Johann Gottfried Walther
Johann Gottfried Walther (* 18. September 1684 in Erfurt; † 23. März 1748 in Weimar) war ein deutscher Organist, Kapellmeister, Komponist und Musikwissenschaftler.
Leben
Seine Ausbildung erhielt Walther in Erfurt u. a. bei Johann Bernhard Bach, aber auch bei verschiedenen weniger bedeutenden Kantoren und Organisten. Den Unterricht bei Johann Heinrich Buttstedt malte er später als unangenehm und wenig nützlich aus.
Walther wurde 1702 Organist an der Erfurter Thomaskirche. 1704 lernte er Andreas Werckmeister in Halberstadt kennen. 1707, mit nur 23 Jahren, wurde er zum Organisten der Stadtkirche St. Peter und Paul in Weimar gewählt, wo er Freundschaft mit Johann Sebastian Bach schloss. Walther und Bach waren entfernte Vettern (seine Mutter, Martha Dorothea Lemmerhirt, war eine Halbschwester von Bachs Mutter). Kurz darauf wurde er zum Musiklehrer des Prinzen Johann Ernst, Sohn des Herzogs Johann Ernst III. von Sachsen-Weimar, und dessen Stiefschwester ernannt, was ihm hohes Ansehen verschaffte.
Sein Sohn Johann Christoph Walther (1715–1771) wurde 1751 Organist am Ulmer Münster.
Werk
Sowohl die süd- als auch die norddeutsche Orgelmusik beeinflussten Walthers Werk, zudem war für ihn die Bekanntschaft mit den Concerti italienischer Meister wegweisend. Seine Bearbeitungen solcher Werke für Tasteninstrumente wurden zum Vorbild der Transkriptionen Bachs von Kompositionen Vivaldis. Walthers Vorlagen stammten von Tomaso Albinoni, Giorgio Gentili, Giovanni Lorenzo Gregori, Luigi Manzia[1], Joseph Meck, Giulio Taglietti, Georg Philipp Telemann, Giuseppe Torelli und nach Klaus Beckmann auch von François Collin de Blamont.[2]
Den größten Teil seiner Orgelwerke bilden Choralvorspiele, entweder einsätzig oder zyklisch mehrere Strophen behandelnd, so dass sie die Suitenform aufweisen. Sie sind vermutlich größtenteils für den Dienst in Weimar geschrieben, wie man[3] aus der dem Instrument in Weimar entsprechenden wenig ambitionierten Behandlung des Pedals schließt.
Von Walthers Hand sind zahlreiche Abschriften überliefert, die, wie seine eigenen Werke, gelegentlich reichhaltige Verzierungen im französischen Stil aufweisen.
Außerdem schrieb er eine große Anzahl von Chorwerken; über die verlorengegangenen informieren z. T. Notizen und Briefe des Komponisten.
Walthers 1732 in Leipzig erschienenes Musicalisches Lexicon ist das erste in deutscher Sprache und überhaupt das erste enzyklopädische Musiklexikon, das Begriffe, Personenartikel und Schrifttum zusammenfasst. (Ein Kurtzgefaßtes musicalisches Lexicon erschien 1737 in Chemnitz, wobei es sich bei dem anonymen Verfasser jedoch um Johann Christoph Barnickel handelt.[4])
Veröffentlichungen
- Praecepta der musicalischen Composition. Weimar 1708.
- Neu hrsg. von Peter Benary in: Jenaer Beiträge zur Musikforschung. Band 2, Breitkopf & Härtel, Leipzig 1955.
- Musicalisches Lexicon Oder Musicalische Bibliothec ... Wolffgang Deer, Leipzig 1732 (Online bei Wikimedia Commons, PDF, 45 MB).
- Faksimile-Nachdruck, hrsg. von Richard Schaal, Bärenreiter-Verlag, Kassel 1953 unter dem Titel Musikalisches Lexikon oder musikalische Bibliothek 1732 (= Documenta musicologica, Erste Reihe: Druckschriften-Faksimiles, III); Studienausgabe im Neusatz, hrsg. von Friederike Ramm, Bärenreiter, Kassel 2001, ISBN 3-7618-1509-3.
Literatur
- Klaus Beckmann, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Johann Gottfried Walter, Briefe. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1987.
- Klaus Beckmann: Einleitung. In: Johann Gottfried Walther (1684–1748). Sämtliche Orgelwerke. 4 Bände. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1998–1999.
- Werner Breig: Walther, Johann Gottfried. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 17 (Vina – Zykan). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2007, ISBN 978-3-7618-1137-5 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- Otto Brodde: Johann Gottfried Walther (1684–1748). Leben und Werk. Dissertation Münster 1937.
- Hermann Gehrmann: Johann Gottfried Walther als Theoretiker. In: Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft 7, 1891, S. 468–578 (Textarchiv – Internet Archive).
- Max Seiffert: Walther, Johann Gottfried. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 113–117.
Weblinks
- Literatur von und über Johann Gottfried Walther im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Johann Gottfried Walther im Bayerischen Musiker-Lexikon Online (BMLO)
- Noten und Audiodateien von Johann Gottfried Walther im International Music Score Library Project
- Werkeverzeichnis von Johann Gottfried Walther auf Klassika.info
- Gesammelte Werke für Orgel, hrsg. v. Max Seiffert in der Reihe Denkmäler deutscher Tonkunst (I. Folge, Bd. 26/27), Leipzig 1906, abgerufen am 25. November 2020
Einzelnachweise
- wahrscheinlich identisch mit Luigi Mancia; vgl. Mancia, Luigi. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 11 (Lesage – Menuhin). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2004, ISBN 3-7618-1121-7, Sp. 946 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- So die Angabe in der Walther-Edition von Heinz Lohmann, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden, 1966, Bd. 3, S. 38.
- Werner Breig: Walther, Johann Gottfried. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 17 (Vina – Zykan). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2007, ISBN 978-3-7618-1137-5 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
- Bernhard Kossmann: Deutsche Universallexika des 18. Jahrhunderts. Ihr Wesen und ihr Informationswert, dargestellt am Beispiel von Jablonski und Zedler. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, Ausgabe Frankfurt. Nr. 89, 5. November 1968, S. 2947–2968, hier: S. 2960.