Électricité de France
Die Électricité de France SA (EDF) ist eine börsennotierte, staatlich dominierte französische Elektrizitätsgesellschaft. EDF ist der zweitgrößte Stromerzeuger weltweit. EDF beschäftigte 2010 weltweit über 158.000 Mitarbeiter zur Versorgung von etwa 37 Millionen Kunden.
Électricité de France SA | |
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Rechtsform | Société anonyme (SA) |
ISIN | FR0010242511 |
Gründung | 8. April 1946 |
Sitz | Paris, Frankreich |
Leitung | Jean-Bernard Lévy[1] |
Mitarbeiterzahl | 156.534 (2015)[2] |
Umsatz | 75 Mrd. Euro (2015)[2] |
Branche | Energieversorgung |
Website | www.edf.com |
Entwicklung
Die EDF wurde am 8. April 1946 gegründet (Gründungsmitglied u. a. Marcel Paul und Pierre Ailleret). Im November 2004 wurde sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und 2005 in einer Teilprivatisierung an die Börse gebracht. Der französische Staat hält 84,8 % der Aktien, weitere 2,4 % sind Belegschaftsaktien; 13,1 % werden gehandelt und befinden sich in Privatbesitz oder bei institutionellen Anlegern.[3]
Bis zum Beginn der Liberalisierung des Europäischen Energiemarktes verfügte EDF in Frankreich über ein Quasimonopol im Bereich des Stromhandels, nicht jedoch bei der elektrischen Energieerzeugung. Die Tochtergesellschaft Réseau de Transport d’Electricité (RTE) betreibt das Energieübertragungsnetz des Unternehmens.
Zum Jahreswechsel 2017/18 übernahm EDF 75,5 % des Reaktorbaugeschäfts von Areva (heute: Orano), das seitdem wieder unter dem Namen Framatome firmiert[4]. Restaktivitäten im Bereich des Reaktorbaus, wie beispielsweise der von Kostenüberschreitungen und Verzögerungen betroffene Bau des Reaktors EPR Olkiluoto III, verbleiben bei der Altgesellschaft Areva. Areva ist für die Abwicklungen verbleibender Altprojekte verantwortlich, welche nicht von Orano oder Framatome übernommen wurden[5].
Finanzdaten 2020
Umsatz: 69,0 Mrd. Euro, -3,4 %
EBITDA: 16,2 Mrd. Euro, -2,7 %
Gewinn: 2,0 Mrd. Euro, -49,1 %
Dem Konzern zurechenbarer Reingewinn: 0,7 Mrd. Euro, -87,4 %
Verhältnis Schulden (netto)/EBITDA: 2,61
Quelle: EDF[6]
Wirtschaftliche Probleme
EDF wies 2016 einen Schuldenstand von 37,4 Milliarden Euro auf. Als Staatskonzern erhöht dies die französische Staatsverschuldungsquote. Weitere große finanzielle Belastungen stehen EDF bevor. Diese sind unter anderem:
- Übernahme der Kraftwerksbausparte von Areva (2,5 Mrd. Euro)
- beim EPR Flamanville 3: Gestiegene Baukosten (von drei auf 10,5 Mrd. Euro) und die Frage, ob der für den Reaktordruckbehälter verwendete Stahl den hohen Anforderungen gewachsen ist
- Instandhaltungskosten für die in Betrieb befindlichen Kernreaktoren (100 Mrd. Euro in den kommenden zehn Jahren)
- Einnahmeverlust durch die geplante Reduzierung des Atomkraft-Anteils am Strommix in Höhe von 5,7 Mrd. Euro jährlich
- Gestiegene Kosten der zwei geplanten EPR-Reaktoren (Hinkley Point C).
EDF-Finanzvorstand Thomas Piquemal trat im März 2016 wegen Streitigkeiten über die Investitionen zurück.[7] Im März 2017 kaufte der französische Staat für 3 Milliarden Euro etwa 75 % der von EDF im Rahmen einer Kapitalerhöhung angebotenen neuen Aktien; die übrigen neuen Aktien wurden von einem Bankenkonsortium am Kapitalmarkt platziert.[8][9] Dies wird als verdeckte Subvention durch den französischen Steuerzahler eingestuft.[8]
Für die geplante Abschaltung des Kernkraftwerks Fessenheim wird berichtet, dass der französische Staat 400 Millionen Euro an EDF zahlt. Davon seien 300 Millionen Euro für den Gewinnausfall und 100 Millionen Euro seien für die fixen Kosten der Stilllegung. Weitere Entschädigungen könnten folgen.[10]
Internationale Präsenz
EDF ist auf den Energiemärkten Argentiniens, Ägyptens, Belgiens, Brasiliens, Chinas, der Elfenbeinküste, Italiens, der Niederlande, Mexikos, Polens, Schwedens, der Slowakei, Spaniens, Ungarns, der USA, des Vereinigten Königreiches und Vietnams engagiert.
Präsenz in Deutschland, Österreich und Schweiz
Die EDF war bis zu Beginn des Jahres 2011 mit 45,01 % am baden-württembergischen Energieversorger EnBW beteiligt.[11] Im Dezember 2010 hatte der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, den Rückkauf dieser Anteile bekanntgegeben.[12] EDF blieb jedoch weiter auf dem deutschen Energiemarkt aktiv. Unter der Bezeichnung EDF Deutschland wurde eine 100%ige Tochter der EDF-Gruppe mit Sitz in Berlin gegründet.[11] Im Jahr 2014 beteiligte die EDF sich am Berliner Startup ubitricity, welches sich mit Zukunftsentwicklungen zur Ladeinfrastruktur im Elektromobilbereich beschäftigt. Weiterhin ist die EDF EN Deutschland GmbH im Bereich erneuerbare Energien aktiv und hält am Bremer Windenergiedienstleister REETEC eine Mehrheitsbeteiligung.[11] Die EDF Invest hält zusammen mit DIF Infrastructure IV 100 % der Anteile am deutschen Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas. Weitere Beteiligungen der EDF finden sich in der Gasspeicherung. Am größten Laufwasserkraftwerk Deutschlands in Iffezheim am Rhein ist die EDF zur Hälfte beteiligt (Joint Venture mit EnBW).[11] 2019 übernahm EDF das Leipziger Unternehmen Energy2Market, zu dessen Hauptgeschäftsfeldern Direktvermarktung und das Angebot von Regelenergie gehören.[13]
In Österreich war der Konzern bis Mitte 2015[14] mit 25 % + 1 Aktie am Energieversorger Energie Steiermark (ESTAG) sowie mit 100 % am Versorger Vero beteiligt. Bis 2006 gehörte auch die ASA Abfall Service zu 100 % der EDF, wurde dann aber an die spanische Fomento de Construcciones y Contratas verkauft.
In der Schweiz ist EDF über die in Martigny ansässige Tochtergesellschaft EDF Alpes Investissements mit 25 % an der Alpiq Holding beteiligt.
Stromerzeugung
Im Jahr 2010 produzierte EDF mit 630 Mrd. kWh über 22 % des insgesamt in der Europäischen Union erzeugten elektrischen Stroms. Hiervon wurden 74,5 % in Kernkraftwerken erzeugt, 9,2 % in konventionellen Wärmekraftwerken, 16,2 % aus Wasserkraft und 0,1 % aus weiteren regenerativen Energieträgern wie Windkraft. EDF betreibt dafür weltweit 58 Kernkraftwerke an 20 Standorten. 34 Reaktoren haben eine Nennleistung von über 900 MW, 20 Reaktoren haben je etwa 1.300 MW. Vier Reaktoren erzeugen jeweils 1.450 MW. Alle Kraftwerke der EDF haben eine Gesamtkapazität von 125.447 MW.
Im Jahr 2020 produzierte EDF in seinen AKWs 335,4 TWh (84 %), in den hydraulischen Kraftwerken 44,7 TWh (11 %), durch erneuerbare Energien 15,4 TWh (6 %).[15]
2008 übernahm EDF den britischen Atomkraftwerkbetreiber British Energy für 12,5 Milliarden Pfund (14 Milliarden Euro)[16]; 20 Prozent wurden anschließend an den Partner Centrica verkauft.
EDF begann am Standort Hinkley Point im Südwesten Englands den Bau zweier zusätzlicher Reaktorblöcke vom Typ EPR, die 2017 in Betrieb gehen sollten. Im Jahr 2021 war die Anlage noch im Bau.[17]
Areva meldete der französischen Atomsicherheitsbehörde ASN im April 2015 Anomalien im Stahl des neuen Reaktordruckbehälters des im Bau befindlichen EPR in Flamanville.[18] Im Jahr 2022 war die Anlage noch im Bau, die Inbetriebnahme war für 2023 geplant, ursprünglich geplant war 2012.[19]
Ende Juli 2013 teilte EDF mit, sich aus dem Kernkraftwerk-Geschäft in den USA zurückzuziehen und die Anteile an dem Joint-Venture CENG an seinen US-Partner Exelon zu verkaufen.[20][21] Der Verkauf erfolgte 2021.[22]
Weblinks
Einzelnachweise
- Jean-Bernard Lévy. Das Managertalent. In: Handelsblatt, Nr. 104 vom 3. Juni 2015, S. 19.
- EDF: Performance 2015. (PDF; 5,47 MB) Abgerufen am 29. Dezember 2016.
- EDF-Website, Stand Juni 2011
- Handelsblatt: Areva-Reaktorgeschäft erhält alten Namen zurück. In: Handelsblatt. Handelsblatt, 4. Januar 2018, abgerufen am 1. Februar 2018.
- Atomkonzern baut um: Areva-Kerngeschäft heißt jetzt „Orano“. (handelsblatt.com [abgerufen am 2. Februar 2018]).
- Résultats annuels 2020. In: Website EDF. EDF, 18. Februar 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (französisch).
- Frankreichs Staatskonzerne sind tickende Zeitbomben. welt.de, 4. April 2016, abgerufen am 13. April 2017.
- EDF erhält Milliarden vom Steuerzahler. iwr.de, 8. März 2017, abgerufen am 19. Mai 2017.
- EDF annonce le succès de son augmentation de capital avec maintien du droit préférentiel de souscription d’un montant d’environ 4 milliards d’euros. edf.fr, 28. März 2017, abgerufen am 15. April 2017 (französisch, Pressemitteilung über Kapitalerhöhung).
- Ende für AKW Fessenheim beschlossen. neueenergie.net, 10. April 2017, abgerufen am 23. April 2017.
- EDF Deutschland, edf.com
- Stefan Mappus zum Rückkauf der EnBW Anteile am 6. Dezember 2010
- Starke Partnerschaft für langfristigen Erfolg - Energiehandel. Abgerufen am 8. Oktober 2019.
- Energie Steiermark: EdF verkauft Anteile nach Australien. kleinezeitung.at, 13. Juli 2015, abgerufen am 6. Juli 2017.
- Résultats financiers annuels 2020. In: Website EDF. EDF, 18. Februar 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (französisch).
- sueddeutsche.de, 1. Juli 2011: Großbritannien und die Atomkonzerne - Fukushima? Kein Problem!
- Hinkley Point C in 2021. In: Website EDF Ebergy. EDF, 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
- www.asn.fr: Anomalies de fabrication de la cuve de l’EPR de Flamanville Presseerklärung vom 7. April 2015
- Niklas Záboji: Frankreichs neues AKW wird teurer und später fertig. In: FAZ Online. FAZ, 12. Januar 2022, abgerufen am 21. Februar 2022.
- EDF steigt in den USA aus der Atomenergie aus. (Memento vom 12. Juni 2015 im Internet Archive) In: industriemagazin.net, 30. Juli 2013, abgerufen am 3. August 2013.
- www.exeloncorp.com: Constellation Energy Nuclear Group to Be Integrated Into Exelon Nuclear Fleet (29. Juli 2013)
- EDF completes sale of its interest in CENG. In: GlobalNewswire. GlobalNewswire, 9. August 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).