Saint-Étienne
Saint-Étienne [sɛ̃t‿eˈtjɛn] ist die Hauptstadt des ostfranzösischen Départements Loire in der Region Auvergne-Rhône-Alpes und liegt etwa 50 Kilometer südwestlich von Lyon im Zentralmassiv. Die 173.821 Einwohner (Stand 1. Januar 2019) der Stadt bezeichnen sich als Stéphanois. Saint-Étienne liegt am Fluss Furan, einem kleinen Nebenfluss der oberen Loire, am Fuße des Mont Pilat (1432 m). Die Stadt liegt am Rande des Regionalen Naturparks Pilat und ist mit diesem als Zugangsort assoziiert.
Saint-Étienne | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Auvergne-Rhône-Alpes | |
Département (Nr.) | Loire (42) | |
Arrondissement | Saint-Étienne | |
Kanton | Saint-Étienne-1, Saint-Étienne-2, Saint-Étienne-3, Saint-Étienne-4, Saint-Étienne-5, Saint-Étienne-6 | |
Gemeindeverband | Saint-Étienne Métropole | |
Koordinaten | 45° 26′ N, 4° 23′ O | |
Höhe | 422–1117 m | |
Fläche | 79,96 km² | |
Einwohner | 173.821 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 2.174 Einw./km² | |
Postleitzahl | 42000 | |
INSEE-Code | 42218 | |
Website | www.saint-etienne.fr | |
Blick auf Saint-Étienne |
Geschichte
Der Ort wurde zuerst 1258 als Sancti Stephani de Furanum erwähnt, ein lange Zeit beschauliches Landstädtchen am Rande der Grafschaft Forez. Begünstigt durch Steinkohlevorkommen in der näheren Umgebung, wurde es seit dem 14. Jahrhundert zu einem Zentrum der Metallverarbeitung. Eisenerz (oder auch Roheisen) musste aus größerer Entfernung herangeschafft werden. Bekannt wurde die Stadt insbesondere durch Waffenfabrikation und Werkzeugherstellung, außerdem Posamentiergewerbe. Dies bot die Voraussetzung für den raschen Aufschwung im Rahmen der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. 1823 bis 1827 wurde zwischen Saint-Étienne und Andrézieux-Bouthéon (15 km westlich an der Loire gelegen) die erste (zunächst noch als Pferdebahn betriebene) Eisenbahnlinie auf dem europäischen Kontinent erbaut. Mit dieser Bahn wurde die bei Saint-Étienne abgebaute Steinkohle abtransportiert. Die 1832 von Saint-Étienne nach Lyon gebaute Strecke diente dann erstmals auch dem Personenverkehr. 1830 wurde in St-Étienne von Barthélemy Thimonnier die Nähmaschine erfunden. Die Stadt wuchs so schnell, dass sie bereits 1855 zur Hauptstadt des Départements erklärt wurde. Zugleich die Nachbarorte Beaubrun, Montaud, Outre-Furens und Valbenoîte eingemeindet. 1881 erhielt die Stadt eine Straßenbahn. Saint-Étienne war für die Kriege 1870/1871, 1914–1918 und 1939–1945 eine der bedeutendsten Waffenschmieden der Nation. Am 26. Mai 1944 flogen Bomber der USAAF einen Luftangriff auf Saint-Etienne (912 Tote) und andere Städte.[1]
Die Krise der Montanindustrie (Stahlkrise, Kohlekrise) in den 1970er Jahren traf auch Saint-Étienne. Eine Umorientierung zum Dienstleistungssektor begann. 1969 wurde Saint-Victor-sur-Loire, 1970 Terrenoire und 1973 Rochetaillée eingemeindet, seitdem ging die Bevölkerungszahl, die zwischenzeitlich über 200.000 betrug, etwas zurück. Saint-Etienne ist derzeit die vierzehntgrößte Stadt in Frankreich und nach Lyon die zweitgrößte Gemeinde in der Region Rhône-Alpes.
Entwicklung der Einwohnerzahl:
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Politik
Bürgermeister der Stadt ist seit 2014 Gaël Perdriau (Les Républicains)[3]. Die Stadt ist in neun Kantone eingeteilt.
Wappen
Beschreibung: In Blau begleiten drei silberne Apfelkreuze 2:1 gestellt zwei gekreuzte goldene Palmenblätter über denen eine goldene Lilienkrone mit Reichsapfel schwebt.
Wirtschaft
Saint-Étienne war Mittelpunkt der Kohleförderung im Loire-Kohlebecken und Sitz einer Bergakademie, der Grande école École des Mines, einer Kaderschmiede für generalistisch ausgebildete Ingenieure. Wichtige Industriezweige waren die Montanindustrie (das frz. Dortmund), die Elektro-, Textil- und Waffenindustrie, wenn diese auch mehr im Gier-Tal bei St. Chamond zu finden ist. Bis Mitte der 1980er Jahre war Saint-Étienne auch der wichtigste Standort der französischen Fahrradproduktion. Die Firma Vitus baute einen der ersten serienreifen Aluminium-Fahrradrahmen. Der Bremsenhersteller CLB hatte seinen Sitz ebenfalls in der Stadt. Auch die Schokoladenherstellung – die Marke "WEISS" – ist hier angesiedelt, ebenso die optische Industrie und das Designgewerbe. Auch das örtliche Krankenhaus ist ein wichtiger Arbeitgeber. Die optische Industrie, vor allem Angénieux, erlangte weltweite Bekanntheit durch ihren Einsatz bei den ersten amerikanischen Raummissionen und der Mondlandung. Der große französische Einzelhändler Groupe Casino unterhält ebenfalls seinen Hauptsitz in der Stadt.
Stadtbild
Das heutige Stadtzentrum, das Ende des 18. Jahrhunderts um die mittelalterliche Kernstadt geplant wurde, besitzt ein lediglich durch die Topographie gestörtes orthogonales Straßenraster, und ist von hoher baulicher Dichte und Einheitlichkeit geprägt. In ihrer Entstehungszeit wurden die Höfe der Blockbebauung intensiv handwerklich und zu Wohnzwecken genutzt und waren vielfach öffentlich zugänglich. Das für heutige Verhältnisse extrem enge Straßennetz wurde dadurch um die Traboules, ein inzwischen vielfach verschwundenes System von Fußwegen durch die Hinterhöfe, ergänzt. In der Innenstadt sind praktisch keine Grün- oder Parkflächen zu finden, dazu muss man auf die Hügel am Rande der Stadt steigen, wird dort aber mit grandioser Aussicht auf das dichte urbane Netz belohnt. Die wenigen städtischen Plätze werden intensiv kulturell oder als Markt genutzt. Darüber hinaus hat die Moderne ihre Spuren hinterlassen; das weitere Stadtbild wird in vielen Teilen durch Zeilen- und Plattenbauten geprägt; der Stadt ist anzusehen, dass ihre Blütezeit mit der Schließung der großen Minen der Stadt vorüber war (bis auf den Puits Couriot, das heutige Bergbaumuseum, hat keine der oft fast schon im Stadtgebiet erbauten Zechen überlebt). Lediglich die Gässchen rund um das Zentrum versprühen einen gewissen Charme mit einigen Cafés und Nachtclubs, doch leidet die Stadt auch unter der Nähe zu Lyon. Bedeutendste Sehenswürdigkeiten sind die Tour de la Droguerie, das Rathaus, die Präfektur und die alte Waffenmanufaktur Manufacture d’armes de Saint-Étienne (auf deren Gelände am nördlichen Rand der Innenstadt zurzeit die Cité du Design entsteht). International bekannt ist das Museum für moderne Kunst (Musée d’art moderne de Saint-Étienne).
Design
Seit 1998 findet in Saint-Étienne die Design-Biennale Biennale Internationale Design Saint-Étienne statt.[4] Im November 2010 wurde Saint-Étienne von der UNESCO als City of Design anerkannt und ist seitdem Mitglied im UNESCO-Creative Cities Network.
Verkehr
Der Nahverkehr der Stadt wird durch die Société de Transports de l’Agglomération Stéphanoise betrieben, die in der Stadt auch ein Straßenbahnnetz und eine Trolleybuslinie unterhält. Diese Straßenbahn ist die älteste in Frankreich, da sie ohne Unterbrechung seit 1881 in Betrieb ist.
Der Hauptbahnhof Saint-Étienne-Châteaucreux liegt an der Bahnstrecke Moret-Veneux-les-Sablons–Lyon-Perrache. Hier zweigt auch die Strecke nach Firminy ab. Es bestehen heute direkte TGV-Züge nach Paris-Gare-de-Lyon sowie Züge des TER Auvergne-Rhône-Alpes nach Lyon-Perrache, Roanne und le Le Puy-en-Velay.
Für den Fernverkehr existieren zwei Autobahnen (A72 nach Clermont-Ferrand und A47 nach Lyon). Der nächste Flughafen ist Saint-Étienne–Bouthéon (IATA: EBU/ICAO: LFMH).
Bildung
1963 wurde die École supérieure de commerce de Saint-Étienne gegründet. Die Idee zur Gründung einer Universität in Saint-Étienne entstand Anfang der 1960er Jahre, doch dauerte es noch bis zum 27. März 1969, bis die Universität ihre Tore für die ersten Studenten öffnen konnte. Heute gehört sie zu den pluridisziplinären Hochschulen in Frankreich, an denen die eingeschriebenen Studenten nahezu alle Fächer studieren können, darunter auch deutsche Sprache und Landeskunde. Anfang der 1990er Jahre wurde eine Fachhochschule für Ingenieure und ein zweites Institut universitaire de technologie (IUT) in Roanne, neben dem in Saint-Étienne, eröffnet. Im Jahre 1989 nahm die Universität den Namen von Jean Monnet, einem der Gründungsväter der Europäischen Integration an. In seinem Geiste führte die Universität im Jahre 2003/2004, im Zuge des Bologna-Prozesses, das LMD-System (Licence, master, doctorat) ein, das den Studenten die Vergleichbarkeit der Diplome in Europa erleichtern soll. Heute zählt die Stadt neben der Universität noch mehrere Fachhochschulen (Bergbau, Ingenieurwesen, Architektur). Die Grande école mit dem Namen École des Mines zählt zu den besten Ingenieurhochschulen des Landes und ist dem sog. Elitebildungssystem Frankreichs angeschlossen. Außerdem verfügt die Stadt über sieben Gymnasien.
Sport
In Saint-Étienne ist die AS Saint-Étienne beheimatet, bis heute einer der erfolgreichsten Vereine des französischen Profifußballs; Spielstätte der ob ihrer Spieltracht meist les Verts (dt. „die Grünen“) genannten Kicker ist das Stade Geoffroy-Guichard. Auch die Frauenfußballerinnen der ASSE sowie von dessen Vorgänger, dem Racing Club, vertreten die Stadt in der höchsten Liga Frankreichs.
Die Stadt war Austragungsort der Rugby-Union-Weltmeisterschaft 2007 und der Französischen Leichtathletik-Meisterschaften 2019. Für die Rugby-Union-Weltmeisterschaft 2023 sind wieder Partien in Saint-Étienne geplant.
Persönlichkeiten
- Augustin Dupré (1748–1833), Medailleur
- André Galle (1761–1844), Medailleur
- Claude Fauriel (1772–1844), Historiker und Philologe
- Benoît Fourneyron (1802–1867), Ingenieur
- Jules Janin (1804–1874), Schriftsteller
- Louis Merley (1815–1883), Medailleur und Bildhauer
- Francis Garnier (1839–1873), Offizier und Entdecker, erkundete den Mekong-Fluss
- Jules Massenet (1842–1912), Opernkomponist
- Jules Léon Dutreuil de Rhins (1846–1894), Geograph und Forscher
- José Frappa (1854–1904), Maler
- John Marie Laval (1854–1937), Weihbischof in New Orleans
- Sébastien Faure (1858–1942), Anarchist
- Eugène Vial (1863–1942), Lokalhistoriker
- René Thomas-Mamert (1866–1902), Physiker, Chemiker und Hochschullehrer
- Abraham Schrameck (1867–1948), Politiker
- Hugues Vaganay (1870–1936), Bibliothekar, Romanist und Literaturwissenschaftler
- Jean-Baptiste Thibaut (1872–1937), römisch-katholischer Priester und Ordensmann, Liturgiehistoriker und Musikwissenschaftler
- Émilie Charmy (1878–1974), Malerin
- Jean Guitton (1901–1999), Philosoph und Schriftsteller
- Louis Hostin (1908–1998), Gewichtheber
- Jean Galmiche (1910–2000), Karambolagespieler und Billardfunktionär
- Marguerite Gonon (1914–1996), Historikerin, Romanistin und Dialektologin
- Claudine Chomat (1915–1995), Kommunistin und Mitglied der Résistance
- Laurent Michard (1915–1984), Romanist und Literarhistoriker
- Michel Durafour (1920–2017), Politiker (UDSR, PRRRS, CR, UDF-Radical, MDR), Senator und Schriftsteller
- Piem (1923–2020), Karikaturist, Zeichner, Autor und Ersteller von Kurzfilmen
- Antoine Cuissard (1924–1997), Fußballspieler und Fußballtrainer
- Jacques Dixmier (* 1924), Mathematiker
- Lucien Neuwirth (1924–2013), Politiker
- Gilbert Simondon (1924–1989), Philosoph
- Maurice Denuzière (* 1926), Schriftsteller
- Roger Vialleron (1926–2016), Fußballspieler
- Charles Fiterman (* 1933), Politiker (PCF)
- Paul Valadier (* 1933), Ordensgeistlicher, katholischer Philosoph und Theologe
- Roger Rivière (1936–1976), Radrennfahrer
- Paul Desfarges (* 1944), katholischer Ordensgeistlicher, Erzbischof von Algier
- Pierre Chanal (1946–2003), Serienmörder
- Bernard Lavilliers (* 1946), Sänger (eigentlich Bernard Ouillon)
- Evelyne Didi (* 1949), Theater- und Filmschauspielerin
- Hervé Meschinet (* 1959), Jazzmusiker
- Jean Dell (* 1961), Schauspieler und Dramatiker
- Willy Sagnol (* 1977), Fußballnationalspieler
- Thierry Gueorgiou (* 1979), Orientierungsläufer
- Olivier Sorlin (* 1979), Fußballspieler
- Sylvain Armand (* 1980), Fußballspieler
- Marion Jollès Grosjean (* 1981), TV-Moderatorin und Journalistin
- Fabien Libiszewski (* 1984), Schachgroßmeister
- Thomas Bourgin (1986–2013), Motorradrennfahrer
- Gaëtane Abrial (* 1988), Sängerin
- Alexis Ajinça (* 1988), Basketballspieler
- Vivien Brisse (* 1988), Radrennfahrer
- Quentin Caleyron (* 1988), Radsportler
- Louise Blachère (* 1989), Schauspielerin
- Marine Gauthier (* 1990), Skirennläuferin
- Nicolas Mayer (* 1990), Skispringer
- Tiffany Gauthier (* 1993), Skirennläuferin
- Anouck Jaubert (* 1994), Sportkletterin
- Stefan Bajić (* 2001), Fußballspieler
Die Reggaegruppe Dub Incorporation wurde 1998 in Saint-Étienne gegründet.
Städtepartnerschaften und Kooperationen
Saint-Étienne listet folgende elf Partnerstädte und fünf Städtekooperationen auf: [5][6]
Stadt | Land | seit | Typ |
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Annaba | Algerien | 1982 | Kooperation |
Ben Arous | Tunesien | 1994 | Partnerstadt |
Bobo-Dioulasso | Burkina Faso | 2009 | |
Coventry | England, Vereinigtes Königreich | 1955 | Partnerstadt |
Des Moines | Iowa, Vereinigte Staaten | 1985 | Partnerstadt |
Ferrara | Emilia-Romagna, Italien | 1960 | Partnerstadt |
Geltendorf | Bayern, Deutschland | 1966 | Partnerstadt, zunächst mit Saint-Victor-sur-Loire |
Granby | Québec, Kanada | 1960 | |
Katowice | Schlesien, Polen | 1994 | Kooperation |
Luhansk | Ukraine | 1959 | Partnerstadt |
Monastir | Tunesien | 2012 | Kooperation |
Nof HaGalil | Israel | 1974 | Partnerstadt |
Oeiras | Lissabon, Portugal | 1996 | Partnerstadt |
Patras | Griechenland | 1990 | Partnerstadt |
Siders | Wallis, Schweiz | Partnerstadt | |
Toamasina | Madagaskar | 1971 | Kooperation |
Windsor | Ontario, Kanada | 1963 | Partnerstadt |
Wuppertal | Nordrhein-Westfalen, Deutschland | 1960 | Partnerstadt |
Xuzhou | Jiangsu, Volksrepublik China | 1984 | Kooperation |
Literatur
- Paul Sordet: Saint-Étienne, l'unique. Osmose, Saint-Étienne 2020, ISBN 978-2-915641-65-3.
Weblinks
Einzelnachweise
- Näheres und Belege siehe fr:Bombardement du 26 mai 1944
- Institut national de la statistique et des études économiques, INSEE, abgerufen am 1. Dezember 2020
- , Le Point, abgerufen am 18. September 2016
- Geschichte der Design-Biennale in Saint-Étienne (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , cis.at, abgerufen am 21. Februar 2016
- Les jumelages de la Ville de Saint-Etienne. Abgerufen am 6. Januar 2021.
- Saint-Étienne ville ouverte au monde ǀ Site Internet de la ville de Saint-Etienne. Abgerufen am 13. Januar 2017.