Solvay
Solvay ist ein multinationaler Konzern mit international tätigen Gruppen von Chemieunternehmen. Er beschäftigt ca. 24.500 Menschen in 40 Ländern[2] und gehört zu den 10 größten Chemieunternehmen weltweit. Der Ursprung liegt im Ort Couillet, etwa 50 km südlich von Brüssel. Die deutsche Tochtergesellschaft Solvay GmbH hat den Hauptsitz in Hannover.
Solvay S.A. | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft (Belgien) |
ISIN | BE0003470755 |
Gründung | 1863 |
Sitz | Brüssel, Belgien |
Leitung | Ilham Kadri (CEO) |
Mitarbeiterzahl | 24.500 (Vollzeitäquivalent)[1] |
Umsatz | 10,3 Mrd. Euro[1] |
Branche | Chemie |
Website | www.solvay.de |
Stand: 15. Mai 2019 |
Soda-Patente und erstes Werk 1863
- Logo bis 2013
Das erste Werk wurde 1863 von den Brüdern Alfred und Ernest Solvay im belgischen Charleroi nahe Brüssel gegründet. Während Alfred mehr für die wirtschaftlichen Aspekte zuständig war, war sein Bruder Ernest eher Chemiker und Philanthrop. Er entwickelte das Solvay-Verfahren (auch Ammoniak-Soda-Verfahren), welches nach ihm benannt wurde und 1865 Patentreife erreicht hatte.
Das junge Unternehmen stand in den ersten Jahren ständig am Rande eines Konkurses, denn die Produktion war viel teurer als gedacht. Um sie gewinnbringend betreiben zu können, waren weitere Experimente nötig. Der chemische Prozess war 1872 perfektioniert, doch waren hohe Schulden aufgelaufen. Gegen das 1790 von Nicolas Leblanc entwickelte Verfahren zur Gewinnung von Natriumcarbonat konnte sich Solvay nicht durchsetzen. Der Vater machte sich Sorgen um seine Söhne, doch Ernest schrieb ihm: „Um die Zukunft zu sichern, muss ich heute Opfer bringen.“ Das Unternehmen scheiterte. Der Unternehmer Solvay nahm jedoch in einem neuen Anlauf Gesellschafter und Kapital hinzu und konnte sein Verfahren durchsetzen.
Als das Verfahren zu einer preiswerten Massenproduktion verfeinert war, vergaben die Brüder Lizenzen und errichteten ab 1880 weitere Anlagen in England, Frankreich (1873 in Dombasle-sur-Meurthe, 1896 in Salin-de-Giraud), den USA, Deutschland (1880 in Wyhlen, 1883 in Bernburg (Saale)) und Österreich sowie 1906 in Rheinberg/Ossenberg. 1921 erfolgte der Kauf der Schweizerischen Sodafabrik von der Vereinigten Schweizerische Rheinsalinen.[3]
Um 1900 entfielen bereits 95 Prozent der globalen Soda-Produktion auf Solvay, und heute gibt es weltweit etwa 70 Fabriken, die mit dem Verfahren arbeiten. Die Soda-Produktionsmethode der Brüder Solvay ist im Wesentlichen bis heute unverändert.
Durch Ernest Solvay wurden 1911 die berühmten Solvay-Konferenzen ins Leben gerufen. Mit Geldern der Firma Solvay wurde auch das „nationale Hilfskomitee“ unterstützt, das gegen Ende des Ersten Weltkrieges von belgischen Industriellen und Bankern gegründet worden war.
Die ursprüngliche Firma unterstützte – vor allem in der Person von Ernest Solvay – zahlreiche Sozial- und Bildungsprojekte und führte als eine der ersten in Europa den Achtstundentag ein. Auch andere Wissenschaften wie Soziologie und physikalische Chemie wurden durch Institutsgründungen an der Universität Brüssel gefördert, wofür sich vor allem Ernest einsetzte. Ferner wurden aus den Einnahmen drei Forschungsinstitute in Brüssel finanziert, weil der Mäzen der Menschheit einen Teil seines Reichtums zurückgeben wollte.
Der Solvay-Konzern heute
Die Soda-Produktionsmethode der Brüder Solvay ist im Wesentlichen bis heute unverändert. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich aber die Produktpalette auf andere Grundstoffe der Chemie erweitert, wobei das Wachstum eindeutig auf Alfred Solvay zurückgeht:
Im März 2006 wurde ein 50/50 Joint Venture namens SolviCore mit der belgischen Umicore vereinbart. Gegenstand des Unternehmens ist die Weiterentwicklung, Produktion und Vermarktung der Membran-Elektroden-Einheit (MEA), dem Hauptbestandteil der Brennstoffzelle. Unabhängig davon setzen beide Unternehmen Ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten im Bereich Brennstoffzellen weiterhin in ihren Spezialgebieten Membrane (Solvay) bzw. Edelmetallkatalysatoren (Umicore) getrennt fort.
Die Europäische Kommission verhängte dem Unternehmen 2006 wegen Wettbewerbsabsprachen im Bereich von Bleichmittelprodukten eine Geldstrafe in Höhe von 167,1 Millionen Euro. Für 4,5 Mrd. Euro wurde 2009 das Pharmageschäft an Abbott Laboratories verkauft.[5] Der konsolidierte Jahresumsatz des Solvay S.A. Konzerns Brüssel betrug 2010 7,1 Mrd. €.
Im September 2011 wurde der französische Konzern Rhodia für 3,4 Mrd. Euro übernommen. 2014 wurde das Polyvinylchlorid-Geschäft in ein neues Joint Venture mit Ineos zusammengelegt.[6]
2015 kaufte Solvay den amerikanischen Konzern Cytec für 5,5 Mrd. US-Dollar.[7]
Aktionäre
Größter Einzelaktionär ist mit rund 30 % die Solvac S.A., die sich zu etwa 80 % in Händen von Mitgliedern der Solvay-Gründerfamilie befindet (Stand 31. Dezember 2015).[8]
Kritik
Die Androhung von rechtlichen Schritten gegenüber Wellington Laboratories, einem kanadischen Anbieter von Analysenstandards, sollte dieser den Verkauf des PFAS-Standards C6O4[9] nicht einstellen, löste 2021 ein großes Echo aus.[10][11][12] Im Juni 2021 lenkte Solvey partiell ein und erlaubte einem italienischen Unternehmen, unter gewissen Bedingungen analytische Standards anzubieten.[13]
Weblinks
- solvay.de (Firmenwebsite von Solvay Deutschland)
- solvay.com (Firmenwebsite)
- Beschreibung dieser Sehenswürdigkeit auf der Route der Industriekultur (archivierte Version)
- Deutsche Solvay-Werke. Kaliwerke Bernburg-Solvayhall, 1880–1979, Landesarchiv Sachsen-Anhalt
Einzelnachweise
- 2018 Key figures. Abgerufen am 26. März 2021 (englisch).
- solvay.com: Solvay in brief (PDF; 4,5 MB), November 2011.
- Webseite Verband Aargauer Museen und Sammlungen
- Geschäftsbericht 2015 (englisch (Memento vom 14. April 2016 im Internet Archive), französisch (Memento vom 14. April 2016 im Internet Archive), niederländisch (Memento vom 14. April 2016 im Internet Archive))
- CHEManager 7–8, 2011, S. 2.
- Fusionskontrolle: Kommission leitet eingehende Untersuchung des Joint Ventures von INEOS und Solvay im PVC-Geschäft ein
- Solvay schließt Kauf von Cytec ab und startet Integrationspläne, 9. Dezember 2015.
- Major shareholders
- Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu C6O4: CAS-Nummer: 1190931-27-1, EG-Nummer: 682-238-0, ECHA-InfoCard: 100.207.411, PubChem: 154735201, Wikidata: Q63526109.
- Ryan Felton: Solvay Impedes Research Into Unknown PFAS by Threatening Testing Lab With Legal Action. In: Consumer Reports. 10. Februar 2021, abgerufen am 26. März 2021 (amerikanisches Englisch).
- Solvay Impedes Research Into Unknown PFAS by Threatening Testing Lab With Legal Action. 11. Februar 2021, abgerufen am 26. März 2021 (amerikanisches Englisch).
- Cheryl Hogue, Craig Bettenhausen: A tale of PFAS, pollution, and patent claims – A novel legal maneuver by Solvay threatens the availability of an analytical standard. In: Chemical & Engineering News. Band 99, Nr. 11, 27. März 2021 (acs.org).
- Craig Bettenhausen: Solvay provides contested PFAS reference standard. In: Chemical & Engineering News. Band 99, Nr. 23, 16. Juni 2021 (acs.org).