God Save the Queen
God Save the Queen („Gott schütze die Königin“) bzw. God Save the King („Gott schütze den König“) – je nachdem, ob es sich zum Zeitpunkt der Verwendung bei dem britischen Monarchen um eine Frau oder einen Mann handelt – ist seit Anfang des 19. Jahrhunderts die Nationalhymne des heutigen Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Daneben ist sie eine der beiden Nationalhymnen von Neuseeland und die Königshymne aller Commonwealth Realms.
God Save the Queen / God Save the King | |
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Titel auf Deutsch | „Gott schütze die Königin“ / „Gott schütze den König“ |
Land | Vereinigtes Königreich, Neuseeland, Commonwealth Realms |
Verwendungszeitraum | seit etwa 1800 |
Text | Henry Carey (umstritten) |
Melodie | Henry Carey John Bull Jean-Baptiste Lully (umstritten) |
Notenblatt | Veröffentlichung 1745 |
Audiodateien | MP3
Instrumental |
Daneben gelten das Lied Rule, Britannia!, Arthur Christopher Bensons Land of Hope and Glory zur Melodie von Sir Edward Elgars Marsch Pomp and Circumstance No.1 und Jerusalem von William Blake mit der Melodie von Hubert Parry als „inoffizielle“ britische Nationalhymnen. Teile des Vereinigten Königreichs (Schottland, Wales und Nordirland) haben daneben eigene (inoffizielle) Landeshymnen. Für England wird meist ebenfalls die britische Hymne gesungen.
Melodie
Als Ort der ersten Veröffentlichung der Melodie (noch in einer leicht differierenden Fassung) gilt der Thesaurus Musicus (1744).[1] Im folgenden Jahr wurde die Melodie mit den Eingangsworten „God save great George our king“ im Gentleman’s Magazine abgedruckt. Ältere ähnliche Melodien umfassen einen gregorianischen Choral und ein Cembalostück (1619) von John Bull. Auch in einigen Werken Henry Purcells finden sich Spuren der Melodie, einmal gar die Verwendung des Melodiekopfes zusammen mit dem Text „God save the King“.[1] Während der Rebellion der Jakobiten im Jahre 1745 wurde die Hymne in verschiedenen Londoner Theatern gesungen, darunter auch dem Drury Lane Theatre in einem Arrangement von Thomas Arne zu Ehren König Georgs II. von Großbritannien und Irland. Auch die Jakobiten adoptierten das Lied mit den Eingangsworten „God save great James our king“.
Hingegen wird die Urheberschaft des Dichters Henry Carey heute zurückgewiesen. Careys Sohn hatte 1795 die Rechte an der Melodie seinem Vater zugewiesen und sich daraus eine königliche Pension erhofft. Allerdings gab er an, sein Vater habe die Melodie eben im Jahre 1745 komponiert, obgleich dieser schon 1743 verstorben war. Der Schriftsteller Carey soll bei der Komposition die Hilfe seines Freundes Smith in Anspruch genommen haben, der ein Schüler Georg Friedrich Händels war und ihm die Bassstimme korrigierte.
Als ebenso falsch[1] gilt die Ableitung von einer Melodie des französischen Komponisten Jean-Baptiste Lully, mit der gemäß den Erinnerungen der Marquise de Créquy die Genesung Ludwigs XIV. von einer Analfistel gefeiert wurde.[2]
Auch ein Marsch des Schweizer Militärs wurde als Ursprung der Melodie genannt.
Die damals sonderbare Bezeichnung national anthem, also „National-Hymne“, rührte daher, dass die vierte von Händels 1727 komponierten Krönungsmotetten (Coronation Anthems) denselben Anfang besaß. 1745 sang man diese aus patriotischen Gründen in Londoner Theatern und Konzerten eine Zeitlang täglich, unmittelbar bevor Careys Lied bekannt wurde. So erbte es die Bezeichnung anthem, die heute sowohl „Hymne“ als auch „Kirchenlied“ bedeutet.[3]
Liedtext
Hier die Version God Save the Queen. Wenn ein König die Monarchie regiert, lautet die Zeile God Save the King. Dann werden auch die Pronomen angepasst: she/he, her/him, her/his.
Heutige Strophen
Englisches Original | Deutsche Übersetzung |
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Weitere Strophen
Die letzten drei der ursprünglich sechs Strophen zählenden Hymne werden heute in der Regel nicht mehr gesungen:
Englisches Original | Deutsche Übersetzung |
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Zusätzliche Strophe früher in Kanada
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Erste Strophe auf Französisch (früher in Frankreich und Kanada gesungen)
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Verwendung der Melodie für Hymnen anderer Länder
Im 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche deutsche Fürsten- und Landeshymnen nach der Melodie der britischen Königshymne. Auch in anderen Ländern wurde sie übernommen:
- im Fürstentum Liechtenstein seit 1850 der Nationalhymne (bis 1963: Oben am deutschen Rhein, danach Oben am jungen Rhein);
- in der Schweiz der bis 1961 gesungenen Nationalhymne Rufst du, mein Vaterland;
- in Norwegen der gewöhnlich verwendeten Königshymne Gud sign vår konge god;
- im Deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1918 der Kaiserhymne Heil dir im Siegerkranz, die bereits seit 1795 die Preußische Nationalhymne gewesen war;
- im Königreich Sachsen der Hymnen Den König segne Gott und Gott segne Sachsenland;
- im Königreich Bayern der Königshymne Heil unserm König, Heil!;
- im Russischen Kaiserreich der Molitwa Russkich („Gebet der Russen“) genannten Hymne, die als Nationalhymne für die Jahre zwischen 1816 und 1833 gilt;
- in Island der Quasinationalhymne, bis mit der Lofsöngur eine eigene Hymne geschaffen wurde.
Eine Variation der englischen Hymnenmelodie wählte in den 1890er Jahren Kalakaua, der König von Hawaii, als Nationalhymne für sein Inselreich aus.
In den Vereinigten Staaten wird die Melodie unter dem Titel America mit dem patriotischen Text My Country, ’Tis of Thee gesungen. Sie wurde von Charles Ives in seinen Variations on America verarbeitet (Original für Orgel, für Orchester bearbeitet von William Schuman).[4]
Verwendung in der klassischen Musik
Gaetano Donizetti verwendete die Melodie der englischen Königshymne in der einleitenden Sinfonia zu seiner Oper Roberto Devereux, die in Neapel im Oktober 1837 uraufgeführt wurde. Die eigentliche Hauptfigur der Oper ist die englische Königin Elisabeth I. und nur wenige Monate vor der Premiere hatte Queen Victoria den englischen Thron bestiegen.
Während der Feierlichkeiten zur Krönung von Königin Victoria im Sommer 1838 weilte gerade der Wiener Walzerkönig Johann Strauss Vater mit seinem Orchester auf Tournee in England und komponierte bei der Gelegenheit seinen Walzer Homage to Queen Victoria of Great Britain op. 103. In der Coda am Ende des Tanzes, der beim königlichen Hofball im Buckingham Palace uraufgeführt wurde, lässt Strauss das God save the Queen erklingen, aber natürlich in einer „verwalzerten“ Version.[5]
Verarbeitung in der Pop- und Rockmusik
1970 schuf die Progressive-Rock-Gruppe Gentle Giant auf ihrem ersten (gleichnamigen) Album eine expressionistische Version von God Save the Queen unter dem Titel The Queen, in der die pompöse Darbietung der Hymne den Auftritt, vielleicht sogar das Wesen der Königin widerspiegeln soll.
Auf ihrem 1975 erschienenen Album A Night at the Opera veröffentlichte die britische Rockband Queen eine instrumentale Fassung von God Save the Queen. Dieses Lied war seit 1974 (mit Ausnahme von Auftritten in Irland) stets das letzte, das bei Konzerten von Queen – mittels Tonband – gespielt wurde, und griff so jeder weiteren Forderung nach Zugaben vor. Außerdem spielte der Gitarrist der Band, Brian May, 2002 auf seiner Red Special God Save the Queen auf dem Dach des Buckingham Palace, zur Eröffnung des Konzerts Party at the Palace anlässlich des goldenen Thronjubiläums von Königin Elisabeth II.
1977 sorgte die Punk-Band Sex Pistols für Aufsehen, als sie in London zum silbernen Thronjubiläum der Königin ein gleichnamiges Musikstück als Single präsentierte, in dem sie die Königin als nicht-menschliches Wesen und ihr Reich als faschistisches Regime bezeichnete und „Englands Träumerei“ als zukunftslos bezeichnete. Dieses Lied erschien später auf ihrem Album Never Mind the Bollocks, Here’s the Sex Pistols und wurde unter anderem von Motörhead, den Foo Fighters, Poison und Anthrax gecovert.
Robert Fripp veröffentlichte 1980 auf dem Album God Save the Queen/Under Heavy Manners eine Frippertronics-Version der Hymne.
2006 veröffentlichte die ursprünglich aus dem Post-Industrial-Umfeld stammende slowenische Band Laibach eine Coverversion unter dem Titel „Anglia“ auf einer gleichnamigen 12"-/CD-Single mit mehreren Remixen sowie auf dem Album Volk, auf dem sie Nationalhymnen nachspielte. Im Gegensatz zu früheren Werken ist die Musik „weniger brachial, sondern eher konsumfreundlich, von filigranem Sound und zeichnet sich durch eine gut strukturierten Komposition aus“, wobei klassische Instrumente mit Synthesizern und Alltagsgeräuschen sowie synthetisch erzeugten „Störgeräuschen“ verbunden werden. Die Stimme variiert „zwischen klassischem Gesang und einem prophetischen, kommentierenden oder mahnenden Sprachgestus“. Nach eigenen Angaben behandelt die Band auf diesem Album „die Analogie und Dichotomie von Pop-Songs und Nationalhymen“, die faktisch selbst „Pop(ulistische)-Kompositionen“ seien. Die Grundcharakteristiken eines Hymnus treffen laut Laibach gewissermaßen auch auf Musikstücke im Pop zu, was die Band aufzeigen wolle. Das Musikvideo zu Anglia zeigt eine „abgewrackte“, ältere Dame, die angekettete Gefangene mit britischem Frühstück füttert, ihnen Blut abzapft und damit Kreuze auf ihre Körper malt. Diese „selbstgefällige und gestrenge Lady oder Queen wurde in eine Umwelt gepflanzt, die alles andere als repräsentativ oder majestätisch ist“. Deren abgetragene Kleidung deutet darauf hin, dass sie aus einem anderen Jahrhundert stammt, sie bedient sich jedoch moderner Technologie, sodass eine „Diskrepanz zwischen Schein und Zeit“ herrscht, unterlegt durch den von der Band verfremdeten Text, dem zufolge die Queen sich noch immer für die Herrscherin über die Welt hält. Die Gefangenen ketten sich selbst an und warten auf die Behandlung durch die Königin, die, bevor sie geht, höhnisch lacht. Dies repräsentiert den früheren Imperialismus Großbritanniens, das Kreuz symbolisiert die Missionierung als deren Hilfsmittel oder aber (wenn es gedreht wird) die Flagge Englands, und deutet damit die ursprüngliche Bedeutung von Hymnen als Komposition zu einem religiösen Text hin.[6]
2012 schließlich veröffentlichte Neil Young eine Version des Lieds auf seinem Album Americana.
Unter dem Titel „Hymnen“ schufen die Einstürzenden Neubauten 2014 auf Lament, ihrem Konzeptalbum zum 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkrieges, zu dieser Melodie eine Collage verschiedener Textvarianten wie God save the King und Heil dir im Siegerkranz.[7]
Film
- Made in Switzerland, ein Film von Erich Langjahr. Kurzreportage des Besuches von Queen Elisabeth II. 1980 in der Schweiz.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- Nach Percy A. Scholes in: The Oxford Companion to Music (tenth edition). Oxford University Press.
- Souvenirs de la Marquise de Créquy, cap. 4. Penelope.uchicago.edu. Abgerufen am 12. Februar 2014.
- Vgl. Anthem sowie Wortherkunft von Anthem (Antiphon).
- „Gründlich gerüttelt“. In: Der Spiegel, Nr. 29/1971, 12. Juli 1971 (abgerufen am 25. März 2010).
- S. 8 in: Thomas Aigner: Booklettext zur CD: Johann Strauss I–Edition Vol. 11, mit der Slovak Sinfonietta Žilina, Dir.: Christian Pollack (Marco Polo/Naxos; 2008)
- Eva-Maria Hanser: Ideotopie. Das Spiel mit Ideologie und Utopie der ‚Laibach-Kunst’. Wien 2010, S. 41–44 (univie.ac.at [PDF; abgerufen am 12. September 2011]).
- http://www.laut.de/Einstuerzende-Neubauten/Alben/Lament-94720