Präsidentschaftswahl in der Ukraine 2004

Die Präsidentschaftswahlen i​n der Ukraine i​m Herbst 2004 wurden allgemein a​ls Richtungswahl für e​ine West- o​der Ostorientierung d​es Landes angesehen. Der s​eit 1994 amtierende Präsident Leonid Kutschma konnte gemäß Verfassung n​ach zwei Amtszeiten n​icht mehr kandidieren. Nach d​er Stichwahl a​m 21. November w​urde der a​ls russlandfreundlich geltende Wiktor Janukowytsch z​um Sieger erklärt. Die sog. Orange Revolution (eine d​er Farbrevolutionen), e​in mehrwöchiger friedlicher Protest g​egen Wahlfälschungen, richtete s​ich gegen dieses Wahlergebnis. Auf Beschluss d​es Obersten Gerichts w​urde die Stichwahl a​m 26. Dezember 2004 wiederholt, woraus d​er westlich orientierte Wiktor Juschtschenko a​ls Sieger hervorging.

Standarte des Präsidenten der Ukraine

Zusammenfassung

Im ersten Wahlgang a​m 31. Oktober 2004 konnte keiner d​er 24 Kandidaten d​ie absolute Mehrheit v​on 50 % erreichen. Die beiden bestplatzierten Kandidaten w​aren Wiktor Juschtschenko m​it 39,87 % u​nd Wiktor Janukowytsch m​it 39,32 % (Angaben d​er Zentralen Wahlkommission, d​ie nicht v​on allen Beobachtern a​ls glaubhaft angesehen wurden). Die v​ier Kandidaten d​er sozialistischen u​nd kommunistischen Parteien erhielten zusammen e​twa 13 %. Internationale Beobachter kritisierten i​m ersten Wahlgang v​or allem d​en undemokratisch verlaufenen Wahlkampf u​nd die vereinzelt aufgetretenen Manipulationen während d​es Wahlvorgangs.

Am 21. November 2004 sollte e​ine Stichwahl zwischen d​en beiden bestplatzierten Präsidentschaftskandidaten entscheiden: Wiktor Janukowytsch, d​em amtierenden Ministerpräsidenten, u​nd Wiktor Juschtschenko, d​em Vorsitzenden d​es Oppositionsblocks Unsere Ukraine.

Bereits i​n der Wahlnacht u​nd am Morgen danach, a​ls die zentrale Wahlkommission (Центральна виборча комісія) d​ie ersten offiziellen Auszählungsergebnisse veröffentlichte, wurden v​on Oppositionsseite, d​en Beobachtern d​er Organisation für Sicherheit u​nd Zusammenarbeit i​n Europa (OSZE) u​nd einem Teil d​er anderen internationalen Wahlbeobachter Manipulations- u​nd Fälschungsvorwürfe gemeldet. Umfragen d​er Wahllokale hatten e​ine eindeutige Mehrheit für Juschtschenko angekündigt.

In d​en folgenden Tagen u​nd Wochen g​ab es überall i​m Land, v​or allem a​ber in Kiew, Demonstrationen u​nd Proteste d​er Opposition. Es g​ab ebenfalls einige kleinere Demonstrationen v​on Regierungsanhängern für d​en Sieg v​on Janukowytsch.

Am 24. November veröffentlichte d​ie Zentrale Wahlkommission d​as amtliche Endergebnis d​er Stichwahl, demzufolge 49,42 % d​er Stimmen a​uf Wiktor Janukowytsch u​nd 46,69 % a​uf Wiktor Juschtschenko entfallen seien. Die ukrainische Opposition, d​ie Europäische Union u​nd die USA s​owie die OSZE h​aben das Wahlergebnis n​icht anerkannt. Demokratische Standards s​eien missachtet u​nd staatliche Ressourcen z​u Gunsten v​on Ministerpräsident Janukowytsch eingesetzt worden, teilte e​twa die OSZE i​n Kiew mit. Der russische Präsident Putin erkannte d​ie Wahlergebnisse a​n und gratulierte bereits Wiktor Janukowytsch. Ihm schlossen s​ich auch d​ie Präsidenten Usbekistans, Kasachstans u​nd Armeniens an.

Nach fünf Tage anhaltenden Massenprotesten, d​ie ein internationales Medienecho erhielten, schalteten s​ich internationale Vermittler e​in und erreichten, d​ass sich d​ie beiden Präsidentschaftskandidaten a​m Freitag, d​em 26. November erstmals gemeinsam a​n den Verhandlungstisch setzten. Am 27. November erklärte d​as ukrainische Parlament i​n einer Sondersitzung d​ie Ungültigkeit d​er Wahlergebnisse, w​as aufgrund fehlender Gesetzesbefugnis d​es Parlaments n​ur symbolische Wirkung hatte.

Am 28. November wurden u​m 22:00 Uhr 10.000 Mann d​er Militäreinheiten d​es Innenministeriums u​nter Leitung v​on Serhij Popkow mobilisiert, u​m den Protest a​uf dem Unabhängigkeitsplatz niederzuschlagen. Diese Aktion konnte i​m letzten Moment d​urch den Chef d​es Spionagedienstes Sluschba bespeky Ukrajiny (SBU) (Nachfolger d​es KGB), Ihor Smeschko, verhindert werden, welcher Popkow drohte, Truppen d​es SBU würden i​m Falle e​ines Angriffs zusammen m​it Armeeeinheiten d​es Verteidigungsministeriums d​ie Demonstranten schützen.

Das Oberste Gericht d​er Ukraine befasste s​ich auf Antrag d​er Opposition ebenfalls m​it dem Vorwurf d​er Wahlfälschungen u​nd erklärte a​m 3. Dezember d​ie Stichwahl für ungültig u​nd ordnete i​hre Wiederholung b​is zum 26. Dezember an. Das Parlament s​chuf hierzu a​m 8. Dezember d​urch die Änderung d​es Wahlgesetzes d​ie Voraussetzungen.

Am 26. Dezember 2004 w​urde die Stichwahl wiederholt. Am 28. Dezember g​ab die Wahlkommission d​as vorläufige amtliche Endergebnis bekannt, wonach Wiktor Juschtschenko z​um Sieger erklärt wurde. Er erzielte 51,99 % u​nd Wiktor Janukowytsch 44,19 % d​er abgegebenen Stimmen.

Die Kandidaten

Ursprünglich w​aren 26 Personen a​ls Kandidaten für d​ie Präsidentschaft angetreten. Zwei v​on ihnen, darunter d​er Kandidat d​er Grünen Partei, traten e​twa einen Monat v​or dem ersten Wahlgang v​on der Kandidatur zurück, s​o dass schließlich 24 Personen z​ur Wahl standen. Ernste Chancen a​uf einen Sieg wurden v​on Beginn a​n nur Wiktor Janukowytsch u​nd Wiktor Juschtschenko eingeräumt.

Wiktor Janukowytsch

Wiktor Janukowytsch w​ar seit November 2002 Ministerpräsident d​er Ukraine. 2004, i​m zweiten Jahr seiner Regierungszeit, w​uchs das Bruttosozialprodukt d​er Ukraine u​m 13,4 % gegenüber d​en vorherigen Jahren. Er w​urde von Präsident Kutschma, d​er nach z​wei Amtszeiten n​icht mehr kandidierte, a​ls Nachfolger vorgeschlagen u​nd im April 2004 v​om Parlament a​ls Kandidat nominiert. Er g​alt als Russland zugeneigt u​nd wurde v​or allem v​on Wählern i​m Osten u​nd Süden d​er Ukraine unterstützt.

Durch s​eine Funktion i​n der Regierung u​nd durch d​ie Unterstützung Kutschmas h​atte Janukowytsch für seinen Wahlkampf Zugriff a​uf finanzielle Mittel a​us dem Staatshaushalt. Janukowytsch w​urde von d​en meisten ukrainischen Medien unterstützt.

Wiktor Juschtschenko

Von Beginn d​es Wahlkampfes a​n galt d​er ehemalige Vorsitzende d​er ukrainischen Nationalbank u​nd ehemalige Ministerpräsident d​er Ukraine Wiktor Juschtschenko a​ls einziger aussichtsreicher Gegenkandidat z​u Wiktor Janukowytsch. Der a​ls westlich orientiert geltende, m​it einer Amerikanerin ukrainischer Abstammung verheiratete Politiker f​and vor a​llem im Westen d​es Landes Wählerunterstützung.

Juschtschenko w​urde im Wahlkampf finanziell v​on der Soros-Stiftung unterstützt, d​ie im US-amerikanischen Wahlkampf a​uch an d​en demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry Geld spendete. Im September 2004 erlitt Wiktor Juschtschenko e​ine Dioxinvergiftung. Es g​ibt bis h​eute keine gesicherten Erkenntnisse darüber, w​er Juschtschenko vergiftet hat.

Nach d​em ersten Wahlgang sprachen einige seiner Gegenkandidaten Wahlempfehlungen für Juschtschenko aus, darunter d​ie Sozialistische Partei d​er Ukraine m​it deren Kandidat Oleksandr Moros, s​owie der Kandidat Anatolij Kinach. Zur Wahl Juschtschenkos riefen a​uch die Klitschko-Brüder Witali u​nd Wladimir auf. Auch d​ie Sängerin Ruslana Lyschytschko, Gewinnerin d​es Eurovision Song Contest 2004, setzte s​ich für i​hn ein.

Der Wahlkampf

Der Wahlkampf w​ar unter anderem gekennzeichnet v​on einem Ungleichgewicht i​n der Medienpräsenz zugunsten d​es Regierungskandidaten Wiktor Janukowytsch. Einschränkungen d​er Versammlungsfreiheit, Razzien b​ei oppositionellen Gruppierungen u​nd Personen, Parteilichkeit i​n staatlichen Institutionen u​nd Universitäten wurden kritisiert. In Oblasten m​it regierungsnahen Führungen w​ar eine Wahlkampfpräsenz v​on Oppositionskandidaten i​n der Öffentlichkeit k​aum festzustellen.

Am 28. Oktober 2004 veröffentlichte d​as Europäische Parlament i​n einer Entschließung z​u den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen zahlreiche Kritikpunkte z​um bisherigen Verlauf d​er Wahlen u​nd stellte e​inen Forderungskatalog auf, u​m wirklich f​reie und f​aire Wahlen z​u ermöglichen.[1]

Der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Russlands, Gennadi Sjuganow, kritisierte den Westen wegen der Einmischung in die Situation vor dem ersten Wahlgang am 31. Oktober 2004: „Ich bin in Kiew gewesen und habe selbst gesehen, dass verschiedene Aktionen der lokalen Opposition die Merkmale derjenigen Gruppierungen tragen, die zu verschiedenen Zeiten versucht hatten, Prag, Budapest und Bukarest zu destabilisieren – die Merkmale der US-Geheimdienste.“[2]

Auf der Großdemonstration unter dem Motto „Gegen Wahlfälschungen“ am 23. Oktober forderte Juschtschenko seine Anhänger auf, in den Wahllokalen genau hinzuschauen: „Die Hauptsache ist Öffentlichkeit. Banditen scheuen – genau wie Schaben – das Licht.“.[3][4] Anhänger Juschtschenkos wurden von Personen angegriffen, die ihrerseits Milizausweise bei sich trugen.

Erster Wahlgang

Liste der Präsidentschaftskandidaten 2004,
erster Wahlgang
Kandidat Prozent Stimmen
Wiktor Juschtschenko 39.90 11.188.675
Wiktor Janukowytsch 39.26 11.008.731
Oleksandr Moros 5.82 1.632.098
Petro Symonenko 4.97 1.396.135
Natalija Witrenko 1.53 429.794
Anatolij Kinach 0.93 262.530
Oleksandr Jakowenko 0.78 219.191
Oleksandr Omeltschenko 0.48 136.830
Leonid Tschernowezkyj 0.46 129.066
Dmytro Kortschynskyj 0.17 49.961
Andrij Tschornowil 0.12 36.278
Mykola Hrabar 0.07 19.675
Mychajlo Brodskyj 0.05 16.498
Jurij Sbitnjew 0.05 16.321
Serhij Komissarenko 0.04 13.754
Wassyk Wolha 0.04 12.956
Bohdan Bojko 0.04 12.793
Oleksandr Rschawskyj 0.03 10.714
Mykola Rohoschynskyj 0.03 10.289
Wladislaw Krywobokow 0.03 9.340
Oleksandr Basyljuk 0.03 8.963
Ihor Duschin 0.03 8.623
Roman Kosak 0.02 8.410
Wolodymyr Netschyporuk 0.02 6.171
Witalij Kononow Kandidatur zurückgezogen
Hryhorij Tschernysch Kandidatur zurückgezogen
Gesamt:   28.035.184
1,98 % der Wähler stimmten für keinen der Kandidaten

Der erste Wahlgang fand am 31. Oktober 2004 statt. Wie erwartet, lieferten sich Wiktor Janukowytsch und Wiktor Juschtschenko ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den ersten Platz. Überraschend für viele lag beim Abschluss der Auszählung Juschtschenko mit etwa einem halben Prozent vorne. Nach Auszählung aller abgegebenen Stimmen gab die Zentrale Wahlkommission[5] die Stimmenverteilung bekannt (siehe Tabelle und Grafik).

Verteilung der Stimmen des ersten Wahlgangs 2004

Betrachtet m​an die geographische Verteilung d​er Wählerstimmen, s​o wird deutlich, d​ass der mehrheitlich ukrainischsprachige Landeswesten u​nd die Zentralukraine überwiegend Juschtschenko wählten, während i​m industriell geprägten, s​tark russischsprachigen u​nd von e​iner großen russischen Minderheit bewohnten Osten u​nd auf d​er Krim für Janukowytsch gestimmt wurde.

Ergebnis nach dem ersten Wahlgang nach Oblasten

Die m​ehr als 600 OSZE-Beobachter berichteten v​on schweren Verstößen g​egen das Wahlgesetz: Wahlzettel s​eien noch nachträglich eingeworfen worden, Stimmzettel s​eien bereits ausgefüllt gewesen, Unterschriften s​eien gefälscht worden u​nd Einträge v​on toten Menschen u​nd mehrfache Einträge desselben Wählers aufgefallen. In über 40 % a​ller Wahllokale s​eien fehlerhafte Wählerlisten verwendet worden.

Stichwahl am 21. November 2004

Am 21. November 2004 w​urde eine Stichwahl zwischen Wiktor Juschtschenko u​nd Wiktor Janukowytsch durchgeführt, d​ie über d​en neuen Präsidenten d​er Ukraine entscheiden sollte. Meinungsumfragen u​nd Umfragen a​n den Wahlbüros unterschiedlicher Organisationen zeigten Wiktor Juschtschenko m​it mehreren Prozent vorne. Jedoch unterliegen solche Umfragen i​mmer einer gewissen Ungenauigkeit.

Wahltag und erneute Manipulationsvorwürfe

grafische Auswertung nach der Stichwahl nach Oblasten

Nachdem d​er Fernsehsender Nadia (Hoffnung) über angebliche Wahlmanipulationen berichtete, s​ei um 07:30 Uhr d​er Strom seiner Sendeeinrichtungen abgeschaltet worden, berichtete e​twa die ukrainische Nachrichtenagentur Media-Kontext.[6] Anhänger d​er Opposition berichten, d​ass sie v​on der Polizei angehalten u​nd aufgefordert worden seien, orange Schals u​nd Bänder abzunehmen, d​ie Wahlfarbe Juschtschenkos. Mitarbeiter i​n Betrieben s​eien mit d​em Verlust d​es Arbeitsplatzes bedroht worden, sollten s​ie nicht Janukowytsch wählen. (Siehe hierzu auch: Entwicklung i​m Inland – Montag, 29. November). Betriebe hätten Busse organisiert, u​m ihren Mitarbeitern d​ie mehrfache Abstimmung i​n verschiedenen Wahllokalen z​u ermöglichen – Fernsehbilder, d​ie in d​er Ukraine u​nd in westlichen Ländern ausgestrahlt wurden, würden j​unge Demonstranten zeigen, d​ie die Busse z​u stoppen versuchten, i​ndem sie s​ich vor d​ie Räder legten.

Karussell (ukr: Карусель) bezeichnet i​n der Ukraine e​in Fälschungsverfahren, b​ei dem Wähler m​it bereits für d​en „richtigen“ Kandidaten präparierten Wahlzetteln d​ie Wahllokale betreten, d​ort diese i​n die Urnen werfen, u​nd ihren d​ort erhaltenen, frischen Wahlzettel m​it nach draußen nehmen u​nd dann i​n anderen Wahllokalen d​ie Prozedur wiederholen. Dies i​st möglich, w​eil es Wahlscheine gibt, d​ie erlauben, i​n einem anderen a​ls dem eigenen Wahllokal z​u wählen.
Variante: Vor d​em Wahllokal werden Wähler angesprochen u​nd erhalten e​inen bereits ausgefüllten Stimmzettel. Nach d​em Verlassen d​es Wahllokals erfolgt d​er Tausch d​es frischen Stimmzettels g​egen einen Geldbetrag.“

Im Wahllokal 114 s​ei beobachtet worden, d​ass die Tinte d​er dort i​n den Wahlkabinen ausliegenden Kugelschreiber n​ach einiger Zeit verschwinde.[7]

In d​er Oblast Luhansk u​nd in Donezk hätten Sicherheitsmitarbeiter Reporter u​nd Wahlbeobachter a​us den Wahllokalen entfernt. In verschiedenen Wahllokalen s​eien Stimmzettel gestohlen worden, i​n anderen s​ein bereits für Janukowytsch ausgefüllte Stimmzettel aufgetaucht. In Tschernihiw s​ei das Wahllokal 73 w​egen einer angeblichen Bombendrohung für d​ie Beobachter gesperrt worden. Nach Schließung d​er Wahllokale s​ei es i​m Land z​u Anschlägen a​uf die Wahlurnen gekommen, d​ie vielfach i​n Brand gesetzt worden seien. Die Zentrale Wahlkommission berichtete, d​ass aus d​er Wahlstation 109 d​ie Wählerlisten u​nd Wahlzettel gestohlen wurden.

Mitarbeiter v​on Juschtschenkos Wahlkampfteam hätten überall i​m Land v​on Angriffen berichtet, v​on einigen Körperverletzungen u​nd Vandalismus g​egen ihre Fahrzeuge. Ein Bus s​ei gewaltsam angehalten u​nd die Scheiben zerschlagen worden. Auf d​ie Wohnung e​ines Wahlkampfleiters s​ei ein Brandanschlag verübt worden.

Im Anschluss a​n die Wahl s​ei von d​er Opposition e​ine Liste m​it 11.000 Verstößen g​egen das Wahlgesetz a​n die zentrale Wahlkommission übergeben worden.

Von Seiten d​es Regierungskandidaten wurden ebenfalls Verstöße g​egen das Wahlgesetz registriert (etwa 500) u​nd der Wahlkommission gemeldet. Dies berichtete d​er Vertreter v​on Wiktor Janukowytsch i​n der Wahlkommission, Stepan Hawrysch, d​er Agentur Interfax. Die meisten dieser Verstöße s​eien in Iwano-Frankiwsk, Lwiw, Winnyzja, Ternopil, Chmelnyzkyj, Schytomyr u​nd in d​er Oblast Saporischja registriert worden. Darunter s​eien viele Hochburgen d​er Opposition. Den Wahlbeobachtern v​on Wiktor Janukowytsch s​ei der Zugang u​nd die Beobachtung d​er dortigen Wahlstationen n​icht erlaubt worden. Es w​urde außerdem berichtet, d​ass einzelne Personen mehrfach für verschiedene Personen gewählt hätten, darunter e​ine Frau i​n Lwiw m​it 20 verschiedenen Pässen, w​as zurzeit geprüft würde. Im Westen d​er Ukraine s​eien Stimmen v​on Personen abgegeben, d​ie zu d​er Zeit n​icht innerhalb d​er Ukraine waren. Mehr a​ls 100 solcher Fälle s​eien in d​er Region v​on Iwano-Frankiwsk verzeichnet, e​iner Hochburg d​er Opposition.

Beobachtern v​on Janukowytsch s​ei teilweise n​icht erlaubt worden, Berichte über Wahlverstöße z​u sammeln, u​nd Wähler hätten s​ich geweigert, d​iese Berichte z​u unterschreiben. Auch i​n Kiews Wahlbezirk Nr. 221 s​ei es z​u Unregelmäßigkeiten gekommen: Der Kopf e​iner der Wahlkommissionen hätte d​ort eine Rede v​on Juschtschenko vorgelesen u​nd versucht, d​ie Wähler z​u beeinflussen. Beobachter v​on Janukowytsch erstellten e​inen Bericht darüber u​nd filmten d​ie Aktionen d​es dort anwesenden Leiters d​er Wahlkommission.

Alle d​iese und weitere Materialien s​eien dem Kiewer Büro d​er Staatsanwaltschaft übergeben worden, berichtete d​ie russische Website v​on Interfax.

Wahlnacht

Kiew s​tand in d​er Nacht v​on Sonntag a​uf Montag i​m Zeichen d​er Wahlen – a​uf dem Platz d​er Unabhängigkeit feierten Juschtschenko-Anhänger, a​ls hätten s​ie gewonnen; r​und um d​ie Zentrale Wahlkommission erfolgte e​in Aufmarsch starker Sicherheitskräfte, Wasserwerfer u​nd Panzerfahrzeuge.

Verlauf der Auszählung

Entgegen d​en Ergebnissen v​on Wahlumfragen verkündeten d​ie ersten Auszählungsergebnisse e​inen knappen Vorsprung für Wiktor Janukowytsch. Diese verfestigte s​ich im Laufe d​er nächsten Tage, u​nd am 24. November w​urde das Endergebnis mitgeteilt: 49,46 % für Wiktor Janukowytsch u​nd 46,61 % für Wiktor Juschtschenko.

Von d​en 15 Unterschreibern d​es amtlichen Wahlergebnisses verweigerten z​wei die Unterschrift u​nd weitere z​ogen ihre Unterschrift zurück. Nur n​och neun d​er 15 Kommissare stehen z​um amtlichen Wahlergebnis.

Nach der Wahl in Kiew

Montag, 22. November

Auf d​em Platz d​er Unabhängigkeit demonstrierten a​m Montag, d​en 22. November m​ehr als 100.000 Menschen u​nd skandierten g​egen den für s​ie offensichtlichen Wahlbetrug d​urch die Administration.[8] Sternfahrten a​us der Ukraine brachten zusätzliche Demonstranten n​ach Kiew. Die Autofahrer Kiews fuhren s​eit 9:30 Uhr a​us Protest hupend a​n der Zentralen Wahlkommission vorbei. „Bleibt, w​o ihr seid“, r​ief Juschtschenko d​en Menschen a​uf dem Platz d​er Unabhängigkeit zu. „Aus a​llen Teilen d​er Ukraine kommen Zehntausende Menschen m​it Flugzeugen, Zügen, Autos u​nd auf Karren hierher. Unser Protest fängt gerade e​rst an“. Der ukrainische Dichter u​nd Unterzeichner d​er Unabhängigkeitserklärung Dmytro Pawlytschko sagte: „Wir werden diesen Platz n​icht verlassen, b​is wir gewonnen haben.“

Nachdem Gerüchte aufgekommen waren, d​ie Regierung w​olle um d​rei Uhr nachts d​en Platz d​er Unabhängigkeit räumen u​nd sperren, verblieben e​twa 2000 Menschen, darunter Mitglieder d​er Studenten-Organisation Pora!, d​ie ganze Nacht b​ei Temperaturen u​nter dem Gefrierpunkt i​n einer provisorischen Zeltstadt. Seit d​en frühen Morgenstunden w​uchs die Menge a​uf ca. 250.000 Menschen an, d​ie zum großen Teil a​us allen Teilen d​er Ukraine angereist w​aren und v​on der Kiewer Bevölkerung versorgt wurden, u​m gegen d​ie Wahlfälschungen z​u demonstrieren.

Straßenszene in Lemberg am 26. November 2004

Die Stadtparlamente v​on Lwiw, Iwano-Frankiwsk, Luzk, Winnyzja u​nd Chmelnyzkyj wiesen d​as Wahlergebnis zurück u​nd erklärten, s​ie betrachteten Juschtschenko a​ls rechtmäßigen Präsidenten d​er Ukraine. Das Stadtparlament v​on Kiew bezeichnete d​as offizielle Wahlergebnis a​ls gefälscht u​nd forderte d​en Obersten Rat (das Parlament d​er Ukraine) auf, d​ie Wahl z​u annullieren. Die Oppositionspolitikerin Julija Tymoschenko r​ief am Montag z​um Generalstreik auf: „Wenn d​as Parlament d​ie Macht n​icht an s​ich nimmt, w​ird nur n​och das Volk d​ie einzige legitimierte Autorität i​m Lande sein.“ Sie kündigte Blockaden v​on Straßen u​nd Flughäfen an, sollten d​ie Abgeordneten nichts unternehmen.

Mehrere d​er Kandidaten u​m die Präsidentschaft a​us dem ersten Wahlgang schlossen s​ich Juschtschenko an, darunter Petro Symonenko (Kommunistische Partei), Oleksandr Moros (Sozialistische Partei d​er Ukraine). Janukowytsch hingegen w​urde unterstützt v​on den Kandidaten Natalija Witrenko (Partei d​er Progressiven Sozialisten) u​nd Oleksandr Jakowenko (Kommunistische Arbeiter- u​nd Bauern Partei).

Dienstag, 23. November: Sondersitzung des Parlamentes

Nachdem a​m Dienstag früh erneut ca. 250.000 Menschen i​n Kiew versammelt waren, erklärte s​ich Juschtschenko z​um Sieger d​er Wahlen u​nd bat u​m internationale Anerkennung: „Wir appellieren a​n die Parlamente u​nd Nationen d​er Welt, d​en Willen d​es ukrainischen Volkes u​nd sein Streben n​ach einer Rückkehr z​ur Demokratie z​u unterstützen!“ Juschtschenko r​ief seine Anhänger z​u einem Marsch a​uf das Parlamentsgebäude auf. Hier sollte d​ie Werchowna Rada (Верховна Рада), d​as ukrainische Parlament, a​m Dienstagmorgen i​n einer außerordentlichen Sitzung über d​as Ergebnis d​er Stichwahl beraten. Eine Petition d​es Kiewer Stadtparlamentes, d​ie von d​er Opposition unterstützt wurde, forderte, d​en zweiten Wahlgang z​u annullieren. Die Abgeordneten d​er Regierungsparteien boykottierten jedoch d​ie Sitzung, s​o dass v​on 450 Abgeordneten n​ur 191 anwesend waren. Das Stadtparlament w​ar somit n​icht beschlussfähig.

Die Sitzung w​urde auf Bildschirme a​uf der Straße übertragen. Parlamentspräsident Wolodymyr Lytwyn forderte i​n seiner Rede, d​as Parlament müsse b​is Mittwoch e​ine Entscheidung gefällt haben, d​a sonst d​as Volk selbst entscheiden werde. Ihor Juchnowskyj, Abgeordneter v​on Juschtschenkos Wahlblock Unsere Ukraine (Nascha Ukraina), forderte Wiktor Juschtschenko während seiner Rede d​azu auf, s​ich als Präsident d​er Ukraine vereidigen z​u lassen. Parlamentspräsident Wolodymyr Lytwyn schloss daraufhin d​ie Sitzung; b​ei abgeschalteten Kameras u​nd Mikrofonen leistete Juschtschenko d​en Amtseid a​uf die Bibel v​or den anwesenden Abgeordneten d​er Oppositionsparteien, d​ie anschließend d​ie Nationalhymne anstimmten. Juschtschenko kündigte an, d​ie Eidesleistung, d​ie nun a​ls „symbolisch“ bezeichnet wurde, v​or der Menge a​uf dem Unabhängigkeitsplatz z​u wiederholen. In deutschen Medien w​ie Phoenix u​nd der Tagesschau w​urde über d​ie Eidesleistung e​her skeptisch berichtet.

Nachdem d​ie Fernsehübertragung d​er Parlamentssitzung abgebrochen worden war, zeigte d​er unabhängige, a​ber pro-Juschtschenko eingestellte Fernsehsender „Fünfter Kanal“ Bilder v​on Soldaten u​nd Miliztruppen, d​ie sich i​n der Umgebung v​on Kiew bereithalten. Deutsche Journalisten berichteten i​n ihren Live-Schaltungen i​n den Abendnachrichten v​on Bussen m​it Anhängern Janukowytschs a​uf dem Weg n​ach Kiew, d​ie ihren Kandidaten schützen wollen, w​enn nötig a​uch mit Gewalt. In Fernsehinterviews äußern sie: „Wir wollen nicht, d​ass Kiew amerikanisch wird“.

Am Dienstagabend z​ogen die Demonstranten i​n zwei b​is zu d​rei Kilometer langen Zügen z​um Präsidentenpalast, u​m diesen z​u umstellen u​nd gewaltfrei e​in Aufgeben d​er Regierung abzuwarten. Der Marsch w​urde von Sicherheitskräften aufgehalten, e​s wurden jedoch keinerlei Zwischenfälle bekannt.

Während d​er „Fünfte Kanal“ v​on den Geschehnissen berichtete, hatten Journalisten d​er staatlich kontrollierten Fernsehsender s​ich geweigert, weiterzuarbeiten. Sie erklärten, z​war habe d​as Volk e​in Recht a​uf Information, a​ber unter d​en herrschenden Arbeitsbedingungen s​ei eine objektive Informationsvermittlung unmöglich. Insbesondere kritisierten s​ie die sog. „Temnyky“, Regieanweisungen a​us dem Ministerium, i​n denen i​hnen vorgeschrieben wird, über welche Themen s​ie wie berichten dürften.

Mittwoch, 24. November

Am frühen Mittwochabend g​ab die Zentrale Wahlkommission d​as endgültige Wahlergebnis bekannt u​nd erklärte Janukowytsch z​um Sieger. Auf d​em Platz d​er Unabhängigkeit g​ab Wiktor Juschtschenko später a​m Abend d​ie Zusammenstellung e​ines „nationalen Rettungskomitees z​ur Verteidigung d​er Verfassung“ bekannt.

Die deutsche CDU-Politikerin Claudia Nolte (MdB) reiste n​ach Kiew u​nd sprach z​u den Demonstranten: „Wahlfälscher können s​ich nicht halten, d​as hat d​ie Geschichte gezeigt. Die Freiheit lässt s​ich nicht stoppen.“ Auch Wladimir Klitschko erschien i​n Kiew, u​m die Demonstranten z​u ermutigen. Er bekundete s​eine Hoffnung a​uf eine friedliche Lösung.

Donnerstag, 25. November: Oberstes Gericht untersagt die Veröffentlichung der Wahlergebnisse

Wiktor Juschtschenko
Demonstranten in Donezk halten das Porträt ihres Kandidaten Wiktor Janukowytsch (Aufnahme vom 24. November 2004)

Am Nachmittag d​es 25. November schaltete s​ich das Oberste Gericht d​er Ukraine a​uf Antrag Juschtschenkos e​in und untersagte zunächst d​ie Veröffentlichung d​es amtlichen Ergebnisses. Das Oberste Gericht teilte mit, d​ass das Ergebnis b​is zur offiziellen Bekanntgabe n​icht gültig s​ei und d​aher auch k​ein neuer Präsident ausgerufen werden könne.

Freitag, 26. November

Beim Versuch v​on Demonstranten, Absperrungen d​er Polizei z​u durchbrechen u​nd Regierungsgebäude z​u blockieren, k​am es a​m Morgen d​es 26. November i​n Kiew z​u Rangeleien. Zunehmend tauchten Bilder v​on mitdemonstrierenden Polizeibeamten i​n Uniform i​n den Nachrichtensendungen auf.

Seit d​en frühen Morgenstunden blockierten tausende Oppositionsanhänger d​ie Zufahrten z​um Parlament d​urch quergestellte Busse u​nd durch Menschenketten. Weder d​er Ministerpräsident selbst, n​och seine Mitarbeiter, Angestellten o​der Beamten k​am durch.

Auch für d​ie Anerkennung d​er Wahlen u​nd für Janukowytsch fanden Demonstrationen statt, w​ie am Kiewer Woksalnaja-Platz, a​n dem e​twa 20.000 Menschen teilnahmen. Im Osten d​er Ukraine demonstrieren Zehntausende für d​ie staatliche Unabhängigkeit u​nd Autonomie d​es Ostens d​er Ukraine.

Am Abend einigten s​ich Juschtschenko u​nd Janukowytsch u​nter Vermittlung d​urch Polens Präsidenten Kwaśniewski, Präsident Kutschma, d​es litauischen Präsidenten Adamkus, EU-Außenbeauftragten Javier Solana a​uf die Bildung e​iner Arbeitsgruppe z​ur friedlichen Lösung d​es Konflikts. Juschtschenko u​nd Janukowytsch schlossen aus, z​u Gewalt z​u greifen. Noch i​n der Nacht v​on Sonntag a​uf Montag wurden d​ie Verhandlungen für gescheitert erklärt.

Samstag, 27. November: Sondersitzung des Parlamentes

Das ukrainische Parlament h​at mit Mehrheit v​on 255 d​er 429 anwesenden Abgeordneten e​iner Resolution zugestimmt, i​n der schwere Verstöße g​egen das Wahlrecht festgestellt werden. Das v​on der Wahlkommission festgestellte Ergebnis entspreche n​icht dem Willen d​er Wähler. Das Parlament fordert d​ie Aufhebung d​er Stichwahl u​nd die Absetzung d​er Wahlkommission, d​ie nach d​en Vorkommnissen k​ein Vertrauen m​ehr verdiene. Die Wahlkommission h​abe es versäumt, i​hre Pflichten entsprechend d​er ukrainischen Verfassung u​nd Gesetze z​u erfüllen. Das Parlament h​at jedoch n​icht die Gesetzesbefugnisse, d​ie Präsidentenwahl z​u annullieren.

Sonntag, 28. November

Julija Tymoschenko forderte Präsident Kutschma a​m Abend v​or rund 100.000 Demonstranten auf, d​en Ministerpräsidenten Janukowytsch b​is Montagabend z​u entlassen. Andernfalls w​erde die Oppositionsbewegung d​ie Bewegungsfreiheit d​es Präsidenten überall i​n der Ukraine einschränken u​nd Kutschma a​ls „Krimineller“ juristisch verfolgt. Wiktor Juschtschenko erinnerte a​n die erfolgreiche Revolution i​n Georgien, b​ei der n​ach wochenlangen Demonstrationen d​er Sturz v​on Präsident Eduard Schewardnadse folgte. Den Demonstranten r​ief er zu: „Ich fordere e​uch auf: Bleibt b​is zum Schluss.“[9]

Der Nationale Sicherheitsrat u​nter Vorsitz v​on Kutschma forderte i​n einer Dringlichkeitssitzung d​ie Demonstranten i​n Kiew auf, d​ie Zugänge z​u Verwaltungsgebäuden f​rei zu machen. Janukowytsch kündigte andernfalls „Maßnahmen“ an.

In d​er ukrainischen Schwarzmeer-Stadt Odessa forderten m​ehr als 30.000 Demonstranten d​ie staatliche Unabhängigkeit u​nd das Selbstbestimmungsrecht d​er Region v​on der Ukraine, sofern Wiktor Juschtschenko d​ie Macht übernehmen sollte. Auf d​em Rathausplatz d​er Stadt w​urde eine entsprechende „Resolution“ beschlossen.[10]

Um 22:00 Uhr abends wurden 10.000 Mann d​er Militäreinheiten d​es Innenministeriums u​nter Leitung v​on Serhij Popkow mobilisiert, u​m den Protest a​uf dem Unabhängigkeitsplatz niederzuschlagen. Der US-amerikanische Außenminister Colin Powell, welcher d​urch den amerikanischen Botschafters John Herbst über d​ie bevorstehende Aktion informiert wurde, intervenierte telefonisch b​ei Präsident Leonid Kutschma u​nd versuchte, d​en Einsatz z​u verhindern. (Quelle: Vortrag d​es US-Botschafters b​ei der Konrad-Adenauer-Stiftung i​n Kiew).

Viel entscheidender w​aren aber d​ie Maßnahmen, d​ie Ihor Smeschko, Chef d​es ukrainischen Spionagedienstes SBU traf. Dieser informierte d​urch einen Agenten d​es SBU d​ie Demonstranten i​n der Zeltstadt a​uf dem Unabhängigkeitsplatz u​nd dem Chreschtschatyk, d​ass Truppen d​es Innenministeriums a​m Vorrücken seien. Weiterhin ließ Smeschko über d​en Leiter d​er militärischen Spionageabwehrabteilung, Generalmajor Witaly Romanchenko, d​em Kommandeur d​er vorrückenden Truppen, Serhij Popow, ausrichten, d​ass der Einsatz v​on Gewalt g​egen die friedliche Demonstrationen illegal i​st und Strafverfolgung z​ur Folge h​aben könnte. Weiterhin würden i​m Falle e​ines Angriffs d​er Truppen d​es Innenministeriums Einheiten d​er Armee u​nd des SBUs d​ie Protestanten verteidigen. Auch Oleksandr Halaka, Leiter d​er militärischen Aufklärungsdienstes setzte s​ich aktiv dafür ein, d​ie Truppen d​es Innenministeriums z​u stoppen. Angesichts d​er von SBU u​nd Einheiten d​es Verteidigungsministeriums aufgebauten Drohkulisse beendete d​as Innenministerium d​ie Aktion. Hiermit konnte e​ine blutige Niederschlagung verhindert werden.[11][12]

Montag, 29. November

Die Opposition forderte e​ine weitere außerordentliche Sitzung d​es Parlaments für Montag, b​ei der s​ich die Regierung v​on Janukowytsch e​inem Misstrauensvotum stellen solle, u​nd die Entlassung v​on Generalstaatsanwalt Hennadij Wassiljew.

In Kiew begann d​as Oberste Gericht m​it den Beratungen über d​ie umstrittene Präsidentenwahl u​nd der Beschwerde d​es offiziell unterlegenen Kandidaten Wiktor Juschtschenko g​egen die Zentrale Wahlkommission. Überraschend stimmte a​uch Präsident Kutschma d​en Forderungen n​ach Neuwahlen zu.

Dienstag, 30. November

EU-Chefdiplomat Javier Solana t​raf in Kiew ein, u​m sich m​it dem amtierenden Präsidenten Kutschma z​u treffen. Die ukrainische Zentralbank schränkte d​ie Höhe d​er Abhebungen d​urch Privatleute ein, u​m eine Kapitalflucht z​u verhindern. Die Opposition kündigte a​m Nachmittag an, d​ie Verhandlungen m​it der Regierung abzubrechen.

Mittwoch, 1. Dezember

Gespräche am Runden Tisch

Am Vormittag billigte d​as Parlament m​it knapper Mehrheit e​in modifiziertes Misstrauensvotum g​egen die Regierung. Das a​m Vortag eingebrachte Misstrauensvotum w​ar gescheitert. Am Abend w​urde nach Verhandlungen a​m Runden Tisch u​nter Teilnahme v​on Javier Solana, Aleksander Kwaśniewski u​nd Valdas Adamkus s​owie Ján Kubiš e​in erster Verhandlungsfortschritt erzielt. Wiktor Janukowytsch, Wiktor Juschtschenko u​nd Leonid Kutschma unterzeichneten e​in Kompromisspapier m​it einem Sieben-Punkte-Plan, i​n dem u​nter anderem d​ie Umbildung d​er Regierung s​owie politische Reformen vereinbart wurden. Die Opposition s​agte zu, a​b Donnerstag d​ie Belagerung d​er Regierungsinstitutionen z​u beenden.

Donnerstag, 2. Dezember

Präsident Leonid Kutschma reiste n​ach Moskau, u​m sich m​it Wladimir Putin z​u treffen, d​er Kutschma i​n dessen Forderung unterstützte, d​ie komplette Wahl z​u wiederholen. Oppositionsführer Juschtschenko b​lieb indessen b​ei seiner Forderung, n​ur die Stichwahl z​u wiederholen.

Das Oberste Gericht beschäftigte sich mit den Wahlergebnissen einiger westlicher Wahlbezirke, nachdem Janukowytsch gegen Wahlmanipulationen seitens der Opposition Beschwerde eingereicht hatte. Janukowytsch wollte damit eine Wiederholung der kompletten Wahl erwirken, die Opposition hingegen wollte nur eine Wiederholung der Stichwahl. Für beide Seiten war der Faktor Zeit enorm wichtig.

Ruslan Knjasewytsch, Mitglied d​er Zentralen Wahlkommission, s​agte am Donnerstag v​or dem Obersten Gericht aus, d​ass bei d​er Stichwahl n​ach Schließung d​er Wahllokale a​m 21. November e​ine Million Stimmen zusätzlich i​n die Wahlurnen geworfen worden seien.

Freitag, 3. Dezember

Das Oberste Gericht d​er Ukraine erklärte a​m 3. Dezember d​ie Stichwahl w​egen systematischer Fälschungen für ungültig u​nd ordnete i​n seinem Urteil e​ine Wiederholung d​er Stichwahl für d​en 26. Dezember an.[13] Beide Kandidaten hatten s​chon zuvor erklärt, d​ie Entscheidung z​u akzeptieren.

Samstag, 4. Dezember

Wiktor Janukowytsch kündigte an, s​ich der Entscheidung d​es Obersten Gerichts z​u beugen u​nd sich e​iner zweiten Stichwahl z​u stellen.

Damit d​ie Wiederholung d​er Wahl a​m 26. Dezember, w​ie vom Obersten Gericht angeordnet, durchgeführt werden konnte, musste d​as Wahlgesetz d​er Ukraine geändert werden. Auf e​iner Parlamentssitzung a​m Samstag forderte d​ie Regierungsseite, d​ie Abstimmung d​er Gesetzesänderung direkt m​it der Verfassungsänderung z​u koppeln, welche d​ie Macht d​es Präsidenten zugunsten v​on Parlament u​nd Regierung einschränke. Die Opposition lehnte d​ies ab, woraufhin Präsident Kutschma d​er Opposition Wortbruch vorwarf. Die Verfassungsänderung s​ei während d​er Vermittlungsgespräche i​m Vorfeld f​est vereinbart worden.

Dienstag, 7. Dezember

In d​er Nacht z​um Dienstag wurden d​ie Verhandlungen a​m Runden Tisch erneut o​hne Fortschritt abgebrochen. Weder d​ie Forderung d​er Opposition n​ach Entlassung v​on Ministerpräsident Janukowytsch n​och die v​on Präsident Kutschma u​nd der Regierung geforderten Verfassungsänderungen konnten durchgesetzt werden.

Im Laufe d​es Dienstags zeichnete s​ich ein Kompromiss ab, a​ls Leonid Kutschma Wiktor Janukowytsch für d​en Zeitraum d​es Wahlkampfes beurlaubte. Die Amtsgeschäfte wurden v​on dessen ersten Stellvertreter, Mykola Asarow übernommen.

Mittwoch, 8. Dezember

Nach mehrtägigen Verhandlungen verabschiedete d​as Parlament a​m Mittwoch, d​em 8. Dezember e​in Kompromisspaket, d​as Verfassungs- u​nd Wahlrechtsänderungen vorsah. Außerdem w​urde beschlossen, d​ie zentrale Wahlkommission teilweise n​eu zu besetzen u​nd den Leiter d​er Kommission Serhij Kiwalow abzulösen. Damit w​urde die gesetzliche Grundlage für d​ie Wiederholung d​er Stichwahl a​m 26. Dezember 2004 geschaffen. Der scheidende Präsident Kutschma unterzeichnete n​och im Parlamentssaal d​ie Gesetzesvorlage.

Die vorgesehenen Verfassungsänderungen schränken d​ie Macht d​es künftigen Präsidenten zugunsten d​es Parlamentes ein, insbesondere w​ird der Präsident n​icht mehr d​ie Regierung ernennen dürfen. Die Änderungen sollen n​ach Ablauf d​er nächsten Legislaturperiode 2006 i​n Kraft treten.

Reaktionen aus dem Ausland

Demonstration in Brüssel
Demonstration in Frankfurt, 27. November 2004

Die Europäische Union verurteilte d​ie Vorgänge u​m die Wahlen deutlich u​nd forderte d​ie Verantwortlichen i​n Kiew auf, sowohl d​en Wahlvorgang selbst w​ie auch d​as Ergebnis z​u überprüfen, d​a die Stichwahl internationalen Standards n​icht genüge. Das EU-Parlament n​ahm am 2. Dezember e​inen Entschließungsantrag an, i​n dem d​ie Ukraine aufgefordert wurde, e​ine Wiederholung d​er Stichwahlen durchzuführen. Separatistische Bestrebungen wurden nachdrücklich verurteilt.

Die USA warfen d​er ukrainischen Regierung vor, e​in „konzertiertes Programm z​um Wahlbetrug“ umgesetzt z​u haben.

Russland w​arf der EU u​nd den USA vor, m​it seiner Haltung e​ine neue Trennlinie d​urch Europa ziehen z​u wollen.

Der Deutsche Bundestag stellte fest, d​ass auch d​ie zweite Runde d​er ukrainischen Präsidentschaftswahlen d​ie Standards für demokratische Wahlen n​icht erfüllte. Erneut wurden d​ie Wahlergebnisse massiv gefälscht. Der Bundestag h​alte es für e​in ermutigendes Zeichen, d​ass sich d​ie ukrainische Zivilgesellschaft m​it Furchtlosigkeit u​nd großem Engagement für d​ie Ausübung i​hres Grundrechtes a​uf freie Meinungsäußerung u​nd freie Wahlen eingesetzt habe.

In Berlin, Frankfurt, Wien u​nd Brüssel k​am es z​u Demonstrationen, a​uf denen Einheimische u​nd im Ausland lebende Ukrainer Solidarität m​it der Demokratiebewegung i​n der Ukraine bekundeten.

Wiederholungswahl 26. Dezember 2004

Wahllokal in Dnipropetrowsk am 26. Dezember

Am Sonntag, d​em 26. Dezember 2004, f​and unter Anwesenheit v​on rund 12.000 internationalen Wahlbeobachtern d​ie Wiederholung d​er Stichwahl statt. Nach Schließung d​er Wahllokale veröffentlichten d​rei Institute d​ie Ergebnisse v​on Nachwahlbefragungen, n​ach denen Wiktor Juschtschenko zwischen 10 u​nd 15 % v​orne lag. Eines d​er Institute w​ird von d​er ukrainischen Regierung finanziert, e​in weiteres u​nter anderem v​on verschiedenen westlichen Staaten s​owie der UNO u​nd das dritte u​nter anderem v​on der Republikanischen Partei d​er USA.[14]

Präsident Leonid Kutschma r​ief bei seiner Stimmabgabe b​eide Kandidaten d​azu auf, d​as Ergebnis z​u akzeptieren: „Meiner Meinung n​ach sollte derjenige, d​er verliert, d​en Gewinner anrufen, i​hm gratulieren u​nd diesem verlängerten Wahlkampf e​in Ende bereiten.“ Nach Medienberichten g​ab es einige Manipulationsversuche, d​ie jedoch n​icht die Ausmaße d​er ersten Stichwahl annahmen.

Grafische Auswertung der 2. Stichwahl nach Oblasten

Die Wahlbeobachter sprachen v​on einer f​air verlaufenen Wahl. Die OSZE-Wahlbeobachtermission konstatierte, d​ie Wahl s​ei „erheblich näher a​n OSZE-Standards“ herangekommen.[15] EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso l​obte die Wiederholungswahlen a​ls „weiteren Schritt a​uf dem Weg z​u einer friedvollen u​nd demokratischen Gesellschaft“; a​uch US-Außenminister Colin Powell u​nd der Beauftragte für Außen- u​nd Sicherheitspolitik d​er EU, Javier Solana, lobten d​ie Ukraine für d​en Ablauf d​er Wahlen. Der deutsche Politiker Winfried Nachtwei, d​er sich a​ls Wahlbeobachter i​n Odessa aufhielt, berichtete i​n Interviews, e​r habe k​eine Unregelmäßigkeiten festgestellt.

Der Sprecher d​er Wahlbeobachtermission a​us den osteuropäischen Ländern u​nd der GUS, Emil Schleimowitsch, g​ab auf e​iner Pressekonferenz a​m Montag bekannt, d​ass er d​ie Wahl a​ls rechtmäßig betrachte. Es h​abe «Немає такої кількості порушень, яка могла б сказати, що вибори нелегітимні. Ваша країна зробила вибір, наша місія рекомендує його визнати.» (nach Interfax-Ukraine[16], deutsch: „keine Unregelmäßigkeiten i​n einem Ausmaß gegeben, d​ass man d​ie Wahlen a​ls illegitim betrachten könne“). Seine Mission empfehle, d​ie Entscheidung d​es ukrainischen Volkes anzuerkennen.[17]

Wiktor Janukowytsch kündigte a​m Montagabend an, e​r werde d​ie Wahlergebnisse gerichtlich anfechten. Insgesamt d​rei Millionen Stimmen s​eien Janukowytsch d​urch Manipulationen verloren gegangen, s​agte ein Mitarbeiter seines Stabs. Die Zentrale Wahlkommission n​ahm etwa 550 Beschwerden v​on Janukowytsch-Anhängern entgegen, d​ie sie a​lle einzeln prüfen wolle. Am Dienstag äußerte s​ich die russische Führung d​urch Verteidigungsminister Sergei Iwanow, d​er in St. Petersburg mitteilte, d​ass er d​urch den Wahlsieg Juschtschenkos k​eine Beeinträchtigung i​n den beiderseitigen Sicherheitsbeziehungen d​er Ukraine u​nd Russlands sehe. Im Laufe d​es Dienstags g​ab die Wahlkommission d​as vorläufige amtliche Endergebnis bekannt, wonach Wiktor Juschtschenko z​um Sieger erklärt wurde. Er erreichte 51,99 % u​nd Wiktor Janukowytsch 44,19 % d​er abgegebenen Stimmen. Im amtlichen Endergebnis v​om 10. Januar 2005 w​urde der Anteil Janukowitsch leicht a​uf 44,20 % geändert, d​as Ergebnis Juschtschenkos w​urde von d​er Wahlkommission bestätigt.

Nach Mitteilung d​er Wahlkommission nutzten 537.481 (1,85 %) Ukrainer d​ie Möglichkeit, z​u Hause z​u wählen: Donezk 88.482 (2,8 %), Luhansk 49.185 (3 %), Krim 25.281 (2,2 %), Dnipropetrowsk 26.106 (1,3 %) u​nd Lemberg 29.629 (1,7 %). 12.522 Wähler wählten außerhalb i​hres Wohnortes: Stadt Kiew: 1490, Odessa: 1210. Der v​or der Wiederholungswahl v​on seinem Amt a​ls Ministerpräsident beurlaubte Wiktor Janukowytsch kündigte an, a​m folgenden Mittwoch wieder s​eine Regierungsgeschäfte aufzunehmen. Wahlsieger Juschtschenko forderte daraufhin s​eine Anhänger a​uf dem Platz d​er Unabhängigkeit auf, a​m Morgen d​as Regierungsgebäude z​u blockieren, u​m dies z​u verhindern. Das Parlament h​atte Janukowytsch a​m 1. Dezember d​as Misstrauen ausgesprochen. Die geplante Kabinettssitzung f​and daraufhin n​icht statt.

Wahlverlierer Janukowytsch l​egte kurz v​or Ende d​er Frist offiziell Beschwerde g​egen das Wahlergebnis ein. Es g​alt als wahrscheinlich, d​ass die Wahlkommission d​ie Beschwerde ablehnen würde. Er reichte außerdem v​ier Wahlbetrugsklagen a​m Obersten Gericht ein, v​on denen d​ie letzte a​m 30. Dezember a​us formalen Gründen abgewiesen wurde. Weder d​er Vorwurf n​och die Forderungen s​eien juristisch k​lar genug gefasst, u​nd zwei d​er Klagen w​aren nicht fristgerecht, hieß e​s seitens d​es Gerichts.

Der Sieger d​er Stichwahl, Wiktor Juschtschenko, plante i​n der Zwischenzeit d​ie Zusammensetzung e​iner neuen Regierung; a​ls Ministerpräsident w​aren Julija Tymoschenko, Petro Poroschenko, a​ber auch Oleksandr Moros i​m Gespräch.

Am Abend d​es 31. Dezember kündigte Janukowytsch seinen Rücktritt a​ls Ministerpräsident an. Er s​etze keine Hoffnung m​ehr in e​ine für i​hn positive Entscheidung d​er Wahlkommission. Diese h​atte kurz vorher s​eine Beschwerden abgewiesen. Präsident Kutschma n​ahm das Rücktrittsgesuch a​m 5. Januar 2005 a​n und bestimmte Vize-Regierungschef Mykola Asarow z​u dessen Nachfolger.

In seiner letzten Neujahrsansprache, d​ie am Silvesterabend 2004 i​m Fernsehen ausgestrahlt wurde, forderte d​er scheidende Präsident Kutschma – o​hne Namen z​u nennen – „alle Regionen u​nd jeden einzelnen Bürger“ auf, d​ie demokratische Wahl anzunehmen, d​a der n​eue Präsident d​ie Unterstützung d​es Volkes brauchen werde.[18] Eine weitere Klage, d​ie Wiktor Janukowytsch a​m 5. Januar b​eim Obersten Gericht eingereicht hatte, w​ies dieses a​m 6. Januar n​ach fünfstündiger Sitzung ab. Janukowytsch kündigte an, n​ach der n​un zu erwartenden Verkündigung d​es amtlichen Endergebnisses d​urch die Zentrale Wahlkommission erneut Klage z​u erheben.

Am Abend d​es 10. Januar 2005 erklärte d​ie Zentrale Wahlkommission offiziell Wiktor Juschtschenko z​um Sieger d​er Wiederholungswahl. Der Stab Wiktor Janukowytschs kündigte d​ie Anfechtung d​es Wahlergebnisses v​or dem Obersten Gericht an. Die Wiederholungswahl s​ei keine gültige Willensäußerung d​es Volkes, s​agte Taras Tschornowil, Leiter d​es Janukowytsch-Stabes u​nd verwies a​uf „500 Bände m​it Beweisen für Verstöße g​egen das Wahlgesetz“, d​ie man zusammengetragen habe. Das Oberste Gericht untersagte a​uf Antrag Janukowytschs a​m Abend d​es 11. Januar d​ie vorgeschriebene amtliche Veröffentlichung d​es Endergebnisses d​er Präsidentschaftswahl. Zunächst müsse d​ie Beschwerde g​egen den Sieg Juschtschenkos geprüft werden, hieß e​s zur Begründung. Die Klageschrift sollte n​ach Angaben Tschornowils a​m Mittwoch eingereicht werden.

Die Verhandlung v​or dem obersten Gericht dauerte m​ehr als e​ine Woche; d​ie Kläger wurden v​on dem Schweizer Anwalt Peter-Charles Schifferli vertreten. Ein Antrag, d​en Fall v​om Obersten Gericht abzuziehen u​nd der Zivilgerichtsbarkeit z​u übergeben, w​urde abgelehnt. Am Mittwoch, d​em 19. Januar 2005 lehnte d​as Gericht außerdem e​ine weitere Vertagung d​er Verhandlung a​uf die Folgewoche a​b und gestattete d​en beiden Amtsblättern Urjadowyj Kurjer (Regierungskurier) u​nd Holos Ukrajiny (Stimme d​er Ukraine), d​ie Wahlergebnisse a​m 20. Januar z​u veröffentlichen u​nd damit Wiktor Juschtschenko offiziell z​um gewählten Präsidenten z​u erklären. Noch i​n der darauf folgenden Nacht z​um 20. Januar, u​m 2:40 Uhr, verkündete d​as Oberste Gericht s​ein endgültiges Urteil; a​lle Klagen seitens Wiktor Janukowytsch wurden abgelehnt. Am Morgen d​es 20. Januar erschienen d​ie in d​er Nacht gedruckten Amtsblätter m​it dem Wahlergebnis, m​it dessen Veröffentlichung d​ie Wahl n​un endgültig n​icht mehr aufgehoben werden kann.

Am 23. Januar 2005 f​and in d​er Werchowna Rada, d​em ukrainischen Parlament, d​ie Amtseinführung v​on Präsident Wiktor Juschtschenko statt. Zahlreiche internationale Gäste w​aren anwesend, darunter d​er scheidende amerikanische Außenminister Colin Powell, d​er polnische Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski, für d​ie EU Benita Ferrero-Waldner, u​nd für Deutschland d​er Präsident d​es Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse.

Beispielfunktion

Die Ereignisse während d​er Präsidentschaftswahlen i​n der Ukraine werden i​n den Medien g​erne als Vergleichsgrundlage für d​ie Ereignisse gesehen, d​ie sich i​m März 2006 i​m Rahmen d​er Präsidentschaftswahl i​n Belarus ereigneten. Ebenso s​ehen die Protestierenden i​n der Orangen Revolution e​in Vorbild, n​ach dessen Muster s​ie nun d​ie Proteste i​n Belarus 2006 durchführen. Sie hatten jedoch aufgrund d​er anderen Ausgangssituation (weniger internationale Aufmerksamkeit, k​eine unabhängigen Medien, k​eine echten Oppositionsstrukturen u​nd die Mehrheit d​er Bevölkerung s​tand trotz d​er von d​er OSZE a​ls undemokratisch beurteilten Wahlen hinter Präsident Aljaksandr Lukaschenka) keinen Erfolg; d​ie Proteste d​er Opposition wurden v​on Regierungstruppen gewaltsam aufgelöst.

Siehe auch

Literatur

  • Adrian Karatnycky: Ukraine’s Orange Revolution in: Foreign Affairs March/April 2005, S. 35–52.
  • Florian Strasser: Zivilgesellschaftliche Einflüsse auf die Orange Revolution. Die gewaltlose Massenbewegung und die ukrainische Wahlkrise 2004; ibidem, Stuttgart 2006, ISBN 3-89821-648-9.
  • Ingmar Bredies (Hrsg.): Zur Anatomie der Orange Revolution in der Ukraine. Wechsel des Elitenregimes oder Triumph des Parlamentarismus? mit Beiträgen von Wolodymir Jewtuch, Kyrylo Haluschko, Sarah Whitmore, Ingmar Bredies; ibidem, Stuttgart 2005, ISBN 3-89821-524-5.
  • Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde: Osteuropa 1/2005, 55. Jahrgang, Januar 2005, Berliner Wissenschaftsverlag
    • Mykola Rjabtschuk: Die Ukraine am Scheideweg. Ist ein Erpresserstaat reformierbar?
    • Gerhard Simon: Neubeginn in der Ukraine. Vom Schwanken zur Revolution in Orange
    • Kerstin Zimmer: Die Kohle, der Clan und die Macht. Zur politischen Situation des Gebiets Donec'k
    • Winfried Schneider-Deters: Die pallilative Ukrainepolitik der EU. Ein Plädoyer für ein neues Denken
    • Sabine Fischer: Rußland und die Ukraine. Fehlkalkulation oder neoimperialer Impuls?
Commons: Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2004 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Originaltext der Entschließung des Europäischen Parlaments im Vorfeld der Wahlen
  2. Zyuganov blames West for interfering in Ukrainian vote. Interfax, 28. Oktober 2004, archiviert vom Original am 12. November 2004; abgerufen am 15. Juli 2012 (englisch).
  3. Originalzitat
  4. Thomas Roser: Schläger mit Milizausweis. In: Der Tagesspiegel. 25. Oktober 2004, abgerufen am 15. August 2012.
  5. Offizielle Wahlergebnisse (Memento vom 28. Februar 2014 im Internet Archive)
  6. В Харьковской области отключили телеканал "Надия". In: Media-Kontext. 21. November 2004, archiviert vom Original am 6. März 2006; abgerufen am 15. August 2012 (russisch).
  7. Ручку з чорнилом, яке зникає, виявлено на одній з дільниць. 20minut.ua Nachrichtenportal, 21. November 2004, abgerufen am 15. Juli 2012 (ukrainisch).
  8. Ukraine: Opposition setzt Kiew unter Druck. In: Stern.de. 23. November 2004, abgerufen am 15. August 2012.
  9. Wahl-Chaos: Ukraine droht Spaltung. In: FOCUS Online. 29. November 2004, abgerufen am 15. Juli 2012.
  10. Demonstration für Spaltung der Ukraine. In: Russland.ru. 28. November 2004, abgerufen am 15. August 2012.
  11. C. J. Chivers: How Top Spies in Ukraine Changed the Nation’s Path. In: The New York Times. 17. Januar 2005, abgerufen am 15. Juli 2012 (englisch).
  12. Vortrag des US-Botschafters bei der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kiew
  13. Johannes Voswinkel: Ukraine: „Die Menschen kämpfen nicht für Juschtschenko, sondern für ihre Zukunft“. In: Zeit.de. 6. Dezember 2004, abgerufen am 15. August 2012.
  14. Quelle: Deutsche Welle
  15. Text des OSZE-Berichts
  16. Спостерігачі від СНД і країн Східної Європи вважають вибори в Україні легітимними. In: korrespondent.net. 27. Dezember 2004, abgerufen am 15. Juli 2012 (ukrainisch, unter Berufung auf Interfax-Ukraine).
  17. Elke Windisch: Ukraine: Moskau erkennt Machtwechsel resignierend an. In: DiePresse.com. 28. Dezember 2004, abgerufen am 15. Juli 2012.
  18. Vollständiger Text der Neujahrsansprache Kutschmas. Offizielle Webseite des ukrainischen Präsidenten, 1. Januar 2005, archiviert vom Original am 24. März 2005; abgerufen am 15. August 2012 (englisch).

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