Liste der andauernden Kriege und bewaffneten Konflikte
In dieser Liste sind Kriege und bewaffnete Konflikte aufgeführt, die ununterbrochen seit ihrem Beginn bis heute andauern.
Ein Krieg ist ein organisierter und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragener Konflikt, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind. Ziel der beteiligten Parteien ist es, den Konflikt durch kämpferisches Erreichen einer Überlegenheit zu lösen.
In Anlehnung an den ungarischen Friedensforscher István Kende definiert sich ein in dieser Liste geführter Krieg als gewaltsamer Massenkonflikt, der alle folgenden Merkmale aufweist:
- an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände oder Polizeieinheiten) einer Regierung handelt;
- auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.);
- die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuierlichkeit und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße. Dies setzt voraus, dass beide Seiten nach einer planmäßigen Strategie operieren, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.[1]
Der bewaffnete Konflikt ist eine gewaltsame Auseinandersetzung, bei der nicht alle Merkmale eines Krieges in vollem Umfang erfüllt sind. Entweder handelt es sich dabei um sporadische, eher zufällige und nicht strategisch begründete bewaffnete Zusammenstöße, um Fälle in denen kein staatlicher Akteur mit regulären Truppen beteiligt ist oder um Konflikte, in denen eine der Parteien keine zentralgelenkte Organisation aufweist.
Kriege und Konflikte werden als beendet angesehen, wenn sie durch einen Friedensvertrag offiziell beigelegt wurden oder die Kampfhandlungen dauerhaft, also für den Zeitraum von mindestens einem Jahr eingestellt werden.
Derzeitige Situation
Zurzeit gibt es auf 5 von 7 Kontinenten (ohne Australien, Antarktika) bewaffnete Konflikte. 2014 sind weltweit 164.000–220.000 Menschen direkt an Kampfhandlungen gestorben, so viele wie seit 26 Jahren nicht mehr. 2015 starben in Konfliktgebieten mindestens 167.000 Menschen.[2][3][4]
Größere Kriege mit 10.000 oder mehr Todesfällen in diesem oder dem letzten Jahr
Konflikte in der folgenden Liste haben mindestens 10.000 gewaltsame Todesfälle im aktuellen oder vergangenen Jahr gefordert.
Beginn | Konflikt | Erläuterungen | Schauplatz | Absolute Todesopfer | Todesopfer 2018 | Todesopfer 2019 |
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2011 | Bürgerkrieg in Syrien | Im Bürgerkrieg kämpfen Oppositionelle gegen den Machthaber Baschar al-Assad. Neben der demokratischen Nationalkoalition syrischer Revolutions- und Oppositionskräfte sind auch die dschihadistischen Milizen al-Nusra-Front und Islamischer Staat sowie die kurdischen Streitkräfte in den Krieg verwickelt und bekämpfen einander zum Teil. Der Iran stellt neben der syrischen Armee und der Hisbollah die drittgrößte Streitmacht auf Seiten der Assad-Regierung, während Russland weniger eigene Bodentruppen einsetzt. An dem Konflikt nehmen weiterhin militärischen Einfluss: die USA, die Türkei, Frankreich, Großbritannien und Israel. | Syrien (Asien) | ~570.000[5] | 23.000[6] | 11.244[7] |
1978 | Krieg in Afghanistan | Der Konflikt begann im April 1978 mit einem Staatsstreich durch die kommunistische Volkspartei, der einen Aufstand weiter Teile der Bevölkerung nach sich zog. Im Dezember 1979 intervenierte die Sowjetunion militärisch und setzte eine neue kommunistische Führung ein. Daraufhin begann ein zehn Jahre andauernder Konflikt zwischen der sowjetisch gestützten Zentralregierung und Widerstandsgruppen der Mudschahedin, die durch die USA, Pakistan und Saudi-Arabien unterstützt wurden. Nach dem sowjetischen Abzug folgte Anfang der 1990er ein innerafghanischer Bürgerkrieg, in dem die Talibanbewegung bis 1996 die Kontrolle über den größten Teil des Landes übernahm. Die mit Al-Qaida eng verbündete Talibanregierung wurde im Herbst 2001 als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September durch eine US-geführte Intervention zugunsten der verbliebenen bewaffneten Opposition gestürzt.
Im Sommer 2021 erfolgte der Rückzug der Nato-Truppen und die Rückkehr der Taliban. |
Afghanistan (Asien) | 1.240.000–2.000.000[8] | 35.941+ | 16.008[9] |
2011 | Jemen-Krise | Im Jemen bekämpfen Huthi-Rebellen, al-Qaida im Jemen, einzelne Clans sowie die reguläre Armee einander. Die Machtübernahme der Huthis Anfang 2015 führte zur Militärintervention arabischer Staaten. | Jemen, Saudi-Arabien (Vorderasien) | ca. 120.000[10] | 25.705 | 20.882[10] |
2006 | Drogenkrieg in Mexiko | Konflikt zwischen mexikanischer (eventuell auch US-amerikanischer) Polizei, Militär und untereinander rivalisierenden Drogenkartellen wie dem Golf-Kartell, Juárez-Kartell u. a. | Mexiko (Nordamerika) | 230.000+ | 22.500 | 35.000[11] |
Kriege und Konflikte mit 1.000 bis 9.999 Todesfällen im aktuellen oder vergangenen Jahr
Konflikte in der folgenden Liste haben mindestens 1.000 bis 9.999 gewaltsame Todesfälle im aktuellen oder vergangenen Jahr gefordert.
Beginn | Konflikt | Erläuterungen | Schauplatz | Absolute Todesopfer | Todesopfer 2018 | Todesopfer 2019 |
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2003 | Irakkrieg | Nach dem Rückzug der US-Truppen aus dem Irak kam es vermehrt zu Angriffen militanter Gruppen gegen die schiitische Mehrheitsbevölkerung des Landes, aus denen die Irakkrise 2014 und das Erstarken des IS hervorgeht. Die Grenzen zwischen dem Krieg in Syrien und jenem im Irak sind in der Folge verschwommen. | Irak (Asien) | 242.000–1.000.000[12][13] | 4.861[14] | ? |
2009 | Scharia-Konflikt in Nigeria | Als Scharia-Konflikt in Nigeria wird ein bewaffneter Konflikt um die Islamisierung des Landes zwischen militanten Gruppen, verschiedenen Vertretern religiöser Gruppierungen und der Regierung Nigerias bezeichnet. | Nigeria, Kamerun, Tschad, Niger (Afrika) | 51.567+[15] | ? | |
2016 | Drogenkrieg auf den Philippinen[16] | Konflikt zwischen Militär und Polizei der Philippinen, der kommunistischen CPP, der Rebellenorganisationen MILF und MNLF, sowie untereinander rivalisierenden Drogenkartellen und Straßengangs. | Philippinen (Asien) | 2.126–7.118 | ? | |
1988 | Somalischer Bürgerkrieg | Der Bürgerkrieg entflammte 1988, nachdem die Somalische Demokratische Erlösungsfront (SSDF) und die Somalische Nationale Bewegung (SNM) ihre seit Beginn der 1980er Jahre nur sporadisch durchgeführten Angriffe gegen die Armee Siad Barres intensivierten. Die daraufhin durchgeführten Vergeltungsmaßnahmen gegen das Volk der Isaaq umfassten willkürliche Hinrichtungen, die gezielte Zerstörung von Brunnen und Weidegründen und gipfelten in der Bombardierung von Burao und Hargeysa. Es ist davon auszugehen, dass dabei ca. 50.000 Menschen umkamen und Hunderttausende nach Äthiopien fliehen mussten. Nach dem Sturz des Barre-Regimes 1991 tobt der Folgekrieg zwischen den Einheiten der Clans (u. a. JVA, SPM) um die staatliche Macht. Die international anerkannte Bundesregierung kontrolliert nur einen Teil des Landes. Der Norden Somalias ist als Somaliland seit 1991 de facto unabhängig, ebenso wie die offiziell autonomen Bundesstaaten Puntland und Galmudug. In weiten übrigen Teilen herrschen lokale Clans und Kriegsherren.[17] Am 27. Dezember 2006 musste die Union islamischer Gerichte, die die Kontrolle über die Hauptstadt und große Teile Süd- und Zentralsomalias innehatte, unter dem Druck äthiopischer Truppen Mogadischu wieder verlassen.[18] Die aus der Union hervorgegangene Terrormiliz Al-Shabaab bekämpft weiterhin die Bundesregierung. Vierzehn seit 1991 international geförderte Friedensgespräche und die Missionen der Vereinten Nationen (Operation Restore Hope, UNOSOM I und II) scheiterten letztlich auch am Versuch, eine Regierungsstruktur in Form einer einheitlichen Staatsgewalt zu schaffen.[19] | Somalia (Afrika) | 500.000[20] | ? | |
2014 | Krieg in der Ukraine seit 2014 | Pro-russische Separatisten kämpfen für die Sezession der Ostukraine und die Souveränität der proklamierten Volksrepubliken Donezk und Luhansk bzw. deren Anschluss an Russland. Ebenso wie während der Krimkrise waren von Russland her kommende Sondertruppen beteiligt.[21] Auch nach Einschätzung eines Kommandanten einer solchen Einheit ging der Krieg in der Ostukraine nicht von den Donbass-Bewohnern selbst, sondern von diesen bewaffneten Einheiten aus.[22] Russland unterstützt diese Milizen durch das Einsickernlassen von Freischärlern und durch Lieferungen von schweren Waffen bis hin zu Panzern.[23] Kreml-nahe Medien bestätigten die Anwesenheit russischer Soldaten „im Urlaub“.[24][25] | Ukraine (Europa) | 12.800–13.000[26] | ? | |
2004 | Konflikt in Nordwest-Pakistan | Der Konflikt in Nordwest-Pakistan ist ein bewaffneter Konflikt zwischen der Armee Pakistans und Islamisten, darunter den Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP).[27][28][29] Er begann 2004, als Spannungen eskalierten, die in der Suche nach al-Qaida-Mitgliedern in Wasiristan durch die pakistanische Armee begründet waren. | Pakistan
(Asien) |
60.366[30] | ? | |
2013 | Bürgerkrieg im Südsudan seit 2013 | Angehörige der Volksgruppe Dinka, zu welcher auch Staatspräsident Salva Kiir Mayardit gehört, bekämpfen die Volksgruppe der Nuer. | Südsudan (Afrika) | 50.000+[31] | ? | |
2013 | Bürgerkrieg in Libyen 2011 | Libyen (Afrika) | 13.549 | ? | ||
2011 | Sinai-Aufstand | Ägypten (Afrika) | 3.541 | ? | ||
1984 | Konflikt zwischen der Republik Türkei und der PKK
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Die Bestrebungen für ein unabhängiges Kurdistan gehen zurück auf den 1920 zwischen der Entente und dem Osmanischen Reich geschlossenen Vertrag von Sèvres, der eine weitgehende Autonomie für die Kurden in der Türkei vorsah. Nach dem türkischen Befreiungskrieg wurden diese Vorgaben im Vertrag von Lausanne 1923 revidiert und die Folge waren erste kurdische Aufstände (u. a. Scheich-Said-Aufstand und Ararat-Aufstände) zwischen 1925 und 1938, die allesamt blutig niedergeschlagen wurden.[32] Im Jahr 1973 bildete sich die Gruppe „Kürdistan Devrimcileri“ (Kurdistan-Revolutionäre), die in verschiedenen Städten Ostanatoliens erste bewaffnete Aktionen durchführte. 1978 wurde die PKK formal gegründet und führt seitdem einen Guerillakrieg mit dem Ziel einer kurdischen Staatsgründung. Die Kämpfe in den Jahren zwischen 1984 und 1998 waren besonders verlustreich und von großen Flüchtlingsströmen geprägt. Nach der Verkündigung eines einseitigen Waffenstillstandes durch die PKK am 1. September 1998 und der Inhaftierung ihres Vorsitzenden (Abdullah Öcalan) entspannte sich die Situation, obwohl das türkische Militär seine Angriffe auf die PKK-Guerilla fortsetzte. Am 1. Juni 2004 wurde der einseitige Waffenstillstand wieder aufgekündigt und seitdem ist der militärische Konflikt wieder eskaliert.[33] | Türkei (Asien) | 45.000+ | ? | |
2011 | Kämpfe um Abyei 2011 | Sudan (Afrika) | 5.350[34] | ? | ||
2003 | Darfur-Konflikt | Bei dem Bürgerkrieg handelt es sich um einen Konflikt zwischen Rebellengruppen, die ethnischen Minderheiten entstammen, und der Zentralregierung in Khartum. | Sudan (Afrika) | 300.000+[35] | ||
2016 | Rohingya-Konflikt | Konflikt zwischen der muslimischen Minderheit der Rohingya und der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung im Rakhaing-Staat (Myanmar) | Myanmar (Asien) | |||
2012 | Konflikt in Nordmali | Mali (Afrika) | 3.300+ | 1.285 | 130+[36] | |
Einzelnachweise
- Bundeszentrale f. politische Bildung: Krieg (Definition)
- 2015 starben 167.000 Menschen in Konfliktzonen. In: orf.at, 5. Mai 2016, abgerufen am 21. November 2017.
- Archivierte Kopie (Memento vom 18. Januar 2016 im Internet Archive)
- https://projects21.files.wordpress.com/2015/03/ps21-conflict-trends.pdf
- Megan Specia: How Syria’s Death Toll Is Lost in the Fog of War. In: The New York Times. 13. April 2018, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 30. Juni 2019]).
- http://www.syriahr.com/en/?p=111056
- Nearly 585,000 people have been killed since the beginning of the Syrian Revolution. Abgerufen am 29. April 2020.
- Timothy C. Dowling: Russia at War: From the Mongol Conquest to Afghanistan, Chechnya, and Beyond [2 volumes]. ABC-CLIO, 2014, ISBN 978-1-598-84948-6, S. 7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- https://www.acleddata.com/data/
- ACLED Resources: War in Yemen. Abgerufen am 29. April 2020.
- WELT: Gewalt: Mordrate in Mexiko 2019 so hoch wie noch nie seit Beginn der Zählung. In: DIE WELT. 21. Januar 2020 (welt.de [abgerufen am 29. April 2020]).
- https://www.iraqbodycount.org/database/
- http://www.ippnw.org/pdf/2015-body-count.pdf
- Data Export Tool. In: Acled Data. Abgerufen am 30. Juni 2019 (britisches Englisch).
- https://web.archive.org/web/20170702144123/https://www.cfr.org/global/global-conflict-tracker/p32137?cid=ppc-Google-grant-conflict_tracker-031116#!/conflict/boko-haram-in-nigeria
- “License to Kill”. In: Human Rights Watch. 1. März 2017 (hrw.org [abgerufen am 8. März 2017]).
- Volker Matthies: Das Horn von Afrika - Gewaltkonflikte, Anti-Terror-Krieg und Friedensperspektiven in einer chronischen Krisenregion
- BBC News: Somali troops 'enter Mogadishu'
- BPB: Konfliktportrait Somalia
- http://necrometrics.com/20c300k.htm#Somalia
- Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-67019-0, S. 361.
- Julian Hans: Russischer Geheimdienstler zur Ostukraine – „Den Auslöser zum Krieg habe ich gedrückt“ . sueddeutsche.de, 21. November 2014, abgerufen am 22. November 2014.
- Poroschenko verfügt kurze Feuerpause. NZZ, 20. Juni 2014.
- Moskaus Staatsmedien berichten über russische Soldaten in der Ukraine. Die Zeit, 5. September 2014.
- Zwingt Russland seine Wehrpflichtigen in den Kampf? Welt Online, 23. Februar 2015.
- https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/New%20UN%20Human%20Rights%20Report%20on%20Ukraine_Full%20text_ENG.pdf
- The War in Pakistan - washingtonpost.com. Washingtonpost.com, abgerufen am 19. Oktober 2008.
- https://www.reuters.com/article/idUSISL262789
- Zaffar Abbas: BBC NEWS | South Asia | Pakistan's undeclared war. News.bbc.co.uk, abgerufen am 19. Oktober 2008.
- http://www.satp.org/satporgtp/countries/pakistan/database/casualties.htm
- http://www.reuters.com/article/us-southsudan-unrest-un-idUSKCN0W503Q
- Kooperation für den Frieden: Der türkischkurdische Konflikt (Memento vom 27. Oktober 2011 im Internet Archive) (PDF; 176 kB)
- Uni Kassel (AG Friedensforschung): Statt eines „Kurdenproblems“ nun zwei
- Archivierte Kopie (Memento vom 22. März 2016 im Internet Archive)
- Tote bei Gefechten zwischen Rebellen und Regierungstruppen. Spiegel Online, 3. Januar 2015, abgerufen am 9. Januar 2018.
- UN: More than 130 killed in Mali ethnic attack on Fulani village. Abgerufen am 30. Juni 2019.