Konflikt in Nordmali (seit 2012)
Der Konflikt in Nordmali ist ein seit 2012 andauernder Krieg in Nordmali, an dem seit Januar 2013 auch westliche Staaten – insbesondere Frankreich – beteiligt sind.
Hintergrund
Konflikte zwischen den Tuareg, die vielfach halbnomadisch als Viehzüchter leben, und schwarzafrikanischen Volksgruppen, die traditionell sesshafte Bauern sind, haben in Afrika eine Geschichte, die bis in die vorkoloniale Zeit reicht. Auch nach der Unabhängigkeit Malis gab es in den nordöstlichen Landesteilen – auch Azawad genannt – mehrfach bewaffnete Aufstände der Tuareg. Neben 2012 war dies auch in den Jahren 1963, 1991 und 2006 der Fall.[1]
Konfliktparteien
Pro-Malische Kräfte
- die malische Regierung und Sicherheitskräfte (Armee, Nationalgarde, Gendarmerie National, nationale und lokale Polizeikräfte);
- die französische Operation Barkhane und die multinationale Task Force Takuba;
- Plateforme des mouvements du 14 juin 2014 d’Alger (PLATFORME); Vereinigung der pro-malinesischen Tuareg und weiterer Ethnien aus Nord- und Zentral-Mali. Größte Gruppierungen sind:
- Le Groupe autodéfense touareg Imghad et alliés (GATIA), überwiegend Imghad-Tuareg;
- La Coordination des mouvements et Front patriotique de résistance (CM-FPR), hier sind die beiden größten Gruppen die Selbstverteidigungsmilizen der Songhai-Ethnie Ganda Koy und Ganda Izo
- Les Forces de libération des régions Nord du Mali (FLN)
- Mouvement arabe de l’Azawad (MAA)
Pro-Azawad Kräfte
- Coordination des mouvements de l’Azawad (CMA); Vereinigung der separatistischen Tuareg und weiterer Ethnien. Größte Gruppierungen sind:
- Le Mouvement national pour la libération de l’Azawad (MNLA)
- Le Haut conseil pour l’unité de l’Azawad (HCUA)
- Teile des Mouvement arabe de l’Azawad (MAA)
MNLA und HCUA sind von Tuareg-Stamm der Ifoghas dominiert, repräsentieren allerdings auch weitere Stämme.
Die MAA repräsentiert die in den Regionen Kidal, Timbuktu und Gao lebenden Araber
Terroristische Gruppierungen
- Dschamaat Nusrat al-Islam wal-Muslimin (JNIM); eine Al-Qaida nahe Organisation, hervorgegangen aus dem Zusammenschluss von in Mali befindlichen Teilen von Al-Qaida im islamischen Magreb, Ansar Dine und Al-Mourabitoune (auch Mujao)
- The Islamic State in the Greater Sahara (ISGS)
JNIM und ISGS habe trotz der Rivalität der Dachorganisationen im Grenzland zwischen Mali, Burkina Faso und Niger eine de facto Zusammenarbeit etabliert.
Sonstige
Auftrag von MINUSMA ist die Herstellung eines sichereren Umfeldes für die Bevölkerung in Nord- und seit kurzem auch in Zentral-Mali.
Ausdrücklich kein Auftrag von MINUSMA ist die Parteinahme im Konflikt zwischen malischer Regierung, Platform und CMA, sowie die aktive Bekämpfung der terroristischen Gruppen.
- Drei gemischte Bataillone (Stärke 600–800 Soldaten; zu gleichen Teilen bestehend aus malischer Armee, Platforme und CMA) in Gao, Kidal und Timbuktu.
Die Aufstellung wurde 2013 im Abkommen von Ouagadougou vereinbart. Auftrag der Bataillone soll die Überwachung des im Abkommen vereinbarten Disarmament, Demobilisation and Reintegration-Programme (Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung) sein.
Konfliktverlauf
2012
Stammesangehörige der Tuareg von der Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA) begannen eine erneute Rebellion gegen die malische Regierung mit dem Ziel der Unabhängigkeit des Azawad.[2] Der Konflikt begann offiziell am 17. Januar 2012 mit dem Angriff auf Menaka.[3] Insbesondere der Zulauf erfahrener Kämpfer und schwerer Waffen Infolge des Bürgerkrieges in Libyen Ende 2011 in den Norden Malis lässt die Tuareg, anders als in vorangegangenen Aufständen, gegen die wenigen in Nord-Mali dislozierten malischen Sicherheitskräfte erfolgreich vorgehen. Teilweise laufen Tuareg, die in der malischen Armee oder den Sicherheitskräften dienen, zu den Aufständischen über. Weitere Unterstützung erhalten die Tuareg durch ihre Verbindungen zu den in der Region aktiven Terrorgruppen Ansar Dine, Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (MUJAO) sowie der in der Sahelzone aktive Ableger von Al-Qaida „Al-Qaida im Islamischen Maghreb“ (AQIM). Innerhalb der nächsten drei Monate drangen sie gegen den Widerstand der malischen Streitkräfte, die von schwarzafrikanischen Selbstverteidigungsmilizen aus dem Niger-Bogen unterstützt werden, immer weiter nach Süden vor.
Militärputsch in Bamako
Im März 2012 kam es in der malischen Hauptstadt Bamako zu einem Militärputsch gegen Präsident Amadou Toumani Touré, dem die Putschisten Unfähigkeit bei der Bekämpfung des Aufstandes vorwarfen.
Am 31. März wurde Gao kampflos den Aufständischen überlassen, am 1. April wurde Timbuktu besetzt.[4][5] Am 6. April 2012 verkündete die MNLA, ihre Ziele erreicht zu haben, beendete die Offensive gegen die Regierungstruppen und erklärte die Unabhängigkeit von Azawad.[6]
Interner Konflikt bei den separatistischen Kräften
Ab Juni 2012 geriet die MNLA in Konflikt mit den islamistischen Gruppierungen, nachdem die Islamisten mit der zwangsweisen Einführung der Scharia in Azawad begonnen hatten.[7] Bis zum 17. Juli 2012 hatten MUJAO und Ansar Dine sowie AQMI die MNLA gewaltsam aus allen bedeutenden Städten verdrängt.[8][9] Am 1. September 2012 wurde Douentza, eine Stadt in der Region Mopti unter der Kontrolle der Ganda-Iso-Miliz, von der MUJAO eingenommen.[10] Am 28. November 2012 vertrieb die Ansar Dine die MNLA aus Léré, einer Kleinstadt im Kreis Niafunké in der Region Timbuktu.[11]
Bis zum Jahresende 2012 verschlechterte sich die militärische Situation der malischen Armee zusehends nach mehrmonatigen Kämpfen. Als im Januar 2013 der Kollaps der malischen Armee und ein Durchmarsch der Islamisten in die Hauptstadt Bamako drohte, bat der malische Präsident Dioncounda Traore den Präsidenten Frankreichs, François Hollande, sowie UN-Generalsekretär Ban Ki-moon um Hilfe.[12] Dies war der Startschuss für einen Militäreinsatz gegen die Rebellen, welcher als Opération Serval bekannt ist.
2013
Intervention von Frankreich
Ende Januar 2013 eroberten französische und malische Truppen mehrere Städte zurück, darunter die strategisch wichtigen Städte Gao und Timbuktu.[13] Bei der Befreiung von Timbuktu führte das 2e régiment étranger de parachutistes den ersten Gefechts-Absprung von Fallschirmjägern seit der US-Invasion in Grenada (1983) durch.[14] Zur gleichen Zeit verstärkten mehrere westafrikanische Staaten der ECOWAS, die im Rahmen der Operation AFISMA Truppen zur Verfügung gestellt hatten, ihre Kontingente in Mali.[15]
Gründung MINUSMA
Am 1. Juli wurde AFISMA in die Mission der Vereinten Nationen MINUSMA überführt.
Abkommen von Ouagadougou
Am 18. Juni 2013 wurde das Abkommen von Ouagadougou zwischen der Republik Mali und den bewaffneten Rebellengruppen der MNLA und der HCUA unterzeichnet. Die Tuareg kündigten eine Waffenruhe an.[16]
Präsidentschaftswahl
Bei der im Juli stattfindenden Präsidentschaftswahl gewann Ibrahim Boubacar Keïta die meisten Stimmen und löste somit die Übergangsregierung des Militärs ab.[17]
Im September desselben Jahres kündigte die MNLA den Waffenstillstand auf, nachdem Regierungstruppen das Feuer auf Steine werfende Demonstranten eröffnet hatten. Der Vizepräsident der MNLA, Mahamadou Djeri Maiga, sagte zum Vorfall: „Was passiert ist, ist eine Kriegserklärung.“[18]
Ende des konventionellen Konfliktes und Nachwirkungen
2014 endete im Wesentlichen der konventionelle Konflikt um die Unabhängigkeit des Azawad. Das Wesen des Konfliktes wurde zu einem Gemisch aus
- dschihadistischen Angriffen gegen malische sowie internationale Sicherheitskräfte sowie Einflussnahme auf die Bevölkerung
- eskalierenden zwischenethnischen Konflikten
Trotz der internationalen Unterstützung von Militärmissionen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union sowie Frankreich gelang es der malischen Regierung nicht, im Norden und der Mitte des Landes ein sicheres Umfeld zu schaffen. Seither sind Anschläge mit improvisierten Sprengfallen, Hinterhalte und lokal begrenzte Gefechte, im Falle der zwischenethnischen Konflikte auch mit vielen Toten, an der Tagesordnung.
2014
Am 25. Januar 2014 wurde bekannt, dass bei einer französischen Militäroperation nördlich von Timbuktu elf „muslimische Kämpfer“ getötet wurden.[19]
„Serval“ wird „Barkhana“
Am 13. Juli 2014 kündigte der französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian das Ende der Operation Serval und die Einrichtung der Operation Barkhane zum 1. August 2014 an. Diese sah den Einsatz von ca. 3.000 Soldaten in der gesamten Sahelzone und in der Sahara vor. Ziel der Operationen sollte die Terrorismusbekämpfung sein.[20]
2015
Mit Jahresanfang begann die Ausweitung der dschihadistischen Gruppen nach Zentral-Mali. Am 5. Januar wurde die Stadt Nampala angegriffen und für mehrere Stunden von den Dschihadisten eingenommen, elf malische Soldaten wurden getötet.[21] In der Nacht von 6. auf den 7. Januar griffen Dschihadisten in der Region Mopti die Ortschaft Djura an[22], am 16. Januar Ténenkou.[23]
Angriff auf La Terrasse in Bamako
Am 7. März 2015 wurde auf die bei Ausländern beliebte Bar La Terrasse in Bamako ein Anschlag verübt. Bei dem Angriff kamen fünf Menschen ums Leben, neun weitere wurden verletzt.
Abkommen von Algier
Am 15. Mai bzw. am 20. Juni 2015 wurde das Abkommen von Algier in Bamako unterzeichnet. Zunächst unterzeichneten die malische Regierung und die Platforme. Die CMA verweigerte zunächst die Unterschrift, ratifizierte dann jedoch unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft das Abkommen.
Am 13. Mai 2015 erklärte eine Gruppe von Al-Mourabitoune unter der Führung des Emirs Adnan Abu Walid Al-Sahrawi ihre Treue zum Islamischen Staat.[24] Zwei Tage später bestritt der Führer von Al-Mourabitounes, Mokhtar Belmokhtar, die Treue zum IS und erklärte, dass die Pressemitteilung von Al-Sahrawi "nicht vom Shura-Rat stammte".[25]
Angriff auf Radisson Blu Hotel in Bamako
Am 20. November 2015 gegen 7:00 Uhr morgens griffen zwei mit AK-47-Gewehren bewaffnete junge Dschihadisten das Radisson Blu Hotel in Bamako an. Bis zu 170 Personen, darunter 140 Kunden und 30 Mitarbeiter, wurden zeitweise als Geiseln genommen. Die Zahl der Todesopfer lag offiziell bei 21 (18 Geiseln, 2 Terroristen und 1 malischer Gendarm). Verletzt wurden insgesamt zehn Personen, darunter sieben Geiseln und drei Polizisten der malischen Spezialeinheiten, die das Gebäude stürmten.
Ende 2015 startete die malische Armee als Reaktion auf die dschihadistischen Angriffe im Zentrum die drei Monate lang anhaltende Operation Seno[26] (Sand, Erde; in Fulbe-Sprache) mit Soldaten der Armee, Gendarmen und Einheiten der Nationalgarde. Dies war eine der größten Operationen der malischen Armee seit 2013. Während der Operation wurde die malische Armee von „Jägern“ der Dogon unterstützt. Dies befeuerte den zwischenethnischen Konflikt zwischen Dogon und Songhai mit den Fulbe.
Angriff auf EUTM-Hauptquartier in Bamako
Am 21. März 2016 wurde das Hauptquartier der europäischen Mission EUTM Mali in Bamako von drei mit Sturmgewehren bewaffneten Angreifern attackiert. Ein Angreifer wurde während des Feuergefechtes getötet, die beiden anderen Tage später von der malischen Polizei verhaftet.
Im Laufe des März führten französische und malische Armee die Operation Ossau in der Region Gao durch, in deren Verlauf ein Dutzend Aufständische „neutralisiert“ wurden.[27]
Die vierte Schlacht von Kidal fand am 21. und 22. Juli 2016 zwischen der GATIA, die von den Tuareg des Stammes Imghad dominiert wird, und der CMA (insbesondere der HCUA, die von den Ifoghas dominiert wird) statt und endete mit einem Sieg der CMA. Vorangegangen war die Rückkehr der GATIA als Teil der Platforme nach Kidal am 1. Februar. Dies war im Vertrag von Algier auch so vorgesehen. Allerdings empfanden viele Anhänger der CMA das Gebaren der GATIA als Provokation, was zu einer Eskalation führte. Nach der Schlacht wurde Kidal durch die GATIA eingeschlossen.
Angriff auf Feldlager in Gao
Am 18. Januar verübte ein Selbstmordattentäter einen Anschlag auf ein Feldlager in Gao, in dem ein gemischtes Bataillon bestehend aus malischer Armee, Platforme und CMA aufgestellt wird. Im Vertrag von Algier war vereinbart worden, zur Überwachung des Entwaffnungs- und Reintegrationsprozesses in den drei nördlichen Regionen Gao, Kidal und Timbuktu jeweils ein gemischtes Bataillon aufzustellen. Bei dem Anschlag starben je nach Quelle zwischen 54 und 77 Menschen.
Zwischen Februar und März kam es in Zentralmali immer wieder zu zwischenethnischen Zusammenstößen mit mehreren Toten.
Gründung Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin
Am 1. März erklärten Ansar Dine, Front de libération du Macina, Al-Mourabitounes und der im Sahel aktive Ableger von al-Qaida im islamischen Maghreb ihren Zusammenschluss zu Jama'at Nasr al-Islam wal Muslimin (JNIM).
Zwischen dem 27. März und 10. April führten 1.300 malische, burkinabische und französische Soldaten im Wald von Foulsaré, auch Wald von Fhero genannt, an der Grenze zwischen Mali und Burkina Faso die „Operation Panga“ durch.[28]
Anfang Juni brach die CMA den von der Platforme um Kidal gelegten Belagerungsring auf und drängt die Platforme weit nach Süden zurück. Am 29. Juli gelang der CMA die Einnahme von Menaka. Erst wenige Kilometer vor Gao konnte die Platforme die CMA aufhalten. Am 22. August einigten sich beide Parteien auf einen Waffenstillstand, der den status quo anerkannte.[29]
In einem UN-Bericht im Oktober wurde bedauert, dass „im Laufe des Jahres fast keine Fortschritte bei der Umsetzung des Friedensabkommens erzielt wurden.“[30]
2018
Am 25. Januar beriet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über die Situation in Mali und kritisierte die Langsamkeit des malischen Staates bei der Umsetzung des Friedensabkommens von Algier. Dabei drohte er Bamako erstmals mit Sanktionen im Falle einer weiteren Verzögerung.[31]
Angriff auf Le Campement bei Bamako
Am 18. Mai 2018 waren mehrere Missionsangehörige von EUTM Mali und Barkhane von einem Anschlag auf die Ferienanlage Le Campement bei Bamako betroffen. Bei dem Feuergefecht zwischen den Angreifern und Soldaten der Missionen wurde der portugiesische Sargento-Ajudante Fernando Benido (EUTM) tödlich getroffen.
Angriff auf G5-Sahel-Hauptquartier in Sévaré
Am 29. Juni wurde das Hauptquartier der G5-Sahel in Sévaré von einem Kommando aus sechs Dschihadisten angegriffen: Zwei der Angreifer wurden getötet, darunter ein Selbstmordattentäter, der ein als Autobombe präpariertes Fahrzeug fuhr, sowie zwei Soldaten und ein Zivilist.[32]
Am 1. Juli starben bei einem Selbstmordanschlag auf eine französisch-malische Patrouille in Gao vier Zivilisten und vier französische Soldaten. 23 Zivilisten wurden verletzt.[33]
Angriff auf Offizierschule in Koulikoro
In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2019 wurde das Training Center von EUTM an der malischen Offizierschule in Koulikoro von mehreren Angreifern mit Handfeuerwaffen sowie zwei mit Sprengsätzen präparierten Autos angegriffen. Der Angriff wurde von malischen und spanischen Sicherungskräften abgewehrt. Hierbei wurden drei malische Soldaten, die den Zugang bewachten, verletzt. Missionsangehörige kamen nicht zu Schaden.
Zwischenethnische Massaker in Zentral-Mali
Am 23. März kam es zum Massaker von Ogossagou: gegen 5:00 Uhr morgens griffen mehrere hundert mit automatischen Gewehren und Granaten bewaffnete Dogon-Jäger das überwiegend von Fulbe bewohnte Dorf Ogossagouan an. Die von 54 bis 70 Fulbe-Milizionären gehaltene Garnison versuchten zunächst Widerstand zu leisten. Als ihnen die Munition ausging, flohen die Verteidiger. Sie hinterließen dreizehn Tote. Nach den Kämpfen übernahmen die Angreifer das Dorf und griffen wahllos die Zivilbevölkerung an. Fast alle Hütten im Dorf wurden in Brand gesetzt. Laut Cheick Harouna Sankaré, Bürgermeister der Nachbargemeinde Ouenkoro, wurden Frauen mit Macheten aufgeschlitzt und schwangere Frauen ausgeweidet. Andere Berichte wiesen darauf hin, dass Menschen lebendig verbrannt, enthauptet oder in einen Brunnen geworfen wurden. Der Angriff dauerte zwei Stunden. Mindestens 134 Zivilisten wurden getötet, 55 weitere verletzt.[34]
Die Fulbe rächten sich an den Dogon mit den Massakern von Sobane Da (ca. 100 Tote, verbrannt) in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni und von Gangafani und Yoro (41 Tote) am 17. Juni.
2020
Am 13. Februar 2020 kehrte die malische Armee nach langen Verhandlungen mit der CMA und gemäß dem Abkommen von Algier nach Kidal zurück, sechs Jahre nachdem sie von den Tuareg-Rebellen vertrieben worden war. Von Friedenstruppen begleitet, wurde im Lager ein Bataillon von 240 Soldaten der „wiederhergestellten“ malischen Armee eingerichtet, die sich aus 80 Soldaten der malischen Armee, 80 ehemaligen Milizsoldaten von der Plattforme und 80 ehemaligen CMA-Rebellen zusammensetzte.[35]
Militärputsch in Bamako
Die immer wiederkehrenden Proteste gegen Präsident Ibrahim Boubacar Keita (IBK) in Bamako schlugen Anfang Juli 2020 in gewalttätige Ausschreitungen um. Aufgebrachte Demonstranten blockierten Hauptverkehrsstraßen und errichteten brennende Barrikaden. Andere stürmten die Räume des staatlichen Rundfunksenders ORTM, der daraufhin die Ausstrahlung des Programms unterbrach. Demonstranten schleuderten Steine gegen das Parlamentsgebäude, die Nationalgarde setzte Tränengas gegen die Randalierer ein. Es fielen Schüsse. Nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern wurden bei den Protesten ein Mensch getötet und etwa 20 Personen verletzt.[36] Präsident Keïta wurde festgenommen und nach Kati gebracht.
2021
Anfang Januar 2021 kamen insgesamt fünf französische Soldaten bei Anschlägen auf Patrouillen-Aufklärungsfahrten in der östlichen Region Menaka ums Leben.[37][38]
Militärputsch in Bamako
Am 24. Mai 2021 wurden unter anderem Übergangspräsident Bah N'Daw und Ministerpräsident Moctar Ouane von Militärs festgenommen und in das Militärcamp in Kati gebracht. Wenige Stunden zuvor hatte die Übergangsregierung per Dekret ein neues Kabinett ernannt, in dem das Militär trotz gegenteiliger Versprechen strategisch wichtige Ämter besetzte. So sollten die Ministerien für Verteidigung, Sicherheit, territoriale Verwaltung und nationale Versöhnung von Offizieren geleitet werden. Einige Armeeoffiziere seien jedoch von der neuen Regierung ausgeschlossen worden.[39] Die Übergangsregierung hatte erst im Januar die Militärjunta abgelöst, die den damaligen Präsidenten IBK im Vorjahr gestürzt hatte. Eigentliche Aufgabe der Übergangsregierung wäre es gewesen, die Verfassung zu reformieren und innerhalb von 18 Monaten Wahlen durchführen.
Am 3. Juni, zehn Tage nach einem weiteren Putsch, stellte Frankreich seine militärische Zusammenarbeit mit der malischen Armee ein.[40]
Ende der Operation Barkhane
Am 10. Juni kündigte Präsident Emmanuel Macron das Ende der Operation Barkhane als externe Operation an, „um den Armeen der Länder in der Region, die dies wünschen, eine Operation zur Unterstützung, Unterstützung und Zusammenarbeit zu ermöglichen“.[41] Diese Ankündigung war Teil des politischen Willens Frankreichs, seine Militärpräsenz in der Region mittelfristig zu reduzieren, und stützte sich gleichzeitig auf die von Frankreich initiierten Task Force Takuba, die ca. 600 Soldaten europäischer Spezialeinheiten in der Sahelzone vereinen soll.[42]
Am 25. Juni 2021 wurden in der Nähe der Gemeinde Tarkint in der Provinz Gao bei einem Selbstmordansachlag 15 Soldaten der UN-Mission MINUSMA verletzt, darunter 12 deutsche Soldaten.[43]
Folgen
Flüchtlingsproblematik
Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) teilte am 15. Januar 2013 mit, dass knapp 150.000 Menschen aus den Kriegsgebieten ins Ausland geflohen sind und 230.000 weitere Menschen ihre Wohnorte verlassen haben, sich aber noch innerhalb Malis befinden. Für die Versorgung der Malier mit Lebensmitteln würden laut Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen 129 Millionen US-Dollar benötigt.[44]
Laut einem Bericht der BBC wurden seit Beginn des Konfliktes im Jahr 2012 insgesamt 228.918 Menschen innerhalb von Mali aus ihrer Heimat vertrieben. Bis zum Jahresende 2012 flohen 144.500 Malier ins Ausland, davon 54.100 nach Mauretanien, 50.000 nach Niger, 38.800 nach Burkina Faso und 1500 nach Algerien. 5000 Einwohner der Stadt Konna flohen vor den Kämpfen.[45]
Bedrohung des Weltkulturerbes
Die UNESCO forderte zum Schutz der Weltkulturerbestätten in Mali auf. Die historische Stadt Timbuktu mit ihren Lehmmoscheen ist eine Stätte des UNESCO-Welterbe von hoher kultureller Bedeutung, jedoch ist das sorgfältig bewahrte Erbe wegen des anhaltenden Konfliktes in Mali in Gefahr geraten. Zerstörungen betrafen insgesamt 14 der 16 Heiligengräber; diese wurden inzwischen wiederaufgebaut. Die Lehmmoscheen leiden auch aktuell unter mangelnden Instandsetzungsmaßnahmen, die aufgrund der Fragilität des Materials Lehm regelmäßig vorgenommen werden müssten. Etwa 4200 Exemplare der berühmten Timbuktu-Manuskripte sind von den Rebellen gestohlen oder zerstört worden, jedoch konnten über 300.000 Exemplare in die Hauptstadt Bamako gebracht werden und entgingen so der Vernichtung. Aktuell werden sie digital dokumentiert und konservatorischen Maßnahmen unterzogen. Die sagenumwobene Stadt Timbuktu, deren Name in westlichen Kulturen als Synonym für einen weit entfernten Ort verwendet wurde, war früher das Zentrum des Handels in der Sahara. Im Jahr 2012 zerstörten der Al-Qaida angehörige Rebellen aus dem Nordmali dort historische und religiöse Wahrzeichen mit der Begründung, solche Relikte seien abgöttisch. Nun wird die Stätte durch den Krieg gefährdet. Die Generalsekretärin der UNESCO, Irina Bokova, nahm dazu folgend Stellung:
„Ich fordere alle Streitkräfte dazu auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, um das kulturelle Erbe des Landes, welches bereits schwer beschädigt ist, zu beschützen. Das kulturelle Erbe von Mali ist ein Juwel, dessen Schutz für die gesamte Menschheit wichtig ist. Das ist unser gemeinsames Erbe, nichts kann es rechtfertigen es zu beschädigen.“[46]
Nach der Einnahme Timbuktus durch französische und malische Truppen Ende Januar 2013 wurden erste Bilder der Zerstörungen bekannt.[47] Neben den Lehmmoscheen haben insbesondere die Manuskripte des Institut des hautes études et de recherches islamiques Ahmed Baba gelitten, obwohl die Mehrzahl rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden war.[48]
Im September 2016 wurde der Rebellenführer Ahmad Al Faqi Al Mahdi vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zu neun Jahren Haft verurteilt aufgrund Kriegsverbrechen, bei denen das kulturelle Erbe in Timbuktu erheblich beschädigt worden war.[49] Al Faqi Al Mahdi, der der Rebellenbewegung Ansar Dine angehörte, bekannte sich schuldig.[49][50]
Menschenrechtsverletzungen
Die Vereinten Nationen haben Fälle von Amputationen, Auspeitschungen und Hinrichtungen wie zum Beispiel einer Steinigung eines Paares im Juli 2012, welches angeblich eine Affäre hatte, festgestellt. Der Internationale Strafgerichtshof hat eine Untersuchung auf Kriegsverbrechen aufgrund von Berichten über Verstümmelungen und Tötungen von Bewohnern angeordnet, der die Islamisten nicht Folge leisteten.
„Die derzeitige die Menschenrechte betreffende Lage ist mit langjährigen und ungelösten Problemen verbunden. Menschenrechtsverletzungen wurden sowohl im Norden als auch im Bereich unter Kontrolle der Regierung begangen“, erklärte der UN-Menschenrechtsrat unter Berufung auf Missbräuche seit Januar 2012. Der Rat stellte fest, dass „im nördlichen Mali seit Januar 2012 schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen stattgefunden haben, einschließlich Massenhinrichtungen und Tötungen ohne Gerichtsverfahren.“
Der Menschenrechtsrat führte in seiner Erklärung einige Fälle im Detail aus.[46]
Human Rights Watch (HRW) erklärte am 19. Januar 2013, dass sie im Besitz von belastbaren Informationen über schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Mord, sind, die von malischen Sicherheitskräften gegen Zivilisten in der Stadt Niono verübt wurden. Laut HRW waren vor allem Tuareg und Araber, zu denen die meisten Rebellen gehören, betroffen. Die Nichtregierungsorganisation forderte „die malischen Behörden und Soldaten, auch die Franzosen und Westafrikaner, dazu auf, ihr Möglichstes zu tun, um den Schutz aller Zivilisten zu gewährleisten.“[51]
Die Fédération internationale des ligues des droits de l’Homme (FIDH), eine französische Menschenrechtsorganisation, beschuldigte am 22. Januar 2013 die malische Armee der Massenerschießungen sowie Misshandlungen in mindestens 33 Fällen im Raum Sévaré, Mopti und Niono. In Bamako sollen durch die Truppen Häuser geplündert sowie deren Tuareg-Einwohner eingeschüchtert worden sein.[52]
Siehe auch
Literatur
- Vereinte Nationen: jährliche Berichte des Generalsekretärs zur Situation in Mali (Internetseite in englischer Sprache)
- Barbara Rocksloh-Papendieck, Henner Papendieck: Die Krise im Norden Malis. Aktuelle Lage, Ursachen, Akteure und politische Optionen. (PDF; 2,5 MB) Dezember 2012, Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung
- Wolfram Lacher: Unser schwieriger Partner - Deutschlands und Frankreichs erfolgloses Engagement in Libyen und Mali (PDF; 1,1 MB) Februar 2021, Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Weblinks
- Orphans of the Sahara (Episode 1: Return 46:30 – Episode 2: Rebellion 47:26 – Episode 3: Exile 47:30) (englisch)
- "Feichtinger kompakt: 32 - Mali - ein vergessener Konflikt?" auf Youtube (Österreichisches Bundesheer vom 28. September 2018)
Einzelnachweise
- Isla Baines: Mali Political Conflict. Bobby Digital, Elfenbeinküste 2017.
- Mali Besieged by Fighters Fleeing Libya. Stratfor. Abgerufen am 22. März 2012.
- Bilans contradictoires de l’armée et des rebelles au sujet des combats dans le nord-est du Mali. 20. Januar 2012, abgerufen am 4. April 2020 (französisch).
- L’armée cesse le combat à Gao, ville stratégique. In: 20minutes ch. Abgerufen am 4. April 2020 (französisch).
- Mali. Le pouvoir laisse Gao aux mains des rebelles. Abgerufen am 4. April 2020 (französisch).
- Tuareg rebels declare the independence of Azawad, north of Mali. Al Arabiya, 6. April 2012, abgerufen am 6. April 2012.
- Serge Daniel: Islamists seize north Mali town, at least 21 dead in clashes. Agence France-Presse, 27. Juni 2012, archiviert vom Original am 23. November 2012; abgerufen am 27. Juni 2012.
- Adam Nossiter: Jihadists’ Fierce Justice Drives Thousands to Flee Mali. In: The New York Times. 18. Juli 2012, archiviert vom Original am 23. November 2012; abgerufen am 23. November 2012.
- Die Akteure in Mali: Islamisten und Drogenhändler. In: taz. 13. Januar 2013, abgerufen am 2. Februar 2013.
- Mali: des islamistes à la lisière Nord-Sud. In: Le Figaro. 1. September 2012 (Online [abgerufen am 13. Januar 2013]).
- Ban Ki-moon met en garde contre une intervention au Mali. In: Le Monde. 29. November 2012 (Online [abgerufen am 13. Januar 2013]).
- Malischer Präsident bittet Frankreich um Hilfe gegen Islamisten. In: welt.de. 11. Januar 2013, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Französische und malische Truppen nehmen Gao ein. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Tagesschau. 26. Januar 2013, archiviert vom Original am 28. Januar 2013; abgerufen am 2. Februar 2013.
- Mali. La Légion a sauté sur Tombouctou! In: Ouest-France. 27. Januar 2013, abgerufen am 4. April 2020 (französisch).
- Afrikas Staaten stocken Truppen für Mali auf. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Tagesschau. 27. Januar 2013, archiviert vom Original am 28. Januar 2013; abgerufen am 2. Februar 2013.
- faz.net
- Malis neuer Präsident Keita vereidigt. (Memento vom 21. Dezember 2013 im Internet Archive) Zeit Online, September 2013
- Mali’s Tuareg fighters end ceasefire. AlJazeera, 30. November 2013, abgerufen am 28. Dezember 2013.
- French troops kill 11 Muslim fighters in Mali. Press TV, 25. Januar 2014, abgerufen am 20. Februar 2021.
- Guerre au Mali: ce que l’on sait de l’opération Barkhane. Abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Mali: nouvelle attaque d’une localité dans le centre, un civil tué - Africa Radio. Abgerufen am 22. März 2020.
- Au Mali, une nouvelle attaque contre une localité près de la frontière mauritanienne. In: Le Monde.fr. 7. Januar 2015 (Online [abgerufen am 22. März 2020]).
- Mali: deux militaires maliens tués dans une attaque jihadiste dans le Centre. Abgerufen am 22. März 2020.
- Alakhbar | Le groupe El-Mourabitoune prête allégeance à l’Etat islamique. Abgerufen am 22. März 2020.
- Alakhbar | Bel Mokhtar dément l’allégeance du groupe El-Mourabitoune à l’Etat Islamique. Abgerufen am 22. März 2020.
- Mali: début d’une opération militaire anti-jihadiste en pays Dogon. 27. Oktober 2015, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Mamadou Makadji: Mali: Opération antiterroristes: ”Osseau” frappe à Gao. Abgerufen am 22. März 2020 (fr-FR).
- Barkhane: opération transfrontalière Panga dans la boucle du Niger élargie. Französisches Verteidigungsministerium, 14. April 2017, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Mali: retour du gouverneur à Kidal, trêve entre CMA et Gatia. 22. August 2017, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Mali: le rapport alarmant de l’ONU sur la situation au Nord. 3. Oktober 2017, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Mali: l’ONU hausse le ton contre Bamako. 24. Januar 2018, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Attaque contre le QG de la force régionale G5 Sahel, dans le centre du Mali. 29. Juni 2018, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- AFP: Mali: attaque "terroriste" contre les soldats français de Barkhane à Gao. Europe1, 1. Juli 2018, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
- Plus d’une centaine de civils tués au Mali. 23. März 2019, abgerufen am 22. März 2020 (französisch).
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- Emmanuel Macron annonce la fin de l'opération Barkhane au Sahel. 10. Juni 2021, abgerufen am 19. August 2021 (französisch).
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- zu den Zerstörungen der Überblick bei Terroristen, Milizen und Glaubensfanatiker – Instrumentalisierung des Kulturerbes in Mali. Archaeologik, 8. Januar 2013
- Ausgetrickst – Timbuktu Manuskripte wurden rechtzeitig versteckt. Archaeologik, 30. Januar 2013
- Case Information Sheet - Ahmad Al Faqi Al Mahdi. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) IStGH, 17. August 2017, archiviert vom Original am 9. Oktober 2017; abgerufen am 8. Oktober 2017 (englisch).
- Summary of the Judgment and Sentence in the case of The Prosecutor v. Ahmad Al Faqi Al Mahdi. (PDF) IStGH, 26. September 2016, abgerufen am 8. Oktober 2017 (englisch).
- Les populations civiles du nord du Mali sont menacées. In: Le Monde. 19. Januar 2013, abgerufen am 20. Januar 2013.
- Mali army accused of 'summary executions’ by rights group. CBC, 23. Januar 2013, abgerufen am 23. Januar 2013.