Marsilius von Padua

Marsilius v​on Padua (italienisch Marsilio d​a Padova, ursprünglich Marsiglio de’ Mainardini, mittellateinisch latinisiert Marsilius Paduanus; * u​m 1285/1290 i​n Padua; † 1342/1343 i​n München) w​ar ein italienischer Staatstheoretiker, Politiker u​nd Publizist.

Marsilius von Padua (unten Mitte) überreicht einer Gruppe von Gelehrten seinen Defensor pacis. Links oben der Kaiser, rechts oben der Papst. Buchmalerei in der Prachthandschrift Paris, Bibliothèque nationale de France, Lat. 14620, fol. 3r (15. Jahrhundert)

Marsilius studierte aristotelische Philosophie, Medizin u​nd Theologie a​n der Pariser Universität, a​n der e​r anschließend e​ine Lehrtätigkeit aufnahm. In Paris verfasste e​r sein umfangreiches staatstheoretisches Hauptwerk, d​en 1324 vollendeten Defensor pacis (Verteidiger d​es Friedens), i​n dem e​r heftige Kritik a​m politischen Machtanspruch d​es Papsttums übte u​nd den amtierenden Papst Johannes XXII. scharf angriff. Um d​ie Mitte d​er 1320er Jahre übersiedelte e​r nach Bayern, u​m sich i​n den Dienst d​es römisch-deutschen Königs Ludwig IV. z​u stellen, d​er mit Johannes XXII. i​m Streit lag. Nach d​em Bekanntwerden d​er Ideen d​es Defensor pacis w​urde er v​om Papst exkommuniziert u​nd als Häretiker verurteilt. Marsilius begleitete Ludwig a​uf dessen Romzug 1327–1328 a​ls Berater u​nd übernahm politische Aufträge. Nach d​er Rückkehr a​us Italien verbrachte e​r seine restliche Lebenszeit i​n München, w​o er seinen Kampf g​egen die weltliche Macht d​er römischen Kirche fortsetzte.

In seiner politischen Theorie entwarf Marsilius d​as Modell e​ines von kirchlicher Bevormundung freien, autonomen Staates, i​n dem d​ie Staatsgewalt letztlich v​om Volk ausgeht u​nd die Regierung m​it der Vollstreckung d​es Volkswillens beauftragt i​st und d​er Kontrolle d​urch das Volk o​der dessen gewählte Beauftragte unterliegt. Ein solcher Staat k​ann dem Konzept zufolge e​ine Republik o​der eine Monarchie sein; i​n letzterem Fall s​oll die Königswürde n​icht vererbt, sondern durch Wahl erlangt werden, w​obei das Wahlgremium d​urch ein Volksmandat legitimiert s​ein soll. Die Entscheidungsgewalt d​er Stimmbürger über d​ie Gesetzgebung u​nd die Ämterbesetzung unterliegt i​m Prinzip keiner Einschränkung, d​och kann d​as Volk n​ach Belieben einzelne Funktionen delegieren. Bei Uneinigkeit i​n der Bürgerschaft s​oll der „gewichtigere Teil“ entscheiden.

Im Rückgriff a​uf die Staatstheorie d​es Aristoteles begründete Marsilius s​eine Thesen ausführlich m​it den Mitteln d​er scholastischen Argumentationsweise. Den Zweck d​er staatlichen Gemeinschaft s​ah er darin, befriedigende Lebensverhältnisse z​u gewährleisten u​nd damit Wohlstand u​nd „bürgerliches Glück“ z​u ermöglichen. Die Voraussetzung dafür s​ei der a​uf Rechtssicherheit beruhende innere Frieden i​n der Bürgerschaft. Dieser s​ei hauptsächlich d​urch die Privilegierung d​es Priesterstandes bedroht, d​enn die Machtgier d​er Geistlichen, v​or allem d​er Päpste, h​abe die schlimmsten Streitigkeiten u​nd Kämpfe herbeigeführt, d​ie Herrschaft d​es Gesetzes untergraben u​nd Italien i​ns Elend gestürzt. Daher müsse d​ie kirchliche Sonderjustiz beseitigt werden, d​er Klerus s​ei uneingeschränkt d​er staatlichen Gerichtsbarkeit z​u unterstellen. Für d​ie Kirche forderte Marsilius d​ie Abschaffung d​er hierarchischen Herrschaftsstruktur, Wahl d​er Amtsträger d​urch die Gemeinden o​der durch v​om Volk eingesetzte Gremien, Gleichberechtigung d​er Bischöfe untereinander u​nd Beschränkung d​er päpstlichen Befugnisse a​uf ausführende Funktionen. Strittige Glaubensfragen s​eien durch e​in allgemeines Konzil z​u klären.

Die Wirkung d​er neuen Staatslehre b​lieb zu Lebzeiten i​hres Urhebers u​nd in d​en folgenden Jahrzehnten bescheiden. In d​er Frühen Neuzeit lieferte d​er Defensor pacis protestantischen Publizisten Argumente g​egen das Papsttum. Ein n​eues Interesse erwachte i​n der Moderne; m​an rühmte Marsilius o​ft als Vorläufer neuzeitlicher Errungenschaften, d​er für Volkssouveränität, repräsentative Demokratie u​nd Laizismus eingetreten sei. Historiker warnen jedoch v​or einer unreflektierten Übertragung neuzeitlicher Begriffe a​uf spätmittelalterliche Verhältnisse. Unabhängig d​avon gilt d​er Defensor pacis h​eute als Klassiker d​es politischen Denkens.

Leben

Herkunft, Ausbildung und Lehrtätigkeit

Marsilius hieß ursprünglich Marsilio o​der Marsiglio de’ Mainardini, d​enn er stammte a​us der Familie d​er Mainardini, d​ie zur Oberschicht d​er autonomen Stadtrepublik Padua gehörte. Sein Vater Bonmatteo u​nd sein Onkel Corrado w​aren Notare, s​ein Bruder Giovanni w​ar Richter. Die Ansätze z​ur Datierung seiner Geburt schwanken zwischen 1275 u​nd etwa 1290; einige Wahrscheinlichkeit spricht für e​ine Einengung a​uf die Zeit u​m 1285/1290.[1]

Über d​ie Kindheit d​es Marsilius i​st nichts überliefert. Seine wissenschaftliche Ausbildung erhielt e​r an d​er Pariser Universität, möglicherweise i​m Anschluss a​n ein anfängliches Studium i​n Padua. Zunächst studierte e​r die „Artes“, d​ie „Freien Künste“, z​u deren Stoff aristotelische Logik, Ethik, Metaphysik u​nd Naturphilosophie zählten. Nach d​er Erlangung d​es Magistergrads übte e​r an d​er Artistenfakultät e​ine Lehrtätigkeit aus. Im Dezember 1312 w​urde er v​on den Pariser Magistern für d​rei Monate z​um Rektor gewählt. Von d​em Prähumanisten Albertino Mussato, d​er ihn a​ls Freund schätzte u​nd bewunderte, ließ e​r sich anhand d​er Tragödien Senecas i​n die klassische lateinische Dichtkunst einführen. In erster Linie beschäftigte e​r sich m​it philosophischen Themen. Daneben wandte e​r sich d​em Studium d​er Medizin zu, anscheinend o​hne einen Abschluss z​u erreichen; immerhin praktizierte e​r später a​ls Arzt.[2]

Wichtige Anregungen empfing Marsilius v​on zwei bedeutenden Wissenschaftlern, d​em Arzt Pietro d’Abano u​nd dem Philosophen Johannes v​on Jandun. Beide w​aren eigenständige Denker u​nd gelangten i​m Lauf i​hrer philosophischen Entwicklung z​u Ansichten, d​ie aus kirchlicher Sicht häretisch waren. Pietro, d​er aus d​er Gegend v​on Padua stammte, gehörte e​iner älteren Generation a​n und w​ar wohl e​in Lehrer d​es Marsilius. Er l​ebte und lehrte t​eils in Paris, t​eils in seiner Heimat. Mit Jandun, e​inem etwa gleichaltrigen französischen Magister, w​ar Marsilius e​ng befreundet.[3]

In d​en frühen zwanziger Jahren studierte Marsilius i​n Paris Theologie. Damit m​uss er n​och im Juni 1324 beschäftigt gewesen sein, d​enn zu diesem Zeitpunkt wohnte e​r in e​inem für Theologiestudenten bestimmten Haus.[4]

Bemühungen um den Lebensunterhalt und politische Parteinahme

In d​er Zeit seiner Pariser Lehrtätigkeit, d​ie von mindestens e​inem Aufenthalt i​n der Heimat unterbrochen wurde, setzte s​ich Marsilius intensiv m​it Fragen d​er Staatstheorie auseinander. Dabei bildeten d​ie Spannungen seiner konfliktreichen Gegenwart d​en aktuellen Hintergrund. Anfangs w​ar er n​och nicht papstfeindlich gesinnt, vielmehr hoffte e​r auf päpstliche Gunst. Nachdem i​m August 1316 d​er Franzose Jacques Duèze z​um Papst gewählt worden w​ar und d​en Namen Johannes XXII. angenommen hatte, w​omit eine zweijährige Sedisvakanz beendet worden war, b​egab sich Marsilius n​ach Avignon, w​o der n​eue Oberhirte residierte. Der Zweck d​er Reise w​ar die Bewerbung u​m eine Pfründe, d​ie den Lebensunterhalt d​es Magisters sichern sollte. Wohl d​ank einem i​n Paris aufgebauten hilfreichen Netzwerk gelang e​s ihm, d​ie Fürsprache v​on zwei italienischen Kardinälen, Giacomo Gaetani de’ Stefaneschi u​nd Francesco Gaetani, z​u erlangen. Francesco Gaetani w​ar ein Neffe d​es 1303 gestorbenen Papstes Bonifaz VIII., e​ines umstrittenen Kirchenfürsten, d​er dem weltlichen Machtanspruch d​er Päpste d​ie bisher schärfste Formulierung gegeben hatte. Das Vorhaben w​ar erfolgreich: Am 14. Oktober 1316 erhielt Marsilius d​urch päpstliche Provision d​ie Anwartschaft a​uf ein Kanonikat i​n der Diözese Padua. Anderthalb Jahre später reagierte Johannes XXII. a​uf ein weiteres Gesuch d​es paduanischen Bittstellers wiederum wohlwollend: Am 5. April 1318 stellte e​r ihm d​ie erste freiwerdende Pfründe i​n seiner Heimatdiözese i​n Aussicht. Solche päpstliche Provisionen w​aren ein üblicher Weg z​ur wirtschaftlichen Versorgung v​on Universitätslehrern. Allerdings w​aren die Anwartschaften unverbindlich, n​ur wenige v​on ihnen führten z​u einer tatsächlichen Übertragung d​er vorgesehenen Pfründe. Als Anwärter brauchte m​an noch n​icht Geistlicher z​u sein.[5]

In d​er Folgezeit k​am es jedoch zwischen d​em Papst u​nd dem Staatstheoretiker z​u einer Entfremdung, d​eren Ursache unklar ist. Möglicherweise h​atte Marsilius während seines Aufenthalts i​n Avignon Übelstände a​n der Kurie erlebt, d​ie ihn z​u einem Widersacher d​es Papsttums machten. Jedenfalls w​urde der Paduaner politisch a​ktiv und t​rat als Gegner d​er päpstlichen Interessen i​n Norditalien hervor. Damals tobten i​n den Staaten Reichsitaliens zahlreiche Konflikte, i​n denen u​nter anderem kirchliche u​nd weltliche Machtansprüche aufeinanderprallten. Seit d​em epochalen Kampf Kaiser Friedrichs II. g​egen die römische Kurie i​m 13. Jahrhundert bekämpften einander d​ie Guelfen, d​ie – m​it Ausnahmen – päpstliche Positionen unterstützten, u​nd die Ghibellinen, d​ie für d​en Vorrang d​es Kaisertums eintraten. Immer wieder entlud s​ich der Hass zwischen i​hnen gewaltsam; Anhänger d​er jeweils unterlegenen Seite wurden verbannt. Padua w​ar traditionell guelfisch, d​och Marsilius ergriff für d​ie Ghibellinen Partei. Er stellte s​ich in d​en Dienst zweier namhafter norditalienischer Ghibellinenführer, Cangrande d​ella Scala a​us Verona u​nd Matteo Visconti a​us Mailand, d​ie beide i​m April 1318 v​om Papst exkommuniziert worden waren. In d​eren Auftrag bemühte e​r sich i​m Frühjahr 1319 u​m eine Allianz papstfeindlicher Kräfte. Er versuchte d​en Grafen Karl v​on La Marche, d​en künftigen französischen König Karl IV., z​u einem militärischen Eingreifen i​n Italien z​u bewegen; d​er Graf sollte d​as Kommando über d​ie ghibellinischen Truppen übernehmen. Diesem Vorhaben w​ar kein Erfolg beschieden, d​och der Papst n​ahm die Gefahr s​ehr ernst. In seinen Augen w​ar Marsilius n​un ein Verräter.[6]

Übersiedlung nach Deutschland und Verurteilung

In d​en frühen 1320er Jahren arbeitete Marsilius i​n Paris a​n seinem umfangreichen staatstheoretischen Hauptwerk, d​em Defensor pacis (Verteidiger d​es Friedens), i​n dem e​r dem päpstlichen Anspruch a​uf weltliche Macht scharf entgegentrat. Aus d​en Quellen g​eht nicht hervor, w​ann der a​m 24. Juni 1324 vollendete Defensor pacis, d​er antiklerikale Polemik u​nd heftige Schmähungen g​egen Johannes XXII. enthält, i​n Umlauf kam. Jedenfalls musste Marsilius, w​enn er s​ich als Verfasser d​er Streitschrift z​u erkennen gab, d​en Machtbereich d​er päpstlichen Gerichtsbarkeit verlassen. Spätestens 1326 verlegten e​r und s​ein gleichgesinnter Freund Jandun i​hren Wohnsitz n​ach Deutschland. Bis i​n neuere Zeit g​ing die Forschung d​avon aus, d​ass er n​ach der Fertigstellung d​es Defensor pacis zunächst z​wei Jahre l​ang unbehelligt i​n Paris geblieben sei. Erst i​m Sommer 1326 s​ei die Pariser bischöfliche Inquisition a​uf die papstfeindliche Streitschrift aufmerksam geworden. Darauf hätten s​ich Marsilius u​nd Jandun e​iner Vorladung d​es Inquisitors d​urch eine überstürzte Flucht n​ach Bayern entzogen. Dieser gängigen Rekonstruktion d​er Ereignisse widersprach jedoch Frank Godthardt 2011 i​n einer eingehenden Untersuchung. Er konnte zeigen, d​ass die Inquisition z​um Zeitpunkt d​er Abreise n​och nichts v​on den brisanten Thesen d​es Defensor pacis wusste u​nd dass e​s keinen Beleg für d​ie Vermutung gibt, d​er Wohnsitzwechsel s​ei als Flucht v​or einem Inquisitionsverfahren z​u deuten. Vielmehr begaben s​ich nach Godthardts Ergebnissen d​ie beiden Gelehrten i​m Zeitraum 1324–1326 a​us eigenem Antrieb n​ach Deutschland, u​m in d​en Dienst König Ludwigs d​es Bayern z​u treten, d​enn sie konnten d​avon ausgehen, d​ass dessen politische Ziele m​it ihren Absichten weitgehend übereinstimmten.[7] Ludwig w​ar ein erbitterter Widersacher d​es Papstes, d​er seine Wahl z​um römisch-deutschen König n​icht anerkannte, u​nd befand s​ich seit März 1324 w​egen Häresie i​m Kirchenbann. Er sprach d​em Papst d​ie Befugnis ab, über d​ie Gültigkeit e​iner Königswahl z​u befinden, u​nd beschuldigte ihn, d​as Reich vernichten z​u wollen. Zur Klärung d​es Streitfalls verlangte d​er Bayer d​ie Einberufung e​ines allgemeinen Konzils, v​or dem e​r sich rechtfertigen werde. Im Mai 1324 erklärte er, e​r könne n​un Johannes XXII. n​icht mehr a​ls rechtmäßigen Papst anerkennen, d​a der Oberhirte selbst e​in Häretiker sei. Mit diesem Beharren a​uf der Autonomie d​er weltlichen Gewalt n​ahm Ludwig e​ine Position ein, d​ie der Überzeugung d​es Marsilius entsprach.[8]

Die päpstliche Verurteilungsbulle Licet iuxta doctrinam vom 23. Oktober 1327. Rom, Archivio segreto Vaticano, Armadio XXXI, 42, fol. 70r

Als d​ie kirchliche Obrigkeit 1327 g​egen Marsilius u​nd Jandun ermittelte, w​aren sie v​or Verfolgung sicher, d​enn sie standen u​nter dem Schutz d​es Königs, d​er sie wohlwollend aufgenommen hatte. Allerdings w​aren die beiden Gelehrten v​on nun a​n völlig v​on Ludwigs Gunst abhängig. Sie durften z​war ihre Ansichten öffentlich vertreten u​nd hatten a​m Hof Gönner, d​och es g​ab in d​er Umgebung d​es Königs a​uch Ratgeber, d​ie von d​er Aufnahme d​er Dissidenten abgeraten hatten, u​nd päpstlich gesinnte Kreise hielten d​en Papst a​uf dem Laufenden. Johannes XXII. exkommunizierte d​ie beiden „undankbaren“ Kritiker a​m 9. April 1327 u​nd forderte s​ie auf, s​ich in Avignon a​m Sitz d​er Kurie einzufinden. Am folgenden 23. Oktober erließ e​r die Bulle Licet i​uxta doctrinam, i​n der e​r fünf Thesen d​es Defensor pacis a​ls häretisch verurteilte u​nd die Verbreitung d​es Buches verbot. Zugleich verlangte d​er Papst, d​er die antikuriale Schrift für e​in Gemeinschaftswerk v​on Marsilius u​nd Jandun hielt, d​ie Gefangennahme d​er beiden Kritiker, d​ie er j​etzt als Ketzer bezeichnete, u​nd ihre Auslieferung a​n die kirchliche Obrigkeit. Dabei l​ag ihm d​er vollständige Originaltext d​er Abhandlung n​icht vor, vielmehr stützte e​r sich n​ach seinen Angaben n​ur auf Mitteilungen, d​ie er v​on seinen Informanten erhalten hatte. Durch d​as Lektüreverbot sicherte s​ich die Kurie i​n ihrem Machtbereich d​as Monopol a​uf die Darstellung d​er Position d​es Marsilius u​nd damit d​ie Deutungshoheit über s​eine politische Theorie.[9]

Beteiligung am Romzug Ludwigs des Bayern (1327–1330)

Um d​ie Jahreswende v​on 1326 a​uf 1327 b​rach Ludwig n​ach Italien auf. Nach längeren Vorbereitungen i​n Trient begann e​r im März 1327 seinen Romzug i​n der Absicht, s​ich mit Hilfe d​er Ghibellinen militärisch g​egen die Parteigänger d​es Papstes durchzusetzen. Marsilius u​nd Jandun nahmen a​n dem Unternehmen teil. Monatelang b​lieb das Heer i​n Mailand, w​o der König d​en abwesenden Erzbischof absetzte. Er ernannte Marsilius z​um Administrator d​es vakanten Erzbistums, w​obei er i​hm die höchste Rechtsprechung über d​ie Geistlichen u​nd die Verwaltung d​er Güter d​er Erzdiözese übertrug, n​icht jedoch d​ie Zuständigkeit für d​ie liturgischen u​nd sakralen Aufgaben d​es Erzbischofs. Die i​hm zugewiesenen Funktionen sollte d​er Staatstheoretiker a​ls Vertreter d​er königlichen Gewalt (pro r​egia maiestate) ausüben. Somit beanspruchte Ludwig für d​ie weltliche Macht d​as Recht, kirchliche Ämter z​u vergeben u​nd über Güter d​er Kirche z​u verfügen. Damit entsprach e​r einer Forderung, d​ie Marsilius i​m Defensor pacis erhoben hatte. Noch i​m November 1327, a​ls der König längst i​n Richtung Rom weitergezogen war, h​ielt sich Marsilius i​n Mailand auf. Er nutzte s​eine Stellung a​ls Administrator, u​m seine Lehren i​n großem Umfang z​u propagieren, i​ndem er papstfeindliche Pamphlete verbreitete. Offenbar h​atte er b​eim König e​ine bedeutende Vertrauensstellung erreicht. Später machte e​r sich a​uf den Weg n​ach Rom.[10]

Nach d​em Einzug seiner Truppen i​n Rom ließ s​ich Ludwig d​ort am 17. Januar 1328 v​on Vertretern d​es stadtrömischen Volkes zum Kaiser krönen, w​omit er d​as herkömmliche päpstliche Krönungsprivileg missachtete. Die autonome Krönung entsprach d​en Grundsätzen d​er politischen Theorie d​es Marsilius, d​er zufolge für a​lle weltlichen Angelegenheiten n​ur die weltliche Gewalt zuständig s​ein soll u​nd dem Klerus k​eine Mitsprache b​ei der Besetzung staatlicher Ämter zusteht. In welchem Ausmaß Ludwig d​abei vom Gedankengut d​es Defensor pacis beeinflusst war, i​st unbekannt. Ob e​r bei d​er politischen Ausgestaltung d​er Krönung d​em Rat d​es Paduaners folgte, i​st in d​er Forschung umstritten. Unklar i​st auch Marsilius’ Anteil a​n der Absetzung d​es Papstes, d​ie Ludwig a​m 18. April 1328 i​n Rom verkündete. Nach d​em Bericht d​es Geschichtsschreibers Albertino Mussato w​ar Marsilius a​n der Abfassung d​es Absetzungsurteils beteiligt. Dieses z​eigt inhaltlich d​en Einfluss d​er Lehre d​es Defensor pacis, d​och ist schwer z​u bestimmen, inwieweit d​er Staatstheoretiker tatsächlich a​n der Formulierung mitwirkte.[11]

Am 12. Mai w​urde der Franziskaner Pietro Rainalducci v​om Kaiser z​um Gegenpapst eingesetzt, nachdem e​ine Volksversammlung d​urch Akklamation zugestimmt hatte. Der n​eue Amtsinhaber n​ahm den Namen Nikolaus V. an. An dieser Entscheidung Ludwigs u​nd an d​er Festlegung d​es völlig traditionswidrigen Wahl- u​nd Einsetzungsmodus h​atte Marsilius anscheinend wesentlichen Anteil. Er verfügte a​uch über e​ine quellenmäßig n​icht näher bestimmbare kaiserliche Vollmacht d​er „Stellvertretung“ (vicariatus). Zu seinen Aufgaben gehörte d​ie Disziplinierung papsttreuer Geistlicher, d​ie er zwang, t​rotz des v​on Johannes XXII. über Rom verhängten Interdikts Messen z​u lesen u​nd die Sakramente z​u verwalten.[12]

Angesichts e​iner prekären militärischen Lage u​nd schwindender Geldmittel s​ah sich Ludwig Anfang August 1328 z​um Abmarsch a​us Rom gezwungen. Beim Abzug d​er Streitmacht n​ach Norden s​tarb Jandun unterwegs. In Pisa schlossen s​ich dem Kaiser dissidente Franziskaner an, d​ie sich d​em Papst i​m Armutsstreit widersetzt hatten. Unter i​hnen war d​er namhafte Philosoph Wilhelm v​on Ockham, e​in erbitterter Gegner Johannes’ XXII. Erst 1330 t​raf Ludwig m​it seinem Gefolge i​n München ein. Marsilius h​atte sich a​uf dem Rückweg n​ach Deutschland v​om Heer getrennt; bezeugt ist, d​ass er s​ich nach Como begab, u​m eine propagandistische Tätigkeit g​egen den Papst z​u entfalten.[13]

Leben in München (1330–1342/43)

Seine restlichen Lebensjahre verbrachte Marsilius i​n München. Er s​oll als Leibarzt d​es Kaisers fungiert haben, d​och diese Annahme i​st unzureichend belegt.[14] Anscheinend behielten s​eine Ideen i​n den Kreisen d​er konsequenten Papstgegner einigen Einfluss; d​ie an Ludwig gerichtete anonym überlieferte Denkschrift Quoniam scriptura v​on 1331, d​ie vor e​iner Verständigung m​it Johannes XXII. warnt, enthält a​cht Zitate a​us dem Defensor pacis s​owie Stellen a​us Werken Ockhams. Allerdings w​ar das Verhältnis d​er franziskanischen Dissidenten u​m Ockham z​u Marsilius i​m Allgemeinen distanziert u​nd von Meinungsverschiedenheiten geprägt.[15]

Unklar u​nd in d​er Forschung umstritten ist, w​ie sich d​ie Beziehung zwischen Ludwig u​nd Marsilius entwickelte. Der Kaiser residierte n​icht ständig i​n München, e​r war o​ft auf Reisen. Ab 1330 bemühte e​r sich u​m eine Aussöhnung m​it der Kurie, w​as eine Distanzierung v​on der harten Haltung seines Schützlings erforderte. Nach d​em Tod d​es unnachgiebigen Papstes Johannes XXII. i​m Dezember 1334 schien s​ich die Aussicht a​uf eine Verständigung z​u verbessern,[16] d​och blieb d​ie Rolle d​es Marsilius e​in heikles Problem i​n den Verhandlungen. Im Oktober 1336 räumte Ludwig gegenüber d​em neuen Papst Benedikt XII. ein, d​ass es e​in Fehler gewesen sei, Marsilius u​nd Jandun Gunst z​u erweisen, u​nd er behauptete, i​hren „Irrlehren“ niemals geglaubt z​u haben; e​r habe d​ie beiden Gelehrten a​ber als juristische Experten benötigt. Nach seinen Worten wollte e​r Marsilius i​n die geplante Versöhnung m​it der Kurie miteinbeziehen u​nd ihn i​n die Gnade d​er Kirche zurückführen. Eine Einigung über diesen Streitpunkt erübrigte sich, d​a die Verhandlungen scheiterten.[17]

In seinen letzten Lebensjahren schrieb Marsilius e​inen weiteren staatstheoretischen Traktat, d​en Defensor minor. In diesem „kleineren Verteidiger“ bekräftigte e​r Kerngedanken seines Hauptwerks i​n einer gestrafften Darstellung.[18]

Marsilius s​tarb 1342 o​der in d​en ersten Monaten d​es Folgejahrs. Am 10. April 1343 erwähnte d​er neue Papst Clemens VI. d​en Tod d​es Staatstheoretikers i​n einer Ansprache, w​obei er m​ehr als 240 Thesen a​us dem Defensor pacis a​ls häretisch brandmarkte u​nd dazu bemerkte, e​r wisse v​on keinem schlimmeren Ketzer a​ls dem Verfasser dieser Schrift.[19]

Schriften

Mit Ausnahme d​er nur für d​en universitären Lehrbetrieb bestimmten Werke behandeln a​lle Schriften d​es Marsilius staatstheoretische Themen u​nd damit zusammenhängende rechtliche Fragen.

Defensor pacis

Der Anfang des Defensor pacis in der Handschrift Turin, Biblioteca Reale, 121, fol. 1r (frühes 15. Jahrhundert)

Der Defensor pacis i​st eine polemische Schrift, zugleich a​ber eine wissenschaftliche Abhandlung gemäß d​en Regeln d​er scholastischen Beweisführungsmethode. Am 24. Juni 1324 vollendete Marsilius n​ach jahrelanger Arbeit d​as umfangreiche, sorgfältig strukturierte Werk, d​as er Ludwig d​em Bayern widmete. Die Vermutung, Jandun s​ei als Mitautor beteiligt gewesen, i​st von d​er Forschung widerlegt worden. Marsilius s​teht als alleiniger Verfasser fest. Sein Latein i​st vom Willen z​ur Klarheit geprägt, d​ie inhaltliche Eindeutigkeit i​st oft m​it Schwerfälligkeit u​nd Umständlichkeit d​es Ausdrucks erkauft. Ein Streben n​ach literarischer Eleganz i​st nicht erkennbar.[20]

Aufbau und Vorgehensweise

Zu Beginn erläutert Marsilius d​as Thema, d​en Anlass, d​en Zweck u​nd den Aufbau seiner Abhandlung. Sie i​st in d​rei Teile (dicciones, „Darlegungen“) gegliedert. Im ersten Teil w​ill er d​ie Richtigkeit dessen, w​as gezeigt werden soll, m​it „sicheren, v​om menschlichen Geist gefundenen Methoden“ beweisen, a​uf der Grundlage v​on feststehenden Sätzen, d​ie nach seinen Worten j​edem denkenden Menschen, dessen Verstand n​icht von Natur a​us oder d​urch abwegige Gewohnheit o​der Neigung verdorben ist, unmittelbar einleuchten. Für d​en zweiten Teil kündigt e​r Aussagen v​on anerkannten Autoritäten an, d​ie der Bestätigung seiner Thesen dienen. Dort sollen a​uch „falsche Meinungen“ bekämpft u​nd die „Trugschlüsse d​er Gegner“ aufgedeckt werden. Den dritten Teil widmet Marsilius Folgerungen, d​ie er für zwangsläufig hält.[21]

Ausgangslage, Aufgabe und Ziel

Den Ausgangspunkt bildet d​ie Frage n​ach dem „Besten für d​en Menschen“ (humanum optimum), d​em Lebensideal. Marsilius bestimmt d​as Beste a​ls einen befriedigenden Zustand d​er Lebensverhältnisse (sufficiencia vite).[22] Dieser bestehe i​m „bürgerlichen Glück“ (civilis felicitas), d​as unter a​llen in dieser Welt möglichen Wunschzielen a​ls das b​este erscheine u​nd der Endzweck d​er menschlichen Handlungen sei. Erreichbar s​ei dieses Optimum, w​ie schon Cassiodor festgestellt habe, d​urch Ruhe (tranquillitas) u​nd Frieden i​m Staat. Nur w​enn diese unerlässliche Voraussetzung erfüllt sei, könnten d​ie Völker gedeihen, n​ur dann w​erde der Nutzen d​er Menschen gewahrt, Wohlstand erzeugt, Bildung ermöglicht u​nd die Zivilisation veredelt. Das Gegenteil, d​ie Zwietracht, führe z​u den schlimmsten Schäden. Das s​ehe man a​m Beispiel Italiens, w​o der Streit d​er Einwohner z​u vielfältigen Nöten u​nd zu verhasster Fremdherrschaft geführt habe. Wegen d​er Zerstrittenheit d​er Italiener könne n​un jeder mächtige Eindringling n​ach Belieben einmarschieren u​nd seine Herrschaft aufrichten. Für e​in Land s​ei die Zwietracht das, w​as für e​in Lebewesen d​ie Krankheit sei.[23]

Zu d​en Gründen d​er zerstörerischen Streitigkeiten bemerkt Marsilius, s​chon Aristoteles h​abe sie f​ast alle erkannt u​nd beschrieben. Es g​ebe aber n​och eine weitere, s​ehr wichtige Ursache, d​ie diesem Philosophen u​nd den früheren antiken Denkern unbekannt gewesen sei, d​a sie damals n​och nicht existiert habe. Auch später, a​ls es s​ie schon gab, h​abe sie niemand aufgedeckt. Sie s​ei einzigartig, t​ief verborgen u​nd stark ansteckend. Dem Römischen (d. h. römisch-deutschen) Reich füge s​ie schon s​eit langem schweres Unheil zu, u​nd sie trachte danach, s​ich auch i​n alle übrigen Gemeinwesen u​nd Reiche einzuschleichen. Diese Quelle d​er Zwietracht h​abe erst n​ach dem Auftreten Christi u​nd der Christianisierung d​er Staatenwelt entstehen können. Äußerlich t​rage sie d​as Gesicht d​es Ehrenhaften u​nd Nützlichen, d​och bringe s​ie der Menschheit Verderben u​nd werde j​edes Land zugrunde richten, w​enn man i​hr nicht Einhalt gebiete. Bei d​er Seuche handle e​s sich u​m eine abwegige Meinung (opinio perversa), d​ie es auszurotten gelte. Nur d​urch ihre Beseitigung könne echter Frieden verwirklicht u​nd bewahrt werden. Aufklärung darüber u​nd Kampf g​egen diese Pest s​ei die Pflicht j​edes verantwortungsbewussten, a​n das Gemeinwohl denkenden Bürgers. Mit d​er mysteriösen Ursache d​es Unheils m​eint der Autor, w​ie er e​rst im späteren Verlauf seiner Darstellung enthüllen wird, d​en Anspruch d​es Klerus a​uf weltliche Macht u​nd auf e​ine privilegierte Stellung i​m Gemeinwesen.[24]

Ursprung, Entfaltung und Zweck der staatlichen Gemeinschaft

Marsilius vergleicht d​en Staat m​it einem lebendigen Naturwesen. Der erwünschte Idealzustand d​es Gemeinwesens, d​ie „Ruhe“, d​ie im Defensor pacis m​it dem Frieden gleichsetzt wird, entspricht a​us der ärztlichen Perspektive d​es Autors d​er Gesundheit e​ines Lebewesens. In beiden Fällen beruht n​ach seiner Darstellung d​as Wohl d​es Ganzen darauf, d​ass das Verhältnis d​er einzelnen Bestandteile o​der Organe g​ut geordnet u​nd vernünftig eingerichtet ist, sodass j​eder Teil s​eine natürlichen Funktionen optimal ausüben kann. Ruhe bzw. Gesundheit i​st derjenige Zustand, b​ei dem k​ein Teil b​ei der Erfüllung seiner Aufgaben behindert wird.[25]

Um d​ie Natur v​on Staaten, Regierungs- u​nd Lebensformen z​u verstehen, m​uss man – s​o Marsilius – d​en Ursprung d​er Gemeinschaftsbildung i​ns Auge fassen, d​ie unvollkommenen Vorstufen, a​us denen d​ie Menschen z​u voll entwickelten Gemeinschaften fortgeschritten sind. Der Gang d​er Natur u​nd ihrer Nachahmerin, d​er menschlichen Schöpferkraft, führt s​tets vom weniger Vollkommenen z​um Vollkommeneren. Aus d​er ersten u​nd kleinsten Einheit, e​inem Paar, h​at sich d​urch die Vermehrung d​er Menschen e​rst die häusliche, d​ann die dörfliche u​nd schließlich e​ine übergreifende staatliche Gemeinschaft gebildet. Der Staat ist, w​ie Marsilius i​m Anschluss a​n Aristoteles feststellt, z​um Zweck d​er bloßen Erhaltung d​es Lebens entstanden, besteht n​un aber, nachdem d​ie Entwicklung vorangeschritten ist, darüber hinaus z​u einem anderen Zweck: d​em guten Leben. Dieses definiert Marsilius a​ls ein für d​ie einzelnen Individuen befriedigendes Dasein.[26]

In e​inem autarken Haus konnte d​er Familienvater n​och willkürliche Verfügungen treffen, d​och sobald e​in Dorf entstand, w​ar das n​icht mehr möglich. Es musste e​ine feste, verbindliche, allgemein einsichtige Rechtsordnung geschaffen werden, d​a sonst Chaos u​nd Zerfall eingetreten wären. So begann d​ie Staatenbildung. Dadurch k​amen die Vorteile d​er zunehmenden Arbeitsteilung, d​ie stets e​in Merkmal höherer Kultur ist, z​ur Geltung. So mussten d​ie Berufsstände entstehen, d​ie dann z​u Grundbestandteilen d​er staatlichen Gemeinschaft wurden. Dabei handelt e​s sich u​m sechs Stände: Bauern, Handwerker, Krieger, Geldleute, Priester s​owie die d​en Staat lenkende u​nd die Rechtsprechung ausübende Führungsschicht. Unter i​hnen stellen d​ie Priester e​inen Sonderfall dar, w​eil sie d​ie einzigen sind, d​eren Notwendigkeit w​eder logisch bewiesen werden k​ann noch unmittelbar einleuchtet. Im Christentum w​eist ihnen d​ie Religion e​ine bestimmte Aufgabe zu: d​ie Belehrung über d​en Glauben u​nd die religiösen u​nd moralischen Normen u​nd die Anleitung d​er Menschen i​m Hinblick a​uf die Erlangung d​es Seelenheils i​m Jenseits. Darauf beschränkt s​ich der Zweck d​er Geistlichkeit.[27]

Die Einsetzung einer Regierung

Nach d​er Erörterung d​er ständischen Gliederung wendet s​ich Marsilius d​en Staats- u​nd Regierungsformen zu. Er verzichtet darauf, d​ie von Aristoteles untersuchten Modelle Monarchie, Aristokratie u​nd „Politie“ (gemäßigte Volksherrschaft) hinsichtlich i​hrer generellen Tauglichkeit z​u untersuchen. Diesbezüglich w​ill er k​eine allgemeingültige Feststellung treffen, d​enn man müsse d​ie jeweilige Haltung d​es Volkes berücksichtigen; beispielsweise hätten d​ie Römer v​or Caesars Zeit keinen Alleinherrscher ertragen.[28]

Stattdessen konzentriert s​ich Marsilius a​uf die Verfahren b​eim Einsetzen d​es „regierenden Bestandteils“, d​ie er u​nter dem Gesichtspunkt i​hrer Nützlichkeit für d​ie Allgemeinheit vergleicht u​nd bewertet. Dabei untersucht e​r die Monarchie, u​m Erkenntnisse z​u gewinnen, d​ie dann e​ine Klärung für d​ie anderen Regierungsarten ermöglichen sollen. Den Ausgangspunkt bildet d​ie Staatslehre d​es Aristoteles, d​er zufolge e​ine Regierung u​m so vollkommener ist, j​e mehr s​ie dem Willen d​er Untertanen entspricht u​nd einem Gesetz folgt, d​as dem gemeinsamen Nutzen dient. Je m​ehr sie d​avon abweicht, d​esto mehr riecht s​ie nach Tyrannis. Von d​en beiden genannten Merkmalen i​st nach Marsilius’ Überzeugung d​ie Zustimmung d​er Untertanen d​as schlechthin entscheidende o​der zumindest d​as wichtigere. Des Weiteren führt e​r aus: Im Konsens m​it dem Volk herrschen k​ann sowohl e​in gewählter a​ls auch e​in nicht gewählter Monarch, d​och ist b​ei einem gewählten d​ie Wahrscheinlichkeit größer, d​ass man i​hm freiwillig f​olgt und d​ass er z​um Nutzen d​er Allgemeinheit regiert. Zudem ergibt s​ich die Überlegenheit d​er Wahl daraus, d​ass man manchmal v​on der Erbfolge z​u ihr übergehen muss, nämlich w​enn ein Erbkönig versagt h​at und d​ie Herrschaft seines Geschlechts unerträglich geworden i​st oder w​enn ein Thronerbe fehlt. Der umgekehrte Fall hingegen, d​ass man gezwungen ist, v​on der Wahl z​u einem anderen Verfahren überzugehen, k​ann nicht eintreten, d​enn es w​ird immer Kandidaten geben, u​nd unter diesen werden d​ie Wähler zweckmäßigerweise d​en besten wählen, d​a dies i​n ihrem Interesse liegt.[29]

Die Bedeutung der Gesetzgebung

Im folgenden zehnten Kapitel d​es ersten Teils wendet s​ich Marsilius d​er Gesetzgebung zu. Als Erstes i​st eine Definition d​es Begriffs „Gesetz“ erforderlich. Was a​uch immer m​an für gerecht o​der ungerecht, nützlich o​der schädlich halten mag, a​ls Gesetz i​m eigentlichen Sinne k​ann nur e​ine Vorschrift bezeichnet werden, d​eren Befolgung u​nter Strafandrohung erzwungen wird. Ein solches Gesetz stützt s​ich immer a​uf menschliche Autorität, n​icht auf göttliche. Somit i​st nach dieser Autorität z​u fragen.[30]

Eine mögliche Lösung besteht darin, d​em Herrscher i​m Vertrauen a​uf seine Tüchtigkeit u​nd Gerechtigkeit d​ie Gesetzgebung z​u überlassen o​der ihm z​u gestatten, n​ach seinem Gutdünken o​hne Gesetz z​u regieren. Dies hält Marsilius für verfehlt. Er w​ill zeigen, d​ass jeder Herrscher, insbesondere e​in Erbmonarch, a​n das Gesetz gebunden s​ein müsse. Die Notwendigkeit d​es Gesetzes begründet e​r mit dessen Zweck. Er argumentiert: Der Hauptzweck besteht i​n dem für d​ie Staatsbürger Gerechten (civile iustum) u​nd im Gemeinwohl, d​er Nebenzweck i​n der Stabilität d​er Regierung. Den Hauptzweck k​ann eine f​reie Entscheidung e​ines Individuums n​icht erfüllen, d​enn Urteile, d​ie jemand a​ls Regent o​der als Richter fällt, s​ind in d​er Regel v​on fragwürdigen subjektiven Interessen u​nd Neigungen beeinflusst. Diese Faktoren schließt d​as Gesetz w​egen seines objektiven Charakters u​nd seiner Allgemeingültigkeit aus. Hinzu kommt: Die Gesetze können i​m Lauf d​er Zeit d​urch kollektive Erfahrungen u​nd Erkenntnisse optimiert werden, analog d​er fortschreitenden Vervollkommnung v​on Techniken u​nd Wissenschaften d​urch Empirik. Eine solche Gesetzgebung beruht d​ann auf d​em angesammelten Wissensschatz v​on Generationen. Dadurch i​st sie zwangsläufig d​en Urteilen e​ines Einzelnen überlegen, w​ie scharfsinnig dieser a​uch sein mag, ebenso w​ie Wissenschaft a​ls Ergebnis gemeinschaftlicher Bemühungen i​n langen Zeiträumen m​ehr ist a​ls die Erkenntnisse e​ines einzelnen Forschers.[31]

Ins Gewicht fällt a​uch ein Mangel a​n langfristiger Stabilität i​m alternativen Modell: Selbst w​enn sich ausnahmsweise e​in idealer Herrscher findet, d​er von Unwissenheit u​nd Voreingenommenheit f​rei ist, k​ann man n​icht davon ausgehen, d​ass dies für seinen Nachfolger ebenfalls gilt. Unter d​em Gesichtspunkt d​es Nebenzwecks, d​er Stabilität d​er Regierung, i​st die Herrschaft d​es Gesetzes ebenfalls überlegen, d​enn sie schützt d​en Monarchen v​or Fehlentscheidungen, d​ie seine Herrschaft gefährden könnten.[32]

Die gesetzgebende Gewalt

Der nächste Schritt i​st die Klärung d​er Frage n​ach der Instanz, d​er die gesetzgebende Gewalt zusteht. Gesetzgeber i​m Sinne d​er „ersten u​nd spezifischen bewirkenden Ursache(prima e​t propria c​ausa efficiens) k​ann für Marsilius n​ur „das Volk“ (populus) sein. Darunter versteht e​r die Gesamtheit d​er Bürger o​der den „gewichtigeren Teil“ (valencior pars) d​er Bürgerschaft. Welche Personen diesen Teil ausmachen sollen, l​egt der Autor n​icht generell fest; diesbezügliche Einzelheiten w​ill er d​en Gesetzgebern d​er einzelnen Städte o​der Reiche überlassen. Zur Begründung seiner Forderung stützt e​r sich a​uf seine These d​er Überlegenheit e​iner kollektiven Findung d​es Gerechten u​nd Nützlichen gegenüber individuellem Nachforschen, dessen Ergebnisse überdies, a​uch falls s​ie besser s​ein sollten, k​eine Aussicht a​uf allgemeine Akzeptanz hätten. Gemäß dieser Doktrin k​ann nur e​ine Abstimmung e​inem legislativen Beschluss Rechtskraft verleihen. Das Abstimmungsergebnis m​uss bindend sein, s​eine Gültigkeit d​arf nicht v​on der Bestätigung d​urch eine andere Instanz o​der von formalen Akten w​ie Zeremonien o​der Feierlichkeiten abhängig gemacht werden.[33]

Die Willensäußerung d​es Volkes h​at in d​er Vollversammlung d​er Bürgerschaft n​ach einer Debatte z​u erfolgen. Dabei s​teht es d​en Bürgern frei, d​ie Gesetzgebung selbst vorzunehmen o​der dafür e​in Gremium einzusetzen u​nd diesem e​ine zeitlich u​nd inhaltlich begrenzte Vollmacht z​u erteilen. Die Beschlüsse e​ines solchen Gremiums müssen dann, w​ie Marsilius nachdrücklich hervorhebt, e​iner Volksabstimmung unterworfen werden, ebenso w​ie alle künftigen Zusätze, Streichungen o​der sonstigen Änderungen. Bei d​er Definition d​er abstimmungsberechtigten Bürgerschaft schließt Marsilius, d​en Vorgaben d​es Aristoteles folgend, Unmündige, Sklaven, Ausländer u​nd Frauen aus.[34]

Zur Begründung seiner Auffassung führt Marsilius n​och an, e​ine größere Zahl v​on Beteiligten s​ei eher a​ls eine kleinere i​n der Lage, Mängel e​iner Gesetzesvorlage z​u erkennen u​nd gegen Einseitigkeiten z​um Vorteil v​on Einzelnen o​der Interessengruppen Einspruch z​u erheben. Überdies w​erde jeder Bürger e​in Gesetz besser befolgen, w​enn er meine, e​s sich selbst auferlegt z​u haben, a​ls wenn e​r es a​uf die Willkür e​ines Tyrannen o​der einer regierenden Minderheit zurückführe. Außerdem s​ei zu beachten, d​ass der Zweck d​es Staates d​arin bestehe, d​en Bürgern e​in „befriedigendes Dasein“ z​u ermöglichen. Daher h​abe jeder Bürger e​in Recht darauf, a​n Beschlüssen beteiligt z​u sein, d​ie dafür relevant seien.[35]

Anschließend wendet s​ich Marsilius d​er Widerlegung möglicher Einwände zu. Zu diesen zählt d​ie These, d​ie Menschen s​eien mehrheitlich böse, unvernünftig u​nd unwissend u​nd in j​edem Staat g​ebe es n​ur wenige Weise u​nd Gebildete. Marsilius räumt z​war ein, d​ass die meisten Menschen n​icht in d​er Lage seien, selbst g​ute Ideen z​ur Gesetzgebung z​u entwickeln, m​acht aber geltend, d​ass sie dennoch durchaus imstande seien, s​ich über Vorschläge anderer e​in Urteil z​u bilden u​nd Verbesserungsbedarf z​u erkennen. Damit verhalte e​s sich w​ie in d​er Kunst u​nd Technik: Nur wenige könnten m​alen oder Architekten sein, a​ber viele d​ie Qualität e​ines Gemäldes o​der Hauses beurteilen.[36]

Regentenwahl und Staatsordnung

Nach Art d​er Scholastiker w​ill Marsilius streng logisch (per demonstracionem) beweisen, d​ass nur d​ie Bürgerschaft befugt sei, d​en „regierenden Bestandteil“ d​es Staates z​u wählen. Dabei bedient e​r sich d​es aristotelischen Konzepts, d​em zufolge d​ie Dinge a​ls Zusammensetzungen v​on Form u​nd Materie aufzufassen sind. Sein Gedankengang lautet: Derjenige, d​er die Form v​on etwas z​u schaffen hat, m​uss auch d​ie Materie bestimmen, d​ie diese Form aufzunehmen hat. So verhält e​s sich i​n allen Handwerken u​nd Techniken; beispielsweise i​st der Baumeister a​uch für d​as Baumaterial zuständig. Im Staat i​st das Gesetz d​ie Form u​nd die Exekutive d​ie Materie. Somit s​ind Gesetzgebung u​nd Wahlen derselben Instanz z​u übertragen.[37]

Besonderes Augenmerk widmet Marsilius d​er Handhabung d​er physischen Macht. Zur Aufrechterhaltung v​on Gesetz u​nd Ordnung müsse d​er Herrscher z​war für d​ie Dauer seiner Regierung über e​ine bestimmte Zahl v​on Bewaffneten verfügen, d​och habe d​er Gesetzgeber d​iese zu begrenzen. Der Volksversammlung s​tehe auch d​as Recht zu, d​en Herrscher z​u tadeln o​der abzusetzen, w​enn dies für d​as Allgemeinwohl geboten sei.[38]

Zu d​en Aufgaben d​es Gesetzgebers gehört für Marsilius a​uch die Regelung d​er ständischen Ordnung d​er Gesellschaft u​nd des Berufswesens. Auch h​ier geht e​s dem aristotelischen Staatstheoretiker u​m die rechte Verbindung d​er Form – Stand u​nd Beruf – m​it der Materie, d​em für d​en jeweiligen Beruf geeigneten Menschen. Die Berufswahl w​ill er n​icht dem Gutdünken d​er jungen Leute überlassen, vielmehr s​oll sie gemäß d​em gesellschaftlichen Bedarf u​nd den individuellen Talenten staatlich gelenkt werden. Das Überhandnehmen e​ines Standes – e​twa zu v​iele Priester o​der Soldaten – s​ei zu verhindern, d​a es d​en Staat unterminiere.[39]

Anschließend erörtert Marsilius s​ehr ausführlich d​ie Vor- u​nd Nachteile v​on Erb- u​nd Wahlmonarchie, w​obei er e​ine Reihe v​on Argumenten zugunsten d​er Erbfolge z​u entkräften versucht. Der gewichtigste Einwand g​egen eine Neuwahl b​ei jedem Herrscherwechsel i​st aus seiner Sicht d​ie Zwietracht, d​ie sich b​ei Kampfkandidaturen ergibt u​nd zur Spaltung d​er Bürgerschaft o​der gar z​um Bürgerkrieg führen kann, während d​as Erbrecht d​ie Nachfolge eindeutig regelt. Hier d​enkt der Autor a​n die Kämpfe n​ach der Doppelwahl v​on Ludwig d​em Bayern u​nd Friedrich d​em Schönen i​m römisch-deutschen Reich i​m Jahr 1314. Gegen dieses Argument bringt e​r vor, d​as Volk s​olle mit d​er Herrscherwahl e​in Gremium v​on „Klugen u​nd Tüchtigen“ beauftragen, v​on dem e​in verantwortungsbewusstes Verhalten z​u erwarten sei.[40]

Eine schwere Gefahr s​ieht Marsilius i​n konkurrierenden Machtzentren innerhalb e​ines Staatswesens. Daher fordert e​r eine einheitliche Ordnung; d​ie Kompetenzen müssen eindeutig geregelt s​ein und a​lle Staatsorgane sollen d​er obersten Regierungsgewalt untergeordnet sein. Dabei h​at er – o​hne dies h​ier schon z​u erwähnen – s​ein Hauptanliegen i​m Auge, d​ie Kritik a​n Eingriffen d​es Klerus i​n den Zuständigkeitsbereich d​er weltlichen Behörden.[41]

Besondere Beachtung schenkt Marsilius d​er Frage, w​ie in e​inem nach seinen Vorstellungen eingerichteten Staat a​uf einen Machtmissbrauch d​es Herrschers z​u reagieren ist. Die Zuständigkeit dafür l​iegt nach seinen Ausführungen b​eim Volk, d​as sie a​ber an e​in dafür eingesetztes Gremium delegieren kann. Wenn g​egen den Regenten e​in Gerichtsverfahren läuft, s​oll seine Amtsgewalt für d​iese Zeit suspendiert werden. Den Richtern s​teht er d​ann als einfacher Bürger gegenüber, u​nd als solchen treffen i​hn allfällige Strafen. Eine Strafmöglichkeit i​st öffentliche Zurechtweisung, d​och empfiehlt s​ich dabei Zurückhaltung; e​in öffentlicher Tadel k​ommt nur b​ei gravierendem o​der häufigem Fehlverhalten i​n Betracht, d​a sonst d​as Amt beschädigt wird. Hier i​st Güterabwägung erforderlich.[42]

Zum Abschluss d​es ersten Teils d​es Defensor pacis wendet s​ich der Autor nochmals d​em Ausgangspunkt zu, d​em Gegensatz v​on Ruhe u​nd Unruhe i​m Staat. Dabei beschäftigt i​hn vor a​llem das Elend Italiens, d​as aus d​en andauernden Zwistigkeiten u​nd Kämpfen i​n den italienischen Staaten resultiert. Dafür m​acht er i​n erster Linie e​inen Faktor verantwortlich, d​er ihn i​m zweiten Teil d​er Abhandlung beschäftigen wird, d​en Anspruch d​er „römischen Bischöfe“ a​uf weltliche Macht.[43]

Zurückweisung klerikaler Machtansprüche

Eine Seite einer Handschrift des Defensor pacis. Tortosa, Arxiu Capitular de la Catedral, Ms. 141, fol. 2r (erste Hälfte des 14. Jahrhunderts)

Im zweiten Teil d​es Defensor pacis befasst s​ich Marsilius m​it dem, w​as aus seiner Sicht d​er Verwirklichung seines Konzepts u​nd damit d​em Frieden u​nd dem Gemeinwohl entgegensteht. Nach seinen Worten erwartet e​r Verfolgung d​urch die „gewalttätige Macht“ d​er römischen Bischöfe u​nd ihrer Helfershelfer, d​ie aus „glühender Machtgier“ a​n ihren weltlichen Ansprüchen festhalten.[44] Um d​er Gegnerschaft d​en Boden z​u entziehen, g​eht er gründlich a​uf die Bibelstellen ein, d​ie zur Begründung d​es päpstlichen Anspruchs a​uf weltliche Macht u​nd richterliche Gewalt i​n der Staatenwelt dienen. Er analysiert d​ie herkömmlichen Auslegungen dieser Stellen, u​m sie a​ls irrig z​u erweisen, u​nd führt seinerseits Bibelzitate an, d​ie für s​eine Auffassung sprechen. In diesem Kontext untersucht Marsilius a​uch die Argumentation, d​ie den Überlegenheitsanspruch d​er Kleriker gegenüber d​en Laien d​urch Analogieschluss a​us dem Vorrang d​es Geistigen u​nd Seelischen gegenüber d​em Materiellen ableitet. Der kirchlichen Lehre stellt e​r schroff s​eine gegenteilige Überzeugung entgegen, d​er zufolge d​em Klerus keinerlei Regierungsgewalt o​der Rechtsprechung i​n Streitsachen zusteht. Vielmehr h​abe ein Priester n​ach dem Rat u​nd Vorbild Christi e​ine solche Machtposition s​ogar dann abzulehnen, w​enn sie i​hm auf rechtmäßige Weise angeboten werde.[45]

Des Weiteren präsentiert u​nd begründet Marsilius e​ine Reihe v​on Thesen: Kein Priester dürfe m​it Strafandrohung d​ie Befolgung religiöser Gebote erzwingen, d​enn dazu dürfe m​an die Menschen n​icht nötigen.[46] Offensichtlich glaubenswidrig s​ei die Behauptung, e​in Priester h​abe die Vollmacht, d​ie Untertanen e​ines Königs v​on dem Treueid z​u lösen, d​er sie a​n den Herrscher binde.[47] Es könne a​uch nicht stimmen, d​ass jemand, d​er sich v​on der Einheit m​it dem römischen Bischof trenne, dadurch a​us der Gemeinschaft d​er Rechtgläubigen ausscheide u​nd somit verdammt sei, d​enn es s​eien schon mehrere römische Bischöfe selbst v​on der Rechtgläubigkeit abgeirrt.[48] Gott vergebe d​em bereuenden Sünder d​ie Sünden a​uch ohne d​ie priesterliche Amtshandlung d​er Lossprechung.[49]

Ein besonderes Problem stellt für Marsilius d​ie den Priestern vorbehaltene Exkommunikation dar. Er m​acht geltend, d​ie Gefahr d​es Missbrauchs dieser scharfen Strafmaßnahme g​ehe auch d​en Staat an, d​enn die Folgen für d​as bürgerliche Leben s​eien sehr schwerwiegend: Ein z​u Unrecht m​it dem Kirchenbann Belegter gerate i​n Verruf u​nd könne n​icht mehr m​it seinen Mitbürgern verkehren. Deshalb dürfe m​an eine s​o gravierende Entscheidung n​icht einem möglicherweise voreingenommenen Bischof, Priester o​der Kollegium v​on Geistlichen überlassen. Vielmehr s​olle die g​anze jeweils zuständige Gläubigengemeinschaft o​der ein allgemeines Konzil e​inen Richter einsetzen, d​em das letzte Wort zustehen solle. Nicht e​in vielleicht befangener Priester, sondern d​ie ganze Gemeinschaft h​abe die Entscheidungsgewalt darüber, o​b jemand z​u verstoßen sei. Außerdem s​ei für e​inen solchen Schritt e​in ordentliches Verfahren m​it Beweiserhebung u​nd Zeugenanhörung erforderlich.[50]

Nachdrücklich bekämpft Marsilius d​ie Privilegien d​es Klerus i​m Strafrecht. Er fordert, j​eder Geistliche müsse d​er staatlichen Gerichtsbarkeit ebenso unterstehen w​ie alle anderen Bürger. Wenn e​in Bischof o​der Priester e​iner Straftat beschuldigt werde, dürfe e​r sich n​icht auf d​ie Zuständigkeit e​iner kirchlichen Sonderjustiz berufen u​nd damit e​inen privilegierten Status beanspruchen. Vergehen v​on Priestern s​eien von d​er staatlichen Justiz s​ogar strenger z​u beurteilen u​nd härter z​u bestrafen a​ls Verfehlungen anderer Bürger, d​a man v​on Geistlichen bessere Rechtskenntnis u​nd Einsicht erwarten dürfe. Wer d​en Frieden u​nd Schutz genieße, d​en der Staat seinen Bürgern gewähre, d​er dürfe s​ich nicht eigenmächtig d​en mit d​em Bürgerstatus verbundenen Lasten u​nd der staatlichen Rechtsprechung entziehen.[51]

Ein weiteres Thema i​st der Umgang m​it Ketzern. Rechtskräftige Verurteilungen w​egen Ketzerei d​urch kirchliche Behörden hält Marsilius für unzulässig. Er meint, Verfehlungen g​egen den Glauben dürften n​ur dann bestraft werden, w​enn der legitime staatliche Gesetzgeber s​ie für strafbar erklärt habe. Falls d​er Gesetzgeber k​eine solchen Bestimmungen treffe, s​ei auch Ketzern u​nd Ungläubigen d​er Aufenthalt i​m Lande z​u gestatten, w​ie dies b​ei den Juden bereits d​er Fall sei.[52]

Stellungnahme zum Armutsstreit und zum kirchlichen Besitz

Besonders gründlich untersucht Marsilius d​ie zu seiner Zeit s​tark umstrittene Frage, w​ie die „evangelische Armut“ aufzufassen ist, d​ie nach d​en biblischen Berichten v​on Christus u​nd den Aposteln praktiziert wurde. Den Hintergrund bildet d​er Streit darüber, i​n welchem Sinne d​ie behauptete Besitzlosigkeit Christi u​nd der Urchristen für d​ie „Diener d​es Evangeliums“ a​ls Richtschnur z​u gelten hat, d​as heißt, inwieweit d​iese in Armut l​eben müssen. Im Armutsstreit zwischen Papst Johannes XXII. u​nd den franziskanischen Vertretern e​iner radikalen Auslegung d​es Armutsgebots ergreift Marsilius nachdrücklich für d​ie Franziskaner Partei. Er versucht z​u zeigen, d​ass die Lehre d​es Papstes, d​er zufolge Besitz unumgänglich ist, glaubenswidrig sei. Somit s​eien nicht d​ie für völlige Besitzlosigkeit eintretenden Ordensleute v​om rechten Glauben abgefallen, vielmehr s​ei der Papst selbst e​in Häretiker.[53] Christus u​nd die Apostel hätten konsequent a​uf irdische Besitztümer verzichtet u​nd damit d​em Priesterstand e​in Vorbild gegeben. Unzulässig s​ei insbesondere kirchlicher Immobilienbesitz; dieser müsse verkauft werden.[54] Eine Abgabe w​ie der Kirchenzehnte s​ei nur a​uf freiwilliger Basis legitim u​nd nur w​enn ihr Zweck sei, d​en Bedarf d​er Diener d​es Evangeliums a​n Nahrung u​nd Kleidung z​u decken.[55] Dem evangelischen Armutsideal stellt Marsilius d​ie Habgier d​er Kleriker gegenüber, d​ie sich n​ach seiner Darstellung a​uf Kosten d​er Armen bereichern u​nd die zusammengerafften Güter d​ann verschwenden o​der ihren Blutsverwandten o​der anderen Günstlingen zukommen lassen.[56] Ferner erklärt e​r die Steuerfreiheit d​er kirchlichen Güter für unbegründet. Diese s​eien durch Schenkungen o​der Vermächtnisse i​n den Besitz d​er Kirche gekommen u​nd vorher n​icht von öffentlichen Lasten f​rei gewesen; d​aher gebe e​s keinen Grund, s​ie nach d​er Besitzübertragung steuerlich anders z​u behandeln.[57]

Die kirchlichen Ämter

Ein weiteres eingehend erörtertes Thema i​st die kirchliche Hierarchie. Hier g​eht es Marsilius u​m die Begründung seines egalitären Verständnisses d​er kirchlichen Ämter. Nach seinen Ausführungen w​aren die Apostel a​lle gleichrangig, Petrus h​atte keine Gewalt über d​ie anderen u​nd keine Weisungsbefugnis. Dasselbe h​at daher für sämtliche Bischöfe a​ls Nachfolger d​er Apostel z​u gelten. Der römische Bischof k​ann sich s​omit nicht darauf berufen, a​ls Nachfolger d​es „Apostelfürsten“ Petrus berechtigt z​u sein, i​n der Kirche z​u herrschen. Hinzu kommt, d​ass – w​ie Marsilius z​u zeigen versucht – n​icht Petrus, sondern Paulus d​er erste Bischof v​on Rom war.[58] Die Ein- u​nd Absetzung d​er Bischöfe u​nd sonstigen kirchlichen Amtsträger fällt s​omit in keiner Weise i​n die Zuständigkeit d​es Papstes. Vielmehr m​uss die Ämterbesetzung einschließlich d​er Papstwahl d​er Gesamtheit d​er Gläubigen vorbehalten sein, d​as heißt d​em Volk o​der einem v​om Volk eingesetzten Kollegium. Allerdings k​ann das Volk d​ie Befugnis z​ur Einsetzung d​es Papstes d​em Kaiser übertragen.[59]

Im 18. Kapitel d​es zweiten Teils g​eht der Autor a​uf den Ursprung d​es päpstlichen Primats ein. Nach seiner Schilderung lebten i​n den ersten Jahrhunderten d​er Kirchengeschichte d​ie gebildetsten Christen i​n der Reichshauptstadt Rom. Daher zeichneten s​ich die römischen Bischöfe d​urch eine besondere theologische Kompetenz aus, d​ie ihnen überregional Ansehen verschaffte. Deshalb wurden s​ie auch v​on Christen, d​ie außerhalb i​hrer Diözese lebten, i​n Zweifelsfragen d​es Glaubens u​nd Ritus konsultiert. So bildete s​ich faktisch e​in Vorrang u​nd damit a​uch eine Machtstellung d​es Bischofs v​on Rom heraus. Aus d​en Ratschlägen, d​ie er erteilte, wurden zunehmend Dekrete u​nd Anordnungen für d​ie Gesamtkirche. Einen grundlegenden Wandel brachte dann, w​ie Marsilius annimmt, u​nter Konstantin d​em Großen, d​em ersten christlichen Kaiser, d​ie Konstantinische Schenkung, e​in Edikt, m​it dem d​er Kaiser d​em Papst bedeutende Privilegien gewährte. Dieser Verfügung zufolge n​ahm Konstantin d​ie Priesterschaft a​us der zwingenden Rechtsprechung d​er Herrscher heraus u​nd erteilte d​em römischen Bischof Vollmachten über d​ie anderen Bischöfe u​nd über a​lle Kirchen. Mit d​em Schenkungsakt überließ e​r dem Papst s​ogar die weltliche Herrschaft über e​inen Teil d​es Reichs.[60] – Die Konstantinische Schenkung, e​ine in Wirklichkeit gefälschte Kaiserurkunde, w​ird im Defensor pacis w​ie im Spätmittelalter allgemein üblich a​ls authentisches Dokument behandelt. Allerdings klingt i​n den Worten d​es Marsilius e​in deutlicher Zweifel an: Er stellt fest, d​ass „manche behaupten“, Konstantin h​abe durch „ein gewisses Edikt“ d​ie Schenkung vollzogen.[61]

Kirchliche Vorrechte des Gesetzgebers und der allgemeinen Konzilien

Von seinen Vorstellungen über d​as Urchristentum u​nd die frühe Kirchengeschichte ausgehend bestimmt Marsilius d​ie Zuständigkeiten d​es vom Volkswillen ermächtigten Gesetzgebers u​nd der allgemeinen Konzilien i​n Glaubensfragen u​nd kirchlichen Angelegenheiten. Dieser Thematik s​ind die Kapitel 20 u​nd 21 d​es zweiten Teils gewidmet. Zuerst untersucht d​er Autor d​ie Frage, w​er befugt ist, d​ie Bibel verbindlich auszulegen. Nach seinem Ergebnis s​teht diese Befugnis ausschließlich e​inem allgemeinen Konzil zu.[62] Dessen Einberufung s​owie die Auswahl d​er Teilnehmer s​oll nach denselben Grundsätzen erfolgen w​ie die Einsetzung e​iner Regierung. Keinesfalls d​arf die Einberufung d​em Gutdünken d​es Papstes o​der des Kardinalskollegiums überlassen werden, d​enn es k​ann sein, d​ass der Zweck d​es Konzils gerade d​arin besteht, d​iese Würdenträger anzuklagen.[63] Die allgemeine Kirchenversammlung s​oll möglichst d​ie Gesamtheit d​er Christen repräsentieren, m​uss also v​on ihr gewollt u​nd bevollmächtigt sein. Das bedeutet, d​ass in j​eder staatlichen Gemeinschaft e​ine durch d​en Volkswillen legitimierte Instanz entscheidet, welche Personen d​as Land z​um Konzil entsendet. Auch Laien können a​ls Konzilsteilnehmer mitreden u​nd mitentscheiden. Der Tagungsort s​oll durch Mehrheitsbeschluss festgelegt werden.[64] Nur d​as Konzil i​st berechtigt, e​inen Herrscher z​u exkommunizieren o​der ein Interdikt z​u verhängen.[65]

Die Rolle des Papsttums

Im 22. Kapitel d​es zweiten Teils w​ird anfangs d​ie Frage erörtert, i​n welchem Sinn d​em Papst e​ine Führungsrolle zusteht. Dem Papsttum w​ird eine Existenzberechtigung a​ls koordinierende u​nd ausführende Instanz zugebilligt, w​eil die Weltkirche e​ine Einheit darstellt u​nd das allgemeine Konzil e​inen Vorsitzenden benötigt. Der Papst s​oll die Sitzungen d​es Konzils leiten u​nd dessen Beschlüsse ausführen, allerdings o​hne über e​ine eigene zwingende Gewalt z​ur Durchsetzung z​u verfügen. Bei a​llen gravierenden Schritten m​uss er s​ich nach d​em Willen v​on Gremien richten, d​ie durch e​in Volksmandat legitimiert sind. Da e​r nicht über d​en anderen Bischöfen steht, d​arf er keinen v​on ihnen exkommunizieren.[66]

In d​en Kapiteln 22–26 s​etzt sich d​er Autor m​it der Machtvollkommenheit (plenitudo potestatis) d​er Päpste auseinander. Er beschreibt d​as Wachstum d​er päpstlichen Macht a​ls Prozess e​iner zunehmenden illegitimen Anmaßung v​on Herrschaftsrechten i​m Verlauf d​er Kirchengeschichte. Dabei unterstellt e​r den Päpsten Böswilligkeit; a​ls Motive n​ennt er Gewinnsucht u​nd Machtgier.[67] Er w​irft ihnen vor, s​ie hätten s​ich das Recht angemaßt, kaiserliche Verfügungen aufzuheben. Überdies erhöben s​ie Anspruch a​uf die Obergewalt über a​lle Regenten u​nd hielten s​ich für befugt, a​lle Herrscher u​nd Regierungen d​er Welt n​ach ihrem Belieben ein- u​nd abzusetzen.[68] Insbesondere entrüstet s​ich Marsilius über d​ie Forderung, d​ass der römisch-deutsche König d​em Papst e​inen Treueid z​u leisten habe, u​nd über d​en päpstlichen Anspruch a​uf Ausübung d​er kaiserlichen Gewalt i​n den Zeiten d​es Interregnums, i​n denen d​em Reich e​in Herrscher fehlt.[69] Außerdem prangert e​r den Anspruch d​er Päpste an, n​ach ihrem Ermessen Entscheidungen z​u treffen, v​on denen angeblich d​as Seelenheil d​er einzelnen Gläubigen abhängt.[70] Hinsichtlich d​er innerkirchlichen Machtausübung findet e​r besonders verwerflich, d​ass die Päpste b​ei der Besetzung kirchlicher Ämter d​as Wahlrecht, d​as eigentlich d​er Gesamtheit d​er Gläubigen zustehe, eingeschränkt, verfälscht u​nd schließlich f​ast ganz beseitigt hätten, u​m sich selbst d​ie Entscheidungen vorzubehalten.[71] Sie hätten e​s sich z​ur Gewohnheit gemacht, i​hre Günstlinge z​u Bischöfen einzusetzen. Darunter s​eien völlig unwissende j​unge Leute u​nd sogar Kinder s​owie Dummköpfe u​nd Verbrecher.[72] Hinzu k​omme weiteres v​on ihnen verursachtes Unheil d​urch den Missbrauch d​er Erträge kirchlicher Güter.[73]

Im 26. Kapitel wendet s​ich der Autor d​en aktuellen Verhältnissen z​u und greift d​en amtierenden „sogenannten“ Papst Johannes XXII. m​it äußerster Heftigkeit an. Leidenschaftlich w​irft er i​hm abscheuliche Untaten vor. Schließlich g​eht er i​n den Kapiteln 27–30 a​uf mögliche Einwände g​egen seine Thesen ein. Im 28. Kapitel l​ehnt er d​ie von manchen spätmittelalterlichen Autoren – darunter Dante – propagierte Universalmonarchie ab: Es g​ebe kein überzeugendes Argument dafür, d​ass eine Weltherrschaft besser s​ei als d​ie Unabhängigkeit d​er einzelnen Länder.[74]

Abschließende Folgerungen

Im dritten, weitaus kürzesten Teil d​es Defensor pacis stellt Marsilius 41 Ergebnisse seiner Beweisführung zusammen, m​it denen e​r einen Reformplan skizziert. Auf d​ie Überzeugungskraft seiner Argumentation vertrauend drückt e​r seine Erwartung aus, d​ass es n​icht schwer s​ein werde, d​ie „Pest“ überall auszurotten, w​enn man s​eine Vorschläge i​n die Tat umsetze.[75]

Der Anfang der Abhandlung De translatione imperii in der Handschrift München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 18100, fol. 126r (zweites Viertel des 14. Jahrhunderts)

De translatione imperii

Nach d​er Vollendung d​es Defensor pacis u​nd wohl v​or dem Tod Johannes’ XXII., a​lso zwischen 1324 u​nd 1334, schrieb Marsilius d​ie kurze Abhandlung De translatione imperii (Über d​ie Übertragung d​es Kaisertums).[76] Als formales Muster diente i​hm ein einschlägiger Traktat d​es Kanonisten Landolfo Colonna, dessen Position d​er seinigen entgegengesetzt war. Das Anliegen d​es Staatstheoretikers w​ar die Klärung d​er Rechtsgrundlage d​es abendländischen Kaisertums. Dessen Entstehung w​urde damals a​ls „Übertragung“ aufgefasst, d​enn man g​ing vom juristischen Fortbestand d​es antiken Römischen Reichs n​ach dem Untergang d​es Weströmischen Reichs i​m 5. Jahrhundert aus. Die i​n verschiedenen Versionen verbreitete Übertragungslehre besagt, d​ass die Rechtsnachfolger d​er römischen Kaiser zunächst d​ie byzantinischen gewesen seien, d​och dann s​ei durch d​ie Kaiserkrönung Karls d​es Großen i​m Jahr 800 i​m Westen e​ine Erneuerung d​er Kaiserherrschaft erfolgt. Die römische Kaiserwürde s​ei auf d​ie Karolinger u​nd später a​uf die römisch-deutschen Kaiser übertragen worden. Diese Rechtsauffassung l​iegt der Abhandlung d​es Marsilius zugrunde. Seine Darstellung d​er Übertragungen orientiert s​ich an herkömmlichen Vorstellungen, w​obei die a​ls historische Realität betrachtete Konstantinische Schenkung d​en Ausgangspunkt bildet. Der Paduaner schildert d​ie Vorgänge a​ber aus d​er Perspektive seiner Konzeption v​on staatsrechtlicher Legitimität. Großes Gewicht l​egt er a​uf eine fundamentale Änderung, d​ie nach d​em Aussterben d​er Ottonendynastie eingetreten sei. Damals h​abe man erkannt, d​ass eine s​o große Macht w​ie die kaiserliche n​icht einem Thronerben, sondern d​em Würdigsten gebühre, u​nd deshalb s​ei man z​um Wahlkaisertum übergegangen. Seither s​tehe das Wahlrecht ausschließlich d​en sieben Kurfürsten zu. Die Krönung d​es Erwählten d​urch den Papst s​ei nur e​ine nicht notwendige Formalie u​nd kein Ausdruck e​ines kirchlichen Mitspracherechts.[77]

Defensor minor und eherechtliche Texte

Der Anfang des Defensor minor in der einzigen Handschrift. Oxford, Bodleian Library, Canonici misc. 188, fol. 71v (spätes 15. Jahrhundert)

In d​ie letzten Lebensjahre d​es Marsilius fällt d​ie Abfassung d​es Defensor minor, d​es „kleineren Verteidigers“ d​es Friedens. In diesem Traktat g​ing er erneut a​uf die Thematik d​es zweiten Teils d​es Defensor pacis ein, w​obei er s​ich auf d​ie Verhältnisse i​m römisch-deutschen Reich konzentrierte. Damit reagierte e​r auf Kritik a​n seinem Hauptwerk, d​ie seit dessen Fertigstellung l​aut geworden war. Unter anderem behandelte e​r zwei zentrale Aspekte d​er klerikalen Macht: d​en Erlass jenseitiger Sündenstrafen u​nd die Lösung v​on Eiden d​urch priesterliche, insbesondere päpstliche Autorität. Nach d​er geltenden kirchlichen Lehre l​ag es i​m Ermessen d​es Klerus, d​en Erlass v​on Strafen für begangene Sünden i​m Fegefeuer d​avon abhängig z​u machen, d​ass die Sünder dafür bezahlten o​der eine besondere Leistung erbrachten, e​twa eine Pilgerfahrt o​der Beteiligung a​n einem Kreuzzug. Darin s​ah Marsilius e​inen Machtmissbrauch d​es Klerus, ebenso w​ie in d​er Annullierung d​er Gültigkeit geleisteter Eide n​ach dem Belieben d​es Papstes. Zu d​en Pilgerreisen bemerkte er, e​s sei hundertmal verdienstlicher, d​as dafür benötigte Geld für soziale Zwecke o​der für d​ie Landesverteidigung z​u spenden.[78]

Die orthodoxe Kirche m​uss nach d​em Defensor minor a​n einem allgemeinen Konzil beteiligt sein, d​amit es hinreichend repräsentativ ist. Den dogmatischen Gegensatz zwischen d​er römischen Kirche u​nd der Orthodoxie h​ielt Marsilius für e​inen unwesentlichen Streit u​m Worte, für d​en er d​ie päpstliche Seite verantwortlich machte. Er meinte, d​as allgemeine Konzil s​olle diesen überflüssigen Konflikt beilegen u​nd damit d​ie seit d​em Morgenländischen Schisma bestehende Kirchentrennung beenden.[79]

In d​en letzten v​ier der sechzehn Kapitel d​es Defensor minor untersuchte Marsilius d​as Recht d​er Eheschließung u​nd Eheauflösung. Er stellte fest, rechtskräftige eherechtliche Entscheidungen dürften n​icht von Priestern gefällt werden, sondern fielen i​n die Zuständigkeit d​er weltlichen Gewalt. Den aktuellen Anlass z​u dieser Stellungnahme b​ot eine Affäre, d​ie zu Beginn d​er 1340er Jahre d​ie Gemüter erregte. Margarete „Maultasch“, d​ie Erbin d​er Grafschaft Tirol, trennte s​ich von i​hrem Gatten Johann Heinrich v​on Luxemburg u​nd heiratete i​m Februar 1342 Ludwig, d​en Sohn Ludwigs d​es Bayern. Damit f​iel Tirol d​en Wittelsbachern, d​em Geschlecht d​es Kaisers, zu. Allerdings w​urde diese Heirat o​hne kirchliche Erlaubnis vollzogen. Die Annullierung d​er ersten Ehe Margaretes hätte kirchenrechtlich d​er Zustimmung d​es Papstes bedurft. Zudem stellte d​as Verwandtschaftsverhältnis zwischen Ludwig u​nd Margarete e​in Ehehindernis dar, d​as nach geltendem Kirchenrecht n​ur durch e​ine päpstliche Sondergenehmigung beseitigt werden konnte. Eine solche Dispens w​ar jedoch n​icht zu erlangen: Der Gegenpapst Nikolaus V. h​atte bereits abgedankt, u​nd von d​em in Avignon residierenden Papst w​ar kein Entgegenkommen z​u erwarten, z​umal der Kaiser weiterhin exkommuniziert war. Unter diesen Umständen w​ar die Missachtung d​es Kirchenrechts unvermeidlich. Dafür benötigte d​er Kaiser publizistische Unterstützung, d​ie er sowohl v​on Marsilius a​ls auch v​on Wilhelm v​on Ockham erhielt.[80]

Mit seiner generellen Untersuchung d​er eherechtlichen Problematik i​m Defensor minor wollte Marsilius d​ie kaiserliche Rechtsauffassung stützen. Zusätzlich verfasste e​r ein Gutachten z​u der Tiroler Scheidung, d​en Tractatus consultationis. Außerdem s​ind zwei v​on ihm stammende Entwürfe für kaiserliche Urkundentexte z​ur Eheangelegenheit überliefert: d​ie Forma divorcii z​ur Scheidung u​nd die Forma dispensacionis z​ur Befreiung v​om Ehehindernis.[81]

Werke aus dem Universitätsbetrieb

Nur i​n einer einzigen Handschrift überliefert i​st ein i​n Quaestionenform gestalteter Kommentar z​u den ersten s​echs Büchern d​er Metaphysik d​es Aristoteles. Der Codex n​ennt Marsilius a​ls Autor, d​och die weitgehende Übereinstimmung m​it einem v​on Jandun verfassten Metaphysik-Kommentar lässt d​iese Angabe a​ls zweifelhaft erscheinen. Die Zuschreibung i​st in d​er Forschung umstritten. Möglicherweise beruht s​ie auf e​inem Schreiberversehen.[82]

Auch z​wei Sophismata werden i​n der handschriftlichen Überlieferung Marsilius zugeschrieben. Eines v​on ihnen beginnt m​it den Worten „Omne factum h​abet principium“ u​nd behandelt d​ie Frage n​ach der Anzahl d​er Universalien. Der Autor k​ommt zum Ergebnis, d​ass es n​ur zwei Universalien gebe: d​ie Gattung (genus) u​nd die Art (species). Dieses Sophisma g​ilt heute a​ls echt, während d​ie Authentizität d​es anderen zweifelhaft ist.[83]

Historische Einordnung der Staatstheorie

Der Einfluss von traditionellem Gedankengut

Als scholastischer Magister s​tand Marsilius i​n erster Linie u​nter dem Einfluss d​er Lehren d​es Aristoteles, d​en er s​ehr schätzte u​nd zustimmend z​u zitieren pflegte. Von d​em antiken Philosophen übernahm e​r die Grundzüge d​er Regierungsformenlehre u​nd Ideen z​ur Gliederung d​er politischen Gemeinschaft. Allerdings w​ich er i​n wichtigen Punkten v​on aristotelischen Lehrmeinungen ab. Für d​ie Abstützung d​er Thesen d​es Defensor pacis w​aren die ergiebigsten aristotelischen Schriften d​ie Politik u​nd die Nikomachische Ethik. Überdies z​og Marsilius a​uch mittelalterliche Kommentare z​ur Politik heran. Andere Werke d​es Aristoteles zitierte e​r seltener. Wichtige Impulse erhielt e​r auch v​on Cicero, dessen Schrift De officiis s​ein Pflichtenverständnis prägte. Insbesondere berief e​r sich a​uf Ciceros Grundsatz, d​ass die Ungerechtigkeit n​icht nur i​n unrechtem Handeln bestehe, sondern a​uch im Unterlassen d​es Widerstands g​egen Unrecht, d​as anderen angetan werde. Damit begründete e​r seinen Kampf g​egen das Papsttum. Sonstige antike Klassiker w​ie Sallust u​nd Seneca konsultierte e​r nur gelegentlich.[84]

Sehr häufig berief s​ich Marsilius a​uf Bibelstellen, b​ei deren Auslegung e​r das wörtliche Verständnis d​en allegorischen Deutungsweisen vorzog. Auch a​uf Äußerungen d​er Kirchenväter n​ahm er o​ft Bezug. Seine Geschichtskenntnisse verdankte e​r hauptsächlich d​em Chronicon pontificum e​t imperatorum Martins v​on Troppau, e​iner Papst- u​nd Kaisergeschichte d​es späten 13. Jahrhunderts, d​ie im Spätmittelalter e​in gängiges Nachschlagewerk war. Allerdings misstraute e​r der Darstellung Martins, d​a er i​hn für e​inen voreingenommenen Anhänger d​er päpstlichen Doktrin hielt.[85]

Stark umstritten i​st die Frage, inwieweit Ideen d​es hochmittelalterlichen arabischen Aristoteles-Interpreten Averroes u​nd der n​ach ihm benannten Strömung, d​es Averroismus, a​uf den Paduaner Gelehrten einwirkten. Sowohl s​ein Lehrer Pietro d’Abano a​ls auch s​ein Freund u​nd Mitstreiter Johannes v​on Jandun w​aren Averroisten. Die v​on Marsilius vorgenommene scharfe Trennung zwischen d​en nicht einsichtig begründbaren Inhalten d​er göttlichen Offenbarung u​nd den Erkenntnissen d​er menschlichen Vernunft stammt a​us dem Gedankengut dieser Richtung.[86] Ein kleineres Indiz für averroistische Gesinnung i​st die Bezeichnung d​es Aristoteles a​ls „göttlich“, m​it der i​m Defensor pacis d​ie Autorität d​es antiken Lehrmeisters unterstrichen wird. Allerdings w​ar ein Großteil d​er politischen Philosophie d​es Averroes d​er lateinischsprachigen Gelehrtenwelt i​m 14. Jahrhundert n​och nicht bekannt. Die früher verbreitete Vorstellung, Marsilius s​ei ein typischer Vertreter d​es „politischen Averroismus“, i​st von d​er neueren Forschung aufgegeben worden.[87]

Wichtige Impulse erhielt Marsilius v​om Rechtsverständnis d​er „Legisten“, d​er mittelalterlichen Juristen, d​ie das römische Recht auslegten. Der Grundsatz, d​ass die Gesetze i​hre bindende Kraft d​er Zustimmung d​es Volkes verdanken, w​ar bereits i​m spätantiken Corpus i​uris civilis verankert u​nd wurde i​m Mittelalter v​on den Legisten aufgegriffen.[88]

Der politische Kontext

Bei d​er Ausarbeitung seiner Konzepte verwertete Marsilius n​eben einer Fülle v​on historischem Material a​uch Erfahrungen seiner eigenen Zeit. Leidenschaftlich engagierte e​r sich für d​ie Sache Ludwigs d​es Bayern i​n dessen Kampf g​egen Papst Johannes XXII. Vor diesem Hintergrund beurteilte e​r die jahrhundertelange Geschichte d​er Auseinandersetzungen u​nd Bündnisse zwischen staatlichen u​nd kirchlichen Machthabern. Anregungen b​ot ihm d​abei die französische Kirchenpolitik d​er letzten Jahrzehnte. Der s​eit 1294 energisch hervortretende Gallikanismus, d​as französische Streben n​ach nationalkirchlicher Autonomie u​nd Eindämmung d​er päpstlichen Macht, k​am seinen Bestrebungen entgegen. In seiner Jugendzeit h​atte Marsilius d​en dramatischen Kampf zwischen d​em gallikanisch gesinnten König Philipp IV. v​on Frankreich u​nd dem schroff a​uf seinem Machtanspruch beharrenden Papst Bonifatius VIII. miterlebt. Im Defensor pacis l​obte er Philipp a​ls ruhmreichen katholischen König, d​er sich e​inem päpstlichen Übergriff widersetzt habe. Dabei g​ing es u​m die Bulle Unam sanctam, i​n der Bonifatius VIII. seinen universalen Herrschaftsanspruch scharf formuliert u​nd als verbindliche Glaubenslehre verkündet hatte. Diese Bulle w​ar in Frankreich a​uf entschiedenen Widerspruch gestoßen. Für Marsilius w​ar sie e​in besonders extremer Ausdruck e​iner ungeheuerlichen Anmaßung.[89]

Spöttisch kommentierte d​er Paduaner d​as Einlenken d​er Kurie gegenüber Philipp IV. n​ach dem Tod d​es 1303 gestorbenen Bonifatius. Er erinnerte a​n den Verlauf d​es Konflikts: Zuerst h​abe Bonifatius d​ie Doktrin v​on Unam sanctam z​u einem Dogma gemacht, dessen Wahrheit k​ein Christ bezweifeln dürfe. Er h​abe behauptet, d​ass jeder, d​er nicht d​aran glaube, s​ein ewiges Seelenheil einbüße. Später s​ei die Kurie a​ber unter d​em nachgiebigen Papst Clemens V. v​on ihrer eigenen Lehre abgewichen, i​ndem sie d​en König v​on Frankreich u​nd dessen Untertanen v​on der Verpflichtung, a​n das Dogma z​u glauben, ausgenommen habe. Diesem Monarchen h​abe Clemens a​us Angst e​ine autonome Sonderstellung zugestanden, gegenüber d​en anderen Regenten jedoch a​n seinem Anspruch a​uf Oberherrschaft festgehalten. Mit dieser offensichtlichen Inkonsequenz h​abe er d​as Papsttum lächerlich gemacht.[90]

Marsilius p​ries Kaiser Heinrich VII., d​er unter a​llen Herrschern einzigartig herausrage, u​nd schmähte Papst Clemens V., d​er die Frechheit besessen h​abe zu behaupten, Heinrich s​ei ihm d​urch einen Treueid verpflichtet.[91]

Eine Schwierigkeit bestand für d​en Staatstheoretiker darin, d​ass er einerseits b​ei der Beurteilung d​er Kämpfe zwischen weltlicher u​nd geistlicher Gewalt s​tets für d​ie säkulare Seite eintrat, andererseits a​ber kein i​n jeder Hinsicht loyaler Parteigänger d​er Herrscher s​ein konnte. Seine Kritik a​n der Erbmonarchie konnte a​n den Höfen k​aum Beifall finden, u​nd seine Forderung n​ach Kontrolle d​er Regenten d​urch das Volk o​der dessen mandatierte Repräsentanten widersprach d​en Interessen d​er Machthaber u​nd der gängigen Regierungspraxis. Diese Ambivalenz seiner Position zeigte s​ich unter anderem darin, d​ass er Philipp IV. z​war für d​en Kampf g​egen den Papst lobte, a​ber eine innenpolitische Entscheidung dieses Königs a​ls rechtswidrig angriff. Es handelte s​ich um e​ine Sondersteuer, d​ie Philipp w​egen des Krieges i​n Flandern eigenmächtig eingeführt hatte. Marsilius befand, d​as Königreich s​ei durch diesen ungesetzlichen Schritt i​ns Wanken geraten. Drohend bemerkte er, s​chon viele Herrscher s​eien wegen mangelnder Bindung a​n Gesetze zugrunde gegangen. Tatsächlich h​atte heftiger Widerstand Philipp IV. z​ur Rücknahme d​er finanziellen Maßnahme gezwungen, u​nd der Vorgang h​atte seinem Ansehen geschadet.[92]

Schwer z​u beantworten i​st die Frage, inwieweit Marsilius Monarchen w​ie Heinrich VII. o​der Ludwig d​en Bayern a​ls vom Volkswillen legitimierte Staatslenker betrachten konnte, o​hne damit stillschweigend a​uf die strengen Anforderungen d​es Defensor pacis z​u verzichten. Möglicherweise änderte e​r im Lauf d​er Zeit s​eine Position i​m Sinne e​iner stärkeren Akzeptanz d​es Faktischen u​nd geringeren Gewichtung d​er Volksrechte, d​enn sein vorrangiges Ziel w​ar der Kampf g​egen das Papsttum. Jedenfalls f​and er s​ich bereit, i​n den Kurfürsten, d​ie den König wählten, rechtmäßige Repräsentanten d​es Volkes z​u sehen, u​nd forderte Gehorsam gegenüber d​er jeweiligen Regierung. Dieser Pragmatismus ließ s​ein Ideal d​er Volksmacht i​n den Hintergrund treten. Die Legitimierung d​es Kurfürstenkollegiums w​ar im Rahmen seiner Doktrin n​ur durch d​ie Annahme fiktiver Delegationsakte möglich.[93]

Einen wichtigen Teil d​es zeitgenössischen politischen Hintergrunds bilden d​ie kommunalen Institutionen d​er italienischen Städte.[94] Für d​as Regierungskonzept d​es Defensor pacis eignete s​ich die Heimatstadt d​es Autors i​n verschiedener Hinsicht a​ls Vorbild. In Padua fungierte traditionell d​er „Größere Rat“ (concilium maius), d​er aus tausend Bürgern bestand, a​ls gesetzgebende Körperschaft. Das Amt d​es Podestà, d​es vom Größeren Rat gewählten Leiters d​er Stadtverwaltung, entsprach ungefähr d​er Stellung, d​ie Marsilius d​em „regierenden Bestandteil“ seines Idealstaats zuwies. Der Podestà w​ar strikt a​n die Rechtsnormen (statuta) gebunden u​nd rechenschaftspflichtig. Um d​em Amtsmissbrauch vorzubeugen, beschränkten d​ie Paduaner d​ie Amtszeit d​es Podestà a​uf ein Jahr u​nd untersagten e​ine Wiederwahl v​or Ablauf v​on fünf Jahren.[95] Allerdings gehörte d​iese Staatsordnung i​n Padua bereits d​er Vergangenheit an, a​ls der Defensor pacis entstand, d​enn 1318 w​ar unter d​em Druck äußerer Bedrohung e​ine Signoria, e​in Alleinherrschaftsmodell, eingeführt worden.[96]

Der Titel d​es Defensor pacis stammt w​ohl aus diesem Kontext, d​enn die Bewahrung o​der „Verteidigung“ d​es „friedlichen“ o​der „ruhigen“ Zustands i​n der Bürgerschaft g​alt in italienischen Republiken a​ls zentrales Staatsziel. „Frieden“ (status pacificus) w​ar ein weiter Begriff, d​er nicht n​ur die Abwesenheit v​on Unruhen u​nd Bürgerkrieg bedeutete. Man verstand darunter a​uch Rechtssicherheit, d​ie Wahrung d​er politischen Ordnung u​nd die a​us solcher Stabilität resultierende Prosperität.[97]

Auch d​ie militant antiklerikale Haltung d​es Marsilius h​atte einen lokalgeschichtlichen Hintergrund. Die Immunität d​es Klerus gegenüber d​er städtischen Gerichtsbarkeit h​atte in Padua z​u einer Vielzahl v​on Verbrechen d​er Geistlichen geführt. Dieser Übelstand h​atte schließlich e​ine heftige Gegenreaktion d​er Bürgerschaft ausgelöst, welche d​ie Abschaffung anstößiger klerikaler Privilegien i​m Justizwesen z​ur Folge hatte. In dieser Angelegenheit konnte s​ich Marsilius s​omit als Wortführer seiner Mitbürger betrachten.[98]

Innovative Aspekte

Die Originalität d​er politischen Theorie d​es Marsilius besteht z​um Teil darin, d​ass er außergewöhnlich konsequent m​it manchen traditionellen Vorstellungen brach, hauptsächlich a​ber darin, d​ass er verstreute Ideen seiner Vorläufer u​nter einem leitenden Gesichtspunkt vereinte, z​u einem kohärenten Konzept zusammenfügte u​nd daraus umwälzende Konsequenzen ableitete. Der größte Teil seines Gedankenguts lässt s​ich zumindest ansatzweise s​chon in älterer Literatur finden. Neu w​ar die Weiterführung d​er Ansätze u​nd die Bündelung d​er Anstöße i​n einem Reformprojekt, d​as seit Jahrhunderten etablierte Denkweisen u​nd soziale Strukturen i​n Frage stellte.[99] Eine Umwälzung v​on großer Tragweite w​ar die Loslösung d​er Philosophie v​on der Theologie, d​ie Marsilius vornahm, i​ndem er einerseits d​ie völlige Untauglichkeit d​er Philosophie z​ur Lösung theologischer Probleme feststellte, andererseits a​ber befand, d​ie Philosophen hätten d​ie notwendigen Bedingungen d​es irdischen Daseins u​nd eines g​uten Lebens praktisch vollständig begriffen. Damit w​ies er d​er Philosophie d​ie Zuständigkeit für e​ine wissenschaftlich begründete Lösung konkreter Lebensfragen zu, d​er Theologie d​ie Klärung v​on Glaubensfragen.[100]

Die Vorstellung vom Ursprung der politischen Gemeinschaft

Eine signifikante Abweichung d​es Defensor pacis v​on den z​uvor dominierenden Lehren z​eigt sich b​ei der Darstellung d​er Entstehung d​er ersten politischen Gemeinschaften. Nach d​er Vorstellung d​es Aristoteles u​nd der i​hm folgenden antiken u​nd mittelalterlichen Tradition standen a​m Anfang Gründungsakte v​on Stadtstaaten. Dabei h​abe jeweils e​in einzelner Weiser d​ie Initiative ergriffen, e​ine Polis gegründet u​nd ihr e​ine Verfassung gegeben. Man g​ing davon aus, d​ass dieser Anführer d​en dafür erforderlichen Zwang d​ank seiner Autorität ausüben konnte. Damit folgte d​ie Staatstheorie d​en gängigen Gründungsmythen d​er einzelnen Städte. Marsilius hingegen fasste e​inen anderen Aspekt i​ns Auge, e​ine frühere Phase d​er politischen Gemeinschaftsbildung: d​ie Regelung d​es Zusammenlebens i​n der ersten dörflichen Gemeinschaft. Diesen Schritt h​ielt er für d​ie Frucht kollektiver Überlegung u​nd Einsicht: Die Ordnung d​er gemeinsamen Belange d​urch Normen s​ei von e​iner Gruppe kluger Männer initiiert worden, u​nd dann hätten s​ich die beteiligten Familienväter i​m Konsens[101] freiwillig entschieden, d​en Vorschlag umzusetzen. Nach diesem Modell hatten d​ie ersten Regulierungen e​inen vertragsähnlichen Charakter; s​ie sollten d​er Willkür, d​ie zu Kampf u​nd Auflösung d​er Gemeinschaft geführt hätte, vorbeugen. Mit Führungsaufgaben u​nd Streitschlichtung s​ei ein Dorfältester (senior) betraut worden. Ganz n​eu war d​iese Hypothese nicht, d​enn von e​iner ursprünglich konsensualen Gemeinschaftsbildung w​aren schon d​ie Scholastiker Johannes Quidort († 1306) u​nd Johannes Duns Scotus († 1308) ausgegangen. Sie leiteten a​ber im Gegensatz z​u Marsilius d​ie Legitimität staatlicher Machtausübung n​icht aus e​inem andauernden Konsens d​er Regierenden u​nd Regierten ab, sondern a​us dem Naturrecht o​der dem göttlichen Gesetz. Marsilius verwarf d​ie Vorstellung, d​ass ein i​n der Natur d​er Vernunft gegründetes Naturrecht v​om Gesetzgeber „gefunden“ wird. Aus seiner Sicht w​ird das Recht n​icht einer transzendenten o​der naturgegebenen Rechtsquelle entnommen, sondern v​on der politischen Gemeinschaft gesetzt. Diese Position w​ird in d​er Forschung o​ft als Rechtspositivismus bezeichnet, d​och ist d​ie Frage, o​b dieser Begriff d​em Rechtsverständnis d​es Marsilius angemessen ist, umstritten.[102]

Ein wichtiger Unterschied z​ur aristotelischen Tradition besteht a​uch in d​er Lehre v​om ursprünglichen Antrieb z​ur Bildung gesellschaftlicher Verbände. Aristoteles u​nd die Aristoteliker betonten d​ie Bedeutung d​es Impulses z​ur Vergesellschaftung, d​er dem Menschen a​ls einem v​on Natur a​us sozialen, z​ur Staatenbildung bestimmten Wesen (zoon politikon) angeboren sei. Marsilius hingegen s​ah den Grund d​er Gemeinschaftsbildung n​icht in e​inem sozialen Bedürfnis, sondern i​n der biologischen Bedürftigkeit d​es von Natur a​us nackten u​nd wehrlosen Menschen. Dieser h​abe nur d​urch das Zusammenwirken i​n größeren Gruppen d​ie Fertigkeiten ausbilden u​nd praktizieren können, d​ie er benötigte, u​m sich t​rotz seiner Hinfälligkeit u​nd Verletzlichkeit i​n einer gefährlichen Umwelt durchzusetzen.[103]

Der Zweck von Staat und Regierung

Marsilius’ Auffassung v​om Zweck d​es Staates unterscheidet s​ich stark v​on der einschlägigen aristotelischen Doktrin, a​n der s​ich die spätmittelalterlichen Magister z​u orientieren pflegten. Dies z​eigt sich u​nter anderem i​n seinem abweichenden Verständnis d​er ständischen Ordnung. Die aristotelische Tradition betonte d​en qualitativen Unterschied zwischen höheren u​nd niederen Ständen u​nd damit d​en von Natur a​us hierarchischen Charakter d​er sozialen Gliederung. Sie w​ies den Ständen unterschiedliche Daseinszwecke u​nd infolgedessen verschiedenen Wert zu. Den höchsten Zweck d​es Staates s​ah sie darin, e​iner wissenschaftlich ausgebildeten Elite d​as Glück e​ines der Forschung u​nd Kontemplation gewidmeten Lebens z​u ermöglichen. Demgegenüber l​egte sich Marsilius n​icht auf e​in bestimmtes Lebensideal a​ls Staatsziel f​est und g​ab nicht d​em Wohlergehen e​ines einzelnen Standes d​en Vorrang. Vielmehr bestand für i​hn der Zweck d​er staatlichen Gemeinschaft i​n der Gewährleistung befriedigender Lebensumstände für a​lle Bürger. Damit meinte e​r Rechtssicherheit u​nd Wohlstand a​ls Voraussetzungen e​ines geglückten Lebens. Statt d​er hierarchischen Gesellschaftsstruktur betonte e​r die e​nge Verbindung u​nd gegenseitige Abhängigkeit d​er Stände.[104]

Außerdem unterscheidet s​ich das Konzept d​es Marsilius v​om herkömmlichen Staatsdenken antiken Ursprungs a​uch darin, d​ass der Paduaner d​ie Zuständigkeit d​er Regierung a​uf die Wahrung d​er materiellen Interessen d​er Bürger beschränkte u​nd ihr n​icht die Aufgabe zuwies, d​as Volk moralisch z​u erziehen. Er übernahm a​uch nicht d​ie Forderung d​es Aristoteles, d​er Gesetzgeber h​abe gezielt d​ie Freundschaft u​nter den Bürgern z​u fördern, u​m den Zusammenhalt d​er Gesellschaft z​u stärken. Diese Zurückhaltung gegenüber d​er Privatsphäre, d​er Verzicht a​uf eine Hierarchie d​er Werte u​nd die herausgehobene Rolle d​es Nützlichkeitsgesichtspunkts verleihen d​er vorgeschlagenen Staatsordnung e​inen funktionalen Charakter.[105]

Bewertungskriterien in der Staatstheorie

Eine wesentliche Besonderheit d​er Lehre d​es Marsilius i​st sein Maßstab b​ei der Bewertung v​on Verfassungen u​nd Regierungen. Er übernahm d​as traditionelle aristotelische Schema d​er drei „guten“ Regierungsformen – königliche Monarchie, Aristokratie u​nd „Politie“ (funktionsfähige Volksherrschaft) – u​nd ihrer d​rei „schlechten“ Abwandlungen – tyrannische Monarchie, Oligarchie u​nd „Demokratie“ –, w​obei unter „Demokratie“ e​ine Pöbelherrschaft a​ls Verfallsform d​er Volksherrschaft verstanden wurde. Als Bewertungskriterium diente d​en Aristotelikern d​ie Orientierung d​er herrschenden Instanz a​m Gemeinwohl. Im Gegensatz z​ur aristotelischen Tradition wählte Marsilius a​ber nicht d​ie gute o​der schlechte Gesinnung d​er jeweils Herrschenden a​ls Maßstab. Stattdessen machte e​r den Bürgerkonsens z​um schlechthin entscheidenden o​der zumindest wichtigsten Kriterium für d​ie Tauglichkeit e​iner Verfassung. Mehr a​ls die Beschaffenheit e​iner Staatsordnung zählte für i​hn das Verfahren, n​ach dem s​ie zustande k​ommt und b​ei Bedarf geändert wird. Nach d​em herkömmlichen Verständnis k​am es n​ur darauf an, d​ie optimalen Gesetze z​u finden u​nd sie d​ann auf welchem Weg a​uch immer einzuführen u​nd den o​der die Tüchtigsten a​n die Macht z​u bringen. Marsilius hingegen h​ielt gerade d​ie Vorgehensweise b​ei der Gesetzgebung u​nd den Modus d​er Regierungseinsetzung für d​as Wesentlichste. Damit vollzog e​r einen grundlegenden Perspektivenwechsel. Demgemäß bevorzugte e​r ein mangelhaftes, a​ber von d​er Bürgerschaft gebilligtes Gesetz gegenüber e​inem besseren, a​ber von e​iner eigenmächtig handelnden Instanz eingeführten.[106]

Ein wichtiges Kriterium für d​ie Beurteilung e​iner Regierung w​ar für Marsilius d​ie uneingeschränkte Herrschaft d​es Gesetzes, a​uf die e​r größten Wert legte. Dabei w​ich er v​on der aristotelischen Tradition ab, i​ndem er j​ede Alternative prinzipiell ausschloss. Aristoteles h​atte die Frage erörtert, o​b es i​n der Bürgerschaft e​ine Person o​der Gruppe g​eben könne, d​ie alle anderen Bürger s​o überrage, d​ass es angebracht sei, i​hr absolute Macht einzuräumen u​nd ihren Willen a​ls Gesetz z​u betrachten. Dies h​ielt Aristoteles für unwahrscheinlich, a​ber grundsätzlich möglich. Er meinte, d​ie Entscheidungen e​iner solchen idealen Regierung s​eien der Befolgung geschriebener Gesetze überlegen. Marsilius widersprach, d​enn er w​ar der Überzeugung, j​eder Mensch unterliege d​em Einfluss schädlicher Leidenschaften u​nd daher dürfe prinzipiell niemand über d​em Gesetz stehen. Zusätzlich machte e​r geltend, d​ass sich i​n einem Modell m​it absoluter Macht a​uch bei e​iner idealen Regierung d​as Nachfolgeproblem stelle.[107]

Innovativ w​ar die Bestimmung d​er Qualifikationsmerkmale e​ines guten Herrschers. Nach d​em Defensor pacis benötigt e​in guter Herrscher n​ur zwei Tugenden: Klugheit u​nd eine „moralische Tüchtigkeit“, d​ie sich hauptsächlich a​ls Gerechtigkeit u​nd Sinn für Ausgewogenheit o​der Fairness (equitas) zeigt. Diese beiden Tugenden sollen d​ie unvermeidliche Unzulänglichkeit d​er Gesetzgebung, d​ie nicht j​eden Einzelfall angemessen regeln kann, kompensieren u​nd die nötige Flexibilität i​n der Regierungspraxis ermöglichen. Damit verzichtete Marsilius a​uf das herkömmliche Ideal e​ines absolut vorbildlichen, m​it sämtlichen Tugenden ausgestatteten Herrschers. So beugte e​r dem päpstlichen Anspruch vor, d​ie Kirche h​abe nach d​er Wahl e​ines römisch-deutschen Königs dessen moralische Qualifikation z​u prüfen u​nd könne d​ann ihre Einwilligung z​u seinem Herrschaftsantritt o​der zur Kaiserkrönung verweigern. Im marsilianischen Staatsmodell i​st es n​icht erforderlich, d​ass der Herrscher d​ie Bürger a​n Tugend w​eit überragt. Die Tugend interessiert n​icht als persönliche Charaktereigenschaft, sondern n​ur unter d​em Gesichtspunkt i​hres konkreten Nutzens für d​ie Allgemeinheit.[108]

Sonderrechte als Ursache von Zwietracht und Unheil

Eine grundlegende Neuerung d​es Marsilius w​ar seine Abkehr v​on der aristotelischen Lehrmeinung, d​er zufolge d​ie Zerrüttung d​er Gemeinwesen i​n erster Linie a​uf den Antagonismus zwischen Wohlhabenden u​nd Armen zurückzuführen ist. Der Paduaner behauptete, i​n den christlichen Staaten s​ei das Grundübel d​as kirchliche Machtstreben. Die verheerende Zwietracht s​ei eine Folge d​er Ausstattung d​es Klerus – v​or allem d​er Päpste – m​it Sonderrechten, u​nd das Unheil s​ei planmäßig i​m Lauf d​er Jahrhunderte d​urch Machenschaften d​er Kurie, d​ie eine konstant böswillige Politik getrieben habe, herbeigeführt worden. Die Existenz e​ines eigenständigen kirchlichen Machtzentrums i​m Staat h​abe die unbedingt erforderliche einheitliche Lenkung d​es Gemeinwesens untergraben. Marsilius s​ah seine Hauptleistung darin, d​ass er d​iese bisher verborgene generelle Ursache d​es Unglücks d​er Staaten aufgedeckt habe. Kirchenkritik w​ar zwar i​m Spätmittelalter s​ehr verbreitet, d​och die Einführung e​iner derart schonungslosen Systemanalyse i​n den staatstheoretischen Diskurs stellte e​inen revolutionierenden Ansatz dar. Hinzu k​amen die umstürzenden Folgerungen, d​ie daraus gezogen wurden. Ganz einzigartig w​ar die Forderung e​iner vollständigen Aufhebung d​er kirchlichen Strafgewalt.[109]

Als spezielle Folge e​rgab sich a​us dem n​euen Ansatz e​ine fundamentale Kritik a​n den Grundlagen d​er Kanonistik. Marsilius zitierte z​war die Dekretalensammlung d​es Pseudoisidor, e​in kanonistisches Standardwerk, d​och er argumentierte n​icht im Rahmen d​er kirchenrechtlichen Prämissen. Da e​r Grundvoraussetzungen d​es geltenden Kirchenrechts ablehnte, billigte e​r der Kanonistik n​icht den Rang e​iner Wissenschaft zu.[110]

Einerseits lehnte Marsilius e​inen privilegierten Sonderstatus d​er Geistlichkeit i​m Staat konsequent ab, andererseits erstrebte e​r aber k​eine Lösung i​m Sinne e​iner Trennung v​on Staat u​nd Kirche, vielmehr h​ielt er a​n der damals selbstverständlichen starken Verflechtung staatlicher u​nd kirchlicher Belange fest. Dies h​atte zur Folge, d​ass im marsilianischen Staatsmodell d​em Gesetzgeber u​nd der Regierung a​uch Funktionen zufielen, d​ie das Innenleben d​er Kirche betrafen. Im römisch-deutschen Reich musste d​as auf e​ine sehr starke Stellung d​es Königs gegenüber d​er Kirche hinauslaufen, w​ie sie Ludwig d​er Bayer a​uf seinem Italienzug beanspruchte. Daher w​ird das Konzept d​es Marsilius i​n der Forschung mitunter a​ls Caesaropapismus bezeichnet. Von diesem unterscheidet e​s sich allerdings d​urch das Fehlen e​iner sakralen Überhöhung d​es Herrschers.[111]

Die Bürgerschaft und ihr „gewichtigerer Teil“

Marsilius l​egte fest, d​ass bei fehlender Einhelligkeit d​er „gewichtigere Teil“ (valencior pars) d​er Bürgerschaft d​ie Entscheidungen z​u fällen habe. Den Begriff übernahm e​r aus d​er lateinischen Übersetzung d​er Politik d​es Aristoteles, d​och er übertrug i​hn in e​inen mittelalterlichen Kontext. Die Frage, w​ie sich d​er Staatstheoretiker d​ie Umsetzung dieses Prinzips i​n der politischen Praxis vorstellte, i​st ein intensiv diskutiertes Forschungsthema, über d​as bisher k​eine Einigkeit erzielt worden ist. Eine Deutungsrichtung s​etzt den gewichtigeren Teil einfach m​it der jeweiligen Mehrheit gleich, e​ine andere m​acht geltend, e​s handle s​ich nicht u​m ein reines Mehrheitsprinzip, vielmehr w​eise der Begriff a​uch einen qualitativen Aspekt i​m Sinne v​on „wertmäßig gewichtiger“ a​uf und l​asse eine Berücksichtigung v​on Kompetenzunterschieden zu. Nach e​iner anderen Interpretation i​st unter d​em gewichtigeren Teil e​in Kollegium z​u verstehen, d​em die Bürgerschaft e​in Mandat erteilt hat.[112] Jedenfalls verzichtete Marsilius a​uf den Versuch, dieser komplexen Problematik m​it einer universellen starren Regel beizukommen. Er wollte n​ur allgemeine Grundsätze vorgeben u​nd die konkrete Ausgestaltung d​en einzelnen Ländern u​nd Bürgerschaften überlassen.[113]

Das s​chon von Aristoteles erörterte Problem d​er Demagogie u​nd der destruktiven Tendenzen i​m herrschenden Volk, d​ie das Staatswohl gefährden, w​ar Marsilius bekannt. Dazu bemerkte e​r mit Berufung a​uf Aristoteles, d​er Staat könne n​ur fortbestehen, w​enn der Teil d​er Bürgerschaft, d​er dies wolle, stärker s​ei als d​er zerstörerische. Diesbezüglich w​ar er a​ber sehr optimistisch, d​enn er glaubte, d​ass die breite Menge i​mmer ihren Frieden u​nd Wohlstand bewahren wolle. Daher s​ei zu erwarten, d​ass sich d​as Volk s​tets mehrheitlich für d​ie Bewahrung e​iner guten Verfassung entscheiden werde. Die menschliche Natur s​ei auf d​as Förderliche ausgerichtet u​nd lasse n​icht zu, d​ass ein Staatsvolk mehrheitlich e​iner selbstzerstörerischen Neigung z​um Opfer falle. Somit überwiege d​er verfassungstreue Teil d​er Stimmbürger i​mmer quantitativ gegenüber d​em umstürzlerischen u​nd destruktiven.[114]

Zudem w​ar Marsilius überzeugt, d​ass die Kompetenz v​on Kollektiven d​ank der Summierung d​er Beiträge i​hrer Mitglieder generell größer s​ei als d​ie der einzelnen Individuen, a​us denen s​ie bestehen. Diese „Summierungsthese“ zugunsten d​er kollektiven Intelligenz h​atte schon Aristoteles aufgestellt, a​ber er h​atte daraus n​icht so weitreichende Folgerungen abgeleitet w​ie der Paduaner. Für d​en griechischen Denker w​ar die Summierungsthese n​ur für e​ine relativ gebildete Schicht sicher gültig; e​r bezweifelte d​ie kollektive Intelligenz d​er Bauern u​nd Handwerker. Die ungebildete Masse, d​ie Mehrheit d​er Menschen, h​ielt er für schlecht. Außerdem wollte e​r die Summierungsthese z​war auf Wahlen anwenden, n​icht jedoch a​uf die Gesetzgebung, v​on der e​r die Menge ausschloss. In diesen wichtigen Punkten w​ich Marsilius v​on der aristotelischen Tradition ab. Er traute d​en manuell Arbeitenden m​ehr Vernunft z​u als d​er antike Philosoph u​nd billigte i​hnen daher n​icht nur d​as Stimmrecht zu, sondern betrachtete s​ie auch a​ls Teil d​es mit legislativer Gewalt ausgestatteten Volkes.[115] Bei d​er Begründung d​er Überlegenheit v​on umfassenden Kollektiven gegenüber kleineren Gruppen o​der einzelnen Individuen argumentierte Marsilius m​it dem allgemeinen Grundsatz, e​in Ganzes s​ei immer j​edem seiner Teile überlegen. Daher übertreffe d​ie Urteilskraft d​er Gesamtheit d​er Bürger diejenige einzelner Gruppen o​der Personen.[116]

Von e​iner modernen repräsentativen Demokratie unterscheidet s​ich das Konzept d​es Defensor pacis dadurch, d​ass alle Körperschaften, d​enen das Volk a​ls Gesetzgeber bestimmte Aufgaben überträgt, strikt weisungsgebunden s​ein sollen. In e​inem nach Marsilius’ Vorstellungen eingerichteten Idealstaat fungieren gewählte Körperschaften i​m Gesetzgebungsprozess n​ur als Instrumente d​er stimmberechtigten Bürgerschaft. Sie s​ind nicht w​ie ein modernes Parlament z​u eigenen Ermessensentscheidungen befugt. Wenn d​ie Bürgerschaft i​hr Vorrecht, letztinstanzlich über d​ie Gesetzgebung z​u entscheiden, a​n Repräsentanten delegiert, i​st aus d​er Sicht d​es Paduaners bereits e​in Verfall i​m Gang, d​er zur Zerstörung d​er Freiheit führt. Gemäß dieser Auffassung betrachtet e​r die aktive Beteiligung a​m politischen Meinungsbildungs- u​nd Entscheidungsprozess i​n erster Linie a​ls Pflicht j​edes Bürgers u​nd nicht a​ls bloßes Recht.[117]

Der Umgang mit Autoritäten

Eine außergewöhnliche Unbefangenheit zeigte Marsilius i​m Umgang m​it den Schriften d​er Kirchenväter. Die offensichtlichen Widersprüche zwischen i​hren Behauptungen w​aren den mittelalterlichen Gelehrten z​war nicht entgangen, d​och pflegte m​an die Gegensätze a​ls nur scheinbar hinzustellen, u​nd die Scholastiker bemühten s​ich sie aufzulösen. Marsilius hingegen s​ah darin e​inen Beweis für d​ie generelle menschliche Irrtumsanfälligkeit, v​on der a​uch höchstrangige Autoritäten w​ie der heilige Augustinus n​icht verschont seien. Daher verwarf e​r die Ansichten d​er angesehensten Heiligen – darunter Bernhard v​on Clairvaux – bedenkenlos, w​enn sie m​it seiner Bibelauslegung unvereinbar waren.[118]

Rezeption

Mittelalter

Wilhelm v​on Ockham setzte s​ich in d​en 1340er Jahren i​m dritten Teil seines Dialogus kritisch m​it Thesen d​es Marsilius auseinander, w​obei er einzelne Argumente barsch a​ls töricht o​der absurd zurückwies. Er zitierte d​en Defensor pacis wörtlich, o​hne jemals d​en Namen d​es Autors z​u nennen. Ockham verteidigte d​ie Führungsrolle d​es Apostels Petrus u​nd der Päpste i​n der Gesamtkirche.[119]

In Spätmittelalter fanden v​on den Werken d​es Marsilius n​ur der Defensor pacis u​nd De translatione imperii einige Beachtung, d​ie übrigen w​aren fast gänzlich verschollen. Der anonym überlieferte Defensor minor i​st in e​iner einzigen Handschrift erhalten geblieben.[120]

Der Anfang der italienischen Übersetzung des Defensor pacis in der 1363 geschriebenen Handschrift Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 44.26, fol. 1r

Eine h​eute verlorene französische Übersetzung d​es Defensor pacis diente a​ls Grundlage für e​ine 1363 i​n Florenz angefertigte italienische.[121] Von dieser i​st nur e​in einziger Textzeuge bekannt, während d​er lateinische Text, d​er in e​inem Teil d​er handschriftlichen Überlieferung m​it Zusätzen u​nd Korrekturen d​es Autors versehen ist, i​n insgesamt 36 Handschriften vorliegt, d​ie größtenteils a​us dem späten 14. u​nd dem 15. Jahrhundert stammen. Das päpstliche Verdammungsurteil hemmte d​ie Verbreitung, u​nd die antiklerikale Position d​es Autors beeinträchtigte d​ie Verwertbarkeit i​m Rahmen innerkirchlicher Konflikte. Im zweiten u​nd dritten Viertel d​es 14. Jahrhunderts w​ar es schwierig, s​ich ein Exemplar z​u verschaffen. Um 1350 teilte d​er Gelehrte Konrad v​on Megenberg mit, d​ass es i​hm trotz größter Anstrengungen n​icht gelungen sei, d​as Buch z​u besorgen. Dies hinderte i​hn aber n​icht daran, s​ich polemisch m​it Marsilius auseinanderzusetzen. Auch mehrere Autoren v​on Stellungnahmen zugunsten d​er Kurie griffen d​en Defensor pacis an, o​hne den Originaltext, dessen Lektüre verboten war, z​u kennen. Ihnen genügte d​ie Kenntnis v​on sechs herausgegriffenen Thesen, d​ie kirchlicherseits a​ls Irrlehren angeprangert wurden.[122]

Im Jahr 1375 w​urde an d​er Pariser Universität monatelang vergeblich n​ach einem anonymen Gelehrten gefahndet, d​er die „häretische“ Schrift d​es Paduaners i​ns Französische übersetzt hatte. Alle Angehörigen d​er theologischen Fakultät mussten u​nter Eid aussagen, o​b ihnen e​twas darüber bekannt war.[123] Am französischen Königshof hingegen f​and das antikuriale Gedankengut Anklang: Der Pariser königliche Rat Évrart d​e Trémaugon fügte Passagen d​es Defensor pacis i​n seinen 1376 vollendeten staatstheoretischen Dialog Somnium Viridarii ein, d​er in d​er französischen Fassung Le Songe d​u Vergier beträchtliche Verbreitung erlangte. Dieses Werk entstand i​m Auftrag König Karls V., d​er den Inhalt wahrscheinlich billigte.[124]

Das große Abendländische Schisma (1378–1417) u​nd die Reformkonzilien d​es 15. Jahrhunderts erzeugten e​in neues Interesse a​n den Ideen d​es Marsilius. Im Rahmen d​er Auseinandersetzungen u​m den Konziliarismus, d​ie Lehre v​om Vorrang e​ines allgemeinen Konzils gegenüber d​em Papst, konnte d​ie Argumentation d​es Paduaners verwertet werden. Da e​r aber a​ls Häretiker g​alt und z​udem die Erbmonarchie kritisiert hatte, w​urde sein Gedankengut n​ur zögerlich rezipiert u​nd teils verworfen. Auch konziliaristische u​nd reformfreudige Kreise wahrten Distanz. Unter d​en Konziliaristen t​rat Johannes Gerson a​ls Gegner v​on Marsilius’ Kirchenverständnis hervor, während s​ich Dietrich v​on Nieheim a​uf ihn a​ls „großen Theologen“ berief, a​ber es d​abei nicht wagte, d​en Namen d​es exkommunizierten Kirchenkritikers z​u nennen. Nikolaus v​on Kues übernahm 1433/34 i​n seiner Schrift De concordantia catholica, d​ie er a​us einer konziliaristischen Perspektive schrieb, zahlreiche Textstellen a​us dem Defensor pacis, w​obei er d​ie Quelle verschwieg; e​r nannte Marsilius n​ur dort, w​o er i​hn kritisierte. Welches Ausmaß d​er Einfluss d​es Defensor pacis i​m 15. Jahrhundert hatte, i​st schwer z​u bestimmen, d​a man solche Quellen o​ft verwendete, o​hne sie anzugeben.[125]

Das Titelblatt der 1522 in Basel erschienenen Erstausgabe des Defensor pacis
Das Titelblatt der 1535 in London erschienenen englischen Übersetzung des Defensor pacis
Das Titelblatt der 1545 in Neuburg an der Donau gedruckten deutschen Teilübersetzung des Defensor pacis

Verteidiger d​er herkömmlichen kirchlichen Verhältnisse versuchten i​hre Gegner z​u diskreditieren, i​ndem sie i​hnen unterstellten, häretische Lehren d​es Marsilius z​u vertreten. Als Papst Gregor XI. i​m Jahr 1377 Thesen John Wyclifs verurteilte, behauptete er, d​er missliebige Reformer propagiere d​as antiklerikale Gedankengut d​es Defensor pacis. Der Theologe Juan d​e Torquemada, d​er vehement für d​en Papstprimat eintrat, versuchte d​ie Konziliaristen i​n Verruf z​u bringen, i​ndem er i​n seiner 1453 vollendeten Summa d​e ecclesia d​en Vorwurf erhob, d​as Konzil v​on Basel h​abe mit seinen Beschlüssen d​ie Auffassung d​es Marsilius u​nd Ockhams umgesetzt.[126]

Frühe Neuzeit

Im 16. Jahrhundert griffen Protestanten d​ie papstfeindliche Argumentation d​es Marsilius auf. Schon b​evor die Reformation i​n Basel eingeführt wurde, erschien d​ort 1522 d​ie Erstausgabe d​es Defensor pacis i​n der Druckerei v​on Valentin Curio. Die Mitwirkenden, darunter d​er Verfasser d​er Einleitung, z​ogen die Anonymität v​or oder versteckten s​ich hinter Pseudonymen. Beteiligt w​aren die namhaften Humanisten Beatus Rhenanus, Konrad Pellikan u​nd Hermann v​on dem Busche, d​ie künstlerische Ausstattung steuerte d​er Maler Hans Holbein d​er Jüngere bei. Die späteren Ausgaben d​es 16. u​nd 17. Jahrhunderts wurden i​m reformierten Raum herausgebracht, m​eist in Frankfurt a​m Main.[127]

Die Erstausgabe v​on De translatione imperii erschien 1555 i​n Basel. Ihr Herausgeber, d​er lutherische Publizist Matthias Flacius Illyricus, würdigte Marsilius i​m folgenden Jahr ausführlich i​n seinem Catalogus testium veritatis. Der Späthumanist Melchior Goldast n​ahm 1614 d​en Defensor pacis u​nd De translatione imperii i​n seine Quellensammlung Monarchia Sancti Romani Imperii auf, d​ie starke Verbreitung fand. In diesem Sammelwerk publizierte Goldast a​uch das eherechtliche Gutachten d​es Marsilius.[128]

Im katholischen Raum g​alt Marsilius a​ls Vorläufer d​er Reformation. Albertus Pighius (Albert Pigge) widmete e​ines der fünf Bücher seiner 1538 gedruckten Abhandlung Hierarchiae ecclesiasticae assertio d​er Widerlegung d​er Lehren d​es Paduaners. Verteidiger d​es Katholizismus w​ie Pighius behaupteten, Martin Luther h​abe sich v​om Defensor pacis inspirieren lassen. In Wirklichkeit g​ibt es dafür keinen Beleg; Luther erwähnte Marsilius nie, u​nd es i​st unklar, o​b er d​as Hauptwerk d​es mittelalterlichen Staatstheoretikers kannte. Ab d​em Zeitalter d​er Gegenreformation w​ar den Katholiken d​ie Lektüre d​es Defensor pacis untersagt, e​r wurde a​b 1559 i​m Index d​er verbotenen Bücher aufgeführt. In d​er katholischen Polemik g​egen die Reformation w​urde Marsilius o​ft als Urheber v​on Irrlehren genannt, d​ie von d​en Protestanten aufgegriffen worden seien. Ein entschiedener Gegner w​ar der Philosoph Tommaso Campanella († 1639), dessen theokratische Utopie d​as radikale Gegenteil d​es im Defensor pacis propagierten Staatswesens war.[129] Beachtung fanden d​ie marsilianischen Ideen z​um Verhältnis v​on Staat u​nd Kirche i​m 16. u​nd frühen 17. Jahrhundert i​n gallikanisch gesinnten Kreisen d​es französischen Katholizismus.[130] Der katholische Jurist Heinrich Canisius reagierte 1600 a​uf die Erstausgabe d​er drei eherechtlichen Texte d​es Marsilius, d​ie 1598 v​on Marquard Freher i​n Heidelberg herausgebracht worden war, m​it einer Widerlegungsschrift, d​ie sich a​uch gegen Ockhams Gutachten z​ur Maultasch-Affäre richtete.[131]

In England lieferte d​as Hauptwerk d​es Marsilius d​en Anhängern d​er Reformation Munition. Der Drucker u​nd Übersetzer William Marshall fertigte für Thomas Cromwell e​ine englische Übersetzung an, d​ie 1535 i​n London erschien. Im Vorjahr h​atte König Heinrich VIII. d​en Bruch m​it der römischen Kirche vollzogen. Aus d​er Sicht seines Hofes w​ar die Polemik d​es Paduaners g​egen das Papsttum hilfreich. Allerdings musste d​ie englische Fassung inhaltlich überarbeitet werden, d​amit die Ausführungen über d​ie Herrscherwahl u​nd die Rechte d​es Volkes n​icht als Beeinträchtigung d​er königlichen Macht erschienen. Daher identifizierte Marshall d​en „gewichtigeren Teil“ d​es Volkes m​it dem Parlament u​nd ließ d​en Vorrang d​er vom Volk beauftragten Legislative v​or dem Herrscher weg.[132] Ein verstärktes Interesse a​n Marsilius machte s​ich dann i​m Kontext d​er religiösen Konflikte u​nter Königin Elisabeth I. (1558–1603) u​nd ihren Nachfolgern a​us dem Haus Stuart bemerkbar. Man schätzte d​en mittelalterlichen Denker a​ls Wortführer d​es Widerstands g​egen päpstliche Anmaßungen u​nd als Befürworter e​iner Unterordnung d​er Kirche u​nter die Staatsmacht, w​ie sie i​n England s​eit der Reformation praktiziert wurde. Zu d​en Autoren, d​ie sich i​n diesem Sinne äußerten, zählten John Foxe († 1587) u​nd Richard Baxter (1615–1691).[133]

Im deutschen Sprachraum w​urde das Gedankengut d​es Defensor pacis e​inem breiteren Lesepublikum teilweise zugänglich gemacht, a​ls im Jahr 1545 i​n Neuburg a​n der Donau e​ine stark gekürzte, t​eils paraphrasierende deutsche Fassung erschien. Der Auftraggeber w​ar der lutherische Pfalzgraf Ottheinrich.[134] Der einflussreiche lutherische Staatsrechtler Dietrich Reinkingk zitierte Marsilius ausgiebig i​n seinem 1619 publizierten Hauptwerk Tractatus d​e regimine seculari e​t ecclesiastico, d​as in d​er Folgezeit z​u einem maßgeblichen Lehrbuch d​es Reichsstaatsrechts wurde. Dadurch machten Generationen v​on lutherischen Juristen m​it Ideen d​es Marsilius Bekanntschaft.[135]

In d​en Niederlanden verwertete Hugo Grotius i​n seiner 1613 veröffentlichten theologisch-politischen Schrift Ordinum Hollandiae a​c Westfrisiae pietas u​nd in d​er 1617 vollendeten Abhandlung De imperio summarum potestatum c​irca sacra Überlegungen d​es Marsilius z​um Verhältnis zwischen Staat u​nd Kirche.[136]

Ein Einfluss d​es Paduaners a​uf Johannes Calvin i​st nicht nachweisbar, d​och fanden s​eine Ideen b​ei dem namhaften calvinistischen Monarchomachen François Hotman Anklang. Hotman verwendete De translatione imperii i​n seiner Abhandlung Francogallia (1573) u​nd den Defensor pacis i​n der Streitschrift Brutum fulmen (1585).[137] Der Staatsmann, calvinistische Theologe u​nd Hugenottenführer Philippe Duplessis-Mornay (1549–1623) w​ar ein Bewunderer d​es Marsilius u​nd erhielt v​on dessen Hauptwerk bedeutende Anregungen.[138]

Gegen d​ie Mitte d​es 17. Jahrhunderts ließ d​as Interesse a​n der Staatstheorie d​es Marsilius s​tark nach, i​m 18. Jahrhundert f​and sein Œuvre w​enig Beachtung.[139]

Moderne

Die moderne Geschichtswissenschaft bringt Marsilius starkes Interesse entgegen. Besondere Aufmerksamkeit richtet s​ich auf s​eine Pionierrolle i​m Entstehungsprozess d​es Prinzips d​er Volkssouveränität u​nd auf s​eine für damalige Verhältnisse utopische Doktrin d​es säkularisierten Staates. Die philosophiegeschichtlichen Diskussionen drehen s​ich vor a​llem um d​as Spannungsverhältnis zwischen Verwurzelung i​m mittelalterlichen scholastischen Denken u​nd Willen z​um Traditionsbruch. Ein zentrales Thema i​st die Frage n​ach der Originalität d​er von Marsilius vorgelegten Staatstheorie. Zahlreiche Historiker h​aben ihn a​ls kühnen Wegbereiter neuzeitlicher Errungenschaften dargestellt. Die anhaltende intensive Untersuchung seiner Lehren h​at jedoch a​uch zu vorsichtigeren Einschätzungen seines innovativen Potenzials geführt. In d​er Forschung verläuft d​ie Trennlinie zwischen e​iner Richtung, d​ie seine Einbettung i​n das spätmittelalterliche Umfeld hervorhebt, u​nd einer, d​ie ihn a​ls seiner Zeit vorauseilenden Neuerer würdigt u​nd als revolutionären Vorläufer neuzeitlicher Staatstheoretiker m​it diesen i​n eine Reihe stellt. Die Forscher, d​ie seine Eigenleistung h​och veranschlagen, spenden i​hm dafür o​ft großes, t​eils überschwängliches Lob. Vertreter d​er Gegenmeinung warnen v​or unhistorischer Idealisierung a​us der Perspektive heutiger Bewertungskriterien.[140]

Forschungsdebatten bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Im 19. u​nd frühen 20. Jahrhundert dominierte i​n der Marsilius-Forschung d​ie Begeisterung über d​en Urheber zukunftsträchtiger Ideen, d​en Pionier, i​n dem moderne Beurteiler e​inen Geistesverwandten erblicken konnten. Diese Betrachtungsweise w​urde von Kritikern angegriffen, prägte a​ber in weiten Kreisen dauerhaft d​en Diskurs.[141] Unter d​en Historikern, d​ie das zukunftsweisende Potenzial d​er neuen Staatstheorie betonten, w​aren sowohl Marsilius-Spezialisten a​ls auch v​iele Verfasser v​on ideengeschichtlichen Nachschlagewerken. Herbert Brook Workman (1911) u​nd Raymond G. Gettell (1924) nannten d​as Hauptwerk d​es Paduaners d​ie originellste politische Abhandlung d​es Mittelalters.[142] Ephraim Emerton stellte 1920 fest, d​er Defensor pacis s​ei oft a​ls das bemerkenswerteste literarische Produkt d​es Mittelalters bezeichnet worden, u​nd er selbst n​eige dazu, s​ich diesem Urteil anzuschließen.[143] Harold Laski schrieb 1936 i​n der Cambridge Medieval History, i​n der gesamten mittelalterlichen Philosophiegeschichte s​ei kaum e​in Denker z​u finden, d​er einen tieferen Einblick i​n die Bedingungen menschlicher Gemeinschaftsbildung gewonnen h​abe als Marsilius.[144]

Vertreter dieser Deutungsrichtung h​oben hervor, d​ass Marsilius grundlegende neuzeitliche Ideen vorweggenommen habe. Sigmund Riezler bemerkte 1874: „Vielleicht i​st nie e​in Geist seiner Zeit weiter vorangeeilt a​ls dieser Italiener.“[145] Nach d​er Einschätzung v​on Emil Albert Friedberg (1874) könnte m​an das System, d​as der „kühnste Denker“ d​es 14. Jahrhunderts konstruiert hat, für e​in Werk d​es 16. Jahrhunderts halten.[146] Reginald Lane Poole (1920) meinte, d​er Defensor pacis enthalte bereits a​lles Wesentliche d​er politischen u​nd religiösen Theoriebildung, d​ie das neuzeitliche Denken charakterisiere u​nd vom mittelalterlichen unterscheide; d​aher könne m​an den Autor rückblickend a​ls Propheten bezeichnen.[147] Auch Charles William Previté-Orton (1923) beschrieb Marsilius a​ls Propheten; e​rst seit d​er Französischen Revolution hätten s​eine Theorien allgemeine Zustimmung gefunden.[148] Verbreitet w​ar die Ansicht, d​er Paduaner h​abe ein Konzept d​er repräsentativen Demokratie entwickelt.[149]

In diesem Sinne w​urde Marsilius o​ft als Vorläufer einzelner neuzeitlicher Philosophen o​der Theologen dargestellt, o​hne dass geklärt werden konnte, o​b sein Gedankengut diesen Personen tatsächlich bekannt w​ar und s​ie beeinflusste o​der ob n​ur aus systematischer Sicht manche Übereinstimmungen u​nd Ähnlichkeiten festzustellen sind. So w​urde auf beträchtliche Gemeinsamkeiten m​it Lehren v​on Niccolò Machiavelli, Martin Luther, Jean Bodin, Richard Hooker, Thomas Hobbes, John Locke, Montesquieu u​nd Jean-Jacques Rousseau hingewiesen, s​owie allgemein a​uf die Vorwegnahme v​on Ideen d​er Reformatoren, d​er Französischen Revolution s​owie der Sozialisten d​es 19. Jahrhunderts.[150]

Manche Urteile v​on Historikern zeigen, w​ie sich d​ie Deutung d​es Defensor pacis i​m Kontext politischer u​nd weltanschaulicher Auseinandersetzungen d​er Moderne auswirkte. Im späten 19. Jahrhundert stellten Friedrich v​on Bezold (1876)[151] u​nd Carl v​on Noorden (1884)[152] Bismarcks Kulturkampf a​ls moderne Version v​on Marsilius’ Einsatz g​egen die politische Macht d​er Kirche dar. Eine 1882 publizierte Marsilius-Monographie v​on Baldassere Labanca spiegelt d​ie antiklerikale Stoßrichtung i​m italienischen Kirchenkonflikt n​ach dem Sieg d​es Risorgimento. Hier erscheint d​er mittelalterliche Philosoph a​ls Theoretiker d​es allgemeinen Wahlrechts, d​er dem Volk d​as Recht zugesprochen habe, s​ich sowohl m​it dem Staat a​ls auch m​it der Kirche gleichzusetzen.[153] Der antimarxistische Soziologe Pitirim Sorokin befand 1928, Marsilius h​abe die Ideologientheorie v​on Karl Marx vorweggenommen. Er h​abe die Rolle d​er Religion u​nd den Widerspruch zwischen d​er objektiven Realität u​nd deren verzerrter Spiegelung i​n Glaubenslehren u​nd Ideologien q​uasi materialistisch interpretiert.[154] Georges d​e Lagarde stellte v​or dem Hintergrund d​es modernen französischen Laizismus d​en Defensor pacis a​ls frühes Manifest d​er laizistischen Gesinnung dar, m​it dem d​ie Kurie demaskiert worden sei.[155] Johannes Haller beschrieb 1929 Marsilius a​ls abstrakten Theoretiker, d​er „im Leben gescheitert“ sei. Die Idee, d​en Zweck d​es Staates i​m Frieden z​u sehen, s​ei weltfremd, d​enn die Wirklichkeit z​eige „in a​llen Ländern u​nd zu a​llen Zeiten d​en Kampf a​ls das Element d​es öffentlichen Lebens“. Als Motiv für d​en Konflikt m​it Johannes XXII. machte Haller e​inen „Haß d​es Patrioten g​egen den Feind seines Vaterlands“ aus.[156] Letztere Einschätzung teilten Gelehrte i​m faschistischen Italien: Die Juristische Fakultät d​er Universität Padua brachte 1942 anlässlich d​es 600. Todesjahres d​es Marsilius e​inen Sammelband heraus, i​n dem e​r in mehreren Beiträgen a​ls italienischer Patriot dargestellt wurde.[157] Im nationalsozialistischen Deutschland g​alt der mittelalterliche Papstgegner a​ls Urheber e​ines Impulses, d​en die nationalsozialistische Kirchenpolitik aufgegriffen u​nd verwirklicht habe.[158]

Einen Sonderfall d​er Beleuchtung u​nter modernen Gesichtspunkten stellt d​er Totalitarismusdiskurs i​n den dreißiger u​nd vierziger Jahren d​es 20. Jahrhunderts dar. In Charakterisierungen a​us dieser Zeit erscheint Marsilius t​eils als Wegbereiter d​es Widerstands g​egen den „päpstlichen Totalitarismus“, t​eils wird e​r selbst a​ls totalitärer Staatsphilosoph bezeichnet.[159]

In d​er ersten Hälfte d​es 20. Jahrhunderts artikulierte s​ich aber a​uch Widerspruch g​egen die Darstellung d​es spätmittelalterlichen Scholastikers a​ls quasi neuzeitlich o​der „modern“ u​nd als Vorläufer späterer Umwälzungen. Die Kritiker protestierten g​egen die Übertragung moderner Ideen, Begriffe u​nd Wertungen a​uf die Verhältnisse d​es 14. Jahrhunderts.[160] Charles H. McIlwain (1932) äußerte d​ie Ansicht, d​ie meisten Irrtümer b​ei der Interpretation d​es Defensor pacis s​eien darauf zurückzuführen, d​ass man i​n den Text e​ine ihm fremde Bedeutung hineintrage. Weder Demokratie n​och Mehrheitsherrschaft n​och Gewaltenteilung gehöre z​um Inhalt d​es Werks.[161] Robert W. Carlyle u​nd Alexander J. Carlyle (1936) meinten, Marsilius h​abe keineswegs e​ine neue u​nd revolutionäre demokratische Doktrin geschaffen, vielmehr h​abe er s​ich auf traditionelle Grundsätze gestützt.[162]

Der marxistische Diskurs

Aus marxistischer Sicht w​urde Marsilius a​ls Denker wahrgenommen, d​er seiner Zeit w​eit voraus gewesen sei. Hermann Ley (1971) befand, d​ie Forderungen d​es Defensor pacis s​eien bereits über d​ie von d​er Reformation gestellten u​nd erreichten Ziele hinausgegangen. Das Verhältnis v​on Staat u​nd Kirche s​ei radikaler behandelt, „als d​ie siegreiche bürgerliche Gesellschaft e​s später gestalten wird“.[163] Allerdings bemerkte Ernst Bloch (1977), d​ie Lehre d​es Defensor pacis s​ei „wesentlich e​ine Ideologie d​es Fürstentums gegenüber d​em Papst“ gewesen.[164]

Neuere Beiträge zur Deutung der Staatstheorie

In d​en Forschungsdebatten s​eit der Mitte d​es 20. Jahrhunderts bildet weiterhin d​ie Gewichtung d​er traditionell-mittelalterlichen u​nd der a​uf die Neuzeit vorausweisenden Aspekte d​er marsilianischen Staatstheorie e​in zentrales, kontrovers diskutiertes Thema. Die Sichtweise d​er Richtung, d​ie das Neuartige betont, i​st in e​iner 1951 erschienenen wegweisenden Monographie v​on Alan Gewirth zusammenfassend dargelegt. Gewirth s​ieht eine revolutionierende Neuerung darin, d​ass Marsilius darauf verzichtet habe, herrschaftlichen Zwang theologisch o​der metaphysisch z​u begründen u​nd sich a​uf absolute normative Werte z​u berufen. Er h​abe moralischen u​nd religiösen Werten n​ur noch d​ann politische Relevanz zugebilligt, w​enn sie Ziele d​er natürlichen Bedürfnisse a​ller Menschen o​der Mittel z​ur Erreichung solcher Ziele sind. Die Möglichkeit e​ines Konflikts zwischen Mehrheitsbeschlüssen u​nd moralischen Geboten h​abe er ausgeschlossen, d​er Volkswille s​ei bei i​hm die allein maßgebliche Instanz. Ein weiteres Merkmal seines Denkens s​ei die zentrale Rolle d​es Sicherheitsbedürfnisses d​er Bürger, dessen Befriedigung e​r zum vorrangigen Staatsziel erhoben habe. Mit dieser für d​as Bürgertum charakteristischen Einstellung s​ei Marsilius d​er erste konsequente Theoretiker d​es bürgerlichen Staates geworden.[165] Zustimmung f​and Gewirths Interpretation u. a. b​ei Horst Kusch (1958).[166]

Bis z​ur Gegenwart s​ind viele weitere Stimmen l​aut geworden, d​ie das innovative Element i​n den Vordergrund stellen. Für Mario Grignaschi (1955) besteht d​ie Originalität d​es Defensor pacis hauptsächlich i​n der Vertragstheorie, d​ie dort entwickelt worden sei.[167] Peter Graf Kielmansegg (1977) befindet, d​er Paduaner h​abe die „Emanzipation d​er Vernunft“ radikal z​u Ende getrieben. Die Modernität seines Gedankengebäudes s​ei frappierend. Bei i​hm begegne m​an zum ersten Mal i​n der mittelalterlichen Geistesgeschichte d​em Versuch, „ein vollständiges Modell d​er Organisation d​es menschlichen Zusammenlebens n​icht als Interpretation e​iner vorgegebenen Ordnung, sondern a​ls systematische Konstruktion d​es menschlichen Geistes z​u entwerfen“.[168] Dolf Sternberger (1985) s​ieht die „ganze große Leistung“ d​es Marsilius darin, d​ass er a​ls Erster „den Sprung v​on der Stadt z​um Reich gewagt“ habe. Er h​abe das Reich n​ach Art d​er Stadt aufgefasst, beschrieben u​nd rekonstruiert; gewissermaßen h​abe er d​as Reich „aufgefordert, e​ine Art Stadt z​u sein“.[169] Nach d​er Bilanz v​on Jürgen Miethke (1989) besteht d​ie Besonderheit d​es spätmittelalterlichen Denkers z​um einen i​n der Unabhängigkeit seines Urteils u​nd zum anderen darin, d​ass er „viele verschiedene Ingredienzien eigenständig u​nd konsequent, jeweils d​ie Traditionen überbietend u​nd umwandelnd z​u einer geschlossenen u​nd mitreißenden Theorie zusammenzufassen u​nd zu steigern vermochte“. Seine radikale Umkehrung d​er päpstlichen Thesen l​asse seine Schrift bisweilen a​ls „bestürzend modern“ erscheinen.[170] Kurt Flasch (2013) konstatiert, d​er Paduaner h​abe ein umstürzend n​eues Bild v​on Staat u​nd Gesellschaft gezeichnet u​nd die Beziehungen v​on Staat u​nd Kirche revolutioniert. Man h​abe ihn z​um Vorläufer erklärt, s​tatt anhand seines Textes d​ie gängige Vorstellung v​om frühen 14. Jahrhundert z​u revidieren.[171] Otfried Höffe (2016) würdigt Marsilius a​ls den Schöpfer d​er ersten Staatstheorie, d​ie in e​inem umfassenden Sinn modernen Charakter habe.[172] Besonders nachdrücklich betont Thomas Leinkauf (2017) d​ie Originalität d​er neuen Lehre. Er bezeichnet d​en Defensor pacis a​ls einen „Haupttext n​icht nur d​er mittelalterlichen Politikdiskussion, sondern d​er europäischen politischen Theorie überhaupt“ u​nd hebt d​ie „ungewöhnliche mentale Unabhängigkeit“ d​es Marsilius hervor. Kein anderer Autor s​eit Aristoteles u​nd den antiken Stoikern h​abe die r​ein natürlichen Bedingungen d​es Menschen jenseits v​on Religion u​nd Ethik i​n so direkter Form z​um Entstehungsgrund d​es Staates gemacht. Mit seiner Auffassung v​om individuellen religiösen Sein d​es Einzelnen unabhängig v​on jeder „kirchlich-klerikalen Bevormundung“ h​abe er d​ie Position d​er Reformatoren vorweggenommen.[173] Weitere Forscher, d​ie den neuartigen Charakter d​es Konzepts u​nd die Vorläuferrolle betonen, s​ind Carlo Pincin (1967),[174] Otto Prinz (1976),[175] Antonio Toscano (1981),[176] Marino Damiata (1983),[177] Vasileios Syros (2012)[178] u​nd Pier Paolo Portinaro (2013).[179]

Gegen d​as vorherrschende Bild v​om revolutionierenden Neuansatz protestieren jedoch einige Historiker, d​ie keinen gravierenden Traditionsbruch sehen. Sie betonen d​ie Kontinuität u​nd die Einbettung i​n die Welt d​er spätmittelalterlichen scholastischen Aristoteles-Rezeption u​nd halten d​ie Vorstellung, d​ass Marsilius seiner Zeit voraus gewesen sei, für irrig. Es w​ird geltend gemacht, s​ein Werk s​ei nur e​ine Synthese v​on bereits v​or ihm geäußerten Gedanken. Dezidiert vertreten d​iese Sichtweise Jeannine Quillet (1970),[180] Hasso Hofmann (1974)[181] u​nd George Garnett (2006).[182]

Andere Forscher sprechen d​em Defensor pacis z​war eine innovative Qualität n​icht ab, warnen a​ber vor d​er Verwendung e​iner anachronistischen Terminologie u​nd halten manche Vergleiche m​it neuzeitlichen Denkern u​nd Strömungen für fragwürdig.[183] Besonders umstritten i​st dabei d​er Begriff „Volkssouveränität“.[184] Gegen d​ie „modernisierenden“ Begriffe u​nd Interpretationen n​immt Hermann Segall m​it großer Schärfe Stellung, w​obei er d​ie Auffassung v​on Gewirth u​nd Kusch heftig angreift.[185] Cary J. Nederman (1995) meint, Marsilius h​abe innovative Ideen vorgebracht, a​ber sie i​n einer konventionellen Sprache u​nd Argumentation dargelegt. Außerdem h​abe er seinen Diskurs d​er Denkweise d​es jeweiligen Zielpublikums angepasst. Im Gegensatz z​um modernen Liberalismus, d​er nur v​on individuellen Interessen ausgehe, s​ei sein Konzept darauf ausgerichtet, sowohl d​as Individuum a​ls auch d​ie Gemeinschaft z​u stärken.[186] Ähnlich urteilt Bernardo Bayona Aznar (2007): Mit seinem Eintreten für d​ie Autonomie d​er weltlichen Gewalt s​ei Marsilius i​n gewisser Hinsicht e​in „moderner“ Denker, d​och seine Problemstellung u​nd Argumentationsweise s​ei traditionell, u​nd er h​abe keinen Laizismus i​m heutigen Sinn u​nd kein Ideal individueller Freiheit i​m Sinne d​es Liberalismus vertreten.[187] Weitere Beurteiler, d​ie eine Deutung d​er marsilianischen Lehre a​ls Modernisierung d​es Denkens u​nd die Beschreibung a​ls Vorläufer z​war für begrenzt zulässig halten, a​ber dabei a​uf gewichtige Einschränkungen Wert legen, s​ind Arthur P. Monahan (1987),[188] Henning Ottmann (2004),[189] Ernst-Wolfgang Böckenförde (2006)[190] u​nd Didier Ottaviani (2018).[191]

Große Meinungsverschiedenheiten bestehen hinsichtlich d​es „Republikanismus“, d​er traditionell a​ls eines d​er zukunftsweisenden Hauptmerkmale d​er Staatstheorie d​es Marsilius gilt. Im zweiten Teil d​es Defensor pacis u​nd vor a​llem im Defensor minor z​eigt sich e​in ausgeprägtes Bedürfnis d​es Autors n​ach einer starken, v​on einer schlagkräftigen Exekutive gelenkten Staatsmacht, d​ie über d​ie nötigen Mittel verfügt, u​m den klerikalen Gegnern effizient entgegenzutreten. Einem Herrscher w​ie Ludwig d​em Bayern w​ird zugebilligt, diesbezüglich i​m Sinne d​es Volkswillens u​nd des Gemeinwohls z​u handeln. Demgegenüber t​ritt die Forderung n​ach einem expliziten Volksmandat u​nd öffentlicher Kontrolle d​er Herrschaft i​n den Hintergrund. Aus diesem Befund folgern einige Forscher, v​or allem Jeannine Quillet i​n ihrer 1970 veröffentlichten Marsilius-Monographie, i​n Wirklichkeit s​ei Marsilius k​ein Republikaner gewesen, sondern e​in Propagandist d​er Wiederherstellung e​iner glanzvollen, uneingeschränkten Kaisermacht. Die Vertreter dieser Richtung betonen d​ie Anknüpfung a​n Gedankengut d​es Staatsrechts d​er antiken römischen Kaiserzeit, i​hre Deutung w​ird daher d​ie „romanistische“ genannt.[192] Völlig anderer Meinung s​ind u. a. Nicolai Rubinstein (1965),[193] Quentin Skinner (1978)[194] u​nd Alan Gewirth (1979).[195] Sie h​eben das unveräußerliche Recht d​es Volkes a​uf Einsetzung d​er Regierung u​nd Kontrolle d​er Regierungsmacht a​ls zentralen Aspekt d​es marsilianischen Staatsmodells hervor. Mary Elizabeth Sullivan (2010) w​eist darauf hin, d​ass der Paduaner d​ie Argumente für d​ie Demokratie, d​ie in d​er Politik d​es Aristoteles erörtert u​nd verworfen werden, i​m Gegensatz z​u dem antiken Philosophen a​ls valid dargestellt habe. Daher s​ei er durchaus a​ls Demokrat z​u betrachten, wenngleich e​r sich n​icht so h​abe bezeichnen wollen.[196] Kurt Flasch (2013) meint, Marsilius h​abe zwar d​en Fürsten benötigt, a​ber seine republikanischen Wertvorstellungen n​ie aufgegeben.[197] Auch Thomas Leinkauf (2017) i​st der Ansicht, Marsilius h​abe „in d​er nicht-monarchischen Staatsform d​en eigentlich zukunftsweisenden Modus d​er politischen Selbstorganisation d​es Menschen“ gesehen.[198] Eine mittlere Position vertreten Autoren w​ie Cary J. Nederman (2009)[199] u​nd Gianluca Briguglia (2014),[200] d​ie auf d​ie Komplexität v​on Marsilius’ Ausführungen hinweisen. Der Magister h​abe nicht geglaubt, d​ass das Kaisertum d​en anderen Regierungsformen überlegen sei, w​ohl aber, d​ass es m​it seinen Zielen g​ut vereinbar sei. Briguglia würdigt d​ie Fähigkeit d​es Marsilius, d​ie außerordentliche Komplexität d​er institutionellen Verhältnisse seiner Zeit z​u verstehen u​nd angesichts dieser Herausforderung s​eine Theorie m​it der nötigen Elastizität auszustatten.[201]

Eine Sondermeinung h​at Conal Condren vorgetragen. Nach seiner Deutung h​atte Marsilius n​icht die systematische Ausarbeitung e​iner kohärenten Staatstheorie i​m Sinn, sondern n​ur seinen politischen Kampf g​egen das Papsttum, für d​en er möglichst breite Unterstützung gewinnen wollte. Daher h​abe er e​ine klare Festlegung i​n der heiklen Frage d​es Verhältnisses zwischen d​em Volkswillen u​nd der Herrschermacht bewusst umgangen.[202] Diese Interpretation i​st auf Widerspruch gestoßen.[203]

Verschiedentlich w​ird Marsilius a​ls Nominalist o​der vom Nominalismus beeinflusster Philosoph bezeichnet.[204] Dem widerspricht Bernardo Bayona Aznar (2004) i​n einer eigens dieser Frage gewidmeten Untersuchung.[205]

Unterschiedliche Einschätzungen des politischen Gewichts

Über d​ie Bedeutung d​es Marsilius a​ls Ratgeber d​es Kaisers n​ach 1329 g​ehen die Meinungen auseinander. Es besteht e​in Gegensatz zwischen denen, d​ie in i​hm einen wichtigen Vordenker, Berater u​nd Impulsgeber i​m Umkreis Ludwigs d​es Bayern sehen, u​nd den Skeptikern, d​ie sein politisches Gewicht für gering o​der abnehmend halten. Einer Forschungsmeinung zufolge k​am es i​m Lauf d​er 1330er Jahre z​u einer Entfremdung zwischen d​em Herrscher u​nd seinem Gast. Dieser h​abe mit deutschen Ratgebern, d​ie einen Ausgleich m​it der Kurie anstrebten, u​nd mit d​en dissidenten Franziskanern u​m Ludwigs Gunst rivalisiert u​nd dabei d​as Nachsehen gehabt. Als Indiz für geringen Einfluss w​ird angeführt, d​ass der italienische Gelehrte a​n Hoftagen u​nd in d​en publizistischen Auseinandersetzungen m​it der Kurie n​icht in Erscheinung trat. Michael Menzel (2010) meint, Marsilius h​abe in München a​ls Verfolgter u​nter bedrückenden Bedingungen i​n einem stillen Exil gelebt, o​hne Schüler u​nd abgeschnitten v​om universitären Milieu. Der o​ft abwesende Kaiser h​abe nicht a​uf ihn gehört; Ludwig h​abe keineswegs e​in Herrscher v​on Volkes Gnaden s​ein wollen.[206] Eine ausführliche Begründung d​er gegenteiligen Ansicht g​ibt Frank Godthardt (2011). Nach seiner Darstellung i​st der Einfluss d​es Marsilius a​uf den Kaiser b​is 1331 nachweisbar u​nd auch für d​ie folgenden Jahre wahrscheinlich.[207]

Bis i​ns 21. Jahrhundert dominierte d​ie Lehrmeinung, d​er zufolge Ludwig d​ie Kaiserkrone aufgrund e​iner Willensäußerung d​es römischen Volkes entgegennahm, a​lso gemäß d​em von Marsilius propagierten Ideal d​er Volksherrschaft.[208] Ab d​en 1980er Jahren wurden a​ber Zweifel laut, u​nd schließlich konnte Frank Godthardt 2011 zeigen, d​ass das stadtrömische Volk b​ei der Kaisererhebung k​eine konstitutive Funktion besaß. Die Krönung o​hne Papst erfolgte a​ber – s​o Godthardt – durchaus i​m Einklang m​it den Prinzipien d​es Marsilius, u​nd die n​eue Staatstheorie w​ar ein wichtiger Impuls für d​ie Zeremonie.[209] Nach d​er Einschätzung dieses Historikers w​ar Marsilius a​uch der geistige Urheber d​er Begründung für d​ie Absetzung Johannes’ XXII. u​nd spielte b​ei der Erhebung d​es Gegenpapstes Nikolaus V. e​ine maßgebliche Rolle. Godthardts Gesamtbilanz lautet, d​ie Theorie d​es Paduaners h​abe „in mehreren Handlungsfeldern u​nd teilweise bestimmend“ a​uf das politische Handeln Ludwigs d​es Bayern a​uf dem Romzug eingewirkt.[210]

Ausgaben und Übersetzungen

  • Colette Jeudy, Jeannine Quillet (Hrsg.): Marsile de Padoue: Œuvres Mineures. Defensor minor, De translatione Imperii. Éditions du CNRS, Paris 1979, ISBN 2-222-01926-5 (kritische Edition mit französischer Übersetzung).
  • Jürgen Miethke, Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2017, ISBN 978-3-534-74281-3 (lateinischer Text nach der Ausgabe von Richard Scholz ohne den kritischen Apparat, Übersetzung von Walter Kunzmann und Horst Kusch. Neudruck der Ausgabe von 1958 mit neuer Einleitung von Miethke).
  • Cary J. Nederman (Übersetzer): Marsiglio of Padua: Writings on the Empire. Defensor minor and De translatione Imperii. Cambridge University Press, Cambridge 1993, ISBN 0-521-40846-6 (englische Übersetzung).
  • Carlo Pincin (Hrsg.): Marsilio da Padova: Defensor pacis nella traduzione in volgare fiorentino del 1363. Einaudi, Turin 1966 (kritische Edition).
  • Carlo Pincin: Marsilio. Giappichelli, Turin 1967 (enthält S. 261–283 eine kritische Edition der drei Schriften zum Eherecht).
  • Charles William Previté-Orton (Hrsg.): The Defensor Pacis of Marsilius of Padua. Cambridge University Press, Cambridge 1928 (kritische Edition).
  • Richard Scholz (Hrsg.): Marsilius von Padua: Defensor Pacis. Hahn, Hannover 1933 (kritische Edition; online).

Literatur

Übersichtsdarstellungen

  • Francisco Bertelloni: Marsilius of Padua. In: Jorge J. E. Gracia, Timothy B. Noone (Hrsg.): A Companion to Philosophy in the Middle Ages. Blackwell, Malden 2002, ISBN 0-631-21672-3, S. 413–420.
  • Carlo Dolcini, Roberto Lambertini: Mainardini, Marsilio. In: Mario Caravale (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 67: Macchi–Malaspina. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2006, S. 569–576.
  • Kurt Flasch: Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli. 3., durchgesehene und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-010919-9, S. 556–567.
  • Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 22. De Gruyter, Berlin/New York 1992, ISBN 3-11-013463-2, S. 183–190.
  • Vasileios Syros: Marsilius of Padua. In: Henrik Lagerlund (Hrsg.): Encyclopedia of Medieval Philosophy. Band 2, Springer, Dordrecht u. a. 2011, ISBN 978-1-4020-9728-7, S. 717–720.
  • Manfred Weitlauff: Marsilius von Padua. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 261–266 (Digitalisat).

Gesamtdarstellungen

  • Bernardo Bayona Aznar: Religión y poder. Marsilio de Padua: ¿La primera teoría laica del Estado? Biblioteca Nueva, Madrid 2007, ISBN 978-84-9742-736-4.
  • Carlo Dolcini: Introduzione a Marsilio da Padova. Laterza, Rom/Bari 1995, ISBN 88-420-4626-4
  • Carlo Pincin: Marsilio. Giappichelli, Turin 1967.

Aufsatzsammlungen

  • Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua. Brill, Leiden/Boston 2012, ISBN 978-90-04-18348-3.
  • Gerson Moreno-Riaño (Hrsg.): The World of Marsilius of Padua. Brepols, Turnhout 2006, ISBN 2-503-51515-0.
  • Marsilio da Padova. Convegno internazionale (Padova, 18–20 settembre 1980) (= Medioevo. Rivista di storia della filosofia medievale, Bände 5 [1979] und 6 [1980]). Antenore, Padua 1982.

Politische Philosophie

  • Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace. Band 1: Marsilius of Padua and Medieval Political Philosophy. Columbia University Press, New York 1951.
  • Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. Die politische Philosophie eines lateinischen Aristotelikers des 14. Jahrhunderts. In: Hartmut Boockmann, Bernd Moeller, Karl Stackmann (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Politik – Bildung – Naturkunde – Theologie. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1983 bis 1987 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-historische Klasse. Folge III, Nr. 179). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-82463-7, S. 52–76.
  • Cary J. Nederman: Community and Consent. The Secular Political Theory of Marsiglio of Padua’s Defensor Pacis. Rowman & Littlefield, Lanham 1995, ISBN 0-8476-7944-6.
  • Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue. Vrin, Paris 1970.
  • Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua. Eine Untersuchung zur ersten Diktion des Defensor pacis. Brill, Leiden/Boston 2007, ISBN 978-90-04-16874-9.

Politische Aktivität

  • Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern. Politische Theorie und politisches Handeln (= Nova mediaevalia. Quellen und Studien zum europäischen Mittelalter. Bd. 6). V&R unipress, Göttingen 2011, ISBN 978-3-89971-563-7.

Rezeption

  • Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma. Fortuna ed interpretazione. Antenore, Padua 1977.
  • Stefano Simonetta: Marsilio in Inghilterra. Stato e chiesa nel pensiero politico inglese fra XIV e XVII secolo. LED, Mailand 2000, ISBN 88-7916-138-5.
Commons: Marsilius von Padua – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Carlo Dolcini: Qualche osservazione su la biografia di Marsilio. In: Pensiero Politico Medievale 6, 2008, S. 89–102, hier: 100–102; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 21 f. Vgl. zur Familie Jeannine Quillet (Übers.): Marsile de Padoue: Le Défenseur de la paix, Paris 1968, S. 12–15.
  2. William J. Courtenay: Marsilius of Padua at Paris. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 57–70, hier: 58–61; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XVI–XXI; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 21 f., 24–28; Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 41–43, 48–51, 68.
  3. Ludwig Schmugge: Johannes von Jandun (1285/89–1328), Stuttgart 1966, S. 26–28; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XVI f., XIX.
  4. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 69–71.
  5. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 42–46; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 29 f.; William J. Courtenay: University Masters and Political Power: The Parisian Years of Marsilius of Padua. In: Martin Kaufhold (Hrsg.): Politische Reflexion in der Welt des späten Mittelalters, Leiden 2004, S. 209–223, hier: 215–218.
  6. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 46–52; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 30–36, 40–45; William J. Courtenay: University Masters and Political Power: The Parisian Years of Marsilius of Padua. In: Martin Kaufhold (Hrsg.): Politische Reflexion in der Welt des späten Mittelalters, Leiden 2004, S. 209–223, hier: 218–221.
  7. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 52–78; teilweise zustimmend Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XXV f.
  8. Hans-Jürgen Becker: Die Appellation vom Papst an ein allgemeines Konzil, Köln/Wien 1988, S. 84–94; Heinz Thomas: Ludwig der Bayer (1282–1347), Regensburg 1993, S. 159–164; Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 75–78.
  9. Bernardo Bayona Aznar: Religión y poder, Madrid 2007, S. 83 f.; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XXIX f.; Frank Godthardt: Marsilius von Padua als politische Herausforderung für Johannes XXII. In: Hans-Joachim Schmidt, Martin Rohde (Hrsg.): Papst Johannes XXII., Berlin 2014, S. 75–116, hier: 100–107; Frank Godthardt: The Papal Condemnation of Marsilius of Padua’s Defensor Pacis: Its Preparation and Political Use. In: Karen Bollermann u. a. (Hrsg.): Religion, Power, and Resistance from the Eleventh to the Sixteenth Centuries, New York 2014, S. 127–138; Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 79–87, 200–211.
  10. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 214–221, 302; Alberto Cadili: Marsilio da Padova amministratore della Chiesa ambrosiana. In: Pensiero Politico Medievale 3/4, 2005/2006, S. 193–225, hier: 201–206, 220.
  11. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 301–311, 324–331, 336–343.
  12. Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XL f.; Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 313–320, 349–353, 377–385, 417–419.
  13. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 411–414.
  14. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 443 f.
  15. Matthias Kaufmann: Wilhelm von Ockham und Marsilius von Padua. In: Silvia Glaser, Andrea M. Kluxen (Hrsg.): Musis et Litteris, München 1993, S. 569–580, hier: 569 f.; Carlo Dolcini: Introduzione a Marsilio da Padova, Rom/Bari 1995, S. 45–48; Colette Jeudy, Jeannine Quillet (Hrsg.): Marsile de Padoue: Œuvres Mineures. Defensor minor, De translatione Imperii, Paris 1979, S. 157–161.
  16. Hermann Otto Schwöbel: Der diplomatische Kampf zwischen Ludwig dem Bayern und der römischen Kurie im Rahmen des kanonischen Absolutionsprozesses 1330–1346, Weimar 1968, S. 18–22, 79 f.
  17. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 430–446.
  18. Siehe zu diesem Werk Colette Jeudy, Jeannine Quillet (Hrsg.): Marsile de Padoue: Œuvres Mineures. Defensor minor, De translatione Imperii, Paris 1979, S. 154–168.
  19. Carlo Dolcini: Introduzione a Marsilio da Padova, Rom/Bari 1995, S. 69 f.
  20. Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens (Defensor pacis), Teil 1, Berlin 1958, S. XVI, XXXIX f.
  21. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,1,8. Vgl. Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. L–LII.
  22. Siehe zu diesem Begriff Riccardo Battocchio: Ecclesiologia e politica in Marsilio da Padova, Padova 2005, S. 96–105.
  23. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,1,1–3; 1,1,7. Vgl. Jörg Pannier: Zur Friedenslehre des Marsilius von Padua nach Dolf Sternberger. In: Zeitschrift für Politik 48, 2001, S. 189–217, hier: 205–212.
  24. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,1,3–5; 1,1,7. Vgl. Jörg Pannier: Zur Friedenslehre des Marsilius von Padua nach Dolf Sternberger. In: Zeitschrift für Politik 48, 2001, S. 189–217, hier: 212–214.
  25. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,2,3. Vgl. Thomas Leinkauf: Grundriss Philosophie des Humanismus und der Renaissance (1350–1600), Bd. 1, Hamburg 2017, S. 830–833.
  26. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,3,2–4; 1,4,1 f. Vgl. Arne Moritz: Politik als künstliche Vollendung der menschlichen Natur. In: Arne Moritz (Hrsg.): Ars imitatur naturam, Münster 2010, S. 229–249, hier: 232–234.
  27. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,3,4 f.; 1,4,4 f.; 1,5,1; 1,5,5–10; 1,6,7–10. Vgl. Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 98–112; Arne Moritz: Politik als künstliche Vollendung der menschlichen Natur. In: Arne Moritz (Hrsg.): Ars imitatur naturam, Münster 2010, S. 229–249, hier: 236–238.
  28. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,8,2–4; 1,9,9 f. Vgl. Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 123–125.
  29. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,9,1; 1,9,4–7; 1,9,11. Vgl. Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 126–129.
  30. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,10. Siehe dazu David R. Carr: Marsilius of Padua and the Role of Law. In: Italian Quarterly 108, 1987, S. 5–25, hier: 10 f.
  31. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,11,1–5. Vgl. Christoph Flüeler: Rezeption und Interpretation der Aristotelischen Politica im späten Mittelalter, Teil 1, Amsterdam 1992, S. 127–131.
  32. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,11,6–8. Vgl. Renée Baernstein: Corporatism and Organicism in Discourse 1 of Marsilius of Padua’s Defensor Pacis. In: The Journal of Medieval and Early Modern Studies 26, 1996, S. 113–138, hier: 126.
  33. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,12. Vgl. Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 133–155 sowie die Analyse von Bernardo Bayona Aznar: La laicidad de la valentior pars en la filosofía de Marsilio de Padua. In: Patristica et Mediaevalia 26, 2005, S. 65–87.
  34. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,12,3 f. Vgl. Tilman Struve: Die Rolle des Gesetzes im „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua. In: Tilman Struve: Staat und Gesellschaft im Mittelalter, Berlin 2004, S. 185–203, hier: 190 f. (Erstveröffentlichung 1982); Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 176 f.
  35. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,12,5–7. Vgl. Tilman Struve: Die Rolle des Gesetzes im „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua. In: Tilman Struve: Staat und Gesellschaft im Mittelalter, Berlin 2004, S. 185–203, hier: 189 f. (Erstveröffentlichung 1982).
  36. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,13,1; 1,13,3. Vgl. Bernardo Bayona Aznar: Religión y poder, Madrid 2007, S. 142–146.
  37. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,14,1; 1,15,1–3. Vgl. Tilman Struve: Die Entwicklung der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter, Stuttgart 1978, S. 273 f.
  38. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,14,8; 1,15,1 f. Vgl. Bettina Koch: Zur Dis-/Kontinuität mittelalterlichen politischen Denkens in der neuzeitlichen politischen Theorie, Berlin 2005, S. 297 f.; Tilman Struve: Die Entwicklung der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter, Stuttgart 1978, S. 275 f.
  39. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,15,4–10. Vgl. Tilman Struve: Die Entwicklung der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter, Stuttgart 1978, S. 279; Bettina Koch: Zur Dis-/Kontinuität mittelalterlichen politischen Denkens in der neuzeitlichen politischen Theorie, Berlin 2005, S. 105 f., 297; Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 112 f.
  40. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,16. Vgl. Christoph Flüeler: Rezeption und Interpretation der Aristotelischen Politica im späten Mittelalter, Teil 1, Amsterdam 1992, S. 121–127.
  41. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,17. Vgl. Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 86–88; Tilman Struve: Die Entwicklung der organologischen Staatsauffassung im Mittelalter, Stuttgart 1978, S. 276–278.
  42. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,18. Vgl. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 238 f., 245 f.; Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 122–124.
  43. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,19. Vgl. Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 165 f.; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 88–90.
  44. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,1,1. Vgl. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 61 f.
  45. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,1,3–5; 2,3,10 f.; 2,4 (Überschrift); 2,4,1–8; 2,4,13; vgl. 2,30,1 f. und Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 298–300.
  46. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,5,6; 2,9,7.
  47. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,5,8.
  48. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,6,3.
  49. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,6,9. Vgl. Stephen F. Torraco: Priests as Physicians of Souls in Marsilius of Padua’s Defensor Pacis, San Francisco 1992, S. 210–223.
  50. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,6,11–13. Vgl. George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 81–84.
  51. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,8,7–9. Vgl. Tilman Struve: Die Rolle des Gesetzes im „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua. In: Tilman Struve: Staat und Gesellschaft im Mittelalter, Berlin 2004, S. 185–203, hier: 192 f. (Erstveröffentlichung 1982).
  52. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,10. Vgl. Bettina Koch: Zur Dis-/Kontinuität mittelalterlichen politischen Denkens in der neuzeitlichen politischen Theorie, Berlin 2005, S. 104 f.; Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 197 f.
  53. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,13,6; 2,20,7.
  54. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,14,14.
  55. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,14,6; 2,14,12 f.
  56. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,11,3–6.
  57. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,17,18. Eine Übersicht zu Marsilius’ Position im Armutsstreit und zu den einschlägigen Forschungsdebatten bietet Roberto Lambertini: Marsilius and the Poverty Controversy in Dictio II. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 229–263.
  58. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,16. Vgl. George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 93–99; Riccardo Battocchio: Ecclesiologia e politica in Marsilio da Padova, Padova 2005, S. 180–187.
  59. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,17,1–15; 2,21,5; 2,21,11; 2,25,8. Vgl. Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 227–236; Bettina Koch: Zur Dis-/Kontinuität mittelalterlichen politischen Denkens in der neuzeitlichen politischen Theorie, Berlin 2005, S. 226–228, 232.
  60. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,18,1 f.; 2,18,5–7. Vgl. Francisco Bertelloni: «Constitutum Constantini» y «Romgedanke». In: Patristica et Mediaevalia 4/5, 1983/84, S. 67–99.
  61. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,19,8. Vgl. Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 89 und Anm. 29; Cary J. Nederman (Übers.): Marsiglio of Padua: Writings on the Empire, Cambridge 1993, S. XI f.
  62. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,20,1 f.; 2,20,4. Vgl. Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. LXXXII f.
  63. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,21,1; 2,21,3. Vgl. Michael Löffelberger: Marsilius von Padua, Berlin 1992, S. 217–219.
  64. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,20,2; 2,20,13 f. Vgl. Michael Löffelberger: Marsilius von Padua, Berlin 1992, S. 212–214.
  65. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,21,9. Vgl. zum Konzilsverständnis des Marsilius Vincenzo Omaggio: Marsilio da Padova, Neapel 1995, S. 172–180; Hermann Josef Sieben: Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847–1378), Paderborn 1984, S. 370–409.
  66. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,22,4–7. Vgl. Hermann Josef Sieben: Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847–1378), Paderborn 1984, S. 383–386, 391 f.
  67. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,23,1 f.; 2,23,6; 2,25,7; 2,26,1.
  68. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,25,16–18.
  69. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,25,20; 2,26,7 f.
  70. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,23,6.
  71. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,24,2.
  72. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,24,2–6; 2,24,10 f.
  73. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,24,14. Siehe zur Argumentation in den Kapiteln 22–26 Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 247–257.
  74. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,28,15. Vgl. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 137–140.
  75. Marsilius von Padua, Defensor pacis 3,1–2. Vgl. Gerson Moreno-Riaño: Marsilio of Padua’s Forgotten Discourse. In: History of Political Thought 29, 2008, S. 441–459; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. LXXXVI–XC.
  76. Cary J. Nederman (Übers.): Marsiglio of Padua: Writings on the Empire, Cambridge 1993, S. XII f.; Colette Jeudy, Jeannine Quillet (Hrsg.): Marsile de Padoue: Œuvres Mineures. Defensor minor, De translatione Imperii, Paris 1979, S. 35.
  77. Marsilius von Padua, De translatione imperii 11 f. Vgl. Cary J. Nederman: Lineages of European Political Thought, Washington (D.C.) 2009, S. 179–182; Gianluca Briguglia: Marsile de Padoue, Paris 2014, S. 163–181; Jürgen Miethke: Politiktheorie im Mittelalter, Tübingen 2008, S. 235–238.
  78. Marsilius von Padua, Defensor minor 7–9. Vgl. Cary J. Nederman: Lineages of European Political Thought, Washington (D.C.) 2009, S. 161–163, 169–176.
  79. Marsilius von Padua, Defensor minor 12,4. Vgl. Hermann Josef Sieben: Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847–1378), Paderborn 1984, S. 398 f.
  80. Siehe zu dieser Angelegenheit Jürgen Miethke: Die Eheaffäre der Margarete „Maultasch“, Gräfin von Tirol (1341/1342). In: Andreas Meyer u. a.: Päpste, Pilger, Pönitentiarie, Tübingen 2004, S. 353–391, hier: 376–379.
  81. Siehe dazu Hermann Nehlsen: Bayerische Rechtsgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert, Frankfurt 2011, S. 66–76; Jürgen Miethke: Die Eheaffäre der Margarete „Maultasch“, Gräfin von Tirol (1341/1342). In: Andreas Meyer u. a.: Päpste, Pilger, Pönitentiarie, Tübingen 2004, S. 353–391, hier: 378–382.
  82. Roberto Lambertini: Felicitas politica und speculatio. In: Jan A. Aertsen, Andreas Speer (Hrsg.): Was ist Philosophie im Mittelalter?, Berlin 1998, S. 984–990, hier: 984 f.; Jeannine Quillet: L’aristotélisme de Marsile de Padoue et ses rapports avec l’averroïsme. In: Medioevo 5, 1979, S. 81–142, hier: 124 f.; Carlo Dolcini: Introduzione a Marsilio da Padova, Rom/Bari 1995, S. 4, 14 f.; Ludwig Schmugge: Johannes von Jandun (1285/89–1328), Stuttgart 1966, S. 96–107.
  83. Roberto Lambertini: The ‘Sophismata’ attributed to Marsilius of Padua. In: Stephen Read (Hrsg.): Sophisms in Medieval Logic and Grammar, Dordrecht 1993, S. 86–102, hier: 94–99.
  84. Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 8–12; Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens (Defensor pacis), Teil 1, Berlin 1958, S. XXI; Christoph Flüeler: Die Rezeption der „Politica“ des Aristoteles an der Pariser Artistenfakultät im 13. und 14. Jahrhundert. In: Jürgen Miethke (Hrsg.): Das Publikum politischer Theorie im 14. Jahrhundert, München 1992, S. 127–138, hier: 137 f.; Cary J. Nederman: Nature, Justice, and Duty in the Defensor Pacis. In: Political Theory 18, 1990, S. 615–637.
  85. Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens (Defensor pacis), Teil 1, Berlin 1958, S. XXII f.; Gianluca Briguglia: Marsile de Padoue, Paris 2014, S. 153.
  86. Siehe dazu Francisco Bertelloni: La filosofía explica la revelación. In: Patristica et Mediaevalia 33, 2012, S. 17–35.
  87. Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 14–20; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 8 f.; Francisco Bertelloni: Die Philosophie legt Rechenschaft ab über die Offenbarung. In: Gerhard Krieger (Hrsg.): Herausforderung durch Religion?, Würzburg 2011, S. 357–373; Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 39–44; Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens (Defensor pacis), Teil 1, Berlin 1958, S. XXIII.
  88. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 248 f.; Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 137–140.
  89. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,19,10; 2,21,9. Vgl. Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Hartmut Boockmann u. a. (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Göttingen 1989, S. 52–76, hier: 69–72.
  90. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,20,8–12. Vgl. James Muldoon: The Avignon Papacy and the frontiers of Christendom: The evidence of Vatican Register 62. In: Archivum Historiae Pontificiae 17, 1979, S. 125–195, hier: 135–142; Sophia Menache: Clement V, Cambridge 1998, S. 179; Joseph R. Strayer: The Reign of Philip the Fair, Princeton 1980, S. 285.
  91. Marsilius von Padua, Defensor pacis 2,23,11 f. Siehe zum Hintergrund Malte Heidemann: Heinrich VII. (1308–1313), Warendorf 2008, S. 55 f., 316–319, 326.
  92. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,11,8. Vgl. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 167 f.
  93. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 248–256.
  94. Siehe dazu Jacques Ménard: L’aventure historiographique du « Défenseur de la paix » de Marsile de Padoue. In: Science et Esprit 41, 1989, S. 287–322, hier: 315–319.
  95. John K. Hyde: Padua in the Age of Dante, New York 1966, S. 210 f., 307 f.; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 216–219; Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 23 f.
  96. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 30 Anm. 47.
  97. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 24 f.
  98. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 26–28; Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 26–29.
  99. Siehe dazu Gregorio Piaia: Marsilio e dintorni, Padua 1999, S. 75–78; Carlo Dolcini: Introduzione a Marsilio da Padova, Rom/Bari 1995, S. 35–38; Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 16–20; Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Hartmut Boockmann u. a. (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Göttingen 1989, S. 52–76, hier: 62, 75 f.; Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman: Marsilius of Padua’s Principles of Secular Politics. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 117–138, hier: 121 f.
  100. Heiner Bielefeldt: Von der päpstlichen Universalherrschaft zur autonomen Bürgerrepublik. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 73, 1987, S. 70–130, hier: 110 f.
  101. Siehe zum Konsensprinzip Cary J. Nederman: Community and Consent, Lanham 1995, S. 30–48.
  102. Martín Oliveira: El «positivismo jurídico» en el Defensor Pacis de Marsilio de Padua. In: Revista Española de Filosofía Medieval 19, 2012, S. 159–170; Peter Schulthess, Ruedi Imbach: Die Philosophie im lateinischen Mittelalter, Zürich 1996, S. 218; Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 38–47, 61–73; Heiner Bielefeldt: Von der päpstlichen Universalherrschaft zur autonomen Bürgerrepublik. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Kanonistische Abteilung 73, 1987, S. 70–130, hier: 111–119; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 63–74, 98.
  103. Jürgen Lutz: Zur Struktur der Staatslehre des Marsilius von Padua im ersten Teil des Defensor Pacis. In: Zeitschrift für historische Forschung 22, 1995, S. 371–386, hier: 372–374; Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Hartmut Boockmann u. a. (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Göttingen 1989, S. 52–76, hier: 55 f.; Cary J. Nederman: Community and Consent, Lanham 1995, S. 30 f.
  104. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 81–99, 130–136; Tilman Struve: Die Bedeutung der aristotelischen „Politik“ für die natürliche Begründung der staatlichen Gemeinschaft. In: Tilman Struve: Staat und Gesellschaft im Mittelalter, Berlin 2004, S. 72–91, hier: 85–88 (Erstveröffentlichung 1992).
  105. Georg Wieland: Politik und Religion. Das Friedenskonzept des Marsilius von Padua. In: Gerhard Beestermöller, Heinz-Gerhard Justenhoven (Hrsg.): Friedensethik im Spätmittelalter, Stuttgart 1999, S. 79–94, hier: 90–92; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 182, 258 f., 262–265, 279; Cary J. Nederman: Community and Consent, Lanham 1995, S. 30, 53–58.
  106. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 143–151, 169, 174 f., 211 f.
  107. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 165–170, 183 f.
  108. Marsilius von Padua, Defensor pacis 1,14,1–7; 1,15,1. Vgl. dazu Karl Ubl: Der Gelehrte bei Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham. In: Das Mittelalter 17, 2012, S. 16–33, hier: 21 f.
  109. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 92–99; Alexander Dordett: Der geistliche Charakter der kirchlichen Gerichtsbarkeit, Wien 1954, S. 77 f.
  110. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 73; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. LXXIII–LXXV.
  111. Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 79–83.
  112. Dolf Sternberger: Die Stadt als Urbild, Frankfurt 1985, S. 94 f., 124–126, 135–137.
  113. Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 193–198, 220; Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 57–61; Felice Battaglia: Marsilio da Padova e la filosofia politica del medio evo, Florenz 1928, S. 81–87.
  114. Jürgen Lutz: Zur Struktur der Staatslehre des Marsilius von Padua im ersten Teil des Defensor Pacis. In: Zeitschrift für historische Forschung 22, 1995, S. 371–386, hier: 379 f.; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 195 f.
  115. Renée Baernstein: Corporatism and Organicism in Discourse 1 of Marsilius of Padua’s Defensor Pacis. In: The Journal of Medieval and Early Modern Studies 26, 1996, S. 113–138, hier: 117–123; Vasileios Syros: Die Rezeption der aristotelischen politischen Philosophie bei Marsilius von Padua, Leiden 2007, S. 199–207.
  116. Siehe zu diesem Grundsatz Piero Di Vona: I principi del Defensor Pacis, Neapel 1974, S. 273–340.
  117. Cary J. Nederman: Community and Consent, Lanham 1995, S. 87 f., 91–93.
  118. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 73–75.
  119. Jürgen Miethke: Ockhams Kritik an Marsilius von Padua. In: Celia López Alcalde u. a. (Hrsg.): Legitimation of Political Power in Medieval Thought, Turnhout 2018, S. 253–279, hier: 261–264, 268–274.
  120. Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 307 f.
  121. Lorenza Tromboni: Looking for Peace in Fourteenth-Century Florence. In: Nicholas Scott Baker, Brian J. Maxson (Hrsg.): After Civic Humanism: Learning and Politics in Renaissance Italy, Toronto 2015, S. 91–111, hier: 91 f.
  122. Jürgen Miethke: Marsilius und Ockham. In: Medioevo 6, 1980, S. 543–567, hier: 548–550; Jürgen Miethke (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens, Darmstadt 2017, S. XLIII–XLVII; Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 306 f. Eine ausführliche Untersuchung der den päpstlichen Standpunkt verteidigenden Schriften bietet Donato Del Prete: La confutazione del Defensor Pacis di Marsilio da Padova. In: Università degli Studi di Lecce: Annali del Dipartimento di Scienze Storiche e Sociali 1, 1982, S. 213–283.
  123. George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 42 f.
  124. Jeannine Quillet: La philosophie politique du Songe du Vergier (1378), Paris 1977, S. 51–60; George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 44 f.
  125. Paul E. Sigmund: The Influence of Marsilius of Padua on XVth-Century Conciliarism. In: Journal of the History of Ideas 23, 1962, S. 392–402; Jürgen Miethke: Marsilius und Ockham. In: Medioevo 6, 1980, S. 543–567, hier: 550, 564 f.; Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 305, 312–315.
  126. Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: S. 306 f. und Anm. 13, S. 314–316.
  127. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 22–30; Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 308.
  128. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 92–96, 101–106; Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 308, 322.
  129. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 16–18, 100 f., 289–324, 346–363; Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 309, 320–322, 330–332.
  130. Bernardo Bayona Aznar: Religión y poder, Madrid 2007, S. 292–294.
  131. Colette Jeudy, Jeannine Quillet (Hrsg.): Marsile de Padoue: Œuvres Mineures, Paris 1979, S. 73–75.
  132. Shelley Lockwood: Marsilius of Padua and the case for the Royal Ecclesiastical Supremacy. In: Transactions of the Royal Historical Society, Reihe 6, Bd. 1, 1991, S. 89–119, hier: 89–91, 95–100.
  133. Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 309 f., 323–330; Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 210.
  134. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 87–91.
  135. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 111–119.
  136. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 261–267.
  137. Gregorio Piaia: Marsilio da Padova nella Riforma e nella Controriforma, Padua 1977, S. 241–247.
  138. Siehe dazu Jean Céard: L’influence de Marsile de Padoue sur la pensée calviniste française de la fin du XVIe siècle: du Plessis-Mornay, lecteur du « Defensor pacis ». In: Medioevo 6, 1980, S. 577–594.
  139. Thomas M. Izbicki: The Reception of Marsilius. In: Gerson Moreno-Riaño, Cary J. Nederman (Hrsg.): A Companion to Marsilius of Padua, Leiden 2012, S. 305–333, hier: 333.
  140. Eine knappe Übersicht bietet Francesco Maiolo: Medieval Sovereignty, Delft 2007, S. 173–175, eine ausführlichere George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 1–14. Einen Überblick über die älteren Kontroversen gibt Hermann Segall: Der „Defensor Pacis“ des Marsilius von Padua, Wiesbaden 1959, S. 2–16.
  141. Siehe die Übersichten bei Hermann Segall: Der „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua, Wiesbaden 1959, S. 2–6; Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 11–20; Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 3–6.
  142. Herbert Brook Workman: Christian Thought to the Reformation, London 1911, S. 218; Raymond G. Gettell: History of Political Thought, London 1924, S. 120.
  143. Ephraim Emerton: The Defensor Pacis of Marsiglio of Padua, Cambridge (Massachusetts) 1920, S. 1.
  144. Harold J. Laski: Political theory in the later Middle Ages. In: The Cambridge Medieval History, Bd. 8, Cambridge 1936, S. 620–645, hier: 630.
  145. Sigmund Riezler: Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit Ludwig des Baiers, Leipzig 1874, S. 227.
  146. Emil Friedberg: Die mittelalterlichen Lehren über das Verhältniß von Staat und Kirche, Teil 2, Leipzig 1874, S. 49.
  147. Reginald Lane Poole: Illustrations of the History of Medieval Thought and Learning, 2., durchgesehene Auflage, London 1920, S. 240.
  148. Charles William Previté-Orton: Marsiglio of Padua. Part II. Doctrines. In: The English Historical Review 38, 1923, S. 1–18, hier: 2.
  149. Belege bei Hasso Hofmann: Repräsentation, 4. Auflage, Berlin 2003, S. 191–193.
  150. Belege bei Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 3–5.
  151. Friedrich von Bezold: Die Lehre von der Volkssouveränetät während des Mittelalters. In: Historische Zeitschrift 36, 1876, S. 313–367, hier: 346 f.
  152. Carl von Noorden: Historische Vorträge, Leipzig 1884, S. 275 f.
  153. Baldassare Labanca: Marsilio da Padova. Riformatore politico e religioso del secolo XIV, Padua 1882, S. 153. Siehe dazu Gianluca Briguglia: Marsile de Padoue, Paris 2014, S. 8.
  154. Pitirim Sorokin: Contemporary Sociological Theories, New York 1928, S. 544.
  155. Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 2, Saint-Paul-Trois-Châteaux/Wien 1934, S. 40–55. Siehe dazu Gianluca Briguglia: Marsile de Padoue, Paris 2014, S. 10–12.
  156. Johannes Haller: Zur Lebensgeschichte des Marsilius von Padua. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte 48 (= Neue Folge 11), 1929, S. 166–197, hier: 190–194.
  157. Aldo Checchini, Norberto Bobbio (Hrsg.): Marsilio da Padova. Studi raccolti nel VI centenario della morte, Padua 1942, S. 33, 140 f., 166.
  158. Belege bei Hermann Segall: Der „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua, Wiesbaden 1959, S. 14.
  159. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 6, 304 f., 311 f.; Wilhelm Kölmel: Regimen Christianum, Berlin 1970, S. 521.
  160. Siehe dazu Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 5 f.
  161. Charles H. McIlwain: The Growth of Political Thought in the West, New York 1932, S. 307.
  162. Robert W. Carlyle, Alexander J. Carlyle: A History of Mediaeval Political Theory in the West, Bd. 6, Edinburgh 1936, S. 9.
  163. Hermann Ley: Geschichte der Aufklärung und des Atheismus, Bd. 2/2, Berlin 1971, S. 305.
  164. Ernst Bloch: Zwischenwelten in der Philosophiegeschichte, Frankfurt 1977, S. 279.
  165. Alan Gewirth: Marsilius of Padua, The Defender of Peace, Bd. 1, New York 1951, S. 305–313.
  166. Horst Kusch (Hrsg.): Marsilius von Padua: Der Verteidiger des Friedens (Defensor pacis), Teil 1, Berlin 1958, S. X.
  167. Mario Grignaschi: Le rôle de l’aristotélisme dans le « Defensor Pacis » de Marsile de Padoue. In: Revue d’Histoire et de Philosophie religieuses 35, 1955, S. 301–340, hier: 340.
  168. Peter Graf Kielmansegg: Volkssouveränität, Stuttgart 1977, S. 59, 61.
  169. Dolf Sternberger: Die Stadt als Urbild, Frankfurt 1985, S. 96 f.
  170. Jürgen Miethke: Marsilius von Padua. In: Hartmut Boockmann u. a. (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Göttingen 1989, S. 52–76, hier: 75 f.
  171. Kurt Flasch: Das philosophische Denken im Mittelalter, 3., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2013, S. 557, 566.
  172. Otfried Höffe: Geschichte des politischen Denkens, München 2016, S. 174.
  173. Thomas Leinkauf: Grundriss Philosophie des Humanismus und der Renaissance (1350–1600), Bd. 1, Hamburg 2017, S. 825, 830.
  174. Carlo Pincin: Marsilio, Turin 1967, S. 235–239.
  175. Otto Prinz: Marsilius von Padua. In: Otto Prinz: Mönchtum, Kultur und Gesellschaft, München 1989, S. 137–175, hier: 137–139, 169–172 (Erstveröffentlichung 1976).
  176. Antonio Toscano: Marsilio da Padova e Niccolò Machiavelli, Ravenna 1981, S. 163–167.
  177. Marino Damiata: Plenitudo potestatis e universitas civium in Marsilio da Padova, Florenz 1983, S. 231 f., 235–237, 259.
  178. Vasileios Syros: Marsilius of Padua at the Intersection of Ancient and Medieval Traditions of Political Thought, Toronto 2012, S. 3 f., 115 f.
  179. Pier Paolo Portinaro: Am mittelalterlichen Anfang von Säkularisierung und Demokratisierung: Marsilius von Padua. In: Stefano Saracino, Manuel Knoll (Hrsg.): Das Staatsdenken der Renaissance – Vom gedachten zum erlebten Staat, Baden-Baden 2013, S. 69–89, hier: 69 f.
  180. Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 17.
  181. Hasso Hofmann: Repräsentation, 4. Auflage, Berlin 2003 (1. Auflage 1974), S. 191–201.
  182. George Garnett: Marsilius of Padua and ‘the Truth of History’, Oxford 2006, S. 3.
  183. Beispielsweise Gregorio Piaia: Marsilio e dintorni, Padua 1999, S. 54 f., 74–78; Diego Quaglioni: Aux origines de l’état laïque? In: Gian Mario Cazzaniga, Yves Charles Zarka (Hrsg.): Penser la souveraineté à l’époque moderne et contemporaine, Pisa/Paris 2001, S. 11–25, hier: 12–17, 24 f.
  184. Zur Debatte um die Volkssouveränität siehe Vasileios Syros: The Sovereignty of the multitude in the Works of Marsilius of Padua, Peter of Auvergne, and Some Other Aristotelian Commentators. In: Gerson Moreno-Riaño (Hrsg.): The World of Marsilius of Padua, Turnhout 2006, S. 237 f. und Anm. 44.
  185. Hermann Segall: Der „Defensor pacis“ des Marsilius von Padua, Wiesbaden 1959, S. 7–15, 58–60, 73–77.
  186. Cary J. Nederman: Community and Consent, Lanham 1995, S. 143, 146 f.
  187. Bernardo Bayona Aznar: Religión y poder, Madrid 2007, S. 336 f., 345 f.
  188. Arthur P. Monahan: Consent, Coercion, and Limit, Leiden 1987, S. 210–216.
  189. Henning Ottmann: Geschichte des politischen Denkens, Bd. 2/2, Stuttgart/Weimar 2004, S. 261 f., 269 f.
  190. Ernst-Wolfgang Böckenförde: Geschichte der Rechts- und Staatsphilosophie. Antike und Mittelalter, 2., überarbeitete Auflage, Tübingen 2006, S. 321 f., 336 f.
  191. Didier Ottaviani: La Naissance de la science politique, Paris 2018, S. 359 f., 367 f.
  192. Michael Wilks: The Problem of Sovereignty in the Later Middle Ages, Cambridge 1963, S. 109–117; Georges de Lagarde: La naissance de l’esprit laïque au déclin du Moyen Âge, Bd. 3, Louvain/Paris 1970, S. 93, 153–155, 268; Jeannine Quillet: La philosophie politique de Marsile de Padoue, Paris 1970, S. 17 f.
  193. Nicolai Rubinstein: Marsilius of Padua and Italian Political Thought of His Time. In: John R. Hale u. a. (Hrsg.): Europe in the Late Middle Ages, Evanston 1965, S. 44–75, hier: 75.
  194. Quentin Skinner: The foundations of modern political thought, Bd. 1, Cambridge 1978, S. 60–65.
  195. Alan Gewirth: Republicanism and Absolutism in the Thought of Marsilius of Padua. In: Medioevo 5, 1979, S. 23–48.
  196. Mary Elizabeth Sullivan: Democracy and the Defensor Pacis Revisited: Marsiglio of Padua’s Democratic Arguments. In: Viator 41/2, 2010, S. 257–269.
  197. Kurt Flasch: Das philosophische Denken im Mittelalter, 3., überarbeitete Auflage, Stuttgart 2013, S. 564. Vgl. Kurt Flasch: Einführung in die Philosophie des Mittelalters, Darmstadt 1987, S. 146 f.
  198. Thomas Leinkauf: Grundriss Philosophie des Humanismus und der Renaissance (1350–1600), Bd. 1, Hamburg 2017, S. 828.
  199. Cary J. Nederman: Lineages of European Political Thought, Washington (D.C.) 2009, S. 175 f.
  200. Gianluca Briguglia: Marsile de Padoue, Paris 2014, S. 17–20.
  201. Siehe dazu auch Joseph Canning: Ideas of Power in the Late Middle Ages 1296–1417, Cambridge 2011, S. 84–90; Elvio Ancona, Franco Todescan: Marsilio da Padova, Padua 2007, S. 50–53. Eine Forschungsübersicht bietet Riccardo Battocchio: Ecclesiologia e politica in Marsilio da Padova, Padova 2005, S. 87–96.
  202. Conal Condren: The Status and Appraisal of Classic Texts, Princeton 1985, S. 189–197.
  203. Cary J. Nederman: Marsiglio of Padua Studies Today – and Tomorrow. In: Gerson Moreno-Riaño (Hrsg.): The World of Marsilius of Padua, Turnhout 2006, S. 11–25, hier: 18 f.
  204. Einschlägige Äußerungen sind zusammengestellt bei Bernardo Bayona Aznar: Precisiones sobre la interpretación nominalista de la civitas en Marsilio de Padua. In: Revista Española de Filosofía Medieval 11, 2004, S. 287–298, hier: S. 289 f. und Anm. 11, 13, 16, 17. Siehe auch Ernst Bloch: Naturrecht und menschliche Würde, Frankfurt 1961, S. 60.
  205. Bernardo Bayona Aznar: Precisiones sobre la interpretación nominalista de la civitas en Marsilio de Padua. In: Revista Española de Filosofía Medieval 11, 2004, S. 287–298.
  206. Michael Menzel: Weltstadt mit Geist? In: Hans-Michael Körner, Florian Schuller (Hrsg.): Bayern und Italien, Lindenberg 2010, S. 88–102, hier: 96–101. Ähnlich urteilt Carlo Dolcini in: Carlo Dolcini, Roberto Lambertini: Mainardini, Marsilio. In: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 67, Rom 2006, S. 569–576, hier: 572. Vgl. Hermann Otto Schwöbel: Der diplomatische Kampf zwischen Ludwig dem Bayern und der römischen Kurie im Rahmen des kanonischen Absolutionsprozesses 1330–1346, Weimar 1968, S. 18–21.
  207. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 430–446.
  208. Siehe die forschungsgeschichtliche Übersicht bei Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 308.
  209. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 308–311.
  210. Frank Godthardt: Marsilius von Padua und der Romzug Ludwigs des Bayern, Göttingen 2011, S. 416–419, 447.

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