Universität von Paris
Die Universität von Paris war die Gesamtheit der wichtigsten akademischen Lehreinrichtungen in Paris, nicht zuletzt der Sorbonne, deren Name im allgemeinen Sprachgebrauch zur synonymen Bezeichnung der Universität wurde. Sie hat Monarchie, Revolution und Restauration überstanden, die Studentenunruhen von 1968 aber nicht. Seit 1970 erfolgte eine so gründliche Dezentralisierung und Neugründungswelle, dass ein Erkennen von Traditionsnachfolge schwer möglich ist. Die Paris Universitas (2005–2010) entsprach organisatorisch der alten Universität von Paris noch am ehesten.
Die alte Universität
Paris wurde zum Zentrum der Kapetinger und zog viele Köpfe an. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts gab es schon die Domschule um die Kathedrale Notre Dame, deren Lehrer dort Kapitulare waren. Sie bestand seit Karl dem Großen. Berühmt waren Wilhelm von Champeaux, der eine eigene Schule im Kloster St. Victor gründete, für den Unterricht in der Dialektik, dessen Schüler Petrus Abaelard ihn noch übertraf. Um 1140 lehrte Petrus Lombardus und ab 1168 Petrus Cantor in der Domschule. Daneben bestanden noch eine bedeutende Klosterschule in der Abtei Sainte-Geneviève (Paris), die der Kanonist Stephan von Tournai nach 1180 gegründet hatte, und private Schulen, teilweise spezialisiert auf Medizin und Recht. Seit 1179 vergab die Kirche die Licentia Docendi nur an geeignete Dozenten. Die Schulen zogen Studenten aus ganz Westeuropa an, deren Zahl auf zwei- bis dreitausend geschätzt wird.[1]
Die universitas magistrorum et scholarium (genossenschaftliche Vereinigung von Lehrern und Scholaren mit Selbstverwaltung) wurde 1200 von Philipp II. anerkannt. Die eher ständische als wissenschaftliche Einrichtung wurde der Jurisdiktion der Kirche unterstellt. Sinn war, die Studenten, die von der Bevölkerung zuweilen als Belästigung empfunden wurden, dem vielleicht etwas rüden Zugriff ihrer Sicherheitsorgane zu entziehen. Es handelte sich schließlich um Theologen, den künftigen Repräsentanten der Kirche. Aus kirchlicher Fürsorge entwickelten sich Collegien, die den Studenten das kostspielige Leben in Paris durch günstigen Wohnraum erleichtern sollten. Das bedeutendste wurde das Collège de Sorbonne für angehende Theologen. Auch landsmannschaftlich orientierte Collegien wurden eingerichtet. Die Namen heutiger studentischer Verbindungen erinnern an diese Entwicklung. Alles zusammen bildete das Quartier Latin. Weiterhin entwickelten sich am Ende vier Fakultäten: La Faculté des arts de Paris mit der Aufgabe einer Art Grundstudiums der freien Künste und die höheren Fakultäten Recht, Medizin und Theologie.
Zu den Heroen dieser Epoche gehören Albertus Magnus (1200–1280), Bonaventura (1221–1274), Thomas von Aquin (1225–1274) und Boetius von Dacien.
Das Morgenländische Schisma brachte den Theologen und Kirchenrechtlern der Domschule Ruhm und Ehre ein. Das Abendländische Schisma, eine französische Angelegenheit, führte zu einer Entfremdung von Rom. Die Gelehrten der Pariser Universität lehnten die Ausweitung päpstlicher Macht in der Frühen Neuzeit genauso ab wie reformerische Bestrebung des Jansenismus. Sie wurden so zu Wortführern des Gallikanismus, einer engen Verbindung der katholischen Kirche in Frankreich mit dem Königtum. Das führte wiederum zum Verlust von Einfluss und Reputation der Universität. Absolutismus und Aufklärung waren allenthalben Motor für Neugründungen, in Frankreich führten sie jedoch zur Schließung der Universität während der Französischen Revolution 1793. Das gesamte Erziehungssystem von der Schule an wurde Angelegenheit der Nation. Der Freund der Wissenschaften Napoléon Bonaparte setzte an die Stelle der 23 alten Universitäten ein von Paris aus über alle Departements sich erstreckendes Netz von Unterrichtsbehörden und Unterrichtsanstalten, dessen Mittelpunkt die Universität von Paris war.[2]
Die neue Universität
Erst während der Dritten Republik unter Félix Faure wurde 1896 die Université de Paris (nun nouvelle université de Paris genannt) erneut eingerichtet und durch Henri Paul Nénot zur größten Universität Frankreichs um- und ausgebaut.[3]
Aufspaltung nach 1968
Nach den Studentenunruhen von 1968 wurde die Universität zum 1. Januar 1971 in 13 selbständige Universitäten aufgeteilt. Deren Expansion geht über das Stadtgebiet hinaus.
- Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne
- Universität Paris 2 Panthéon-Assas
- Universität Paris 3 Sorbonne Nouvelle
- Universität Paris 4 Paris-Sorbonne
- Universität Paris 5 René Descartes
- Universität Paris 6 Pierre et Marie Curie (UPMC)
- Universität Paris 7 Denis Diderot (auch Jussieu)
- Universität Paris 8 Vincennes-Saint Denis
- Universität Paris 9 Paris-Dauphine
- Universität Paris 10 Nanterre
- Universität Paris 11 Paris-Sud
- Universität Paris 12 Val de Marne
- Universität Paris 13 Paris-Nord
Weblinks
Einzelnachweise
- Hans-Albrecht Koch: Die Universität. WB, Darmstadt 2008, S. 20 f., 26–32.
- Meyers Konversations-Lexikon. Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien 1897, Bd. 17, S. 92
- Brockhaus Enzyklopädie, F. A. Brockhaus, Mannheim 1993, Bd. 20, S. 484