Grosser St. Bernhard
Der Grosse St. Bernhard (französisch Col du Grand Saint-Bernard, italienisch Colle del Gran San Bernardo, veraltet französisch Mont-Joux, lateinisch Mons Jovis [„Berg des Jupiter“], rätoromanisch Grond Son Bernard) ist ein Pass in den Walliser Alpen, der das Rhonetal im Schweizer Kanton Wallis auf einer Höhe von 2469 m ü. M. mit dem Aostatal und weiter mit der italienischen Region Piemont verbindet.
Grosser St. Bernhard | |||
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Himmelsrichtung | Nord | Süd | |
Passhöhe | 2469 m ü. M. | ||
Region | Kanton Wallis, Schweiz | Region Aostatal, Italien | |
Wasserscheide | Drance d’Entremont → La Drance → Rhone | Torrent du Grand Saint-Bernard → Artanavaz → Dora Baltea / Doire baltée → Po | |
Talorte | Sembrancher | Aosta | |
Ausbau | Hauptstrasse 21 |
Strada Statale 27 del Gran San Bernardo | |
Erbaut | 1905 | ||
Wintersperre | Oktober–Juni | ||
Gebirge | Walliser Alpen | ||
Profil | |||
Bergwertung | HC | HC | |
Denzel-Skala | SG 2–3 | ||
Ø-Steigung | 5,9 % (1752 m / 32 km) | 6,2 % (1878 m / 24,4 km) | |
Karte | |||
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Koordinaten, (CH) | 45° 52′ 12″ N, 7° 10′ 19″ O (579288 / 79855) |
Geographie
Der Pass liegt zwischen dem Val d’Entremont, einem Seitental des Rhonetals auf Schweizer Seite und dem Vallée du Grand-Saint-Bernard, einem Seitental des Aostatals auf Italienischer Seite.
Geschichte
Bis ins Mittelalter
Der Pass wurde trotz der grossen Höhe schon seit der frühen Eisenzeit begangen, wie Funde entlang der Zufahrtsstrasse im Norden belegen. Zur Zeit des römischen Reiches war er einer der wichtigsten Alpenübergänge von Italien nach Gallien und in die Rheinprovinzen. Erstmals kommt der Name des Berges bei Gaius Iulius Caesar in seinem Bericht über den Krieg in Gallien vor.[1] Später schrieben weitere römische und griechische Autoren wie Titus Livius und Strabon von der Passstrasse.[2] Bis zum Ausbau als Fahrstrasse unter Kaiser Claudius gab es über das Gebirge nur einen Saumweg. Ein Vorteil der Route war, dass an ihr keine schlecht passierbaren Schluchten an den Zugängen lagen wie beispielsweise beim Gotthardpass.
Auf der Passhöhe stand zur Römerzeit ein Tempel, in dem der einheimische (keltische) Gott Poeninus verehrt wurde, der von den Römern mit Iuppiter Optimus Maximus im Sinne der Interpretatio Romana gleichgesetzt wurde. Noch im Mittelalter hatte der Pass den Namen Mont-Joux (von lateinisch mons Iovis).
Der Bergübergang diente weltlichen und geistlichen Würdenträgern, Händlern und Kreuzrittern, Kriegerscharen und Flüchtlingen als Weg von Norden nach Oberitalien und umgekehrt. Er war ein zentraler Abschnitt eines sich dort bündelnden und dann wieder verzweigenden Netzwerkes von Pilgerwegen aus dem Frankenreich und dessen Nachfolgestaaten nach Rom. Man kannte diese Routen als Via francigena, deutsch: Weg aus dem Frankenreich. Eine gute Quelle für die Route ist die Reisebeschreibung des Erzbischofs Sigerich des Ernsten von Canterbury aus dem Jahr 994. Zeitweise stand der Pass nach 920 unter der Kontrolle von arabischen Eindringlingen, die dort siedelten.[4]
In der Mitte des 11. Jahrhunderts entstand auf der Passhöhe eine Herberge. Der Überlieferung nach gründeten Bernhard von Aosta und Irmingard († 1057), die Ehefrau des letzten burgundischen Königs Rudolf III., diese Einrichtung an der Grenze zwischen dem Bistum Sitten und dem Bistum Aosta. Daraus entwickelte sich das Bernhardshospiz, von dem der Pass seinen heutigen Namen erhielt. Seit 1125 ist es als ein Haus von Augustiner-Chorherren urkundlich bezeugt. Auf dem Berg züchteten Mitglieder des Hospizes die Hunderasse der Bernhardiner, die sich als Rettungshunde bei der Suche nach Lawinen-Opfern bewährte. Sie ist durch Barry, der über 40 Menschen das Leben gerettet haben soll, weltweit bekannt geworden.
Seit dem 11. Jahrhundert lag der Alpenpass im Machtbereich der Grafen von Savoyen. Als Verbindung zwischen den savoyischen Regionen im Genferseegebiet und südlich der Alpen war die Route über den Grossen Sankt Bernhard mit der Herberge für die Grafen, seit dem 15. Jahrhundert Herzöge von Savoyen wichtig. Als die Walliser in der Zeit der Burgunderkriege das Chablais und die Gegend von Martigny eroberten, verloren die Savoyer die Kontrolle über den Nordfuss der Passtrasse. Der Zugang aus dem Norden erfolgte über die Rhonebrücke bei Saint-Maurice, die bei einer leicht kontrollierbaren Engstelle des Rhonetals über den Fluss führte, die nach den Burgunderkriegen mit dem Schloss Saint-Maurice befestigt wurde.
Neuzeit
Am 14. Mai 1800 überquerte hier Napoléon Bonaparte die Alpen auf seinem Zug nach Italien. Er übertrug den Chorherren des Bernhardspasses auch das Hospiz auf dem Simplonpass.
In den 1850er Jahren planten die Schweiz und das Königreich Sardinien eine wintersichere Variante für die Verbindung zwischen dem Val d’Entremont und dem Aostatal. Der Menouvetunnel wenige Kilometer östlich der Passhöhe des Grossen Sankt Bernhard hätte die Strecke deutlich abgekürzt. Kurz nach dem Beginn der Bauarbeiten wurde das Vorhaben wieder aufgegeben.[5][6]
1905 war eine befahrbare Strasse über den Pass fertig gebaut.
Von 1940 bis in die 1990er Jahre bildete der Pass den südwestlichen Begrenzungspunkt des Schweizer Reduits, die Zufahrten im Entremont waren durch Geländehindernisse und Sperren gegen potenzielle Angreifer gesichert; Artillerie unterstützte die Sperrstellungen.
Früher war der Weg über den hohen Bergpass nur im Sommer gut passierbar. Seit 1964 führt die Strassenverbindung zwischen dem Wallis und dem Aostatal durch den 5,85 km langen, gebührenpflichtigen Grosser-St.-Bernhard-Tunnel und die historische Passstrasse bildet einen Umweg zum Hospiz und durch die schöne Berglandschaft. Durch den Strassentunnel führt die 2015 stillgelegte Ölpipeline Oléoduc du Rhône vom Hafen Genua zur Raffinerie Collombey im Wallis.
Klimatabelle
Grosser St. Bernhard, 1981–2010 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Grosser St. Bernhard, 1981–2010
Quelle: [8] |
Tourismus
Die Passhöhe des Grossen St. Bernhards ist Etappenziel des Fernwanderwegs Nr. 6 Alpenpässe-Weg von Wanderland Schweiz und Ausgangspunkt der 12 Kilometer langen Rundwanderung Nr. 210 Les cols du Grand-St-Bernard um den Pointe de Drône, Marschzeit ca. 5 Stunden.[9]
Das Gebiet um den Grossen St. Bernhard ist im Winter ein beliebtes Ziel für Skitourenfahrer, so z. B. die Skitour auf den Point de Drône.[10]
Sehenswürdigkeiten
Siehe auch
Literatur
- Nathalie Pichard Sardet: Grosser Sankt Bernhard (Pass). In: Historisches Lexikon der Schweiz. 11. Januar 2011.
Weblinks
- Grosser St. Bernhard auf der Plattform ETHorama
- Steigungsverhältnisse aus Richtung Sembrancher
- Steigungsverhältnisse aus Richtung Aostatal
Einzelnachweise
- Gaius Iulius Caesar, De bello Gallico 3,1.
- Titus Livius, Ab urbe condita 5,35,2; Strabon, Geographie 4,6,7.
- AFD: Administration fédérale des douanes
- dtj-online: Die Schweiz im Mittelalter: Muslimische Siedler im Herzen Europas. In: DTJ Online. 16. August 2015, abgerufen am 10. Februar 2022 (deutsch).
- Paul Perrin: Histoire inconnue d’un tunnel alpin. In: Les Alpes, 1961, S. 276–293.
- Ignace Mariétan: La vie et l’oeuvre de l’ingénieur Ignace Venetz, 1788–1859. In: Bulletin de la Murithienne, 76, 1959, 1–51.
- Klimatabelle. In: meteoschweiz.admin.ch. meteoschweiz, abgerufen am 13. Dezember 2018.
- Klimatabelle. In: meteoschweiz.admin.ch. meteoschweiz, abgerufen am 13. Dezember 2018.
- Les cols du Grand-St-Bernard Auf: Wanderland Schweiz
- Skitour auf Point de Drône Auf: bergfex.ch
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