Liste der deutschen Vorschläge für die Oscar-Nominierung in der Kategorie bester internationaler Film
Die Liste der deutschen Vorschläge für die Oscar-Nominierung in der Kategorie bester internationaler Film (bis 2019 bester fremdsprachiger Film) führt alle für Deutschland bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS) für die Kategorie des besten internationalen Film eingereichten Filme.
Seit 1948 wird bei den Oscars alljährlich auch ein fremdsprachiger Film geehrt. Von 1948 bis 1956 geschah dies in Form eines Spezial- bzw. Ehrenoscars. Eine eigene Kategorie mit fünf Nominierungen, wie in den übrigen regulären Kategorien, wurde im Jahr 1957 geschaffen. Seit 2007 wird in einem zweistufigen Verfahren aus allen zugelassenen Einreichungen der vorschlagsberechtigten Länder eine Vorauswahl getroffen. Ein Komitee aus Mitgliedern der Academy nominiert neun Filme die auf einer Short-List veröffentlicht werden. Aus diesen Vorschlägen werden die fünf Nominierungen ausgewählt.
Deutsche Filme konnten bislang dreimal den Oscar in dieser Kategorie gewinnen. Insgesamt 20 Filmen gelang der Sprung auf die Nominierungsliste (elfmal dem wiedervereinigten Deutschland, einmal der DDR und achtmal der Bundesrepublik bis 1990). Über 60 Filme wurden bei der Academy für die Kategorie als deutscher Beitrag eingereicht, davon fünf Filme aus der DDR.
Auswahlverfahren
Für die Bundesrepublik Deutschland übernahm die im Jahr 1954 gegründete Export-Union des Deutschen Films die Auswahl des bundesdeutschen Bewerbers, bis diese 2004 in der German Films Service + Marketing GmbH aufging. Diese organisiert die Wahl des deutschen Oscar-Films derzeit. Sie veröffentlicht Teilnahmeaufrufe für deutsche Produzenten und Weltvertriebe und überprüft deren gebührenpflichtig eingereichte Produktionen auf Einhaltung der von der AMPAS vorgegebenen Regularien.
Anschließend ruft German Films verschiedene Berufsverbände und Institutionen wie den
- Verband der Filmproduzenten;
- Verband Deutscher Filmexporteure;
- AG Neuer Deutscher Spielfilmproduzenten;
- Verband der Filmverleiher;
- Hauptverband Deutscher Filmtheater;
- Bundesverband Kamera;
- Verband der deutschen Filmkritik;
- Bundesverband Regie/Bundesverband der Fernseh- und Filmregisseure;
- Filmförderungsanstalt;
- Deutsche Filmakademie
dazu auf, Vertreter für eine neunköpfige Jury zu benennen, welche letztlich den Oscarbeitrag aus den Einreichungen der Rechteinhaber auswählt.[1]
Besonderheiten
1983: Der Film Das Boot erhielt in sechs Oscar-Kategorien Nominierungen (Regie, Kamera, adaptiertes Drehbuch, Schnitt, Ton und Tonschnitt), wurde aber nicht als Vorschlag für die Bundesrepublik eingereicht, sondern Werner Herzogs Fitzcarraldo.
1992: In diesem Jahr wurde kein deutscher Vorschlag eingereicht, obwohl mit dem Film Hitlerjunge Salomon von Agnieszka Holland ein aussichtsreicher Kandidat zur Verfügung gestanden hätte, der 1991 jeweils als bester fremdsprachiger Film vom National Board of Review Award und mit dem Golden Globe ausgezeichnet wurde. Das Auswahlkomitee gab eine offizielle Erklärung ab, wonach kein deutscher Film die hohe Qualität besaß, um nominiert zu werden.[2] Dies wurde vielfach kritisiert und veranlasste mehrere prominente deutsche Filmemacher, einen offenen Brief zu schreiben, in dem sie die Weigerung des Auswahlgremiums anprangerten, den Film einzureichen.[3] Dem Komitee war der Film aufgrund seines heiklen Themas anscheinend zu kontrovers (die Geschichte eines Juden, der der Verfolgung durch die Nazis entkommen war, indem er sich als Arier tarnte) und wirft ein bezeichnendes Licht auf die Debatten über den Holocaust nach der Wiedervereinigung. Es wurde kolportiert, dass Mitglieder des Auswahlausschusses inoffiziell gesagt haben, der Film sei „Schrott“ und „eine Verlegenheit“. Es wurde auch bezweifelt, ob der Film den Regeln der Akademie entsprechen würde, da er größtenteils in Polen gedreht und nur teilweise mit deutscher Finanzierung produziert wurde. Produzent Brauner und die polnische Regisseurin Holland beklagten daraufhin öffentlich eine „deutsche Arroganz gegenüber jüdischen Themen“ und eine latente Fremdenfeindlichkeit; die internationale Presse gab dies größtenteils als Antisemitismusvorwurf wieder.[4] Obwohl der Film nicht als deutscher Beitrag eingereicht wurde, wurde er kommerziell in Los Angeles County aufgeführt und war somit für Nominierungen in anderen Kategorien qualifiziert. Einer der führenden amerikanischen Filmkritiker, Roger Ebert, bezeichnete 1992 die Oscarnominierung von Agnieszka Holland in der Kategorie Bestes adaptiertes Drehbuch als „Zurechtweisung“ („rebuke“) vonseiten der amerikanischen Oscarjury an das deutsche Oscarkomitee.[5]
2010: Am 26. August 2009 wurde Das weiße Band – Eine deutsche Kindergeschichte als deutscher Bewerber für das Jahr 2010 eingereicht.[6] Damit kam das deutsche Auswahlgremium seinem österreichischen Pendant, der Austrian Film Commission (AFC), zuvor. Ursprünglich sollte eine Woche später Das weiße Band als österreichischer Bewerber vorgeschlagen werden.[7] Die Einreichung des in „wesentlichen Funktionen“ „österreichische[n]“ Films durch Deutschland sorgte daher für Unmut auf Seite der AFC, doch akzeptierte sie das Ergebnis schlussendlich.[8] Der Film erhielt zwei Oscar-Nominierungen (Bester fremdsprachiger Film und Beste Kamera).
2016: Der Film Victoria durfte nicht für den Oscar 2016 in der Fremdsprachenkategorie nominiert werden, da die Hälfte der Dialoge in Englisch gesprochen werden, in der Kategorie aber maximal 40 Prozent englischer Sprachanteil verwendet werden darf.[9]
Deutsche Vorschläge
Die erfolgreichsten Regisseure
Regisseur | Einreichungen | Short-List | Nominierungen | Auszeichnungen |
---|---|---|---|---|
Maren Ade | 1 | 1 | 1 | 0 |
Fatih Akin | 2 | 1 | 0 | 0 |
Frank Beyer | 2 | / | 1 | 0 |
Helmut Dietl | 1 | / | 1 | 0 |
Florian Henckel von Donnersmarck | 2 | 2 | 2 | 1 |
Uli Edel | 1 | 1 | 1 | 0 |
Hans W. Geißendörfer | 2 | / | 1 | 0 |
Michael Haneke | 1 | 1 | 1 | 0 |
Oliver Hirschbiegel | 2 | / | 1 | 0 |
Agnieszka Holland | 1 | / | 1 | 0 |
Helmut Käutner | 1 | / | 1 | 0 |
Caroline Link | 2 | / | 2 | 1 |
Georg Maas, Judith Kaufmann | 1 | 1 | 0 | 0 |
Giulio Ricciarelli | 1 | 1 | 0 | 0 |
Marc Rothemund | 1 | / | 1 | 0 |
Maximilian Schell | 1 | / | 1 | 0 |
Volker Schlöndorff | 1 | / | 1 | 1 |
Maria Schrader | 1 | 1 | 0 | 0 |
Robert Siodmak | 1 | / | 1 | 0 |
Wim Wenders | 3 | 1 | 0 | 0 |
Franz Peter Wirth | 1 | / | 1 | 0 |
Bernhard Wicki | 3 | / | 1 | 0 |
Deutsche Koproduktionen
Die Regeln der AMPAS für diese Kategorie bestimmen, dass pro Land nur ein Film vorgeschlagen werden kann. Vorschlagsberechtigt sind nationale Institutionen, die bei der Academy für den entsprechenden Staat registriert worden sind. Grundsätzlich hat jedes an einer Produktion beteiligtes Land die Möglichkeit, den Film für das eigene Land einzureichen – es darf aber letztlich nur ein Land den Film einreichen.
Bislang wurden 35 deutsche Ko-Produktionen für den Oscar nominiert (8-mal als französischer, 4-mal als ungarischer, je 3-mal als österreichischer und als schwedischer, je 2-mal als israelischer und dänischer sowie je 1-mal als jugoslawischer, schweizerischer, italienischer, isländischer, finnischer, palästinensischer, kasachischer, russischer, chilenischer, polnischer und tunesischer Vorschlag und einmal als Einreichung durch die Elfenbeinküste und Bosnien-Herzegowina).
Sieben dieser Filme (gelb) gewannen den Oscar in dieser Kategorie.
Einzelnachweise
- Regularien 92. Academy Award in der Kategorie „Best International Feature Film“. German Films, abgerufen am 22. August 2019.
- New York Times, 14. Januar 1991
- New York Times, 28. Januar 1992
- Blamage mit Folgen, Spiegel vom 27. Januar 1992.
- Ebert, Roger (1993): A 'Silence' sweep?, 15. März 1992
- „Das weiße Band“ ist deutscher Oscar-Kandidat. bei Spiegel Online vom 26. August 2009
- Hanns-Georg Rodek: „Das weiße Band“ ist deutscher Oscar-Kandidat. bei Welt.de vom 26. August 2009
- Martin Schweighofer (Chef der AFC), zitiert nach: Dominik Kalmazadeh: Haneke greift für Deutschland nach Gold. derStandard.at vom 27. August 2009 (abgerufen am 30. August 2009)
- Chris Weiß: Warum „Victoria“ 2016 keinen Oscar gewinnen darf: Musikexpress.de vom 23. Dezember 2015
- „Und morgen die ganze Welt“ ist deutscher Oscar-Beitrag. In: ORF.at. 28. Oktober 2020, abgerufen am 28. Oktober 2020.
- "Ich bin dein Mensch" ist deutscher Oscar-Kandidat. In: sueddeutsche.de/dpa. 15. September 2021, abgerufen am 16. September 2021.
- Clayton Davis: Oscars Shortlists Include Beyoncé, ‘Spider-Man’ and Two Jonny Greenwood Scores as France’s ‘Titane’ Is Snubbed. In: variety.com. 21. Dezember 2021, abgerufen am 22. Dezember 2021 (englisch).