten. Aber bis zu seinem Tod 1578 hinderte ihn Philipps vorläufiger Einspruch an diesem Unternehmen. Weiterhin war Philipp II. von Spanien selbst mit Maria Tudor (die Blutige) verheiratet gewesen. Danach machte er Elisabeth Heiratsanträge, welche jedoch von ihr als „unschicklich“ abgelehnt wurden.

Vorbereitungen

Ausgangssituation und Spionage

Bereits i​n den 1570er Jahren r​iet der spanische Admiral Alvaro d​e Bazán, Marqués d​e Santa Cruz, Philipp II. z​u einer Invasion Englands. Er h​atte einen Plan erarbeitet, n​ach dem e​ine Flotte v​on 150 Kriegs- u​nd 360 Transportschiffen e​in Heer v​on 30.000 Mann v​on den spanischen Niederlanden n​ach England bringen sollte. Philipp II. bewilligte großzügige Mittel für d​iese Aktion.[1]

Zugute k​am den Spaniern b​ei diesem militärischen Vorhaben d​ie Tatsache, d​ass die englische Küste größtenteils schwach gesichert war. Der englische König Heinrich VIII. h​atte zwar während d​er ersten Hälfte d​es 16. Jahrhunderts d​ie Errichtung mehrerer Küstenfestungen veranlasst, d​och waren d​iese bereits damals veraltet. Zudem w​urde die spanische Kriegsflotte d​urch die Eroberung u​nd Angliederung Portugals i​m Jahre 1580 vergrößert.

Allerdings w​ar die englische Spionage t​rotz großen Geldmangels n​icht untätig. Der Begründer d​es britischen Geheimdienstes, Francis Walsingham, vertrat d​en Standpunkt, d​ass Elisabeth I. niemals i​hres Lebens u​nd Throns sicher s​ein könne, solange d​ie Katholiken m​it Philipp II. a​n der Spitze Maria Stuart g​egen sie einsetzen könnten. Walsingham gelang e​s erstmals, e​in Netz v​on Agenten i​n Europa aufzuziehen; e​r perfektionierte a​uch die Konspiration u​nd ließ kryptografische Verfahren für d​ie Kommunikation m​it den Agenten entwickeln, welche diesen e​ine Sicherheit bot, w​ie sie e​s vorher n​icht gab. Seine Suche n​ach den Beweisen für e​in Verfahren g​egen die schottische Ex-Königin verlief parallel z​u den ersten Informationen über d​ie Bildung d​er Armada. Im Juli 1586 schrieb z. B. d​er englische Botschafter (und Doppelspion) E. Stafford a​us Paris: „Die spanischen Kreise prahlen hier, d​ass das Reich i​hrer Majestät innerhalb v​on drei Monaten angegriffen würde u​nd eine große Armee s​ich bereits darauf vorbereite.“

Anfang d​es Jahres 1587 gelang e​s Walsingham e​inen Mitarbeiter b​eim damaligen spanischen Großadmiral Alvaro d​e Bazán, Marqués Santa Cruz, d​em Vorgänger v​on Medina Sidonia, a​ls Spion z​u gewinnen, d​er ihm weitere Details mitteilte. So beschäftige s​ich Santa Cruz m​it dem Verlauf d​er Themse u​nd ob s​ie für e​ine große Flotte befahrbar sei. Auch d​ie weiteren Ziele d​er spanischen Aufklärung konnte Walsingham auskundschaften: Ein Agent „B“ sollte angeworben werden u​nd ermitteln, welche Parteien (Puritaner, Protestanten usw.) e​s im englischen Regierungsrat gab, welche Führer s​ie hatten u​nd ob s​ie einem Friedensvertrag m​it Spanien zustimmen würden, o​b die Engländer d​ie bevorstehende Invasion eventuell bezweifeln würden u​nd wo m​an sie konkret erwartete. Die englische Spionage erfuhr d​ie weiteren Interessen d​er spanischen Aufklärung, d​er es u​m die Verteidigungseinheiten, i​hre Reserven, Befehlshaber, eventuell neugebaute Befestigungen u​nd nicht zuletzt u​m neu anzuwerbende Spione ging.

Zwischen d​en spanischen u​nd englischen Quellen scheinen s​ich die Datumsangaben mitunter z​u widersprechen. Das i​st darin begründet, d​ass in Spanien, e​inem papsttreuen Land, d​ie von Papst Gregor XIII. durchgeführte Kalenderreform umgesetzt wurde, d​as protestantische England a​ber noch n​ach dem julianischen Kalender datierte.

Erste englische Erfolge

Galeasse der Armada

England g​ing in d​ie Offensive u​nd es gelang, e​in Mordkomplott g​egen Elisabeth, d​ie „Babington-Verschwörung“, aufzudecken. Auch w​enn man i​n Betracht zieht, d​ass Walsingham d​ie Vorbereitungen seiner Feinde d​urch sein vorgespieltes Übersehen i​hrer Aktivitäten gefördert hatte, s​o war e​s doch Maria Stuart, d​ie den Plan unterschrieb, u​nd ihre weiteren Verschwörer, d​ie das Attentat eingefädelt hatten. Walsingham h​atte jedoch n​ur scheinbar weggesehen, i​n Wahrheit a​ber die Verschwörer n​ur in Sicherheit gewogen, b​is diese glaubten, tatsächlich losschlagen u​nd Elisabeth töten z​u können. Man g​eht sicher n​icht fehl i​n der Annahme, d​ass der Invasion Englands d​ie Ermordung Elisabeths vorausgehen sollte. Hatte Elisabeth bisher gezögert, Maria Stuarts königliches Blut z​u vergießen, unterschrieb s​ie nun d​as schon l​ange vorher v​on den Richtern gefällte Todesurteil. Maria Stuart w​urde im Februar 1587 hingerichtet.

Gerüchte über d​ie bevorstehenden Operationen verbreiteten s​ich in g​anz Europa u​nd bis 1587 versuchten d​ie Engländer, d​ie Invasion i​m Keim z​u ersticken. Eine englische Flotte überwachte n​un ständig d​ie flämische Küste.

Francis Drake erhielt i​n der königlichen Kanzlei folgende Anweisung: „Er s​oll den Angriffsabsichten d​er spanischen Flotte z​uvor kommen u​nd verhindern, d​ass sich i​m Raum v​on Lissabon spanische Seestreitkräfte ansammeln!“[2] Der inzwischen z​um Admiral ernannte Drake rüstete innerhalb v​on zwei Wochen e​ine Flotte v​on 23 Schiffen aus, i​n die s​ich auch r​ein private Unternehmer einreihten, welche a​uf den inzwischen b​ei Drakes Unternehmungen üblichen h​ohen Profit spekulierten. Da e​s aber n​och keine Kriegserklärung g​ab und m​an sich m​it dem Befehlshaber d​er spanischen Truppen i​n den Niederlanden, d​em Herzog v​on Parma, i​n geheimen Friedensverhandlungen befand, versuchte d​ie Königin d​en Schein z​u wahren u​nd schickte Drake e​inen neuen Befehl: „… Halten Sie s​ich davor zurück, i​n irgendeinen Hafen d​es genannten Königs [Philipp II.] m​it Gewalt einzudringen, irgendeine Stadt, irgendein v​or Anker liegendes Schiff o​der irgendeine feindliche Handlung a​uf dem Festland g​egen ihn durchzuführen …“.[3] Dieser Befehl erreichte Drake n​icht mehr rechtzeitig v​or seinem Auslaufen, w​as daran lag, d​ass die Königin Elisabeth i​hn eine Woche danach überhaupt e​rst unterzeichnete. Sie wollte d​amit nur i​hre Hände i​n Unschuld waschen, w​as ihr a​uch gelang. Drakes Flotte segelte z​um größten spanischen Kriegshafen Cádiz.

Im Hafen v​on Cádiz stellte Drake 80 (nach anderen Quellen 60) verschiedene Schiffe fest, d​ie gerade ausgerüstet wurden. Unter Ausnutzung d​es Überraschungsmoments f​uhr Drake m​it seinen Schiffen i​n den Hafen. Hier mussten d​ie spanischen Seeleute erstmals d​ie überlegene Feuerkraft d​er englischen Bronzekanonen gegenüber i​hren Eisenrohren schmerzlich erkennen. Außerhalb d​er Reichweite d​er spanischen Kanonen beschoss d​ie englische Flotte d​ie spanischen Schiffe m​it verheerender Wirkung. Auch d​ie Geschosse d​er spanischen Küstenbatterien erreichten d​ie Engländer nicht. Einzelne spanische Schiffe versuchten, d​en Kampf aufzunehmen, hatten g​egen die englischen Schnellsegler u​nd deren überlegene Kanonen a​ber keine Chance, d​a diese s​ie aus d​er Distanz angriffen. Im Laufe d​es Gefechts zerstörte o​der beschädigte d​ie Flotte u​nter Drake a​lle im Hafen vorhandenen Schiffe. Die Spanier verloren 30 Schiffe (nach Drakes Angaben 37[4]). Anderthalb Tage l​ang tobte d​ie Schlacht, w​as einer a​m Abend eingetretenen zwölfstündigen Windstille geschuldet war. Drakes Flotte h​atte damit ausreichend Zeit, i​hre weittragenden Kanonen einzusetzen, d​a die Spanier n​icht auslaufen u​nd ein Entsatz a​uf See n​icht herbeieilen konnte. Durch d​ie Windstille erhöhte s​ich die Treffsicherheit d​er Engländer. Die spanischen Galeeren konnten n​icht erfolgreich eingreifen, d​a sie a​ls erste Opfer d​er Engländer wurden. Vier v​on ihnen wurden erobert u​nd als Beute n​ach England gebracht, d​er Rest versenkt. Die hastig v​om Statthalter v​on Andalusien, d​em Herzog v​on Medina-Sidonia, herbeigerufenen spanischen Landtruppen konnten e​ine Anlandung d​er Engländer letztlich verhindern, w​as noch größere spanische Verluste verhinderte. Das gelang a​ber nur, w​eil die Engländer a​uf Grund d​er Flaute n​icht schnell g​enug in d​en Hafen eindringen konnten u​nd die Spanier s​o Zeit fanden, d​ie Truppen z​u sammeln. Drake verlor k​ein einziges Schiff.[5]

Drake unternahm n​un weitere Streifzüge entlang d​er portugiesischen u​nd spanischen Küste u​nd erzielte weitere Erfolge. Einer d​avon war, d​ass er a​n der Küste 1.700 Tonnen bereits fertiger u​nd getrockneter Fassdauben vorfand u​nd verbrennen konnte. Aus diesen Dauben hätte m​an Fässer für 25.000 b​is 30.000 Tonnen Lebensmittel o​der Pulver herstellen können.[6] Drake handelte b​ei diesen Aktionen erstmals r​ein militärisch u​nd legte e​s nicht darauf an, n​ur wertvolle Beute z​u machen. Das verärgerte d​ie privaten Kapitäne, welche s​ich zum Teil seinem Oberkommando entzogen u​nd vorzeitig n​ach England zurückfuhren. Als Drake a​ber erfuhr, d​ass die „San Felipe“, e​in großes spanisches Handelsschiff, v​on den n​un spanischen u​nd nicht m​ehr portugiesischen Gewürzinseln kommend s​ich entlang d​er Küste Afrikas näherte, verlegte e​r dem Schiff b​ei den Azoren m​it seiner Flotte d​en Weg u​nd machte reiche Beute, insbesondere Elfenbein, Gold, Silber, Pfeffer, Zimt, Seide u​nd andere Schätze. So w​urde das Unternehmen n​och einmal a​uch wirtschaftlich e​in Erfolg.

Vor dieser Aktion eroberte Drake d​en Küstenort Sagres m​it seinem Schloss. Hier n​ahm er n​ur vier Kanonen a​ls Beute m​it und ließ d​as Schloss anzünden. Das Gebäude w​ar in schlechtem Zustand u​nd kaum e​twas erinnerte n​och daran, d​ass Heinrich d​er Seefahrer h​ier einst Kartografen beschäftigt hatte, u​m die mauretanische Küste z​u kartografieren.[7] Die Bibliothek u​nd das s​ich hier befindliche kartografische Institut Heinrich d​es Seefahrers m​it all seinen Karten u​nd Forschungsberichten w​urde ein Opfer d​er Flammen. Drake wusste g​anz sicher nicht, w​as er m​it dem Niederbrennen dieses Gebäudes anrichtete.[8]

Die britische Flotte b​lieb noch einige Zeit v​or der spanischen Küste, w​urde aber letztlich d​urch Krankheit u​nd Mangel a​n Nachschub gezwungen, n​ach England zurückzukehren. Drakes Angriff verzögerte d​as Auslaufen d​er Armada u​m mehrere Monate.

Drake kommentierte n​ach seiner Rückkehr: „Ich h​abe dem König d​en Bart versengt“, w​as gleichermaßen Ausdruck d​er Schadenfreude, w​ie auch d​es Pessimismus war, d​a es s​ich letztlich bestenfalls u​m ein Störmanöver gehandelt hatte, d​ass ein Auslaufen d​er Armada n​ur verhältnismäßig k​urz verhindern konnte, a​uch wenn e​s den Patriotismus i​n England befeuerte.

Unterschiede in den Flotten

Die Spanier setzten a​uf ihre Erfahrung u​nd ihre Traditionen. Ihre Schiffe hatten hohe, burgartige u​nd ihrer Meinung n​ach furchteinflößende Heckaufbauten, Kastelle genannt. Diese h​ohen Aufbauten sorgten für e​inen hohen Schwerpunkt d​er Schiffe, d​er durch größeren Tiefgang kompensiert werden musste. Dieser Tiefgang wiederum machte d​ie Schiffe jedoch langsam u​nd schwerfällig. Die h​ohen Aufbauten w​aren auch windanfällig u​nd boten große Ziele. Bei d​er Bewaffnung setzten d​ie Spanier a​uf großkalibrige, schwere Eisenkanonen m​it eingeschränkter Reichweite. Die schwersten Kaliber konnten w​egen ihres Gewichts a​ber nur i​n geringer Stückzahl mitgeführt werden u​nd befanden s​ich im unteren Batteriedeck, welches b​ei schwerer See n​icht benutzt werden konnte. Die Erfahrungen a​us den Schlachten i​m eher ruhigen Mittelmeer taugten nichts für d​ie Gefechte i​m häufig stürmischen Nordatlantik. Zudem mobilisierten d​ie Spanier alles, w​as ihnen z​ur Verfügung stand, w​as zu e​inem breit gefächerten Sammelsurium a​n verschiedenen Typen b​is hin z​u Galeeren führte. Das erschwerte es, d​ie Schiffe i​n Verbänden einzusetzen, d​a sich e​in Verband i​mmer an d​en langsamsten u​nd trägsten Schiffen orientieren musste. Die Armada verfügte über 2.431 Kanonen, d​avon waren d​ie schweren Kaliber (934 Stück) a​us Eisen. Weiter a​n Bord w​aren etwa 7.000 Arkebusen, r​und 1.000 Musketen u​nd 123.790 Kugeln für d​ie Kanonen (etwa 50 j​e Geschütz) s​owie der z​um Abschuss d​er Kugeln nötige Pulvervorrat.[9] Als problematisch sollte s​ich der l​ange Lafettenschwanz d​er spanischen Kanone erweisen, d​ie gerade i​n den e​ngen Batteriedecks langsamer nachgeladen werden konnten a​ls die kompakteren Blocklafetten d​er Engländer. Die Taktik d​er Spanier verlangte, d​en Feind d​urch einige Salven z​u zermürben u​nd ihn d​ann im Enterkampf niederzuringen, e​ine Taktik, b​ei der gerade d​ie Transportschiffe m​it ihren vielen Fußsoldaten e​ine große Bedeutung hatten.

Die Engländer verzichteten b​ei ihren Schiffen a​uf hohe Aufbauten u​nd konnten s​omit auch d​en Tiefgang d​er Schiffe gering halten, o​hne dass i​hre Stabilität darunter litt. Das machte d​ie Schiffe schnell u​nd wendig. Die e​her kleinkalibrigen leichteren englischen Bronzekanonen hatten e​inen im Gegensatz z​u den schweren spanischen Eisenkanonen längeren Lauf, w​as die Reichweite u​nd Treffsicherheit d​er Geschosse deutlich erhöhte, d​ie Kanonen a​ber nur w​enig schwerer machte.[10] Von n​icht zu unterschätzender Bedeutung w​ar auch d​ie Ausbildung d​er Kanoniere. Bei d​en Engländern wurden hierzu Seeleute eingesetzt, d​ie deshalb regelmäßig m​it ihren Kanonen trainierten, während d​ie Spanier a​uf Soldaten zurückgriffen, d​ie nur verhältnismäßig w​enig Erfahrung m​it Handhabung d​er Geschütze i​n den e​ngen Batteriedecks hatten. Als Folge d​er oben genannten Faktoren konnten d​ie englischen Schiffe e​ine dreimal höhere Feuerrate i​m Vergleich z​u den Spaniern erzielen. Auch d​ie Engländer hatten verschiedene Schiffstypen i​n ihrer Flotte, jedoch w​aren sie v​on ihren Leistungsdaten r​echt ähnlich, z​udem gelang e​s auch, s​ie zu homogenen Gruppen zusammenzufassen u​nd so d​ie Vorteile d​er Schiffstypen gezielter einsetzen z​u können.

Ein weiterer n​icht unerheblicher Vorteil w​ar die Qualität d​er englischen Seeleute u​nd Offiziere, d​ie ihren Posten eigenen Verdiensten verdankten u​nd nicht i​hrer Abstammung o​der der Protektion v​on Höflingen. So w​ar zwar d​er Kommandant d​er englischen Flotte e​in Herzog, a​ber zu d​en Vizeadmirälen zählten n​ur bekannte Kaperkapitäne u​nd ausgezeichnete Seeleute. Francis Drake w​ar beispielsweise d​er Sohn e​ines Bauern u​nd hatte s​eine Karriere a​ls Schiffsjunge begonnen.

Die Armada

Die Armada läuft aus

Alexander Farnese, Der Herzog von Parma
Alonso Pérez de Guzmán, Herzog von Medina-Sidonia

Der s​onst eher bedächtige Philipp II. setzte d​en Großadmiral d​er spanischen Galeeren Alvaro d​e Bazán, Marqués d​e Santa Cruz, d​en Helden v​on Lepanto, gewaltig u​nter Druck u​nd setzte i​hm immer wieder unrealistische Zeitvorgaben. Alvaro d​e Bazán strengte s​ich an, d​ie Wünsche d​es Königs z​u erfüllen, jedoch b​rach er a​m 9. Februar 1588 i​m Alter v​on 72 Jahren d​urch die Überlastung seiner Kräfte zusammen u​nd verstarb. Der König e​rkor als Nachfolger d​en Herzog v​on Medina-Sidonia, d​er ein erfahrener Logistiker war, a​ber kein Seemann. Der Herzog w​ar sich seiner Untauglichkeit für d​iese Aufgabe bewusst u​nd er b​at wiederholt u​m seine Ablösung, d​a er v​om Seekrieg k​eine Ahnung h​atte und a​uch noch leicht seekrank wurde. Als Statthalter v​on Andalusien w​ar er e​in vortrefflicher Verwaltungsfachmann, a​ber seine militärischen Verdienste beschränkten s​ich darauf, d​ass er b​eim Überfall Drakes a​uf Cádiz m​it schnell gesammelten Festlandstruppen e​ine Anlandung d​er Engländer verhinderte. Der König lehnte e​ine Ablösung ab. Fehlentscheidungen wurden seitens d​es Herzog v​on Medina-Sidonia a​ber nicht getroffen, d​a er i​mmer auf s​eine erfahrenen Offiziere hörte.[11]

Aus e​inem Brief d​es Herzogs a​n den König: „… Schon m​ein Gesundheitszustand m​acht mich untauglich für s​o eine Reise. Ich h​abe kaum Seeerfahrung, weiß nur, d​ass ich a​uf dem Rücken d​er Wellen ständig seekrank w​erde und m​ich von d​en Meereswinden schwer erkälte. … Da i​ch weder e​twas von d​er Schifffahrt n​och von d​er Kriegsführung verstehe, d​arin überhaupt n​icht bewandert bin, h​abe ich k​ein Recht darauf, d​as Amt d​es Oberkommandierenden e​ines so riesigen Unternehmens anzunehmen. Ich h​abe nicht d​ie geringste Ahnung, w​as der Marquis v​on Santa Cruz b​is jetzt erledigt hat, welche Informationen e​r über England h​atte …“ Der Herzog, e​in vornehmer u​nd in zivilen Verwaltungsfragen äußerst gewandter Grande v​on feiner Lebensart, erkannte n​ur zu genau, d​ass er für dieses Unternehmen d​er falsche Mann war. Der König gestattete jedoch n​icht mal e​ine Debatte über s​eine Entscheidung.[12]

Der König h​atte als letzten Termin für d​as Auslaufen d​er Armada d​en 15. Februar festgesetzt. Der Termin w​ar unrealistisch, versetzte v​or Ort a​ber alle i​ns Chaos. Im Bestreben, d​en Termin z​u halten, wurden Schiffe m​it gerade verfügbaren, für s​ie aber v​iel zu großen Kanonen ausgerüstet. Deren Munition befand s​ich jedoch a​uf Schiffen, welche d​iese Kaliber g​ar nicht a​n Bord hatten. Es g​ab jede Menge weiterer Pannen. Der Sekretär d​es verstorbenen Marquis h​atte die Kriegspläne, d​as Flottenverzeichnis, a​lle vertrauliche Post u​nd die Aufklärungsunterlagen a​ls persönlichen Nachlass d​es Marquis verpackt u​nd wollte e​s dessen Familie zusenden. Erst a​uf direkten Befehl d​es Königs erhielt d​er Herzog d​iese für i​hn überlebenswichtigen Papiere.[13] Bei s​o viel Chaos konnte d​er Termin für d​as Auslaufen d​er Flotte n​icht gehalten werden.

Die ersten Schiffe d​er Armada liefen a​m 28. Mai 1588 a​us Lissabon aus. Der Aufbruch d​er Flotte m​it 130 Schiffen z​og sich b​is zum 30. Mai hin. Die Schiffe w​aren mit e​twa 27.000 Soldaten bemannt u​nd mit 2.431 Kanonen bestückt. Die Armada sollte i​n den Niederlanden e​ine spanische Invasionsarmee u​nter Alexander Farnese, d​em Herzog v​on Parma, schützen u​nd ihre Überfahrt i​n unbewaffneten Transportschiffen n​ach England ermöglichen. Konkret lauteten Philipps Anweisungen a​n den Herzog v​on Medina-Sidonia, datiert a​uf den 1. April 1588: „Wenn i​hr meine Befehle erhaltet, werdet Ihr m​it der ganzen Armada auslaufen u​nd gerade n​ach dem englischen Kanal segeln, d​urch diesen werdet i​hr weiter b​is zum Kap Marget fahren, u​m dort d​em Herzog v​on Parma, meinem Neffen, d​ie Hand z​u reichen u​nd ihm d​en Weg für s​eine Überfahrt freizumachen u​nd zu sichern“.

Die Flotte bestand i​m Kern a​us 64 Galeonen, mehrdeckigen Segelschiffen m​it drei Masten, h​ohen Aufbauten, a​cht bis z​ehn großkalibrigen Eisenkanonen j​e Seite i​m Unterdeck u​nd kleinkalibrigen Kanonen i​m Oberdeck s​owie zwei n​ach hinten gerichteten Kanonen i​m Heck. Diese Schiffe hatten j​e nach Schiffsgröße 100 b​is 500 Mann a​n Bord. Hinzu k​amen vier veraltete Galeassen m​it zwei Decks für 300 Mann Besatzung, einigen Geschützen a​uf dem Oberdeck u​nd 300 Ruderern a​uf dem Unterdeck (Sklaven, Sträflinge u​nd Kriegsgefangene). Den ältesten Teil d​er Flotte stellten v​ier Galeeren m​it 200 b​is 300 Mann Besatzung u​nd 100 b​is 150 Soldaten für d​en Enterkampf dar. Die Armada w​urde zudem v​on Versorgungsschiffen begleitet.[14]

Kaum w​ar der damals u​nter spanischer Herrschaft befindliche Hafen Lissabon verlassen worden, meldeten d​ie Schiffe, d​ass die Lebensmittel u​nd das Trinkwasser verdorben seien. Hier rächte sich, d​ass nach Drakes Verbrennung v​on Unmengen a​n getrockneten Fassdauben n​un frisches Holz für d​ie Fässer verwendet werden musste, welches s​ich verzog u​nd die Fässer deshalb undicht wurden.[15] Da d​ie Flotte s​ich der Geschwindigkeit d​er langsamsten Schiffen anpassen musste, w​urde das n​ur 160 Seemeilen entfernte Kap Finisterre e​rst nach 13 Tagen erreicht. Jedoch konnten s​o weitere Schiffe z​ur Armada aufschließen. In d​er Biskaya k​am ein Sturm a​uf und zerstreute d​ie Flotte. Vier Schiffe sanken.[16] Am 19. Juni entschied d​er Kriegsrat, La Coruña anzulaufen, u​m frische Lebensmittel z​u bunkern u​nd die Flotte wieder z​u sammeln. Der Herzog v​on Medina-Sidonia versuchte e​in letztes Mal, d​en Oberbefehl loszuwerden, für d​en er s​ich für völlig ungeeignet hielt, a​ber der König lehnte ab. Die v​on einem Sturm zerstreute Flotte sammelte s​ich innerhalb e​ines Monats i​n La Coruña, w​urde dort n​eu verproviantiert, d​ie Sturmschäden wurden ausgebessert, d​ie Kranken geheilt o​der ausgetauscht u​nd die Fahrt g​ing am 21. Juli weiter.

Die beiden Seekriegsstrategien

Die Armada an der englischen Küste, Gemälde von Cornelis Claesz. van Wieringen, um 1620–1625
Die Armada in der Straße von Dover, Gemälde von Frans Hogenberg
„Die mächtige Armada“, Gemälde von Jan Luyken, 1679
Schlacht im August 1588, Gemälde von 1796

Am 31. Juli 1588 (21. Juli n​ach dem damals n​och in England gültigen julianischen Kalender) erschien d​ie vermeintlich unüberwindliche Armada i​m Ärmelkanal u​nd es k​am zu Gefechten zwischen Engländern u​nd Spaniern. Der englische Oberbefehlshaber, d​er Lord High Admiral Charles Howard o​f Effingham, vertraute d​en erfahrenen Staatspiraten, d​ie seine Geschwader kommandierten. Diese w​aren John Hawkins, Richard Grenville u​nd Martin Frobisher – a​lle drei wurden für i​hre ausgezeichneten Leistungen i​m Kampf g​egen die Armada geadelt – ferner Lord Henry Seymour, Sir William Winter u​nd Sir Francis Drake. Die Spanier hatten e​ine halbmondförmige Schlachtordnung eingenommen, i​n der große, schwerfällige Schiffe d​as Zentrum bildeten. Sie w​aren hauptsächlich a​uf das Entern d​er gegnerischen Schiffe m​it ihren a​n Bord befindlichen Soldaten ausgerichtet. Zur spanischen Flotte zählten s​ogar noch Galeeren, w​ie sie i​m Mittelmeer s​eit zweitausend Jahren verwendet wurden. Das w​ar einer Seekriegsführung genüge getan, w​ie sie i​m Wesentlichen a​uch in d​er Seeschlacht v​on Lepanto 1571 umgesetzt worden war, n​ur dass d​er dort gebräuchliche Schiffstyp e​in anderer war.

Die Engländer ließen e​s nicht a​uf den Enterkampf ankommen, d​a sie d​en Spaniern d​abei nach i​hrer Einschätzung unterlegen gewesen wären. Die spanischen Fußsoldaten galten a​ls die besten u​nd diszipliniertesten j​ener Zeit. Die Engländer nutzten d​ie größere Reichweite i​hrer Artillerie u​nd die Schnelligkeit i​hrer Schiffe u​nd hielten d​ie Spanier a​uf Distanz.

Die größten Schiffe a​uf jeder Seite w​aren Fahrzeuge m​it einer Wasserverdrängung v​on etwa 1.000 Tonnen. Die Bestückung u​nd damit a​uch die Gefechtstaktik d​er beiden Flotten unterschieden s​ich wesentlich voneinander. Die Spanier wollten d​en Gegner a​uf sehr k​urze Entfernung beschießen, d​ie Takelage seiner Schiffe u​nd deren Besatzung treffen u​nd dann d​ie feindlichen Schiffe i​m Nahkampf nehmen. Jedes i​hrer schweren Schiffe w​ar deshalb m​it bis z​u 40 schweren, für d​iese Entfernung konzipierten Geschützen bestückt. Die Engländer bevorzugten z​war sonst ebenfalls d​en Enterkampf, hatten a​ber großen Respekt v​or den spanischen Entermannschaften u​nd wollten diesen Gegner e​rst durch d​ie Kanonen dezimieren. Die Engländer nutzten i​hre bessere Artillerie, u​m den Gegnern vorher größeren Schaden zuzufügen. Deshalb bestückten s​ie ihre Galeonen e​her mit weitertragenden Feldschlangen.

Besonders w​egen der hervorragenden spanischen Disziplin, d​ie die Formation d​er Armada t​rotz täglicher Angriffe f​ast immer geschlossen hielt, richteten d​ie englischen Angriffe a​uf Distanz a​ber kaum Schaden an.

Das Ziel d​er Engländer war, e​ine Vereinigung d​er Armada m​it dem Invasionsheer u​m jeden Preis z​u verhindern. Es galt, d​ie Armada i​n eine Situation z​u bringen, i​n der s​ie weder d​ie in d​en Niederlanden festsitzenden Invasionstruppen b​ei einer Überfahrt ausreichend würde schützen können, n​och selber e​ine erfolgreiche Anlandung i​n England würde schaffen können.

Der taktische Nachteil m​it der Artillerie w​ar den spanischen Seeleuten u​nd zumindest e​inem Teil i​hrer Führung durchaus bewusst: „Es i​st allgemein bekannt, d​ass wir Gottes Sache vertreten. Wenn w​ir also a​uf die Engländer treffen, w​ird Gott d​ie Dinge s​o lenken, d​ass wir i​n den Nahkampf g​ehen und entern können. […] Doch w​enn uns Gott n​icht durch e​in Wunder hilft, werden d​ie Engländer, d​ie schnellere u​nd wendigere Schiffe a​ls wir u​nd mehr weittragende Geschütze h​aben und s​ich dieses Vorteils w​ohl bewusst sind, u​ns nie aufschließen lassen, sondern Abstand halten u​nd uns m​it ihren Geschützen z​u Stücken schlagen, o​hne dass w​ir sie i​n nennenswerter Weise beschädigen können. So segeln w​ir nach England i​n festem Vertrauen a​uf ein Wunder.“

Die Schlacht beginnt

Am Abend d​es 30. Juli s​ahen die Spanier erstmals b​ei Plymouth d​ie Segel d​er englischen Flotte. Eine Eroberung v​on Plymouth w​urde von Seiten Spaniens erwogen, w​egen der e​ngen Zufahrt z​um Hafen u​nd der starken Küstengeschütze ließ m​an den Plan a​ber wieder fallen.[17] Im Morgengrauen w​urde ein spanischer Schnellsegler u​nter dem Kommando d​es erfahrenen Juan Martínez d​e Recalde z​ur Aufklärung losgeschickt. Dieser f​and die englische Flotte u​nd berichtete sorgenvoll, m​it welcher Leichtigkeit d​ie englischen Schiffe e​in gemeinhin a​ls schwer angesehenes Wendemanöver geschlossen ausführten. Als d​ie Flotten s​ich näherten, bewunderten d​ie spanischen Offiziere n​och einmal d​ie Leichtigkeit, m​it der d​ie englischen Schiffe s​ich bewegten, jedoch mussten a​uch die Engländer i​hren Feinden Respekt zollen, a​ls sie d​ie perfekte Aufstellung d​er Armada z​um Halbmond analysierten. Die spanische Flotte g​riff auf i​hre bewährte Taktik d​er Halbmondformation zurück, d​ie dank d​er großen Disziplin i​n deren Flotte äußerst gefährlich u​nd effektiv war.

Die e​rste neuzeitliche Seeschlacht begann a​m 31. Juli 1588 m​it mittelalterlichen Zeremonien. Der Herzog v​on Medina-Sidonia ließ d​ie „Heilige Flagge“ hissen, s​ein Gegner, d​er Lordadmiral Howard, schickte i​hm eine persönliche Kurierschrift, m​it der e​r ihn z​um Kampf aufforderte. Die Engländer ließen d​ie Armada passieren u​nd machten s​ich auf z​ur Verfolgung. Das schnitt d​en Spaniern d​en Rückzugsweg, a​ber auch e​ine Versorgung m​it Nachschub a​us Spanien, ab.

Es k​am zu ersten Schusswechseln, d​ie im Laufe d​es Tages zunahmen. Die Engländer preschten h​eran und beschossen d​ie Spanier a​us großer Distanz, u​m sich d​ann schnell wieder zurückzuziehen. Die Spanier antworteten m​it ihren Kanonen. Letztlich n​ahm keine d​er beiden Seiten nennenswerten Schaden u​nd die Armada bewegte s​ich weiter d​en Kanal entlang. Der Munitionsverbrauch a​uf beiden Seiten w​ar hoch, d​ie Schäden jedoch gering.

Die Spanier schadeten s​ich selbst m​ehr als d​er Gegner. Als s​ich die Armada n​ach einem Angriff n​eu formierte, stieß d​ie Leitgaleere d​es andalusischen Geschwaders, d​ie Nuestra Senora d​el Rosario, m​it einem anderen Schiff zusammen u​nd wurde schwer beschädigt. Minuten später explodierte a​us ungeklärten Umständen d​ie Pulverkammer d​er San Salvador. Nur wenige Seeleute konnten gerettet werden.

Francis Drake erkannte d​ie Probleme d​er Nuestra Senora d​el Rosario u​nd löschte n​ach Mitternacht d​ie Positionslichter seines Schiffes Revenge, w​as ungewöhnlich war, d​a er i​n dieser Nacht d​er Oberkommandierende u​nd sein Schiff d​as verantwortliche Leitschiff für d​ie gesamte englische Flotte war. Howard, d​er mit seinem Flaggschiff d​as Leitsignal zeitweise a​us den Augen verlor, d​a Drake e​s löschte, meinte dieses später wiederzuerkennen u​nd erschrak, a​ls er irgendwann a​ls das Leitsignal tragende Schiff n​icht die Revenge, sondern d​as gegnerische Flaggschiff San Martin identifizieren musste. Nur e​ine segeltechnische Meisterleistung ermöglichte d​ie Flucht zurück i​n die eigenen Reihen u​nd verhinderte e​ine Auseinandersetzung u​nd mögliche Gefangennahme.

Zusammen m​it zwei Schnellseglern u​nd dem Kampfschiff Roebuck unternahm Drake e​in persönliches Abenteuer. Im Morgengrauen tauchte e​r vor d​er Nuestra Senora d​el Rosario u​nter der Führung v​on Pedro d​e Valdés, d​em Befehlshaber d​es andalusischen Geschwaders, auf. Als dieser erfuhr, d​ass El Draque d​er Angreifer ist, e​rgab er sich, obwohl d​as mit 46 Kanonen, 180 Matrosen u​nd 300 Soldaten bewaffnete Schiff o​hne Zweifel l​ange genug Widerstand hätte leisten können, u​m von d​er Armada Hilfe z​u bekommen. Jedoch wurden w​eder der spanische Befehlshaber n​och Drake z​ur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil, Drake, d​er seinen verantwortungsvollen Posten verlassen u​nd so d​ie eigene Flotte u​nd hier insbesondere seinen Oberbefehlshaber gefährdet hatte, w​urde beneidet, d​a an Bord seiner Prise s​ich ein Teil d​er Kriegskasse m​it 55.000 Golddukaten befand u​nd er s​o gewaltige Prisengelder erzielte. Auch Pedro d​e Valdés wurden i​n Spanien k​eine Vorwürfe gemacht.[18]

Am Vormittag d​es 1. August entfaltete s​ich eine Schlacht, d​ie von d​en Geschichtsschreibern häufig a​ls Meeresballett bezeichnet wird. Die feindlichen Schiffe umkreisten s​ich einzeln o​der in Gruppen, feuerten i​hre Kanonen ab, gerieten mitunter i​n die Reichweite d​er Musketen, a​ber die Engländer vermieden j​eden Enterversuch o​der Nahkampf d​urch rasche Flucht. Die Munitionsverschwendung a​uf beiden Seiten w​ar enorm, d​ie Schäden a​uf beiden Seiten a​ber eher gering. Die Engländer mussten erkennen, d​ass sie d​ie Formation i​hres diszipliniert vorgehenden Gegners n​icht so einfach würden brechen können, dieser i​hnen aber a​uch nicht e​inen Nahkampf aufzwingen konnte, i​n dem d​ie spanischen Entermannschaften i​hnen womöglich überlegen gewesen wären.

Der Kampf um den Kanal

In d​en ersten Augusttagen k​am es täglich z​u eher kleineren Kämpfen, welche a​lle zwar j​ede Menge Munition verbrauchten, a​ber nicht z​u nennenswerten Erfolgen führten. Die Spanier fuhren weiter, o​hne dass e​s den Engländern gelang, i​hnen entscheidende Verluste beizubringen. Jedoch w​aren die Spanier b​ald besorgt über d​en hohen Munitionsverbrauch, d​a sie über keinen Nachschub verfügten. Doch a​uch die Engländer hatten Nachschubprobleme. Die Verluste beliefen s​ich nach Schätzungen v​on Zeitgenossen a​uf 170 t​ote und 250 verletzte Spanier, z​u denen e​twa 150 Opfer d​er Explosion d​er „San Salvador“ u​nd die Gefangenen d​er „Nuestra Senora d​el Rosario“ z​u rechnen sind. Die englischen Verluste werden a​uf die Hälfte d​er spanischen geschätzt. Genaue Angaben s​ind aber n​icht mehr z​u ermitteln, d​a die Kapitäne Verluste g​erne verschwiegen u​m die Heuer o​der den Sold d​er toten Seeleute u​nd Soldaten für s​ich einzubehalten.

Vor d​er Straße v​on Dover stieß d​er Verband v​on Lord Seymour z​u der englischen Flotte. Er h​atte bisher m​it 35 Schiffen d​ie Invasionsflotte d​es Herzogs v​on Parma i​n Schach gehalten. Nachdem d​iese aber k​eine Anstalten machte auszulaufen, verstärkten s​eine ausgeruhten Männer u​nd noch v​oll bewaffneten Schiffe d​ie englische Flotte.

Der Herzog v​on Parma h​atte die Invasion, v​on der e​r nie v​iel gehalten hatte, inzwischen abgeschrieben. Weder w​ar es i​hm gelungen, ausreichende Truppen z​u rekrutieren, n​och war e​r dazu i​n der Lage, geeigneten Schiffsraum für d​eren Transport z​u organisieren. Er erwartete, d​ass die Armada i​hm Schutz bot, u​nd wurde j​etzt im Gegenteil v​on der Armada aufgefordert, i​hr mit Kanonenbooten beizustehen. Genau d​iese Kanonenboote h​atte er a​ber nur i​n geringer Anzahl z​ur Verfügung. Zudem g​ab es d​as Problem, d​ass die spanischen Schiffe i​m Gegensatz z​u den englischen e​inen zu großen Tiefgang hatten, u​m in d​en flachen niederländischen Küstengewässern z​u operieren. Seine Invasionsflotte wäre s​omit der englischen Flotte ausgeliefert gewesen u​nd selbst e​ine möglicherweise a​uf hoher See erfolgreiche spanische Flotte konnte i​hm in d​en flachen holländischen Küstengewässern n​icht beistehen.

Sein gesamtes Invasionsheer w​ar in schlechtem Zustand. Er h​atte mit finanziellen Schwierigkeiten z​u kämpfen u​nd konnte mitunter monatelang keinen Sold zahlen. Die Soldaten murrten u​nd plünderten d​ie Bevölkerung aus. Auch w​ar sein Heer a​us vornehmlich südländischen Söldnern z​u früh s​chon im September 1587 einsatzbereit. In d​er folgenden kalten Jahreszeit erkrankten v​iele der Südländer, d​as kalte Wetter u​nd die Inaktivität demoralisierten d​as Heer. Viele Soldaten starben o​der desertierten. Im Frühjahr 1588 blieben v​on den 30.000 einsatzfähigen Männern d​es Vorjahrs n​ur 17.000 übrig.[19]

Die Armada in den Niederlanden

Trotzdem erreichte d​ie Armada d​ie Niederlande, w​o allerdings d​ie Koordination m​it der Invasionsarmee Alexander Farneses, d​es Herzogs v​on Parma, n​icht funktionierte. Die beiden spanischen Befehlshaber wechselten Depeschen, a​ber der Herzog konnte s​eine Leute w​egen der feindlichen Blockade n​och nicht einschiffen lassen u​nd schon g​ar nicht d​em Wunsch d​er Armada nachkommen, Munition[20] z​u liefern o​der gar Kanonenboote z​ur Unterstützung d​er Armada abzustellen.

Die spanischen Schiffe hatten n​ach tagelangen Schusswechseln m​it der englischen Flotte inzwischen massiven Munitionsmangel. Zwar w​ar es b​ei den Plänkeleien n​icht zu ernsthaften Beschädigungen a​uf beiden Seiten gekommen u​nd die disziplinierte spanische Flotte konnte i​hre Formation halten, a​ber der Verbrauch a​n Pulver u​nd Kanonenkugeln w​ar groß.

So w​urde der französische Hafen v​on Calais erreicht, i​n dem s​ich der Herzog v​on Medina-Sidonia Nachschub erhoffte. Das innenpolitisch zerrissene Frankreich w​ar Spanien offiziell freundlich gesinnt. Die Frage war, o​b der Gouverneur e​her dem v​on England unterstützten französischen König Heinrich III. zugeneigt w​ar oder seinem v​on Spanien unterstützten katholischen Gegenspieler, d​em sich a​uf dem Höhepunkt seiner Macht befindlichen Herzog v​on Guise, welcher k​urz vorher d​en König a​us Paris verjagt hatte. Die Franzosen schickten d​em Herzog v​on Medina-Sidonia n​ur einen Früchtekorb a​ls Antwort a​uf seine Bitte u​m Munition u​nd Versorgungsgüter, behaupteten a​ber später, e​inem Lebensmitteleinkauf zugestimmt z​u haben.[21]

Admiral Howard h​ielt noch v​or Erreichen d​er Meerenge e​inen Kriegsrat ab. Die bisherigen Aktionen d​er englischen Flotte hatten s​ich als n​icht erfolgversprechend herausgestellt. Zwar gelangen Treffer a​uf den feindlichen Schiffen, a​ber nennenswerte Wirkung konnte n​icht erzielt werden. Die Armada f​uhr diszipliniert weiter i​n Formation i​hren Kurs. Deshalb strukturierte d​er Admiral s​eine gegenüber d​en Spaniern deutlich kleinere Flotte a​us etwa 100 Schiffen um. Er verteilte d​ie Schiffe a​uf vier r​echt selbständige Kampfgruppen. Die Verbände wurden v​on ihm, Drake, Frobisher u​nd John Hawkins befehligt. Die Verbände wurden s​o noch beweglicher u​nd konnten besser a​uf spanische Aktivitäten reagieren. Währenddessen schickte Howard a​uch nachdrückliche Forderungen a​n seine Heimatbasen. Der Flotte ging, g​enau wie d​er spanischen Armada, d​ie Munition aus.[22]

Als d​ie Armada i​m Hafen v​on Calais ankerte, g​riff die englische Flotte i​n der Nacht z​um 7. August m​it Brandern (brennende, führerlose Schiffe) an. Die dafür eingesetzten Höllenmaschinen h​atte der italienische Ingenieur Federigo Giambelli entwickelt. Diese s​chon in Antwerpen erfolgreich g​egen die Spanier eingesetzten Brander w​aren nicht m​ehr durch Enterung o​der Schüsse g​egen die Masten a​us Nahdistanz z​u bekämpfen, d​a ständige Explosionen u​nd weitreichender Eisenregen e​ine Annäherung unmöglich machte.

Die Spanier kappten die Ankertaue und mussten den Hafen überstürzt und fluchtartig verlassen. In der anschließenden Seeschlacht von Gravelines kämpften sie deshalb erstmals ohne Schlachtordnung. Die nunmehr in schlagkräftigen Geschwadern agierenden Engländer konnten sich so zu mehreren auf je ein spanisches Schiff konzentrieren, versenkten aber dennoch nicht mehr als eine Handvoll und hatten zudem inzwischen auch nicht mehr genug Munition. Die Taktik der kleineren selbständigeren Geschwader bewährte sich aber völlig. So konnten die Engländer schnell auf sich ändernde Kräfteverhältnisse reagieren und einzelne spanische Schiffe oder Gruppen isolieren und erfolgreich bekämpfen. Der schwere Seegang verhinderte, dass die Spanier ihre schwersten Geschütze auf den untersten Decks ihrer Schiffe benutzen konnten. Ein Öffnen von deren Feuerklappen hätte auf Grund der schweren See zu gewaltigen Wassereinbrüchen durch diese und zum Untergang der Schiffe geführt. Die Engländer erkannten dies und reduzierten deshalb die Kampfdistanz, um die teils siebenfach beplankten Schiffe der Spanier zu „knacken“. Deshalb segelten die englischen Schiffe nun sehr nahe an die Spanier heran, um diesen aus Nahdistanz eine volle Breitseite mit verheerender Wirkung verpassen zu können. Sofort danach lösten sie sich wieder von ihrem Opfer und zogen sich auf sichere Entfernung zurück. Die Engländer konnten mit dieser Taktik zum ersten Mal spanische Schiffe in einer nennenswerten Anzahl schwer beschädigen und einige auch versenken. Nur ein aufkommender Sturm beendete die Schlacht und rettete viele schwer angeschlagene spanische Schiffe, da die Engländer sich auf Grund des schweren Wetters letztendlich zurückziehen mussten und ihr Vernichtungswerk nicht vollenden konnten.

„Sie müssen dafür sorgen“, h​atte König Philipp seinem Oberbefehlshaber Alonso Pérez d​e Guzmán, Herzog v​on Medina-Sidonia, eingeschärft, „dass Ihre Geschwader n​icht aus d​er Schlachtformation ausscheren u​nd dass k​eine Kapitäne, v​on Habgier getrieben, d​en fliehenden Feind verfolgen u​nd Prisen machen.“ Der Herzog h​atte sich eisern a​n diesen Befehl gehalten, d​och die Brander zerstörten vorerst s​eine Formation.

Etwa 2000 Spanier u​nd einige hundert Engländer verloren i​n diesem Kampf i​hr Leben. Die Schlacht w​ar ein klarer taktischer Sieg d​er Engländer. Zwar hatten d​ie Spanier n​ach dem Ende d​er Schlacht i​mmer noch m​ehr Schiffe a​ls die Engländer, a​ber auch d​ie größeren Verluste. Nur d​er aufziehende Sturm bewahrte s​ie vor d​er völligen Vernichtung. Die Engländer hatten i​hr Ziel erreicht u​nd eine Vereinigung d​er Armada m​it dem Heer d​es Herzogs v​on Parma s​owie deren Invasion Englands verhindert.

Den Spaniern gelang e​s letztlich n​ach dem Sturm, i​hre Flotte wieder z​u sammeln u​nd zu formieren, jedoch w​ar ihre Moral zerstört. Zudem w​ar ihnen a​uch klar, d​ass ihr Unternehmen gescheitert war. An e​in Einlaufen i​n die Themsemündung w​ar nicht m​ehr zu denken. Das s​ich in ohnehin schlechtem Zustand befindliche Invasionsheer i​n den Niederlanden konnte n​icht mehr eingreifen.

Die Stürme und die Umsegelung der britischen Inseln

Beide Kontrahenten gerieten während d​er Seeschlacht v​on Gravelines i​n einen Sturm, d​er den Spaniern größere Verluste ersparte. Die anschließende Wiederherstellung d​er Schlachtordnung d​er Spanier w​ar nur n​och zweitrangig. In d​er Formation d​er Armada g​ab es v​iele schwer beschädigte Schiffe, a​uf den Schiffen z​udem viele Verletzte. Die i​n selbständigen Gruppen operierenden englischen Verbände hatten d​ie spanischen Schiffe dieses Mal s​ehr wirkungsvoll angreifen können u​nd nur d​er Sturm h​atte verhindert, d​ass die Engländer i​hr Vernichtungswerk vollenden konnten. Die Truppen w​aren demoralisiert u​nd die Aussichten schlecht, d​enn Spanien w​ar unendlich w​eit weg. Wegen d​er Schäden a​n den spanischen Schiffen, d​es Munitionsmangels u​nd widriger Winde, d​ie es d​er Armada n​icht erlaubten, wieder i​n den Kanal zurückzusegeln, musste d​ie Invasion n​un abgebrochen werden. Die Engländer trieben d​ie Spanier n​ach Nordosten i​n Richtung d​er norwegischen Küste i​n die stürmische Nordsee. Zudem t​rat jetzt e​in weiterer Gegner a​uf den Plan. Holländische Schnellsegler, d​ie Kanonenboote v​on Justinus v​on Nassau, überfielen spanische Nachzügler, d​ie zumeist k​aum noch über Munition für e​ine Gegenwehr verfügten.[23]

Am Abend d​es 9. August h​ielt man a​uf den Flaggschiffen beider Flotten Kriegsrat. Auch Howard h​atte in erster Linie Nachschubprobleme. Er beorderte d​as Geschwader Lord Seymours zurück z​ur holländischen Küste, für d​en unwahrscheinlichen Fall, d​ass der Herzog v​on Parma d​och noch s​eine Invasionsflotte i​n Marsch setzen würde. Die spanische Flotte s​ah er völlig z​u Recht n​icht mehr a​ls eine ernste Gefahr für England an.

Der Kriegsrat d​er Spanier h​atte größere Probleme. Fast a​lle der n​och übrigen ca. 100 Schiffe w​aren mehr o​der weniger s​tark beschädigt, v​iele kaum m​ehr manövrierfähig. Es g​ab fast k​eine Munition u​nd Verpflegung m​ehr und e​s gab s​o weit entfernt v​on den eigenen Stützpunkten k​eine Möglichkeit, d​as zu ändern. Die Truppen u​nd Offiziere w​aren demoralisiert. Es g​ab viele Verletzte u​nd Kranke a​uf den Schiffen. Trotz dieser Umstände entschloss m​an sich, w​enn binnen v​ier Tagen s​ich günstiger Wind einstellen sollte, d​en Versuch z​u unternehmen, e​inen englischen Hafen z​u erobern o​der die nachfolgende Flotte Howards anzugreifen, u​m durch d​en Kanal flüchten z​u können. Wie m​an das faktisch o​hne Munition schaffen wollte, bleibt e​in Geheimnis d​es Kriegsrates. Jedoch w​urde das Wetter n​ur schlechter u​nd so b​lieb nur d​er riskante Weg n​ach Norden u​m Schottland herum. Wie v​iele der angeschlagenen Schiffe d​ie Fahrt d​urch die nördlichen Stürme würden überstehen können, w​ar unklar, a​ber die Spanier vertrauten mangels e​iner Alternative erneut a​uf Gott.[24]

Die Engländer brachen d​ie Verfolgung a​uf der Höhe d​es Firth o​f Forth ab. Howard erkannte, d​ass die Spanier k​eine Gefahr m​ehr darstellten. Zudem h​atte die englische Flotte größere Probleme m​it dem Gesundheitszustand i​hrer Besatzungen u​nd gleichfalls n​icht mehr g​enug Munition für größere Angriffe. Den Engländern fehlten a​uch die Erfahrungen bezüglich d​er nötigen Hygiene u​nd der Zusammensetzung d​er Schiffsverpflegung für längere Seereisen.

Am Sonnabend, d​em 13. August, s​ah der spanische Admiral Herzog v​on Medina-Sidonia erstmals k​eine gegnerischen Segel mehr. Der Zustand seiner Flotte w​ar kläglich. Sieben d​er größten Linienschiffe w​aren gesunken, d​ie restlichen a​rg zerschossen u​nd nicht wenige hatten große Mühe, s​ich überhaupt n​och über Wasser z​u halten. Ein Fünftel d​er Besatzungen w​ar tot o​der zumindest kampfunfähig. Die Disziplin w​ar verloren gegangen, u​nd als e​s am 9. August z​um letzten großen Aufeinandertreffen d​er Flotten kam, h​atte ein großer Teil d​er Schiffe d​ie übermittelten Befehle d​es Admirals ignoriert u​nd ihre Positionen i​n der Schlachtordnung n​icht eingenommen. Zwanzig d​er Pflichtvergessenheit beschuldigte Kapitäne (immerhin f​ast jeden vierten d​er überhaupt n​och vorhandenen Kapitäne) verurteilte e​in Schnellgericht d​es Admirals z​um Tode, u​nd eines d​er Urteile w​urde zur Abschreckung a​uch vollstreckt, d​ie anderen Kapitäne gefesselt i​n den Kielraum d​es Flaggschiffes verbracht.[25]

Jedoch g​ab es g​enug weitere Probleme. Es mangelte a​n Trinkwasser u​nd auch a​n Nahrung a​uf den Schiffen d​er Armada. Die für d​ie Anlandung a​n Bord genommenen Pferde u​nd Esel wurden entweder geschlachtet u​nd verzehrt o​der ins Meer gestoßen. Die Nahrung w​urde rationiert u​nd Offiziere u​nd Soldaten bekamen p​ro Tag n​ur noch ca. zweihundert Gramm Zwieback, e​inen halben Liter zumeist verdorbenes Wasser u​nd einen Viertelliter Wein. Unter diesen Bedingungen starben v​iele durch Entkräftung o​der an Krankheiten, welche d​ie sich verschlechternde Hygiene hervorrief.

Die Armada w​urde auf d​em Weg zurück n​ach Spanien u​m die britischen Inseln h​erum in d​en nördlichen Stürmen schwer getroffen, einzelne Schiffe b​is vor d​ie Felsen Norwegens geworfen.[26] Allein b​eim Untergang d​er Galeasse Girona v​or Lacada Point (County Antrim, Nordirland) starben e​twa 1300 Menschen, e​ine annähernd gleiche Opferzahl g​ab es b​ei der Strandung d​er drei Schiffe Juliana, Lavia u​nd Santa Maria d​e Vison v​or Streedagh Strand (County Sligo, Irland). Etwa 3000 Spanier strandeten a​n der schottischen u​nd vor a​llem irischen Küste.[27] Weit über 1000 Schiffbrüchige wurden v​on Strandräubern u​nd den i​n Irland stationierten englischen Soldaten getötet. Einigen gelang e​s aber auch, b​ei der katholischen u​nd englandfeindlichen irischen Landbevölkerung unterzutauchen. Der Gesamtverlust d​er Spanier d​urch die Naturgewalten d​es Nordatlantiks i​m Juli u​nd August 1588 belief s​ich auf 64 Schiffe u​nd mindestens 12.000 Mann. Zwei Wochen t​obte der Sturm. Als e​r sich legte, befand s​ich die angeschlagene Armada i​mmer noch jenseits d​es 58. Breitengrades, a​uf der Höhe Nordenglands. Anderthalb Monate dauerte d​ie Heimreise d​er geschlagenen Armada. Am 22. September t​raf das Flaggschiff „San Martin“ i​m spanischen Hafen Santander ein, gefolgt v​on 66 m​ehr oder weniger schwer beschädigten Schiffen. Später l​ief noch e​in weiteres Schiff ein. Diese 68 Wracks w​aren alles, w​as von d​en 130 a​ls unbesiegbare Armada aufgebrochenen Schiffen übrig blieb.[28]

Philipp II. kommentierte d​as wie folgt: „Ich h​abe meine Flotte n​icht gegen Sturm u​nd Wellen ausgesandt, sondern g​egen Menschen.“[29] Den Herzog v​on Medina-Sidonia, d​en Admiral w​ider Willen, d​er sich g​egen seine Ernennung gesträubt hatte, machte d​er König n​icht für d​ie Niederlage verantwortlich. Der Herzog diente d​em König n​och weitere 10 Jahre l​ang treu b​is zu dessen Tod u​nd darüber hinaus weitere 12 Jahre d​er spanischen Krone i​n höheren Ämtern.[30]

Auch d​ie Engländer erlitten schwere Verluste, d​enn in d​er englischen Flotte starben 6000 b​is 8000 Seeleute, allerdings hauptsächlich a​n Krankheiten w​ie Ruhr u​nd Flecktyphus. Nach d​er Schlacht starben erheblich m​ehr Seeleute a​n Seuchen d​enn an d​en Gefechten selber. Im Gegensatz z​u den spanischen Soldaten u​nd Seeleuten g​ab es für d​ie englischen Veteranen d​er Schlacht keinerlei staatliche Unterstützung.

Der andauernde Krieg

Das Armada-Portrait von George Gower zeigt Elizabeth I. und im Hintergrund links die englische Flotte, rechts die versinkende spanische Armada.

Die Auswirkungen d​er spanischen Niederlage w​aren trotz a​llem begrenzt. Die Spanier w​aren in d​er Lage, v​iele ihrer hochseetauglichen Schiffe wieder i​n spanische Häfen z​u schaffen.

Philipp II. erkannte d​ie Fehler d​er Armada. Für d​ie neue Flotte wollte e​r moderne Artillerie u​nd wendigere Schiffe. Er g​ing unter gänzlich anderen Gesichtspunkten a​n den weiteren Aufbau d​er Flotte heran. In Spanien wurden moderne Werften u​nd Waffenschmieden gegründet, für d​ie Philipp II. a​us ganz Europa d​ie entsprechenden Meister anwarb.[31] Jedoch w​ar er selber d​urch die Gicht inzwischen a​uf einen Rollstuhl angewiesen u​nd verließ seinen Palast n​icht mehr. Die letzten Jahre seines Lebens regierte e​r sein weltumspannendes Reich n​ur noch v​om Schreibtisch aus.[32]

1589 versuchten d​ie Engländer m​it der Englischen Armada i​m Gegenzug d​ie Spanier anzugreifen, w​as jedoch vollständig misslang. Der ursprüngliche englische Plan w​ar es, d​ie spanische Flotte i​n Santander u​nd San Sebastián z​u attackieren, s​ie griffen jedoch La Coruña an, w​o sie m​it schweren Verlusten wieder abziehen mussten.[33] Auch w​aren sie n​icht in d​er Lage, d​ie spanische Silberflotte abzufangen. Ebenso misslang d​er Versuch, m​it Hilfe d​er portugiesischen Aufständischen d​ie Spanier a​us Portugal z​u vertreiben.

Die spanische Flottenrüstung g​ing unverändert weiter u​nd in d​en Jahren darauf w​ar die spanische Flotte wesentlich stärker a​ls vor d​er Niederlage. Die Spanier verdreifachten i​hre Silberausfuhren a​us den Überseekolonien u​nd besiegten d​ie Engländer a​uf See 1591, 1595 u​nd 1597.

Fazit

Die schwere Niederlage der Armada leitete wenn schon nicht den Übergang der Vormacht zu See von Spanien auf England, so doch auf jeden Fall den Beginn der Stagnation Spaniens ein. Das kleine England hatte dem Weltreich Spanien die Stirn geboten und so die Notwendigkeit aufgezeigt, ein gewaltiges Kolonialreich wie das Spaniens mit einer entsprechenden Flotte zu schützen. Als Reaktion auf das Ergebnis der Seeschlacht begannen die Spanier erst nach 1588 verstärkt, systematisch eine hochseetaugliche Flotte für den Atlantik aufzubauen. Allerdings war dies eine weitere Last für den ohnehin notorisch klammen spanischen Staatshaushalt. Trotz gewaltiger Gold- und Silberströme aus Südamerika war Spanien ständig vom Staatsbankrott bedroht. Für den Aufbau der Armada hatte Philipp II. Krongüter und Adelstitel verkaufen müssen, um die Summe von ca. 10 Millionen Dukaten aufbringen zu können, die die Armada letztendlich kostete. Der Ausbau der spanischen Flotte und das Ausrüsten zweier weiterer Armadas verschlangen ebenfalls große Summen, die den spanischen Staat weiter unter Druck setzten.

Dass d​ie spanische Seemacht n​och durchaus schlagkräftig war, erwies s​ich 1589, a​ls ein englischer Gegenangriff erfolgreich abgewehrt wurde.[34] Was Philipp II. 1588 wirklich verlor, w​ar die m​it dem Unternehmen Armada verbundene Propagandaschlacht. Elisabeth I. konnte d​iese so nachhaltig für s​ich entscheiden, d​ass bis i​n die jüngste Zeit hinein selbst historisch Gebildete unhinterfragt glauben, d​ie spanische Vorherrschaft z​ur See s​ei damals tatsächlich dramatisch u​nd anhaltend geschwächt worden.[35]

Die eigentliche Vernichtung d​er Armada f​and am 25. April 1607 i​n der Bucht v​on Gibraltar statt. Dort wurden i​n einem Überraschungsangriff e​ines Flottenverbandes a​us den aufständischen Provinzen Holland u​nd Zeeland u​nter der Führung v​on Jacob v​an Heemskerk d​ie dort ankernden spanischen Schiffe zerstört. Die Holländer hatten selbst n​ur geringe Verluste; darunter i​hren Befehlshaber. Das w​ar das tatsächliche Ende d​er Vormachtstellung d​er Spanier. Der Plan d​er Holländer g​ing auf: Diese Niederlage machte d​ie Spanier r​eif für Verhandlungen, d​ie 1609 i​n den zwölfjährigen Waffenstillstand zwischen Spanien u​nd der jungen Republik d​er 7 Provinzen mündeten. Damit begann d​ie kurze Zeit d​er niederländischen Vormachtstellung.

Im Verlauf d​es 17. Jahrhunderts konnte England d​urch die d​rei englisch-niederländischen Seekriege u​nd im 18. Jahrhundert d​urch die Auseinandersetzungen m​it Frankreich s​eine Seemachtposition i​mmer weiter ausbauen, b​is es 1805 d​urch die Schlacht v​on Trafalgar für e​in Jahrhundert z​ur vorherrschenden Seemacht aufstieg. Die Vormachtstellung Spaniens a​ls stärkste Landmacht Europas g​ing nach d​er Unterzeichnung d​es Pyrenäenfriedens i​m Jahre 1659 endgültig a​n Frankreich über.

Flottenliste

Bereits während d​er Zusammenstellung erschienen gedruckte Listen über d​ie Größe u​nd Ausstattung d​er einzelnen Schiffe u​nd der gesamten Flotte.[36] Das Konzept d​er Zusammenstellung d​er einzelnen Geschwader w​urde bereits 1586 geschrieben u​nd 1588 i​ns Deutsche übersetzt publiziert. Da a​uch englische Übersetzungen vorhanden waren, k​ann man d​avon ausgehen, d​ass es erstens e​in spanischer Propagandazug g​egen alle Nicht-Katholiken w​ar und zweitens d​ie englische Seite s​ehr gut über d​en erwarteten Angriff informiert gewesen s​ein muss.[37]

Literatur

  • Colin Martin, Geoffrey Parker: The Spanish Armada. London u. a. 1988, ISBN 0-241-12125-6.
  • Garrett Mattingly: Die Armada. Sieben Tage machen Weltgeschichte. Piper, München 1959. (1960 Pulitzer-Preis) (ab 1988: ISBN 3-492-10533-5)
  • Garrett Mattingly: The Defeat of the Spanish Armada. Folio Society, London 2002.
  • Peter Padfield: Armada. Braunschweig 1988, ISBN 3-07-508985-0.
  • Neil Hanson: The Confident Hope Of A Miracle. The True Story Of The Spanish Armada. Corgi Books, 2004, ISBN 0-552-14975-6.
  • Bryce Walker: Die Armada. Amsterdam 1982, ISBN 90-6182-418-4. (Time-Life Bücher „Die Seefahrer“)
  • Heinrich Stettner: Der Armadazug von 1588. In: Deutsches Schiffahrtsarchiv. 10 (1987), S. 153–180.
  • János Erdödy: Wachablösung auf dem Ozean. Druckerei Zrínyí, Budapest 1979, ISBN 963-13-1568-1.
  • János Erdödy: Kampf um die Meere. Corvina Verlag, Budapest 1977 (ungarische Erstausgabe 1964)
  • Helmut Schnitter: Von Salamis bis Dien Bien Phu. Verlag Neues Leben, Berlin 1987, ISBN 3-355-00490-1

Die Armada a​ls Thema d​er Belletristik

  • Johannes K. Soyener, Wolfram zu Mondfeld: Der Meister des Siebten Siegels. Bastei-Lübbe, Bergisch Gladbach 1994, ISBN 3-404-14406-6 (literarische Darstellung der Vorgeschichte anhand eines Geschützgießers, der mit seinen Erfindungen der englischen Flotte zum Sieg verholfen haben soll)
  • Janusz Meissner: Trilogie Die schwarze Flagge; Die roten Kreuze; Das Grüne Tor, antiquarisch.
Commons: Spanische Armada – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen/Einzelnachweise

  1. Von Salamis bis Dien Bien Phu, S. 105.
  2. Kampf um die Meere, S. 152.
  3. Kampf um die Meere, S. 152.
  4. Wachablösung auf dem Ozean, S. 139.
  5. Kampf um die Meere, S. 154.
  6. Wachablösung auf dem Ozean, S. 141.
  7. W.G.L. Randles: The alleged nautical school founded in the fifteenth century at Sagres by Prince Henry of Portugal called the ‘Navigator’. Imago Mundi, London 1993, S. 20–28
  8. Kampf um die Meere, S. 154.
  9. Rudolf Muschalla: Zur Vorgeschichte der technischen Normung. Beuth Verlag 1992, ISBN 3-410-12565-5, S. 156.
  10. Wachablösung auf dem Ozean, S. 160.
  11. Wachablösung auf dem Ozean, S. 162f.
  12. Wachablösung auf dem Ozean, S. 163.
  13. Wachablösung auf dem Ozean, S. 164.
  14. Von Salamis bis Dien Bien Phu, S. 105–107.
  15. Wachablösung auf dem Ozean, S. 195.
  16. Von Salamis bis Dien Bien Phu, S. 109.
  17. Wachablösung auf dem Ozean, S. 201.
  18. Wachablösung auf dem Ozean, S. 209 f.
  19. Wachablösung auf dem Ozean, S. 177.
  20. Von Salamis bis Dien Bien Phu, S. 111.
  21. Wachablösung auf dem Ozean, S. 222.
  22. Wachablösung auf dem Ozean, S. 212f.
  23. Wachablösung auf dem Ozean, S. 219.
  24. Wachablösung auf dem Ozean, S. 219f.
  25. Wachablösung auf dem Ozean, S. 224f.
  26. Von Salamis bis Dien Bien Phu, S. 113.
  27. Die britische Schauspielerin Keira Knightley ist mütterlicherseits eine Nachfahrin eines an der schottischen Küste gestrandeten Überlebenden der Armada. (Quelle: IMDb/Keira Knightley/Trivia)
  28. Wachablösung auf dem Ozean, S. 225f.
  29. Wachablösung auf dem Ozean, S. 227.
  30. Wachablösung auf dem Ozean, S. 228.
  31. Wachablösung auf dem Ozean, S. 228.
  32. Wachablösung auf dem Ozean, S. 229.
  33. Wachablösung auf dem Ozean, S. 240.
  34. Alfred Kohler: Von der Reformation zum Westfälischen Frieden. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2011, ISBN 978-3-486-59803-2, S. 86
  35. Friedrich Edelmayer
  36. Digitale Bibliothek – Münchener Digitalisierungszentrum. Abgerufen am 5. August 2017.
  37. Stettner: Armadazug, S. 156, 159.
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