Bettenhausen (Lich)
Bettenhausen ist einer von neun Stadtteilen der Stadt Lich im mittelhessischen Landkreis Gießen und liegt vier Kilometer südlich der Kernstadt am nördlichen Rand der Wetterau.
Bettenhausen Stadt Lich | |
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Höhe: | 182 m ü. NHN |
Fläche: | 5,21 km²[1] |
Einwohner: | 520 (Dez. 2019)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 100 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 35423 |
Vorwahl: | 06404 |
Bettenhausen von Südwesten |
Geschichte
Fundstücke weisen auf eine Besiedlung schon in der Jungsteinzeit (4000–1200 v. Chr.) bzw. der Glockenbecherkultur hin.
Im östlichen Teil der Gemarkung Bettenhausen verlief der Teilabschnitt Wetterau-Limes des Obergermanisch-Raetischen Limes; ein sogenanntes Kleinkastell hat sich in der heutigen Flur Riesengraben befunden.
Die älteste bekannte Erwähnung von Bettenhausen als Bettenhusen stammt aus dem Lorscher Codex und datiert auf den 29. April 771.
Im 13. Jahrhundert und 14. Jahrhundert dürfte eine vom Kloster Arnsburg betreute Beginenklause im Ort bestanden haben: 1350 stifteten Kraft Ritter von Bellersheim, seine Ehefrau und sein Bruder zum Seelenheil ihrer Großmutter Getreide an die Klause zu Bettenhausen.
1423 fiel das zu diesem Zeitpunkt zur Grafschaft Falkenstein gehörende Bettenhausen durch Erbteilung an Bernhard von Solms.
Als größtes Unglückdatum in der Geschichte des Ortes gilt der 5. April 1635, es war mitten im Dreißigjährigen Krieg: Ernst von Mansfeld, dessen Hauptquartier sich im nahegelegenen Lich befand, hatte aus nicht überliefertem Grund einige Söldner des Regimentes Spangenberg, welches in Bettenhausen im Quartier war, hinrichten lassen. Deren Kameraden gerieten darüber so in Zorn, dass sie kurzerhand das gesamte Dorf in Brand steckten. Einzig die Kirche und zwei an die steinerne Kirchhofsmauer angebaute Häuser widerstanden dem Feuer. Viele der in die benachbarten Städte Hungen und Lich geflüchteten Einwohner fielen dort der gerade grassierenden Pest zum Opfer; 1640 existierten nur mehr zehn Familien.
Um das Jahr 1670 war Bettenhausen wieder einigermaßen aufgebaut. Etwa um diese Zeit wurde der Ort, der bislang ein Filial der Kirchgemeinde Hungen gewesen war, eigenständige Pfarrei. Im Jahre 1747, inzwischen war auch im Ort der reformierte Ritus eingeführt worden, wurde die alte Kirche aus dem 13. Jahrhundert wegen Baufälligkeit abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der am 29. Oktober 1748 eingeweiht wurde. Aus den alten Baurechnungen geht hervor, dass während des Baues 32 Ohm (das entspricht etwa 3200 Litern) Bier getrunken worden sind.
Ab 1657 ist Schulunterricht in Bettenhausen belegt. Lange Zeit fand er im Rathaus statt, bis 1914 ein eigenes Schulgebäude errichtet wurde. Erst mit Beginn des Schuljahres 1951/52 wurde zweiklassig unterrichtet; seit 1964 besuchten die Kinder ab der 5. Klasse die neue Mittelpunktschule in Lich (Dietrich-Bonhoeffer-Schule), 1969 erfolgte die komplette Auflösung, die Grundschüler werden seitdem in Langsdorf beschult.
Im Jahre 1906 wurde im Gemeindeamt Bettenhausen das erste Telefon installiert; nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss erfolgte 1913 der Anschluss an die Elektrizität. Ein gemeindeeigenes Wasserwerk ging 1908 in Betrieb.
Durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte sich ab 1945 die Einwohnerzahl beträchtlich.
Gebietsreform
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die Gemeinde Bettenhausen am 31. Dezember 1971 auf freiwilliger Basis in die Stadt Lich eingegliedert.[3] Für Bettenhausen wie für alle Stadtteile von Lich wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher eingerichtet.[4]
Territorialgeschichte und Verwaltung
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Bettenhausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][5][6]
- vor 1742: Heiliges Römisches Reich, Grafschaft Solms-Braunfels, (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
- ab 1742: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Solms-Braunfels, (Anteil an der Herrschaft Münzenberg), Amt Hungen
- ab 1806: Rheinbund, Großherzogtum Hessen (durch Rheinbundakte), Oberfürstentum Hessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[7]
- ab 1815: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (des Fürsten Solms-Braunfels)[8]
- ab 1820: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Amt Hungen (Patrimonialgericht: Standesherrliches Amt Hungen des Fürsten Solms-Braunfels)
- ab 1822: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landratsbezirk Hungen (Trennung zwischen Justiz (Landgericht Hungen; 1822 gingen die Rechte des „standesherrlichen Amts Hungen“ an das Landgericht über, wo sie im Namen der Standesherren ausgeübt wurden) und Verwaltung)[9]
- ab 1841: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Hungen
- ab 1848: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Regierungsbezirk Friedberg
- ab 1852: Deutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1871: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Nidda
- ab 1874: Deutsches Reich, Großherzogtum Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1918: Deutsches Reich, Volksstaat Hessen, Provinz Oberhessen, Landkreis Gießen
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen (seit 1946), Regierungsbezirk Darmstadt, Kreis Gießen
- 31. Dezember 1971: Eingliederung von Bettenhausen als Stadtteil in die Stadt Lich.
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen Regierungsbezirk Darmstadt, Lahn-Dill-Kreis
- ab 1979: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Landkreis Gießen
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Gießen
Gerichte seit 1803
In der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde mit Ausführungsverordnung vom 9. Dezember 1803 das Gerichtswesen neu organisiert. Für die Provinz Oberhessen wurde das Hofgericht Gießen als Gericht der zweiten Instanz eingerichtet. Die Rechtsprechung der ersten Instanz wurde durch die Ämter bzw. Standesherren vorgenommen und somit war für Bettenhausen ab 1806 das „Patrimonialgericht der Fürsten Solms-Braunfels“ in Hungen zuständig. Das Hofgericht war für normale bürgerliche Streitsachen Gericht der zweiten Instanz, für standesherrliche Familienrechtssachen und Kriminalfälle die erste Instanz. Die zweite Instanz für die Patrimonialgerichte waren die standesherrlichen Justizkanzleien. Übergeordnet war das Oberappellationsgericht Darmstadt.
Mit der Gründung des Großherzogtums Hessen 1806 wurde diese Funktion beibehalten, während die Aufgaben der ersten Instanz 1821–1822 im Rahmen der Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung auf die neu geschaffenen Land- bzw. Stadtgerichte übergingen. Ab 1822 ließen die Fürsten Solms-Braunfels ihre Rechte am Gericht durch das Großherzogtum Hessen in ihrem Namen ausüben. „Landgericht Hungen“ war daher die Bezeichnung für das erstinstanzliche Gericht, das für Bettenhausen zuständig war. Auch auf sein Recht auf die zweite Instanz, die durch die Justizkanzlei in Hungen ausgeübt wurde verzichtete der Fürst 1823.[10] Erst infolge der Märzrevolution 1848 wurden mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April 1848 die standesherrlichen Sonderrechte endgültig aufgehoben.[11] Mit Wirkung vom 1. Januar 1882 wurden die Gemeinden Bettenhausen dem Amtsgericht Lich zugeteilt.[12]
Anlässlich der Einführung des Gerichtsverfassungsgesetzes mit Wirkung vom 1. Oktober 1879, infolgedessen die bisherigen großherzoglich hessischen Landgerichte durch Amtsgerichte an gleicher Stelle ersetzt wurden, während die neu geschaffenen Landgerichte nun als Obergerichte fungierten, kam es zur Umbenennung in „Amtsgericht Lich“ und Zuteilung zum Bezirk des Landgerichts Gießen.[13] Am 1. Juni 1934 wurde das Amtsgericht Lich aufgelöst und Bettenhausen dem Amtsgericht Gießen zugeteilt.[14] Die übergeordneten Instanzen sind jetzt, das Landgericht Gießen, das Oberlandesgericht Frankfurt am Main sowie der Bundesgerichtshof als letzte Instanz.
Einwohnerentwicklung
• 1698: 203 Einwohner[15] |
Bettenhausen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2019 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 433 | |||
1840 | 447 | |||
1846 | 447 | |||
1852 | 434 | |||
1858 | 407 | |||
1864 | 407 | |||
1871 | 407 | |||
1875 | 395 | |||
1885 | 418 | |||
1895 | 370 | |||
1905 | 361 | |||
1910 | 366 | |||
1925 | 363 | |||
1939 | 326 | |||
1946 | 547 | |||
1950 | 520 | |||
1956 | 407 | |||
1961 | 374 | |||
1967 | 370 | |||
1970 | 401 | |||
1980 | ? | |||
1988 | 466 | |||
2000 | ? | |||
2008 | 535 | |||
2011 | 510 | |||
2015 | 522 | |||
2019 | 520 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; 1970:[16]; 1988–2012:[15]; nach 2010: Stadt Lich[17][2]; Zensus 2011[18] |
Im Jahr 1961 wurden die folgenden Erwerbspersonen gezählt: 105 in Land- und Forstwirtschaft; 38 im produzierenden Gewerbe; 30 in Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung; 25 im Dienstleistungsbereich oder sonstigen Gewerbe.[1]
Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1830: | 406 evangelische Einwohner |
• 1961: | 286 evangelische, 86 römisch-katholische Einwohner |
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Kirche
- Evangelisch-reformierte Kirche von 1747/48 in barock-klassizistischem Übergangsstil mit Kirchturm aus der Mitte des 13. Jahrhunderts.
Vereine
- Mit über 300 Mitgliedern sind mehr als die Hälfte der Einwohner von Bettenhausen im örtlichen Sportverein TSV Bettenhausen aktiv. Der Verein bietet ein breites Angebot von Aktivitäten an. Zudem findet jährlich ein Ortssporttag statt. Erste Vorsitzende ist z. Z. Martina Fechter.
- Der Gesangsverein Eintracht Bettenhausen, gegr. 1847, gewann bereits in mehreren Wettbewerben zahlreiche Pokale und ist regional bekannt.
- Freiwillige Feuerwehr, gegr. 1938
- Landfrauenverein, gegr. 1953
Literatur
- Adolf Fritz und Paul Görlich, Bettenhausen. In: Licher Heimatbuch. Die Kernstadt und ihre Stadtteile. Bearbeitet von Paul Görlich, herausgegeben vom Magistrat der Stadt Lich 1989.
- Bettenhausen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Bettenhausen In: Hessische Bibliographie[19]
Weblinks
- Stadtteil Bettenhausen im Internetauftritt der Stadt Lich.
- Lich-Bettenhausen. Mit Ortsgeschichte und Vereinen. Ortsbeirat Bettenhausen
- Bettenhausen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Einzelnachweise
- Bettenhausen, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Steckbrief Lich. In: Webauftritt. Stadt Lich, abgerufen im Oktober 2020.
- Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, DNB 770396321, OCLC 180532844, S. 303.
- Gremien der Stadt. In: Webauftritt. Stadt Lich, abgerufen im Februar 2019.
- Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation. In: treemagic.org. 2006 .
- Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause's Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, DNB 013163434, OCLC 162730471, S. 12 ff. (google books).
- Wilhelm von der Nahmer: Handbuch des Rheinischen Particular-Rechts: Entwickelung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins : vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit. Band 3. Sauerländer, Frankfurt am Main 1832, OCLC 165696316, S. 21, 438 f. (Online bei google books).
- Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band 22. Weimar 1821, S. 424 (online bei Google Books).
- Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band 3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S. 135 (online bei Google Books).
- Theodor Hartleben (Hrsg.): Allgemeine deutsche Justiz-, Kameral- und Polizeifama, Band 2, Teil 1. Johann Andreas Kranzbühler, 1832, S. 271 (online bei Google Books).
- Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren vom 7. August 1848. In: Großherzog von Hessen (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1848 Nr. 40, S. 237–241 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 42,9 MB]).
- Bekanntmachung, die Bildung der Amtsgerichtsbezirke Hungen, Lich, Laubach, Grünberg, Homberg, Alsfeld, Vilbel und Friedberg betreffend vom 24. Dezember 1881 (Hess. Reg.Bl. S. 203–204)
- Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzog von Hessen und bei Rhein (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1879 Nr. 15, S. 197–211 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 17,8 MB]).
- Verordnung über die Umbildung von Amtsgerichtsbezirken vom 11. April 1934. In: Der Hessische Staatsminister (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1934 Nr. 10, S. 63 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 13,6 MB]).
- Heimatbuch der Stadt Lich, Stadtverwaltung Lich.
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 364.
- Steckbrief Lich (ab 2015). In: Webauftritt. Stadt Lich, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2019.
- Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt
- Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!