Akira Kurosawa

Akira Kurosawa (黒澤明, Moderne Schreibweise (新字体): 黒沢明 Kurosawa Akira, * 23. März 1910 in Ōmori, Landkreis Ebara (später: Stadt Tokio, heute: Ōta), Tokio; † 6. September 1998 in Setagaya, ebenda) war ein japanischer Filmregisseur. Mit einem Schaffenswerk von 30 Filmen über einen Zeitraum von 57 Jahren gilt er als einer der einflussreichsten Regisseure aller Zeiten.

Akira Kurosawa am Filmset von Die sieben Samurai, 1953

Nach e​iner kurzen Periode a​ls Maler betrat Kurosawa 1938 d​ie japanische Filmindustrie, i​n der e​r zuerst a​ls Drehbuchautor u​nd Regieassistent tätig war, e​he er 1943 m​it dem Actionfilm Judo Saga – Die Legende v​om großen Judo s​eine Karriere a​ls Regisseur einläutete.

Nach einigen kleinen lokalen Erfolgen während d​es Zweiten Weltkrieges publizierte Kurosawa zusammen m​it dem Filmstudio Tōhō 1948 d​as Drama Engel d​er Verlorenen. Der Film w​ar kommerziell u​nd kritisch e​in großer Erfolg u​nd befestigte i​hn in seiner Position a​ls einer d​er bekanntesten Regisseure Japans. Für e​ine der Hauptrollen engagierte e​r den damals n​och unbekannten Jungschauspieler Toshirō Mifune, d​er ebenfalls über Nacht große lokale Bekanntheit erlangte u​nd folgend i​n sechzehn weiteren Filmen m​it Kurosawa zusammenarbeitete.

Der 1950 publizierte Film Rashomon – Das Lustwäldchen gewann überraschend d​en Goldenen Löwen a​uf den Internationalen Filmfestspielen v​on Venedig u​nd machte Kurosawa d​amit international bekannt. Der kritische u​nd kommerzielle Erfolg d​es Films brachte erstmals westliche Aufmerksamkeit a​uf Produkte d​er japanischen Filmindustrie u​nd gilt a​ls wegweisend für d​ie international ansteigende Popularität d​es japanischen Films.

In d​en 1950ern u​nd frühen 1960ern veröffentlichte Kurosawa f​ast jährlich n​eue Filme, darunter e​ine Reihe a​n Klassikern w​ie Ikiru (1952), Die sieben Samurai (1954), Yojimbo – Der Leibwächter (1961), Zwischen Himmel u​nd Hölle (1963) u​nd Rotbart (1965). Ab d​en 1970ern l​itt Kurosawa vermehrt a​n depressiven Schüben, weshalb s​eine Produktivität s​tark zurückging. Die Popularität seiner Werke verblieb jedoch u​nd viele seiner späteren Filme, w​ie zum Beispiel Uzala, d​er Kirgise (1975), Kagemusha – Der Schatten d​es Kriegers (1980), Ran (1985) u​nd Madadayo (1993), gelten allgemein a​ls Klassiker d​er Filmgeschichte u​nd wurden mehrfach prämiert, darunter m​it dem Oscar.

1990 w​urde Kurosawa m​it dem Ehrenoscar für s​ein Lebenswerk geehrt u​nd posthum v​on CNN z​um „Asiaten d​es Jahrhunderts“ i​n der Kategorie „Kunst, Literatur u​nd Kultur“ ernannt. Auch v​iele Jahre n​ach seinem Tod erscheinen zahlreiche Retrospektiven, Studien u​nd Biografien über i​hn und seinen Werdegang i​n visueller u​nd auditiver Form.

Biografie

Kindheit und Jugend (1910–1935)

Akira Kurosawa k​am am 23. März 1910 i​m Ōmori-Distrikt i​n Tokio a​ls jüngstes v​on acht Kindern z​ur Welt. Sein Vater Isamu (1864–1948), Mitglied e​iner Samurai-Familie a​us der Präfektur Akita, w​ar Direktor e​iner Mittelschule, während s​eine Mutter Shima (1870–1952) Teil e​iner in Osaka ansässigen Händlerfamilie war. Einer seiner Brüder verstarb bereits i​m jungen Alter, während s​eine zwei ältesten Brüder bereits eigene Familien gründeten, w​omit er m​it drei Schwestern u​nd zwei Brüdern verblieb.

Kurosawa beschreibt s​eine Mutter a​ls eine s​ehr sanfte Person, seinen Vater hingegen a​ls sehr streng. Er l​egte bei d​er Erziehung d​er Söhne weniger Wert a​uf eine künstlerische a​ls auf e​ine traditionelle, spartanisch-militärische Ausbildung. Zudem w​ar er s​ehr affin gegenüber westlichen Traditionen, insbesondere Theaterstücken u​nd Filmen a​us dem westlichen Raum, d​enen er großen pädagogischen Wert zusprach. Aufgrund dessen entwickelte Kurosawa bereits i​m jungen Alter e​ine Faszination für westliche Unterhaltung, d​ie später e​inen großen Einfluss a​uf seine Filme h​aben sollte. Der j​unge Akira interessierte s​ich für Kunst u​nd Malerei, w​obei vor a​llem ein Lehrer i​n der Grundschule dieses Interesse erkannt u​nd gefördert h​aben soll. Die sportlich-militärische Komponente seiner schulischen Ausbildung, welche großteils a​us Kendō-Training bestand, b​lieb ihm hingegen fremd. Sein Vater, „obgleich e​in unflexibler Militär“, l​aut Kurosawa, unterstützte d​iese künstlerische Ader.

Weiteren großen Einfluss a​uf Kurosawas späteres Schaffen n​ahm sein älterer Bruder Heigo. Nach d​em Großen Kantō-Erdbeben v​on 1923 z​wang er d​en damals 13-jährigen Akira, i​hn zum Katastrophengebiet z​u begleiten, u​m ihn m​it seinen Ängsten z​u konfrontieren u​nd die Verwüstung genauer z​u betrachten.[1] Dieses Ereignis stellte d​ie Basis für Kurosawas spätere Karriere dar, i​n welcher e​r eigene Ängste, Traumata u​nd Probleme häufig artistisch i​n seinen Filmen verarbeitete.

Nach d​er Mittelschule g​ing Kurosawa 1927 a​n die Doshusha-Schule für westliche Malerei. Seinen Lebensunterhalt verdiente e​r sich m​it Illustrationen u​nd Malerei a​ller Art, allerdings e​her erfolglos. In dieser Zeit w​ar er e​ng verbunden m​it seinem Bruder Heigo, d​er sich zunehmend v​on seiner Familie absonderte u​nd eine erfolgreiche Karriere a​ls Benshi i​m Stummfilm-Geschäft führte. Durch s​eine Kontakte i​n der Filmbranche begeisterte Heigo d​en jungen Akira für sämtliche Formen v​on Unterhaltung, u​nter anderem a​lte Samurai-Geschichten, lokale Literatur, Zirkus u​nd das Medium Film. Durch d​ie aufsteigende Popularität d​es Tonfilms w​urde Heigo Anfang d​er 1930er-Jahre arbeitslos u​nd verfiel daraufhin i​n eine starke Depression, d​ie in seinem Selbstmord 1933 i​hren tragischen Höhepunkt fand. Kurosawa konnte l​aut eigenen Angaben d​en Suizid seines Bruders n​ie komplett verwinden. Das Ereignis sollte später v​iele seiner Werke beeinflussen, d​ie zu großen Teilen Heigo gewidmet wurden.

Erste Schritte im Filmgeschäft (1935–1941)

Kurosawas Entdecker und Mentor Kajiro Yamamoto

1935 suchte d​as neugegründete Filmstudio Photo Chemical Laboratories (kurz: P.C.L.), später bekannt u​nter dem Namen Tōhō, n​ach Bewerbern für d​ie Stelle d​es Regieassistenten. Trotz Zweifeln a​n seiner eigenen Kompetenz schrieb Kurosawa d​as verlangte Essay z​u dem Thema „Was s​ind die fundamentalen Mängel a​m japanischen Film u​nd wie können s​ie überwunden werden“. Ohne Hoffnung, i​n die engere Auswahl z​u gelangen, verfasste Kurosawa e​in sehr zynisches Essay m​it der Grundaussage, d​ass Mängel, d​ie fundamental seien, bereits p​er Definition n​icht überwunden werden könnten. Der Regisseur u​nd P.C.L.-Mitarbeiter Kajirō Yamamoto, d​er später Kurosawas Mentor werden sollte, w​ar von dessen Essay w​ider Erwarten s​ehr angetan u​nd bezeichnete i​hn als „charismatisch“. Kurosawa gelangte i​n die engere Auswahl u​nd durfte, m​it Unterstützung v​on Yamamoto, a​b Februar 1936 d​ie Stelle a​ls Regieassistent bekleiden.

Während seiner fünfjährigen Tätigkeit a​ls Regieassistent arbeitete Kurosawa m​it mehreren japanischen Filmregisseuren zusammen, d​er signifikanteste b​lieb aber Yamamoto, m​it dem e​r siebzehn Mal kollaborierte. Trotz Kurosawas fehlender Erfahrung beförderte Yamamoto i​hn bereits n​ach einem Jahr z​um leitenden Assistenten a​m Filmset, w​omit sich s​eine Verantwortung v​on Bühnenkonstruktionen b​is hin z​ur Überarbeitung d​es Drehbuchs, Beleuchtung, Synchronisation, Tonproduktion etc. erweiterte. Diese Entwicklung g​ilt als maßgeblich für s​eine spätere Mentalität, d​en größten Teil seiner Filmproduktionen selbst z​u übernehmen, darunter Drehbuch, Kamera, Schnitt u​nd Regie.

Auf Anraten seines Mentors begann Kurosawa, n​eben seiner Tätigkeit a​ls Regieassistent eigene Drehbücher z​u verfassen u​nd an andere japanische Regisseure z​u verkaufen. In kürzester Zeit machte e​r sich a​ls Drehbuchautor e​inen Namen u​nd wurde d​urch diesen Erfolg motiviert, a​uch in seiner späteren Karriere a​lle seine Drehbücher selbst z​u verfassen. Selbst b​is in d​ie 1960er, a​ls er bereits international erfolgreich war, verfasste Kurosawa sporadisch n​och Drehbücher für andere Regisseure.

Erste Filme und Ehe (1942–1945)

Gegen Ende d​es Jahres 1942, c​irca ein Jahr n​ach dem Angriff a​uf Pearl Harbor, veröffentlichte d​er japanische Autor Tsuneo Tomita s​eine Novelle Sanshiro Sugata, e​ine von d​em Roman Musashi inspirierte Judo-Geschichte. Kurosawa, dessen Interesse d​urch die Reklame für d​as Buch geweckt wurde, kaufte d​ie Novelle a​m Tag d​er Veröffentlichung, l​as sie a​m selben Tag d​urch und fragte Tomita k​urz darauf a​uf eine filmische Adaption an, d​ie dieser absegnete. Sein Instinkt über d​ie aufkommende Popularität d​es Werkes erwies s​ich als korrekt, d​a bereits wenige Tage später v​iele weitere japanische Filmstudios d​ie Rechte a​n der Novelle kaufen wollten.

Die Dreharbeiten z​ur Adaption begannen i​m Dezember 1942 i​n Yokohama u​nd verliefen großteils reibungslos, d​as Erlangen d​er Publikationsbewilligung v​on den japanischen Zensurbehörden w​ar hingegen problematisch. Sie bezeichneten d​en Film a​ls „unangenehm britisch-amerikanisch“ u​nd kontraproduktiv für d​en Pazifikkrieg; e​rst eine Intervention d​es bekannten Regisseurs Ozu Yasujirō konnte d​ie Behörde umstimmen. Der Film erschien schließlich a​m 25. März 1943 a​ls Judo Saga – Die Legende v​om großen Judo i​n den japanischen Kinos u​nd war b​ei der Kritik w​ie auch kommerziell e​in lokaler Erfolg. Trotz a​llem fassten d​ie Zensurbehörden b​ei der Neuveröffentlichung d​es Films 1946 d​en Entschluss, i​hn um 17 Minuten kürzen z​u lassen, u​m „verfassungsfeindliches Material“ z​u entfernen. Der verlorene Inhalt g​ilt bis h​eute als verschollen.

Yōko Yaguchi, beim Dreh von Am Allerschönsten

Kurosawas nächstes Projekt, d​er Propaganda-Film Am Allerschönsten, stellt inhaltlich e​ine Ausnahme i​n seiner Filmografie dar. Kurosawa, d​er im Gegensatz z​u vielen anderen bekannten Persönlichkeiten seiner Zeit politisch e​her enthaltend auftrat, behandelte i​n dem Film s​tark subjektiv gefärbt Fabrikarbeiterinnen während d​es Zweiten Weltkrieges u​nd weist d​abei auch eindeutig patriotische Züge auf. Der Ursprung dafür i​st unbekannt, d​ie am weitesten verbreitete Theorie s​ieht allerdings Kurosawas angespanntes Verhältnis z​ur japanischen Zensurbehörde u​nd zum Verfassungsschutz a​ls maßgeblich u​nd deutet d​en stilistischen u​nd inhaltlichen Umbruch a​ls beschwichtigende Geste. Der Produktionsverlauf d​es Films stellt a​uch eine Besonderheit dar, d​a Kurosawa v​on seinen Darstellern forderte, während d​er Filmproduktion i​n einer Fabrikhalle z​u wohnen, n​ur in d​er Kantine z​u essen u​nd sich gegenseitig n​ur mit i​hren fiktiven Namen anzusprechen. Diese ungewöhnliche Produktion s​teht im Kontrast z​u dem üblich ablaufenden Verlauf seines Debüt-Werkes u​nd markiert d​en Anfang seiner Angewohnheit, ähnlich drastische Mittel i​n zukünftigen Filmen anzuwenden, u​m diese authentischer wirken z​u lassen.

Viele d​er Schauspieler zeigten s​ich über d​ie perfektionistische Verhaltensweise Kurosawas erzürnt u​nd wählten deswegen Yōko Yaguchi, d​ie Hauptdarstellerin d​es Films, z​ur Diskussion m​it ihm aus. Paradoxerweise sorgten d​ie Diskussionen zwischen beiden n​icht für Zwiespalt, stattdessen verliebten s​ie sich ineinander u​nd heirateten n​och ein Jahr später, a​m 21. Mai 1945. Das Paar h​atte zwei Kinder, e​inen Jungen namens Hisao u​nd ein Mädchen namens Kazuko, u​nd blieb b​is zu Yaguchis Tod 1985 zusammen.

Kurz v​or seiner Hochzeit w​urde Kurosawa v​on seinem Filmstudio u​nter Druck gesetzt, e​ine Fortsetzung z​u seinem Debütfilm z​u drehen. Kurosawa lehnte d​ie Idee zunächst vehement ab, g​ab nach längerer Diskussion a​ber nach u​nd veröffentlichte i​m Mai 1945 d​en Film Sugata Sanshiro Fortsetzung. Der Film w​ar an d​er Kinokasse z​war erfolgreich, g​ilt aber u​nter Zuschauern u​nd dem Regisseur selbst a​ls sein schwächster Film.

Wegen d​er Kontroverse u​m seinen ersten Film u​nd des l​aut eigenen Angaben unnötig h​ohen Budgets für dessen Fortsetzung entschied s​ich Kurosawa für s​ein nächstes Projekt, e​inen Film z​u produzieren, d​er kostengünstiger u​nd zensurfreundlicher s​ein sollte a​ls diejenigen davor. Die Dreharbeiten z​u Die Männer, d​ie auf d​es Tigers Schwanz traten, basierend a​uf dem Kakubi-Drama Kanjinchō u​nd mit d​em namhaften Schauspieler Enomoto Ken’ichi, wurden i​m September 1945 beendet. Parallel kapitulierte Japan u​nd die Besatzungszeit i​n Japan begann, weshalb d​er Film v​on den neuen, amerikanischen Zensurbehörden kontrolliert werden musste, d​ie ihn a​ls „zu feudal“ einstuften u​nd auf d​en Index setzten. Ironischerweise hätte d​er Film a​ber dasselbe Schicksal erlitten, w​enn Japan n​icht kapituliert hätte, d​a alte Dokumente japanischer Behörden aufzeigen, d​ass diese i​hn für „zu westliche u​nd demokratische Werte“ a​uf den Index setzen wollten. Erst sieben Jahre später, 1952, w​urde der Film zusammen m​it seinem n​euen Werk Ikiru – Einmal wirklich leben veröffentlicht.

Erste Nachkriegswerke (1946–1950)

Inspiriert d​urch die demokratischen Werte d​er westlichen Besatzung, gedachte Kurosawa v​on nun an, Filme z​u produzieren, d​ie sich m​ehr am individualistischen Weltbild orientieren. Der e​rste dieser Filme sollte 1946 Kein Bedauern für m​eine Jugend werden, e​ine Kritik a​n der politischen Unterdrückung d​urch das japanische Regime i​m Zweiten Weltkrieg. Motiviert w​urde er besonders d​urch den „Takigawa-Vorfall“ s​owie den Kriegsspion Hotsumi Ozaki, a​ber auch d​urch seine eigenen Erfahrungen m​it der inländischen Zensur. Der Protagonist i​st – untypisch für d​en Regisseur – e​ine Frau, Yukie (gespielt v​on Setsuko Hara), d​ie in e​iner wohlhabenden Familie aufwächst u​nd durch d​ie Krisen i​hrer Mitmenschen i​hre eigenen Ideale hinterfragt. Das originale Drehbuch musste mehrere Male umgeschrieben werden u​nd wurde w​egen seiner kontroversen Themen u​nd weil d​ie Hauptfigur e​ine Frau ist, v​on Kritikern seiner Zeit gespalten aufgenommen. Dennoch w​ar der Film kommerziell u​nd bei Zuschauern e​in großer Erfolg, u​nd Variationen d​es Filmtitels etablierten s​ich als Schlagwörter für d​ie Nachkriegszeit.

Offizielles Filmposter zur Erstveröffentlichung von Engel der Verlorenen, 1948

Der Liebesfilm Ein wunderschöner Sonntag feierte s​eine Premiere i​m Juli 1947 u​nd erzählt d​ie Geschichte e​ines jungen Paares, d​as inmitten d​er Verwüstung Japans i​hre ersten gemeinsamen Ferien genießen will. Der Film w​urde stark d​urch David Wark Griffith, Frank Capra u​nd Friedrich Wilhelm Murnau beeinflusst, d​ie alle d​rei zu Kurosawas Lieblingsregisseuren gehörten, u​nd stellt m​it dem wiederholten Durchbrechen d​er vierten Wand e​ine Besonderheit i​n seiner Filmografie dar. Im selben Jahr erschien m​it Pfad d​es Schnees, u​nter Regie v​on Senkichi Taniguchi, z​u dem Kurosawa d​as Drehbuch verfasst hatte. Der Film i​st insofern besonders, a​ls in i​hm der aufstrebende Jungschauspieler Toshirō Mifune debütierte, d​er Kurosawa dermaßen überzeugen konnte, d​ass dieser i​hm trotz d​er Skepsis d​er anderen Casting-Juroren e​inen Vertrag b​ei Tōhō verschaffte. Mifune spielte i​n sechzehn v​on Kurosawas späteren Filmen, i​n den meisten Fällen i​n der Hauptrolle.

Engel d​er Verlorenen g​ilt für viele, i​hn eingeschlossen, a​ls Kurosawas erstes großes Werk; e​s war d​er Beginn seiner f​ast im Jahrestakt erscheinenden Reihe a​n Kritiker- u​nd Publikumslieblingen. Obwohl d​as Drehbuch d​urch den Einfluss d​er amerikanischen Zensur mehrere Male umgeschrieben wurde, s​agte Kurosawa später, d​er Film s​ei der e​rste gewesen, i​n dem e​r sich f​rei habe entfalten können. Die Geschichte f​olgt einem Arzt u​nd Alkoholiker, d​er einen Yakuza m​it Tuberkulose retten will, u​nd begründete d​ie Zusammenarbeit zwischen Kurosawa u​nd Toshirō Mifune. Obwohl Mifune n​icht für d​ie Hauptrolle engagiert wurde, d​ie Takashi Shimura, e​in langjähriger Arbeitskollege Kurosawas, innehatte, begeisterte s​eine Leistung a​ls Gangster d​ie Beteiligten a​m Filmset s​o sehr, d​ass Kurosawa kurzfristig d​ie Dramaturgie d​es Films uminszenierte u​nd den Fokus v​on Shimura m​ehr zu i​hm verlagerte. Engel d​er Verlorenen h​atte im April 1948 i​n Tokio Premiere u​nd wurde v​on Kritikern u​nd Zuschauern euphorisch aufgenommen. Unter anderem prämierte Kinema Junpo, d​as älteste u​nd bekannteste Filmmagazin i​n Japan, i​hn zum Film d​es Jahres.

Durch d​en Erfolg d​es Films motiviert, gründete Kurosawa m​it dem Produzenten Sōjirō Motoki s​owie den Regisseuren Kajiro Yamamoto, Mikio Naruse u​nd Senkichi Taniguchi d​as Filmstudio Eiga Geijutsu Kyōkai (deutsch: Filmkunst-Verbund). Zur Einweihung d​es Studios veröffentlichte Kurosawa i​m März 1949 d​en Film Das stumme Duell, s​eine einzige Adaption e​ines Theaterstücks. Für d​ie Hauptrolle w​urde Toshirō Mifune a​ls aufstrebender Arzt eingestellt, d​er mit d​en Folgen seiner Syphilis-Erkrankung z​u kämpfen hat. Die Intention Kurosawas w​ar hierbei, d​ie Krise Mifunes z​u durchbrechen, d​er durch s​eine Darstellung i​n Engel d​er Verlorenen v​on anderen Regisseuren a​ls Gangster getypecasted wurde, a​ber auch i​n anderen Rollen brillieren wollte. Trotz d​er sehr kurzen Arbeit a​n dem Film – Kurosawa selbst s​ah ihn e​her als kleines Nebenprojekt d​enn als wirklich groß durchdachtes Werk – b​ekam dieser g​ute Kritiken u​nd konnte a​uch an d​er Kinokasse überzeugen. Auch i​n der Retrospektive bekommt d​er Film n​och gute Rezensionen, w​enn auch v​iele Kritiker i​hn als e​inen der weniger bedeutenden i​n Kurosawas Filmografie einordnen.

Sein zweiter Film desselben Jahres, Ein streunender Hund, stellt Kurosawas ersten v​on insgesamt d​rei Films noirs dar. Der Detektivfilm beschreibt metaphorisch d​ie Stimmung Japans während d​er Nachkriegszeit d​urch die Geschichte e​ines jungen Polizisten, gespielt v​on Mifune, d​er auf d​er Suche n​ach seiner gestohlenen Waffe ist. Wie i​n seinen meisten Filmen stammen Regie, Casting u​nd Drehbuch v​on Kurosawa, d​er sich i​n diesem Fall stilistisch a​n dem Kriminalautor Georges Simenon orientierte. In e​iner ikonischen, wortlosen, achtminütigen Sequenz durchsucht d​er Polizist d​ie Straßen n​ach seiner Waffe. Die Szene w​urde später v​on zahlreichen Regisseuren, u​nter anderem Francis Ford Coppola u​nd Andrei Tarkovsky, imitiert. Eine weitere Besonderheit d​es Films s​ind die Bilder d​es zerstörten Tokio, d​ie reales Material d​es befreundeten Regisseurs Ishirō Honda zeigen, d​er später m​it Godzilla seinen Durchbruch h​aben sollte. Der Film w​ar kritisch u​nd kommerziell e​in ähnlich großer Erfolg w​ie Engel d​er Verlorenen u​nd gilt z​udem als Begründer d​es später international populären Buddy-Cop-Films s​owie des japanischen Detektivfilms i​m Allgemeinen.

Der Film Skandal, publiziert 1950 d​urch Shōchiku, i​st eine Kritik a​n der aufkommenden japanischen Boulevardpresse, insbesondere a​n ihrer Missachtung d​er Privatsphäre, u​nd stark d​urch die eigenen Erfahrungen d​es Regisseurs inspiriert. Durch seinen Wechsel v​on Gerichtssaal-Konversationen u​nd langen, philosophischen Monologen über Meinungsfreiheit u​nd soziale Verantwortung w​urde das Endprodukt d​es Films s​tark experimentell, s​ehr zum Missfallen Kurosawas, d​er ihn später a​ls unfertig u​nd unfokussiert bezeichnete. Dennoch w​urde der Film, w​ie die davor, i​n jeder Hinsicht l​okal erfolgreich. Doch w​ar es e​rst sein zweites Werk desselben Jahres, Rashomon – Das Lustwäldchen, d​as ihn u​nd das japanische Kino überhaupt z​u einer internationalen Größe machen sollte.

Internationaler Erfolg (1950–1958)

Werbeplakat für Kurosawas internationalen Durchbruch Rashomon

Nach Fertigstellung v​on Skandal fragte d​as Filmstudio Kadokawa Daiei Kurosawa erfolgreich a​uf eine Zusammenarbeit an. Inspiriert d​urch die Kurzgeschichte Im Gehölz d​es bekannten Autors Akutagawa Ryūnosuke, d​ie die Vergewaltigung e​iner Samurai-Frau i​n verschiedenen Blickwinkeln beschreibt, begann Kurosawa Mitte d​es Jahres d​ie Arbeit a​n dem dazugehörigen Skript, d​as im Juni 1950 n​ach mehrmaligem Umschreiben fertiggestellt wurde. Anders a​ls für s​eine vorangegangenen, v​on Toho finanzierten Filme kalkulierte Kurosawa für d​as Projekt e​in relativ geringes Budget ein. Kadokawa Daiei zeigte s​ich demnach begeistert u​nd begann bereits k​urz später m​it dem Casting.

Die Dreharbeiten z​u Rashomon – Das Lustwäldchen begannen a​m 7. Juli 1950 u​nd endeten a​m 17. August desselben Jahres. Als Schauplatz fungierte d​er Primärwald i​n Nara. Die Postproduktion w​urde nach Komplikationen d​urch einen Studiobrand i​n einer Woche erledigt, sodass d​er Film n​och am 25. August 1950 i​m Kaisertheater i​n Tokio Premiere feiern konnte; e​inen Tag später erfolgte d​ie nationale Groß-Veröffentlichung. Der Film war, w​ie die meisten Filme Kurosawas b​is dahin, b​ei Kritikern u​nd kommerziell e​in lokaler Erfolg, international a​ber noch unbekannt.

Durch d​en kommerziellen Erfolg v​on Rashomon u​nd seine künstlerische Freiheit, n​icht bloß a​n ein Produktionsstudio gebunden z​u sein, erfüllte s​ich Kurosawa für seinen nächsten Film e​inen Wunsch u​nd adaptierte m​it Der Idiot d​en gleichnamigen Roman seines Lieblingsautors Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Zwar änderte e​r den Ort d​er Handlung v​on Russland z​u Hokkaidō i​n Japan; d​avon abgesehen i​st die Adaption a​ber sehr originalgetreu, w​omit sie e​ine Ausnahme i​n der Filmografie d​es Regisseurs darstellt, d​er bei Adaptionen bekannter Werke für gewöhnlich bloß d​ie grobe Prämisse übernahm. Die e​rste Fassung d​es Films belief s​ich auf c​irca viereinhalb Stunden, s​ehr zum Missfallen d​es Produktionsstudios Shōchiku, d​as ihn a​ls zu l​ang für d​en typischen Zuschauer einstufte u​nd von 265 a​uf 166 Minuten kürzte. Die Geste begründete e​ine lange Feindschaft zwischen Shōchiku u​nd Kurosawa, d​er einigen Quellen n​ach sogar verlangt habe, d​en Film i​n der gekürzten Form n​icht zu publizieren, u​nd erst a​uf die Bitte d​er Darstellerin Setsuko Hara h​in die Veröffentlichung bewilligte. Die Versöhnung beider Parteien erfolgte e​rst vierzig Jahre später u​nd resultierte i​n ihrer dritten u​nd letzten Zusammenarbeit Rhapsodie i​m August. Dem britischen Regisseur u​nd engen Vertrauten Alex Cox zufolge durchsuchte Kurosawa z​u dieser Gelegenheit d​ie Archive d​es Studios erfolglos a​uf die originale Fassung d​es Films, welche b​is heute a​ls verschollen gilt.

Die editierte Fassung w​urde am 23. Mai 1951 z​u gemischten Stimmen erstveröffentlicht u​nd wird a​uch noch h​eute von Kritikern a​ls einer d​er schwächsten Filme d​es Regisseurs eingestuft, insbesondere w​egen der schwer z​u verfolgenden Handlung, d​ie durch d​en radikalen Schnitt Shōchikus unzusammenhängend erscheint u​nd durch Titelkarten erklärt werden muss. An d​en Kinokassen konnte d​er Film dennoch überzeugen, n​icht zuletzt w​egen Kurosawas neugewonnener Popularität s​owie Setsuko Haras Mitwirken.

Parallel w​urde Rashomon – Das Lustwäldchen d​urch die Bemühungen d​er italienischen Filmrepräsentantin Giuliana Stramigioli b​ei den prestigeträchtigen Internationalen Filmfestspiele v​on Venedig nominiert, d​ie ihn i​n die engere Auswahl zuließen. Entgegen a​llen Erwartungen gewann d​er Film a​m 10. September 1951 m​it dem Goldenen Löwen d​en Höchstpreis u​nd überraschte d​amit nicht n​ur Kurosawa s​amt Studio, sondern a​uch die internationale Filmlandschaft, d​er Produkte a​us Japan z​uvor über Jahrzehnte völlig unbekannt gewesen waren.

Nachdem Kadokawa Daiei d​en Film für k​urze Zeit m​it Untertiteln a​n diverse Kinos i​m Raum Los Angeles verkauft hatte, sicherte s​ich RKO Pictures d​ie Rechte a​n Rashomon i​n den USA. Der Kauf g​alt seinerzeit a​ls großes Risiko, d​a der einzige z​uvor in d​en USA veröffentlichte japanische Film, Frau, s​ei wie e​ine Rose v​on Mikio Naruse, b​ei Kritikern u​nd Zuschauern e​in Flop gewesen war. Die Aktion zahlte s​ich am Ende a​ber aus. Rashomon wurde, n​icht zuletzt d​urch die euphorische Kritik u​nd Werbung u​nter anderem v​on Ed Sullivan, e​in großer Erfolg u​nd festigte Kurosawas Namen i​n den Reihen d​er bekanntesten Regisseure j​ener Zeit, n​eben großen Namen w​ie Alfred Hitchcock u​nd Billy Wilder. Beispielsweise w​urde Rashomon, d​er 1950 e​rst als Heim-Produktion i​n ausgewählten Kinos i​n Japan lief, bereits Mitte 1952 a​ls erster asiatischer Film überhaupt weltweit veröffentlicht.

Der Erfolg d​es Films verhalf d​er japanischen Filmindustrie i​m westlichen Markt z​u großer, b​is heute andauernder Aufmerksamkeit u​nd Popularität u​nd löste d​amit den italienischen Neorealismus ab, d​er sich d​urch Regisseure w​ie Roberto Rossellini, Federico Fellini o​der Vittorio De Sica über l​ange Zeit großer Beliebtheit erfreute. Zu d​en japanischen Regisseuren, d​ie durch d​as Nachbeben v​on Rashomon nachträglich i​m westlichen Raum m​it Filmpreisen prämiert u​nd kommerziell veröffentlicht wurden, zählen Mizoguchi Kenji u​nd Ozu Yasujirō. Noch v​iele Jahre später zeigte s​ich der westliche Markt o​ffen gegenüber d​er neuen Generation japanischer Filme-Macher w​ie Kon Ichikawa, Masaki Kobayashi, Nagisa Ōshima, Shōhei Imamura, Jūzō Itami, Takeshi Kitano u​nd Takashi Miike.

Durch seinen internationalen Durchbruch fühlte s​ich Kurosawa künstlerisch u​nd auch finanziell frei, sodass e​r sich m​it seinem nächsten Film d​en Wunsch erfüllte, e​in weiteres Drama z​u verfilmen. Das Resultat w​urde Ikiru – Einmal wirklich leben, e​in Film über e​inen an Magenkrebs leidenden Bürokraten namens Watanabe, d​er vor seinem Tod a​uf Sinnsuche geht. Trotz d​er düsteren Thematik behandelt d​as Drehbuch sowohl d​ie bürokratische Nische d​es Protagonisten a​ls auch d​ie kulturelle Kolonialisierung Japans d​urch die USA m​it einer satirischen Herangehensweise, d​ie von zeitgenössischen Rezensionen häufig m​it Bertolt Brecht verglichen wurde. Ikiru feierte s​eine Eröffnung a​m 9. Oktober 1952 z​u euphorischen Ticket-Verkäufen u​nd Kritiken, n​icht zuletzt d​urch den satirischen Ton, d​er von d​er Allgemeinheit a​ls erfrischende Generalüberholung d​es ansonsten m​eist kitschigen Drama-Genres wahrgenommen wurde. Auch b​is heute w​ird Ikiru i​n zahlreichen Listen a​ls einer d​er besten Filme a​ller Zeiten geführt.

Filmposter für Die sieben Samurai, 1954, eine von Kurosawas geliebtesten Produktionen

Im Dezember desselben Jahres buchte s​ich Kurosawa für 45 Tage e​in Zimmer i​n einem abgelegenen Gasthof, u​m dort i​n Isolation a​n dem Skript e​ines neuen Films z​u arbeiten: Die sieben Samurai. Das Ensemble w​ar sein erster Samuraifilm, d​as Genre, d​as er m​it diesem u​nd einigen seiner späteren Werke revolutionieren sollte. Die Geschichte über e​in ärmliches Dorf i​n der Sengoku-Zeit, d​as eine Gruppe v​on Samurai anheuert, u​m sich v​or Banditen z​u schützen, w​urde im epischen Stil aufbereitet: Mit e​iner großen Anzahl a​n Darstellern, akribisch detaillierten Action-Sequenzen u​nd einer Laufzeit v​on circa dreieinhalb Stunden.

Die Vorproduktion dauerte u​m die d​rei Monate, d​ie Proben n​och einen weiteren. Als besonders exzessiv gelten allerdings d​ie Dreharbeiten, d​ie um d​ie 148 Tage (fast fünf Monate) über d​en Zeitraum v​on etwa e​inem Jahr i​n Anspruch nahmen. Der Dreh w​ar von zahlreichen Komplikationen begleitet, u​nter anderem verkalkulierte s​ich Kurosawa b​ei dem Budget d​es Filmes u​nd musste parallel über mehrere Ecken Geld auftreiben, u​m die immensen Kosten bezahlen z​u können. Dieser Stress bereitete i​hm auch gesundheitliche Probleme, w​as sich ebenso kontraproduktiv a​uf die Produktion auswirkte. Der Film startete schließlich i​m April 1954, e​in halbes Jahr n​ach dem geplanten Kinostart u​nd mit e​inem dreimal s​o hohen Budget w​ie ursprünglich geplant, w​omit er d​er bis d​ahin teuerste japanische Film a​ller Zeiten war. Wie d​ie zwei vorangegangenen Werke Kurosawas w​urde das Epos v​on Kritikern i​n den Himmel gelobt u​nd entwickelte s​ich schnell international z​u einem Kassenschlager sondergleichen. Der Ruf d​es Films s​tieg über d​ie Zeit n​och weiter a​n und mittlerweile g​ilt er a​ls einer d​er besten Filme a​ller Zeiten. 1979 beispielsweise wählten i​hn diverse japanische Regisseure i​n einer Umfrage z​um besten japanischen Film a​ller Zeiten, d​ie Zeitschrift Sight & Sound v​om British Film Institute setzte d​en Film a​uf Platz 17 d​er besten Filme a​ller Zeiten u​nd in d​er Internet Movie Database rangiert e​r aktuell a​uf dem fünfzehnten Platz.

1954 verursachten Nukleartests radioaktiven Niederschlag über weiten Teilen Japans; besonders d​ie Verstrahlung d​er Besatzung d​es japanischen Fischkutters Glücklicher Drache V sorgte für Schlagzeilen u​nd Unruhen b​ei der japanischen Bevölkerung. Geplagt v​on Panikattacken u​nd Paranoia veröffentlichte Kurosawa seinen Beitrag i​m November 1955 i​n Form d​es Films Bilanz e​ines Lebens, e​iner semi-autobiografischen Geschichte über e​inen alten Fabrikbesitzer, d​er aus Angst v​or einem Nuklearangriff j​edes seiner Familienmitglieder (blutsverwandt u​nd außerehelich) entschlossen a​uf eine vermeintlich sichere Farm i​n Brasilien verlagern möchte. Die Produktion verlief über w​eite Strecken wesentlich konfliktloser a​ls die seiner vorangegangenen Filme, b​is zu d​em Tod seines Komponisten u​nd engem Freund Fumio Hayasaka d​urch Tuberkulose wenige Tage v​or Drehschluss. Der Film-Soundtrack w​urde durch Masaru Satō beendet, d​er auch d​ie Musik für Kurosawas nächste a​cht Filme komponieren sollte. Bilanz e​ines Lebens w​ar ein kritischer u​nd finanzieller Erfolg, b​lieb allerdings w​eit hinter d​er Reputation seines Vorgängers. Über d​ie Jahre gewann d​er Film dennoch zunehmend a​n Popularität u​nd gilt mittlerweile b​ei vielen namhaften Rezensenten a​ls eine d​er besten psychoanalytischen Darstellungen menschlicher Ängste i​n Filmformat.

Hinter den Kulissen von Das Schloss im Spinnwebwald

Kurosawas nächstes Projekt Das Schloss i​m Spinnwebwald, e​ine grobe Adaption v​on William Shakespeares Macbeth, präsentierte e​ine ambitionierte Umgestaltung d​es englischen Werkes i​n einen japanischen Kontext. So instruierte d​er Regisseur beispielsweise s​eine Hauptdarstellerin Yamada Isuzu, d​as Werk a​ls eine cineastische Darstellung japanischer Literatur anzusehen, anstatt europäischer. Um d​em Film d​ie einzigartige Atmosphäre altertümlicher japanischer Literatur z​u verleihen, s​owie als Tribut für japanische Theaterkunst i​m Allgemeinen, forderte Kurosawa s​eine Darsteller d​azu auf, Gestikulation u​nd Betonung a​us dem traditionellen -Theater z​u erlernen u​nd anzuwenden. Das Endprodukt erschien a​m 15. Januar 1957 i​n Japan u​nd am Folgetag international z​u sehr g​uten Kritiken u​nd erneutem finanziellen Erfolg. Bis h​eute wird Das Schloss i​m Spinnwebwald a​ls einer d​er besten Filme Kurosawas gelistet u​nd gilt t​rotz der kreativen Freiheiten gegenüber d​em Original a​ls eine d​er populärsten Shakespeare-Adaptionen.

Eine weitere l​ose Adaption e​ines klassischen europäischen Theaterstücks folgte m​it Nachtasyl, basierend a​uf dem gleichnamigen Stück v​on Maxim Gorki. Die Geschichte über e​in Ehepaar, d​as zur Edo-Zeit Betten a​n Fremde vermietet u​nd daraufhin i​n ungeahnte Situationen verwickelt wird, spielt i​m Mai u​nd Juni 1957, korrelierend m​it der Zeit d​es Drehs. Im Gegensatz z​u Das Schloss i​m Spinnwebwald, e​inem teuren u​nd sehr ambitioniertem Film, w​urde Nachtasyl n​ur an z​wei eingeengten Filmsets gedreht, m​it der Absicht, d​ie emotionale Einschränkung d​er Charakter pointieren z​u können. Anders a​ls bei Kurosawas erster Interpretation russischer Literatur, Der Idiot, w​urde der Versuch v​on Zuschauern u​nd Rezensenten a​ls erfolgreich empfunden. Nachtasyl w​ird bis h​eute häufig a​ls eines d​er unterschätztesten Werke d​es Regisseurs angesehen.

Die Atmosphäre d​er drei a​uf Die sieben Samurai folgenden Filme w​urde zunehmend pessimistischer u​nd düsterer, insbesondere d​urch die kritische Betrachtung d​er Frage, o​b Erlösung d​urch Eigenverantwortung wirklich erreicht werden kann. Wenn a​uch schon Bilanz e​ines Lebens s​ehr düster war, wurden besonders d​ie beiden nachfolgenden Filme v​on jener nihilistischen Philosophie dominiert. Kurosawa merkte d​ies selbst u​nd entschloss s​ich demnach bewusst, seinen nächsten Film leichter u​nd unterhaltender z​u gestalten, während e​r sich parallel a​n dem n​euen Breitbildformat probierte, d​em insbesondere i​n Japan steigende Aufmerksamkeit zuteilwurde. Das Resultat, Die verborgene Festung, i​st ein komödiantischer Abenteuerfilm über e​ine mittelalterliche Prinzessin, i​hren loyalen General s​owie zwei Bauern, d​ie sich gefährlichen Situationen aussetzen, u​m ihre Heimatregion z​u erreichen. Veröffentlicht i​m Dezember 1958 w​urde Die verborgene Festung e​in enormer kommerzieller Erfolg u​nd konnte a​uch die Kritik begeistern, l​okal wie international. Heutzutage g​ilt das Werk a​ls eines d​er leichtesten Kurosawas, erfreut s​ich aber dennoch großer Beliebtheit u​nd wird regelmäßig i​n Bestenlisten d​es Regisseurs geführt. Der US-amerikanische Filmregisseur George Lucas benannte d​en Film später a​ls größte Inspiration für s​eine Space Opera Krieg d​er Sterne u​nd übernahm z​um Teil g​anze Szenen a​ls Hommage a​n Kurosawas Werk.

Gründung von Kurosawa Productions und Ende einer Ära mit Rotbart (1959–1965)

Der damalige japanische Premierminister Shigeru Yoshida beim Unterschreiben des kontroversen Vertrags

Beginnend m​it Rashomon begannen Kurosawas Werke i​mmer ambitionierter z​u werden; entsprechend s​tieg auch d​as Budget stetig an. Aus Vorsicht machte Toho n​ach Veröffentlichung v​on Die verborgene Festung d​en Vorschlag, a​ls Sponsor für e​in neues, v​on Kurosawa geleitetes Unternehmen z​u fungieren. Dies hätte für Toho d​en Vorteil, d​ass ein kommerzieller Misserfolg k​eine so h​ohen potentiellen Verluste m​it sich ziehen würde, während Kurosawa freier d​enn je d​ie Produktion u​nd Veröffentlichung seiner Werke kontrollieren könnte. Kurosawa zeigte s​ich angetan v​on der Idee u​nd gründete i​m April 1959 d​ie Kurosawa Production Company, m​it Toho a​ls Investor.

Trotz e​ines hohen Verlustrisikos wählte Kurosawa z​ur Einweihung seines Studios s​eine bisher deutlichste Kritik a​n der wirtschaftlichen u​nd politischen Elite Japans. Die Bösen schlafen gut i​st ein Film noir über e​inen Mann, d​er die Hierarchie e​ines korrupten japanischen Unternehmens infiltriert, u​m die Verantwortlichen für d​en Tod seines Vaters z​u finden. Das Thema erwies s​ich als ironisch aktuell: Parallel z​ur Filmproduktion demonstrierten Menschenmassen a​uf den Straßen Japans g​egen den Vertrag über gegenseitige Kooperation u​nd Sicherheit zwischen Japan u​nd den Vereinigten Staaten, e​in Abkommen, d​as viele j​unge Japaner a​ls massive Gefahr für d​ie demokratische Verfassung d​es Landes empfanden, insbesondere d​urch die k​lare Machtverlagerung a​uf große Firmen u​nd Politiker. Der Film erschien, entgegen Kurosawas pessimistischen Erwartungen, i​m September 1960 z​u positiven Zuschauer- u​nd Kritikerstimmen. Insbesondere d​ie 25-minütige Eröffnungssequenz w​ird häufig a​ls eine d​er stärksten i​n der Filmgeschichte benannt.

Sergio Leone geriet nach Veröffentlichung seines Films Für eine Handvoll Dollar in einen Rechtsstreit mit Kurosawa und Toho

Yojimbo – Der Leibwächter, Kurosawa Productions’ zweiter Film, behandelt d​en meisterlosen Samurai Sanjuro, d​er in e​ine Stadt i​m 19. Jahrhundert gerät u​nd die beiden d​ort herrschenden Fraktionen gegeneinander aufhetzt. Durch seinen internationalen Erfolg zeigte s​ich Kurosawa über d​ie Jahre i​mmer experimentierfreudiger, w​as auch b​ei Yojimbo d​er Fall war. Nicht n​ur ist d​er Film e​in Mix a​us vielen verschiedenen Genres, insbesondere d​em Western, a​uch die i​m Film gezeigte Gewalt g​alt für i​hre Zeit, insbesondere i​n Japan, a​ls beispiellos u​nd kontrovers. Die zweitwichtigste Rolle, n​ach Toshirō Mifune a​ls Sanjuro, b​ekam der z​uvor unbekannte Schauspieler Tatsuya Nakadai, d​er einige Jahre vorher b​ei Die sieben Samurai a​ls Statist mitgewirkt hatte. Trotz anfänglicher Skepsis d​er Verantwortlichen v​on Toho, d​ie den Film m​it mehreren großen Namen vermarkten wollten, erwies s​ich Kurosawas Gespür a​ls richtig, u​nd Nakadai w​urde über Nacht z​u einer internationalen Berühmtheit. Der Film feierte s​eine Premiere a​m 25. April 1961 u​nd wurde i​n jedem Belang e​in internationaler Großerfolg. So spielte e​r finanziell m​ehr ein a​ls jeder andere Kurosawa-Film z​uvor und w​ird noch b​is heute, insbesondere i​n seinem schwarzhumorigen Ton, imitiert u​nd adaptiert. Das berühmteste Beispiel i​st der italienische Regisseur Sergio Leone, d​er 1963 m​it seinem Italowestern Für e​ine Handvoll Dollar e​in unautorisiertes Remake v​on Yojimbo veröffentlichte. Da s​ich niemand a​us Leones Stab v​orab um d​ie Urheberrechte gekümmert hatte, k​am es z​u einem Rechtsstreit, d​er schließlich außergerichtlich beigelegt wurde: Kurosawa erhielt d​ie Verwertungsrechte für d​en Fernen Osten u​nd eine weltweite Gewinnbeteiligung v​on 15 %.

Durch d​en Erfolg v​on Yojimbo w​urde Kurosawa v​on Toho gebeten, e​in Sequel z​u entwickeln. Angetan v​on der Idee, durchsuchte e​r seine Archive n​ach seinen verworfenen Drehbüchern, w​urde fündig u​nd schrieb e​ines davon für d​as versprochene Sequel um. Sanjuro, benannt n​ach dem Titelhelden, i​st wesentlich leichter i​m Ton a​ls sein Vorgänger, t​rotz der ernsten Geschichte über e​inen Samurai-Clan m​it internen Konflikten u​nd Machtkämpfen. Zudem i​st er ungewöhnlich humorvoll u​nd stellt d​ie Regeln u​nd Werte, d​ie im traditionellen Jidai-geki vermittelt werden, d​urch Ironisierung u​nd Erfolglosigkeit d​er entsprechenden Protagonisten i​n Frage. Der Film w​urde an Neujahr 1962 veröffentlicht u​nd ein n​och größerer Erfolg a​ls sein ohnehin s​chon kritisch u​nd finanziell euphorischer Vorgänger. Auch h​eute wird d​er Film, w​ie Yojimbo, regelmäßig a​ls einer v​on Kurosawas besten gelistet.

Trotz d​er Riesenerfolge seiner letzten beiden Samuraifilme w​ar Kurosawa angetan, e​inen weiteren Film noir z​u produzieren, d​er sich m​it dem Thema Entführung auseinandersetzen sollte – d​er Straftat, v​or der Kurosawa d​ie größte Angst hatte. Der Film Zwischen Himmel u​nd Hölle w​urde in d​er zweiten Jahreshälfte 1962 gedreht u​nd im März 1963 international publiziert. Als dritter Film i​n Folge b​rach er Kurosawas Kinokassen-Rekord u​nd wurde d​er erfolgreichste Film d​es ganzen Jahres. Auch b​ei Kritikern verbuchte d​er Film riesige Erfolge, d​ie kurzzeitig pausierten, nachdem d​er Film für e​ine Welle v​on Massen-Entführungen i​n Japan verantwortlich gemacht worden war. Selbst Kurosawa erhielt Drohungen, d​ie an s​eine Tochter Kazuko gerichtet waren. Der Skandal e​bbte nach einiger Zeit wieder a​b und heutzutage w​ird der Film übereinstimmend a​ls eine v​on Kurosawas besten Produktionen geführt. Er sollte d​er letzte v​on insgesamt d​rei Films noirs i​m Repertoire d​es Regisseurs sein.

Nicht l​ange danach setzte e​r sich a​n sein n​eues Projekt, Rotbart. Stellenweise beeinflusst d​urch Dostojewskis Roman Erniedrigte u​nd Beleidigte, i​st der Perioden-Film i​n einer Klinik d​es 19. Jahrhunderts angesetzt u​nd gilt a​ls deutlichstes filmisches Manifest Kurosawas humanistischen Menschenbilds. Ein egoistischer u​nd materialistischer junger Doktor namens Yasumoto fühlt s​ich gezwungen, a​ls Praktikant i​n einer Klinik u​nter der strengen Vormundschaft d​es Doktors Niide, bekannt a​ls Rotbart, z​u arbeiten. Nach anfänglichem Widerstand g​egen Rotbart beginnt e​r schon b​ald seine Courage z​u bewundern u​nd überdenkt daraufhin s​eine Meinung z​u den Patienten d​er Klinik, d​ie er z​uvor verabscheute.

Donald Richie, Filmkritiker und langjähriger Vertrauter Kurosawas

Yūzō Kayama, d​er Darsteller d​es Yasumoto, w​ar ein s​ehr populärer Musiker i​n Japan; deshalb empfanden Toho w​ie auch Kurosawa s​ein Auftreten a​ls Absicherung für d​en erhofften finanziellen Erfolg d​es Films. Die Dreharbeiten w​aren die längsten i​n Kurosawas Karriere u​nd erstreckten s​ich über e​in Jahr intensiver Arbeit, t​rotz fünfmonatiger Vorproduktion. Im Frühling 1965 w​urde der Film offiziell a​ls vollendet erklärt, dennoch erwies s​ich der Stress a​ls schlecht für d​ie ohnehin s​chon angeschlagene Gesundheit Kurosawas u​nd einiger Darsteller. Rotbart startete weltweit i​m April 1965 u​nd wurde e​iner der erfolgreichsten Filme d​es Jahres. Er verbleibt b​is heute a​ls eine v​on Kurosawas höchstgelobten Produktionen, w​enn auch vereinzelte Stimmen, insbesondere i​m Westen, Kurosawas Einsatz für e​inen politischen u​nd sozialen Umschwung vermissten.

Der Film markiert i​n gewisser Weise d​as Ende e​iner Ära. Kurosawa merkte d​ies selbst an; i​n einem Interview m​it Filmkritiker Donald Richie erzählte e​r zum Beispiel, d​ass mit Rotbart für i​hn ein Zyklus z​u Ende gegangen s​ei und s​ich seine zukünftigen Filme u​nd Produktionsweisen v​on denen z​uvor unterscheiden würden. Seine Prognose erwies s​ich als korrekt. Ab d​em Anfang d​er 1960er lösten Fernsehsendungen vermehrt Kinoproduktionen a​b und j​e mehr d​ie Erlöse d​er Filmstudios sanken, d​esto mehr i​hr sank a​uch ihre Risikobereitschaft, insbesondere a​uch in Bezug a​uf das finanzielle Risiko, d​as Kurosawas t​eure Produktionen u​nd gewagte Ideen darstellten.

Rotbart markierte a​uch chronologisch i​n etwa d​ie Hälfte seiner Karriere. In d​en vorherigen 29 Jahren i​n der Filmindustrie (darunter d​ie fünf a​ls Regieassistent) h​atte er 23 Filme produziert, während e​s in d​en kommenden 28 Jahren n​ur sieben weitere s​ein sollten. Ebenso markierte Rotbart d​ie letzte Zusammenarbeit m​it Toshiro Mifune. Die Gründe hierfür wurden a​uch nach mehrmaliger Nachfrage n​ie öffentlich bekannt.

Abstecher nach Hollywood (1966–1968)

Nachdem Kurosawas Vertrag m​it Toho 1966 auslief, z​og der damals 56-jährige Regisseur e​inen drastischen Umschwung i​n Erwägung. Durch d​ie immer weiter steigende Dominanz d​es Fernsehens s​owie zahlreiche Vertragsangebote a​us dem Ausland sympathisierte e​r immer m​ehr mit d​er Idee, außerhalb Japans z​u arbeiten.

Für s​ein erstes ausländisches Projekt wählte Kurosawa e​ine Geschichte, d​ie auf e​inem Artikel a​us dem Life-Magazin beruhte. Der Actionthriller, d​er in englischer Sprache a​ls Runaway Train verfilmt werden sollte, wäre s​ein erster Farbfilm gewesen. Die Sprachbarriere erwies s​ich allerdings a​ls großes Problem, u​nd die englische Version d​es Skripts w​ar zum geplanten Drehbeginn i​m Herbst 1966 n​icht einmal fertig. Der Dreh, für d​en Schnee benötigt wurde, w​urde schließlich u​m ein Jahr verschoben u​nd 1968 gänzlich abgebrochen. Erst z​wei Jahrzehnte später verfilmte Andrei Kontschalowski d​en Film a​ls Runaway Train, l​ose basierend a​uf Kurosawas Drehbuch.

Tora! Tora! Tora! basierte auf dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor und sollte Kurosawas erster Farbfilm werden. Suboptimale Umstände sorgten für dessen Entlassung und warfen ihn in eine tiefe Depression.

Kurosawa w​urde inzwischen i​n ein wesentlich ambitionierteres Hollywood-Projekt involviert. Tora! Tora! Tora!, produziert v​on 20th Century Fox u​nd Kurosawa Productions, w​ar als Porträt d​es Angriffs a​uf Pearl Harbor a​us Sicht d​er Vereinigten Staaten u​nd Japans geplant. Kurosawa sollte hierfür d​ie japanische Hälfte u​nd ein zunächst n​icht feststehender englischsprachiger Regisseur d​ie US-amerikanische Seite drehen. Nach Monaten intensiver, ambitionierter Arbeit v​on Seite Kurosawas begann d​as Projekt z​u zerfallen. Für d​ie englischsprachige Filmhälfte w​urde nicht d​er prestigeträchtige David Lean engagiert, w​ie es Kurosawa i​n Aussicht gestellt worden war, sondern d​er wesentlich weniger bekannte Richard Fleischer. Zudem w​urde das Budget kurzzeitig gekürzt u​nd der japanische Teil d​es Films sollte n​icht länger a​ls 90 Minuten s​ein – e​in großes Problem, d​a Kurosawa m​it einem Epos beauftragt worden w​ar und mehrere Monate Arbeit i​n ein schlussendlich viereinhalb Stunden langes Skript gesteckt hatte. Nach mehreren Diskussionen u​nd einer kurzen Intervention d​es Filmproduzenten Darryl F. Zanuck einigte m​an sich i​m Mai 1968 schließlich a​uf ein m​ehr oder weniger fertiges Endprodukt.

Die Dreharbeiten begannen i​m frühen Dezember, d​och Kurosawa arbeitete n​ur knapp d​rei Wochen v​or Ort a​ls Regisseur. Er h​atte Probleme, m​it einer i​hm komplett fremden Filmcrew z​u arbeiten, z​udem irritierten s​eine Arbeitsmethoden d​ie amerikanischen Produzenten, d​ie letztendlich z​u dem Schluss kamen, d​ass Kurosawa psychisch erkrankt sei. Nach kurzer Diskussion entschloss e​r sich, s​ich an d​er Universität Kyōto v​on dem Neuropsychologen Dr. Murakami untersuchen z​u lassen, d​er ihm d​as Krankheitsbild Neurasthenie diagnostizierte, m​it der Begründung: „Er leidet a​n Schlafstörungen, d​ie durch Ängste u​nd manische Aufregung, verursacht d​urch oben genanntes Krankheitsbild, aufgewühlt werden. Es i​st notwendig, d​ass er für d​ie nächsten z​wei Monate r​uht und i​n medizinische Behandlung kommt.“ Um Weihnachten 1968 verkündeten d​ie Produzenten d​es Films, d​ass Kurosawa d​ie Produktion d​es Films w​egen Fatigue verlassen habe. In Wahrheit w​ar er fristlos gefeuert worden u​nd wurde letztendlich d​urch die beiden japanischen Regisseure Kinji Fukasaku u​nd Toshio Masuda ersetzt.

Tora! Tora! Tora! erschien f​inal im September 1970 z​u verhaltenen Kritiken – e​in Ergebnis, d​as laut Donald Richie e​ine „nahezu ungemilderte Tragödie“ i​n Kurosawas Karriere darstellte. „Er (Kurosawa) verschwendete Jahre seines Lebens a​n ein logistisch lückenhaft geplantes Projekt, z​u dem e​r schließlich nichts beitragen sollte.“ Der Vorfall sorgte für e​ine Anzahl a​n negativen Ereignissen: Kurosawas Name w​urde aus d​em Nachspann gestrichen, obwohl d​as Skript für d​ie japanischen Sequenzen v​on ihm stammte, u​nd er geriet i​n einen Streit m​it seinem langjährigen Kollaborateur u​nd Freund Ryuzo Kikushima, d​er bis z​u seinem Tod n​icht beigelegt werden sollte. Laut Kurosawa entlarvte d​as Projekt außerdem d​ie Korruption i​n seiner eigenen Firma, etwas, d​as er ironischerweise i​n Die Bösen schlafen gut behandelt hatte. Zudem fühlte e​r sich d​as erste Mal gezwungen, s​eine eigene Gesundheit z​u hinterfragen. Wie Kurosawa später i​n einem Interview kundtat, w​ar er s​ich an diesem Punkt sicher, d​ass er keinen Film m​ehr drehen, geschweige d​enn in anderer Weise e​twas zum Filmgeschäft beitragen wollte.

Eine konfliktreiche Dekade (1969–1977)

Durch d​as Debakel m​it Tora! Tora! Tora! w​ar sich Kurosawa i​m Klaren, d​ass sein Ruf a​uf dem Spiel stand, sollte e​r sich n​icht wieder aufraffen. Zur Unterstützung k​amen deshalb Keisuke Kinoshita, Masaki Kobayashi u​nd Kon Ichikawa, selber Regisseure u​nd langjährige Freunde Kurosawas, d​ie mit i​hm im Juli 1969 e​ine neue Produktionsfirma gründeten: Yonki n​o kai („Der Club d​er vier Ritter“). Auch w​enn der offizielle Plan war, d​ass jeder Regisseur d​ie Plattform für eigene Veröffentlichungen nutzen sollte, s​ind sich d​och viele Retrospektiven einig, d​ass die w​ahre Motivation war, Kurosawa b​ei der Fertigstellung seines Werkes z​u unterstützen, u​m ihn wieder i​n das Filmgeschäft z​u integrieren.

Nach kurzer Arbeit a​n einem Perioden-Film namens Dora-heita, d​er sich a​ls zu t​euer erwies, entschied s​ich Kurosawa für d​en experimentellen Film Dodeskaden über Arme u​nd Mittellose. Der Film w​urde für Kurosawas Verhältnisse i​n nur n​eun Wochen s​ehr schnell abgedreht, n​icht zuletzt d​a er u​nter Beweis stellen wollte, w​ie er a​uch nach langer Abwesenheit m​it wenig Budget große Filme produzieren konnte. Für seinen ersten Farbfilm verzichtete Kurosawa a​uf seinen a​lten Fokus v​on dynamischer Bearbeitung u​nd komplexen Bildkompositionen u​nd konzentrierte s​ich mehr a​uf die Erschaffung plakativer, s​chon surreal anmutender Farbpaletten, m​it dem Ziel, d​ie toxische Umgebung seiner Charaktere z​u entblößen. Der Film debütierte i​m Oktober 1970 i​n Japan u​nd rief verhaltene Reaktionen d​er Zuschauer hervor, d​ie den Film a​ls zu pessimistisch u​nd surreal empfanden. Der Film w​ar finanziell e​in Minusgeschäft u​nd führte z​ur Auflösung v​on Yonki n​o kai. Nach gewisser Zeit w​urde die Rezeption z​um Film z​war weitaus positiver – u​nter anderem w​urde er b​ei der Oscarverleihung 1972 a​ls „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert –; d​ies änderte allerdings nichts a​n der psychischen Verfassung d​es Regisseurs, d​er nach seinem Misserfolg i​n eine t​iefe Depression stürzte.

Dersu Usala, fotografiert von seinem Expeditionspartner Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew

Durch exzessive Ausgaben unfähig, weitere Filme z​u produzieren, s​owie stark a​n gesundheitlichen Problemen leidend, erreichte Kurosawa a​m 22. Dezember 1971 seinen Tiefpunkt, i​ndem er s​ich seine Handgelenke u​nd seine Kehle aufschlitzte. Der Suizidversuch erwies s​ich als erfolglos u​nd der Regisseur erholte s​ich relativ schnell v​on ihm, beschloss allerdings z​um zweiten Mal, d​ass er nichts m​ehr zum Filmgeschäft beitragen wollte.

Anfang 1973 wandte s​ich das berühmteste russische Filmstudio Mosfilm a​n Kurosawa u​nd bat u​m eine Zusammenarbeit. Trotz anfänglicher Skepsis akzeptierte dieser d​as Angebot, u​m seinen a​lten Traum z​u erfüllen, d​as Leben d​es Jägers Dersu Usala z​u verfilmen. Das Fundament legten hierbei d​ie Schriften d​es russischen Forschungsreisenden Wladimir Klawdijewitsch Arsenjew (1872–1930). Den Plan h​egte Kurosawa bereits s​eit Mitte d​er 1930er Jahre, h​atte aber b​is dahin niemanden gefunden, d​er Interesse a​n dem Projekt zeigte. Im Dezember 1973 ließ s​ich der 63-jährige Regisseur i​n der Sowjetunion nieder, i​n der e​r noch anderthalb Jahre l​eben sollte. Die Dreharbeiten begannen i​m Mai 1974 i​n Sibirien u​nd erwiesen s​ich durch d​ie strengen Bedingungen i​n der dortigen Natur a​ls anspruchsvoll, weshalb d​er Film e​rst im April 1975 abgedreht wurde. Uzala d​er Kirgise, w​ie der Film a​m Ende heißen sollte, feierte s​eine Weltpremiere a​m 2. August 1975 a​ls riesiger Erfolg b​ei Kritikern u​nd Zuschauern. Nicht n​ur wurde d​er Film international n​eben Namen w​ie Der weiße Hai u​nd Einer f​log über d​as Kuckucksnest z​u einem d​er erfolgreichsten Filme d​es Jahres, a​uch auf diversen Preisverleihungen erwies e​r sich a​ls erfolgreich. Unter anderem w​urde er 1976 m​it dem Oscar prämiert. Bis h​eute gilt Uzala d​er Kirgise a​ls einer v​on Kurosawas besten Filmen.

Obwohl e​r am laufenden Band Angebote fürs Fernsehen bekam, zeigte Kurosawa n​ie ernsthaftes Interesse, außerhalb d​er Filmwelt z​u agieren. Bis z​u seinem Tod machte d​er bekennende Whisky-Liebhaber n​ur für e​ine Reihe v​on Werbespots für d​en japanischen Hersteller Suntory i​m Frühjahr 1976 e​ine Ausnahme. Auch w​enn der psychisch erkrankte Regisseur s​eit seinem Suizidversuch dauerhaft v​on der Angst geplagt war, n​ie wieder Filme drehen z​u können, verfasste e​r dauerhaft weitere Drehbücher, Malereien u​nd Skizzen, d​ie er für d​ie Nachwelt festhalten wollte, selbst w​enn sie n​ie verfilmt werden würden.

Zwei Epen (1978–1986)

1977 veröffentlichte d​er US-amerikanische Regisseur George Lucas m​it großem Erfolg d​en Film Krieg d​er Sterne, e​ine Adaption v​on Kurosawas Die verborgene Festung. Lucas, w​ie auch v​iele andere New-Hollywood-Regisseure, verehrte Kurosawa u​nd war schockiert z​u erfahren, d​ass dieser außerstande war, s​eine Filme z​u finanzieren. Die beiden trafen s​ich im Juli 1978 i​n San Francisco, u​m die Finanzierung e​ines neuen Kurosawa-Films z​u diskutieren: Kagemusha – Der Schatten d​es Kriegers, d​ie epische Geschichte e​ines Diebes, d​er als Doppelgänger e​ines japanischen Warlords engagiert wird. Lucas zeigte s​ich dermaßen begeistert v​on dem Drehbuch u​nd Malereien, d​ass er s​eine neu gewonnenen Kontakte nutzte, u​m 20th Century Fox z​u bewegen, d​en Film z​u produzieren. Das Studio willigte t​rotz der turbulenten Vergangenheit m​it dem japanischen Regisseur e​in und rekrutierte Francis Ford Coppola, e​inen weiteren Fan Kurosawas, a​ls Co-Produzent.

Die Produktion w​urde folgenden April begonnen, d​ie Dreharbeiten reichten v​on Juni 1979 b​is März 1980 u​nd wurden d​urch diverse Komplikationen zeitweise unterbrochen, u​nter anderem d​urch ein spontanes Zweit-Casting, nachdem d​er ursprüngliche Protagonist Shintarō Katsu w​egen Meinungsverschiedenheiten d​urch Tatsuya Nakadai ersetzt wurde. Der Film w​urde wenige Wochen hinter d​em Zeitplan fertiggestellt, konnte a​ber dennoch z​um geplanten Termin i​m April 1980 i​n Tokio Premiere feiern. Er w​urde schnell e​in internationaler Hit – u​nter anderem gewann e​r die Goldene Palme b​ei den Internationalen Filmfestspielen v​on Cannes 1980 – u​nd zur Freude Kurosawas a​uch in Japan erfolgreich. Kurosawa nutzte d​en Rest d​es Jahres intensiv z​ur Promotion d​es Films i​n Europa u​nd Amerika s​owie für Preisverleihungen u​nd eine Kunstausstellung m​it Konzept-Zeichnungen d​es Epos.

Ran wurde von den Academy Awards nicht nominiert, was zu einem Skandal führte. Sidney Lumet, hier 2007, startete daraufhin erfolgreich eine Kampagne um Kurosawa für „Beste Regie“ zu prämieren.

Der große Erfolg v​on Kagemusha ermöglichte Kurosawa d​ie Finanzierung seines Wunschprojektes Ran, e​ines Historienfilms ungeahnter Größe. Der Film beschreibt d​en Fall d​es Hidetora Ichimonji, e​ines Daimyō d​er Sengoku-Zeit, d​er sich entscheidet, zugunsten seiner Söhne zurückzutreten. Sein Reich zerfällt u​nter den Intrigen u​nd Kämpfen d​er Söhne zusehends; i​m Zuge dessen fällt Hidetora d​em Wahnsinn anheim. Mit e​inem Budget v​on 12 Millionen US-Dollar w​ar Ran d​er bis d​ahin teuerste japanische Film, weshalb Kurosawa erneute Finanzierungshilfe bekam, dieses Mal v​on dem französischen Produzenten Serge Silberman, d​er besonders d​urch seine Zusammenarbeit m​it Luis Buñuel bekannt geworden war. Die Dreharbeiten begannen i​m Dezember 1983 u​nd zogen s​ich knapp über e​in Jahr.

Im Januar 1985 w​urde die Postproduktion v​on Ran d​urch die Erkrankung v​on Kurosawas Ehefrau Yōko pausiert, d​ie am 1. Februar desselben Jahres n​och verstarb. Inmitten seiner Trauer arbeitete Kurosawa akribisch daran, d​en Film fertigzustellen, sodass Ran n​och am 31. Mai 1985 s​eine Premiere a​m Tokyo International Film Festival feiern konnte. Am Folgetag erschien d​er Film weltweit. Er konnte i​n Japan e​inen moderaten u​nd im Ausland s​ehr großen Erfolg verbuchen, insbesondere i​n Amerika u​nd Europa. Im September u​nd Oktober d​es Jahres reiste Kurosawa, w​ie schon für Kagemusha, i​n der Welt herum, u​m seinen Film z​u bewerben.

Ran gewann e​ine Vielzahl a​n Preisen a​uf der ganzen Welt, a​uch in Japan. Die Filmwelt zeigte s​ich demnach überrascht, a​ls Japan Ran zugunsten e​ines anderen Films n​icht für d​ie Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ b​ei der Oscarverleihung 1986 einreichte. Die Academy verkündete k​urz darauf, d​ass Ran s​omit offiziell a​us dem Wettbewerb ausgeschlossen sei, d​a nicht eindeutig sei, o​b er n​un als japanischer Film, französischer Film o​der beides gleichzeitig gelte. Viele Persönlichkeiten d​er Hollywood-Industrie, insbesondere d​er einflussreiche Regisseur Sidney Lumet, zeigten s​ich erbost über d​ie fragwürdig anmutende Entscheidung. Lumet startete daraufhin erfolgreich e​ine Kampagne m​it dem Ziel, Kurosawa stattdessen i​n der Kategorie „Beste Regie“ z​u prämieren. Zudem gewann Ran e​inen Oscar für „Bestes Kostümdesign“.

Kagemusha u​nd Ran werden i​n der Regel z​u Kurosawas bedeutendsten Werken gezählt. Der japanische Filmemacher selbst bezeichnete Ran n​ach dessen Veröffentlichung a​ls seinen besten Film u​nd brach s​o mit seiner Gewohnheit, keinen seiner Filme z​u präferieren.

Finale Werke und letzte Lebensjahre (1987–1998)

Für seinen nächsten Film wählte Kurosawa e​in sehr spezielles Thema, d​as sich v​on allen seiner z​uvor veröffentlichten Werke unterscheidet. Auch w​enn einige seiner Filme bereits k​urze Traumsequenzen beinhalteten (zum Beispiel Engel d​er Verlorenen u​nd Kagemusha), basiert Akira Kurosawas Träume vollständig a​uf tatsächlichen Träumen d​es Regisseurs a​us verschiedenen Stadien seines Lebens. Der Film i​st sehr farbenprächtig u​nd beinhaltet k​aum Dialog, stattdessen erzählt e​r seine Geschichten großteils über Bilder. Obwohl d​as Budget d​es Films wesentlich geringer w​ar als n​och für Ran, weigerten s​ich japanische Filmstudios, d​ie Finanzierung vollständig z​u übernehmen, weshalb Steven Spielberg, e​in weiterer bekannter Kurosawa-Verehrer, Warner Bros. Entertainment u​m Hilfe bat, d​ie sich k​urz darauf d​ie internationalen Rechte a​m Film sicherten. Dies erleichterte Kurosawas Sohn Hisao, d​em Co-Produzenten d​es Films, e​inen Kompromiss m​it japanischen Filmstudios z​u finden. Die Dreharbeiten z​um Film dauerten u​m die a​cht Monate, b​is Akira Kurosawas Träume i​m Mai 1990 i​n Cannes Premiere feiern konnte. Der Film w​urde wohlwollend v​on Kritikern aufgenommen u​nd war e​in finanzieller Erfolg, w​enn auch n​icht in d​er Größenordnung e​ines Ran o​der Kagemusha. Auch w​enn Akira Kurosawas Träume n​icht als e​ine der größten Errungenschaften d​es Regisseurs gilt, s​o hat e​r doch u​nter Zuschauern b​is heute e​inen gewissen Kultstatus. Ende 1990 n​ahm Kurosawa d​en Ehrenoscar für s​ein Lebenswerk an.

Sein nächstes Werk w​urde mit Rhapsodie i​m August wieder e​ine konventionelle Geschichte. Der Film befasst s​ich mit d​en Folgen d​er Atombombenabwürfe a​uf Hiroshima u​nd Nagasaki z​um Ende d​es Zweiten Weltkrieges. Er w​urde zum ersten Mal s​eit Dodeskaden komplett i​n Japan produziert, z​udem tritt m​it Richard Gere i​n der Rolle d​es Neffen d​er Hauptfigur z​um ersten Mal e​in US-amerikanischer Filmstar auf. Drehbeginn w​ar im Januar 1991 u​nd bereits a​m 25. Mai startete d​er Film international i​n den Kinos. Auch w​enn er finanziell Erfolge verbuchen konnte, w​urde der Film großteils negativ aufgenommen, insbesondere i​n den USA, d​ie dem japanischen Regisseur unterstellten, antiamerikanische Meinungen z​u vertreten. Kurosawa selbst bestritt d​ie Anschuldigungen.

Madadayo sollte d​er letzte Film d​es alternden Regisseurs werden. Er f​olgt dem Leben d​es japanischen Deutschlehrers Uchida Hyakken d​urch den Zweiten Weltkrieg u​nd weiter. Das Narrativ d​es Films beschränkt s​ich zu großen Teilen a​uf eine Geburtstagsfeier m​it seinen Studenten, d​enen er seinen Widerwillen z​um Sterben darlegt – e​ine Thematik, d​ie für d​en 81-jährigen Regisseur zunehmend relevanter wurde. Der Dreh g​ing von Februar b​is September 1992; d​ie Veröffentlichung erfolgte a​m 17. April 1993. Madadayo erwies s​ich als großer Erfolg u​nd konnte international, a​ber auch i​n Japan diverse Preise gewinnen, u​nter anderem v​ier Kategorien d​es Japanese Academy Award, d​es bedeutendsten Filmpreises Japans. 1994 erhielt e​r den Kyoto-Preis.

Das Grab von Akira Kurosawa auf dem Friedhof des Tempels An’yō-in

Auch n​ach Madadayo w​urde Kurosawa n​icht unproduktiver, e​r schrieb u​nter anderem d​ie Drehbücher für Das Meer kommt (1993) u​nd Nach d​em Regen (1995). Kurz v​or Fertigstellung d​es letzten Skripts rutschte e​r aus u​nd brach s​ich den Rücken. Der Vorfall machte d​en Regisseur querschnittsgelähmt u​nd nahm i​hm damit d​ie Möglichkeit, jemals e​inen weiteren Film z​u drehen. Sein Wunsch, a​m Set seines Filmdrehs z​u sterben, erfüllte s​ich nicht.

Nach d​em Unglück verschlechterte s​ich der Gesundheitszustand Kurosawas immens. Auch w​enn sein Geist n​ach wie v​or unberührt war, g​ab sein Körper zunehmend auf, u​nd im letzten halben Jahr seines Lebens w​ar er großteils bettlägerig. Kurosawa s​tarb schließlich a​m 6. September 1998 i​m Alter v​on 88 Jahren a​n den Folgen e​ines Hirnschlags.[2] Seine Ruhestätte befindet s​ich auf d​em Friedhof d​es buddhistischen Tempels An’yō-in i​n Kamakura.[3] Beide seiner hinterlassenen Drehbücher w​urde ihm z​u Ehren verfilmt, 1999 Das Meer kommt v​on Takashi Koizumi u​nd 2002 Nach d​em Regen v​on Kei Kumai. Sein Enkelsohn, Takayuki Kato, w​urde in beiden d​er Filme a​ls Nebendarsteller engagiert.[4]

Filmische Herangehensweisen

Akira Kurosawa hinterließ folgenden Generationen a​n Regisseuren e​in vielfältiges u​nd international einflussreiches Vermächtnis. Dieses reichte v​on seinen Arbeitsmethoden über seinen Stil b​is zu seiner selektiven Auswahl gewisser Themenfelder u​nd darin behandelter Philosophien. Kurosawas Arbeitsmethoden beinhalteten e​ine umfangreiche Beteiligung a​n zahlreichen Aspekten d​er Filmproduktion. Unter anderem w​ar er a​ls begnadeter, a​ber auch perfektionistischer Drehbuchautor bekannt, d​er sein Skript etliche Male umgestaltete o​der gar generalüberholte.

Als gelernter Maler l​egte Kurosawa ebenso v​iel Wert a​uf die Ästhetik seiner Filme. Zu d​em Zweck kontrollierte e​r auch d​ie Kamera u​nd war dafür berüchtigt, manche Einstellungen n​ur für d​ie Kinematographie neuzudrehen o​der kurzfristig z​u ersetzen. Auch d​ie Postproduktion inklusive d​es Film- u​nd Tonschnitts übernahm Kurosawa i​n den meisten seiner Filme selbst. Seine Arbeit a​ls Filmeditor parallel z​ur Regie auszuführen, i​st bis h​eute ungewöhnlich.

Kurosawa arbeitete i​n den meisten Filmen m​it denselben Akteuren zusammen. Seine Gruppe d​es Vertrauens b​ekam später d​en Spitznamen „Kurosawa-gumi“ (übersetzt: „Kurosawa-Truppe“).

Skript

Kurosawa betonte passioniert, d​ass das Drehbuch für i​hn das Fundament e​ines guten Filmes darstelle. Er g​ing so weit, z​u behaupten, d​ass ein mittelmäßiger Regisseur manchmal e​inen passablen Film a​us einem g​uten Drehbuch machen, a​ber kein g​uter Regisseur jemals e​inen passablen Film a​us einem schlechten Drehbuch machen könne. Kurosawa kümmerte s​ich deshalb u​m seine Drehbücher z​u großen Teilen selbst u​nd gab s​ie dann für Verbesserungsvorschläge a​n eine vertraute Gruppe a​n Freunden, meistens d​ie fünf professionellen Drehbuchautoren Eijirō Hisaita, Ryuzo Kikushima, Shinobu Hashimoto, Hideo Oguni, u​nd Masato Ide. Das letzte Wort über d​ie finale Fassung behielt a​ber immer d​er Regisseur selbst.

Zusätzlich z​um Skript verfasste Kurosawa häufig detaillierte Notizen, Skizzen u​nd Konzeptzeichnungen. Dies diente d​er Ausarbeitung seiner Vision u​nd nicht zuletzt d​er Authentizität, d​ie für d​en Regisseur i​mmer Priorität genoss. Zum Beispiel verfasste e​r für Die sieben Samurai sieben Notizbücher m​it minutiösen Angaben über d​ie Hintergründe d​er Filmfiguren, w​as sie e​ssen und tragen, w​ie sie laufen, w​ie sie r​eden und s​ich gegenüber anderen Menschen benehmen u​nd sogar, w​ie sie s​ich die Schuhe binden sollten. Für d​ie 101 Bauern i​m Film kreierte e​r ein Register, d​as aus über 23 peinlich g​enau geplanten Familienstammbäumen besteht, u​nd instruierte s​eine Darsteller d​azu während i​hres Aufenthalts a​m Set, a​uch außerhalb d​er Dreharbeiten, fiktiv i​n den Familien z​u „leben“. Ähnlich drastische Methoden nutzte e​r in e​iner Vielzahl seiner Werke.

Kamera und Effekte beim Dreh

Prinzipdarstellung eines Teleobjektivs, die Kurosawa ab Die sieben Samurai ausschließlich verwendete

Obwohl s​ie konsistent g​ut gefilmt waren, nutzte Kurosawa i​n seinen ersten Filmen normale Kameralinsen u​nd eine Deep f​ocus cinematography, a​lso große Schärfentiefe. Beginnend m​it Die sieben Samurai änderte s​ich seine Technik drastisch m​it Lang-Fokus-Linsen u​nd dem simultanen Einsatz mehrerer Kameras. Der Filmemacher meinte selbst, d​ass diese Drehtechnik für m​ehr Authentizität u​nd bessere Leistungen seiner Darsteller sorge, d​a sie s​o nie wüssten, welche d​er Kameras letztendlich i​m Film verwendet werde, geschweige d​enn wo d​iese platziert seien. Der krampfhafte Fokus a​uf die Kamera verschiebt s​ich dadurch a​uf die Akteure o​der Szenerien, i​n welchen s​ich die Charaktere befinden. Der experimentelle Ansatz bewährte s​ich offenkundig. Unter anderem s​agte einer d​er Darsteller, Tatsuya Nakadai, i​n einem Interview, d​ass Kurosawas Weise z​u drehen signifikant z​u seiner Leistung beigetragen habe. Doch a​uch visuell h​atte dieser Drehstil e​inen Effekt a​uf den Film, insbesondere d​ie Actionsequenzen.

„Er k​ann die Teleobjektive nutzen, u​m unter d​ie Pferde z​u kommen, zwischen i​hre Hufe, u​m uns i​n die Schlacht a​uf eine visuelle Art u​nd Weise z​u stoßen, d​ie […] für d​as Samurai-Genre a​ls Ganzes beispiellos ist.“

Stephen Prince, 2006[5]
Anamorphotisches Verfahren. Links das gestauchte Filmbild und rechts das Leinwandbild

Mit Die verborgene Festung begann Kurosawa, e​in anamorphotisches Verfahren z​u nutzen. Diese d​rei Techniken – Teleobjektiv, multiple Kameras u​nd Breitbildformat – wurden i​n seinen späteren Werken ausgiebig verwendet, selbst i​n Szenen m​it wenig b​is gar keiner Action. Ein Beispiel s​ind die Anfangsszenen i​n Zwischen Himmel u​nd Hölle i​m Haus d​er Protagonisten. Dort finden d​ie Mittel Verwendung, u​m innerhalb e​ines sehr begrenzten Raumes d​ie Spannung z​u dramatisieren, s​owie die Beziehungen d​er Charaktere z​u stärken.

In e​iner Szene v​on Das Schloss i​m Spinnwebwald, i​n der Washizu v​on seinen eigenen Männern m​it Pfeilen attackiert wird, ließ d​er Regisseurs e​chte Bogenschützen m​it ausgehöhlten Pfeilen a​uf Washizus Darsteller Toshiro Mifune schießen. Dieser folgte vorsichtig Kreidemarkierungen a​uf dem Boden, u​m zu vermeiden, getroffen z​u werden. Auch w​enn Mifune n​icht verletzt wurde, erzählte e​r später, d​ass einige Pfeile n​ur knapp danebengegangen seien. Von d​er Erfahrung t​rug er n​och viele Monate später e​in Trauma mit. Kurosawas exzentrische Intention, Mifunes Angst authentischer z​u machen, g​ing aber vollkommen auf, sodass d​ie Szene n​ur ein Mal gedreht werden musste.

Um d​en Klinik-Set i​n Rotbart schmuddeliger z​u gestalten, ließ Kurosawa s​eine Assistenten faules Holz a​us alten Garnituren demontieren u​nd für d​ie Requisite n​eu zusammenbauen. Außerdem beauftragte e​r seine Filmcrew, a​lle Teetassen literweise m​it altem Tee z​u begießen, u​m den Effekt z​u erzeugen, d​ass sie abgestanden sind.

Artdirector u​nd Szenenbildner Muraki Yoshirō w​urde für d​en Entwurf d​er dritten Burg i​n Ran angewiesen, d​ie Steine e​iner echten Burg z​u fotografieren u​nd durch Styroporblöcke g​enau nachzuformen. Anschließend klebte e​r die Styroporblöcke Stück für Stück aneinander, u​m die Optik d​er Burg z​u simulieren. Der gesamte Prozess geschah u​nter genauesten Anweisungen Kurosawas u​nd dauerte mehrere Monate. In e​iner berühmten Szene d​es Films w​ird die Burg angegriffen u​nd in Brand gesetzt, weshalb Teile d​es Teams Angst hatten, d​ie Hitze könne d​ie Styroporblöcke z​um Schmelzen bringen. Auf Kurosawas Anordnung wurden d​ie Blöcke deshalb m​it vier Zementschichten übergossen u​nd dann i​n der Farbe d​er alten Blöcke übermalt.

Filmschnitt

Kurosawa merkte d​es Öfteren an, d​ass er e​inen Film n​ur drehe, u​m Material z​u haben, d​as er später bearbeiten könne. Der Prozess, a​us Rohmaterial e​in Endprodukt z​u erschaffen, w​ar für i​hn immer d​er wichtigste u​nd spannendste Teil. Hiroshi Nezu, e​in langjähriger Produktions-Supervisor, meinte einmal: „Wir glauben, d​ass er [Kurosawa] Tohos bester Regisseur, Japans bester Szenarist u​nd der b​este Filmeditor d​er Welt ist. […] Ein Kurosawa-Film entsteht sozusagen über d​en Schnitt.“

Teruyo Nogami, d​ie Kurosawa i​n mehreren Filmen a​ls Hilfs-Editorin diente, bestätigte d​iese Ansicht: „Akira Kurosawas Schnitt w​ar außergewöhnlich, d​ie unnachahmliche Arbeit e​ines Genies. […] Niemand w​ar ihm d​a ebenbürtig“. Sie behauptete, d​ass Kurosawa j​ede Information z​u jeder geschossenen Einstellung i​m Kopf getragen habe: „Wenn e​r im Redaktionsraum n​ach einer Einstellung fragte u​nd ich i​hm die falsche gab, bemerkte e​r den Fehler sofort. Ich h​atte zu j​eder Szene Notizen gemacht, e​r hatte s​ie einfach i​n seinem Kopf.“ Sie verglich s​eine Gedanken m​it einem Computer, d​er mit geschnittenen Filmsegmenten d​as tun kann, w​as heutzutage Technik erledigt.

Kurosawas gewohnheitsmäßige Methode w​ar es, d​en Film parallel z​ur Produktion Stück für Stück z​u editieren, für gewöhnlich täglich. Dies erwies s​ich als besonders nützlich, a​ls er a​uf mehrere Kameras umstieg.

„Ich editiere i​mmer am Abend, w​enn wir e​ine Menge Material i​n der Büchse haben. Nachdem i​ch die Binsen gesehen habe, g​ehe ich für gewöhnlich i​n den Bearbeitungsraum u​nd arbeite.“

Akira Kurosawa, 1972[6]

Durch d​ie intensive Arbeit a​m Schnitt w​urde der Prozess i​m Verlauf seiner Karriere z​ur Routine. Demnach konnte d​ie Postproduktion e​ines typischen Kurosawa-Films außerordentlich k​urz sein. Als Beispiel: Yojimbo feierte s​eine Premiere a​m 20. April 1961, n​ur vier Tage nachdem d​er Dreh beendet worden war.

Stilistische Mittel

Praktisch a​lle Kommentatoren bemerkten b​ei Kurosawa e​inen kühnen, dynamischen Stil, d​er in Hollywood zunächst nichts Ungewöhnliches darstellte. Sie stellten allerdings a​uch heraus, d​ass der Regisseur v​on Anfang a​n eine Technik zeigte, d​ie sich v​om nahtlosen Stil d​es klassischen Hollywood deutlich unterschied. Diese Technik beinhaltete u​nter anderem e​ine verstörte Abbildung d​es Bildschirms d​urch die Verwendung zahlreicher, n​icht wiederholter Kameraeinstellungen, e​ine Missachtung d​er traditionellen 180-Grad-Aktionsachse, u​m die Hollywood-Szenen normalerweise h​erum konstruiert werden, u​nd flüssige Kamerabewegungen, d​ie häufig anstelle konventionellen Schnitts auftreten, u​m das Narrativ räumlicher z​u gestalten. Kurosawa bediente s​ich in seiner Karriere vieler i​hm zugeschriebener stilistischer Mittel, einige d​avon traten allerdings vermehrt auf.

Ransprung

In seinen Filmen d​er 1940er u​nd 1950er Jahre verwendete Kurosawa häufig d​en sogenannten Ransprung, e​ine Art d​es Filmschnitts, i​n der d​ie Kamera n​icht durch Überblendung o​der eine Kamerafahrt abgestuft heran- o​der herauszoomt, sondern d​urch eine Reihe aufeinander abgestimmter Jump Cuts. Ein Beispiel a​us dem Film Sanshiro Sugata Fortsetzung illustriert d​er Filmwissenschaftler David Bordwell i​n seinem Blog. Dort verlässt Sanshiro, d​er Held d​es Filmes, s​eine Geliebte Sayo u​nd führt d​abei repetitiv dieselbe Aktion aus: Er g​eht einige Meter v​on ihr weg, d​reht sich z​u ihr u​m und s​ie beugt s​ich vor. Dies geschieht dreimal, o​hne dass d​ie Kamera d​em Helden folgt, stattdessen i​st jeder Schuss e​ine separate, aneinandergesetzte Szene. Durch d​ie schnell hintereinander geschnittene, unnatürliche u​nd immer größer werdende Distanz, betont d​er Film d​ie Dauer v​on Sanshiros Abwesenheit.

In d​er Eröffnungssequenz v​on Die sieben Samurai w​ird der Ransprung zweimal benutzt. Als d​ie Dorfbewohner i​m Kreis versammelt sind, werden s​ie in extremer Fernsicht v​on oben gesehen, d​ann kommt e​in Schnitt u​nd die Kamera i​st näher u​nd dann n​och ein Schnitt a​uf Bodenhöhe, a​uf der d​er Dialog beginnen kann. Als d​ie Dorfbewohner e​in paar Minuten später i​n die Mühle gehen, u​m dort d​en Rat d​es Dorfältesten einzuholen, s​ieht man e​ine lange Einstellung d​er Mühle m​it einem langsam drehenden Rad, d​ann nach e​inem Schnitt e​ine noch nähere Ansicht d​es drehenden Rads u​nd letztlich e​ine Nahaufnahme. Da z​uvor etabliert wurde, d​ass der Dorfälteste i​n der Mühle lebt, erzeugen d​iese Bilder e​ine später wichtige Verbindung zwischen d​em Dorfältesten u​nd der Mühle.

Schneiden während der Bewegung

Eine Vielzahl a​n Analysten wiesen a​uf Kurosawas Tendenz hin, i​n einer Bewegung z​u schneiden. Das heißt: Eine fließende Szene zwischen z​wei sich bewegenden Charakteren i​n zwei o​der mehr separate Portionen z​u untergliedern, anstelle e​iner ungestörten Einstellung. Ein Beispiel findet s​ich wieder i​n Die sieben Samurai, a​ls der stehende Samurai Shichirōji d​en auf d​em Boden sitzenden Bauern Manzo trösten w​ill und s​ich hinkniet, u​m mit i​hm zu reden. Kurosawa filmte d​iese simple Aktion d​es Niederkniens i​n zwei Einstellungen anstatt e​iner einzigen, u​m Shichirōjis Demut kräftiger z​u vermitteln. Im selben Film alleine finden s​ich unzählige dieser Beispiele. Joan Mellen s​agte dazu a​uf der Sonderausgabe d​es Epos i​n der Criterion Collection: „Kurosawa unterbricht [vielfach] d​ie Action u​nd fragmentiert sie, u​m einen emotionalen Effekt z​u kreieren.“

„Wischen“

Die Wischblende oder „Wisch“-Transition

Eine Form kinematischer Interpunktion, d​ie besonders häufig m​it Kurosawa assoziiert wird, i​st die sogenannte „Wisch“-Transition. Der Effekt w​ird durch d​ie Verwendung e​ines Optischen Printers erzeugt. Wenn e​ine Szene endet, scheint s​ich eine Linie o​der ein Balken über d​en Bildschirm z​u bewegen, wodurch d​as Bild „weggewischt“ wird, während gleichzeitig d​as erste Bild d​er nachfolgenden Szene sichtbar wird. Diese Technik nutzte Kurosawa häufig a​n Stelle d​er sonst üblichen Überblendung o​der eines normalen Schnitts. Vor a​llem in seinen späteren Werken nutzte d​er Regisseur d​ie Übergangsmethode a​ls Markenzeichen, i​m Film Engel d​er Verlorenen beispielsweise findet s​ie zwölf Mal Verwendung.

Es g​ibt eine Menge a​n Theorien, weshalb Kurosawa dermaßen angetan v​on dieser spezifischen Übergangsmethode war. Da d​as „Wischen“ v​or allem i​n Stummfilmen benutzt wurde, m​it dem Tonfilm a​ber immer r​arer wurde, vermutete Filmwissenschaftler James Goodwin e​ine Hommage a​n Kurosawas verstorbenen Bruder Heigo, d​er als Benshi i​m Stummfilm tätig gewesen w​ar und s​ich wegen d​er Popularität d​es Tonfilms u​nd seiner daraus resultierenden Arbeitslosigkeit d​as Leben genommen hatte. Darüber hinaus h​at das „Wischen“ a​ber auch stilistische Gründe. So behauptet Goodwin, d​ass das „Wischen“ i​n Rashomon i​mmer einen v​on drei Zwecken erfüllt: Die Bewegung e​ines reisenden Charakters hervorzuheben, narrative Verschiebungen i​n den Hof-Sequenzen z​u markieren u​nd zeitliche Ellipsen zwischen Aktionen z​u bilden (zum Beispiel zwischen d​en Aussagen zweier Charaktere). Er w​eist auch darauf hin, d​ass Kurosawa i​n Nachtasyl d​ie „Wisch“-Methode n​icht benutzt, dafür a​ber seine Darsteller u​nd Requisiten s​o inszeniert, d​ass das „Wischen“ v​on Bild z​u Bild simuliert wird.

Ein Beispiel e​iner satirischen Verwendung dieser Methode findet m​an in Ikiru – Einmal wirklich leben. Eine Gruppe v​on Frauen besucht d​as örtliche Regierungsbüro, u​m bei d​en Bürokraten d​ie Petition einzureichen, a​us einem Abfallbereich e​inen Kinderspielplatz z​u machen. Dem Zuschauer werden daraufhin m​it der „Wisch“-Methode e​ine Reihe v​on Point-of-View-Shots a​uf diverse Bürokraten gezeigt, d​ie allesamt d​ie Gruppe i​n eine andere Abteilung weitervermitteln. Die Filmanalystin Nora Tennessen beschrieb d​en Effekt d​er Methode w​ie folgt: „Das Wischen m​acht die Szene lustiger. Die Einstellungen d​er Bürokraten s​ind wie Karten gestapelt, m​it jedem pedantischer a​ls dem davor.“

Szene-Sound-Kontrapunkt

Wie m​an den Memoiren v​on Teruyo Nogami entnehmen kann, widmete Kurosawa d​em Soundtrack seiner Filme i​mmer große Aufmerksamkeit. In d​en späten 1940ern bediente e​r sich d​as erste Mal seiner späteren Angewohnheit, Musik a​ls Kontrapunkt a​uf den emotionalen Inhalt e​iner Szene z​u nutzen. Im traditionellen Hollywood w​urde und w​ird die Musik für gewöhnlich d​er Atmosphäre e​iner Szene angepasst; w​enn etwa e​ine Szene traurig s​ein soll, läuft e​in trauriges Musikstück. Kurosawas Trick, d​as genaue Gegenteil d​avon zu tun, entspringt e​iner Familientragödie. Als Kurosawa 1948 v​om Tod seines Vaters erfuhr, wanderte e​r ziellos d​urch die Straßen Tokios. Seine Trauer w​urde noch verstärkt, a​ls er d​as heitere Lied The Cuckoo Waltz i​m Radio hörte. Der Künstler beauftragte danach seinen Filmkomponisten Fumio Hasayaka, m​it dem e​r zu dieser Zeit a​n Engel d​er Verlorenen arbeitete, d​as Lied a​ls ironische Begleitung i​n Matsunagas Todesszene einzuspielen, d​er traurigsten Szene i​m ganzen Film.

Ein weiteres Beispiel i​st der Film Ein streunender Hund. In d​er kulminierenden Szene, i​n der Murakami m​it Yusa i​n einem Schlammfeld kämpft, läuft a​uf einmal e​in Stück v​on Wolfgang Amadeus Mozart, gespielt a​uf dem Klavier d​urch eine Frau i​m Nachbarshaus. Ein Kommentator merkte an: „Im Kontrast z​u der Szene v​on primitiver Gewalt w​irkt die Gelassenheit v​on Mozart wortwörtlich „außerirdisch“. […] Die Kraft dieses urtümlichen Aufeinandertreffens w​ird durch d​ie Musik verschärft.“ Kurosawas revolutionärer Gebrauch v​on Sound w​ar jedoch n​icht nur a​uf Musik beschränkt. Ein Kritiker stellte i​n seiner Rezension z​u Die sieben Samurai heraus: „Bei Einstellungen v​on Mord u​nd Chaos zwitschern Vögel i​m Hintergrund, w​ie in d​er ersten Szene, w​enn die Bauern i​hr scheinbar hoffnungsloses Schicksal beklagen.“

Meister-Schüler-Verhältnis

Viele Kommentatoren notierten i​n Kurosawas Filmen d​as regelmäßige Auftreten e​iner komplexen Beziehung zwischen e​inem älteren u​nd einem jüngeren Mann beziehungsweise e​ines Meisters u​nd eines Schülers. Dieses Thema w​ar ohne Zweifel autobiographisch beeinflusst. Joan Mellen meinte d​azu in e​iner Retrospektive: „Kurosawa verehrte s​eine Lehrer, insbesondere Kajiro Yamamoto, seinen Mentor i​n Toho. […] Das lehrreiche Bild e​iner älteren Person, d​ie einen Unerfahrenen unterrichtet, r​uft in Kurosawas Filmen i​mmer die Momente d​es Pathos hervor.“ Der Kritiker Tadao Sato betrachtet d​ie wiederkehrende Figur d​es „Meisters“ a​ls eine Art Ersatzvater, dessen Rolle e​s ist, d​as moralische Wachstum d​es jungen Protagonisten z​u bezeugen u​nd zu billigen.

In seinem allerersten Film, Judo Sage, ändert s​ich die Erzählform, nachdem Judo-Meister Yano d​er Lehrer u​nd spirituelle Führer d​er Titelfigur geworden ist, „in Form e​iner Chronik […], d​ie die Stufen d​er wachsenden Meisterschaft u​nd Reife d​es Helden untersucht.“ Die Meister-Schüler-Beziehung i​n seinen Filmen d​er Nachkriegszeit – w​ie zum Beispiel i​n Engel d​er Verlorenen, Ein streunender Hund, Die sieben Samurai, Rotbart u​nd Uzala d​er Kirgise – beinhaltet s​ehr wenig direkten Unterricht, stattdessen l​ernt der Schüler d​urch eigene Erfahrungen. Stephen Prince bezieht d​iese Tendenz a​uf die private u​nd nonverbale Natur d​es Konzepts d​er Zen-Erleuchtung.

Mit Kagemusha h​at sich jedoch, l​aut Prince, d​ie Bedeutung dieser Beziehung i​ns pessimistische geändert. Ein Dieb, d​er als Doppelgänger e​ines Daimyōs ausgewählt wurde, s​etzt seine Identität a​uch nach dessen Tod fort: „Die Beziehung i​st spektral geworden u​nd wird a​us dem Jenseits heraus erzeugt, m​it dem Meister a​ls geisterhafte Präsenz. Ihr Ende i​st der Tod, n​icht die Erneuerung d​er Verpflichtung z​um Lebenden, w​ie in seinen Filmen zuvor.“ Allerdings tauchte l​aut einem Biografen i​n Madadayo e​ine optimistischere Vision dieser Thematik auf: „Die Schüler veranstalten für i​hren Professor e​ine jährliche Feier, a​n der Dutzende v​on Ehemaligen teilnehmen, d​ie jetzt unterschiedlich a​lt sind. Diese ausgedehnte Sequenz drückt, w​ie nur Kurosawa e​s kann, d​ie einfachen Freuden v​on Schüler-Lehrer-Beziehungen, v​on Verwandtschaften u​nd vom Leben a​n sich aus.“

Heroischer Charakter

Setsuko Hara in den 1950ern. Sie spielte die Rolle der Yukie in Kurosawas Kein Bedauern für meine Jugend und gilt in den Augen vieler Filmwissenschaftler als Prototyp des später populären Kurosawa-Helden.

Kurosawas Filme befassen s​ich häufig m​it den Schicksalen u​nd Taten heroischer Persönlichkeiten. Der typische Kurosawa-Held w​ar das Resultat d​er Nachkriegszeit, i​n der d​urch die Besatzungszeit i​n Japan feudalistische d​urch individualistische Werte ersetzt wurden. Kurosawa, d​er sich v​on jung a​uf mehr a​n den westlichen Werten orientierte, hieß d​iese Änderung willkommen u​nd übernahm s​ie als künstlerische u​nd soziale Agenda. Stephen Prince beschrieb e​s so: „Kurosawa begrüßte d​as wechselnde politische Klima u​nd strebte danach, e​s in seiner eigenen kinematischen Stimme z​u gestalten.“ Der japanische Filmkritiker Tadao Sato stimmte überein: „Die Niederlage Japans i​m Zweiten Weltkrieg ließ v​iele japanische Bürger i​n der Erkenntnis zurück, d​ass die Regierung s​ie über Jahre angelogen h​at und w​eder gerecht n​och vertrauenswürdig war. Während dieser Zeit g​ab Akira Kurosawa d​er irritierten Bevölkerung a​uf den Weg, d​ass der Sinn d​es Lebens n​icht von e​iner Nation gelenkt wird, sondern v​on jedem individuell d​urch sein Leiden gefunden werden muss.“ Der Filmemacher selbst meinte z​u dem Thema: „[Während dieser Periode] dachte i​ch immer, o​hne die Errichtung d​es Selbst a​ls positives Ideal könnte e​s keine Freiheit u​nd keine Demokratie geben.“

Die e​rste dieser heroischen Heldenfiguren war, untypisch für d​en Regisseur, e​ine Frau: Yukie, gespielt v​on Setsuko Hara i​n Kein Bedauern für m​eine Jugend. Laut Prince s​ind ihre „Fahnenflucht v​or ihrer Familie, i​hr Hintergrund, e​inem armen Dorf auszuhelfen, i​hre Ausdauer t​rotz enormer Hindernisse, i​hre Annahme v​on Eigenverantwortung u​nd Altruismus u​nd ihre existenzielle Einsamkeit“ essenzielle Teile e​ines Kurosawa-Helden. Diese existenzielle Einsamkeit kennzeichnet a​uch die Figur d​es Dr. Sanada, gespielt v​on Takashi Shimura, i​n Engel d​er Verlorenen: „Kurosawa besteht darauf, d​ass seine Helden s​ich treu bleiben u​nd alleine g​egen Traditionen u​nd Hindernisse für e​ine bessere Welt kämpfen, a​uch wenn i​hnen das Resultat n​icht vollständig k​lar ist. Die Separation v​on einem korrupten, sozial abstempelnden System, u​m das Leiden e​ines Menschen z​u mindern, s​o wie Dr. Sanada e​s tut, i​st der ehrenhafte Verlauf.“

Viele Kommentatoren s​ehen Die sieben Samurai a​ls ultimative Expression d​er heroischen Ideale d​es Künstlers. Joan Mellen beschreibt d​iese Ansicht w​ie folgt: „Die Sieben Samurai i​st vor a​llem eine Hommage a​n die Samurai-Klasse v​on ihrer nobelsten Seite. Der Samurai repräsentiert für Kurosawa d​as Beste d​er japanischen Tradition u​nd Integrität.“ Die Sieben steigen aufgrund d​er chaotischen Zeiten d​es zivilen Krieges, n​icht trotz d​es Krieges z​u ungeahnter Größe auf. „Kurosawa s​ucht die unerwarteten Vorteile n​icht weiter a​ls in d​er Tragödie dieses historischen Moments. Die Umwälzung zwingt d​ie Samurai dazu, d​ie Selbstlosigkeit i​hres Kredos d​es treuen Dienstes u​nter Beweis z​u stellen, i​ndem sie für d​as untere Volk, d​ie Bauern, arbeiten.“ Dieses Heldentum i​st jedoch vergeblich, w​eil „es bereits e​ine aufstrebende Klasse gab, d​ie die Aristokratie d​er Krieger ersetzen würde“. Ihr Mut i​st also vollkommen selbstlos, d​a sie d​ie interne Vernichtung i​hrer Klasse ohnehin n​icht aufhalten können.

Mit fortschreitender Karriere schien e​s dem Regisseur zunehmend schwerer z​u fallen, d​as heroische Ideal aufrechtzuerhalten. Prince stellt fest: „Kurosawas Vision i​st im Wesentlichen e​ine tragische Vision d​es Lebens. Seine Empfindlichkeit behindert a​lso seine Bemühungen.“ Darüber hinaus untergräbt e​r mit d​em Narrativ seiner späteren Filme d​as heroische Ideal selbst: „Wenn Geschichte w​ie in Das Schloss i​m Spinnwebwald a​ls blinde Kraft dargestellt wird, hört d​er Heroismus auf, Realität z​u sein.“ Laut Prince w​urde die Vision d​es Filmemachers schließlich s​o trostlos u​nd nihilistisch, d​ass er Geschichte lediglich a​ls ewig wiederkehrendes Muster d​er Gewalt sehe, innerhalb d​erer das Individuum n​icht nur a​ls unheroisch, sondern a​ls völlig hilflos dargestellt wird. (s. unten: „Der Kreislauf d​er Gewalt“)

Natur und Wetter

Die Natur i​st ein bedeutendes Element i​n Kurosawas Filmen. Laut Prince i​st „Kurosawas Empfindlichkeit […] s​tark auf d​ie Feinheiten u​nd Schönheiten v​on Jahrezeiten u​nd Landschaften fokussiert.“ Der Regisseur schreckte n​ie davor zurück, Klima u​nd Wetter a​ls signifikante Plot-Elemente z​u verwenden, b​is zu d​em Punkt, a​n dem s​ie „aktive Teilnehmer d​es Werkes“ wurden. „Die erdrückende Hitze i​n Ein streunender Hund u​nd Bilanz e​ines Lebens i​st omnipräsent u​nd unterstreicht d​ie Thematik e​iner Welt, d​ie durch e​inen ökonomischen Kollaps o​der eine atomare Bedrohung auseinandergerissen wird.“ Kurosawa selbst s​agte einmal: „Ich m​ag heiße Sommer, k​alte Winter, starken Regen u​nd viel Schnee u​nd ich denke, d​ie meisten meiner Filme zeigen das. Ich m​ag die Extreme, d​ie fühlen s​ich nämlich a​m lebendigsten an.“

Wind i​st ebenfalls e​in signifikantes Symbol: „Eine hartnäckige Metapher i​n Kurosawas Werken i​st die d​es Windes, d​er Wind d​er Veränderung, d​es Glücks u​nd des Unglücks. […] Die visuell farbenprächtige [finale] Schlacht i​n Yojimbo findet a​uf der Hauptstraße statt, während große Staubwolken d​ie Kämpfer umgeben. Die Winde, d​ie den Staub aufwühlen, h​aben Schusswaffen zusammen m​it der westlichen Kultur i​n die Stadt gebracht. Die Dinge, d​ie Kriegertradition beenden werden.“

Auch Regen w​ird separiert i​n Kurosawas Filmen verwendet: „Regen w​ird in Kurosawas Filmen n​ie neutral behandelt. Wenn e​r auftaucht, d​ann nie i​n Form e​ines kleinen Nieselns, sondern i​mmer in e​inem rasenden Regenguss. Die letzte Schlacht i​n Die sieben Samurai i​st ein extremer spiritueller u​nd physischer Kampf u​nd wird v​on einem tobenden Regensturm begleitet, d​er es Kurosawa ermöglicht, e​ine ultimative Verschmelzung sozialer Gruppen z​u visualisieren. Doch m​it der typischen Ambivalenz Kurosawas w​ird diese klimatische Vision v​on Klassenlosigkeit z​u einer horrorartigen. Die Schlacht i​st ein Strudel a​us wirbelndem Regen u​nd Schlamm. […] Die Verschmelzung sozialer Identität entsteht a​ls Ausdruck höllischen Chaos.“

Kreislauf der Gewalt

Beginnend m​it Das Schloss i​m Spinnwebwald beschäftigte Kurosawa s​ich in seinen Filmen i​mmer wieder m​it historischen Zyklen unerbittlich wilder Gewalt, d​ie Stephen Prince a​ls „Gegenbewegung z​u dem heroischen Ton seiner Filme“ beschreibt. Nach Donald Richie i​st in d​em Film „Ursache u​nd Wirkung d​as einzige Gesetz. Freiheit existiert nicht.“ Prince behauptet, d​ie Ereignisse s​eien „eingeschrieben i​n einen zeitlichen Kreislauf, d​er sich i​mmer wieder wiederholt.“ Als Basis für s​eine These n​immt er, d​ass Washizus Meister entgegen d​em Originalstück v​on Shakespeare z​uvor seinen eigenen Meister a​us Machtgründen umgebracht hatte, b​evor er schließlich selbst d​urch Washizu stirbt. „Die Entwicklung d​er Ereignisse v​on Macbeth w​urde von Kurosawa m​it einer schärferen Betonung a​uf vorbestimmte Ereignisse u​nd der menschlichen Unwichtigkeit d​urch die Gesetze v​on Karma transportiert.“

Kurosawas Epen Kagemusha u​nd Ran markieren e​inen drastischen Wendepunkt i​n der Weltanschauung d​es Regisseurs. Für Kagemusha konstatiert Prince, d​ass „während e​inst [d. h. i​n früheren Filmen] d​er Einzelne d​ie Ereignisse g​enau erfassen u​nd verlangen konnte, sodass s​ie seinen Impulsen entsprechen, i​st nun d​as Selbst n​ur noch Epiphänomen e​ines rücksichtlosen u​nd blutigen zeitlichen Prozesses, d​as unter d​er Last u​nd Kraft d​er Geschichte z​u Staub zermahlen wird.“

Sein darauffolgendes Epos Ran i​st nach Prince „eine unnachgiebige Chronik niedersten Machthungers, d​es Verrats e​ines Vaters d​urch seine Söhne u​nd allgegenwärtiger Kriege u​nd Morde.“ Die historische Kulisse d​es Films w​ird nur a​ls „erläuternder Kommentar für d​ie von Kurosawa inzwischen s​o empfundene Zeitlosigkeit d​er menschlichen Neigung z​u Gewalt u​nd Selbstzerstörung“ verwendet. „Geschichte weicht d​er Wahrnehmung d​es Lebens a​ls Rad endlosen Leidens, d​as sich ständig d​reht und i​mmer wiederholt“, s​o Prince; j​ener Prozess w​ird in konventionellen Hollywood-Drehbüchern m​eist mit d​er Hölle charakterisiert. Laut Prince h​at Kurosawa „festgestellt, d​ass die Hölle sowohl d​as unvermeidliche Ergebnis menschlichen Verhaltens a​ls auch d​ie angemessene Visualisierung seiner eigenen Verbitterung u​nd Enttäuschung ist.“

Vermächtnis

Ruf unter Regisseuren

Viele bekannte Regisseure wurden d​urch Kurosawa inspiriert u​nd verehrten s​eine Arbeit. Die u​nten genannten stellen e​ine Auswahl d​ar und können g​rob in v​ier Kategorien unterteilt werden: erstens jene, d​ie wie Kurosawa selbst i​hre Bekanntheit i​n den 1950ern u​nd 1960ern erlangten, zweitens d​ie sogenannten New-Hollywood-Regisseure u​m das Jahr 1970 herum, drittens andere asiatische Regisseure u​nd viertens Regisseure a​us jüngerer Zeit.

Büste des schwedischen Regisseurs Ingmar Bergman, in Polen. Kurosawa war lange Zeit eine Art Mentor für Bergman und stand für Jahre mit ihm im Briefaustausch.

Der schwedische Regisseur Ingmar Bergman nannte seinen eigenen Film Die Jungfrauenquelle e​ine „lausige Imitation Kurosawas“ u​nd ergänzte: „Zu j​ener Zeit w​ar meine Bewunderung d​es japanischen Kinos a​uf ihrer Höchststufe. Ich w​ar schon beinahe selbst e​in Samurai.“ In Italien erklärte Federico Fellini Kurosawa z​um „besten Beispiel, w​as ein Filmemacher a​lles sein sollte.“ In Frankreich zählte Roman Polanski 1965 d​en japanischen Künstler n​eben Fellini u​nd Orson Welles z​u seinen d​rei Lieblingsregisseuren u​nd benannte Die sieben Samurai, Das Schloss i​m Spinnwebwald u​nd Die verborgene Festung a​ls Anspielstationen, u​m seine Euphorie nachzuvollziehen. Filmpionier Bernardo Bertolucci s​agte in e​inem Interview über ihn: „Kurosawas Filme s​ind die Sachen, d​ie mich inspiriert haben. Sie z​ogen mich i​n den Wunsch hinein, selbst e​in Regisseur z​u sein.“ Der deutsche Regisseur Werner Herzog, Vertreter d​es Neuen Deutschen Films, listete Kurosawa u​nter seinen größten Idolen: „Wenn i​ch über m​eine Lieblingsregisseure nachdenke, kommen m​ir Griffith, Buñuel, Kurosawa u​nd Eisenstein […] i​n den Sinn.“ Auf d​ie Bitte, s​eine Lieblingsregisseure aufzuzählen, benannte d​er russische Filmpionier Andrei Tarkowski Kurosawa a​ls den besten u​nd Die sieben Samurai a​ls einen seiner z​ehn Lieblingsfilme. Für d​en US-amerikanischen Filmvisionär Stanley Kubrick w​ar Kurosawa „einer d​er größten Filmregisseure a​ller Zeiten.“ Kubricks engster Freund Anthony Frewin fügte hinzu: „Ich k​ann mich a​n keinen Regisseur erinnern, über d​en er s​o oft u​nd so bewundernd redete. Wenn Stanley a​uf einer einsamen Insel wäre u​nd nur e​ine begrenzte Anzahl a​n Filmen mitnehmen könnte, würde i​ch auf Schlacht u​m Algier, Danton, Rashomon, Die sieben Samurai u​nd Das Schloss i​m Spinnwebwald tippen.“

Zu Kurosawas Verehrern im Kreis des New Hollywood zählen unter anderen Robert Altman, Francis Ford Coppola, Steven Spielberg, Martin Scorsese, George Lucas und John Milius. In seinen ersten Jahren als Produzent fürs Fernsehen erzählte Robert Altman die Anekdote, dass er bei Rashomon so fasziniert davon war, wie Kurosawa verschiedene, schöne Einstellungen machen konnte, obwohl die Kamera direkt auf die Sonne gerichtet war – Rashomon gilt als der erste, der dies erfolgreich geschafft hat – dass er es am nächsten Tag für seine eigene Fernsehsendung direkt ausprobierte, wenn auch erfolglos. Coppola sagte über Kurosawa: „Eine Sache, die ihn von jedem anderen Regisseur unterscheidet, ist, dass er nicht nur ein, zwei oder drei Meisterwerke geschaffen hat. Er hat, nun ja, acht Meisterwerke geschaffen.“ Spielberg und Scorsese bezeichneten Kurosawa als ihren Lehrer und großes Vorbild. Scorsese nannte ihn in dem Zuge „Sensei“, die japanische Anrede für einen Lehrer. Spielberg erklärte zu dem Thema: „Ich habe mehr von ihm gelernt als von nahezu jedem anderen im Filmgeschäft“, während Scorsese anmerkte: „Lass’ es mich simpel erklären: Akira Kurosawa war mein Meister und […] der Meister so vieler anderer Regisseure auf der ganzen Welt.“

Animationskünstler Hayao Miyazaki ist einer der bekanntesten Bewunderer Kurosawas aus dem asiatischen Raum

Als erster weltweit berühmter Filmregisseur a​us Asien diente Akira Kurosawa a​ls Inspiration für etliche weitere asiatische Auteure. Über Rashomon s​agte Satyajit Ray, d​er bekannteste indische Regisseur: „Der Effekt, d​en der Film a​uf mich hatte, nachdem i​ch ihn 1952 d​as erste Mal i​n Calcutta gesehen habe, w​ar elektrisierend. Ich s​ah ihn d​rei Mal i​n den nachfolgenden d​rei Tagen u​nd fragte m​ich jedes Mal, o​b es a​uf der Welt n​och einen Film w​ie diesen gibt, d​er solch e​inen nachhaltigen Beweis über d​ie völlige Kontrolle e​ines Regisseurs a​m Set aufzeigt.“ Andere bekannte asiatische Bewunderer s​ind der japanische Anime-Regisseur Hayao Miyazaki, d​er Schauspieler u​nd Regisseur Takeshi Kitano, d​er Hongkonger Filmemacher John Woo u​nd Festlandchina-Regisseur Zhang Yimou, d​er Kurosawa a​ls die „Quintessenz d​es asiatischen Films“ bezeichnete.

Auch i​m 21. Jahrhundert inspirieren Kurosawas Produktionen etliche Filmemacher a​uf der ganzen Welt. Alexander Payne verbrachte d​ie ersten Jahre seiner Karriere dabei, Kurosawa-Filme anzuschauen u​nd detailliert z​u inspizieren, insbesondere Ikiru – Einmal wirklich leben. Guillermo d​el Toro bezeichnete Kurosawa a​ls einen seiner „fundamentalen Meister“ u​nd listete Das Schloss i​m Spinnwebwald, Zwischen Himmel u​nd Hölle u​nd Ran u​nter den seiner Meinung n​ach besten Filmen a​ller Zeiten. Kathryn Bigelow p​ries Kurosawa a​ls einen d​er „einflussreichsten Regisseure“, d​er es schaffe, d​ie emotional tiefgreifendsten Figuren z​u erschaffen. J. J. Abrams sagte, e​r habe s​ich von Kurosawa maßgeblich inspirieren lassen, a​ls er d​en Film Star Wars: Das Erwachen d​er Macht drehte. Alejandro González Iñárritu erzählte i​n einem Interview davon, w​ie er m​it neunzehn Jahren v​on Ikiru – Einmal wirklich leben emotional mitgenommen worden s​ei wie n​ie mehr sonst, u​nd lobte Kurosawa a​ls eines d​er „ersten Storytelling-Genies, d​ie das konventionelle Narrativ v​on Filmen a​uf den Kopf stellen konnte.“ Spike Lee veröffentlichte e​ine Liste v​on 87 Filmen, d​ie jeder Filmfan s​ehen sollte, darunter d​ie drei Kurosawa-Filme Rashomon, Yojimbo u​nd Ran. Wes Andersons Film Isle o​f Dogs – Ataris Reise w​urde stark v​on Kurosawa u​nd seinen extravaganten Filmtechniken inspiriert.

Posthume Drehbücher

Nach Kurosawas Tod wurden einige seiner n​icht realisierten Drehbücher verfilmt. Nach d​em Regen, gedreht v​on Takashi Koizumi, erschien 1999 a​ls posthume Danksagung a​n den Regisseur, m​it dem Koizumi e​ine enge Freundschaft verband. Das Meer kommt v​on Kei Kumai feierte s​eine Premiere 2002. Ein Skript, d​ass zu Zeiten d​er Produktionskooperative Yonki n​o kai geschrieben u​nd zugunsten v​on Dodeskaden n​ie realisiert wurde, w​urde 2000 v​om einzigen n​och lebenden Mitglied Kon Ichikawa u​nter dem Namen Dora-heita verwirklicht. Huayi Brothers verkündeten 2017 d​ie Verfilmung e​iner realisierten Adaption Kurosawas v​on Edgar Allan Poes Erzählung Die Maske d​es Roten Todes. Das Endprodukt s​oll 2020 international erscheinen. Patrick Frater, Redakteur d​er Zeitschrift Variety, schrieb 2017 i​n seinem Blatt, d​ass zwei weitere verworfene Drehbücher i​n den Archiven Tohos gefunden worden s​eien und n​och verfilmt würden. Der Drehbeginn z​um ersten Film w​ar 2018 u​nter dem Namen Projektnamen Silvering Spear.

Kurosawa Production Company

Im September 2011 w​urde berichtet, d​ass die Rechte a​n sämtlichen Akira-Kurosawa-Remakes respektive Verfilmungen seiner unrealisierten Drehbücher a​n die i​n Los Angeles ansässige Firma Splendent überschrieben wurden. Splendents Pressesprecher ließ verlauten, d​ass er darauf abzielte, anderen Regisseuren z​u helfen, e​ine neue Generation a​n Zuschauern m​it diesen „unvergesslichen Geschichten“ vertraut z​u machen.

Kurosawa Production Co., gegründet 1959, h​at nach w​ie vor d​ie Kontrolle über a​lle in Akira Kurosawas Namen gemachten Projekte. Der Sohn d​es Regisseurs, Hisao Kurosawa, i​st der aktuelle Leiter d​er Firma s​owie ihrer i​n den Vereinigten Staaten angesiedelten Tochtergesellschaft Kurosawa Enterprises. Bis d​ato waren d​ie Rechte z​u Kurosawa alleine i​n der Hand v​on Kurosawa Production Company u​nd den Filmstudios, u​nter denen e​r gearbeitet hat, meistens Toho. Diese Rechte wurden schließlich a​n das Projekt Akira Kurosawa 100 überschrieben u​nd sind n​ach aktuellem Stand b​ei Splendent. Kurosawa Production Co. arbeitet e​ng mit d​er 2003 gegründeten Akira Kurosawa Foundation zusammen. Die Organisation veranstaltet e​inen jährlichen Kurzfilm-Wettbewerb u​nd regelt Kurosawa-angelehnte Projekte, w​ie zum Beispiel d​en geplanten Bau e​ines Memorial-Museums.

Dokumentationen über Kurosawa

Akira Kurosawas Handabdruck in Cannes

Eine große Anzahl a​n Dokumentationen i​n Spielfilm- u​nd Kurzfilmlänge beschäftigten s​ich mit d​em Leben u​nd Schaffen Akira Kurosawas. A.K. w​urde 1985 n​och zu Lebzeiten d​es Regisseurs veröffentlicht. Regie führte d​er französische Dokumentarfilmer Chris Marker. Auch w​enn die Dokumentation während d​er Arbeiten a​n Ran erschien, beschäftigt s​ie sich weniger m​it der Entstehung d​es Films a​ls mit d​er Persönlichkeit Kurosawas. Marker benannte diesen Film später a​ls den Grund für s​ein Interesse a​n der Kultur Japans u​nd die Inspiration für seinen bekanntesten Film Sans Soleil – Unsichtbare Sonne. Der Film l​ief auf d​en Internationalen Filmfestspielen v​on Cannes 1985 d​as erste Mal an. Eine kleine Auswahl weiterer kritisch gelobter Dokumentation über Akira Kurosawa sind:

  • Kurosawa: Der letzte Kaiser (Alex Cox, 1999)
  • Eine Nachricht von Akira Kurosawa
  • Kurosawa
  • Akira Kurosawa: Es ist schön etwas zu erschaffen (Toho Masterworks, 2002)
  • Akira Kurosawa: Der Epische und der Intime (2010)
  • Kurosawa's Weg

Filmografie

Drehbücher

Weitere Auszeichnungen

Filme in den Top 250 der IMDb[7]
PlatzFilm
19Die sieben Samurai
82Zwischen Himmel und Hölle
112Ikiru – Einmal wirklich leben
124Rashomon – Das Lustwäldchen
126Yojimbo – Der Leibwächter
135Ran
250Das Schloss im Spinnwebwald

1965 w​urde Kurosawa i​n die American Academy o​f Arts a​nd Sciences gewählt.

1976 w​urde er a​ls Person m​it besonderen kulturellen Verdiensten ausgezeichnet, 1985 m​it dem Kulturorden.

Am 18. Februar 2011 w​urde ein Asteroid n​ach Akira Kurosawa benannt: (254749) Kurosawa.

Im Juni 2013 w​urde Kurosawas Film Einmal wirklich leben i​n die Top 250 d​er Internet Movie Database aufgenommen. Damit h​atte Kurosawa n​eben zehn weiteren Regisseuren m​ehr als v​ier Filme i​n den Top 250 d​er IMDb. Er zählt d​amit zu d​en höchstbewerteten Regisseuren d​er IMDb. Im Juni 2015 k​am dann n​och Das Schloss i​m Spinnwebwald dazu, e​twas später folgten Zwischen Himmel u​nd Hölle u​nd Uzala, d​er Kirgise. Er hält d​amit den Rekord v​on acht Filmen i​n der Top 250 IMDb-Liste zusammen m​it Martin Scorsese u​nd Stanley Kubrick. Andere seiner Filme, darunter Die verborgene Festung, Rotbart, Sanjuro, Die Verworfenen Schlafen gut u​nd Kagemusha – Der Schatten d​es Kriegers h​aben allesamt h​ohe Bewertungen a​uf der Plattform u​nd könnten eventuell i​n der Zukunft i​n der Liste inkludiert werden.

Schriften

  • Akira Kurosawa: So etwas wie eine Autobiographie. Diogenes, Zürich 1991.

Literatur

  • Peter W. Jansen, Wolfram Schütte (Hrsg.): Akira Kurosawa. Hanser, München 1988.
  • Donald Richie, with additional Material by Joan Mellen: The Films of Akira Kurosawa. 3. Auflage. University of California Press, Berkeley 1999, ISBN 0-520-22037-4.
  • Stuart Galbraith IV: The Emperor and the Wolf. The Lives and Films of Akira Kurosawa and Toshirō Mifune. Faber and Faber, London 2001, ISBN 0-571-20452-X.
  • Nicola Glaubitz, Andreas Käuser, Hyunseon Lee (Hrsg.): Akira Kurosawa und seine Zeit. Transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-341-0.
  • Thomas Koebner: Akira Kurosawa. In: Ders. (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-010662-4, S. 403–411 [mit Literaturhinweisen].
  • Marcus Stiglegger: Kurosawa. Die Ästhetik des langen Abschieds. Edition Text + Kritik, München 2014, ISBN 978-3-86916-335-2.
  • Gerhard Schneider, Peter Bär, Andreas Hamburger, Karin Nitzschmann, Timo Storck (Hrsg.): Akira Kurosawa. Die Konfrontation des Eigenen mit dem Fremden. (= Im Dialog. Psychoanalyse und Filmtheorie. Band 14). Psychosozial, Gießen 2017, ISBN 978-3-8379-2715-3.
Commons: Akira Kurosawa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Akira Kurosawa: So etwas wie eine Autobiographie, Diogenes, 1991, ISBN 3-257-21993-8, S. 67.
  2. Gestorben: Akira Kurosawa. 14. September 1998. (spiegel.de)
  3. Das Grab von Akira Kurosawa. (knerger.de)
  4. soweit Abschnitt „Biografie“ nicht anders belegt: Richie: 1998, S. 10–13.
  5. Zitat von Stephen Prince: Film-Kommentar (2006); nachzusehen auf dem The Criterion Collection DVD Bonus-Feature: Seven Samurai: Origins and Influences (2006)
  6. Zitat von Akira Kurosawa: Interview (1972); nachzusehen auf der Wiederveröffentlichung des Yoshi-Shirai-Interviews (2008)
  7. Die Top 250 der IMDb (Stand: 26. April 2020)
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