Marlenheim
Marlenheim ist eine französische Gemeinde mit 4250 Einwohnern (Stand 1. Januar 2019) im Département Bas-Rhin in der Region Grand Est (bis 2015 Elsass und seit 2021 in der gleichnamigen Europäischen Gebietskörperschaft). Es ist der nördlichste Ort der 170 km langen Elsässer Weinstraße und wird daher seit 1994 auch offiziell Porte de la Route des Vins d’Alsace genannt. Die Gemeinde ist Mitglied des Gemeindeverbands Communauté de communes de la Mossig et du Vignoble.
Marlenheim | ||
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Staat | Frankreich | |
Region | Grand Est | |
Département (Nr.) | Bas-Rhin (67) | |
Arrondissement | Molsheim | |
Kanton | Molsheim | |
Gemeindeverband | Mossig et Vignoble | |
Koordinaten | 48° 37′ N, 7° 30′ O | |
Höhe | 175–365 m | |
Fläche | 14,47 km² | |
Einwohner | 4.250 (1. Januar 2019) | |
Bevölkerungsdichte | 294 Einw./km² | |
Postleitzahl | 67520 | |
INSEE-Code | 67282 | |
![]() Schloss Marlenheim, heute Rathaus (Hôtel de Ville) |
Geografie
Marlenheim liegt 15 Kilometer westlich von Straßburg in der Oberrheinebene. Nördlich schließt sich der Kochersberg an, nach Süden setzt sich der zwei bis drei Kilometer breite Streifen des Weinbaugebietes Elsass zwischen den Vogesen im Westen und der Rhein-Ebene im Osten fort. Marlenheim wird von der Mossig tangiert.
Geschichte
Bodenfunden zufolge – Feuersteine und Keramik – war die Gegend um Marlenheim schon in der Hallstattzeit besiedelt. Auch aus römischer Zeit wurden Keramik und Sarkophage gefunden.
Als mutmaßlich merowingische Gründung Marilegium erscheint Marlenheim in einem Bericht Gregor von Tours, der schreibt, dass der König Childebert II. 589 hier Weinberge besaß (HF09,038). Dies ist auch das älteste bekannte schriftliche Zeugnis über den elsässischen Wein. Im 7. Jahrhundert schenkt Dagobert I. diese Weinberge (gemeint kann nur die heutige Lage Steinklotz sein) dem von Florentius von Straßburg gestifteten Kloster von Niederhaslach. 742 bekommt das Kloster Weißenburg hier erstmals Besitz (Trad.Wiz.052). Zur Zeit der westfränkischen Karolinger muss hier ein Königshof gestanden haben, denn zwei Mal halten sich die Herrscher hier auf, um Urkunden auszustellen: 833 weilen Kaiser Ludwig der Fromme und sein Sohn Lothar hier in "Marlegium" (Regesta Imperii I,925e), und 866 bestätigt der Sohn, nun Kaiser Lothar II., in "Marlegia" dem Kloster Granfelden umfangreichen Besitz (Reg.Imp.I,1310). Schließlich verschenkt Karl III. (der Dicke) 886 zwei Mansen im Dorf, die nach dem Tod des Beschenkten an das Kloster Andlau fallen sollen (Reg.Imp.I,1717). So kann das Kloster Andlau im 10. Jahrhundert hier als Landbesitzer auftreten. Nach der Herrschaft der Karolinger teilt Marlenheim die Geschichte des Elsass.
Nach wechselnden Besitzverhältnissen im Mittelalter (1444 ist eine Zerstörung durch die Armagnacs dokumentiert) wurde Marlenheim ein Außenposten der Freien Stadt Straßburg durch den Vertrag von Haguenau im Jahr 1604. Im Dreißigjährigen Krieg hielt die Gemeinde am Katholizismus fest. Es kursiert die Geschichte, dass die lokale Bevölkerung die durchziehende Kompanie schwedischer Truppen zuerst mit Wein betrunken machte und danach ermordete. Im Französisch-Niederländischen Krieg bezog Henri de Latour d'Auvergne, Vicomte de Turenne 1674 in Marlenheim Quartier, nachdem er bei Philippsburg den Rhein überschritten und die Pfalz erobert hatte.
1864 initiierte der Bau der Eisenbahnlinie von Molsheim nach Saverne das industrielle Zeitalter im Nordelsass. Zwischen 1908 und 1953 führte eine Überlandstrecke der Straßburger Straßenbahn über Marlenheim nach Westhoffen.
Der Ausbau Marlenheims als Touristenort begann nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere mit der Einrichtung der Elsässer Weinstraße im Jahr 1953.
Marlenheim war Verwaltungssitz und Mitglied des 1994 gegründeten Gemeindeverbandes Communauté de communes de la Porte du Vignoble, der 2017 in der Communauté de communes de la Mossig et du Vignoble aufging.
Bevölkerungsentwicklung[1]
Jahr | 1962 | 1968 | 1975 | 1982 | 1990 | 1999 | 2006 | 2009 | 2011 | 2013 |
Einwohner | 1.512 | 1.823 | 2.287 | 2.822 | 2.956 | 3.365 | 3.477 | 3.652 | 3.806 | 4.005 |
Wirtschaft und Soziales
Marlenheim lebt von der Landwirtschaft, vom Weinbau und vom Tourismus.
Die dörfliche Struktur ist von Einzelhandelsgeschäften und Dienstleistungsbetrieben, Cafés, Restaurants und Weinstuben geprägt.
An der Peripherie der Gemeinde gibt es drei Areale für kommerzielle Betriebe, insbesondere für Büromöbel und Innenausstattung, sowie Einkaufscenter mit 1000 Beschäftigten.
Soziokulturell bildet Marlenheim einen Interessenverbund (Communauté de communes de la Porte du Vignoble) mit den sechs umliegenden Gemeinden Dahlenheim, Kirchheim, Nordheim, Odratzheim, Scharrachbergheim-Irmstett und Wangen in der Kinder- und Jugendarbeit und für kulturelle Veranstaltungen.
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Sehenswürdigkeiten
Die Hauptstraße (Rue du Général de Gaulle) und ihre verkehrsberuhigten Nebengassen werden durch Fachwerkhäuser aus der Renaissance, teilweise mit Treppentürmchen und Erker, geprägt.
- Die der Lokalheiligen Richardis geweihte Kirche von 1716 hat noch ein romanisches Portal.
- Das Schloss (heute Hôtel de ville) im neoklassizistischen Stil stammt aus dem 19. Jahrhundert.
- Am Marktplatz steht das Kaufhaus aus dem 18. Jahrhundert.
- Die mittelalterliche Poststation in Fachwerk mit Innenhof ist seit 1930 ein Hotel und Gourmet-Restaurant.
- Einige Wassermühlen gibt es außerhalb des Ortes an der Mossig.
Weinbau
Marlenheim verfügt über die nördlichsten Weinberge der Elsässer Weinstraße. Von den 132 Hektar Rebfläche der Einzellage Steinklotz sind 40,6 Hektar als Grand Cru ausgewiesen. Die sonnige Südlage dieses Hangs ermöglicht auch die Produktion von Vendanges Tardives, die – ungeachtet der wörtlichen Übersetzung – keine Spätlesen sind, sondern Weine mit einem Mindest-Mostgewicht denotieren, das einer deutschen Prädikatsstufe etwa zwischen Auslese und Beerenauslese entspricht.
Die wichtigste Rebsorte, die hier seit dem Mittelalter angebaut wird, ist der Pinot Noir (26 % der Fläche), die häufigsten weißen Traubensorten sind Riesling (18 %), Gewürztraminer (12 %), und Pinot Gris (7 %), Sylvaner, Pinot Blanc, Muscat und Auxerrois.
Ein 1½-stündiger Weinlehrpfad (Sentier Viticole Marlenheim) durch einen Demo-Rebhang erklärt die Sorten und Anbaumethoden. Eingebunden in den abgesehen von der Lesezeit ganzjährig begehbaren Pfad ist ein Kreuzweg mit Kapelle (18. Jahrhundert).
Das älteste und größte Weingut Marlenheims (seit 1577, vertreten mit 23 Hektar Rebfläche, öffentlichen Kellereibesichtigungen und internationalem Vertrieb) ist Mosbach.
Ferner gibt es ca. 30 kleinere Weingüter in der Communauté. Das 1901 gegründete Wein- und Sekt-Handelshaus Arthur Metz hat ebenfalls seinen Sitz in Marlenheim.
Kulturelle Veranstaltungen
- Kirchweih am 18. März
- Theater „Salon de l’Alsatique – Forum des Littératures Régionales“, auch auf Elsässerdeutsch, im Juli in den ungeraden Jahren, auch verbunden mit Kunstausstellungen
- Symbolische Hochzeit des Ami Fritz am 15. August (Figur aus einem Roman von Erckmann-Chatrian)
- Wallfahrt am 23. September
- Winzerfest am 3. Sonntag im Oktober
Gemeindepartnerschaften
Marlenheim ist verschwistert mit Rust in Baden-Württemberg, auf der deutschen Seite des Rheins ebenfalls in der Oberrheinebene gelegen und etwa 70 km entfernt. Es besteht außerdem eine Partnerschaft mit der im französischen Überseedépartement Guadeloupe gelegenen Gemeinde Bouillante.[2]
Literatur
- Timotheus Wilhelm Röhrich: Mittheilungen aus der Geschichte der evangelischen Kirche des Elsasses, Band II: Mittheilungen aus der Vorgeschichte der Reformation, und Elsässische Kirchenordnungen, Treuttel und Wirtz, Paris/Straßburg 1855, S. 427–449.
- Le Patrimoine des Communes du Bas-Rhin. Flohic Editions, Band 2, Charenton-le-Pont 1999, ISBN 2-84234-055-8, S. 1540–1547.
Weblinks
- Webpräsenz auf der Site der Communauté de communes (französisch)
- Marlenheim auf cc-porteduvignoble.fr (französisch)