Cartagena (Kolumbien)
Cartagena de Indias ist eine Gemeinde (municipio) an der Karibikküste Kolumbiens und die Hauptstadt des Departamentos Bolívar. Der Name der Stadt stammt von der spanischen Stadt Cartagena, zur Unterscheidung dient der Zusatz de Indias in Bezug auf Westindien.
Cartagena de Indias | ||
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Cartagena de Indias auf der Karte von Kolumbien | ||
Lage der Gemeinde Cartagena auf der Karte von Bolívar | ||
Basisdaten | ||
Staat | Kolumbien | |
Departamento | Bolívar | |
Stadtgründung | 1533 | |
Einwohner | 1.047.005 (2019) | |
– im Ballungsraum | 1.382.015 | |
Stadtinsignien | ||
Detaildaten | ||
Fläche | 630 km2 | |
Bevölkerungsdichte | 1.662 Ew./km2 | |
Höhe | 2 m | |
Zeitzone | UTC−5 | |
Stadtvorsitz | William Dau Chamat (2020–2023) | |
Website | ||
Geographie
Cartagena liegt an der Karibikküste im Norden des Landes mit Zugang sowohl zum offenen Meer als auch zur Bahía de Cartagena de Indias. Zum Landesinneren wird sie von einer Bergkette geschützt. Die Gemeinde grenzt im Westen und Norden an die Karibik, im Osten an Santa Catalina, Clemencia, Santa Rosa, Turbaco und Turbaná und im Süden an San Onofre (Kolumbien) im Departamento de Sucre. Zum Gemeindegebiet gehört die Isla de Tierra Bomba, die die Bahía de Cartagena de Indias zum Meer hin abschließt, die Halbinsel Barú und der Archipel Islas del Rosario südlich des städtischen Gebiets. Außerdem gehören auch der San-Bernardo-Archipel und Santa Cruz del Islote vor der Küste von Sucre sowie Isla Fuerte vor der Küste von Córdoba zum Gemeindegebiet.
- Metropolregion
Zur inoffiziellen Metropolregion Cartagena gehören neben Cartagena die Gemeinden Arjona, Clemencia, Mahates, María La Baja, San Estanislao, Santa Catalina, Santa Rosa, Turbaco, Turbaná und Villanueva.
Cartagena | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Klimadiagramm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Cartagena
Quelle: wetterkontor.de |
Bevölkerung
Die Gemeinde Cartagena hat 1.047.005 Einwohner, von denen 1.005.981 im städtischen Teil (cabecera municipal) der Gemeinde leben. In der Metropolregion leben 1.382.015 Menschen (Stand 2019).[1]
Geschichte
Die Stadt wurde im Zuge der Kolonialisierung Südamerikas am 1. Juni 1533 von Pedro de Heredia gegründet. Bei der Eroberung und Stadtgründung erhielt der spanische Konquistador Unterstützung von der India Catalina. Cartagena gilt in der Geschichte als eine der ersten spanischen Stadtgründungen im Norden Südamerikas und erlebte ein schnelles Wachstum als wichtiger Hafen für die Schifffahrt des Kontinents. Cartagena war eine wichtige Zwischenstation der spanischen Silberflotte, die zweimal jährlich von Sevilla (später Cádiz) hierher kam, um hier spanische Waren wie Waffen, Rüstungen, Werkzeug, Textilien und Pferde zu vermarkten und Gold, Silber, Perlen und Edelsteine zu laden, bevor sie nach Puerto Bello und Santo Domingo weitersegelte.
Auch die niederländischen und englischen Sklavenschiffe, soweit sie überhaupt in spanische Häfen in Amerika einlaufen durften, mussten nach Cartagena. Aus diesem Grund wurde Cartagena häufig von Piraten attackiert und geplündert, beispielsweise 1585 durch Sir Francis Drake, 1697 von den Franzosen unter Jean-Bernard Louis de Saint-Jean, Baron de Pointis, genannt Bernard Desjean, und Jean Baptiste du Casse. Nach dem Einfall Drakes befestigten die Bewohner die Stadt durch einen elf Kilometer langen Schutzwall und die riesige Wehranlage San Felipe. Die Einfahrt in die Bucht säumten fortan zwei Forts, San José und San Fernando, die nur schwer zu überwinden waren.
Auch die Kirchen in der Stadt gleichen Wehrbauten. 1575 bis 1585 wurde die Kathedrale des römisch-katholischen Erzbistums Cartagena erbaut, 1570 bis 1612 wurde das Kloster Santo Domingo errichtet; im 17. Jahrhundert kam das Jesuitenkloster La Compania hinzu. Schon 1610 wurde die spanische Inquisition auch in Cartagena eingeführt, die 1770 einen eigenen Palast bezog und hier eine mächtige Rolle spielte. Cartagena wurde als die Perle von Las Indias bezeichnet. Die gelagerten Schätze, die nach Spanien transportiert werden sollten, und die stetig ankommenden und abfahrenden Schiffe machten die Hafenstadt aber auch sehr schnell zu einem bevorzugten Ziel von Freibeutern und Piraten. Es wurden – mit Hilfe von Sklaven aus Afrika – ein mächtiger Schutzwall und insgesamt 29 Forts errichtet. Nach der Kriegserklärung Englands an Spanien im War of Jenkins’ Ear wurde Admiral Edward Vernon mit einer Streitmacht von 186 Schiffen und 18.000 Mann geschickt um Cartagena unter Don Blas de Lezo einzunehmen. Der am 13. März 1741 begonnene größte Angriff der Geschichte Cartagenas musste zwei Monate später abgebrochen werden, da keine Aussichten mehr auf einen Sieg der Engländer bestanden und die Flotte Vernons von Gelbfieber und Malaria zermürbt war. Nach einem Überfall englischer Piraten 1741, gegen den sich Cartagena ebenfalls behaupten konnte, galt die Stadt zeitweilig als uneinnehmbar und als das Beispiel spanischer Militärarchitektur.
Der Jesuit Pedro Claver beschränkte im 17. Jahrhundert seine Hilfe für die zahllosen schwarzen Sklaven, die hier versteigert wurden, nicht auf Massentaufen, sondern bemühte sich in tätiger Nächstenliebe als Arzt um die Verbesserung der menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die Sklaven zu leiden hatten. Er wurde dafür von der Katholischen Kirche heiliggesprochen.
Im November 1811 erklärte der Befreier Südamerikas, Simón Bolívar, unter dem Eindruck der französischen Revolution und der napoleonischen Besatzung des Mutterlandes die Unabhängigkeit auch für Cartagena und das Ende der Inquisition. Doch die Spanier wollten ihre Kolonien nicht so widerspruchslos ziehen lassen: Im Dezember 1815, nach dem Abzug der napoleonischen Truppen aus Spanien und der Wiederherstellung der spanischen Monarchie, eroberten spanische Verbände unter Pablo Morillo die Kolonie zurück. Erst nach der Schlacht von Boyacá 1821 und weiteren Zusammenstößen im Frühjahr 1822 erlangte Cartagena gemeinsam mit der Kolonie die international anerkannte Unabhängigkeit vom spanischen Mutterland.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Der Ort hat sich als eine der schönsten Kolonialstädte Südamerikas behauptet. Cartagena ist die Stadt mit den meisten Touristen und nicht zuletzt wegen der geografischen Lage die sicherste und bestbewachte Stadt in Kolumbien. Wie in allen Großstädten ist wegen der Kleinkriminalität trotzdem Vorsicht geboten. Vom bewaffneten Konflikt zwischen Militär, Paramilitärs (AUC) und Guerilla (FARC, ELN) ist Cartagena kaum betroffen. Die kolumbianische Marine hat in Cartagena ihren Hauptstützpunkt.
Das komplett ummauerte alte Stadtzentrum mit Festungsring und den Stadtteilen Centro mit der Kathedrale und zahllosen Palästen im andalusischen Stil, San Diego, dem Viertel der Händler und der zahlenmäßig kleinen Bourgeoisie sowie Getsemaní, dem Viertel der kleinen Leute und Handwerker, das aus dieser Zeit stammt, wurde 1959 zum nationalen Kulturerbe erklärt und ist seit 1984 UNESCO-Weltkulturerbe. Auf einer Landzunge neben der ummauerten Altstadt liegt die riesige Hotelzone, Bocagrande.
Das karibische Nachtleben in Cartagena de Indias ist legendär; eine touristische Spezialität ist rumba en chiva, eine Party im Bus. Die meisten Diskotheken befinden sich in der Calle Arsenal, Getsemaní. Kleinere Clubs und Restaurants befinden sich im Historischen Zentrum der Stadt. In Cartagena entstand die afrokaribische Musikrichtung Champeta, die vor allem in den Armenvierteln der Stadt gehört und gefeiert wird.
Jedes Jahr findet hier das internationale Cartagena Film Festival statt, das FICCI (Festival Internacional de Cine de Cartagena de Indias).[2]
Wirtschaft und Infrastruktur
Die Einwohner sind zum großen Teil afrikanischer Abstammung. Zu den wichtigsten Einkommensquellen zählen Fischerei, Schiff-Fracht und Öl-Industrie und Tourismus. Im Jahre 2019 besuchten 350.000 Touristen mit Kreuzfahrtschiffen und 4,5 Millionen Touristen mit Flugzeug die Stadt.[3] Exportiert wird hauptsächlich Öl, Kaffee und Platin. Erdölraffinerien, chemische und petrochemische Industrie sind hier angesiedelt.
Der internationale Flughafen Aeropuerto Internacional Rafael Núñez (IATA: CTG, ICAO: SKCG) befindet sich im Nordosten der Stadt.
Hafenanlagen
Im Südwesten befinden sich über 40 Seehäfen für die Handels- und Sportschifffahrt. Der Hafen ist der wichtigste Erdöl- und Containerhafen Kolumbiens. Die Betreiber der drei größten Containerhafenanlagen sind Sociedad Portuaria de Cartagena de Indias, Muelles El Bosque und Terminal de Contenedores de Cartagena de Indias. Daneben gibt es u. a. folgende Betriebshäfen: Reficar (Raffinerie), SABMiller, Argos, Dow Chemical, BASF Colombia, DuPont, Cemex, Dole Food Company und Colombian Navy Steelworks.
Sonstiges
Der Literaturnobelpreisträger Gabriel García Márquez setzte Cartagena in seinem Roman Die Liebe in den Zeiten der Cholera aus dem Jahre 1985 ein Denkmal. In Cartagena fand 1990 der Drogengipfel mit den Präsidenten Kolumbiens, Perus, Boliviens und der USA statt, auf dem Maßnahmen gegen den Anbau von Cocasträuchern und die Gewinnung von Kokain besprochen wurden.
Ebenfalls in Cartagena fand 2003 eine Konferenz über den grenzüberschreitenden Transport, die Handhabung und den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen statt, deren Ergebnis ein völkerrechtlich bindendes Abkommen über die biologische Sicherheit war, kurz Cartagena-Protokoll genannt, das am 11. September 2003 verabschiedet wurde.
Alljährlich findet hier der nationale Schönheitswettbewerb Miss Colombia statt.
Cartagena hat eine Universität, die Universidad de Cartagena, und ist Sitz eines Erzbischofs.
Das 2005 begonnene Hochhausprojekt Torre de la Escollera wurde nach Sturmschäden 2007 zurückgebaut.
In dieser Stadt und dem Umland wurden zu großen Teilen der Bud-Spencer-Film Banana Joe gedreht.[4]
Der Roman Cartagena von Claudia Amengual (2015) wird hauptsächlich in Cartagena de Indias inszeniert.
Söhne und Töchter der Stadt
- Rafael Núñez (1825–1894), Politiker
- Griselda Blanco (1943–2012), Schwarze Witwe, Königin des Medellin-Kartells, erste Milliardärin durch Kokainschmuggel
- Rodrigo Valdez (1946–2017), Profiboxer und Weltmeister im Mittelgewicht
- Edgardo Carmona Vergara (* 1950), Bildhauer
- Joe Arroyo (1955–2011), Sänger und Komponist
- Fernando Araújo Perdomo (* 1955), Politiker
- Erick Morillo (1971–2020), Musikproduzent und DJ
- Ener Julio (* 1973), Boxer
- Alejandro Berrio (* 1976), Boxer
- Elson Becerra (1978–2006), Fußballspieler
- Cecilia Brækhus (* 1981), Boxerin
- Cecilia Baena (* 1986), Speedskaterin
- Juan Pablo Pino (* 1987), Fußballspieler
- Jesús Geles (* 1988), Boxer
- Orlando Berrío (* 1991), Fußballspieler
- Jorge Carrascal (* 1998), Fußballspieler
Ehrenbürger der Stadt
- 2001: Elfride Jagersberger (1919–2017), Missionsschwester
- 2013: Maria Bernarda Bütler (1848–1924), Missionsschwester
Städtepartnerschaften
- Coral Gables, Florida, USA
- St. Augustine, Florida, USA
- San Juan, Puerto Rico
- Matera, Provinz Matera, Italien
- Angra do Heroísmo, Azoren, Portugal
Weblinks
- Cartagena de Indias. Alcaldía de Cartagena – Bolívar, abgerufen am 21. Mai 2019 (spanisch, Webseite der Gemeinde Cartagena).
- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch und französisch).
Einzelnachweise
- ESTIMACIONES DE POBLACIÓN 1985 - 2005 Y PROYECCIONES DE POBLACIÓN 2005 – 2020 TOTAL DEPARTAMENTAL POR ÁREA. (Excel; 1,72 MB) DANE, 11. Mai 2011, abgerufen am 21. Mai 2019 (spanisch, Hochrechnung der Einwohnerzahlen von Kolumbien).
- FESTIVAL INTERNACIONAL DE CINE DE CARTAGENA DE INDIAS offizielle Webseite
- https://www.lavanguardia.com/internacional/20211010/7772012/cartagena-indias.html Artikel "Una bomba de neutrones sobre Cartagena de Indias", von Andy Robinson, 10/10/2021
- IMDb (Online-Datenbank)