Deutschsprachige Gemeinschaft
Die Deutschsprachige Gemeinschaft (Abkürzung DG, in der Außendarstellung Ostbelgien, französisch Communauté germanophone, niederländisch Duitstalige Gemeenschap) ist neben der Französischen Gemeinschaft und der Flämischen Gemeinschaft eine der drei Gemeinschaften des Königreichs Belgien und somit ein Gliedstaat des belgischen Föderalstaates. Die Gemeinden der DG liegen im Osten der Provinz Lüttich in der Wallonischen Region.
Deutschsprachige Gemeinschaft Duitstalige Gemeenschap (niederländisch) Communauté germanophone (französisch) | |
Gliedstaat des Königreichs Belgien | |
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Art des Gliedstaates: | Gemeinschaft |
Amtssprache: | Deutsch |
Verwaltungssitz: | Eupen |
Gründung: | 30. Januar 1984 |
Fläche: | 853,64[1] km² |
Einwohner: | 77.949[1] (1. Januar 2020) |
Bevölkerungsdichte: | 90,8 Einwohner pro km² |
Feiertag: | 15. November (Tag der Deutschsprachigen Gemeinschaft) |
Ministerpräsident: | Oliver Paasch (ProDG) |
Website: | ostbelgienlive.be |
Lage in Belgien | |
Beschreibung
Die DG umfasst neun Gemeinden mit rund 78.000 Einwohnern.[1] Somit ist die DG die kleinste der drei politischen Gemeinschaften Belgiens. Ihre Entstehung geht auf die 1970 gebildete deutsche Kulturgemeinschaft und die Föderalisierung des bis dahin zentral regierten belgischen Staates zurück. Der Begriff Deutschsprachige Gemeinschaft ist historisch nicht gleichzusetzen mit den Begriffen Ostbelgien und belgische Ostkantone, die auch das überwiegend französischsprachige Gebiet der Gemeinden Malmedy und Waimes einschließen.
Aufgrund eines Beschlusses der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft vermarkten sich die Deutschsprachige Gemeinschaft, ihre politischen Institutionen und die öffentlichen Dienste seit dem 15. März 2017 als Ostbelgien. Diese Dachmarke steht auch Vereinen, Unternehmen und Organisationen aus dem deutschen Sprachgebiet Belgiens offen. Ziel ist es, im allgemeinen Sprachgebrauch den sperrigen Begriff Deutschsprachige Gemeinschaft und die missverständliche Abkürzung DG zu ersetzen.[2] Der Begriff Ostbelgien wird auch in den anderen Landesteilen dabei stets nur in deutscher Sprache verwendet.[3]
Mit der allgemeineren Bezeichnung deutschsprachige Belgier oder deutschsprachige Minderheit Belgiens, deren Zahl auf ca. 100.000 geschätzt wird, ist der Begriff Deutschsprachige Gemeinschaft nicht deckungsgleich; deutschsprachige Minderheiten leben auch außerhalb des Gebietes der Deutschsprachigen Gemeinschaft, während sich Letztere insbesondere aus jenen Gebieten zusammensetzt, in denen deutschsprachige Belgier die Mehrheit der Bevölkerung bilden.
In der Föderalismusforschung wird die DG mit eigener Regierung und einem Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft dem Typus des Kleingliedstaates zugerechnet.
Geographische Lage
Das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft grenzt im Norden an das Dreiländereck Belgien-Deutschland-Niederlande, im Osten an Deutschland und im Süden an Luxemburg, westlich liegt das Gebiet der Französischen Gemeinschaft Belgiens.
Innerhalb Belgiens übt die Deutschsprachige Gemeinschaft ihre politischen Kompetenzen auf dem deutschen Sprachgebiet aus, in dem sich neun Gemeinden befinden. Eupen ist Sitz der Regierung, des Parlamentes sowie Verwaltungszentrum.
Die Gemeinden Malmedy und Weismes (französisch Waimes) gehören zur Gebietskörperschaft der Französischen Gemeinschaft Belgiens. Die deutsche Minderheit hat dort eigene Rechte. Gelegentlich werden die neun deutschsprachigen Gemeinden zusammen mit den Gemeinden Malmedy und Weismes wegen der gemeinsamen politischen Vergangenheit historisch als Ostbelgien gleich Ostkantone, früher auch als Eupen-Malmedy-St. Vith oder kürzer als Eupen-Malmedy bezeichnet.
Im März 2017 entschied die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft das Gebiet zukünftig in der Außendarstellung als Ostbelgien zu vermarkten. Analog zu Südtirol (offiziell: Autonome Provinz Bozen – Südtirol) wird die Bezeichnung Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens zwar nach wie vor im offiziellen Dokumenten verwendet, in der Außendarstellung, im Internet[4] sowie auf offiziellen Beschilderungen von Ministerium, Regierung und Parlament nennt sich die Region fortan Ostbelgien.
Das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft befindet sich in der Provinz Lüttich und in der Wallonischen Region. Innerhalb der Europäischen Union gehört die DG den beiden Euregios Maas-Rhein und Saar-Lor-Lux an.
Bevölkerung
Demografie
Am 1. Januar 2020 wohnten auf dem Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft 77.949 Einwohner.[1] Davon waren 39.118 Einwohner weiblich und 38.831 männlich. Die DG weist eine Bevölkerungsdichte von 91 Einwohnern pro Quadratkilometer auf und ist somit dünn besiedelt. Die Einwohnerdichte im Kanton Eupen (Norden) und im Kanton St. Vith (Süden) weichen erheblich voneinander ab. Während der Kanton Eupen mit 47.625 Einwohnern eine Bevölkerungsdichte von rund 212 Einwohnern je Quadratkilometer aufweist, hat der Kanton St. Vith eine Dichte von nur 48,2 Einwohnern pro Quadratkilometer. Das demographische Nord-Süd-Gefälle wird insbesondere beim Vergleich der nördlichsten und der südlichsten Gemeinde deutlich: Die am dichtesten besiedelte Gemeinde der DG ist Kelmis (613 Einwohner je Quadratkilometer), die jeweils am dünnsten besiedelten Gemeinden sind Büllingen und Burg-Reuland (je 36 Einwohner je Quadratkilometer). Zum Vergleich: Am 1. Januar 2019 wohnten in Belgien 374 Einwohner je Quadratkilometer, in der Wallonischen Region 216 und in Flandern 487 Einwohner pro Quadratkilometer.
21,1 Prozent der Bevölkerung verfügen nicht über die belgische Staatsangehörigkeit. Dabei liegt der Ausländeranteil im Kanton Eupen bei 29,6 Prozent, im Kanton St. Vith dagegen nur bei 7,7 Prozent (1. Januar 2019).[1]
Die mit Abstand größte Gruppe unter den Ausländern (1. Januar 2012) sind deutsche Staatsbürger, gefolgt von Niederländern.[5] Den größten Anteil deutscher Staatsbürger hat die Gemeinde Raeren mit mittlerweile fast 50 Prozent.
Gemeinde | Fläche in km² | Einwohner | Ausländeranteil* in Prozent | Einwohner je km² | Kanton |
---|---|---|---|---|---|
Eupen | 103,74 | 19.677 | 16,5 | 190 | Eupen |
Kelmis | 18,12 | 11.108 | 38,2 | 613 | Eupen |
Lontzen | 28,73 | 5.764 | 20,6 | 201 | Eupen |
Raeren | 74,21 | 10.759 | 49,5 | 145 | Eupen |
Amel | 125,15 | 5.474 | 5,3 | 44 | St. Vith |
Büllingen | 150,49 | 5.478 | 8,9 | 36 | St. Vith |
Burg-Reuland | 108,96 | 3.935 | 10,3 | 36 | St. Vith |
Bütgenbach | 97,31 | 5.610 | 7,1 | 58 | St. Vith |
Sankt Vith | 146,93 | 9.722 | 7,8 | 66 | St. Vith |
Gesamt | 853,64 | 77.527 | 21,1 | 91 |
Sprache
Die Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft werden sprachlich verschiedenen staatsübergreifenden Dialektgruppen zugeordnet:
- im Kanton Eupen: dem Niederfränkischen (Limburgischen) und Ripuarischen
- im Kanton St. Vith: dem Moselfränkischen und Ripuarischen
Ansonsten wird weitgehend die hochdeutsche Standardsprache (Deutsch) in Verwaltungen, Schulen, im Kirchenleben und in den Sozialbeziehungen verwendet.
Die größte Bevölkerungsminderheit in dieser Region, vorwiegend in den nördlichen Gemeinden Kelmis, Lontzen und Eupen, sind die französischsprachigen Belgier.
2009 wurde die Deutschsprachige Gemeinschaft mit dem Institutionenpreis Deutsche Sprache ausgezeichnet,[6] und 2011 trat sie als korporatives Mitglied dem Verein Deutsche Sprache bei.[7]
Religion
In der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Bevölkerung meist römisch-katholischen Glaubens. Das Gebiet gliedert sich in drei Dekanate mit 32 Pfarreien, die zum Bistum Lüttich gehören. Daneben besteht eine kleinere evangelische Gemeinde[8] mit Sitz in Eupen. Diese ist der Vereinigten Protestantischen Kirche von Belgien angeschlossen.[9]
Geschichte
Mittelalter und Frühe Neuzeit
Das Gebiet gehörte bis ins 13. Jahrhundert zum Herzogtum Limburg und fiel nach der Schlacht von Worringen (1288) an das Herzogtum Brabant. Im 15. Jahrhundert fiel es durch Heirat an die Herzöge von Burgund, dann an die spanischen Habsburger und 1713, nach dem Frieden von Utrecht, an die österreichischen Habsburger. Von 1794 bis 1815 gehörte es zum französischen Département Ourthe (Franzosenzeit). Die Gegenden um Sankt Vith, Burg-Reuland und Schleiden dagegen gehörten über Jahrhunderte hin zum weiter südlich gelegenen Herzogtum Luxemburg.
1815 Wiener Kongress, 1919 Versailler Vertrag und Zeit nach dem Ersten Weltkrieg
Nach den Koalitionskriegen und dem Niedergang Napoleons wurde auf dem Wiener Kongress 1815 dieses Gebiet zum Königreich Preußen gegeben, und Deutsch wurde Amtssprache. Im Zuge der Reichsgründung 1871 wurde das Gebiet als Teil Preußens auch Teil des Deutschen Kaiserreichs. Heute noch erinnern die alten Belgisch-Preußischen Grenzsteine an den ehemaligen Verlauf der Grenze. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden im Friedensvertrag von Versailles die Kreise Eupen und Malmedy sowie ein Teil des Kreises Monschau 1918 von Deutschland getrennt und als Ostkantone an Belgien gegeben und bis 1925 durch den General Herman Baltia kommissarisch verwaltet. Während dieser Zeit (1918–1925) unterlagen die regionalen Medien der Zensur. In dieser Zeit entstanden auch pro-deutsche politische Organisationen wie die Heimattreue Front oder die Christliche Volkspartei.
Noch für 1920 wurde für die Kreise Eupen und Malmedy eine Volksabstimmung vorgesehen, bei der es um die Frage ging, ob die Region permanent von Deutschland abgetrennt werden und zu Belgien gehören sollte. Doch wurde diese Volksabstimmung nicht wie vertraglich vorgesehen geheim abgehalten. Vielmehr wurden ab dem 10. Januar 1920 an bestimmten Tagen Optionslisten öffentlich ausgelegt, in denen sich die Abstimmungsberechtigten eintragen konnten. Durch massive Einflussnahme Baltias – dieser ließ verkünden, dass „Deutschland-Stimmer“ sofort aus Belgien ausgewiesen bzw. dass Geldumtausch und Verteilung von Lebensmittelkarten usw. negativ beschieden werden würden – trugen sich nur 271 der 33.726 Berechtigten in diese Listen ein.[10]
Aufgrund des Abstimmungsergebnisses wurden am 20. September 1920 Eupen, Malmedy und ein Teil Monschaus, rund 1.036 km², vom Deutschen Reich abgetrennt und Belgien übergeben. Bis zur Zeit des Nationalsozialismus waren alle deutschen Regierungen darum bemüht, bezüglich Eupen-Malmedys eine Grenzrevision anzustreben.[11] So liefen insbesondere ab 1925 bis Ende der 1920er-Jahre Verhandlungen zwischen Belgien und Deutschland, das Gebiet gegen eine Entschädigungssumme von 300 Millionen Goldfranken dem Deutschen Reich zurückzugeben. Dies scheiterte hauptsächlich am Widerstand der französischen Regierung, während die anderen Unterzeichnermächte des Versailler Vertrages ihre Zustimmung auf diplomatischem Wege kundgetan hatten. Die Gespräche wurden daraufhin abgebrochen.
Zweiter Weltkrieg
Nach dem deutschen Überfall auf Belgien wurde das Gebiet am 18. Mai 1940 annektiert und um zehn altbelgische Gemeinden vergrößert, die 1815 bei Belgien verblieben waren und damit nicht zum Gebietsstand des Deutschen Kaiserreiches gehörten.[12]
Rund 8800 Männer aus den Ostkantonen kämpften während des Zweiten Weltkriegs in der Wehrmacht. Nach dem Krieg wurde das Gebiet wieder dem belgischen Staat zugeordnet.[13] 1945 folgte eine offizielle Entnazifizierung, die zur Aberkennung der Bürgerrechte und anderen Sanktionen führen konnte.
Potsdamer Konferenz und deren Folgen
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Potsdamer Konferenz beschlossen, Deutschland als völkerrechtliches Subjekt in den Grenzen von 1937 zu behandeln, was bedeutete, dass die im Krieg okkupierten Kreise Eupen und Malmedy wieder an Belgien gingen.
Letztmals wurden die Grenzen im deutsch-belgischen Grenzvertrag von 1956 korrigiert.[14]
Aktuelle Lage
Als Folge der Sprachgesetzgebung von 1963 wurde Belgien in drei Sprachgemeinschaften aufgeteilt; dies wurde 1970 umgesetzt, und somit konnte der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) als direkter Vorläufer des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft (RDG), der seit dem Jahr 2004 Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft (PDG) heißt, eingesetzt werden.
Als Grenzregion engagiert sich die Deutschsprachige Gemeinschaft seit einigen Jahren durch die Beteiligung an der Großregion Saar-Lor-Lux und der Euregio Maas-Rhein auch intensiv im Rahmen der europäischen Integration.[15] Insbesondere der Abbau der Grenzkontrollen im Zuge des Schengener Abkommens als auch die Währungsunion durch die Einführung des Euro kamen der Gemeinschaft zugute.
Im Rahmen der schweren Regierungskrise Belgiens aufgrund des flämisch-wallonischen Konfliktes nach der Parlamentswahl im Juni 2010 theoretisierte der damalige Ministerpräsident der DG, Karl-Heinz Lambertz, für den Fall eines Scheiterns des belgischen Staates u. a. über einen eigenständigen Staat Wallonie unter Einbeziehung der DG, eine völlige Unabhängigkeit der Gemeinschaft, eine Rückkehr zu Deutschland oder einen Zusammenschluss mit Luxemburg.[16]
Politik und Institutionen
Hoheitssymbole
Die Deutschsprachige Gemeinschaft führt ein Wappen und eine Flagge. Am 1. Oktober 1990 wurde ein Dekret über die Einführung des Festtages, des Wappens und der Flagge der Deutschsprachigen Gemeinschaft erlassen.
Blasonierung: „In Silber ein roter Löwe begleitet von neun blauen Fünfblättern, von einer Königskrone überhöht.“[17] | |
Kompetenzen
Zum einen besitzt die Deutschsprachige Gemeinschaft die Befugnis über die kulturellen Angelegenheiten, die personenbezogenen Angelegenheiten, das Unterrichtswesen, die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaften und die internationale Zusammenarbeit in den erwähnten Angelegenheiten sowie die Regulierung des Gebrauches der Sprachen für den Unterricht in den von den öffentlichen Behörden geschaffenen, bezuschussten oder anerkannten Einrichtungen.[18]
Zum anderen steht ihr die Möglichkeit zu, gewisse Kompetenzen der Wallonischen Region auf ihrem Gebiet selbst auszuüben. Aus diesem Grund ist die Deutschsprachige Gemeinschaft ebenfalls zuständig für den Denkmal- und Landschaftsschutz (seit 1994), die Beschäftigungspolitik (seit 2000) die Gemeindeaufsicht und -finanzierung (seit 2005), Tourismus (seit 2014) und den Wohnungsbau, die Raumordnung und Aspekte der Energiepolitik (seit 2020).[19]
Die Deutschsprachige Gemeinschaft strebt im Zuge der künftigen Staatsreform die Ausgliederung des deutschen Sprachgebietes aus der Wallonischen Region und die Erhebung zum gleichberechtigten vierten belgischen Gliedstaat neben Flandern, Wallonien und Brüssel an.[20][21]
Seit September 2019 haben die Menschen der DG erweiterte politische Rechte, mehr als sonst in Europa, abgesehen von wenigen Gebieten der Schweiz. Bürger bekommen die Macht im deutschsprachigen Belgien, titelt dazu De Standaard. In Eupen werden die Bürger bald ständig konsultiert, meint Le Soir. Von einem ständigen Bürgerdialog spricht das Grenz-Echo. Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat am 25. Februar 2019 einstimmig ein Dekret angenommen, welches den Bürgern künftig ein weitgehendes Mitspracherecht bei der Gestaltung von Tagespolitik einräumt.[22]
Legislative Gewalt
Die gesetzgebende Gewalt (Legislative) bildet das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft, welches sich aus 25 Vertretern zusammensetzt, die für fünf Jahre direkt von der Bevölkerung gewählt werden.[23] Für die Legislaturperiode 2019–2024 sieht die Besetzung des Parlamentes wie folgt aus:
Partei | Sitze | |
---|---|---|
Christlich Soziale Partei (CSP) | 6 | |
• | Sozialistische Partei (SP) | 4 |
• | Partei für Freiheit und Fortschritt (PFF) | 3 |
• | ProDG | 6 |
Ecolo | 3 | |
Vivant | 3 | |
Gesamt | 25 |
Regierungsparteien sind mit einem Punkt (•) gekennzeichnet.
Das PDG bestimmt einen Gemeinschaftssenator, der auf föderaler Ebene im Senat die Deutschsprachige Gemeinschaft vertritt.[24] Dieses Amt wird zurzeit von Alexander Miesen (PFF) wahrgenommen. Die legislativen Texte werden Dekrete genannt. Der Präsident des Parlaments war bis zu seinem Tod am 4. Januar 2013 Ferdel Schröder (PFF), sein Nachfolger wurde im Januar 2013 Alexander Miesen (PFF).[25] Nach den Wahlen 2014 folgte Miesen der ehemalige Ministerpräsident der DG Karl-Heinz Lambertz (SP) nach.
Neben den 25 stimmberechtigten Abgeordneten gehören die deutschsprachigen Gewählten anderer Entscheidungsebenen (zurzeit eine Kammerabgeordnete, ein Vertreter des Europäischen Parlamentes, zwei Regionalabgeordnete und sechs Provinzialratsmitglieder) dem Parlament mit beratender Stimme an.
Exekutive Gewalt
Die ausführende Gewalt (Exekutive) wird durch die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft als Gubernative und das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens als Administrative ausgeübt. Gegenwärtig wird die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft durch eine Dreiparteien-Koalition aus (ProDG, SP und PFF) gebildet. Der Regierung gehören vier Minister an:
- Oliver Paasch (ProDG): Ministerpräsident
- Isabelle Weykmans (PFF): Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus
- Antonios Antoniadis (SP): Vize-Ministerpräsident, Minister für Familie, Gesundheit und Soziales
- Harald Mollers (ProDG): Minister für Bildung und wissenschaftliche Forschung
Name | Beginn der Amtszeit | Ende der Amtszeit | Partei |
---|---|---|---|
Bruno Fagnoul | 30. Januar 1984 | 11. November 1986 | PFF |
Joseph Maraite | 11. November 1986 | 6. Juli 1999 | CSP |
Karl-Heinz Lambertz | 6. Juli 1999 | 30. Juni 2014 | SP |
Oliver Paasch | 30. Juni 2014 | amtierend | ProDG |
Partnerschaften
Die Deutschsprachige Gemeinschaft unterhält eine Partnerschaft mit dem Land Rheinland-Pfalz.
Wirtschaft und Tourismus
Durch die DG führen diverse Rad- und Wanderwege des RAVeL-Netzes.
Eupener Land
Das Eupener Land im Norden weist mehrere Industrieschwerpunkte auf, erleichtert durch den Anschluss an das belgische Eisenbahnnetz und die nahe Verbindung zur A3: Kabelwerk Eupen, kunststoffverarbeitende Betriebe, Herstellung von Trockenfilzen für die Papierindustrie, Schokoladenherstellung, präzisionsmechanische Betriebe, Aluminiumverarbeitung, Steingruben, Speditionsunternehmen usw.
Touristische Sehenswürdigkeiten sind die von den Aachener Baumeisterern des Barock, Laurenz Mefferdatis und Johann Josef Couven, entworfenen Gebäude sowie die Wesertalsperre in Eupen, das Stadtmuseum Eupen, das Töpfereimuseum Raeren, das Museum Vieille Montagne in Kelmis mit Informationen über Neutral-Moresnet und seinen Galmeiminen sowie die Eyneburg in Kelmis. Zudem zeigt das IKOB – Museum für zeitgenössische Kunst mit stetig wechselnden Ausstellungen einen Querschnitt durch die Kunstszene der Euregio Maas-Rhein und darüber hinaus.
Belgische Eifel
Im Süden Ostbelgiens ist die Wirtschaft durch das nahe liegende Hohe Venn und die Waldgebiete der belgischen Eifel vor allem durch Forst- und Landwirtschaft sowie zahlreiche Sägewerke geprägt. Der Tourismus ist ebenfalls ein wichtiger Erwerbsfaktor in den Eifelgemeinden.
Touristische Anlaufpunkte sind hauptsächlich der Naturpark Hohes Venn-Eifel, die mittelalterliche Burg Reuland, die Stadt St. Vith, die Bütgenbacher Talsperre, das Europadenkmal am Dreiländerpunkt sowie die Kapelle Wiesenbach (9. Jahrhundert).
Kultur
In den deutschsprachigen Gemeinden wird Karneval gefeiert, wobei dieser sich stark am Aachener Karneval orientiert.
Nach der Gründung im Jahre 1992 startete das OstbelgienFestival im Herbst 1993 in die erste erfolgreiche Saison. Das Konzept, zehn hochkarätige Konzerte über die ganze Region zu verteilen, kam sehr gut beim Publikum an. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die Idee, die gängigen Konzertsäle zu verlassen und akustisch wie architektonisch wertvolle Räume mit ihrem besonderen Ambiente einem breiteren Publikum zu öffnen. Inzwischen finden alljährlich 12 bis 17 Konzerte in der ganzen Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und in den angrenzenden Gemeinden Malmedy und Stavelot statt. Die künstlerische Leitung wird vom BRF-Musikredakteur Hans Reul wahrgenommen, Geschäftsführer war von 1993 bis 2011 Joseph Schroeder und ist seit 2012 Daniel Hilligsmann.
In Eupen wird seit 1991 von Chudoscnik Sunergia[26] der Eupen Musik Marathon veranstaltet, bei dem Größen wie BAP, Reamonn, Beatsteaks, Guano Apes, Jupiter Jones, Juli oder Rea Garvey aufgetreten sind. Zusätzlich werden über das Jahr verteilt weitere Veranstaltungen ausgerichtet, etwa das internationale Straßentheater-Festival „HAASte Töne?!“ in der Unterstadt.[27]
Alle zwei Jahre fand bis 2014 der Hergenrather Blumenkorso statt, ein Umzug mit blumengeschmückten Motivwagen, der in seinen Hochzeiten bis zu 20.000 Besucher anlockte.
Die Museumslandschaft in der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist ebenfalls sehr breitgefächert. Neben dem Stadtmuseum Eupen und dem Töpfereimuseum in Raeren gibt es mit dem IKOB – Museum für zeitgenössische Kunst ein weiteres Museum, dessen Ausstellungen national und international Beachtung finden.
Medien
Die Deutschsprachige Gemeinschaft verfügt über ein breites Medienspektrum, wobei einige der nachgenannten Medien auch grenzüberschreitend in Deutschland empfangen werden. Umgekehrt werden in der DG auch zahlreiche bundesdeutsche Medien genutzt.
Zeitungen
- Die Tageszeitung Grenz-Echo der Grenz-Echo AG
- Die Wochenzeitung Wochenspiegel, ein Gratisblatt für den Kanton Eupen
- Die Wochenzeitung Kurier-Journal, ein Gratisblatt für die Kantone St. Vith und Malmedy
Online-Medien
- Das Online-Angebot des Belgischen Rundfunks
- Das Online-Angebot des GrenzEchos
- Das Online-Magazin Ostbelgien Direkt, das am 27. August 2012 startete und durch den ehemaligen GrenzEcho-Chefredakteur Gerard Cremer betrieben wird[28]
Verlage
- Der Grenz-Echo Verlag der Grenz-Echo AG
- Der Verlag Pabst & Pesch
- Der Zeitschriften- und Buchverlag Krautgarten in St. Vith
Radiosender
In Ostbelgien gibt es eine reiche Palette an privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern. Terrestrisch über UKW oder Digitalradio sind zu empfangen:
- Der öffentlich-rechtliche Belgische Rundfunk (BRF) mit zwei Radioprogrammen (BRF1 und BRF2)
- Das deutschsprachige Radioprogramm des größten belgischen Privatsenders Radio Contact – Ostbelgien NOW
- Das schlager- und volksmusikorientierte Programm Radio Sunshine
- Das schlager- und oldieorientierte Programm Radio 700
- Auf die benachbarte Aachener Region ausgerichtete Sender, die aus Lizenzgründen auf belgischem Gebiet stehen (vor allem 100’5 Das Hitradio und ehemals auch Fantasy Dance FM)
Im Internet sind zu empfangen:
- Der öffentlich-rechtliche Belgische Rundfunk (BRF) mit zwei Radioprogrammen (BRF1 und BRF2)
- Das schlager- und volksmusikorientierte Programm Radio Sunshine
- RTR Radio mit drei Spartenkanälen
Fernsehprogramme
- Das Fernsehprogramm BRF TV des BRF
- Ein Bürgerfernsehen
Bildung
Die Autonome Hochschule in der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Eupen steht an der Spitze des deutschsprachigen Bildungs- und Ausbildungswesens.
Sport
Mit dem Fußballverein KAS Eupen spielte in der Saison 2010/11 erstmals ein Verein aus der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens in der Pro League, der höchsten Spielklasse Belgiens. In der Saison 2015/16 schaffte der Verein zum zweiten Mal den Aufstieg in die Erste Division. Die Roller Bulls Ostbelgien aus Sankt Vith spielen in der deutschen Rollstuhlbasketball-Bundesliga. Der HC Eynatten wurde mehrfach belgischer Meister und Pokalsieger im Handball.
Der Verband deutschsprachiger Turnvereine Belgiens ist u. a. in der Disziplin Rhönrad beteiligt am Euregiostützpunkt Rhönradturnen.
Siehe auch
- Politisches System Belgiens und darin u. a.:
- die Flämische Gemeinschaft, die das niederländische Sprachgebiet sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt umfasst
- die Französische Gemeinschaft, die das französische Sprachgebiet sowie das zweisprachige Gebiet Brüssel-Hauptstadt umfasst
Literatur
- Carlo Lejeune, Christoph Brüll (Hrsg.): Grenzerfahrungen – Eine Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. 5 Bde., davon zwei erschienen:
- Band 1: Villen, Dörfer, Burgen (Altertum und Mittelalter). Grenz-Echo Verlag, Eupen 2015, ISBN 978-3-86712-104-0.
- Band 5: Säuberung, Wiederaufbau, Autonomiediskussionen (1944–1973). Grenz-Echo Verlag, Eupen 2013, ISBN 978-3-86712-086-9.
- Carlo Lejeune, Andreas Fickers, Freddy Cremer: Spuren in die Zukunft. Anmerkungen zu einem bewegten Jahrhundert. Lexis, Büllingen 2001, ISBN 90-806682-1-4
- Frank Berge, Alexander Grasse: Belgien – Zerfall oder föderales Zukunftsmodell? – Der flämisch-wallonische Konflikt und die Deutschsprachige Gemeinschaft. Regionalisierung in Europa Band 3. Leske und Budrich, Opladen 2003, ISBN 3-8100-3486-X
- Hubert Jenniges: Hinter ostbelgischen Kulissen. Stationen auf dem Weg zur Autonomie des deutschen Sprachgebiets in Belgien (1968–1972). Grenz-Echo, Eupen 2001, ISBN 90-5433-148-8
- Katrin Stangherlin (Hrsg.): La Communauté germanophone de Belgique – Die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Coll. Projucit, Bruges, La Charte, 2005, ISBN 2-87403-137-2
- Selm Wenselaers: De laatste Belgen. Een geschiedenis van de Oostkantons. Meulenhoff/Manteau, Antwerpen 2008, ISBN 90-8542-149-7
- Evelyne Mertens: Die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 8, 2008, 18. Februar 2008 ISSN 0479-611X S. 3–5. online
- Heinrich Rosensträter: Deutschsprachige Belgier. Geschichte und Gegenwart der deutschen Sprachgruppe in Belgien. Verlag Mainz, Aachen 1985
- Annette Gramß: Die deutsch-französische Sprachgrenze in Belgien. Eine soziolinguistische Studie links und rechts der Neutralstraße. VDM, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-8364-7524-2
Weblinks
- Literatur von und über Deutschsprachige Gemeinschaft im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Webpräsenz der Deutschsprachigen Gemeinschaft
- Statistikportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft
- Kathrin Fischer: Die Stellung und Rolle der deutschsprachigen Minderheit in Ostbelgien
- Petr Kokaisl, Pavla Kokaislová Belgian Germans or East-Belgians? Journal of Social Research & Policy, Vol. 6, Issue 1, July 2015
- Arvi Sepp: Refusing to be the Other: Interculturality as ‘Belgitude’ in German-Speaking Minority Literature in Belgium. (PDF; 143 kB) In englischer Version 2009. Über in deutsch geschriebene Literatur der Region. Mit Literaturverzeichnis.
- Alfred Strasser: Mit leichtem Gepäck. Eine Anthologie der ostbelgischen Gegenwartsliteratur. Edition Krautgarten 2007, Übersicht
- Oliver Zöllner: Die „letzten Belgier“ sprechen Deutsch. Manifestationen kollektiver Identität in den belgischen Ostkantonen – ein Forschungstagebuch. (2012; work in progress)
Einzelnachweise
- Bevölkerungsstruktur. In: ostbelgienstatistik.be. Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, 1. Juli 2020, abgerufen am 11. September 2020.
- Standortmarke Ostbelgien ist lanciert. In: brf.be. Belgischer Rundfunk, 16. März 2017, abgerufen am 14. Mai 2017.
- Standortmarke Ostbelgien – Ostbelgien-Wording und Corporate Design. 22. Dezember 2016, abgerufen am 14. Mai 2017.
- Ostbelgien Live – HOME. Abgerufen am 24. März 2017.
- Migration und Integration in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (Memento vom 19. Februar 2018 im Internet Archive) (PDF). Rat für Entwicklungszusammenarbeit, Solidarität und Integration in der DG, 2014
- Pressemitteilung vom 31. Oktober 2009. Abgerufen am 20. März 2012.
- Sitzung vom 20. Juli 2011. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 19. August 2014; abgerufen am 20. März 2012.
- Klaus Schlupp: Konservativ und offen – Evangelische Christen in Belgien auf evangelisch.de, 27. Dezember 2011.
- Website der Evangelischen Kirchengemeinde Eupen – Neu Moresnet
- Karl Hans Ertl: Gebiets- und Bevölkerungsverluste des Deutschen Reiches und Deutsch-Österreichs nach dem Jahre 1918, Reihe „Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert“. Deutsche Verlagsgesellschaft Rosenheim, ISBN 3-920722-35-3, S. 37.
- Karl Hans Ertl: Gebiets- und Bevölkerungsverluste, S. 38.
- Deutsche Rentenversicherung: Aufzählung der annektierten Gemeinden in den rechtlichen Arbeitsanweisungen zu § 113 SGB VI (Memento vom 1. Februar 2014 im Internet Archive).
- Peter M. Quadflieg, „Zwangssoldaten“ und „Ons Jongen“. Eupen-Malmedy und Luxemburg als Rekrutierungsgebiet der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. (Magisterarbeit) Shaker, Aachen 2008, ISBN 978-3-8322-7078-0.
- BGBl. 1958 II S. 262
- granderegion.net Seiten der Großregion SaarLorLux
- Video Belgien – 249 Tage ohne Regierung in der ZDFmediathek, abgerufen am 26. Januar 2014. (offline)
- Wappen und Fahne. In: ostbelgienlive.be. Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, abgerufen am 14. Mai 2017.
- Art. 127 Belgische Verfassung
- Art. 139 Belgische Verfassung
- Parlament der DG: Grundsatzerklärung des Parlaments zur Positionierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Prozess der Staatsreform vom 27. Juni 2011 (Memento vom 13. November 2014 im Internet Archive) (PDF; 270 kB).
- Vgl. hierzu Karl-Heinz Lambertz im Juni 2012: Belgien, ein Land mit Zukunft? (Memento vom 9. Januar 2015 im Internet Archive) (PDF; 58 kB, S. 3): „Ein Bundesstaatsmodell mit den vier Gliedstaaten Flandern, Wallonien, Brüssel und Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens liegt in der logischen Kontinuität der bisherigen Entwicklung und entspricht ohne Zweifel den vier institutionellen Realitäten, die sich seit dem Ende des Einheitsstaates in Belgien gefestigt haben und mit denen sich eine sehr große Mehrheit der jeweiligen Bevölkerung eng verbunden fühlt.“
- Bericht, Belgischer Rundfunk, 26. Februar 2019; in Englisch bei Foundation future generations
- Art. 8 ff. des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft (B.S. 18. Januar 1984)
- Die belgische Verfassung, Art. 67, § 1, 5°
- Alexander Miesen ist neuer Parlamentspräsident. (Memento vom 3. Februar 2014 im Internet Archive) Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft
- sunergia.be
- Homepage der Veranstaltung
- “Ostbelgien Direkt” startet online