Hungen
Hungen ist eine Stadt im mittelhessischen Landkreis Gießen. Aufgrund des alle zwei Jahre stattfindenden Schäferfests trägt Hungen auch den Namen „Die Schäferstadt“.
Wappen | Deutschlandkarte | |
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Basisdaten | ||
Bundesland: | Hessen | |
Regierungsbezirk: | Gießen | |
Landkreis: | Gießen | |
Höhe: | 139 m ü. NHN | |
Fläche: | 86,78 km2 | |
Einwohner: | 12.642 (31. Dez. 2020)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 146 Einwohner je km2 | |
Postleitzahl: | 35410 | |
Vorwahl: | 06402 | |
Kfz-Kennzeichen: | GI | |
Gemeindeschlüssel: | 06 5 31 008 | |
Stadtgliederung: | 12 Stadtteile | |
Adresse der Stadtverwaltung: |
Kaiserstraße 7 35410 Hungen | |
Website: | ||
Bürgermeister: | Rainer Wengorsch (Freie Wähler) | |
Lage der Stadt Hungen im Landkreis Gießen | ||
Geografie
Die Stadt Hungen liegt im südöstlichen Teil des Landkreises Gießen in der Mitte Hessens, an der Grenze zwischen Wetterau und Vogelsberg.
Nachbargemeinden
Hungen grenzt im Norden an die Stadt Laubach, im Osten an die Stadt Nidda (Wetteraukreis), im Süden an die Gemeinden Wölfersheim (Wetteraukreis) und Echzell und im Westen an die Städte Münzenberg (Wetteraukreis) und Lich.
Stadtgliederung
Durch die Eingliederung der Gemeinden Bellersheim, Inheiden, Rodheim, Rabertshausen, Nonnenroth, Langd, Obbornhofen, Steinheim, Trais-Horloff, Utphe, und Villingen in den 1970er Jahren zählt die Stadt Hungen heute rund 13.000 Einwohner.
Geschichte
Im Mittelalter lag die Stadt an der Handelsstraße „durch die kurzen Hessen“.
Urkundlich wurde die Kernstadt erstmals am 28. Juli 782 als Schenkung Kaiser Karls des Großen an das Stift Hersfeld erwähnt. Dieses baute die Schenkung „Hoinge“ bzw. „Houngun“[2] zusammen mit den umliegenden Ortschaften und Rodungen zur so genannten „Hersfeldschen Mark“ aus. Die Klostervogtei gelangte unter die Herrschaft der Münzenberger und fiel später an die Falkensteiner.
Für das Jahr 1320 ist die Pfarrkirche in einem Lehensbrief bezeugt. Kaiser Karl IV. verlieh am 20. April 1361 die Stadtrechte. Durch eine Erbschaft kam Hungen am 24. Mai 1419 an die Grafen zu Solms, denen am 24. Mai 1469 durch Kaiser Friedrich III. ein Marktrecht für die Zeit vom 28. Oktober bis zum 11. November verliehen wurde. Hieraus entwickelte sich der traditionelle Allerheiligenmarkt.
Um 1700 umfasste das Amt Hungen die Dörfer Bellersheim, Bettenhausen, Birklar, Muschenheim, Nonnenroth. Röthges und Villingen, welche alle dienstpflichtig waren. Dazu kam noch der Ort Langsdorf, der seine Dienstpflichten gegenüber dem Landesherren im 16. Jahrhundert abgelöst hatte.
Zwischen 1705 und 1719 kam es zu Auseinandersetzungen und Prozessen zwischen den Bauern des Amtes Hungen und der Herrschaft Solms-Braunfels.[3]
Von 1602 bis 1678 war Hungen selbstständige Grafschaft. Nach dem Aussterben der Solms-Hungener Linie 1678 kam die Hälfte des Amts an die Linie Solms-Braunfels, nach deren Aussterben an Graf Wilhelm Moritz von Greifenstein, der sich später wieder nach der Braunfelser Linie nannte. 1693 fiel ganze Amt Hungen an seine Herrschaft.
Hungen gelangte danach an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, die 1806 zum Großherzogtum Hessen erhoben wurde. Bis 1841 Landratsbezirk und Sitz eines Landgerichts, wurde die Stadt von 1841 bis 1848 Verwaltungssitz des Kreises Hungen im Regierungsbezirk Friedberg.
1877 fiel in einem Waldgebiet bei Hungen ein Steinmeteorit vom Typ H6. Der Meteorit bestand aus zwei Fragmenten, die insgesamt 112 Gramm wogen.[4][5]
Eingemeindungen
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurden auf freiwilliger Basis am 31. Dezember 1970 die Gemeinden Langd, Rabertshausen, Steinheim, Trais-Horloff und Utphe[6] sowie am 31. Dezember 1971 die Gemeinden Nonnenroth und Rodheim eingegliedert. Am 1. Januar 1977 wurden durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen die Gemeinden Bellersheim, Inheiden, Obbornhofen und Villingen nach Hungen eingegliedert.[7][8] Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[9]
Ausgliederungen
Am 1. August 1972 wurde ein Gebiet mit damals etwa fünfzig Einwohnern an die Nachbarstadt Nidda abgetreten.[10]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Hungen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[2][11][12]
- vor 1742: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Braunfels, (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
- ab 1742: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Braunfels, (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen (durch die Rheinbundakte), Oberfürstentum Hessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[13]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[14]
- ab 1820: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Hungen des Fürsten Solms-Braunfels)
- ab 1822: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Hungen“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung)[15]
- ab 1841: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Hungen
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1918: Deutsches Reich (Weimarer Republik), Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1937: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Landkreis Gießen[16]
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
- ab 1979: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Gießen
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Hungen ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Hungen zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen (Hessen-Darmstadt) 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Hungen zuständig war. Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[17]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich-hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Hungen“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[18]
Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Hungen aufgelöst und Hungen dem Bezirk des Amtsgerichts Nidda zugeteilt.[19] Zum 1. Januar 2012 wurde auch das Amtsgericht Nidda gemäß Beschluss des Hessischen Landtags aufgelöst und Hungen ging an das Amtsgericht Gießen.[20] Die übergeordneten Instanzen sind jetzt, das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
Hungen: Einwohnerzahlen von 1830 bis 2015 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1830 | 1.027 | |||
1834 | 970 | |||
1840 | 1.091 | |||
1846 | 1.290 | |||
1852 | 1.199 | |||
1858 | 1.243 | |||
1864 | 1.171 | |||
1871 | 1.223 | |||
1875 | 1.283 | |||
1885 | 1.297 | |||
1895 | 1.385 | |||
1905 | 1.522 | |||
1910 | 1.678 | |||
1925 | 1.736 | |||
1939 | 1.723 | |||
1946 | 2.923 | |||
1950 | 3.149 | |||
1956 | 3.250 | |||
1961 | 3.375 | |||
1967 | 3.640 | |||
1970 | 3.984 | |||
1972 | 7.725 | |||
1976 | 12.014 | |||
1981 | 11.862 | |||
1988 | 11.742 | |||
1992 | 12.373 | |||
2000 | 12.800 | |||
2004 | 12.924 | |||
2010 | 12.613 | |||
2015 | 12.500 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [2]; 1972:[21]; 1976:[22]; 1988:[23]; 1992:[24]; 2000, 2015:[25]; 2004:[26]; 2010:[27] Ab 1972 einschließlich der im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte. |
Religionszugehörigkeit
- 1830: 969 evangelische, 5 römisch-katholische Einwohner, 53 Juden
- 1961: 2150 evangelische, 1098 römisch-katholische Einwohner
Quelle: Historisches Ortslexikon[2]
Erwerbstätigkeit
- 1961: Erwerbspersonen: 143 Land- und Forstwirtschaft, 762 Produzierendes Gewerbe, 292 Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, 301 Dienstleistungen und Sonstige
Quelle: Historisches Ortslexikon[2]
Politik
Stadtverordnetenversammlung
Die Kommunalwahl am 14. März 2021 lieferte folgendes Ergebnis,[28] in Vergleich gesetzt zu früheren Kommunalwahlen:[29][30][31]
Parteien und Wählergemeinschaften | 2021 | 2016 | 2011 | 2006 | 2001 | |||||||
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% | Sitze | % | Sitze | % | Sitze | % | Sitze | % | Sitze | |||
FW | Freie Wähler Hungen | 27,2 | 10 | 36,4 | 14 | 32,6 | 12 | 19,6 | 7 | — | — | |
CDU | Christlich Demokratische Union Deutschlands | 20,1 | 7 | 24,2 | 9 | 23,1 | 9 | 28,8 | 11 | 32,9 | 12 | |
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands | 19,5 | 7 | 27,9 | 10 | 32,3 | 12 | 43,6 | 16 | 41,3 | 15 | |
Pro Hungen | Bürgerliste Pro Hungen | 17,6 | 7 | — | — | — | — | — | — | — | — | |
Grüne | Bündnis 90/Die Grünen | 15,6 | 6 | 11,5 | 4 | 12,0 | 4 | 8,1 | 3 | 6,9 | 3 | |
ÜWG | Überparteiliche Wählergemeinschaft Hungen | — | — | — | — | — | — | — | — | 18,8 | 7 | |
Gesamt | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | 100,0 | 37 | ||
Ungültige Stimmen in % | 3,3 | — | 4,5 | — | 3,7 | — | 3,5 | — | 3,0 | — | ||
Wahlbeteiligung in % | 53,2 | 52,3 | 59,0 | 51,0 | 56,4 |
Bürgermeister
Rainer Wengorsch (Freie Wähler) setzte sich bei den Kommunalwahlen am 27. März 2011 mit 64,4 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen Elke Högy (SPD) durch. Am 2. Dezember 2011 wurde er in sein Amt eingeführt und löste damit Klaus Peter Weber (SPD) nach 18 Jahren im Amt ab. Wengorsch wurde am 11. Juni 2017 mit 83,4 Prozent wiedergewählt, bei allerdings nur 29,0 Prozent Wahlbeteiligung und ohne Gegenkandidaten.[32]
Partnerstadt
- Saint-Bonnet-de-Mure (bei Lyon, Frankreich)
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke in Hungen
Evangelische Stadtkirche
Die evangelische Stadtkirche ist das älteste Bauwerk Hungens und wird im Jahr 1286 erstmals erwähnt. In ihrem in Jahrhunderten gewachsenen Erscheinungsbild vereint sie die Baustile der Romantik, Gotik und Renaissance. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts entstand der romanische untere Teil des Turmes, der sich zwischen Chor und Kirchenschiff befindet und mit wertvollen Wandmalereien ausgestattet ist. Die zwei oberen Geschosse stammen aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und weisen frühgotische Stilelemente auf. Der spätgotische Chor wurde 1518 geweiht und diente dem Grafenhaus Solms-Hungen, das fast hundert Jahre lang seinen Sitz in Hungen hatte, als Grabkapelle. Das Kirchenschiff wurde zwischen 1596 und 1608 vergrößert. Für den damaligen Kirchenbau stellte das schlossartige Gebäude etwas völlig Neues dar und wurde im 17. und 18. Jahrhundert zum Vorbild für zahlreiche protestantische Kirchenbauten der näheren Umgebung.
Schloss
Über die ersten Anfänge einer Befestigung des kleinen Burghügels, knapp 15 Meter über der Horloff, können nur Mutmaßungen angestellt werden. Das heutige Schloss wurde seit der Mitte des 15. Jahrhunderts anstelle einer älteren Burganlage, die 1383 urkundlich verbürgt ist, errichtet. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Schloss mehrmals erweitert, verändert, 1974 von einer Eigentümergemeinschaft erworben und unter großem Einsatz in seinen heutigen Zustand versetzt.
Ehemaliges Kreisamtsgebäude
Der verputzte zweigeschossige Fachwerkbau in der Schlossgasse mit Mansarddach wurde wahrscheinlich im späten 18. Jahrhundert errichtet.
Wohnbauten
Innerhalb des durch Abbrüche und gesichtslose Neubauten beeinträchtigten Ortskernes haben sich einige ältere Fachwerkhäuser erhalten, von denen etliche jedoch durch Verputz oder Schaufensterdurchbrüche entstellt sind. Erst in jüngster Zeit kam es zur verstärkten Freilegung und fachgerechten Restaurierung einiger Bauten im Zuge der Stadtsanierung.
- Noch 1978 ging mit dem 1589 datierten Amtshaus (ehemals Obertorstraße 14) eines der wichtigsten Baudenkmäler der Stadt verloren. Es befindet sich heute im Freilichtmuseum Hessenpark, wo es als Verwaltungsgebäude dient.
- Das Doppelwohnhaus Bitzenstraße 34–36, wurde 2009–2013 restauriert, wobei eine dendrochronologische Untersuchung das Haus auf das Jahr 1465 datierte.
- Bei dem Haus Obertorstraße 13 wurde das Fachwerkgefüge bei der jüngsten Restaurierung stark erneuert und zum Teil ergänzt. Das jetzt als Gaststätte genutzte Giebelhaus, dessen Fassade gebogene Fußstreben aufweist, entstand wohl um 1500 und dürfte damit auch eines der ältesten Wohnhäuser Hungens sein.
- Am Marktplatz liegt das Gasthaus Sterntaler (Obertorstraße 29). Der stattliche dreigeschossige Bau mit beschnitzten Balken ist 1661 bezeichnet und wurde 1763 erneuert.
Stadtmauer
Von der mittelalterlichen Stadtmauer sind größere Partien vor allem im Südosten erhalten, die zumeist in Häusern verbaut sind. Hier sind auch Reste des Stadtwalls mit Graben sichtbar.
Hof Grass
An der Bundesstraße 457 Richtung Nidda liegt der Hof Grass. Das ehemalige Gut wurde von 2010 bis 2012 umfassend saniert. Seitdem beherbergt er unter anderem das Limes-Informationszentrum und das Stadtarchiv Hungen.
Kastell Inheiden
Südlich von Hungen, nahe dem Hof Graß, liegt das fast 2000 Jahre alte römische Kastell Inheiden.
Kleinkastell Feldheimer Wald
Eine weitere römische Hinterlassenschaft, das Kleinkastell Feldheimer Wald findet sich etwa zwei Kilometer westsüdwestlich des Ortskerns, in der Nordecke des Feldheimer Waldes. Die Konturen der Umwehrung sind immer noch als flache Bodenwellen im Gelände sichtbar.
Stadtteil Nonnenroth
Nonnenroth wurde erstmals 1271 urkundlich erwähnt. Das Dorf gehörte früher zur Hersfeldschen Mark. Auf einer Bergkuppe wurde das heutige Wahrzeichen, eine Wehrkirche errichtet, deren Glockenturm in den Kirchenneubau integriert wurde. Der Dreißigjährige Krieg brachte dem kleinen Ort viel Not, Leid und Verwüstung, da die alte „Heerstraße“, von Hungen über den Galgenberg durch Nonnenroth nach Grünberg führend, stets viele Truppenbewegungen zu verzeichnen hatte.
Naturdenkmäler
Wirtschaft und Infrastruktur
Geschichte
Hungens wirtschaftliche Bedeutung begann schon im frühen Mittelalter durch den günstigen Standort an einer Kreuzung zweier wichtiger Handelswege, der Salzstraße und der Alten Gelnhäuser Poststraße. Ein weiterer wichtiger Faktor war die Erlangung der Stadt- und Marktrechte, wovon noch heute der jährlich am 1. November abgehaltene Allerheiligenmarkt zeugt.
Straßenverkehr
Die bis Ende 2006 durch den Ort führenden Bundesstraßen 457 und 489 folgten in etwa diesen alten Handelswegen. Durch die neue Ortsumgehung liegt deren Kreuzung heute südöstlich außerhalb des Ortes und ist als Kreisverkehr ausgebaut.
Eisenbahn
Hungen war früher ein Eisenbahnknoten. Davon zeugen noch die Reste des großzügig angelegten Bahnhofs mit eigener Güterabfertigung. Diese Einrichtung sicherte die Existenz vieler kleiner Spediteure für Nah- und Mittelstrecken. Der Haus- und der Mittelbahnsteig wurden 2017 saniert und bieten seitdem einen stufenfreien Einstieg in die Regionalbahnen der Hessischen Landesbahn. Die Fußgängerunterführung ist durch Fahrstühle barrierefrei und nun auch in nordöstliche Richtung an das Wegenetz angeschlossen.
Die Bahnstrecke Friedberg–Laubach–Mücke (Horlofftalbahn) und die Bahnstrecke Gießen–Nidda–Gelnhausen (Lahn-Kinzig-Bahn), beide errichtet von den Großherzoglich Hessischen Staatseisenbahnen, kreuzten sich hier. Die Lahn-Kinzig-Bahn wird heute von Regionalzügen der Hessischen Landesbahn annähernd stündlich bedient. Die Strecke Hungen–Laubach wurde 1999 stillgelegt, demontiert und im ehemaligen Gleisbett ein Radweg angelegt.[33] Die Strecke aus Richtung Friedberg zwischen Wölfersheim-Södel und Hungen wurde 2005 stillgelegt. Sie soll 2023 reaktiviert werden und Hungen damit einen direkten Anschluss nach Friedberg bzw. weiter nach Frankfurt am Main erhalten.
Öffentlicher Personennahverkehr
Die Stadt Hungen und der Landkreis Gießen gehören zum Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. Hungen besitzt eine eigene Stadtbuslinie, die VGO-Linie 60.
Radfernwege
Durch Hungen und seinen Stadtteile Inheiden und Steinheim führt der Deutsche Limes-Radweg. Dieser folgt dem Obergermanisch-Raetischen Limes über 818 Kilometer von Bad Hönningen am Rhein nach Regensburg an der Donau.
Söhne und Töchter der Stadt
- Kraft Myle (um 1480–1556), als Crato I. Abt der Reichsabtei Hersfeld
- Johann Peter Bach (1722–1780), Glockengießer
- Gustav Hofmann (1798–1866), Oberappellationsgerichtsrat, Abgeordneter und Politiker
- Gustav Schlosser (1826–1890), evangelischer Geistlicher
- Gustav Hofmann (1827–1897), Richter, Politiker und Abgeordneter
- Wilhelm Crecelius (1828–1889), Historiker und Lehrer
- Heinrich Konrad Schneider (1828–1898), Pädagoge, Agrarwissenschaftler, Gründer und Leiter der „Akademie für Bierbrauer und Landwirte“ in Worms
- August Karl Draudt (1846–1925), preußischer Generalleutnant
- Heinrich Schmidt (1856–1927), Jurist, Vorsitzender Richter des Staatsgerichtshofs
- Amalie Seckbach-Buch (1870–1944), Kunstsammlerin und international anerkannte Künstlerin, Opfer des Holocaust
- Ketty Guttmann (1883–1967), kommunistische Politikerin und Aktivistin für die Rechte der Prostituierten
- Willi Ziegler (1929–2002), Paläontologe (Ortsteil Villingen)
- Die Amigos, Schlager-Duo (Ortsteil Villingen)
Literatur
- Magistrat der Stadt Hungen (Hrsg.): 50 Jahre Großgemeinde Hungen. Limnus Wittich Medien, Herbstein 2021, ISBN 978-3-86595-748-1
- Herbert Engel, Willi Hechler: Hungen in alten Ansichten. Hungen 1983
- Magistrat der Stadt Hungen (Hrsg.): Das Buch der Stadt Hungen. Hungen 1961
- Literatur über Hungen In: Hessische Bibliographie[34]
- Suche nach Hungen In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Hungen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Informationen zu der Gemeinde Hungen. In: Hessisches Gemeindelexikon. HA Hessen Agentur, 2016 .
- Linkkatalog zum Thema Hungen bei curlie.org (ehemals DMOZ)
Einzelnachweise
- Hessisches Statistisches Landesamt: Bevölkerung in Hessen am 31.12.2020 nach Gemeinden (Landkreise und kreisfreie Städte sowie Gemeinden, Einwohnerzahlen auf Grundlage des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
- Hungen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 15. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Werner Troßbach: Bauernbewegungen im Wetterau-Vogelsberg-Gebiet 1648-1806. Fallstudien zum bäuerlichen Widerstand im Alten Reich. In: Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte. Bd. 52, Darmstadt und Marburg 1985, S. 48–104.
- Hungen. Meteoritical Bulletin, abgerufen am 13. Juni 2020.
- Thomas Witzke: Meteorite aus Deutschland. strahlen.org, abgerufen am 13. Juni 2020.
- Eingliederung von Gemeinden in die Stadt Hungen, Landkreis Gießen vom 6. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 4, S. 141, Punkt 171 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
- Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13. Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 17, S. 237 ff., § 8 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
- Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 299.
- Hauptsatzung der Stadt Hungen. S. 3, abgerufen im Februar 2019.
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 365.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 21, 438 ff. (Online bei google books).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
- Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
- Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr. 8, S. 121 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2 MB]).
- Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11. April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr. 10, S. 63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 13,6 MB]).
- Gesetz zur Änderung gerichtsorganisatorischer Regelungen (Artikel 1.1, $3 c)) vom 16. September 2011. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2011 Nr. 17, S. 409 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 574 kB]). Bezieht sich auf das Gesetz über den Sitz und den Bezirk der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften (Gerichtlichesorganisationsgesetz) (GVBl. I S. 98) vom 1. Februar 2005. In: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 2005 Nr. 5, S. 98 ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 235 kB]).
- Kommunalwahlen 1972; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 4. August 1972. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 33, S. 1424, Punkt 1025 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,9 MB]).
- Kommunalwahlen 1977; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 15. Dezember 1976. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1976 Nr. 52, S. 2283, Punkt 1668 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 10,3 MB]).
- Kommunalwahlen 1989; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 25. Oktober 1988. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1988 Nr. 45, S. 2426, Punkt 1049 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,6 MB]).
- Kommunalwahlen 1993; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 21. Oktober 1992. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1992 Nr. 44, S. 2766, Punkt 935 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,1 MB]).
- Gemeindedatenblatt: Hungen. (PDF-Datei; 222 kB) In: Hessisches Gemeindelexikon. HA Hessen Agentur
- Hessische Gemeindestatistik Ausgab2 2005. Hessisches Statistisches Landesamt
- Die Bevölkerung der hessischen Gemeinden am 30. Juni 2010. (PDF-Datei; 552 kB) Hessisches Statistisches Landesamt, S. 11, archiviert vom Original am 7. Februar 2018; abgerufen am 20. März 2018.
- Ergebnis der Gemeindewahl am 14. März 2021. In: Webauftritt. Hessisches Statistisches Landesamt, abgerufen im April 2021.
- Ergebnis der Gemeindewahl am 6. März 2016. In: Webauftritt. Hessisches Statistisches Landesamt, abgerufen im April 2016.
- Ergebnis der Gemeindewahl am 27. März 2011. In: Webauftritt. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original; abgerufen im April 2011.
- Ergebnis der Gemeindewahl am 26. März 2006. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webauftritt. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original; abgerufen im April 2006.
- Hessenschau.de: Ergebnisse Bürgermeisterwahl Hungen, 11. Juni 2017
- Lückenschluss mit Potenzial. Gießener Allgemeine, 3. Dezember 2015, abgerufen am 22. Dezember 2016.
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!