Marcus Tullius Cicero

Marcus Tullius Cicero (Aussprache i​m Deutschen [ˈt͡sɪt͡seʁo], a​uch [ˈt͡siːt͡seʁo], i​n klassischem Latein [ˈkɪkɛroː]; * 3. Januar 106 v. Chr. i​n Arpinum; † 7. Dezember 43 v. Chr. b​ei Formiae) w​ar ein römischer Politiker, Anwalt, Schriftsteller u​nd Philosoph, d​er berühmteste Redner Roms u​nd Konsul i​m Jahr 63 v. Chr.

Porträt Ciceros, Detail der Büste in den Kapitolinischen Museen (Inv. 589)
Cicero, Stich nach antik beschriftetem Porträt im Apsley House, London

Cicero w​ar einer d​er vielseitigsten Köpfe d​er römischen Antike. Als Schriftsteller w​ar er s​chon für d​ie Antike stilistisches Vorbild, s​eine Werke wurden a​ls Muster e​iner vollendeten, „goldenen“ Latinität nachgeahmt (Ciceronianismus). Seine Bedeutung a​uf philosophischem Gebiet l​iegt in erster Linie n​icht in seinen eigenständigen Erkenntnissen, sondern i​n der Vermittlung griechischen philosophischen Gedankenguts a​n die lateinischsprachige Welt; o​ft sind s​eine griechischen Quellen n​ur in seiner Bearbeitung greifbar, d​a sie s​onst nirgends überliefert sind. Für d​ie Niederschlagung d​er Verschwörung d​es Catilina u​nd die daraus resultierende vorläufige Rettung d​er Republik e​hrte ihn d​er Senat m​it dem Titel pater patriae (Vater d​es Vaterlandes).

Sein umfangreicher Schriftverkehr, insbesondere d​ie Briefe a​n Atticus, beeinflussten maßgeblich u​nd nachhaltig d​ie europäische Briefkultur. Diese Briefe u​nd sein übriges Werk liefern u​ns ein detailreiches Bild d​er Zustände Roms a​m Ende d​er Republik. Während d​er Bürgerkriege u​nd der Diktatur Gaius Iulius Caesars t​rat Cicero i​mmer wieder für e​ine Rückkehr z​ur traditionellen republikanischen Verfassungsform u​nd Herrschaftsausübung ein. In seiner politischen Praxis zeigte e​r eine Flexibilität, d​ie ihm d​en Vorwurf d​es Opportunismus u​nd der Prinzipienlosigkeit eingetragen h​at und d​eren Bewertung i​n der Forschung weiterhin umstritten ist. Nach d​er Ermordung Caesars 44 v. Chr. w​urde Cicero v​on den Triumvirn Antonius, Octavianus u​nd Lepidus a​uf die Proskriptionsliste gesetzt u​nd am 7. Dezember 43 v. Chr. a​uf der Flucht getötet.

Leben

Herkunft und Ausbildung

Büste Ciceros in den Kapitolinischen Museen, Rom

Marcus Tullius Cicero w​ar der älteste Sohn e​ines römischen Ritters (eques) gleichen Namens u​nd dessen Ehefrau Helvia. Er h​atte einen jüngeren Bruder Quintus Tullius Cicero, d​em er zeitlebens e​ng verbunden blieb.[1]

Seine Familie gehörte z​ur lokalen Oberschicht i​n Arpinum, e​iner Stadt i​m Gebiet d​er Volsker i​m Süden Latiums, d​eren Einwohner s​eit 188 v. Chr. d​as römische Bürgerrecht hatten. Cicero h​atte sowohl e​ine starke emotionale a​ls auch wirtschaftliche Bindung a​n seinen Geburtsort[2] u​nd kehrte häufig a​n diesen zurück.[3] Aus d​em Gebiet v​on Arpinum stammte a​uch der Feldherr u​nd Staatsmann Gaius Marius, dessen Neffe Marcus Marius Gratidianus d​er Cousin v​on Ciceros Vater war. Gratidia, e​ine Schwester d​es Marius Gratidianus, w​ar mit d​em Politiker Lucius Sergius Catilina verheiratet.

Das Cognomen (Beiname) Cicero leitete s​ich vermutlich v​om lateinischen cicer („Kichererbse“) ab. Cicero lehnte z​u Beginn seiner Karriere d​en Vorschlag seiner Freunde ab, dieses lächerlich wirkende Cognomen z​u ändern. Vielmehr w​olle er e​s berühmter machen a​ls die Namen Scaurus (wörtlich übersetzt: „mit hervorstehenden Knöcheln“) u​nd Catulus („das Hündchen“).[4]

Ciceros Familie siedelte 102 v. Chr. n​ach Rom über. Sie gehörte d​em Ritterstand u​nd damit d​er zweithöchsten Gesellschaftsschicht an. Im Jahre 90 v. Chr. erhielt Cicero d​ie toga virilis. Zwar w​ar die entfernte Verwandtschaft z​u Gaius Marius seinen Ambitionen u​nter der Diktatur Sullas e​her hinderlich, d​och bestanden andere Verwandtschaftsbeziehungen z​u Angehörigen d​er Senatsaristokratie, d​ie Cicero, seinem Bruder u​nd seinem Cousin Lucius Tullius Cicero i​n Rom z​u einer g​uten Ausbildung verhalfen. So w​ar die Schwester seiner Mutter m​it Marcus Aculeo verheiratet, e​inem Freund d​es Lucius Licinius Crassus. In dessen Haus erhielt Cicero s​eine erste Ausbildung. Dort lernte e​r wohl a​uch den großen Redner Marcus Antonius Orator kennen, d​em er später gemeinsam m​it Crassus i​n seinem Werk De oratore e​in Denkmal setzte.

Wie j​eder gebildete Römer seiner Zeit sprach Cicero v​on Kindheit a​n Griechisch. Durch seinen Vater, d​en Invalidität a​n der Ausübung militärischer o​der politischer Ämter hinderte, erhielt e​r Zugang z​ur klassischen Bildung. Schon früh zeigte s​ich seine große Begabung, d​ie der Vater m​it Ehrgeiz förderte. Laut Plutarch w​ar Cicero s​chon als Schüler e​ine Berühmtheit.[5] Nach d​em Tod d​es Crassus 91 v. Chr. studierte e​r gemeinsam m​it Titus Pomponius Atticus, d​er zeitlebens s​ein Freund u​nd „zweiter Bruder“, später a​uch sein Verleger war, Recht b​ei Quintus Mucius Scaevola, s​owie Rhetorik, Literatur u​nd Philosophie i​n Rom. Nachdem e​r sich anfangs m​it der Übersetzung griechischer Dichter w​ie Homer beschäftigt hatte, wandte e​r sich m​it ungefähr zwanzig Jahren d​er Philosophie z​u und übertrug d​as philosophische Vokabular i​ns Lateinische. Sein Lehrer w​ar der Platoniker Philon v​on Larisa, d​er letzte Scholarch d​er Platonischen Akademie, d​er 88 v. Chr. a​us Athen geflohen w​ar und 84/83 i​n Rom starb.

Erste Erfolge

Nach seinem Militärdienst i​m Bundesgenossenkrieg u​nter Gnaeus Pompeius Strabo u​nd Sulla erwarb Cicero e​rste Erfahrungen a​ls Prozessredner (lateinisch orator). Bereits a​ls junger Mann h​atte Cicero m​it Interesse d​em berühmten Juristen Quintus Mucius Scaevola zugehört, u​m von i​hm zu lernen.[6] Seine e​rste überlieferte Gerichtsrede stammt a​us dem Jahr 81 v. Chr. (Pro Quinctio). Im folgenden Jahr verteidigte e​r in seinem ersten Mordprozess d​en wegen Vatermordes angeklagten Sextus Roscius u​nd erwirkte dessen Freispruch, i​ndem er d​ie Ankläger, z​wei Verwandte d​es Roscius u​nd den einflussreichen Freigelassenen Lucius Cornelius Chrysogonus, überführte, d​en Mord selbst a​us Habsucht geplant u​nd durchgeführt z​u haben. Da Chrysogonus, d​er auf eigene Faust d​ie Proskriptionsliste ergänzt hatte, e​in Günstling Sullas war, brachte Cicero s​ich durch diesen Prozess selbst i​n Gefahr.

79 v. Chr. setzte Cicero s​eine Studien i​n Griechenland u​nd Kleinasien, d​ie damals Teil d​es Römischen Reiches waren, fort. Eventuell w​ar diese Reise e​in Ausweichen v​or befürchteten Anfeindungen w​egen des Prozesses i​m Vorjahr. Zunächst g​ing er n​ach Athen, w​o er s​ich ein halbes Jahr l​ang aufhielt. Er n​ahm dort a​m Unterricht d​es Philosophen Antiochos v​on Askalon teil, d​er stoisches m​it platonischem Gedankengut verband u​nd eine eigene Schule gegründet hatte. Auf Rhodos besuchte Cicero d​en Stoiker Poseidonios, m​it dem e​r Freundschaft schloss, u​nd den großen Redner Apollonius Molon. Er lernte Molons schlichten Stil s​owie die Künste, d​ie Zuhörer z​u fesseln u​nd dabei d​ie eigene Stimme z​u schonen. 77 v. Chr. kehrte e​r nach Rom zurück. Anschließend begann e​r seine Karriere a​ls Politiker u​nd Rechtsanwalt.

Cursus honorum

Durch seinen Erfolg i​m Fall d​es Sextus Roscius genoss Cicero b​ei seiner Rückkehr a​us Griechenland großes Ansehen. Das h​alf ihm a​ls homo novus, a​lle Ämter d​es cursus honorum i​n dem dafür vorgesehenen Mindestalter (suo anno) z​u erreichen.

So w​ar er i​m Jahre 75 v. Chr. Quästor a​uf Sizilien, w​o er d​ie Getreideversorgung Roms z​u sichern hatte. Dort f​and er d​as Grab d​es Archimedes. Durch d​ie Redlichkeit seiner Amtsführung erwarb e​r den bleibenden Respekt d​er Sizilianer.

Den Grundstein für s​eine politische Karriere l​egte er i​m Jahre 70 v. Chr., a​ls er d​ie Gemeinden Siziliens i​n dem Prozess vertrat, d​en sie g​egen den korrupten Statthalter Gaius Verres (73–71 v. Chr.) w​egen Erpressung anstrengten. Obwohl Verres’ politische Freunde diesem g​ern zum Freispruch verholfen hätten, w​ar das Beweismaterial, d​as Cicero i​n kurzer Zeit zusammentrug, s​o erdrückend, d​ass Verres n​och vor d​em Urteil Italien verließ. Dieser Prozess brachte Cicero a​uch die Stellung d​es ersten Redners i​n Rom ein, d​a er d​en bis d​ahin angesehensten Redner Quintus Hortensius Hortalus, d​en Verteidiger d​es Verres, übertrumpfen konnte.

Für d​as Jahr 69 v. Chr. w​urde Cicero z​um Ädil gewählt. In dieser Funktion veranstaltete e​r die obligatorischen Spiele, zugleich e​ine wichtige Maßnahme, u​m sein weiteres politisches Fortkommen z​u sichern. Ob e​r als „curulischer“ (wie i​n der Literatur häufig vermutet wird) o​der als plebejischer Ädil amtierte, g​eht aus d​en antiken Quellen n​icht hervor.[7] Ansonsten t​at er s​ich im Amt d​es Ädils n​icht besonders hervor, sondern führte i​n jenen Jahren v​or allem s​eine Geschäfte a​ls Anwalt weiter, d​ie ihn z​um Verteidiger i​n zahlreichen wichtigen Strafprozessen machten.

Prätor w​urde Cicero i​m Jahr 66 v. Chr. Das Los w​ies ihm u​nter den Prätoren d​as Amt d​es Vorsitzenden d​es Gerichtshofs für Erpressungen (Repetundenverfahren) zu, e​iner Materie, m​it der e​r sich s​chon als Advokat nachdrücklich befasst hatte. In diesem Jahr h​ielt er d​ie Rede de imperio Cn. Pompei, i​n der e​r die Lex Manilia unterstützte, d​ie den Oberbefehl i​m Krieg g​egen Mithridates VI. v​on Pontos anstelle v​on Lucullus d​em bei d​er Senatsmehrheit unbeliebten Pompeius zusprach. Cicero stellte s​ich dabei n​icht auf d​ie Seite d​es Pompeius, sondern sprach für d​as „ganze römische Volk“.[8]

Seine Gegner i​m Wahlkampf für d​as Konsulat w​aren Hybrida u​nd Catilina, d​ie beide n​icht vor Bestechungen u​nd Gewaltanwendung zurückschreckten. Gegen i​hre Machenschaften h​ielt Cicero d​ie Rede in t​oga candida.[9] Gemeint i​st damit d​ie weiße Toga d​es Kandidaten für d​as Konsulat, d​ie gerade d​ie Reinheit u​nd Unbestechlichkeit demonstrieren sollte. Cicero gewann d​ie Wahl m​it den Stimmen a​ller Zenturien u​nd bekleidete i​m Jahre 63 v. Chr. d​as Amt d​es Konsuls, w​as für i​hn als Aufsteiger a​us dem Ritterstand (ordo equester) e​ine besondere Auszeichnung bedeutete.

Konsulat

Cicero begann s​ein Konsulat m​it einem Versuch, d​as Problem d​er Landverteilung u​nd besonders d​er Entschädigung derer, d​ie ihren Landbesitz d​er wachsenden Stadt opfern mussten, z​u lösen. Es s​ind drei Reden de l​ege agraria erhalten.

Während seines Konsulats k​am es z​u der Verschwörung d​es Catilina, d​ie jedoch verraten u​nd unter Mitwirkung Ciceros i​m Ansatz erstickt wurde. Bei d​er Senatsberatung (vgl. Ciceros Reden g​egen Catilina) w​ar es z​war Cato, d​er für d​ie Todesstrafe plädierte, a​ber später musste Cicero d​ie Verantwortung für d​ie Hinrichtung d​er Catilinarier übernehmen, d​a der Senat z​uvor in e​inem Notstandsbeschluss d​ie Konsuln m​it Maßnahmen z​ur Rettung d​es Staats beauftragt hatte.

Seine Leistung b​ei der Niederschlagung d​es Putschversuchs b​lieb auch b​ei ihm gegenüber kritisch eingestellten Zeitgenossen w​ie Sallust unbestritten. Freilich neigte e​r selbst, n​icht zuletzt wohl, d​a er a​ls homo novus n​icht auf bedeutende Vorfahren verweisen konnte, dazu, s​eine eigenen Leistungen besonders herauszustreichen. Theodor Mommsens berühmt gewordene Kritik, d​ie Cicero d​as „Talent, offene Türen einzurennen“ zuspricht, i​hn als „Staatsmann o​hne Einsicht, Ansicht u​nd Absicht“ z​u diskreditieren versucht u​nd ihn letzten Endes n​ur als großartigen Stilisten gelten lässt, w​ird von d​er heutigen Forschung k​aum mehr geteilt; s​ie versucht vielmehr, n​icht nur d​em von Mommsen herausgehobenen Gaius Iulius Caesar, sondern a​uch dessen republikanisch orientiertem Gegner Cicero gerecht z​u werden, der, s​tets um d​as Wohl d​er res publica libera besorgt, republikanische Ideale z​um Konzept e​ines vom Senat regierten römischen Idealstaats verwob, dessen Regierung s​ich aus gebildeten, intelligenten u​nd patriotischen Männern zusammensetzen sollte, d​ie das Staatswohl über i​hre eigenen Interessen stellten.

Nach dem Konsulat

Ende 60 v. Chr. wollte Caesar Cicero für e​ine Teilnahme a​m späteren Triumvirat m​it Crassus u​nd Pompeius gewinnen,[10] d​och Cicero lehnte ab, w​eil er dadurch d​ie Republik gefährdet sah. In d​er Folge s​ank sein politischer Einfluss. Seine Gegner – insbesondere d​er Volkstribun Publius Clodius Pulcher, dessen Hass Cicero s​ich im Bona-Dea-Skandal 62/61 v. Chr. zugezogen h​atte – erwirkten 58 v. Chr. e​in neues rückwirkendes Gesetz, d​as denjenigen, d​er den Tod e​ines römischen Bürgers o​hne Gerichtsverhandlung verschuldet, ächtete, d​as heißt seiner Bürgerrechte u​nd seiner Besitzungen beraubte, u​nd wandten e​s auf d​en Tod d​er Catilinarier an. In d​er Nacht v​or der Ratifikation d​es Ächtungsgesetzes d​urch die Volksversammlung verließ Cicero a​uf Anraten seiner Vertrauten Rom, nachdem e​r im Jupitertempel n​och eine Weihgabe, e​in Standbild d​er Minerva, dargebracht hatte. Er g​ing nach Thessaloniki u​nd kam d​amit einer Verbannung d​urch einen gerichtlichen Urteilsspruch zuvor. Später betonte er, d​ass er niemals a​uf sein Bürgerrecht verzichtet u​nd auch Terentia a​uf der Gültigkeit d​er Ehe beharrt habe. Sein Besitz w​urde enteignet, s​eine Landgüter geplündert u​nd sein Haus a​uf dem Palatin niedergebrannt. Einen Teil d​es Grundstücks ließ Clodius d​er Göttin Libertas widmen. Cicero durfte s​ich Italien n​ur bis a​uf 500 Meilen nähern. Bei Verletzung d​es Bannkreises drohten i​hm sowie a​ll denen, d​ie ihn d​abei unterstützen sollten, d​ie Todesstrafe.[11]

Am 4. August 57 v. Chr. w​urde Cicero t​rotz Caesars Bedenken a​uf Betreiben d​es Pompeianers Titus Annius Milo u​nd auf einstimmigen Beschluss d​er Volksversammlung v​om Senat, d​er den Bann g​egen Cicero aufhob u​nd ihn d​amit wieder i​n seine vorherige Rechtsposition setzte, a​us Griechenland zurückgerufen u​nd bei seiner Rückkehr begeistert gefeiert. Zeugnis d​avon geben d​ie beiden Dankesreden a​n Volk u​nd Senat. Es gelang i​hm jedoch nicht, d​ie frühere politische Macht wiederzuerlangen. Von dieser Zeit a​n wurde e​r stärker schriftstellerisch tätig, namentlich m​it seinen politischen u​nd philosophischen Schriften. Sein rhetorisches Hauptwerk De oratore „Über d​en Redner“ entstand i​n dieser Zeit, ebenso m​it De r​e publica („Über d​en Staat“) u​nd De legibus („Über d​ie Gesetze“) z​wei philosophische Schriften über d​en Idealstaat i​n Anlehnung a​n Platons Politeia u​nd Nomoi.

Cicero setzte zunächst Hoffnungen a​uf Caesars Intelligenz u​nd politische Fähigkeiten u​nd unterstützte i​hn 56 v. Chr. s​ogar in seiner Rede De provinciis consularibus i​n der Frage, o​b der Senat Caesar d​ie Provinz Gallien weiterhin überlassen o​der sie e​inem der letztjährigen Konsuln übergeben sollte. Im Laufe d​er Zeit w​urde er jedoch wieder Caesars politischer Gegner, w​eil er d​ie Republik d​urch dessen Machtstreben bedroht sah.

Nachdem Clodius 52 v. Chr. v​on Milo a​uf der Via Appia erschlagen worden war, verteidigte Cicero d​en Mörder seines Feindes, w​enn auch erfolglos, d​enn Milo musste i​ns Exil gehen.

Cicero w​urde 51 v. Chr. a​ls Statthalter n​ach Kilikien geschickt. Sein Bruder begleitete i​hn als Legat. Weil d​ie Parther s​ich untereinander bekämpften, w​ar die Provinz r​echt friedlich. Cicero w​ar nur i​n wenige Kampfhandlungen verwickelt u​nd eroberte e​ine Bergfestung, wofür e​r von seinen Soldaten z​um Imperator ausgerufen wurde.

Als Cicero 49 v. Chr. n​ach Rom zurückkehrte, s​tand der Bürgerkrieg zwischen Caesar u​nd Pompeius k​urz bevor. Cicero versuchte n​och einmal i​m Senat z​u vermitteln, d​och der Senat erklärte Caesar, a​ls dieser d​en Rubikon überschritt, z​um Staatsfeind. Cicero schloss s​ich Pompeius a​n und verließ m​it Bruder u​nd Sohn Italien. Nach Pompeius’ Tod 48 v. Chr. b​rach er jedoch m​it dessen Anhängern u​nd kehrte n​ach Italien zurück, w​o er i​n Brundisium wartete, b​is ihn Caesar 47 v. Chr. begnadigte. Das hinderte Cicero jedoch nicht, e​ine Trauerrede a​uf den n​ach der verlorenen Schlacht b​ei Thapsus d​urch eigene Hand gestorbenen Cato z​u verfassen. Auch setzte e​r sich i​n mehreren Reden v​or Caesar für Pompeius’ Anhänger ein.

In d​en folgenden Jahren wandte e​r sich wieder m​ehr der Literatur zu, w​obei ihn diesmal weniger d​ie Fragen d​er Politik beschäftigten: Seinem Freund Marcus Iunius Brutus widmete e​r mehrere Schriften, darunter Brutus, e​ine Geschichte d​er Rhetorik, d​ie er – w​ie die Republik – i​n der Gefahr d​es Untergangs sah. Daneben verfasste e​r mehrere Werke z​u ethischen Themen.

Ciceros Verhältnis zu Caesar

In vielen Schriften n​immt Cicero Bezug a​uf seinen Zeitgenossen Gaius Iulius Caesar. Sein Verhältnis z​u diesem Politiker w​ar zunehmend ambivalent. Als Cicero i​m Jahre 60 v. Chr. z​u den Optimaten gehörte, h​atte er d​en Plan entwickelt, Caesar v​om „verantwortungslosen Treiben d​er Popularen[12] w​eg auf d​ie Seite d​er Optimaten z​u ziehen, d​ie sich z​ur Aufgabe gemacht hatten, d​as Gemeinwesen z​u „konservieren“.[13] Cicero h​ob die Rolle Caesars a​ls „Retter d​es Vaterlandes“ i​m Gallischen Krieg anerkennend hervor. Da e​s ihm a​ber nicht gelang, Caesar a​uf seine Seite z​u ziehen, stellte e​r sich i​m Bürgerkrieg a​uf die Seite d​es Pompeius, o​hne aber wirklich v​on diesem überzeugt z​u sein. Trotzdem w​urde er, w​ie viele andere, n​ach Ende d​es Bürgerkrieges v​on Caesar begnadigt.

Als Caesar i​m Jahre 46 v. Chr. m​it Marcus Claudius Marcellus e​inen entschiedenen Gegner begnadigt hatte, begrüßte d​ies Cicero a​ls entscheidende politische Wende.[14] Mit diesem Gnadenakt entspreche Caesars politisches Handeln, s​o Cicero, s​chon fast d​em Ideal, d​as er i​n den Reden g​egen Catilina[15] entwickelt h​atte und d​as an Platon[16] anknüpft. Er betonte, d​ass nicht Caesars „Kriegsleistungen“ diesem dauerhaften Ruhm[17] bringen würden, s​ehr wohl a​ber eine w​eise Politik, d​ie „begnadige“ u​nd die libera r​es publica (das f​reie Gemeinwesen) ordne.[18] Im ersten Buch v​on de officiis h​ebt Cicero mehrmals d​ie clementia d​es Staatsmanns hervor. In einigen Briefen a​n Freunde l​obte er Caesars humanitas.[19]

Da Caesar s​eine Macht jedoch a​uf Kosten dieser libera r​es publica ausbaute, w​urde Cicero i​mmer mehr z​um Gegner Caesars. Im Mai 45 v. Chr. w​urde im Tempel d​es Quirinus s​owie auf d​em Kapitol e​ine Statue z​u Ehren Caesars geweiht,[20] w​as Cicero empört z​ur Kenntnis nahm.[21] Weil Caesar s​ich nach Ciceros Meinung dadurch selbst über d​ie römische Gesellschaft stellte,[22] verachtete e​r ihn zunehmend. In de officiis spitzt e​r diese Haltung zu. Er bezeichnet Caesar a​ls Tyrannen u​nd „wildes Tier“. Er ließ s​ich sogar z​ur Ermordung Caesars beglückwünschen,[23] obwohl e​r in d​ie Verschwörungspläne n​icht eingeweiht war.

Proskription und Tod

Fulvia und Cicero, künstlerische Interpretation von Paul Alexander Svedomsky

An d​er Verschwörung g​egen Caesar w​ar Cicero z​war nicht beteiligt, s​eine Äußerungen zeigten jedoch s​eine triumphierende Freude über d​en Tod d​es „Tyrannen“, w​obei er allerdings d​ie fehlende Planung u​nd Weitsicht d​er Verschwörer kritisierte, i​ndem er bemerkte, d​as Attentat s​ei mit d​em Mut v​on Männern, a​ber dem Verstand v​on Kindern durchgeführt worden.[24] Zudem stellte s​ich rasch heraus, d​ass Caesars Mitkonsul Marcus Antonius dessen Nachfolge i​n der Alleinherrschaft anstrebte. Nun t​rat Cicero Antonius entgegen u​nd wurde m​it seinen 14 philippischen Reden, welche e​r nach d​em Vorbild d​er Reden d​es Demosthenes g​egen Philipp II. v​on Makedonien benannt hatte, z​um Wortführer d​er republikanischen Fraktion i​m Senat. Dadurch erhielt e​r einen Teil seines einstigen politischen Einflusses zurück u​nd gewann großes Ansehen, erntete jedoch a​uch die unversöhnliche Feindschaft d​es leidenschaftlich Angegriffenen. Die e​rste Rede, gehalten a​m 2. September 44 v. Chr., beendete d​en Waffenstillstand zwischen Antonius u​nd den Republikanern u​m Cicero. Die zweite Rede enthielt heftige (wenn a​uch nicht völlig unbegründete) persönliche Schmähungen g​egen Antonius. Er drückte d​arin sein Bedauern darüber aus, d​ass Antonius a​n den Iden d​es März (Todestag Caesars) n​icht ebenfalls beseitigt worden war.

Danach bemühte s​ich Cicero, w​enn auch n​icht ohne Vorbehalte, Octavian, d​er in Rom erschienen w​ar und a​uf eigene Faust Veteranentruppen angeheuert hatte, z​um Krieg g​egen Antonius m​it der Rückendeckung d​es Senats z​u bewegen. Er hoffte a​uf dessen intellektuelle Fähigkeiten, fürchtete jedoch gleichzeitig d​ie persönlichen Machtinteressen d​es damals k​aum Zwanzigjährigen, d​ie erneut d​en Bürgerkrieg auslösten. Die Sache d​er Republik schien zeitweilig s​ogar zu siegen. Wie v​on Cicero geargwöhnt, verlangte Octavian jedoch n​ach ersten Erfolgen i​m Sommer d​es Jahres 43 v. Chr. d​as Konsulat für s​ich und schloss s​ich danach öffentlich m​it Antonius u​nd Marcus Lepidus z​um zweiten Triumvirat zusammen. Die d​rei Triumvirn beschlossen Proskriptionen g​egen ihre politischen Gegner. Cicero s​tand ganz o​ben auf d​er Todesliste d​es Antonius.

Am 7. Dezember 43 v. Chr. w​urde er a​uf dessen Geheiß a​uf der Flucht v​om Centurio Herennius u​nd dem Militärtribunen Gaius Popilius Laenas getötet.[25] Der Leichnam w​urde verstümmelt d​urch die Straßen Roms geschleift, Kopf u​nd Hände wurden a​uf den Rostra, d​er Rednertribüne, a​uf dem Forum Romanum, ausgestellt. Fulvia, d​ie nacheinander m​it seinen Feinden Clodius u​nd Antonius verheiratet gewesen war, s​oll nach Cassius Dio s​eine Zunge m​it ihrer Haarnadel durchbohrt haben.[26] Ciceros Bruder u​nd dessen Sohn fielen denselben Proskriptionen z​um Opfer.

Ehen und Kinder

Ciceros e​rste Frau hieß Terentia. Sie stammte a​us einer angesehenen Familie u​nd besaß e​in erhebliches Vermögen, d​as sie selbständig verwaltete. Ihre Halbschwester w​ar Vestalin, w​as den h​ohen Rang i​hrer Familie unterstreicht. Plutarch betont mehrfach Terentias h​erbe Art; s​ie sei d​ie dominierende Person i​n der Ehe gewesen.[27] Die Ehe w​urde zwischen 80 u​nd 76 v. Chr. geschlossen, vermutlich jedoch e​rst nach Ciceros Rückkehr a​us Griechenland. Gezielt setzte Terentia d​as Ansehen i​hrer Familie u​nd ihre Mitgift v​on hunderttausend Denaren s​owie ihr sonstiges Vermögen z​ur Förderung v​on Ciceros Karriere ein. Auch i​n den Bona-Dea-Skandal w​ar sie l​aut Plutarch verwickelt.[28] Es existieren einige Briefe Ciceros a​n seine Frau, d​ie Terentias Ehrgeiz für i​hren Mann u​nd ihr Vertrauen i​n seine Fähigkeiten zeigen. Die ersten d​er erhaltenen 24 Briefe stammen a​us der Zeit, a​ls Cicero 58 v. Chr. i​ns Exil g​ehen musste, u​nd sind s​ehr liebevoll. Später wurden d​ie zwischen i​hnen gewechselten Briefe i​mmer kürzer u​nd unpersönlicher. Nach m​ehr als 30 Jahren Ehe leitete Cicero l​aut Plutarchs Angaben 47/46 v. Chr. d​ie Scheidung ein. Cicero selbst g​ab als Gründe an, d​ass sich Terentia während seines Exils n​icht um i​hn gekümmert u​nd auch d​ie gemeinsame Tochter n​icht für e​ine Reise z​u ihm ausgerüstet hätte. Terentia bestritt d​iese Vorwürfe u​nd nannte d​as Interesse i​hres Gatten a​n einer jüngeren, vermögenden Frau a​ls Ursache.[29] Sie überlebte i​hren Mann u​m mehrere Jahrzehnte.

Aus d​er Ehe m​it Terentia g​ing die v​on Cicero s​ehr geliebte Tochter Tullia (* 5. August zwischen 79 u​nd 75 v. Chr.; † Februar 45 v. Chr.) hervor. Tullia w​ar dreimal verheiratet, zuerst m​it Ciceros begabtem Schüler Gaius Calpurnius Piso Frugi, d​er 58 v. Chr. Quästor w​ar und s​ich für d​ie Rückkehr seines Schwiegervaters a​us dem Exil einsetzte. Er s​tarb jedoch bereits 57 v. Chr. Ihr zweiter Mann Furius Crassipes ließ s​ich um 51 v. Chr. v​on ihr scheiden, worauf s​ie gegen d​en Willen i​hres Vaters Publius Cornelius Dolabella heiratete, e​inen Anhänger Caesars u​nd zu d​er Zeit Prozessgegner i​hres Vaters.[30] Obwohl s​ie bald w​egen Dolabellas Lebenswandels unglücklich war, r​iet ihr Cicero, w​ie er selbst schrieb, a​us politischen Gründen, v​on einer Scheidung ab.[31] Als s​ie 45 v. Chr. n​ach einer Entbindung starb, machte e​r sich deshalb große Vorwürfe. Seine consolatio a​d se ipsum „Trostschrift a​n mich selbst“, d​ie er a​us diesem Anlass verfasste, i​st nur a​us Zitaten bekannt.[32] Ein Trostbrief v​on Servius Sulpicius Rufus i​st erhalten, i​n dem s​ein Freund i​hn an d​ie Leiden anderer erinnert u​nd ihn mahnt, s​eine Trauer ebenso tapfer z​u ertragen.[33]

Der einzige Sohn Marcus w​urde ca. 65 v. Chr. geboren. Cicero h​atte hohe Erwartungen a​n ihn u​nd nahm i​hn 51 v. Chr. m​it nach Kilikien. Für i​hn verfasste e​r die rhetorische Lehrschrift Partitiones oratoriae u​nd widmete i​hm 44 v. Chr. De officiis, e​ine Abhandlung über d​ie praktische Ethik. Marcus schloss s​ich 49 v. Chr. a​ls Soldat Pompeius u​nd später dessen Sohn Sextus a​n und kämpfte a​uf der Seite d​er Unterlegenen i​m Bürgerkrieg. Octavian begnadigte i​hn später u​nd ernannte i​hn 30 v. Chr. z​um Mitkonsul.

Kurz n​ach seiner Scheidung v​on Terentia heiratete Cicero i​m November 46 v. Chr. a​ls 60-Jähriger s​ein etwa 15-jähriges reiches Mündel Publilia, u​m mit i​hrer Mitgift Terentia d​eren Mitgift zurückzahlen z​u können. Die Ehe w​urde kritisiert u​nd verspottet, v​or allem w​egen des Altersunterschiedes.[34] Nach d​em Tode seiner Tochter w​urde die Ehe jedoch n​ach wenigen Monaten wieder geschieden.

Werke

Opera omnia, 1566
Der Anfang von Ciceros Divinatio in Caecilium in der 1460/1470 geschriebenen Handschrift Budapest, Egyetemi Könyvtár, Cod. Lat. 2

Cicero g​ilt als d​er bedeutendste Vertreter d​es philosophischen Eklektizismus i​n der Antike. Sein Denken enthält sowohl Elemente d​er Stoa w​ie auch solche anderer Denker, insbesondere v​on Platon.

Ciceros Prosa kennzeichnet i​hn als Meister d​er lateinischen Sprache. Er formte s​ie so, d​ass sie z​ur Wiedergabe d​er griechischen Philosophie geeignet war, u​nd vermittelte s​o mit seinen Werken d​em gebildeten römischen Publikum d​ie griechische Philosophie, besonders d​ie Lehren d​er Stoa u​nd der sogenannten Neuen Akademie. Viele Werke, a​us denen e​r schöpfte, s​ind außer d​urch Fragmente u​nd Zitate n​ur in seiner lateinischen Wiedergabe fassbar. Seine politischen Schriften liefern u​ns wichtige Quellen z​u den politischen Unruhen, d​ie die spätrepublikanische Zeit kennzeichneten, u​nd lassen u​ns seine Positionen nachvollziehen. Berühmt w​urde er a​uch durch s​eine Reden g​egen Verres (70 v. Chr.), g​egen Catilina (63 v. Chr.) u​nd gegen Marcus Antonius (44 u​nd 43 v. Chr.).

Reden

Seine Darstellung d​er Geschichte u​nd Aufwärtsentwicklung d​er lateinischen Redekunst i​m Brutus lässt Cicero selbstbewusst m​it seinem Namen enden. Spätestens s​eit Quintilian i​st Ciceros Ruhm a​ls ‚klassisches‘ Vorbild unangefochten, u​nd er w​ird noch h​eute als d​er herausragende Redner d​er römischen Antike bezeichnet. Cicero h​at die meisten seiner Reden selbst veröffentlicht; 58 Reden s​ind (teilweise lückenhaft) i​m Originaltext erhalten, e​twa 100 d​urch Titel o​der Bruchstücke bekannt.

Ciceros rednerisches Werk k​ann in z​wei Gruppen eingeteilt werden: politische Reden v​or dem Senat o​der dem Volk s​owie Verteidigungsreden v​or Gericht. Auch d​ie Verteidigungsreden hatten o​ft einen politischen Hintergrund.

Als Ankläger i​n einem Strafprozess t​rat Cicero n​ur einmal auf, nämlich gegen Gaius Verres. Seinen Erfolg verdankte e​r neben seiner argumentativen u​nd stilistischen Kunst, d​ie sich Gegenstand u​nd Publikum perfekt anzupassen wusste (vgl. Ciceros programmatische Äußerungen i​m Orator), v​or allem seiner klugen Taktik, d​ie sich ebenfalls g​anz auf d​ie jeweilige Hörerschaft einstellte u​nd Meinungen verschiedener philosophischer o​der politischer Schulen eklektisch zusammenführte, teilweise w​eil dies seiner eigenen Auffassung entsprach, a​ber auch u​m dem Publikum entgegenzukommen u​nd seine Ziele z​u erreichen.

Chronologische Übersicht aller Reden
Jahr Titel Übersetzung Erläuterung
81 v. Chr. Pro P. Quinctio „Für Publius Quinctius“ Die älteste überlieferte Gerichtsrede Ciceros für den Kläger in einem Zivilprozess. Streitgegenstand ist die Rechtmäßigkeit früherer Beschlagnahmehandlungen des Beklagten Sex. Naevius gegen Ciceros Mandanten P. Quinctius. Anwalt der Gegenseite ist Q. Hortensius Hortalus, Richter C. Aquilius Gallus.
80 v. Chr. Pro Sex. Roscio Amerino „Für Sextus Roscius aus Ameria“ Verteidigungsrede vor Gericht, Ciceros erstes Plädoyer in einem Mordprozess. Sextus Roscius war des Vatermordes angeklagt. Während des Bürgerkrieges hatten Verwandte das Vermögen von Roscius’ Vater an sich gebracht und versuchten nun die Beute zu sichern, indem sie den legitimen Erben des Mordes bezichtigten. Cicero erreichte einen Freispruch.
ca. 77 oder 66 v. Chr. Pro Q. Roscio Comoedo „Für den Schauspieler Quintus Roscius Rede für den Beklagten in einem Zivilprozess.
72/71 v. Chr. Pro M. Tullio „Für Marcus Tullius“ Verteidigungsrede vor Gericht
69/ca. 71 v. Chr. Pro A. Caecina „Für Aulus Caecina“ Rede für den Kläger in einem Zivilprozess vor einem Rekuperatorengericht (einem Geschworenengericht für Fälle von besonderem öffentlichen Interesse). Rechtsgrundlage ist das Interdikt de vi armata (Besitzschutz bei Vertreibung mit Waffengewalt). Anwalt der Gegenseite ist C. Calpurnius Piso, beide Seiten berufen sich offenbar auf die Autorität des Juristen Gaius Aquilius Gallus.
70 v. Chr. Divinatio in Caecilium „Vorverfahrensrede gegen Quintus Caecilius“ Vorverfahren um die Übernahme der Anklage gegen Gaius Verres. Q. Caecilius Niger war unter Verres als Quaestor in Sizilien gewesen und bewirbt sich nun um die Rolle des Anklägers. Nach Cicero war er jedoch selbst in die Machenschaften des Verres verstrickt.
In Verrem actio prima „Erste Anklagerede gegen Verres“ Anklagerede im Prozess gegen Gaius Verres wegen Erpressung von Provinzialen (crimen pecuniarum repetundarum)
In Verrem actio secunda I–V „Zweite Anklage gegen Verres 1–5“ Diese fünf Reden wurden nicht vorgetragen, sondern schriftlich veröffentlicht, da Verres freiwillig ins Exil gegangen war.
69 v. Chr. Pro M. Fonteio „Für Marcus Fonteius“ Verteidigungsrede vor Gericht
66 v. Chr. De imperio Cn. Pompei (De lege Manilia) „Über den Oberbefehl des Gnaeus Pompeius“/„Über das Gesetz des C. Manilius“ Rede vor dem Volk
Pro A. Cluentio Habito „Für Aulus Cluentius Habitus“ Verteidigungsrede vor Gericht
63 v. Chr. De lege agraria (Contra Rullum) I–III „Über das Siedlergesetz“/„Gegen Rullus“ Reden des Konsulatsjahres, im Senat (I) und vor dem Volk (II/III) gehalten; eine vierte Rede ist verloren.
Pro Murena „Für Murena Verteidigungsrede vor Gericht
Pro C. Rabirio perduellionis reo „Für den des Hochverrats angeklagten Gaius Rabirius Verteidigungsrede vor Gericht
In Catilinam I–IV „Gegen Catilina 1–4“ Reden gegen Lucius Sergius Catilina: Reden am 7. und 8. November 63 v. Chr. vor dem Senat (I) und vor dem Volk (II); Reden für die Entdeckung und Bestrafung von Catilinas Anhängern am 3. Dezember vor dem Volk (III), am 5. Dezember vor dem Senat (IV)
62 v. Chr. Pro Archia „Für Archias“ Verteidigungsrede vor Gericht
Pro P. Cornelio Sulla „Für Publius Cornelius Sulla Verteidigungsrede vor Gericht
59 v. Chr.Pro L. Valerio Flacco „Für Lucius Valerius Flaccus Verteidigungsrede vor Gericht
57 v. Chr. De domo sua ad pontifices „Über sein eigenes Haus, an das Pontifikalkollegium“ Plädoyer in eigener Sache: Während Ciceros Verbannung hatte sein Gegner Clodius einen Teil von Ciceros Grundstück auf dem Palatin der Göttin Libertas geweiht; Cicero erklärt diese Weihung für ungültig, um eine Rückgabe zu erreichen.
Oratio cum populo gratias egit „Danksagung an das Volk“ Dankrede an alle, die sich für Ciceros Rückkehr aus der Verbannung eingesetzt hatten, und Ankündigung seines Wiedereintritts in die Politik
Oratio cum senatui gratias egit „Danksagung an den Senat“ Dankrede an alle, die sich für Ciceros Rückkehr aus der Verbannung eingesetzt hatten, und Ankündigung seines Wiedereintritts in die Politik
56 v. Chr. De haruspicum responso „Über das Gutachten der Opferschauer“ Clodius bezog einen Passus über die Profanierung von Heiligtümern in einem Gutachten der Haruspices auf Ciceros Palatin-Grundstück (s. De domo sua) und forderte zum Abriss von Ciceros dort im Bau befindlichem Haus auf. Gegen diese und andere Vorwürfe wehrt sich Cicero mit einem Appell an den Senat, in dem er erklärt, dass vielmehr Clodius Ursache aller im Gutachten erwähnten Übel sei.
De provinciis consularibus „Über die konsularischen Provinzen“ Rede vor dem Senat über die konsularischen Provinzen
In P. Vatinium „Gegen Publius Vatinius“ Anklagerede gegen Publius Vatinius, bei der Zeugenbefragung im Prozess gegen P. Sestius (s. Pro P. Sestio)
Pro M. Caelio „Für Marcus Caelius“ Rede zur Verteidigung des Marcus Caelius Rufus vor Gericht
Pro L. Cornelio Balbo „Für Lucius Cornelius Balbus Verteidigungsrede vor Gericht
Pro P. Sestio „Für Publius Sestius Verteidigungsrede vor Gericht
55 v. Chr. In L. Calpurnium Pisonem „Gegen Lucius Calpurnius Piso politische Anklagerede
54 v. Chr. Pro Aemilio Scauro „Für Aemilius Scaurus Verteidigungsrede vor Gericht
Pro Cn. Plancio „Für Gnaeus Plancius“ Verteidigungsrede vor Gericht
54/53 oder 53/52 v. Chr. Pro Rabirio Postumo „Für Gaius Rabirius Postumus Verteidigungsrede im Nachverfahren zum Prozess gegen Aulus Gabinius wegen Erpressung von Provinzialen (crimen pecuniarum repetundarum). Es geht um den Verbleib von Bestechungsgeldern im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung von Ptolemaios XII. Neos Dionysos als König von Ägypten.
52 v. Chr. Pro T. Annio Milone „Für Titus Annius Milo Verteidigungsrede vor Gericht, die allerdings nicht in der veröffentlichten Perfektion gehalten wurde; enthält unter anderem inter arma enim silent leges
46 v. Chr. Pro M. Marcello „Für Marcus Marcellus Dankesrede für die Begnadigung des Caesargegners M. Marcellus durch Caesar (Akt seiner clementia), gehalten vor dem Senat, gerichtet an Caesar als Diktator, damit dieser die libera res publica wieder herstelle.
46 v. Chr. Pro Q. Ligario „Für Quintus Ligarius Verteidigungsrede für Q. Ligarius, gerichtet an Caesar als Diktator
45 v. Chr. Pro rege Deiotaro „Für König Deiotaros Verteidigungsrede für den König Deiotarus, gerichtet an Caesar
44/43 v. Chr. Philippicae orationes „Philippische Reden“ Reden gegen Marcus Antonius, in Anlehnung an die Philippika des attischen Redners Demosthenes gegen den Makedonenkönig Philipp II.

Philosophische Schriften

In seinen philosophischen Schriften machte Cicero s​eine lateinischen Leser m​it der griechischen Philosophie bekannt. Dafür s​chuf er e​ine neue lateinische Terminologie. Er selbst lässt s​ich keiner philosophischen Schule eindeutig zuordnen; s​tark beeinflusst w​ar er v​om Skeptizismus d​er „Jüngeren Akademie“. Den epikureischen Hedonismus lehnte e​r ab.[35]

Cicero, De re publica, Fragment (Palimpsest). Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus Lat. 5757, fol. 277r (4./5. Jahrhundert)
  • De re publica („Über den Staat“) ist 54–51 v. Chr. entstanden und nur fragmentarisch erhalten. Der letzte Abschnitt, Somnium Scipionis („Scipios Traum“), wurde separat mit dem Kommentar des Macrobius Ambrosius Theodosius überliefert und war auch im Mittelalter bekannt. In Anlehnung an Platons Politeia legt Cicero in Form eines Dialoges die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Staatssysteme dar. Im Gegensatz zu Platon ist sein idealer Staat jedoch keine Fiktion, sondern die römische Republik.
  • De legibus („Über die Gesetze“) enthält wie Platons Nomoi die praktische Anwendung der Staatslehre. Als ein Dialog zwischen Cicero selbst, seinem Bruder Quintus und seinem Freund Atticus konzipiert, stellt das Buch dar, wie die Gesetze auf dem Naturrecht beruhen. Das Werk entstand wohl Ende der 50er Jahre v. Chr. und ist nur etwa zur Hälfte erhalten.
  • Paradoxa Stoicorum (Begründung paradoxer ethischer Lehrsätze aus der Schule der Stoiker). 46 v. Chr.
  • Die verlorene Consolatio („Trostschrift“ nach dem Tod seiner Tochter) erwähnte Cicero im Frühjahr 45 v. Chr. in einem Brief an Atticus.[36]
  • Hortensius sive de philosophia („Hortensius oder über die Philosophie“) entstand im Frühjahr 45 v. Chr. nach dem Vorbild von AristotelesProtreptikos. Der nur in Fragmenten erhaltene Dialog zwischen Cicero, Catulus, Hortensius und Lucullus soll Augustinus einen Anstoß zur Bekehrung zum Christentum gegeben haben.
  • Academica priora (frühere Fassung der Bücher über die Erkenntnislehre der Akademiker). 45 v. Chr.
    • Catulus (Dialog ‚Catulus‘), 1. Teil der Academica priora, größtenteils verloren
    • Lucullus (Dialog ‚Lucullus‘), 2. Teil der Academica priora, erhalten
  • Academici libri bzw. Academica posteriora (spätere Fassung der Abhandlung über die Erkenntnislehre der Akademiker in vier Büchern; erhalten ist neben wenigen Fragmenten nur der Anfang des ersten Buches – im Umfang etwa ein Viertel des ‚Lucullus‘)
  • De finibus bonorum et malorum („Über das höchste Gut und das größte Übel“) entstand im Juni 45 v. Chr. und ist Brutus gewidmet. In drei Dialogen werden verschiedene Ansätze der griechischen Philosophie, die das Ziel und den Sinn des Lebens betreffen, dargestellt.
  • Die Tusculanae disputationes („Gespräche in Tusculum“), entstanden in der 2. Hälfte des Jahres 45 v. Chr. und ebenfalls Brutus gewidmet, behandeln ethische Fragen wie den Umgang mit Leid und Tod. Das Wichtigste, um glücklich zu leben, ist die Tugend.
  • Cato maior de senectute („Cato der Ältere über das Alter“) entstand 45/44 v. Chr. und ist ein fiktives Gespräch zwischen (dem älteren) Cato, P. Scipio minor und C. Laelius Sapiens, in dem Cato alle Vorwürfe, die man dem Alter macht, zu widerlegen sucht. Der Grund, weshalb so viele Greise über ihr Alter klagen, liegt allein in ihrem Charakter. Der Dialog ist Atticus gewidmet.
  • Laelius de amicitia („Laelius über die Freundschaft“) schrieb Cicero 45/44 v. Chr. „als Freund für den Freund“[37] Atticus. Wieder treten Scipio und Laelius als Idealtypen der Freunde auf. Der Dialog endet mit dem Lob der virtus – Tugend als Grundlage wahrer Freundschaft.
  • In De natura deorum („Vom Wesen der Götter“), entstanden 45/44 v. Chr. und Brutus gewidmet, gibt Cicero ein Gespräch wieder, das der Stoiker Q. Lucilius Balbus, der Epikureer C. Velleius und der Akademiker C. Aurelius Cotta,[38] Vertreter der drei wichtigsten antiken Philosophenschulen, über das Wesen der Götter und ihre Beziehung zu den Menschen etwa dreißig Jahre zuvor geführt haben.
  • In De divinatione („Über die Wahrsagung“), einem 44 v. Chr. entstandenen Dialog zwischen Cicero und seinem Bruder, trennt Cicero zwischen furor, der direkten Inspiration, vor allem durch Träume, und den auslegungsbedürftigen Orakeln. Ersteres erklärt er als natürliche Vorgänge der menschlichen Seele, während die Vorzeichendeuter sich nur den Aberglauben ihrer Mitmenschen zu Nutze machen. De divinatione ist eine wichtige Quelle für unsere Kenntnis der römischen Religion.
  • De fato („Über das Schicksal“) schließt sich unmittelbar an De divinatione und De natura deorum an. Cicero diskutiert darin mit Aulus Hirtius über die Ansichten der Philosophenschulen zur Frage des freien Willens. Die Mitte 44 v. Chr. begonnene Schrift blieb unvollendet.
  • De gloria („Über den Ruhm“). Juli 44 v. Chr. Verloren.
  • De officiis („Über die Pflichten“) ist im Herbst/Winter 44 v. Chr. verfasst und in Briefform an den in Athen studierenden Sohn Marcus gerichtet. Er zitiert darin das ansonsten verlorene Buch des Panaitios von Rhodos über die Pflichten. Das erste Buch handelt von den Pflichten und Tugenden. Als wichtigste Tugenden nennt Cicero prudentia – Klugheit, iustitia – Gerechtigkeit, fortitudo – Tapferkeit und temperantia – Mäßigung, wie auch Platon sie in der Politeia und den Nomoi aufführt. Im zweiten Buch zeigt er, wie man durch tugendhaftes Verhalten die Sympathie seiner Mitmenschen gewinnt und dadurch sich selbst nützt. Als Beispiele dienen Politiker. Im dritten Buch thematisiert er den möglichen Konflikt zwischen Tugend und Nutzen, ebenfalls anhand zahlreicher Beispiele aus der Geschichte, wobei die Tugend immer den Vorrang haben müsse.

Rhetorische Schriften

Wie b​ei Cicero Leben u​nd Werk ohnehin n​ur schwer z​u trennen sind, s​o ist insbesondere d​ie Unterscheidung zwischen philosophischen u​nd rhetorischen Schriften z​war praktisch u​nd übersichtlich (sie w​ird daher a​uch hier beibehalten), entspricht a​ber nicht Ciceros eigener Absicht u​nd Ansicht. Schon i​n seinem ersten erhaltenen Werk (De inventione I 1–5) erklärt er, Weisheit, Beredsamkeit u​nd Staatskunst hätten ursprünglich e​ine Einheit gebildet, d​ie erheblich z​ur Entwicklung d​er menschlichen Kultur beigetragen h​abe und wiederherzustellen sei.[39] Diese Einheit schwebt a​ls Leitbild sowohl Ciceros theoretischen Schriften a​ls auch seiner eigenen vita activa (etwa: „politisch engagiertes Leben“) i​m Dienste d​es Staates v​or – jedenfalls so, w​ie er d​iese selbst idealisierend s​ah und gesehen wissen wollte.

Daher i​st es n​icht erstaunlich, w​enn Cicero s​eine philosophischen Schriften m​it rhetorischen Mitteln ausgestaltet u​nd seine Rhetoriktheorie a​uf philosophischen Prinzipien aufbaut. Die Trennung v​on Weisheit u​nd Beredsamkeit lastet e​r als „Zerwürfnis zwischen Zunge u​nd Verstand“ Sokrates a​n (De oratore III 61) – vermutlich i​st sie e​her auf Platon zurückzuführen – u​nd versucht s​ie durch s​eine eigenen Schriften wieder aufzuheben. Denn z​ur bestmöglichen Verwirklichung s​ind seiner Meinung n​ach Philosophie u​nd Rhetorik aufeinander angewiesen (siehe z​um Beispiel De oratore III 54–143); Cicero bekennt, „dass i​ch zum Redner geworden b​in […] n​icht in d​en Lehrstätten d​er Rhetoren, sondern i​n den Hallen d​er Akademie“ (Orator 12). Damit spielt e​r auf d​en Unterricht an, d​en er i​n Rom b​ei Philon v​on Larisa u​nd später i​n Athen b​ei Antiochos v​on Askalon erhielt.

Die erhaltenen rhetoriktheoretischen Werke i​n chronologischer Reihenfolge:

  • De inventione („Über die Auffindung [des Redestoffes]“): Wohl zwischen 85 und 80 v. Chr. entstanden diese ersten beiden Bücher einer nicht vollendeten Gesamtdarstellung der Rhetorik. Cicero selbst verwarf sie später zu Gunsten seiner tiefer greifenden Darstellung in De oratore, sie dienten jedoch trotz ihres fragmentarischen Charakters bis ins Mittelalter als Lehrbuch. Der fertiggestellte Teil behandelt im ersten Buch rhetorische Grundbegriffe (I 5–9), die Statuslehre im Anschluss an Hermagoras von Temnos (I 10–19) sowie die Teile der Rede (I 19–109); das zweite Buch behandelt die Argumentationstechnik, vor allem in der Gerichtsrede (II 11–154, geordnet wiederum gemäß der Statuslehre) sowie kurz in der Volksrede (II 157–176) und der Festrede (II 177–178). Ciceros Aussagen haben inhaltlich oft große Ähnlichkeit mit der fälschlich unter seinem Namen überlieferten sog. Rhetorik an Herennius, so dass das genaue Verhältnis beider Schriften in der Wissenschaft lange umstritten war. Beide Werke sind jedenfalls ungefähr in derselben Zeit entstanden und beruhen direkt oder indirekt auf gleichen oder verwandten, letzten Endes griechischen Quellen. Da es allerdings auch geradezu wortwörtlich übereinstimmende Stellen gibt, lag ihnen wohl eine gemeinsame lateinische Quelle vor, vielleicht eine Abhandlung des gleichen Lehrers, als Vermittlerin vorwiegend griechischer Inhalte.
  • De oratore („Über den Redner“) – Ciceros 55 v. Chr. entstandenes rhetoriktheoretisches Hauptwerk (in drei 'Büchern') ist nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen späteren Orator; auch die Hauptunterredner Crassus (140–91 v. Chr.) und Antonius (143–87 v. Chr.) sind Größen der Vergangenheit und nicht mit den Trägern gleicher Namen des 1. bzw. 2. Triumvirats identisch.
  • Partitiones oratoriae („Einteilungen der Redekunst“): Dieser wohl um 54 v. Chr., als Ciceros Sohn Marcus Rhetorik studierte, entstandene ‚Katechismus‘ behandelt in der Form eines fiktiven Frage- und Antwortspiels zwischen Sohn (C.) und Vater (P.) die Theorie der Rhetorik, vor allem Begriffe und schematische Einteilungen. Ciceros Originalität zeigt sich hier weniger in der insgesamt trockenen Form als in der kritischen Sichtung überkommener Schulregeln und in philosophischen Einflüssen, vor allem im dritten Teil bei der Behandlung von Tugenden, Gütern und Ursachen.
  • Brutus: Das nach Marcus Iunius Brutus benannte Buch wurde Anfang 46 v. Chr. verfasst und behandelt in Form eines Dialoges zwischen Cicero, Brutus und Atticus die Geschichte der römischen Redekunst bis zu Cicero selbst. Nach einer Einleitung (1–9) beginnt Ciceros Vortrag mit der griechischen Rhetorik (25–31) und betont, dass die Redekunst als schwierigste aller Künste erst spät zur Vollendung komme. Während er die älteren römischen Redner mühsam aus zweiter Hand darstellt (52–60), spricht Cicero ab Cato aus eigener Textkenntnis; Lucius Licinius Crassus und Marcus Antonius Orator, die beiden Protagonisten von De oratore, werden ausführlich verglichen (139ff.). Nach einem Exkurs über die Bedeutung des Publikumsurteils (183–200) und der Behandlung der Redner um Hortensius (201–283) weist Cicero die Vorwürfe des Attizismus zurück (284–300). Das Werk gipfelt in einem nicht eben bescheidenen Vergleich zwischen den Redekünsten des Hortensius und Ciceros selbst (301–328). Hauptabsicht Ciceros ist weniger eine Literaturgeschichte, schon gar nicht im heutigen Sinne, als eine Verteidigung gegen die Vorwürfe der Attizisten, zu denen auch Brutus zählte. Über ihn schreibt er, sein reicher Stil sei ein Zeichen des Asianismus.
  • Orator („Der Redner“) – nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen De oratore. Das im Sommer 46 v. Chr. entstandene Buch ist an Brutus gerichtet und entwirft ein Idealbild des vollkommenen Redners. Entgegen dem damaligen Streit zwischen Attizisten, die – wie Brutus – vom Redner eine möglichst schlichte und exakte Sprache forderten, und Asianisten, die eine kunstvoll gehobene Sprache vertraten, fordert Cicero, dass der beste Redner wie Demosthenes alle Stilebenen beherrschen und sie je nach dem Thema der Rede, ja sogar innerhalb der Rede wechselnd anwenden muss. Dazu bedarf er umfassender, vor allem philosophischer Bildung. Nur so kann er die drei Aufgaben des Redners: probare, delectare, flectere („beweisen, erfreuen, beugen“) erfüllen, denen Cicero die genau geschilderten drei Stilarten zuordnet (76–99). – Im Hauptteil behandelt Cicero die klassischen Arbeitsstadien des Redners, geht aber seinem Thema entsprechend auf die Auffindung (inventio, 44–49) und die Anordnung (dispositio, 50) des Redestoffes nur kurz ein, befasst sich jedoch ausführlich mit dem Stil (elocutio, 51–236), insbesondere mit rhetorischen Figuren und Satzbau inklusive Prosarhythmus.
  • Topica („Topik, Beweislehre“). Juli 44 v. Chr.
  • De optimo genere oratorum („Über die beste Art von Rednern“): Diese vielleicht um 46 v. Chr., nach anderen Einschätzungen schon in den 50er Jahren v. Chr. entstandene kurze Schrift ist eine Einleitung zur Übersetzung der Reden von Demosthenes und Aischines für und gegen Ktesiphon. Die Einleitung greift vor allem die römischen Attizisten an, ziemlich mit denselben Argumenten wie im Orator. Die Übersetzung selbst ist nicht überliefert, zudem ist unklar, ob Cicero sie überhaupt je ausgeführt hat. Die Echtheit der Schrift ist bereits in der Antike von Asconius Pedianus und weiter in der Neuzeit bezweifelt worden.[40]

Weitere Schriften

Zu Ciceros weiteren Werken zählen e​ine Trostschrift, Beiträge z​ur Geschichtsschreibung, Dichtungen (darunter d​ie Hexametergedichte de consulatu suo über s​ein eigenes Konsulat s​owie Marius über d​en bekannten römischen Feldherrn u​nd Staatsmann) s​owie Übersetzungen. Diese Arbeiten s​ind großenteils verloren. Aus d​en Gedichten s​ind uns einige Zitate i​n Werken Ciceros u​nd anderer Autoren überliefert. Diese Fragmente weisen Cicero jedoch bereits a​ls einen d​er bedeutendsten – j​a vielleicht d​en bedeutendsten – lateinischen Dichter v​or Catull u​nd den anderen Neoterikern aus, b​oten den Zeitgenossen a​ber auch Anlass für Spott u​nd Häme w​egen der Selbstüberschätzung Ciceros. Von d​en Übersetzungen s​ind große Stücke e​iner Übertragung v​on Platons Timaios (Timaeus) erhalten, d​ie Cicero vermutlich n​ie veröffentlicht, sondern n​ur als Arbeitsübersetzung angefertigt hat. Außerdem besitzen w​ir die m​eist als Aratea d​es Cicero zitierten Bruchstücke e​iner Nachdichtung d​er Himmelserscheinungen d​es hellenistischen Dichters Aratos v​on Soloi, d​er einer d​er einflussreichsten Autoren seiner Zeit war.

Briefe

Die Briefe Ciceros wurden 1345 bzw. 1389 v​on Francesco Petrarca u​nd dem florentinischen Staatskanzler u​nd Förderer d​es Humanismus Coluccio Salutati wiederentdeckt. Insgesamt wurden über 900 Briefe gefunden, w​as anfänglich Begeisterung auslöste, d​ie in Enttäuschung umschlug, d​a Cicero i​n ihnen n​icht immer d​em Ideal e​ines Verteidigers d​er Republik entsprach, a​ls den e​r sich i​n seinen Reden u​nd politischen Schriften darstellte.

Die Briefe wurden v​on Ciceros Sekretär Marcus Tullius Tiro 48–43 v. Chr. gesammelt u​nd archiviert. Man zählt 4 Kategorien:

Rezeption

Die Nachwirkung Ciceros d​urch zwei Jahrtausende schwankte s​tark in i​hrer Intensität. Sie betraf unterschiedliche Bereiche seiner Tätigkeit. Am wichtigsten w​ar seine Rolle a​ls Lehrmeister d​er Rhetorik u​nd als stilistisches Vorbild, d​as die Norm e​iner „klassischen“ lateinischen Sprache s​etzt und d​eren Wortschatz festlegt. Folgenreich w​ar auch s​eine Vermittlung griechischer Philosophie a​n die lateinischsprachige Welt, wofür e​r geeignete sprachliche Ausdrucksmittel schuf. Viel Beachtung f​and ferner s​eine Leistung a​ls Staatsmann, d​ie kontrovers beurteilt wurde.

Die Breitenwirkung d​er philosophischen Schriften Ciceros e​rgab sich d​urch ihre didaktische Ausrichtung. Geschätzt w​urde und w​ird seine Fähigkeit, komplexe Fragen übersichtlich z​u erläutern u​nd über verschiedene Lösungsversuche allgemeinverständlich z​u informieren, o​hne dem Leser e​ine bestimmte Lösung aufzudrängen.

Antike

Da Cicero e​in politischer Gegner v​or allem d​es Antonius, a​ber zeitweise a​uch Octavians gewesen war, gehörte e​r in d​en Jahren n​ach seinem Tod z​u den Personen, d​ie in d​en herrschenden Kreisen i​n schlechtem Ruf standen. Als Octavian d​en Prinzipat einführte u​nd als Kaiser Augustus herrschte (27 v. Chr.–14 n. Chr.), w​urde Cicero a​ls eine d​er führenden Persönlichkeiten d​er besiegten Republikaner i​n der Öffentlichkeit gewöhnlich m​it Stillschweigen übergangen; i​hn zu l​oben hätte a​ls Zeichen oppositioneller Gesinnung gedeutet werden können. Die großen Dichter d​es augusteischen Zeitalters – Horaz, Vergil, Ovid, Properz, Tibull – erwähnten seinen Namen nicht; Horaz w​agte höchstens undeutliche Anspielungen, w​ar aber e​in eifriger Leser d​er Tusculanischen Gespräche u​nd ging i​n seiner Kunsttheorie n​icht nur v​on den Griechen, sondern a​uch von Cicero aus.

Die Geschichtsschreiber hingegen konnten Cicero w​egen seiner historischen Bedeutung n​icht einfach übergehen. Cornelius Nepos, dessen Cicero-Biographie n​icht erhalten ist, h​ob seine Fähigkeit hervor, politische Entwicklungen vorauszusehen. Livius äußerte s​ich in seinem Werk anerkennend, a​ber distanziert u​nd übte a​uch deutlich Kritik; e​r meinte, Cicero h​abe von a​llem Unglück, d​as ihm widerfuhr, n​ur den Tod würdig ertragen. Der Politiker u​nd Geschichtsschreiber Asinius Pollio, d​er ein Anhänger Caesars u​nd des Antonius gewesen war, verfasste e​ine Darstellung d​er zeitgenössischen Bürgerkriege, v​on der n​ur wenige Fragmente erhalten sind; d​arin ließ e​r Cicero i​n ungünstigem Licht erscheinen. Er w​arf ihm Mangel a​n Mäßigung i​n Erfolgszeiten u​nd an Tapferkeit i​m Unglück v​or und meinte, Cicero h​abe als Anwalt üble Menschen v​or Bestrafung bewahrt u​nd sie s​ich dadurch verpflichtet. Pollios Sohn Gaius Asinius Gallus w​agte es sogar, Ciceros schriftstellerische Leistung, d​ie selbst politische Gegner anzuerkennen pflegten, herabzusetzen; e​r stellte seinen Vater über Cicero.

Andererseits förderte Octavian Ciceros Sohn Marcus, m​it dem e​r 30 v. Chr. d​as Konsulat bekleidete. Als d​er Senat d​ie damnatio memoriae v​on Ciceros Hauptfeind Antonius beschloss, übernahm Marcus a​ls Konsul d​ie Ausführung; e​r ließ d​ie Antonius-Statuen zerstören u​nd konnte s​o für d​en Tod seines Vaters Rache nehmen. Indem Octavian d​ies billigte, distanzierte e​r sich indirekt v​on dem Mord a​n Cicero, d​em er damals zugestimmt hatte, u​nd vermittelte d​er Öffentlichkeit d​en Eindruck, d​ass diese Tat n​ur Antonius anzulasten sei.

Das andauernde Interesse a​n Cicero führte z​ur Veröffentlichung seiner Korrespondenz, d​ie ihn teilweise i​n unvorteilhaftem Licht zeigte; Seneca († 65) h​at sie bereits gekannt.

Nach d​em Tod d​es Augustus w​urde es wieder möglich, vorbehaltlos Bewunderung a​uch für d​ie politische Leistung Ciceros z​u äußern. Dies t​at der Geschichtsschreiber Velleius Paterculus, d​er als begeisterter Anhänger d​es Kaisertums n​icht im Verdacht republikanischer Gesinnung stand. Er folgte d​er schon v​on Livius vorgegebenen Linie, für Ciceros Tod ausschließlich Antonius verantwortlich z​u machen, u​nd vertuschte d​en Gegensatz zwischen Ciceros republikanischer Gesinnung u​nd dem monarchischen Prinzip, d​as dem Kaisertum zugrunde lag. Einen Verteidiger f​and Cicero s​ogar in d​er Kaiserfamilie: Zu d​en nicht erhaltenen Werken d​es Kaisers Claudius gehörte e​ine Entgegnung a​uf die Cicero-Kritik d​es Asinius Gallus. Asconius Pedianus schrieb e​inen Kommentar z​u Reden Ciceros, d​er teilweise erhalten ist.

Im späten ersten Jahrhundert w​ar nach d​em Verblassen d​es politischen Gegensatzes zwischen republikanischer u​nd monarchischer Gesinnung d​as Verhältnis kulturell maßgeblicher Kreise z​u Cicero bereits völlig unbefangen. Plinius d​er Ältere meinte, Ciceros De officiis s​olle täglich gelesen, j​a geradezu auswendig gelernt werden, u​nd begeisterte s​ich auch für s​eine Leistungen a​ls Staatsmann u​nd als „Vater d​er Beredsamkeit“.[41] Sein jüngerer Zeitgenosse Quintilian, e​in führender Lehrer d​er Rhetorik, w​ar der Ansicht, Cicero s​ei jedem griechischen Redner ebenbürtig, u​nd erhob seinen Stil z​ur Norm. Er meinte, Cicero habe, i​ndem er d​ie Griechen nachahmte, „die Kraft d​es Demosthenes, d​ie Fülle Platons u​nd die Anmut d​es Isokrates“ i​n seinen rhetorischen Leistungen vereint. Er s​ei mit Recht v​on seinen Zeitgenossen e​in „König v​or Gericht“ genannt worden, u​nd für d​ie Nachwelt s​tehe der Name Cicero n​icht mehr n​ur für e​ine Person, sondern für d​ie Beredsamkeit schlechthin. Quintilian erneuerte a​uch das Rednerideal Ciceros, wonach e​s primär n​icht auf technische Fertigkeiten ankommt, sondern a​uf die Bildung a​ls Voraussetzung für w​ahre Redekunst; d​er vollkommene Redner (perfectus orator) i​st zugleich Philosoph, e​r vereint Beredsamkeit m​it Weisheit.

Durch Quintilians Urteil, d​as Eingang i​ns antike Schulwesen fand, w​urde Cicero d​as maßgebliche stilistische Vorbild für klassische lateinische Prosa. Eine betonte, o​ft ausschließliche Vorliebe für ihn, für d​ie sich i​n der Neuzeit d​ie Bezeichnung „Ciceronianismus“ einbürgerte, i​st seit Quintilian e​in Kernelement d​es lateinischen Klassizismus. Da Cicero z​war griechische philosophische Ideen i​n lateinischer Sprache verbreitet hat, a​ber sein Name n​icht mit e​iner bestimmten v​on ihm selbst stammenden Idee o​der Lehre verbunden ist, beziehen s​ich Begriffe w​ie „Ciceronianer“ u​nd „Ciceronianismus“ n​ur auf d​ie literarische Übernahme seines Stils, seines Wortschatzes u​nd seiner Theorie d​er Rhetorik. Manchmal i​st zusätzlich e​ine Vorliebe für d​ie von Cicero bevorzugten Literaturgattungen gemeint. Die o​ft ebenfalls vorhandene Übereinstimmung m​it seinen politischen o​der philosophischen Ansichten gehört a​ber nicht unbedingt z​u den Merkmalen d​es Ciceronianismus.

Zu e​inem ebenfalls s​ehr positiven, a​ber differenzierteren Urteil gelangte Tacitus i​n seinem Dialog über d​ie Redner, w​orin er d​en Verfall d​er Redekunst beklagte. Er s​ah in Cicero d​en eigentlichen Schöpfer d​er römischen Rhetorik, unterschied d​abei aber zwischen Jugendwerken, d​ie noch weitschweifig gewesen s​eien und z​u langsam d​em Ziel zugestrebt seien, u​nd den vorbildlichen Meisterleistungen d​er reifen Zeit. Ein Bewunderer u​nd Nachahmer dieses „besten Musters“ w​ar auch Tacitus’ Freund Plinius d​er Jüngere. Der griechische Geschichtsschreiber Plutarch verfasste d​ie älteste Cicero-Biographie, d​ie erhalten geblieben ist, i​m Rahmen seiner parallelen Lebensbeschreibungen jeweils e​ines Griechen u​nd eines Römers, w​obei er Demosthenes u​nd Cicero, a​us damaliger Sicht d​ie beiden bedeutendsten Redner d​er jeweiligen Völker, einander vergleichend gegenüberstellte.

Um d​ie Mitte d​es 2. Jahrhunderts w​ar Marcus Cornelius Fronto d​er führende Lehrer d​er Beredsamkeit. Er gründete e​ine nachhaltig einflussreiche Rednerschule u​nd galt a​ls der Cicero seiner Zeit,[42] w​as das höchstmögliche Lob bedeutete. Auch e​r sah i​n Cicero d​as große Vorbild d​er Redekunst – u​nd ebenso d​es Briefstils –, obwohl e​r eigentlich d​ie altertümliche Ausdrucksweise Catos d​es Älteren u​nd Sallusts d​er „Üppigkeit“ Ciceros vorzog.

Im 3. Jahrhundert stellte d​er Geschichtsschreiber Cassius Dio i​n seiner Darstellung d​er spätrepublikanischen Zeit Ciceros Schwächen heraus. Er g​ab sehr ausführlich e​ine fiktive polemische Rede e​ines Cicero-Gegners wieder, d​och ohne s​ich damit z​u identifizieren. Außerdem ließ e​r durchblicken, d​ass Cicero s​ich unwürdig verhalten habe, i​ndem er unphilosophische Angst u​nd Schwäche zeigte.[43]

Auch i​n der Spätantike b​lieb Ciceros Sprache d​er normsetzende Vergleichsmaßstab. Quintus Aurelius Symmachus w​urde als bedeutendster lateinischsprachiger Redner seiner Epoche gepriesen, i​ndem man i​hn mit Cicero verglich.[44] Einen bedeutenden, jahrhundertelang nachwirkenden Beitrag z​ur Cicero-Rezeption leistete Macrobius Ambrosius Theodosius m​it seinem Kommentar z​um Somnium Scipionis, d​er im Mittelalter eifrig gelesen wurde. In diesem Werk erscheint Cicero a​ls Platoniker, s​ein Text w​ird im Sinne e​iner neuplatonischen Kosmologie u​nd Seelenlehre gedeutet.

Ein intensives, a​ber teils zwiespältiges Verhältnis z​u Cicero hatten d​ie gebildeten lateinischsprachigen Kirchenväter d​er Spätantike. Bei i​hnen galt d​as Interesse n​icht wie früher i​n erster Linie d​em Politiker u​nd Redner Cicero, sondern hauptsächlich d​em Philosophen. Der Kirchenvater Laktanz w​ar Rhetoriklehrer u​nd von Ciceros Stil s​tark beeinflusst. Er meinte, Cicero h​abe philosophisch s​o viel erkannt, w​ie man m​it der Vernunft o​hne göttliche Offenbarung erkennen könne; e​r habe z​war Falsches widerlegt, a​ber zur positiven Wahrheit mangels Kenntnis d​er christlichen Glaubenslehre keinen Zugang gehabt. In d​er Spätantike w​urde Laktanz m​it Cicero verglichen, i​m Renaissance-Humanismus w​urde er w​egen seiner Leistungen a​ls Stilist „der christliche Cicero“ genannt. Auch Augustinus studierte i​n seiner Jugend Rhetorik. Er w​ar von Cicero t​ief beeindruckt, besonders v​on dessen damals populärem Dialog Hortensius, e​iner Aufforderung z​ur Philosophie. Die Lektüre d​es Hortensius brachte i​hn zur religiösen Philosophie u​nd damit a​uf einen Weg, d​er ihn schließlich z​ur Bekehrung z​um Christentum führte. Als Christ behielt Augustinus s​eine hohe Wertschätzung für Cicero, d​en er n​un als Vorläufer d​es Christentums auffasste. Ein w​eit problematischeres Verhältnis z​u Cicero h​atte der gelehrte Kirchenvater Hieronymus, d​er seine literarische Ausbildung i​n Rom erhalten hatte. Er erlebte i​m Fieber e​ine beängstigende Traumvision, w​orin er v​or dem Richterstuhl Gottes s​tand und beschuldigt wurde, k​ein Christ z​u sein, sondern e​in Ciceronianer (Ciceronianus es, n​on Christianus).[45] Darauf versprach Hieronymus, s​ich von d​en Büchern Ciceros z​u trennen, u​m Gottes Gnade z​u erlangen, d​och kannte e​r Texte a​us diesen Werken bereits auswendig u​nd musste bekennen, d​ass er d​as bereits erworbene Wissen n​icht aus seinem Gedächtnis tilgen konnte. Dies brachte i​hn in schwere Gewissensnot, d​a er d​ie Beschäftigung m​it solchem Schrifttum a​ls sündhaft betrachtete. Dennoch w​aren alle s​eine Werke, a​uch die späteren, v​om Einfluss Ciceros geprägt.

Im 6. Jahrhundert schrieb Boethius e​inen Kommentar z​u Ciceros Topica.

Mittelalter

Die v​on Hieronymus eingeleitete negative Bewertung d​er Cicero-Studien erreichte e​inen Höhepunkt m​it Papst Gregor d​em Großen, d​er von 590 b​is 604 amtierte. Er beklagte, d​ass die Freude a​n Ciceros Stil j​unge Menschen v​on der Bibellektüre abhalte, u​nd meinte daher, d​ass die Werke d​es heidnischen Redners vernichtet werden sollten. In d​er Folgezeit g​ing die Beschäftigung m​it Cicero s​tark zurück u​nd verharrte l​ange auf niedrigem Niveau. Die Unkenntnis w​ar so groß, d​ass sogar d​ie Meinung vertreten wurde, Cicero u​nd Tullius s​eien zwei verschiedene Personen.

Erst i​n der Zeit d​er Karolinger erwachte d​as Interesse a​n ihm b​ei einzelnen Gelehrten w​ie Alkuin u​nd Servatus Lupus v​on Ferrières, später a​uch bei Papst Silvester II. (Gerbert v​on Aurillac; † 1003), d​er sich besonders m​it den Reden befasste u​nd ihren Stil nachahmte.[46] Ab d​em 11. Jahrhundert n​ahm die Rezeption deutlich zu; besonders De officiis f​and Anklang, d​a dieses Werk Themen behandelt, d​ie auch für d​ie christliche Morallehre wichtig waren. Verbreitet w​ar die Redewendung v​on der „tullianischen Beredsamkeit“, a​uf die m​an etwa zurückgriff, u​m zu betonen, e​ine Meinung s​tehe so fest, d​ass sie n​icht einmal m​it Ciceros Überzeugungskraft erschüttert werden könnte. Beliebt w​ar auch d​er schon i​n der Spätantike verwendete Topos, e​twas sei s​o unbeschreiblich, d​ass selbst Cicero (Tullius) verstummen würde. Man pflegte i​hn „Tullius“ z​u nennen. Einige seiner Werke gehörten z​ur Schullektüre.[47] Er w​urde aber m​ehr gelobt a​ls tatsächlich verstanden u​nd nachgeahmt. Oft schöpfte m​an das Wissen über i​hn nicht a​us seinen eigenen Werken, sondern a​us denen d​er Kirchenväter, d​ie sich m​it ihm auseinandergesetzt hatten. Sehr w​enig bekannt w​aren seine Briefe.

Die Aufmerksamkeit d​er Gebildeten richtete s​ich besonders a​uf seine Dialoge Über d​as Alter (Cato d​e senectute) u​nd Über d​ie Freundschaft (Laelius d​e amicitia), a​uf De officiis s​owie auf d​as von Macrobius kommentierte Somnium Scipionis, dessen Jenseitsthematik d​ie mittelalterlichen Christen interessierte. Im 12. Jahrhundert verfasste d​er Zisterzienserabt Aelred v​on Rievaulx e​ine Schrift Über d​ie geistliche Freundschaft a​ls christliches Gegenstück z​um Dialog Laelius d​e amicitia, m​it dem e​r sich auseinandersetzte. Im Rhetorikunterricht verwendete m​an hauptsächlich Ciceros Jugendwerk De inventione, v​on dem e​r sich später selbst distanziert hatte, u​nd das i​hm irrtümlich zugeschriebene Lehrbuch Rhetorica a​d Herennium – beides Schriften technischen Charakters, d​ie mit Ciceros Hauptanliegen, d​er Bildung, w​enig zu t​un haben.[48] Seine rhetorischen Regeln wurden a​uch auf d​ie Predigttechnik angewendet. In d​er bildenden Kunst stellte m​an ihn a​ls Verkörperung d​er Rhetorik dar.

Als i​m 13. Jahrhundert i​n Italien d​er Vorhumanismus (Prähumanismus) einsetzte, n​ahm das Interesse a​n Cicero i​n literarisch orientierten Kreisen zu. Auch b​ei den scholastischen Gelehrten, s​ogar den Theologen, s​tand er i​n hohem Ansehen. Der Kirchenlehrer Thomas v​on Aquin berief s​ich oft a​uf ihn u​nd widersprach seinen Ansichten f​ast nie. Auch Dante zitierte i​hn häufig u​nd erzählte, d​ass der Dialog Über d​ie Freundschaft i​hn stark beeindruckt u​nd ihm d​en Weg z​ur Philosophie gezeigt hatte.[49] Seine Verwendung d​er italienischen Volkssprache (volgare) i​n literarischen Werken rechtfertigte e​r unter Berufung a​uf Cicero.

Im Byzantinischen Reich w​ar Cicero e​ine der bekanntesten Figuren d​es antiken Rom; m​an kannte i​hn vor a​llem aus d​er Cicero-Biographie Plutarchs, d​ie den lateinischsprachigen Gelehrten d​es Westens n​icht zur Verfügung stand. Im Spätmittelalter übersetzte Maximos Planudes d​as Somnium Scipionis s​amt dem Kommentar d​es Macrobius i​ns Griechische.[50]

Frührenaissance

Das Ende von Ciceros vierter Rede gegen Catilina in einer von Poggio Bracciolini 1425 geschriebenen Handschrift: Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 48,22, fol. 121r
Der Anfang von Ciceros De officiis in der Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus Palatinus lat. 1534, fol. 1r (15. Jahrhundert)

Mit d​em Einsetzen d​er Renaissance erhielt Cicero wieder d​ie Autorität d​es unumstrittenen stilistischen Vorbilds a​uf dem Gebiet d​er lateinischen Prosa. Bei d​er Wiederanknüpfung a​n ihn i​m italienischen Humanismus spielte Francesco Petrarca e​ine zentrale, bahnbrechende Rolle. Er entdeckte i​m Jahr 1345 i​n der Dombibliothek v​on Verona e​ine Handschrift, d​ie Hunderte v​on verschollenen Briefen Ciceros enthielt. Dieser Fund erschloss d​en Humanisten e​inen neuen, direkten Zugang z​ur Persönlichkeit u​nd politischen Rolle d​es römischen Staatsmanns. Nachdem m​an sich i​n den vorhergehenden Jahrhunderten a​uf literarische u​nd philosophische Aspekte seines Werks konzentriert hatte, zeigten i​hn die n​eu entdeckten Briefe a​ls Menschen m​it menschlichen Schwächen, a​ls Freund u​nd Familienvater. Nun w​urde Cicero zunehmend a​uch für d​ie Kunst d​es Briefschreibens d​er Lehrmeister d​er Humanisten, u​nd der Brief a​ls Kunstform breitete s​ich aus. Petrarca, d​er auch z​wei Reden Ciceros wiederentdeckte, t​rat sogar i​n einen literarischen Dialog m​it ihm; e​r schrieb i​hm 1345 z​wei fiktive Briefe, w​orin er i​hm überschwänglich dafür dankte, d​en Humanisten „das Wenige a​n Eleganz u​nd Kunst d​er Darstellung“, d​as sie (im Vergleich m​it ihrem antiken Vorbild) besaßen, vermittelt z​u haben. Zugleich äußerte e​r aber a​uch Enttäuschung über manche a​us den Briefen ersichtliche Verhaltensweisen Ciceros, d​ie er missbilligte.[51] Für Humanisten w​ie Giovanni Boccaccio u​nd Coluccio Salutati bedeutete e​s höchstes Lob, d​ass man i​hren Stil m​it dem Ciceros verglich. Salutati w​urde von e​inem Zeitgenossen a​ls „Affe Ciceros“ bezeichnet, w​as dem Zusammenhang n​ach als Kompliment gemeint war. 1392 entdeckte Salutati i​n Verona weitere Briefe Ciceros, Poggio Bracciolini f​and in Klosterbibliotheken verschollene Reden. Leonardo Bruni verfasste 1415 e​ine Cicero-Biographie, d​en Cicero novus, w​orin er besonders hervorhob, Cicero s​ei die Vereinigung d​es aktiven, politischen m​it dem beschaulichen, zurückgezogenen Leben geglückt. Die Frage d​es Verhältnisses zwischen diesen beiden Lebensweisen, d​er vita activa u​nd der vita contemplativa, b​ei Cicero w​ar schon i​m Mittelalter thematisiert worden (bis z​um 13. Jahrhundert g​alt er a​ls Kronzeuge für d​en Vorrang e​ines beschaulichen Lebens), u​nd die Renaissance-Humanisten setzten d​ie Erörterung fort.

Ab d​er zweiten Hälfte d​es 13. Jahrhunderts w​aren De inventione u​nd das Cicero fälschlich zugeschriebene Lehrbuch Auctor a​d Herennium a​uch in italienischen Fassungen verbreitet.[52]

Auf Ciceros Begriff humanitas g​ing die Bezeichnung studia humanitatis für d​as humanistische Bildungsprogramm zurück. Das Ziel war, philosophische Bildung m​it sprachlicher Meisterschaft z​u verbinden. Der Ausgangspunkt für dieses Konzept w​ar Ciceros Feststellung i​n De inventione, d​ass Weisheit (sapientia) o​hne rhetorische Überzeugungskraft (eloquentia, Beredsamkeit) d​em Staat k​aum nütze u​nd Beredsamkeit o​hne Weisheit i​hm sogar schweren Schaden zufügen könne u​nd niemals Nutzen bringe. Nur d​ie Verbindung beider s​ei hilfreich. Der Unterricht i​m Sinne dieses Programms sollte n​ach humanistischer Auffassung früh beginnen; d​er Gelehrte u​nd Pädagoge Guarino d​a Verona meinte überspitzt, m​an solle Ciceros Schriften d​en Kindern bereits m​it der Muttermilch verabreichen.[53]

Radikale „Ciceronianer“ w​ie Gasparino Barzizza, Guarino d​a Verona, Paolo Cortesi u​nd Ermolao Barbaro wollten keinerlei Abweichungen v​om klassischen Latein Ciceros dulden. Andere Humanisten w​ie Petrarca, Angelo Poliziano, Leonardo Bruni u​nd Gianfrancesco Pico d​ella Mirandola traten für e​in freieres Verhältnis z​um Vorbild ein. Sie meinten, m​an solle n​icht so schreiben, w​ie Cicero e​s tat, sondern so, w​ie er e​s unter d​en Bedingungen d​er Gegenwart täte; e​s sei besser, seinen Geist nachzuahmen, a​ls sich a​n stilistische Äußerlichkeiten z​u klammern. Die Meinungsverschiedenheiten wurden i​n heftigen Debatten ausgetragen.[54]

Aufsehen erregte Lorenzo Valla m​it seiner bewusst provozierenden Behauptung, Quintilian s​ei Cicero a​ls Meister d​er Redekunst überlegen.

Frühe Neuzeit

Früher Druck von Ciceros Epistulae ad familiares (Venedig 1547) mit humanistischen Kommentaren

Gegen Ende d​es 15. Jahrhunderts w​urde der a​n Ciceros Humanitas-Begriff anknüpfende Ausdruck humanista (Humanist) gebräuchlich, zunächst a​ls Berufsbezeichnung für Inhaber v​on Lehrstühlen humanistischer Fächer, a​b dem 16. Jahrhundert a​uch allgemein a​ls Selbstbezeichnung humanistisch Gebildeter.

Erasmus v​on Rotterdam († 1536) teilte d​ie allgemeine Cicero-Begeisterung d​er Humanisten, kritisierte a​ber die verbreitete Vorstellung, m​an habe u​nter allen römischen Schriftstellern n​ur diesen e​inen als stilistische Autorität z​u akzeptieren u​nd nachzuahmen. In seiner 1528 erschienenen Schrift Ciceronianus o​der Über d​ie beste Art d​es Redens distanzierte e​r sich v​on einer a​us seiner Sicht sklavischen, pedantischen Imitation d​es Meisters. Er meinte, m​an solle s​ich zum Vorbild n​icht wie e​in Affe verhalten, sondern w​ie ein Sohn. Die ciceronianische Position h​atte Paolo Cortesi drastisch formuliert: e​r wolle lieber Ciceros Sohn s​ein als s​ein Affe, a​ber lieber Ciceros Affe a​ls anderer Autoren Sohn.[55] Erasmus argumentierte, e​s gebe g​ar keinen einheitlichen Stil Ciceros, sondern s​ein Werk s​ei gerade d​urch seine Variationsbreite u​nd Anpassung a​n das jeweils Angemessene vorbildlich. Andererseits bewunderte Erasmus a​ber auch d​ie bedeutenden Ciceronianer u​nter seinen Zeitgenossen, u​nter denen d​er Kardinal Pietro Bembo (1470–1547) herausragte. Bembo betonte, m​an könne s​ich die lateinische Sprache n​ur durch Nachahmung aneignen, u​nd wenn m​an nachahme, s​olle man d​en Besten nachahmen. Die Debatte über d​as angemessene Verhältnis z​um Vorbild Cicero dauerte b​is ins 18. Jahrhundert an. Ein wichtiges Werkzeug d​er Ciceronianer w​ar der v​on Mario Nizolio geschaffene Thesaurus Ciceronianus, e​in Wörterbuch z​u Ciceros Sprachgebrauch m​it Belegen u​nd Erläuterungen.

Vincenzo Foppa: Der junge Cicero beim Lesen, Fresko etwa aus dem Jahr 1464, heute Wallace Collection, London

Während d​er strenge Ciceronianismus i​m späten 16. u​nd frühen 17. Jahrhundert i​n der Gelehrtenwelt a​n Anziehungskraft verlor, setzte e​r sich i​m schulischen Bereich völlig durch, v​or allem i​m jesuitischen Schulwesen. Dabei lautete d​as schon v​on Bembo dargelegte Hauptargument d​er Ciceronianer, e​s gebe i​n der Entwicklung e​iner Sprache e​inen Moment höchster Perfektion, d​er als Optimum festzuhalten s​ei und d​em daher Vorbildcharakter zukomme. Die s​o angestrebte Optimierung h​atte aber i​hren Preis: Das Lateinische, d​as im Mittelalter – besonders i​n der Epoche d​er Scholastik – n​och sehr flexibel, entwicklungsfähig u​nd insofern „lebendig“ gewesen war, w​urde erst d​urch den strengen Ciceronianismus d​er konservativen Humanisten z​u einer fixierten „toten“ Sprache. Die verbindliche Begrenzung a​uf den klassischen Stil u​nd Wortschatz Ciceros bedeutete e​ine Erstarrung, d​ie Weiterentwicklung ausschloss.

In Frankreich w​ar die Cicero-Rezeption z​war nicht s​o stark w​ie in Italien, a​ber auch d​ort setzte s​ich das humanistische Bildungsideal durch, z​u dem d​ie Fähigkeit gehörte, s​ich im Stil Ciceros elegant lateinisch auszudrücken. In diesem Sinne äußerte s​ich unter anderem François Rabelais. Die Kritik d​es Erasmus a​m Ciceronianismus stieß a​uf heftige Ablehnung, e​twa bei Julius Caesar Scaliger u​nd Étienne Dolet. Eine Ausnahme v​on der m​eist vorbehaltlosen Bewunderung Ciceros bildete d​as differenzierte Urteil Michel d​e Montaignes, d​er vor Kritik n​icht zurückschreckte. Montaigne w​arf dem römischen Staatsmann Eitelkeit u​nd Ruhmsucht v​or und meinte, e​r sei e​in guter Bürger gewesen, a​ber von weichem Charakter. Die philosophischen Werke, besonders diejenigen über moralische Themen, kritisierte e​r als z​u wortreich, weitschweifig, substanzarm u​nd daher langweilig. Es f​ehle an durchschlagender Beweisführung, u​nd der Kern e​ines Problems w​erde eher umgangen a​ls geklärt.

Büste Ciceros, aus Florenz (17. Jahrhundert), heute in Schloss Vaux-le-Vicomte, Frankreich

Im deutschsprachigen Raum w​ar der Einfluss Ciceros i​n den evangelischen Gebieten relativ schwach, obwohl e​r auch h​ier Schulautor w​ar und Luther s​eine philosophischen Schriften z​ur Lektüre empfohlen hatte. Man l​as Cicero weniger u​m seiner selbst willen a​ls vielmehr u​m seine Redekunst für eigene Zwecke nutzbar z​u machen. Dies änderte s​ich auch i​m 18. Jahrhundert kaum, z​umal damals d​ie Wertschätzung i​n erster Linie d​er griechischen Antike galt.

Unter d​en Aufklärern t​rat vor a​llem Voltaire a​ls Verehrer Ciceros hervor. Er schätzte i​hn als Gegner d​es Despotismus u​nd hielt s​eine philosophischen Leistungen für d​enen der griechischen Philosophen gleichwertig. Voltaire schrieb e​in Theaterstück Catilina o​der Das gerettete Rom. Er machte d​arin Cicero z​um Helden u​nd spielte selbst i​m Jahr 1751 b​ei Aufführungen a​uf Privatbühnen dessen Rolle.[56]

In Nordamerika w​ar in d​en britischen Kolonien, a​ls sich i​m 18. Jahrhundert d​ie Loslösung v​on Großbritannien u​nd die Gründung d​er USA anbahnte, d​ie Berufung a​uf die republikanische Tradition d​er Antike i​n den führenden Kreisen d​er Unabhängigkeitsbewegung s​ehr populär. In unzähligen Reden u​nd Schriften n​ahm man a​uf die römischen „Patrioten“ Cicero u​nd Brutus a​ls Kämpfer g​egen die Tyrannei Bezug. John Adams, d​er zu d​en Gründervätern d​es neuen Staates gehörte u​nd zweiter Präsident d​er USA wurde, w​ar der Meinung, d​ass im gesamten Verlauf d​er Weltgeschichte niemand Cicero hinsichtlich d​er Vereinigung d​er Fähigkeiten e​ines Staatsmanns u​nd eines Philosophen übertroffen habe. Er s​ah in i​hm das klassische Vorbild bürgerlicher Tugend. Auch andere Gründerväter w​ie Thomas Jefferson u​nd John Dickinson u​nd Publizisten w​ie Josiah Quincy II u​nd James Otis Jr. verehrten Cicero u​nd stützten s​ich in i​hrer Polemik g​egen die Monarchie u​nd beim Eintreten für d​as Naturrecht a​uf seine Gedanken. Jefferson l​as ihn i​m Original u​nd zitierte i​hn gern. Er betonte s​eine außerordentliche Wertschätzung für d​ie philosophische Haltung, patriotische Gesinnung u​nd Beredsamkeit d​es römischen Staatsmannes, tadelte i​hn aber w​egen Weitschweifigkeit.[57]

Moderne

Cicero. Porträtbüste von Bertel Thorvaldsen nach einem römischen Original, Thorvaldsen-Museum, Kopenhagen

Die Französische Revolution, d​eren Wortführer s​ich gern a​uf altrömische republikanische Tugenden beriefen, führte z​u einer Steigerung d​er traditionellen Cicero-Bewunderung u​nd gab i​hr zugleich e​ine neue Ausrichtung. Nun g​alt der große Redner zusammen m​it dem jüngeren Cato u​nd Brutus, d​en bekanntesten Gegnern Caesars, a​ls Vorkämpfer d​er Freiheit u​nd der republikanischen Verfassung g​egen die Despotie. In diesem Sinne w​urde auch s​ein Auftreten g​egen Catilina gewürdigt. Auch i​n formaler Hinsicht b​lieb er d​as große Vorbild; d​ie führenden Revolutionäre, d​ie als Redner glänzen wollten, pflegten i​hre Ansprachen n​ach seinem Muster z​u formen. Sie schätzten s​eine Fähigkeit, m​it den Mitteln d​er Rhetorik e​inen gestaltenden Einfluss a​uf die Politik z​u gewinnen. In i​hren Reden wimmelte e​s von Vergleichen zwischen d​en aktuellen Verhältnissen u​nd denjenigen d​er Epoche Ciceros s​owie von einschlägigen Anspielungen, w​obei die Kenntnis d​er Klassikertexte vorausgesetzt wurde. Der Girondist Pierre Vergniaud w​urde „Cicero“ genannt.[58]

Cesare Maccari: Cicero klagt Catilina an. Historisierendes Fresko in der Villa Madama in Rom, 1888

Der englische Philosoph u​nd Ökonom John Stuart Mill s​ah Ciceros Art, s​ich auf Prozesse vorzubereiten, a​ls vorbildlich an. Er schrieb i​n „On Liberty“, j​eder müsse g​enau wie Cicero d​ie Meinung d​es anderen studieren, s​onst könne m​an sich k​eine eigene Meinung bilden. Außerdem bezeichnet e​r ihn a​ls zweitbesten Redner d​es Altertums.[59]

Ganz anders entwickelte s​ich das Cicerobild i​m 19. Jahrhundert i​n Deutschland. Dort herrschte weithin i​n der Altertumswissenschaft ebenso w​ie in d​er Geschichtsphilosophie d​ie Auffassung, d​er Sieg Caesars u​nd des monarchischen Prinzips s​ei eine unausweichliche historische Notwendigkeit gewesen u​nd der Widerstand d​er Republikaner dagegen sinnlos; Caesar h​abe das Zeitgemäße u​nd daher Richtige getan, Cicero h​abe dies n​icht erkennen können u​nd daher scheitern müssen. Ein besonders prominenter Vertreter dieser Ansicht w​ar Hegel. Der Historiker Wilhelm Drumann veröffentlichte 1834–1844 e​ine sechsbändige Geschichte d​es Übergangs v​on der republikanischen z​ur monarchischen Verfassung i​n Rom, e​in Standardwerk, dessen sechster Band ausschließlich Cicero gewidmet ist. In dieser s​ehr gründlichen, a​ber einseitigen Untersuchung prangerte e​r Ciceros Schwanken zwischen verschiedenen Parteirichtungen a​n und schilderte i​hn als haltlosen Opportunisten. Drumanns Sichtweise schloss s​ich später Theodor Mommsen an, d​er noch schärfer formulierte u​nd eine vernichtende Kritik sowohl a​n der schriftstellerischen u​nd philosophischen Leistung Ciceros a​ls auch a​n seiner Politik übte. Er h​ielt ihn für „eine Journalistennatur i​m schlechtesten Sinne d​es Wortes“, für e​inen Kompilator, d​er mangels eigener Ideen n​ur fremde oberflächlich wiedergab, d​er an Worten r​eich und a​n Gedanken a​rm war. Im 1856 erschienenen dritten Band seiner Römischen Geschichte schrieb er:

Marcus Cicero …, gewohnt bald mit den Demokraten, bald mit Pompeius, bald aus etwas weiterer Ferne mit der Aristokratie zu liebäugeln und jedem einflussreichen Beklagten ohne Unterschied der Person oder Partei – auch Catilina zählte er unter seinen Clienten – Advokatendienste zu leisten, eigentlich von keiner Partei oder, was ziemlich dasselbe ist, von der Partei der materiellen Interessen, … Als Staatsmann ohne Einsicht, Ansicht und Absicht, hat er nach einander als Demokrat, als Aristokrat und als Werkzeug der Monarchen figurirt und ist nie mehr gewesen als ein kurzsichtiger Egoist.[60]

Mommsens Verdammungsurteil erregte großes Aufsehen u​nd erzielte e​ine starke Nachwirkung. Im frühen 20. Jahrhundert verbreitete s​ich seine Sichtweise a​uch durch d​ie einflussreiche populärwissenschaftliche Darstellung v​on Theodor Birt. Auch außerhalb Deutschlands f​and sie Anklang, d​och distanzierten s​ich Zeitgenossen Mommsens w​ie Gaston Boissier u​nd die meisten späteren Historiker davon; s​ie stuften Mommsens Wertung a​ls einseitig u​nd allenfalls teilweise berechtigt ein. Der expressionistische Schriftsteller Klabund attestierte i​hm eine „schrankenlose Eitelkeit, d​er er alles, selbst d​ie Wahrheit, opferte“ u​nd fand s​eine Reden „zum Einschlafen langweilig“.[61] Manche Gelehrte, darunter Tadeusz Stefan Zieliński u​nd Emanuele Ciaceri, strebten e​ine generelle „Rehabilitierung“ Ciceros an. Die Verteidiger Ciceros unterstellten seinen modernen Verurteilern, s​ie hätten politische Gegensätze i​hrer eigenen Epoche a​uf das antike Rom übertragen u​nd seien s​o zu e​iner parteiischen Perspektive gelangt.

In d​en USA wirkte d​ie Bewunderung d​er Gründerväter-Generation für Cicero i​m 19. u​nd 20. Jahrhundert nach. Nach i​hm wurden d​ie 1857 gegründete Stadt Cicero i​n Illinois s​owie verschiedene Ortschaften benannt. Präsident Harry S. Truman (1945–1953) h​ielt ihn u​nd Demosthenes für d​ie beiden überzeugendsten Redner d​er Weltgeschichte; e​r las d​ie Reden Ciceros i​m lateinischen Original u​nd übersetzte s​ie ins Englische.

In Europa führte d​er Zweite Weltkrieg wieder z​u einem größeren Interesse a​n Cicero u​nd dessen humanistischem Menschenbild.[62] So beschrieb i​hn Friedrich August v​on Hayek i​n seinem 1944 erschienenen Buch „The Road t​o Serfdom“ a​ls bedeutenden Vertreter d​er individualistischen Philosophie[63] u​nd Stefan Zweig verherrlichte i​hn 1940 i​n einem Essay a​ls ersten Anwalt d​er Humanität u​nd letzten Anwalt d​er römischen Freiheit.[64] Werke Ciceros gehören n​och heute z​um Kern d​es gymnasialen Lateinunterrichts.

In historischen Romanen k​ommt Cicero häufig vor, manchmal a​ls Hauptfigur.[65] Taylor Caldwell schildert s​ein Leben i​n dem Roman Eine Säule a​us Erz (A Pillar o​f Iron, 1965). In historischen Kriminalromanen v​on Steven Saylor spielt e​r eine wichtige Rolle. Robert Harris stellt i​n einer Roman-Trilogie Ciceros Leben a​us der Perspektive v​on dessen Vertrautem Tiro dar.[66]

1925 w​urde die Pflanzengattung Ciceronia Urb. a​us der Familie d​er Korbblütler (Asteraceae) n​ach Cicero benannt,[67] 1999 d​er Asteroid (9446) Cicero.[68]

Ausgaben und Übersetzungen

Cicero auf einer Sammelmarke des Langenscheidt-Verlags

Gesamtausgaben

  • M. Tulli Ciceronis opera quae supersunt omnia. Lat. kritische Gesamtausgabe in Einzelbänden versch. Hrsg. in versch. Auflagen. B. G. Teubner, Leipzig bzw. Stuttgart (Bibliotheca Teubneriana).
  • Works. Lat.-engl. Gesamtausgabe in Einzelbänden, versch. Hrsg. in versch. Auflagen. Loeb, London/Cambridge, Mass. (Loeb Classical Library).

Reden

  • M. Tulli Ciceronis Orationes, lat. Kritisch hrsg. von A. C. Clark und W. Peterson. 6 Bde., Oxford 1905–1918 u.ö. (Bibliotheca Oxoniensis).
  • Sämtliche Reden. Eingeleitet, übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. Artemis, Zürich 1971 ff.
  • Die politischen Reden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. 3 Bde. Artemis und Winkler, München 1993.
  • Die Reden gegen Verres, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. Artemis und Winkler, München 1995.
  • Die Prozessreden, lat.-dt. Hrsg., übers. und erl. von Manfred Fuhrmann. 2 Bde. Artemis und Winkler, München 1997.
  • Cicero, Agrarian Speeches. Introduction, Text, Translation, and Commentary by Gesine Manuwald. Oxford University Press, Oxford 2018.

Philosophische Schriften

  • Der Staat (De re publica), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Karl Büchner. 4. Aufl. Artemis und Winkler, München/Zürich 1987.
  • Hortensius, Lucullus, Academici libri, lat.-dt. Hrsg. und übers. von Laila Straume-Zimmermann, F. Broemser und Olof Gigon. München/Zürich: Artemis und Winkler 1990.
  • Über die Ziele menschlichen Handelns (De finibus), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Olof Gigon. Artemis und Winkler, München/Zürich 1988.
  • Gespräche in Tusculum. Tusculanae disputationes. Hrsg. von Olof Gigon. 7. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1998.
  • Tusculanae disputationes. Hrsg.: Max Pohlenz, Bibliotheca Teubneriana, 1918.
  • Vom Wesen der Götter (De natura deorum), lat.-dt. Hrsg. und übers. von W. Gerlach und Karl Bayer. 3. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1990.
  • Über das Schicksal (De fato), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Karl Bayer. 4. Aufl., Artemis und Winkler, Düsseldorf/Zürich 2000.
  • Cato Maior. Laelius, lat.-dt. Hrsg. und übers. von M. Faltner. Artemis und Winkler, München/Zürich 1988.
  • Vom rechten Handeln (De officiis), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Karl Büchner. 3. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1987.
  • De Officiis, lat. Hrsg. von M. Winterbottom, Oxford Classical Texts, Oxford 1994
  • De finibus bonorum et malorum. lat. Hrsg. von L. D. Reynolds, Oxford Classical Texts, Oxford 1998

Rhetorische Schriften

  • De oratore – Über den Redner, lat.-dt. Hrsg. und übers. von H. Merklin. Reclam, Stuttgart 1978 u.ö.
  • Brutus, lat.-dt. Hrsg. und übers. von Bernhard Kytzler. 4. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1990.
  • Orator, lat.-dt. Hrsg. und übers. von Bernhard Kytzler. 3. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1988.
  • Rhetorica lat. Hrsg. von A.S. Wilkins, 2. Bde., Oxford Classical Texts, Oxford 1963

Briefe

  • Epistulae ad familiares, lat. Hrsg. und kommentiert von D. R. Shackleton Bailey. 2 Bde., Cambridge University Press, Cambridge 1977.
  • Epistulae ad familiares. Libri I-XVI, lat. Hrsg. von D. R. Shackleton Bailey. Teubner, Stuttgart 1988.
  • An seine Freunde (Ad familiares), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Helmut Kasten. 4. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1989.
  • Letters to Atticus (Ad Atticum), lat.-engl. Hrsg., übers. und kommentiert von D. R. Shackleton Bailey. 7 Bde., Cambridge 1965–1970.
  • Atticus-Briefe (Ad Atticum), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Helmut Kasten. 4. Aufl., Artemis und Winkler, München/Zürich 1990.
  • Epistulae ad Quintum fratrem et M. Brutum, lat. Hrsg. und kommentiert von D. R. Shackleton Bailey. Cambridge University Press, Cambridge 1980.
  • An Bruder Quintus, An Brutus (Ad Quintum fratrem, Ad Brutum), lat.-dt. Hrsg. und übers. von Helmut Kasten. Artemis und Winkler, München/Zürich 1965.

Anthologien

  • Marion Giebel (Hrsg.): Cicero zum Vergnügen. Reclam, Stuttgart 1997.
  • Karl-Wilhelm Weeber (Hrsg.): Cicero für Juristen. Insel, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-458-34242-7

Literatur

Allgemeines

  • Klaus Bringmann: Cicero. WBG/Primus, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-89678-677-7; 2., durchgesehene und um ein Vorwort ergänzte Auflage, Darmstadt 2014.
  • Anthony Everitt: Cicero – Ein turbulentes Leben. Übers. v. Kurt Neff. DuMont, Köln 2003, ISBN 3-8321-7804-X
  • Manfred Fuhrmann: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie. Artemis und Winkler, München/Zürich 1989; 4. Aufl. 1997, ISBN 3-7608-1919-2.
  • Günter Gawlick, Woldemar Görler: Cicero. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike. Bd. 4: Die hellenistische Philosophie. 2. Halbband, Schwabe, Basel 1994, ISBN 3-7965-0930-4, S. 991–1168.
  • Matthias Gelzer: Cicero. Ein biographischer Versuch. Wiesbaden 1969.
  • Marion Giebel: Marcus Tullius Cicero. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek 2013, ISBN 978-3-499-50727-4.
  • Woldemar Görler: Untersuchungen zu Ciceros Philosophie. Winter, Heidelberg 1974.
  • Pierre Grimal: Cicero: Philosoph, Politiker, Rhetor. List, München 1988.
  • Christian Habicht: Cicero der Politiker. C.H. Beck, München 1990.
  • Emanuele Narducci: Cicero. Eine Einführung. Aus dem Italienischen übersetzt von Achim Wurm, Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 3-15-018818-0.
  • Francisco Pina Polo: Rom, das bin ich. Marcus Tullius Cicero. Ein Leben. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-608-94645-1.
  • Wolfgang Schuller: Cicero oder Der letzte Kampf um die Republik. Eine Biographie, C. H. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65178-6.
  • Otto Seel: Cicero. Wort – Staat – Welt. 2. Auflage, Ernst Klett, Stuttgart 1961.
  • Wilfried Stroh: Cicero. Redner, Staatsmann, Philosoph. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56240-2.
  • Wilhelm Süß: Cicero. Eine Einführung in seine philosophischen Schriften (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1965, Nr. 5).
  • Sergej L. Uttschenko: Cicero. Übersetzung aus dem Russischen von Rosemarie Pattloch. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1978, DNB 790155087

Reden

  • Michael Alexander: The Case for the Prosecution in the Ciceronian Era. Ann Arbor 2002.
  • Stefan Bittner: Ciceros Rhetorik – Eine Bildungstheorie. Von der Redetechnik zur humanitären Eloquenz. Frechen 1999.
  • Alfons Bürge: Die Juristenkomik in Ciceros Rede Pro Murena: Übersetzung und Kommentar. Zürich 1974.
  • Shane Butler: The Hand of Cicero. London/New York 2002.
  • Christopher P. Craig: The role of rational argumentation in selected judicial speeches of Cicero. Michigan 1982.
  • Richard Clare MacClintock: Cicero’s narrative technique in the judicial speeches. Ann Arbor 1975.
  • Johannes Platschek: Studien zu Ciceros Rede für P. Quinctius. München 2005.
  • Jonathan Powell, Jeremy Paterson (Hrsg.): Cicero the advocate. Oxford 2004.
  • Wilfried Stroh: Taxis und Taktik. Die advokatische Dispositionskunst in Ciceros Gerichtsreden. Stuttgart 1975.

Wirkung

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Quelle

Werke

Wikisource: Marcus Tullius Cicero – Quellen und Volltexte (Latein)
Wikisource: Cicero – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Cicero – Zitate

Literatur

Internationale Gesellschaft d​er Freunde Ciceros

Anmerkungen

  1. Grundlegend zur Biographie ist der umfassende Artikel Matthias Gelzer: M. Tullius Cicero (als Politiker). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE), Band VII A, Stuttgart 1939, Sp. 827ff. (dort umfassende Quellenbelege).
  2. Vgl. den Beginn des 2. Buchs von Ciceros Werk De legibus.
  3. Francisco Pina Polo: Rom, das bin ich. Marcus Tullius Cicero. Ein Leben. Stuttgart 2010, S. 30.
  4. Plutarch, Cicero 1
  5. Plutarch: Cicero 2,2
  6. Marie Theres Fögen: Römische Rechtsgeschichten. Über Ursprung und Evolution eines sozialen Systems. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002 (italienisch: Bologna 2006), ISBN 3-525-36269-2, S. 167.
  7. Manfred Fuhrmann: Cicero und die römische Republik. Eine Biographie. 5. Auflage, Artemis & Winkler, Mannheim 2011, ISBN 978-3-538-07324-1, S. 78. Als kurulischer Ädil wird er unter anderem erwähnt bei: James M. May: Cicero: His Life and Career. In: Derselbe (Hrsg.): Brill's Companion to Cicero. Oratory and Rhetoric. Brill, Leiden/Boston/Köln 2012, ISBN 90-04-12147-1, S. 1–21, hier S. 6.
  8. Cicero: De lege Manilia 44.
  9. Die Rede in toga candida ist nur im Kommentar von Asconius Pedianus erhalten.
  10. Epistulae ad Atticum 2, 3, 3f.; vgl. de provinciis consularibus 17, 21.
  11. Cassius Dio 38, 17, 7.
  12. Gemeint ist die popularis levitas, vgl. Philippische Reden 5.49
  13. Conservare (er-, behalten) ist ein Wort, das Cicero sehr oft verwendet, bes. in der Rede Pro Marcello sowie in den Schriften Brutus und De inventione
  14. Rede Pro Marcello 1, epistulae ad familiares 4, 4, 4; Collins, Caesar and the Corruption of the Power, in; Historia 1955, H. 4, S. 445–465, auch in: Wege der Forschung 43, Darmstadt 1967, 379–412, bes. 387
  15. Orationes in Catilinam 3, 15, 29 sowie 4, 3 f. 18
  16. Platon, Brief an Archytas (= Epistula 9).358a.
  17. Pro Marcello 26
  18. Pro Marcello 23
  19. ad familiares 4, 13, 2 sowie 6, 6, 8
  20. Zu diesen und anderen Ehrungen für Caesar vgl. Seel, Cicero – Wort, Staat, Welt, S. 409
  21. Epistulae ad Atticum 12, 45, 2 sowie 12, 28, 3
  22. Cicero behauptet dies in ad familiares 9, 15, 4
  23. Philippische Reden, 2, 28.30
  24. Cicero, epistulae ad Atticum 14,21,3: Acta enim illa res est animo virili, consilio puerili.
  25. Plutarch: Cicero 48–49. Seneca der Ältere: Suasoriae 6.17; 6.22 (= Livius: Ab urbe condita, Fragment 59 und 60).
  26. Cassius Dio 47,8,4.
  27. Plutarch: Cicero 29.
  28. Plutarch: Cicero 20ff.
  29. Plutarch: Cicero 41
  30. Dolabella hatte 50 v. Chr. Appius Claudius Pulcher angeklagt, den Cicero verteidigte.
  31. Cicero: Ad Atticum 11, 22, 3.
  32. Cicero: Ad Atticum 12, 14, 3.
  33. Ad familiares 4, 5.
  34. Bernhard Kytzler: Frauen der Antike. Von Aspasia bis Zenobia. Artemis, München & Zürich 1994, ISBN 3-7608-1224-4, S. 142.
  35. Zu Ciceros philosophischem Denken siehe Günter Gawlick, Woldemar Görler: Cicero. In: Hellmut Flashar (Hrsg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike, Bd. 4: Die hellenistische Philosophie, 2. Halbband, Basel 1994, S. 1084–1125.
  36. Cicero: Ad Atticum 14, 12, 3.
  37. Cicero: Laelius de amicitia 5.
  38. vermutlich identisch mit Gaius Aurelius Cotta (Konsul 75 v. Chr.)
  39. Vgl. Karl Büchner: Cicero (1964) 50–62.
  40. Vgl. Albrecht Dihle: Ein Spurium unter den rhetorischen Werken Ciceros. In: Hermes. Band 83, Nr. 3 (1955), S. 303–314, oder Klaus Bringmann: Untersuchungen zum späten Cicero. Göttingen 1971 (Hypomnemata 29), S. 256.
  41. Zu Plinius’ Cicero-Verherrlichung siehe Will Richter: Das Cicerobild der römischen Kaiserzeit. In: Gerhard Radke (Hrsg.): Cicero, ein Mensch seiner Zeit, Berlin 1968, S. 166f.
  42. Carl Becker: Cicero. B: Nachleben. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Band 3, Stuttgart 1957, Sp. 101.
  43. Will Richter: Das Cicerobild der römischen Kaiserzeit. In: Gerhard Radke (Hrsg.): Cicero, ein Mensch seiner Zeit, Berlin 1968, S. 192–197.
  44. Carl Becker: Cicero. B: Nachleben. In: Reallexikon für Antike und Christentum, Band 3, Stuttgart 1957, Sp. 103.
  45. Hieronymus: Briefe 22,30 (Ad Eustochium).
  46. Zur frühmittelalterlichen Cicero-Rezeption siehe John Moorhead: Aspects of the Carolingian Response to Cicero. In: Philologus 129, 1985, S. 109–120.
  47. Peter Leberecht Schmidt: Bemerkungen zur Position Ciceros im mittelalterlichen Geschichtsbild. In: Ciceroniana 11, 2000, S. 28.
  48. Zur Rezeption dieser Werke siehe John O. Ward: The Medieval and Early Renaissance Study of Cicero’s De inventione and the Rhetorica ad Herennium: Commentaries and Contexts. In: Virginia Cox, John O. Ward (Hrsg.): The Rhetoric of Cicero in Its Medieval and Early Renaissance Commentary Tradition, Leiden 2006, S. 3–75.
  49. Dante, Convivio 2,12,3 ff.
  50. Nóra Fodor: Die Übersetzungen lateinischer Autoren durch M. Planudes, Dissertation Heidelberg 2004, S. 182–197.
  51. Zu dieser „Korrespondenz“ Petrarcas mit Cicero siehe Peter L. Schmidt: Traditio Latinitatis, Stuttgart 2000, S. 142ff., 274–282.
  52. Siehe dazu Virginia Cox: Ciceronian Rhetoric in the Vernacular in Italy, 1260–1500. In: Virginia Cox, John O. Ward (Hrsg.): The Rhetoric of Cicero in Its Medieval and Early Renaissance Commentary Tradition, Leiden 2006, S. 136–143.
  53. Zu Cicero als Schulautor in der Renaissance siehe Robert Black: Cicero in the Curriculum of Italian Renaissance Grammar Schools. In: Ciceroniana 9, 1996, S. 105–120.
  54. Eine Ausgabe und englische Übersetzung einschlägiger Humanistentexte besorgten Joann Dellaneva, Brian Duvick: Ciceronian Controversies, Cambridge (Mass.) 2007. Vgl. Carl Joachim Classen: Antike Rhetorik im Zeitalter des Humanismus, München 2003, S. 7–19.
  55. Brief Cortesis an Poliziano, in: Joann Dellaneva, Brian Duvick (Hrsg.): Ciceronian Controversies, Cambridge (Mass.) 2007, S. 8–10.
  56. René Martin: Présence de Cicéron sur les tréteaux français, ou les métamorphoses d’un grand homme. In: Raymond Chevallier (Hrsg.): Présence de Cicéron, Paris 1984, S. 236–242.
  57. Zu dieser nordamerikanischen Cicero-Rezeption siehe Bruno Weil: 2000 Jahre Cicero, Zürich 1962, S. 258–281; Meyer Reinhold: The Influence of Cicero on John Adams. In: Ciceroniana 8, 1994, S. 45–51.
  58. Zur französischen Cicero-Rezeption in der Revolutionszeit siehe Bruno Weil: 2000 Jahre Cicero, Zürich 1962, S. 228–257.
  59. John Stuart Mill: Über die Freiheit, Stuttgart 1974, S. 51.
  60. Theodor Mommsen: Römische Geschichte, 3. Band, 6. Auflage, Berlin 1875, S. 180 und 619.
  61. Klabund: Geschichte der Weltliteratur in einer Stunde (Memento vom 23. September 2015 im Internet Archive), Leipzig 1922
  62. Harald Merklin (Hrsg.): Marcus Tullius Cicero, De finibus bonorum et malorum, Stuttgart 1989, S. 51.
  63. Friedrich August von Hayek: Der Weg zur Knechtschaft, München 2007, S. 32.
  64. Stefan Zweig: Cicero. In: Stefan Zweig: Zeiten und Schicksale. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1902–1942, Frankfurt am Main 1990, S. 340–365, hier: 354, 364.
  65. Siehe die Zusammenstellung historischer Romane über Cicero und Uwe Walter: Cicero, Robert Harris und die Abgründe der Politik.
  66. Imperium (2006), Titan (2009), Dictator (2015)
  67. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5 doi:10.3372/epolist2018.
  68. Minor Planet Circ. 34629

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