Werk ohne Autor
Werk ohne Autor (internationaler Titel Never Look Away) ist ein deutscher Spielfilm von Florian Henckel von Donnersmarck aus dem Jahr 2018. Thema des Dramas ist das Leben eines Künstlers, angelehnt an die Biografie von Gerhard Richter. Die Hauptrollen spielen Tom Schilling, Sebastian Koch, Paula Beer, Saskia Rosendahl, Oliver Masucci und Ina Weisse.
Film | |
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Originaltitel | Werk ohne Autor |
Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahr | 2018 |
Länge | 188 Minuten |
Altersfreigabe | FSK 12[1] JMK 12[2] |
Stab | |
Regie | Florian Henckel von Donnersmarck |
Drehbuch | Florian Henckel von Donnersmarck |
Produktion | Quirin Berg, Christiane Henckel von Donnersmarck, Florian Henckel von Donnersmarck, Jan Mojto, Max Wiedemann |
Musik | Max Richter |
Kamera | Caleb Deschanel |
Schnitt | Patricia Rommel |
Besetzung | |
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Die Weltpremiere fand im Rahmen des Wettbewerbs der 75. Internationalen Filmfestspiele von Venedig statt.[3] In den deutschen Kinos startete der Film am 3. Oktober 2018.[4] Am 28. Dezember 2020 wurde der Film erstmals im Ersten ausgestrahlt.
Werk ohne Autor wurde als deutscher Beitrag für die Oscarverleihung 2019 eingereicht[5] und schließlich von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences in den Kategorien „Bester Fremdsprachiger Film“ und „Beste Kamera“ nominiert.
Handlung
1937 besucht der fünfjährige Kurt Barnert mit seiner jungen kunstsinnigen Tante Elisabeth die Wanderausstellung Entartete Kunst in Dresden. Beiden gefallen die ausgestellten, vom Nazi-Regime verpönten Werke. Bald darauf muss das Kind mitansehen, wie ebendiese Tante wegen vermeintlicher Schizophrenie in eine psychiatrische Anstalt zwangseingeliefert wird. „Niemals wegsehen“ ist der Rat, den sie ihm wiederholt mit auf den Weg gibt und damit seine Weltwahrnehmung prägt: Alles, was existiere und geschehe, sei es wert, angesehen zu werden. Später wird sie dem Leiter der Dresdener Frauenklinik, SS-Obersturmbannführer Carl Seeband, vorgeführt, der angesichts ihres verzweifelten Widerstandes gegen eine Sterilisation ihre Ermordung anordnet. Während ihr Neffe aus der Ferne die Luftangriffe auf Dresden sieht, wird die Tante in der Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein vergast.
Nach dem Krieg wird Seeband vom NKWD verhaftet, im Speziallager inhaftiert und wegen seiner Rolle bei den Euthanasie-Morden vom Lagerkommandanten Murawjow brutal verhört. Doch nachdem Seeband die schwierige Geburt von Murawjows Sohn zu einem guten Ende geführt hat, wird er freundschaftlich behandelt und vor weiterer Verfolgung in Schutz genommen.
Kurt Barnert findet Arbeit in einer Fabrik für Schilder- und Bannermalerei. Als man dort sein künstlerisches Talent erkennt, wird er als Vertreter der Arbeiterschaft an die Dresdener Kunstakademie geschickt, wo er Malerei studiert. Sein Professor, ein Kommunist aus Überzeugung, versucht die Studenten zum Sozialistischen Realismus hinzuführen. Kurt zeigt zwar große Begabung, kann sich mit der Ideologie aber nicht anfreunden. Er hat das Gefühl, sich durch diese Art der Malerei immer weiter von seinem eigenen Stil zu entfernen und eine entfremdete Arbeit zu machen.
Kurt lernt die junge Elisabeth kennen, die an der Akademie Mode- und Textilgestaltung studiert. Sie erinnert ihn an seine Tante, selbst der Vorname ist derselbe. Zur Unterscheidung bittet er sie um einen Spitznamen und darf sie von da an Ellie nennen. Sie verlieben sich ineinander und haben heimlich Sex, schließlich mietet Kurt ein Zimmer im Haus von Ellies Eltern. Ellies Vater ist Professor Carl Seeband, der sich nun ganz in den Dienst der sozialistischen Ideologie der DDR gestellt hat. Kurt weiß nicht, dass Seeband den Mord an seiner Tante angeordnet hat, ebenso wenig weiß Seeband, dass Kurt der Neffe eines seiner Opfer ist. Der Professor sieht den jungen Mann allerdings als genetisch minderwertig und Gefahr für seine Blutlinie an. Als es ihm nicht gelingt, die beiden zu entzweien, und sich herausstellt, dass Ellie schwanger ist, beendet er die Schwangerschaft mit vorgetäuschter medizinischer Indikation und nimmt seiner Tochter dabei heimlich ihre Gebärfähigkeit. Schließlich heiraten Kurt und Ellie.
Nach seinem Studium in Dresden bekommt Kurt mehrere Aufträge für große Wandfresken im sozialistischen Stil, die er nur widerstrebend ausführt, weil er das Geld braucht. Bei Murawjows Rückversetzung nach Moskau verlassen Ellies Eltern die DDR, um sich keiner strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Kurt und Ellie entschließen sich wenig später, ebenfalls über West-Berlin in den Westen zu fliehen, wenige Monate vor dem Mauerbau.
Kurt und Ellie gehen von Berlin nach Düsseldorf, nachdem Kurt erfahren hat, dass sich dort gerade eine ganz neue Kunstrichtung entwickelt; er wird von dem exzentrischen Professor Antonius van Verten an der Kunstakademie angenommen. Hier kommt er in Berührung mit der modernen Kunst der bundesdeutschen Nachkriegszeit, bei der die Malerei zwar keine Rolle mehr spielt, sonst aber alles möglich scheint. Van Verten arbeitet mit Fett und Filz, Kurts Mentor Günter Preusser spickt Holzgegenstände mit Nägeln. Kurt bleibt bei der Leinwand, wenn seine Gemälde auch sehr abstrakt und experimentell werden. Als Professor van Verten nach einer Inaugenscheinnahme seiner Werke urteilt, dass sie lediglich formal interessant, aber kein Ausdruck seiner eigenen Innerlichkeit seien, verbrennt Kurt seine bisherigen Arbeiten und brütet über leerer Leinwand. Zum Geldverdienen stellt ihm sein Schwiegervater, der wieder einen ranghohen Posten in der Frauenheilkunde innehat, einen „angemessenen Job“ in einer Frauenklinik in Aussicht, die sich als Treppenputzen entpuppt – eine offene Verhöhnung, denn an einem solchen Putzjob war bereits Kurts Vater verzweifelt, ein Lehrer, der in der DDR Berufsverbot hatte.
Ellie arbeitet als Näherin in der Bekleidungsindustrie. Nach mehreren Fehlgeburten erfährt sie, dass sie aufgrund der zurückliegenden Abtreibung keine Kinder bekommen kann.
Als Kurt eine Zeitungsmeldung liest, der zufolge der ranghöchste nationalsozialistische Gutachter für „Euthanasie“-Morde verhaftet worden sei, fängt er an, das Schwarz-Weiß-Foto dieses NS-Verbrechers fotorealistisch abzumalen und dann leicht zu verfremden. Nach dem Foto des Gutachters, der – ohne dass Kurt dies weiß – Seebands Vorgesetzter war, wendet er sich weiteren Fotos zu: den Passfotos seines Schwiegervaters, einem Bild seiner Tante, wie sie ihn als kleines Kind in den Armen hält, sowie verschiedenen Collagen. Als Prof. Seeband bei einem Besuch in Kurts Atelier ein Gemälde sieht, das eine Collage seines Gesichts mit dem des verhafteten Obergutachters sowie dem Gesicht von Kurts ermordeter Tante darstellt, verliert er die Fassung und verlässt das Atelier. Dabei bleibt unklar, ob Kurt verstanden hat, welchen Zusammenhang sein Bild aufdeckt. Er versteht jedoch, dass er mit diesen Bildern seine Vergangenheit verarbeiten kann, und verfolgt die eingeschlagene künstlerische Richtung weiter.
Obwohl das Ehepaar die Hoffnung, ein Kind zu bekommen, bereits aufgegeben hat, wird Ellie zum Schluss doch noch schwanger. Kurt fotografiert seine Frau nackt und verarbeitet das Bild zu einem fotorealistischen, leicht verfremdeten Gemälde.
Bei Kurts erster Ausstellung in der Kunsthalle Wuppertal rufen seine Gemälde zwar eine gewisse Anerkennung hervor, werden jedoch auch missverstanden und fehlinterpretiert, zumal Kurt zu seinem eigenen Schutz sagt, die Bilder seien zufällig ausgewählt und hätten keinen Bezug zu ihm persönlich, so auch das Bild, das seine schwangere Frau zeigt. So bescheinigt man ihm zwar künstlerisches Talent, bezeichnet seine Malerei aber als Werk ohne Autor, da er anonyme Vorlagen lediglich bearbeite, selbst Automatenfotos verwendete, so dass man kaum von Urheberschaft im eigentlichen Sinn sprechen könne. Kurt stört das nicht; er hat gelernt, auf die Wirkungskraft aufrichtiger Kunst zu vertrauen. Er weiß, dass die Journalisten und das Publikum sein Werk instinktiv, unbewusst verstehen werden, ganz so wie er selbst die Dinge unbewusst und instinktiv versteht, die er in seinen Werken verarbeitet. Somit schafft er auf anderer Ebene tatsächlich ein Werk ohne Autor.
Ob Seeband für seine Verbrechen in der NS-Zeit und danach an seiner Tochter zur Rechenschaft gezogen wird, bleibt im Film offen.
Produktion
Entstehung und Hintergrund
Der Regisseur Henckel von Donnersmarck ließ sich beim Drehbuch zu Werk ohne Autor von wahren Begebenheiten inspirieren.[6] Die Hauptfigur des Kurt Barnert orientiert sich an der Lebensgeschichte des deutschen Künstlers Gerhard Richter. Dessen Tante Marianne Schönfelder wurde 1938 wegen vermeintlich vorliegender Schizophrenie im Rahmen des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in der Dresdner Frauenklinik zwangssterilisiert und am 16. Februar 1945 im Rahmen der zweiten Phase der nationalsozialistischen Euthanasie, der Aktion Brandt, ermordet. Im Gegensatz zu den realen Umständen des Todes von Marianne Schönfelder, die in der Anstalt Großschweidnitz durch systematische Unterernährung ermordet wurde, zeigt der Film die Ermordung von Barnerts Tante („Elisabeth May“) in der Gaskammer der Aktion-T4-Vernichtungsanstalt Pirna-Sonnenstein. Heinrich Eufinger, der Vater von Richters erster Ehefrau Marianne („Ema“), war als SS-Obersturmbannführer und damaliger Direktor der Frauenklinik verantwortlich für die Zwangssterilisationen in Dresden; anders als „Prof. Carl Seeband“ im Film hat Eufinger den Euthanasie-Mord von Richters Tante jedoch nicht angeordnet. Opfer und Täter sind von Richter mehrfach porträtiert worden,[7] offenbar ohne dass ihm diese Hintergründe bewusst waren. Das Bild Tante Marianne gehört, wie alle Werke Richters, zu den hoch gehandelten Gemälden des 20. Jahrhunderts.[8] Im Film tauchen zudem weitere Figuren auf, die an Weggefährten Richters wie Sigmar Polke, Günther Uecker (Barnerts Ateliernachbar Günter Preusser) oder Joseph Beuys (Barnerts Professor Antonius van Verten) erinnern. Als Vorlage diente das Buch Ein Maler aus Deutschland. Gerhard Richter. Das Drama einer Familie von Jürgen Schreiber.[9]
Produziert wurde der Film von Pergamon Film und der Wiedemann & Berg Filmproduktion.[10] Die Produzenten waren Jan Mojto, Quirin Berg, Florian Henckel von Donnersmarck, Max Wiedemann und Christiane Henckel von Donnersmarck.[11] Als Koproduzenten fungierten die ARD Degeto und der Bayerische Rundfunk.[10] Den Verleih übernahm Walt Disney Studios Motion Pictures Germany.[10]
Die Entstehung des Films wurde durch das Medienboard Berlin-Brandenburg (100.000 Euro Verleihförderung), die Filmförderungsanstalt (630.000 Euro), den FilmFernsehFonds Bayern (250.000 Euro), die Film- und Medienstiftung NRW (400.000 Euro), die Mitteldeutsche Medienförderung (400.000 Euro), den Deutschen Filmförderfonds (2.560.000 Euro) und den Tschechischen Staatlichen Kinematografie Fonds gefördert.
Als Kameramann engagierte Henckel von Donnersmarck Caleb Deschanel. Den Filmschnitt übernahm Patricia Rommel, die vom Co-Editor Patrick Sanchez Smith unterstützt wurde. Der Soundtrack wurde vom Briten Max Richter komponiert. Für das Szenenbild zeichnete Silke Buhr verantwortlich, für das Kostümbild Gabriele Binder.
Besetzung
- Tom Schilling spielt Kurt Barnert
- Sebastian Koch spielt Prof. Carl Seeband
- Paula Beer spielt Elisabeth Ellie Seeband
- Saskia Rosendahl spielt Elisabeth May
- Ina Weisse spielt Martha Seeband
Dreharbeiten
Die Dreharbeiten fanden zwischen Juni 2016 und Januar 2017 in Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Polen, Tschechien und Italien statt.[10][12] Aufgrund zweier Krankheitsfälle kam es beim Dreh zu Verzögerungen und in der Folge zu Beschwerden wegen zu langer Arbeitszeiten.[13]
Rezension
Deutschland
Ulf Poschardt, Chefredakteur der Welt, zeigte sich begeistert und betitelte Werk ohne Autor als „ein bildungsbürgerliches Meisterwerk“.[16]
Die Leistung der beteiligten Schauspieler wurde überwiegend gewürdigt, so unter anderem von Dietmar Dath in der FAZ.[17] Laut Dath gehe die Produktion auch ansonsten handwerklich „wirklich in Ordnung“; er lobte das „Produktionsdesign, die Lichtgeometrie, das Geschäftliche“.[17] Sehr kritisch sah Dath bestimmte Regieentscheidungen; beispielsweise sei es „kein bloßes Gebot der Scham oder des Anstands“, dass eine „Kamera und ein Soundtrack in einer Gaskammer“ nichts verloren haben.[17] Es gebe zwar „luxuriöse Kinomomente“, der Filme wolle viel, aber nur „manchmal klappt es“.[17]
Andreas Lueg von titel thesen temperamente schrieb, Werk ohne Autor sei mitreißendes Erzählkino: „Am Ende offenbart der künstlerische Instinkt die schreckliche Wahrheit über die Vergangenheit. Kunst als Mittel zur Läuterung. Das ist idealistisch, aber durchaus verführerisch.“[18]
Antje Harries vom Format kinokino schloss sich an und nannte Werk ohne Autor einen grandiosen Film. Sie führte aus: „Mit drei Stunden ein epischer Film, der aber keine Minute langweilt. Ein Panorama deutscher Geschichte in Kunst gebannt.“[19]
Die Deutsche Welle bezeichnete Werk ohne Autor als besonderes „Geschichtskino“.[20]
Neben guten Rezensionen seitens der Presse kam der Film aber vor allem beim Premierenpublikum in Venedig sehr gut an. Während der Weltpremiere „explodierte das Kino vor Applaus“, so die Bild-Zeitung, und der Film erhielt „13 Minuten Standing Ovations von 1000 Ehrengästen“.[21] Sehr positiven Zuspruch bekam der Film auch seitens des Privatpublikums der Internationalen Filmfestspiele von Venedig[22] und führte die Zuschauer-Hitliste an.[23]
Die Berliner Zeitung resümierte: „Ein gewagter, ein großer Wurf, eines Gerhard Richters würdig.“[24]
Dagegen kontrovers diskutiert wurde die Parallelmontage der Bilder fallender deutscher Soldaten, der Bombardierung Dresdens durch die Alliierten und der Ermordung von Kurt Barnerts Tante in der Gaskammer,[25][26] wagt von Donnersmarck hier doch eine explizite Inszenierung „wie zuvor kein anderer deutscher Film“, so der Bayerische Rundfunk.[27]
In der Süddeutschen Zeitung billigte Tobias Kniebe dem Regisseur den Anspruch, „dass der Film alles zeigen darf, was er will, wenn dadurch am Ende Wahrheit und sogar Schönheit entsteht“, zu. Er schrieb: „Diese Hoffnung kann man ja haben. Sie ist so alt wie die Kunst selbst.“ Die eingesetzten ästhetischen Mittel – die inszenierte Nachstellung des Todes in der Gaskammer, das virtuell ins Bild gesetzte brennende Dresden etc. – hielt Kniebe aber für äußerst fragwürdig. Er kam zu dem Schluss: „Das eigentliche und unglaubliche Rätsel aber – wie jemand einen dreistündigen, gar nicht einmal dummen Film über das existenzielle Ringen eines Künstlers um seine Ausdrucksmittel drehen kann, ohne die eigenen ästhetischen Entscheidungen mit auf den Prüfstand zu stellen – das bleibt ungelöst.“[28]
Martin Schwickert zog in der Rheinischen Post ein ebenfalls negatives Fazit: „Doch obwohl es von den künstlerischen Selbstheilungskräften der Seele erzählen will, zeugt das selbstgefällige Filmkunstwerk von einer gewissen Seelenlosigkeit und droht, stets am eigenen, perfektionistischen Kalkül zu ersticken.“[29]
Dagegen sah Alexander Kissler in der Cicero im Film „eine Parabel darüber […], dass sich selbst erzählen muss, wer etwas zu erzählen hat“, und warf Gerhard Richter vor, sein Urteil nur aufgrund des Trailers gefällt zu haben.[30]
Daniel Kothenschulte setzte sich in seiner in der Kunstzeitschrift Monopol erschienenen Filmbesprechung vor allem mit der Darstellung von Elementen aus der Biografie Richters sowie der Künstler an der Düsseldorfer Akademie auseinander. Kothenschultes Einschätzung lautete: „[…] die Abweichungen, insbesondere in der Darstellung der Kunstszene der 60er-Jahre, scheinen oft weniger der kreativen Fantasie als schlichter Ahnungslosigkeit geschuldet.“ Zusammenfassend kam er zu dem Urteil: „Kunst ist im Kino schon oft missverstanden worden, aber selten so gründlich.“ Und bezüglich des Stils des Films vermutete er, für Henckel von Donnersmarck sei „das Historische nur ein Vorwand, im Schwammig-Altmodischen zu schwelgen“.[31]
Die Autorin von Spiegel Online, Hannah Pilarczyk, kritisierte: Henckel von Donnersmarcks „Film hat keine Grundlage und keine Überzeugung, er hat nur einen Fixpunkt: Größe […] im Fall seines Sujets, dem Maler Gerhard Richter, durch Preise am Kunstmarkt beglaubigte Größe (teuerster zeitgenössischer Maler der Welt).“ Mit der Kunst Richters könne der Film „kaum etwas anfangen“. Die Autorin richtete ihren Blick dann vor allem auf die Darstellung der weiblichen Hauptfigur: „Immer wieder fährt die Kamera gierig ihren nackten Körper ab und hält wie eine grapschende Hand auf ihrer Brust inne. Als Richters Film-Alter-Ego […] nach seinem Heureka-Moment im Atelier nach Hause kommt, hat er seine kurzen Sätze zum künstlerischen Durchbruch noch nicht einmal zu Ende gesagt, als er sich schon zusammen mit der Kamera an Beers Ausschnitt zu schaffen macht.“ So lautete ihr Resümee: „Werk ohne Autor? Brust ohne Frau.“[32]
Die Deutsche Film- und Medienbewertung verlieh dem Film das Prädikat besonders wertvoll. In der Begründung heißt es, der Film liefere „von der ersten Minute an große und dramatische Bilder“ und sei ein „mitreißendes Künstlerepos und spannungsgeladenes Drama“ mit einer „klugen Geschichte“, „reflektierenden Dialogen“ und „gefühlvoller Musik“.[33]
International
Auf Rotten Tomatoes erhielt der Film eine Wertung von 77 %, basierend auf 138 internationalen Kritiken mit Durchschnittswertung von 7,4/10. Die Kritiken werden zusammengefasst mit „Werk ohne Autor füllt seine lange Laufzeit mit der fesselnden Geschichte eines unglaublichen Lebens – und dessen Auswirkungen auf den einzigartigen Künstler, der es lebte.“[34]
Auf Metacritic werden 28 Kritiken genannt, von denen den Film 20 positiv, 8 gemischt und eine negativ bewertet haben, ergibt eine Wertung von 68 %.[35]
In den USA erzielte der Film besondere Aufmerksamkeit. Kyle Smith von der National Review bezeichnete Werk ohne Autor als „new cinematic masterpiece“ und fasste zusammen: „It may be the best German film I’ve ever seen.“[36]
Die National Review erklärte Werk ohne Autor am 31. Dezember 2019 in der Rangliste für das abgelaufene Jahrzehnt zum besten Film der 2010er-Jahre.[37][38]
Auch Harvey Karten, Gründer der New York Film Critics online, sprach von einem Meisterwerk des modernen Films: „This film is so riveting, so absorbing […], that I dare you to look away even once. That’s how brilliant this modern masterpiece is.“[39]
Cinema Without Borders schrieb: „With his third feature film, Florian Henckel von Donnersmarck […] explores a subject matter that is both unusual and compellingly ambitious, spanning three decades of German post-war history in a suspense-packed drama. […] A gripping drama and moving family story […].“[40]
Stephen Saito zeigte sich ebenfalls vom Zuschauererlebnis begeistert: „[…] ‘Never Look Away’ is the grand immersive experience people have sought from the movies since the medium’s earliest days with a story that deepens with the filmmaker’s assiduous attention to historical context and the sense of discovery within Kurt’s evolution as an artist […]“[41]
Ed Meza von der Variety bezeichnete Werk ohne Autor als „a high-tension drama“.[42]
Der Boston Herald fasste zusammen: „Nothing more should be said except: See it!“[43]
Neben von Donnersmarck als „master of pacing“ hob Justin Chang von der LA Times zudem die außerordentlichen Leistungen von Caleb Deschanel und Max Richter hervor: „The movie certainly makes its own case for beauty, evident in the crisp, gleaming frames of Caleb Deschanel’s cinematography and the lush strains of Max Richter’s orchestral score.“[44]
Reaktion Gerhard Richters
Gerhard Richter, an dessen Leben der Film angelehnt ist, hatte den Film laut dpa zunächst nicht gesehen. Doch den Trailer, den ihm der Regisseur gezeigt habe, finde Richter „zu reißerisch“.[45] Richter äußerte gegenüber Dana Goodyear, einer Mitarbeiterin des Magazins New Yorker, der Regisseur habe seine Lebensgeschichte „missbraucht und grob verzerrt“. Seine „Abneigung gegenüber dem Film wie der Person“ sei durch die erzwungene Wiederbeschäftigung mit beiden noch weiter gewachsen.[46] Auch laut Andreas Kilb von der FAZ verrät Donnersmarcks Film Gerhard Richter.[47]
Einspielergebnis
Am ersten Wochenende wurde der Film in insgesamt 309 deutschen Kinos von etwa 40.000 Zuschauern gesehen und spielte rund 400.000 Euro ein. Zählt man die 20.000 Zuschauer am Starttag hinzu, der ein Mittwoch war und damit nicht zum offiziellen Startwochenende zählt, belegte der Film an den ersten Tagen im Oktober 2018 den achten Platz.[48][49] Bis Ende des Jahres 2018 konnte er 2.419.301 Euro einspielen, und lag somit auf der Einspiel-Rangliste deutschsprachiger Filme vor Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm, und hinter Wendy 2 – Freundschaft für immer.[50] Außerhalb Deutschlands war Werk ohne Autor der erfolgreichste deutsche Kinofilm des Jahres, und zusammen mit Maren Ades Toni Erdmann der erfolgreichste deutsche Kinofilm seit Florian Henckel von Donnersmarcks vorherigem deutschen Kinofilm Das Leben der Anderen.[51]
In den USA wurde Werk ohne Autor der zwölfte deutschsprachige Film der Filmgeschichte, der über 1 Million Euro einspielen konnte.[52]
Am 28. Dezember 2020 wurde der Film im Free-TV in der ARD gezeigt und erreichte 4,15 Millionen (13,8 %) Zuschauer.
Auszeichnungen und Nominierungen (Auswahl)
Mit Werk ohne Autor konkurrierte Florian Henckel von Donnersmarck zum ersten Mal bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig um den Goldenen Löwen, den Hauptpreis des Festivals.[53] Der Preis wurde jedoch von der Jury unter Leitung des Jury-Präsidenten Guillermo del Toro dem mexikanischen Film Roma von Alfonso Cuarón zuerkannt. Werk ohne Autor konnte jedoch die beiden Jugendjurys von sich überzeugen und wurde im Rahmen des Festivals mit dem Leoncino d’Oro Agiscuola sowie dem Arca Cinema Giovani Award ausgezeichnet.[54]
2018 wurde Werk ohne Autor als Bester fremdsprachiger Film für den Golden Globe nominiert.[55]
2019 folgten Nominierungen für den Oscar in den Sparten „Bester fremdsprachiger Film“ und „Beste Kamera“.[56]
Beim Bayerischen Filmpreis 2019 wurde Werk ohne Autor mit dem Hauptpreis (Produzentenpreis) ausgezeichnet.
Er gewann zudem den Grand Prix der Belgischen Filmkritik als bester Film des Jahres,[57] gewann den CinéFemme Award der Frauen-Kinojury als bester Film des Jahres,[58][59]
Werk ohne Autor gewann den Publikumspreis beim Leiden International Film Festival[60] und beim Miami Jewish Film Festival[61]; außerdem wurde der Film von der North Texas Film Critics Association für den NTFCA Award sowie von der Dallas-Fort Worth Film Critics Association für den DFWFCA Award nominiert.[62]
Die Motion Picture Sound Editors nominierten Werk ohne Autor außerdem für ihren Golden Reel Award.[63]
In Deutschland erhielt Sebastian Koch für seine Rolle des Professor Seeband den Bambi in der Kategorie Bester Schauspieler national.[64]
In Belgien erhielt der Film den Grand Prix der Belgischen Filmkritik als Bester Film des Jahres, vor Parasite, Marriage Story und Joker.[65]
Literatur
- Florian Henckel von Donnersmarck: Werk ohne Autor. Filmbuch. Suhrkamp, Berlin 2018, ISBN 978-3-518-46915-6. (Originaldrehbuch mit Filmfotos)
- Jürgen Schreiber: Ein Maler aus Deutschland: Gerhard Richter: Das Drama einer Familie. Pendo, München / Zürich 2005, ISBN 3-86612-058-3.
- Dana Goodyear: An Artist’s Life, Refracted in Film. The New Yorker, January 21, 2019 edition. (Portrait of Florian Henckel von Donnersmarck)[46]
Weblinks
- Werk ohne Autor in der Internet Movie Database (englisch)
- Werk ohne Autor bei filmportal.de
- Never Look Away bei Rotten Tomatoes (englisch)
Einzelnachweise
- Freigabebescheinigung für Werk ohne Autor. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF).
- Alterskennzeichnung für Werk ohne Autor. Jugendmedienkommission.
- Deutscher Film „Werk ohne Autor“ für Goldenen Löwen nominiert. Bei: dw.com, 25. Juli 2018, abgerufen am 16. August 2018.
- Werk ohne Autor filmstarts.de, abgerufen am 5. Oktober 2018
- „Werk ohne Autor“: Henckel von Donnersmarck geht für Deutschland ins Oscar-Rennen. In: Spiegel Online. 30. August 2018 (spiegel.de [abgerufen am 30. August 2018]).
- Werk ohne Autor. In: Moviepilot, abgerufen am 18. Februar 2017
- Gerhard Richter, 2012, Aunt Marianne (Tante Marianne) (abgerufen am 8. Oktober 2018).
- Abbildung Gerhard Richter. Werkverzeichnis, Nr. 87
- Oscar-Preisträger dreht in Kunstakademie. In: Rheinische Post, abgerufen am 25. August 2018
- Eine Geschichte so groß wie das Leben: Drehstart für den neuen Film von Florian Henckel von Donnersmarck. Bei: Presseportal.de, 21. Juni 2016
- Werk ohne Autor. In: filmportal.de. Abgerufen am 4. Februar 2019.
- Walt Disney Studios Motion Pictures Germany (Hrsg.): Werk ohne Autor – Presseheft.
- Peter Hartig: Genie ohne Grenzen – out takes. Abgerufen am 15. Januar 2021.
- Werk ohne Autor Teaser Trailer. In: YouTube vom 2. Februar 2017
- KinoCheck: WERK OHNE AUTOR Trailer German Deutsch (2018). Abgerufen am 4. Februar 2019.
- Ulf Poschardt: Kino: Donnersmarcks „Werk ohne Autor“ als bildungsbürgerliches Meisterwerk. 3. Oktober 2018 (welt.de [abgerufen am 23. Januar 2019]).
- Dietmar Dath: Von Donnersmarcks neuer Film: Erst das Leid, dann der Triumph. 5. September 2018, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 23. Januar 2019]).
- Andreas Lueg: Von Donnersmarcks Comeback: Werk ohne Autor. In: Das Erste, titel, thesen, temperamente. 28. August 2019, archiviert vom Original am 9. September 2019 .
- "Werk ohne Autor" – Kunst und Schmerz, Provokation und Kontroversen. In: BR Mediathek. Bayerischer Rundfunk, 3. Oktober 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Deutsches Geschichtsepos: „Werk ohne Autor“. In: Deutsche Welle. 5. Oktober 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Norbert Körzdörfer: Filmpremiere „Werk ohne Autor“: Florian Henckel von Donnersmarck ist der Löwe von Venedig. In: bild.de. 5. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Filmfest Venedig ohne klaren Favoriten. In: suedost-news.de. 7. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Peter Claus: Ein starker Jahrgang. In: Die Rheinpfalz. 7. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Frank Olbert: Film „Werk ohne Autor“: So zeichnet Donnersmarck die Geschichte Gerhard Richters nach. In: Berliner Zeitung. 4. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- David Steinitz: Szene in neuem Donnersmarck-Film löst Debatte aus. In: Süddeutsche Zeitung. 6. September 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 23. Januar 2019]).
- Anke Leweke: Filmkritik: „Werk ohne Autor“ – Florian Henckel von Donnersmarck zelebriert das Reaktionäre. In: mdr.de. Abgerufen am 23. Januar 2019.
- Moritz Holfelder: Warum „Werk ohne Autor“ nichts für mündige Zuschauer ist. In: Bayerischer Rundfunk. 12. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019.
- Tobias Kniebe in der Süddeutschen Zeitung: „Werk ohne Autor“ im Kino – Voller künstlerischer Zweifel. 2. Oktober 2018
- Martin Schwickert: Aus dem Leben des Malers Gerhard Richter. In: Rheinische Post, 1. Oktober 2018, S. B7. Onlineversion, abgerufen am 1. Oktober 2018.
- Cicero-Redaktion: Ist das Kunst, oder reicht der Trailer? In: cicero.de, 5. Oktober 2018, abgerufen am 8. Oktober 2018.
- Monopol, Oktober 2018, S. 40–48.
- Hannah Pilarczyk bei Spiegel Online: „Werk ohne Autor“ mit Tom Schilling – Wer ist hier der Größte?. 3. Oktober 2018, abgerufen am 9. Oktober 2018.
- Filmbewertungsurkunde Werk ohne Autor (pdf), abgerufen am 8. Oktober 2018.
- Never Look Away. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 29. Dezember 2020 (englisch).
- Never Look Away (2019). In: Metacritic. CBS, abgerufen am 1. Januar 2021 (englisch).
- Kyle Smith: Never Look Away, A New Cinematic Masterpiece. In: National Review. 17. Januar 2019, abgerufen am 23. Januar 2019 (amerikanisches Englisch).
- The Ten Best Movies of the 2010s. In: National Review. 31. Dezember 2019, abgerufen am 27. Dezember 2020 (amerikanisches Englisch).
- Weltwoche: Körzis Hollywood. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Harvey Karten: Never Look Away Movie Review. In: Shockya.com. 16. November 2018, abgerufen am 23. Januar 2019 (amerikanisches Englisch).
- Golden Globe’s Best Foreign Language nominees. In: Cinema Without Borders. 6. Dezember 2018, abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
- Stephen Saito: Interview: Florian Henckel von Donnersmarck on Approaching His Biggest Canvas Yet for “Never Look Away”. In: moveablefest.com. 30. November 2018, abgerufen am 23. Januar 2019 (amerikanisches Englisch).
- Ed Meza: Venice: ‘Lives of Others’ Helmer Returns to the Big Screen With ‘Never Look Away’. In: Variety. 1. September 2018, abgerufen am 23. Januar 2019 (englisch).
- Boston Herald, 7. September 2018
- Justin Chang: Art seeks its role amid chaos. Pretty cinematography doesn’t shy from the ugly truths of a divided Germany. In: L.A. Times. 30. November 2018.
- Gerhard Richter kritisiert „Werk ohne Autor“. Der Tagesspiegel, 4. Oktober 2018, abgerufen am 1. Oktober 2018.
- Dana Goodyear: Profiles – Blurred Lines. In: The New Yorker vom 21. Januar 2019, S. 32–41(online)
- Andreas Kilb: Das bin ich nicht, auch wenn ich’s sein soll, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. Januar 2019, S. 9.(online)
- Blickpunkt Film: Kinocharts Deutschland: Wenn „Venom“ durchstartet... vom 8. Oktober 2018, abgerufen am 8. Oktober 2018.
- Nur 40.000 Besucher am ersten Wochenende: Florian Henckel von Donnersmarcks “Werk ohne Autor” floppt meedia.de vom 8. Oktober 2018, abgerufen am 8. Oktober 2018.
- Die erfolgreichsten Filme in Deutschland 2018. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Never Look Away. In: Box Office Mojo. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Genre Keyword: Foreign Language. In: Box Office Mojo. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Filmfestival in Venedig Coens, Cuarón und Donnersmarck im Wettbewerb. In: Spiegel Online, 25. Juli 2018, abgerufen am 27. Juli 2018.
- Collateral Awards of the 75th Venice Film Festival. Biennale Cinema 2018, 8. September 2018, abgerufen am 4. Februar 2019 (englisch).
- Golden Globes: „Werk ohne Autor“ nominiert. In: Sueddeutsche.de. 6. Dezember 2018, abgerufen am 10. August 2020.
- Oscars 2019: „Werk ohne Autor“ für Oscar nominiert. In: Zeit Online. 22. Januar 2019, abgerufen am 22. Januar 2019.
- Werk Ohne Autor – Leiden International Film Festival – Medium. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- CinéFemme. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Le 21e CinéFemme Award décerné à Werk ohne Autor de Florian Henckel von Donnersmarck. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- Werk Ohne Autor – Leiden International Film Festival – Medium. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
- It’s A Wrap! Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
- Werk ohne Autor – Awards. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 4. Februar 2019.
- 66th Annual Golden Reel Awards Nominees. MPSE, abgerufen am 4. Februar 2019 (englisch).
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- R. T. L. Newmedia: Le film „Werk ohne Autor“ sacré par l’Union de la critique de cinéma. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (französisch).