Wohneigentumsquote
Die Wohneigentumsquote ist das Verhältnis der von Eigentümern selbst bewohnten Wohnungen zu der Gesamtzahl aller Wohnungen.
Allgemeines
Die Wohneigentumsquote soll als volkswirtschaftliche Kennzahl den Anteil der Eigentümer von Wohnraum messen, so dass der restliche Anteil auf Mietwohnungen entfällt. Maßgebend für die Entstehung von Wohneigentum sind ökonomische und demographische Einflüsse wie z. B. Einkommen, Immobilienpreise und Mieten, die Größe des Privathaushalts oder die Bevölkerungsdichte.
Beeinflussende Faktoren
Ferner wird die Wohneigentumsquote von einer ganzen Reihe außerökonomischer Größen bestimmt, z. B. der Wohnlage, historischen Ereignissen und Erfahrungen, die den nationalspezifischen Umgang mit Immobilien beeinflussen wie einer Währungsreform sowie kulturellen Faktoren wie Werten, Lebensstilen und Präferenzen.[1] Die Schaffung von Wohneigentum kann mit gezielten wohnungspolitischen Fördermaßnahmen auch ein Instrument der Sozialpolitik sein.[2]
Durch den Wertverfall von Kapitalvermögen infolge der Weltwirtschaftskrise ab 2007 sowie den Rückgang der Geburtenrate bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung (Überalterung der Gesellschaft) mit den dadurch bedingten Finanzierungsproblemen der gesetzlichen Alterssicherung tritt Immobilienvermögen als Mittel der Altersvorsorge in den Industrienationen zunehmend in den Vordergrund (sog. Betongold).[3][4]
Zugleich ist das Bauen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wegen der dort verbreiteten Massivbauweise im internationalen Vergleich überdurchschnittlich teuer.[5]
Deutschland
Der deutsche Immobilien- und Wohnungsmarkt war traditionell ein Mietermarkt, ist jedoch durch den zunehmenden Wohnraummangel zum Vermietermarkt geworden. Das bedeutet, dass die Verhandlungsmacht auf der Seite der Vermieter liegt. Der soziale Wohnungsbau begann nach dem Ersten Weltkrieg in der Weimarer Republik und gewann nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs noch an Bedeutung.[6]
Neben einem Stadt-Land-Gefälle bei der Wohneigentumsquote sind gegenwärtig auch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern festzustellen.[7][8] In Berlin ist die Quote mit rund 15 % am geringsten.[9] Die Wohneigentumsquote hängt zudem stark vom Haushaltseinkommen ab.[10][11]
Die Wohneigentumsquote ist in Deutschland verglichen mit den anderen europäischen Ländern und den USA relativ gering, in den Jahren 1993 bis 2018 aber von 38,8 % auf 46,5 % gestiegen.[12][13][14] Die absolute Zahl der Wohneigentümer hat sich dabei jedoch nicht wesentlich erhöht, die Zunahme wird vor allem mit einem Kohorteneffekt erklärt. Danach sind in den betreffenden Jahren vor allem ältere Mietergenerationen weggefallen.[15]
Die niedrige Quote hat eine ganze Reihe von Ursachen. So erschweren Eigenkapital-Anforderungen der Banken den Erwerb von Wohneigentum. Die Wohnungspolitik schafft Anreize für das Mieten.[16][17] Beim Erwerb einer vermieteten Wohnung kann der Vermieter Schuldzinsen von der Einkommensteuer absetzen, was aber beim Erwerb von selbst genutztem Wohneigentum nicht möglich ist. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer gewährt durch § 13d Erbschaftsteuergesetz auf zu Wohnzwecken vermieteten Wohnraum einen Bewertungsabschlag von 10 %. Auch das deutsche Mietrecht trägt dazu bei, dass der Erwerb von Wohneigentum zum Zwecke der Vermietung professionellen und privaten Investoren seit Jahrzehnten attraktiv erscheint.
Eigentümerquote nach Bundesländern im Zeitvergleich
Nach Bundesländern ergibt sich folgende Aufstellung:[14][18]
Bundesland | 2018 in % | 2014 in % |
---|---|---|
Berlin | 17,4 | 14,2 |
Hamburg | 23,9 | 22,6 |
Sachsen | 34,6 | 34,1 |
Bremen | 37,8 | 38,8 |
Mecklenburg-Vorpommern | 41,1 | 38,9 |
Nordrhein-Westfalen | 43,7 | 42,8 |
Sachsen-Anhalt | 45,1 | 42,4 |
Thüringen | 45,3 | 43,8 |
Deutschland | 46,5 | 45,5 |
Hessen | 47,5 | 46,7 |
Brandenburg | 47,8 | 46,4 |
Bayern | 51,4 | 50,6 |
Baden-Württemberg | 52,6 | 51,3 |
Schleswig-Holstein | 53,3 | 51,5 |
Niedersachsen | 54,2 | 54,7 |
Rheinland-Pfalz | 58,0 | 57,6 |
Saarland | 64,7 | 62,6 |
Europa | 69,3 | 70,0 |
Während die Stadtstaaten die niedrigsten Quoten aufweisen, sind in den Flächenstaaten höhere Eigentumsquoten zu verzeichnen. Damit lag Deutschland im europäischen Vergleich 2016 vor der Schweiz (42,5 %) am Ende der Skala.
Österreich
Mit dem Gemeindebau entstand in Österreich seit den 1920er Jahren der soziale Wohnungsbau. Im Jahr 2014 lag die Wohneigentumsquote mit 57 % jedoch etwas höher als in Deutschland.[19]
Schweiz
Die Wohneigentumsquote betrug in der Schweiz im Jahr 2014 37,4 % mit steigender Tendenz. Das ist vor allem auf die Zunahme bei Stockwerkeigentum zurückzuführen.[20] Je städtischer ein Gebiet ist, desto tiefer ist die Quote. Am tiefsten ist sie im Kanton Basel-Stadt mit 16,0 Prozent, die höchsten Quoten haben Wallis (57,2 Prozent), das viele Baulandreserven hat, und Kanton Appenzell Innerrhoden (57,0 Prozent).[21]
In der Schweiz ist der Anteil an Mietwohnungen bei 1 bis 4-Zimmerwohnungen höher, während bei 5-Zimmer- und größeren Wohnungen der Eigentumsanteil höher ist. Eigentumsquote nach Zimmeranzahl:[22]
1-Zimmer | 2-Zimmer | 3-Zimmer | 4-Zimmer | 5-Zimmer | 6-Zimmer und größer | |
---|---|---|---|---|---|---|
Wohneigentumsquote 2014 | 9,0 % | 13,4 % | 24,8 % | 45,6 % | 74,4 % | 89,4 % |
International
Die durchschnittliche Wohneigentumsquote in der Europäischen Union liegt seit Jahren stabil um die 70 %.[23][24][25]
Die höchsten Eigentümerquoten wiesen Rumänien (96 %), Litauen (90,3 %), Kroatien (90,0 %), Slowakei (89,5 %) oder Ungarn (86,3 %) auf. Spanien als erste westeuropäische Industrienation rangierte mit 77,8 % erst auf Rang 12, auch die Niederlande (69,0 %), Schweden (65,2 %), Frankreich (64,9 %) oder das Vereinigte Königreich (63,4 %) weisen deutlich höhere Eigentümerquoten als Deutschland auf. Auch Österreich konnte sich mit 55 % vor Deutschland platzieren.[26] Rumänien und andere osteuropäische Staaten liegen weit vorne, was mit der dortigen Privatisierung nach Ende des Kommunismus erklärt wird.[27]
- Siehe auch en:List of countries by home ownership rate
Weblinks
- Juliane Wiedemeier: Experteninterview zur Wohneigentumsquote in Deutschland – „Weil viele mieten, sind wir gut durch die Krise gekommen“ 13. Februar 2014
- Sebastian Kohl: Mieterland oder Hauseigentümernation? Wohnungsmärkte in Deutschland und den USA Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung, 2014
- Robert Kaltenbrunner, Matthias Waltersbacher: Besonderheiten und Perspektiven der Wohnsituation in Deutschland Bundeszentrale für politische Bildung, 5. Mai 2014
- Bettina Reimann, Beate Hollbach-Grömig, Detlef Landua: Wohneigentum als Chance für Stadtentwicklung und Integration Deutsches Institut für Urbanistik, 2014
- Scot W. Stevenson: Land für alle: Wie das Eigenheim für Amerikaner zum Normalfall wurde USA Erklärt, 27. Oktober 2006
Einzelnachweise
- Karin Behring, Ilse Helbrecht: Wohneigentum in Europa, hrsg. von der Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg 2002. ISBN 3-933249-54-6
- Manfred G. Schmidt: Wohneigentum als Äquivalent sozialstaatlicher Sicherung? ohne Jahr, abgerufen am 19. Juli 2016
- Ilse Helbrecht: Wohneigentum statt Rente? Demografischer Wandel und Altersvorsorge in acht europäischen Ländern im Vergleich Informationen zur Raumentwicklung Heft 2.2013
- O.W. Lerbs, C.A. Oberst: Auswirkungen der Finanz- und Schuldenkrise auf den deutschen Eigenheimsektor/ Impacts of the financial and economic crisis on the owner-occupied real estate market in Germany. Journal of Interdisciplinary Property Research (Zeitschrift für Immobilienökonomie), 2/2011, S. 49–65
- Albrecht Hanser: Vorfertigung im internationalen Vergleich Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Holzwirtschaft, 2002
- Linksammlung mit historischen Daten zu Wohnungsbau und -bestand, abgerufen am 19. Juli 2016
- Jörg Hackhausen: Vorteil Eigenheim Handelsblatt, 26. Mai 2014
- Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Wohneigentum Juni 2009
- Entwicklung und Eigentumsquote in Berlin Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 17/13709 vom 15. Mai 2014
- Institut der deutschen Wirtschaft: Wohneigentumsquote: Die Mehrheit mietet Pressemitteilung Nr. 28 vom 13. Mai 2016
- Strukturkompass: Indikator L109 - Wohneigentumsquote (%) Webseite des Statistischen Landesamts Sachsen-Anhalt, Stand: 1. Januar 2014
- Entwicklung der Wohneigentumsquoten in Deutschland (in Prozent von 1950 bis 1998) WohnungsWirtschaft im Netz
- Entwicklung der Wohneigentümerquote in Deutschland in den Jahren 1993 bis 2010 statista.de, abgerufen am 19. Juli 2016
- Eigentümerquote nach Bundesländern im Zeitvergleich Webseite Destatis Statistisches Bundesamt
- Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft: Vereinfachungspotenziale Wohn-Riester - Mehr Wahlfreiheit, geringere Hemmschwellen Berlin, 2012
- Wohneigentumsquote in Deutschland stagniert – Hauptgrund Kapitalmangel Haufe Online-Redaktion, 26. Februar 2018
- Leo Kaas, Georgi Kocharkov, Edgar Preugschat, Nawid Siassi, 14. Januar 2020: Gründe für die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland Bundesbank Online, Research Brief
- Home ownership rate in the EU-28 2018, Statista
- Wohnstatistiken/Wohnbesitzverhältnisse Eurostat, November 2015
- Stefan Pulfer: Wohneigentumsquote (Memento vom 19. Juli 2016 im Internet Archive) Webseite des Bundesamts für Wohnungswesen, abgerufen am 19. Juli 2016
- Statistik Schweiz: Wohneigentumsquote nach Kanton (Memento vom 29. August 2016 im Internet Archive)
- Statistik Schweiz: Wohnverhältnisse nach Zimmerzahl und Bewohnertyp (Memento vom 10. März 2016 im Internet Archive), abgerufen am 10. März 2016
- Wohnstatistiken/Wohnbesitzverhältnisse Eurostat, Dezember 2020
- Distribution of population by tenure status, 2014 (% of population) Bevölkerung nach Wohnbesitzverhältnissen, 2014 (in % der Bevölkerung), Eurostat, 2015 (graphische Darstellung)
- Stefan Buchberger: Immobilien-Eigentumsquote in Europa - EU-Schlusslicht Deutschland (Memento vom 18. Juli 2016 im Internet Archive) 14. August 2015
- Statista Das Statistik-Portal, Wohneigentumsquoten in ausgewählten europäischen Ländern im Jahr 2016, 2019
- Andreas Kunze: Immobilieneigentum: Deutschland fast am Ende 10. September 2012