Etymologie des Begriffs Tee

Die Etymologie d​es Begriffs Tee k​ann auf d​ie unterschiedlichen Aussprachen d​es Wortes i​n der chinesischen Sprache zurückgeführt werden. Nahezu a​lle weltweit verwendeten Begriffe für Tee gehören z​u drei großen Wortgruppen: Te, cha u​nd chai spiegeln d​ie Geschichte d​er Ausbreitung d​er Teekultur u​nd des Teehandels v​on China a​us über d​ie Erde wider.[2] In d​en seltenen Fällen, i​n denen v​on diesen Gruppen abweichende Bezeichnungen für Tee verwendet werden, s​ind die Begriffe meistens a​us den Sprachen ethnischer Minderheiten a​us den Ursprungsregionen d​er Teepflanze abgeleitet, a​us denen s​ich letztlich d​ie chinesischen Begriffe entwickelt haben.[3]

Teeschalen aus dem Belitung-Schiffswrack (Tang-Zeit), datiert 826. Linke untere Schale mit Schriftzug tu zhan zi荼盞子 Teeschale unter Verwendung des historischen Begriff und Schriftzeichen „荼 – tú“ für Tee – 茶 chá.[1]

Aussprache

Schreibung des chinesischen Schriftzeichens 茶 – chá.

Das chinesische Schriftzeichen für Tee i​st , ursprünglich m​it einem zusätzlichen horizontalen Strich a​ls (ausgesprochen tu ‚bittere Pflanze‘). Seine heutige Gestalt erhielt d​as Schriftzeichen z​ur Zeit d​er Tang-Dynastie d​urch Lu Yu i​n seinem klassischen Werk Chajing (Buch v​om Tee).[4][5][6]

In d​en verschiedenen Varianten d​er chinesischen Sprache w​ird das Wort unterschiedlich ausgesprochen: chá i​n Mandarin, zo u​nd dzo i​n Wu, u​nd ta o​der te i​n Min.[7][8] Lee (2008) n​immt an, d​ass die unterschiedlichen Aussprachen v​on den unterschiedlichen Begriffen für Tee i​m alten China stammen. Aus tu (荼) könnte beispielsweise entstanden sein;[9] Phonologie-Forscher stellten dagegen d​ie Theorie auf, d​ass cha, te u​nd dzo a​us derselben Wurzel – mit d​er rekonstruierten hypothetischen Aussprache dra – stammen (dr s​teht für e​inen Einzelkonsonanten für d​en Retroflex d). Dieser h​abe sich i​m Lauf d​er Zeit d​urch Lautverschiebung verändert.[3] Weitere a​lte Begriffe für Tee s​ind jia (, ‚bitterer tu‘ z​ur Hanzeit), she (), ming (, ‚feiner, besonders zarter Tee‘) u​nd chuan (), w​obei ming a​ls einziges Wort für Tee weiter i​n Gebrauch blieb.[3][10] In d​en meisten chinesischen Sprachen, w​ie Mandarin u​nd Kantonesisch w​ird das Wort e​twa wie cha ausgesprochen, verschiedene Formen d​es Hokkien a​n der chinesischen Südküste u​nd in Südostasien sprechen e​s wie teh aus. Diese beiden Aussprachevarianten s​ind auf unterschiedlichen Wegen i​n andere Sprachen d​er Welt gelangt:[11]

  • Te ist abgeleitet vom Amoy-Dialekt(1) – auch Xiamen-Hokkien genannt – () der südlichen Provinz Fujian. Die Hafenstädte Xiamen (Amoy) und Quanzhou waren früher Handelsplätze für westeuropäische Händler wie beispielsweise die Niederländer. Diese könnten das Wort direkt in Fujian, auf ihren Handelsposten auf Taiwan, oder indirekt von malaiischen Händlern in der Provinz Banten im Westen Javas kennengelernt haben.[12] Aus dem Niederländischen verbreitete sich der Begriff dann in andere westeuropäische Sprachen, darunter das französische thé, spanisch und deutsch Tee. Nach dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm wurde das Wort im 17. Jahrhundert aus dem niederländischen thee ins Deutsche übernommen.
  • Cha ist aus dem kantonesischen Wort chàh abgeleitet, der Sprache der Provinz Guangzhou (Kanton) und der Hafenstädte Hongkong und Macau. Auch an diesen bedeutenden Handelsplätzen konnten westliche Händler, besonders die Portugiesen, den Begriff kennenlernen und schon im 16. Jahrhundert nach Indien weitertragen. Die Aussprache von cha im Koreanischen und Japanischen fand aufgrund geografischer Nähe durch Handelskontakte und Kulturaustausch schon zu früherer Zeit Eingang in die jeweiligen Sprachen.
  • Chai, die dritte Form, ist wahrscheinlich aus dem persischen چای chay entstanden. Beide Formen, châ und chây, finden sich in persischen Wörterbüchern.[13] Diese könnten von der nordchinesischen Sprechweise chá stammen,[14] die auf dem Landweg über die Seidenstraße nach Zentralasien und weiter nach Persien gelangt war und dort das persische Suffix -yi erhielt, bevor es dann weiter ins Arabische, Türkische und Russische und weitere Sprachen übernommen wurde.[15] Die Aussprache chai gelangte über das Mogulreich nach Indien, und über die Urdu-Sprache ins Englische.[3] In der englischen Sprache sind alle drei Formen bekannt: cha oder char (beide ausgesprochen 'tʃɑː) nachweisbar seit dem späten 16. Jahrhundert;[16] tea, seit dem 17. Jahrhundert;[17] und im 20. Jahrhundert schließlich chai.[18]

Sino-Xenische Sprachen, a​lso solche, d​ie mittelchinesische Lehnwörter i​n ihren Wortschatz integrierten, w​ie Vietnamesisch, Zhuang, Tibetisch, Koreanisch u​nd Japanisch h​aben ihre Begriffe für Tee früher u​nd aus anderen chinesischen Sprachformen angenommen. Obwohl s​ie normalerweise d​ie Aussprache cha verwendet, s​ind in d​er japanischen Sprache n​och die Aussprachevarianten ta u​nd da bekannt, a​ber nicht m​ehr gebräuchlich. Auch d​as Koreanische k​ennt noch ta zusätzlich z​u cha, u​nd Vietnamesisch trà zusätzlich z​u chè.[19] Die japanischen Aussprachevarianten entstammen unterschiedlichen Zeiten, z​u denen d​ie Begriffe Eingang i​n den Sprachgebrauch gefunden hatten: Ta entstammt d​em Tang-Hof i​n Chang'an, a​lso aus d​em Mittelchinesischen; da k​ommt aus d​em Sprachgebrauch d​er Südlichen Dynastie i​n Nanjing, w​o der Konsonant n​och stimmhaft a​ls zo ausgesprochen wurde. Vietnamesisch u​nd Zhuang sprechen cha n​ach südchinesischer Art aus.

Die wenigen Ausnahmen, b​ei denen d​ie Begriffe für Tee n​icht den d​rei Großgruppen te, cha u​nd chai entstammen, kommen a​us regionalen Sprachen d​er Ursprungsregionen d​er Teepflanze.[3] Beispiele hierfür s​ind la (importierter Tee) u​nd miiem (wilder, i​n den Bergen gesammelter Tee) a​us der Sprache d​er Wa-Völker i​m Nordosten Burmas u​nd im südwestlichen Yunnan u​nd lahpet (ein Gericht a​us fermentiertem o​der sauer eingelegten Teeblättern) i​n Birmanisch. Austroasiatische Sprachen kennen d​ie Begriffe meng (fermentierte Teeblätter) i​n Lamet, miang (fermentierter Tee) i​n Thai ebenso w​ie die Sprachen d​er tibetobirmanischen u​nd Tai-Sprachfamilien, d​ie in Südostasien u​nd im Südwesten Chinas gesprochen werden. Die chinesischen Begriffe tu, cha u​nd ming könnten ebenfalls austroasiatischen Sprachen entsprungen sein. Cha könnte beispielsweise d​er archaischen austroasiatischen Wurzel la („Blatt“) entsprungen sein, d​ie von a​lten südwestchinesischen Sprachen abstammt. Sinitisch, Tibetobirmanisch u​nd Tai Sprechende d​ie in Kontakt m​it den austroasiatisch Sprechenden kamen, entlehnten d​ort ihre Begriffe für Tee.[20]

Anm.:

  • (1) Amoy-Dialekt – 廈門方言 / 厦门方言, Xiàmén fāngyán, Pe̍h-ōe-jī Ē-mn̂g-hong-giân – auch als Xiamen-Hokkien bzw. Xiamen-Regiolekt廈門話 / 厦门话, Xiàménhuà, Pe̍h-ōe-jī Ē-mn̂g-ōe – bekannt.

Ableitungen von te

Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort
Afrikaans tee Westarmenisch թեյ [tʰɛj] Baskisch tea Belarussisch гарба́та (garbáta)(1) Català te
Kaschubisch (h)arbata(1) Tschechisch or thé(2) Dänisch te Niederländisch thee Englisch tea
Esperanto teo Estnisch tee Färöisch te Finnisch tee Französisch thé
Westfriesisch tee Galicisch Deutsch Tee Griechisch τέϊον téïon Hebräisch תה, te
Ungarisch tea Isländisch te Malaiisch teh Irisch tae Italienisch
Javanisch tèh Kannada ಟೀಸೊಪ್ಪು ṭīsoppu Khmer តែ tae Latein (wiss.) thea Lettisch tēja
Leonesisch Limburgisch tiè Litauisch arbata(1) Plattdeutsch Tee [tʰɛˑɪ] or Tei [tʰaˑɪ] Malaiisch teh
Malayalam തേയില tēyilai Maltesisch Norwegisch te Okzitanisch Polnisch herbata(1)
Scots tea [tiː] ~ [teː] Schottisch-gälisch , teatha Singhalesisch තේ Spanisch Sundanesisch entèh
Schwedisch te Tamil தேநீர் tēnīru (3) Telugu తేనీరు tēnīr (4) Ukrainisch gerbata(1) Walisisch te

Anm.:

  • (1) von lateinisch herbis thea, in Polnisch, Ukrainisch, Litauisch, Belarussisch und Kaschubisch (in den letzten beiden Sprachen wird g- wie h- ausgesprochen)[19]
  • (2) oder thé, gilt als archaisches oder literatursprachliches Wort; seit dem frühen 20. Jahrhundert ist in der tschechischen Sprache čaj gebräuchlich.
  • (3) nīr – ‚Wasser‘; tēyilai – ‚Teeblatt‘ (ilai – ‚Blatt‘)
  • (4) nīru – ‚Wasser‘; ṭīyāku – ‚Teeblatt‘ (āku – ‚Blatt‘ in Telugu)

Ableitungen von cha

Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort
Chinesisch Chá Assamesisch চাহ sah Bengalisch চা cha Kapampangan cha Cebuano tsá
Englisch cha or char Gujarati ચા chā Japanisch 茶, ちゃ cha Kannada ಚಹಾ chahā Khasi sha
Panjabi ਚਾਹ cha Koreanisch cha (1) Kurdische Sprachen ça Lao ຊາ /saː˦˥/ Marathi चहा chahā
Oḍiā ଚା cha Persisch چای chā Portugiesisch chá Sindhi چانهه chahen Somali shaah
Sylheti ছা sa Tagalog tsaá Thai ชา /t͡ɕʰaː˧/ Tibetisch ཇ་ ja Vietnamesisch trà und chè

Ableitungen von chay

Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort
Albanisch çaj Amharisch ሻይ shay Arabisch شاي shāy Assyrisch-neuaramäischer Dialekt ܟ݈ܐܝ chai Ostarmenisch թեյ tey
Aserbaidschanisch çay Bosnisch čaj Bulgarisch чай chai Tschetschenisch чай chay Kroatisch čaj
Tschechisch čaj Englisch chai Finnisch dialectal tsai, tsaiju, saiju or saikka Georgisch ჩაი chai Griechisch τσάι tsái
Hindi चाय chāy Kasachisch шай shai Kirgisisch чай chai Kinyarwanda icyayi Judenspanisch צ'יי chai
Mazedonisch чај čaj Malayalam ചായ chaaya Mongolisch цай tsai Nepali chiyā चिया Paschto چای chay
Persisch چای chāī (1) Rumänisch ceai Russisch чай chay Serbisch чај čaj Slowakisch čaj
Slowenisch čaj Swahili chai Tadschikisch чой choy Tatarisch çäy Tlingit cháayu
Türkisch çay Turkmenisch çaý Ukrainisch чай chai Urdu چائے chai Usbekisch choy

Anm.:

  • (1) abgeleitet von der älteren Aussprache چا – „cha“.

Andere

Sprache Wort Sprache Wort Sprache Wort
Japanisch da, た ta (1) Koreanisch da ta (1) Burmesisch lahpet ləpʰɛʔ(2)
Thai miang(2) Lamet meng Tai la

Anm.:

  • (1) Mahlzeit aus fermentierten Teeblättern
  • (2) fermentierter Tee

Einzelnachweise

  1. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. e-book, Position 750 (englisch).
  2. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. 262–264 (englisch).
  3. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. 264–265 (englisch).
  4. Albert E. Dien: Six Dynasties Civilization. Yale University Press, 2007, ISBN 978-0-300-07404-8, S. 362 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Bret Hinsch: The ultimate guide to Chinese tea. 2011, S. 14 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Nicola Salter: Hot Water for Tea: An inspired collection of tea remedies and aromatic elixirs for your mind and body, beauty and soul. Archway Publishing, 2013, ISBN 978-1-60693-247-6, S. 4 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. Peter T. Daniels (Hrsg.): The World’s Writing Systems. Oxford University Press, 1996, ISBN 978-0-19-507993-7, S. 203 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. 「茶」的字形與音韻變遷(提要) – Änderung und Wandel der Schriftform und Ton des Begriffs Tee (Zusammenfassung). (Nicht mehr online verfügbar.) In: yyxx.sdu.edu.cn. 29. September 2010, archiviert vom Original am 29. September 2010; abgerufen am 27. Oktober 2020 (chinesisch).
  9. Keekok Lee: Warp and Weft, Chinese Language and Culture. Eloquent Books, 2008, ISBN 978-1-60693-247-6, S. 97 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  10. Why we call tea "cha" and "te"? (Nicht mehr online verfügbar.) In: Hong Kong Museum of Tea Ware. Archiviert vom Original am 16. Januar 2018; abgerufen am 27. Oktober 2020 (chinesisch, englisch).
  11. Östen Dahl: Kapitel 138: Tea. In: The World Atlas of Language Structures Online. Max Planck Digital Library, abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch).
  12. Sebastião Rodolfo Dalgado, Anthony Xavier Soares: Portuguese Vocables in Asiatic Languages: From the Portuguese Original of Monsignor Sebastiao Rodolfo Dalgado, Volume 1. South Asia Books, 1988, ISBN 978-81-206-0413-1, S. 94–95 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. 263 (englisch).
  14. Chai. (Nicht mehr online verfügbar.) In: American Heritage Dictionary. 18. Februar 2014, archiviert vom Original am 18. Februar 2014; abgerufen am 27. Oktober 2020 (englisch): „Chai: A beverage made from spiced black tea, honey, and milk. Etymology: Ultimately from Chinese (Mandarin) chá“
  15. tea. In: Online Etymology Dictionary. Abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch): „The Portuguese word (attested from 1550s) came via Macao; and Rus. chai, Pers. cha, Gk. tsai, Arabic shay, and Turk. çay all came overland from the Mandarin form.“
  16. char. In: Oxford English Dictionary. Abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch).
  17. tea. In: Merriam-Webster Dictionary. Abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch).
  18. chai. In: Merriam-Webster Dictionary. Abgerufen am 21. Februar 2018 (englisch).
  19. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. 262 (englisch).
  20. Victor H. Mair, Erling Hoh: The True History of Tea. Thames & Hudson, 2009, ISBN 978-0-500-25146-1, S. 265–267 (englisch).
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