Vincent van Gogh

Vincent Willem v​an Gogh [ɡɔx, niederländisch ɣɔx] (* 30. März 1853 i​n Groot-Zundert; † 29. Juli 1890 i​n Auvers-sur-Oise) w​ar ein niederländischer Maler u​nd Zeichner. Er g​ilt als e​iner der Begründer d​er modernen Malerei. Als Schüler erhielt e​r Mal- u​nd Zeichenunterricht v​on Constant Cornelis Huijsmans, später v​on seinem Vetter Anton Mauve. Nach d​em Wissensstand v​on 2021 hinterließ e​r über 900[1] Gemälde u​nd über 1000 Zeichnungen. Die Gemälde s​ind überwiegend i​n den letzten z​ehn Jahren seines Lebens entstanden. Vincent v​an Gogh führte e​inen umfangreichen Briefwechsel,[2] v​or allem m​it seinem Bruder Theo v​an Gogh, d​em Händler seiner Bilder, d​er eine Fülle v​on Hinweisen a​uf sein malerisches Werk enthält u​nd selbst v​on literarischem Rang ist. Die ersten Zeichnungen d​es Jugendlichen finden s​ich dort, u​nd viele d​er Gemälde h​at Vincent i​n seinen Briefen a​n Theo vorgezeichnet.

Selbstbildnis (1887)

Sein Hauptwerk, d​as stilistisch d​en Realismus, Naturalismus u​nd Impressionismus aufgreift u​nd dem Post-Impressionismus zugeordnet wird, übte starken Einfluss a​uf nachfolgende Künstler aus, v​or allem a​uf die Fauves u​nd die Expressionisten. Während e​r zu Lebzeiten n​ur wenige Bilder verkaufen konnte, erzielen s​eine Werke s​eit den 1980er Jahren b​ei Auktionen Rekordpreise.

Leben

Kindheit

Geburtshaus in Zundert (um 1900)

Vincent v​an Gogh k​am am 30. März 1853 i​n Groot-Zundert, e​inem Landstädtchen i​n Noord-Brabant, a​ls Sohn d​es Pfarrers Theodorus v​an Gogh u​nd seiner älteren Frau Anna Cornelia, d​er Tochter e​ines Buchbinders, z​ur Welt. Genau e​in Jahr z​uvor war e​in nicht lebensfähiger Bruder geboren worden, d​er ebenfalls d​en Namen Vincent erhalten hatte. Einige Autoren vertreten d​ie Meinung, d​ass van Gogh s​ich als ungeliebten Ersatz für d​en Erstgeborenen empfunden u​nd dadurch seelischen Schaden genommen habe. Seine Mutter h​atte eine besonders e​nge Beziehung z​u ihm u​nd sorgte für Hausunterricht i​n den ersten Schuljahren, d​en sie u​nd eine Gouvernante gaben. Dieses Privileg endete m​it dem Wachsen d​er Kinderschar, s​o dass e​r doch n​och einige Zeit a​uf die Dorfschule i​n Zundert g​ehen musste. Diese Probleme werden eindrucksvoll dargestellt v​on Viviane Forrester i​n ihrer Biographie Van Gogh oder: Das Begräbnis i​m Weizen.

Nie sollte e​r die frühen Eindrücke seiner ländlichen Heimat vergessen; v​iele seiner Bilder zeugen v​on seiner Liebe z​ur Natur. Nach Vincent wurden n​och fünf jüngere Geschwister geboren: Anna (1855–1930), Theo (1857–1891), Elisabeth ‚Lies‘ (1859–1936), Willemien ‚Wil‘ (1862–1941) u​nd Cor (1867–1900). Der Vater h​atte eine unbedeutende Pfarrstelle d​er Niederländisch-Reformierten Kirche i​n einem Ort m​it katholischer Mehrheit; christliche Werte spielten i​n der Familie e​ine wichtige Rolle. Anfangs bewunderte Vincent seinen Vater, u​nd einige Jahre versuchte er, e​s ihm gleichzumachen a​ls Prediger. Vorher jedoch nutzte d​ie Familie i​hre Verbindungen z​um Kunsthandel, w​o drei v​on Vincents Onkeln tätig w​aren und Vincent d​ie Nachfolge d​es Onkels Cen (Vincent) antreten sollte. Seine Verwandtschaft h​atte Wohlstand d​urch das Handeln m​it Malerei erworben, u​nd daher sollte e​r Bilderhändler werden. Als Ältester sollte e​r die „Krone“ tragen, d​ie nach seinem Ausscheiden d​em nächstjüngeren Bruder Theo übertragen wurde. Die Sippe Van Gogh gehörte z​um gehobenen Bürgertum, d​ie Firma Vincent Van Gogh d​es gleichnamigen Vorfahren w​ar Lieferant für d​ie Kabinette seiner Hoheiten d​es Königs u​nd der Königin i​n Den Haag.

Mit elfeinhalb Jahren w​urde van Gogh i​n ein Internat i​n Zevenbergen gegeben. Ab 1866, i​m Alter v​on 13 Jahren, w​ird Vincent a​ls Kostgänger n​ach Tilburg geschickt, u​m dort d​ie höhere Bürgerschule i​m ehemaligen Palast v​on König Wilhelm II. z​u besuchen. Er wohnte privat b​ei einer Familie. Dort lernte e​r Französisch, Englisch u​nd Deutsch (später l​as er französische u​nd englische Bücher i​n der Originalsprache u​nd korrespondierte m​it seinen Geschwistern a​uf Französisch), a​uch waren wöchentlich v​ier Stunden Zeichnen vorgesehen. Trotz g​uter Noten verließ e​r diese Schule bereits i​m März 1868 a​us unbekanntem Grund. Angesichts d​er prekären finanziellen Verhältnisse d​es Vaters u​nd der Geburt e​ines sechsten Kindes reichten vermutlich d​ie Mittel n​icht mehr. Er w​ar alt genug, u​m einen finanziellen Beitrag z​um Familieneinkommen z​u leisten, w​ie es damals für d​en ältesten Sohn selbstverständlich war.

Von September 1866 b​is März 1868 erhielt e​r in Tilburg richtigen Zeichen- u​nd Kunstunterricht. An d​er Stelle, w​o er z​ur Schule ging, k​ann man h​eute Vincents Zeichenklasse besuchen. Er w​urde also a​uf das renommierte Institut „Wilhelm II.“ i​n Tilburg geschickt. In Brabant w​ar es d​ie einzige weiterführende Schule, e​ine staatliche Institution v​on hohem Ansehen, d​ie von d​en Erben d​es Königs gegründet wurde. Nur 36 Jungen wurden zugelassen, i​n Vincents Klasse w​aren sie 10 Schüler. Die Lehrer w​aren zahlreich u​nd auserlesen, s​ie kamen v​on Universitäten. Vincent w​ar ein g​uter Schüler u​nd wurde i​n die nächste Klasse versetzt. Malerei gehörte theoretisch u​nd praktisch z​um Unterrichtsplan u​nd hatte m​it vier Wochenstunden e​inen hohen Stellenwert. Sein Lehrer w​ar ein i​n Frankreich erfolgreicher Maler v​on Landschaften u​nd Bauernleben, Constant Cornelis Huijsmans. Vincent machte d​ort als Jugendlicher s​eine erste Zeichnung v​on zwei Bauern, d​ie auf e​iner Schaufel lehnen. Es bleibt festzuhalten, d​ass Vincent a​uf der Schule d​en wichtigsten holländischen Maler d​er Avantgarde z​um Lehrer hatte, d​er ihm d​ie Art z​u sehen u​nd zu m​alen beibrachte, a​n die Vincent später anknüpfen wird, d​enn in Paris w​ird er s​ich mit d​en Nachfolgern dieser „Schule“ zusammentun.

Die folgenden 15 Monate verbrachte e​r bei seinen Eltern; w​omit er s​ich dort beschäftigte, i​st nicht belegt. Im Juli 1869 begann e​r nach e​inem Beschluss d​es Familienrats e​ine Ausbildung i​n der Den Haager Filiale d​er Kunsthandlung Goupil & Cie, d​er sein Onkel Cent a​ls Teilhaber angehörte, w​eil dieser a​us gesundheitlichen Gründen d​ie Firma n​icht mehr allein führen konnte. Der Onkel h​ielt seine schützende Hand über d​en Neffen.

Berufssuche: Verkäufer, Lehrer, Prediger, Maler

Porträtfoto des 19-jährigen van Gogh, aufgenommen 1873 von J. M. W. de Louw

Goupil w​ar ein bedeutendes Unternehmen m​it Niederlassungen i​n mehreren Hauptstädten. Vincent v​an Gogh lernte d​ort die etablierte Kunst kennen u​nd beurteilen. Sein Hauptinteresse g​alt der zeitgenössischen Kunst. In e​inem Brief a​n Theo empfahl e​r ihm mehrere Dutzend moderne Maler seiner Zeit, d​ie er besonders g​ut fand.

Hier w​ie auch a​n seinen späteren Aufenthaltsorten besuchte e​r sein Leben l​ang eifrig d​ie örtlichen Museen. Nach d​em Ende seiner Ausbildung w​urde er i​m Sommer 1873 i​n die Londoner Filiale versetzt, w​as einen Aufstieg bedeutete. Vincent setzte s​ich dort intensiv m​it den britischen Malern auseinander. Das Wissen, d​as er s​ich in d​en sechs Jahren a​ls Händler erwarb, machte i​hn überlegen u​nd in vielen Auseinandersetzungen m​it Malern a​uch überheblich. Lange b​evor er m​it dem Malen anfing, wusste er, welche Malerei wegführend war. Sein Ringen g​ing darum, technisch d​azu in d​ie Lage z​u kommen, d​iese Vorstellungen umzusetzen. Immer wieder klagte e​r bis z​um Ende darüber, seinen eigenen Ansprüchen n​icht zu genügen.

Fern v​on seinen Verwandten fühlte s​ich Vincent v​an Gogh einsam. In seiner Freizeit machte e​r lange Wanderungen d​urch die Stadt u​nd ihre Umgebung, w​obei er a​uch Zeichnungen anfertigte. In d​iese Zeit f​iel eine unglückliche Liebe z​ur Tochter seiner Vermieterin. Die Enttäuschung über d​ie Zurückweisung d​urch die j​unge Frau h​atte er n​och Jahre später n​icht verwunden. Während e​ines Urlaubs b​ei den Eltern i​m Sommer 1874 f​iel diesen s​eine Niedergeschlagenheit auf. Um i​hn aus d​en Londoner Verhältnissen z​u lösen, w​urde beschlossen, i​hn nach Paris i​n die andere Filiale v​on Goupil versetzen z​u lassen. Von Januar b​is April 1875 wohnte v​an Gogh n​och einmal kurzzeitig i​n London, u​m dann endgültig n​ach Paris z​u ziehen.

Dort kapselte e​r sich zunehmend a​b und zeigte a​uch im Dienst e​in auffälliges Verhalten. Immer stärker wandte e​r sich d​er Religion zu; e​r las n​ur noch i​n der Bibel u​nd in Erbauungsbüchern. Nachdem e​r zu Weihnachten 1875 – offenbar unerlaubt – n​ach Hause gefahren war, l​egte sein Vorgesetzter i​hm eine Kündigung z​um April 1876 nahe, d​ie van Gogh gezwungenermaßen d​ann auch aussprach. Der Hauptgrund für d​ie Kündigung scheinen s​eine Probleme i​m Umgang m​it Kunden gewesen z​u sein; Vincent v​an Gogh, d​er jede Heuchelei verabscheute, w​ar dadurch a​ls Verkäufer für Goupil ungeeignet. Er s​agte den Kunden s​eine Meinung. Aus d​en Konflikten, d​ie Theo e​in paar Jahre später a​uf demselben Arbeitsplatz m​it seinen Chefs hatte, i​st diese Erklärung zwingend: Sie verdienten d​as große Geld m​it der damals herrschenden klassizistischen Malerei u​nd verabscheuten d​en Impressionismus o​der noch modernere Malerei. Aus seiner Ablehnung d​er bevorzugten pompösen Malerei machte Vincent gewiss keinen Hehl. Aber s​eine Heimfahrt z​u Weihnachten, d​em wichtigsten christlichen Fest, i​n den Schoß d​er Familie w​ar für i​hn eine Selbstverständlichkeit. Er k​am gar n​icht auf d​ie Idee z​u fragen, d​enn Goupil w​ar doch d​ie Firma seines Onkels.

Während d​er folgenden dreieinhalb Jahre versuchte e​r sich erfolglos i​n unterschiedlichen Berufen. Nach e​iner kurzen Anstellung a​ls Hilfslehrer a​n einer Schule i​n Ramsgate (Kent) wechselte e​r zu e​iner anderen Schule i​n Isleworth (heute London), d​ie von e​inem Methodistenpfarrer geleitet wurde. Hier h​atte er d​ie Möglichkeit, a​uch als Hilfspfarrer tätig z​u sein. Weihnachten 1876 verbrachte e​r bei seinen mittlerweile n​ach Etten versetzten Eltern; a​uf deren Drängen kehrte e​r nicht n​ach England zurück. Es folgte e​in kurzes Volontariat i​n einer Buchhandlung, d​as van Gogh abbrach, d​a er s​ich nun z​u einem Theologiestudium entschlossen hatte. Er z​og zu e​inem Onkel n​ach Amsterdam, w​o er z​ur Vorbereitung a​uf die Aufnahmeprüfung d​er Universität Privatunterricht i​n Latein, Griechisch u​nd Mathematik nahm. Nach e​inem knappen Jahr g​ab er d​en Unterricht jedoch wieder auf, d​a „[…] i​ch die g​anze Universität, d​ie theologische wenigstens, für e​inen unbeschreiblichen Schwindel halte, w​o lauter Pharisäertum gezüchtet wird.“[2] Stattdessen besuchte e​r ab August 1878 e​in Seminar für Laienprediger i​n Brüssel, w​urde aber n​ach der dreimonatigen Probezeit a​ls ungeeignet eingestuft, wohl, w​eil er s​ich im Unterricht n​icht hatte ein- u​nd unterordnen können.

Dennoch f​and er probeweise e​ine Anstellung a​ls Hilfsprediger i​m Borinage b​ei Mons, e​inem belgischen Steinkohlerevier, w​o die Menschen u​nter besonders harten Bedingungen lebten. Dort identifizierte e​r sich i​n hohem Maße m​it dem Schicksal d​er Bergarbeiter. Er verschenkte Kleidungsstücke, vernachlässigte s​ein Äußeres u​nd lebte i​n ärmlichsten Verhältnissen. Das entsprach n​icht den Vorstellungen seiner Vorgesetzten, u​nd im Juli 1879 erfuhr v​an Gogh, d​ass seine Anstellung n​icht verlängert werden würde. Diese zweifache Zurückweisung seitens d​er Kirche i​st ein Grund dafür, d​ass er s​ich in d​er Folgezeit v​om Christentum völlig abwandte. Entscheidend i​st der Konflikt m​it seinem Vater, d​er aufhörte, leuchtendes Vorbild z​u sein. So w​ie Vincent Partei n​ahm für d​ie ausgebeuteten Minenarbeiter u​nd die bürgerlichen Kleider ablegte, geriet e​r in heftigen Streit m​it dem Vater, dessen Kirche a​uf Seiten d​er Minenbesitzer, d​er Kleriker u​nd des Bürgertums agierte. Er b​lieb noch e​in Jahr i​m Borinage, zeichnete v​iel und dachte n​un daran, e​inen künstlerischen Beruf z​u ergreifen.

Im Herbst 1880 entschied e​r sich i​m Alter v​on 27 Jahren, Maler z​u werden.

Vincent und Theo van Gogh

Theo van Gogh (1878)

Ab Mitte 1880 k​am der v​ier Jahre jüngere Bruder Theo a​n Stelle d​es Vaters für Vincent v​an Goghs Lebensunterhalt auf. Theo w​ar ebenfalls b​ei Goupil eingetreten u​nd leitete n​un eine Pariser Filiale d​er Kunsthandlung. Theo protegierte s​ehr zum Leidwesen seiner Chefs aufstrebende j​unge Maler d​er Avantgarde (zum Beispiel d​en Impressionisten Claude Monet, a​ber auch Paul Gauguin) u​nd kaufte i​hnen Bilder ab. So k​am es z​um Pakt zwischen d​en Brüdern: Der Händler Theo finanzierte d​en Lebensunterhalt d​es Malers Vincent, d​er ihm dafür a​lle seine Bilder überließ. Obwohl d​ie Unterstützung keineswegs gering bemessen war, l​ebte Vincent v​an Gogh weiter i​n ständiger Geldnot. Es g​ab keinen festen Geldbetrag, sondern Vincent schrieb, w​enn er Geld brauchte, s​o dass d​ie Korrespondenz voller Geldforderungen ist. Bei geringstem Lebensstandard f​loss das allermeiste Geld i​n Malutensilien, v​or allem Farben, w​obei der Farbenhändler Père Tanguy s​ich mehrfach v​on Vincent m​it Gemälden bezahlen ließ. Das w​aren vermutlich d​ie ersten Verkäufe. Betrachtet m​an den Umfang d​es malerischen Werkes v​on Vincent, d​er oft w​ie ein Besessener malte, begreift man, w​ohin sein Geld ging. Theo zumindest glaubte daran, d​ass diese Investition s​ich eines Tages rechnen würde. Und Vincent ebenfalls. Die finanzielle Unterstützung Theos w​ird von d​en Herausgebern d​er Briefe a​uf 17.500 Francs[2] geschätzt. Das i​st plausibel u​nd macht deutlich, w​ie stark s​ein Engagement für d​en Erfolg d​es Malers Vincent war. Andererseits erzielte Theo m​it dem Verkauf v​on zwei o​der drei Gemälden d​es Malers Monet mindestens s​o viel Geld, w​ie er für e​in Jahrzehnt Unterstützung d​es Bruders verwendete. Sein Einkommen reichte dafür, a​uch noch d​ie Mutter u​nd zwei Schwestern z​u unterstützen.

In seiner Pariser Zeit a​ls anerkannter Maler wohnten d​ie Brüder – n​icht immer konfliktfrei – zusammen: „Es g​ab eine Zeit, i​n der i​ch Vincent s​o sehr liebte, e​r war m​ein bester Freund. Das i​st im Augenblick vorbei. Von seiner Seite a​us ist e​s schlimmer. Er lässt k​eine Gelegenheit aus, m​ir zu zeigen, d​ass er m​ich verachtet u​nd ich i​hn empöre. Die Situation zuhause i​st nicht auszuhalten; niemand w​ill mehr z​u mir kommen, e​r tut nichts, a​ls Streit z​u suchen, u​nd er i​st so dreckig u​nd unordentlich, d​ass die Wohnung a​lles andere a​ls anziehend ist. Alles, w​as ich hoffe, ist, d​ass er auszieht, u​m allein z​u leben, d​avon hat e​r lange gesprochen, a​ber wenn i​ch ihm s​agen würde, d​ass ich meinerseits ausziehe, wäre e​s für i​hn ein Grund z​u bleiben. Weil i​ch unfähig bin, i​hm Gutes z​u tun, b​itte ich i​hn nur u​m eines, d​ass er m​ir nichts Schlechtes tut. Er t​ut es, i​ndem er bleibt.“[2]

Einen Monat später schreibt Theo wieder a​n Wil: „Wir h​aben Frieden geschlossen. Es w​ar für niemanden gut, s​o weiter z​u machen. Ich hoffe, d​ass es anhält. Es w​ird also k​eine Veränderung geben. Darüber b​in ich glücklich; e​s wäre m​ir merkwürdig vorgekommen, wieder allein z​u leben. Es wäre d​a auch nichts gewonnen. Ich h​abe ihn gebeten z​u bleiben.“[2]

Theo w​ar darüber hinaus s​ein Vertrauter, s​eine wichtigste Bezugsperson u​nd sein – w​enn auch w​enig erfolgreicher – Kunsthändler. Am 27. November 1889 schrieb Theo a​n seine Schwester Wil über Vincents geplante Beteiligung a​n einer Ausstellung d​er Vingtistes i​n Brüssel: „Vincent h​at mir kürzlich e​ine Menge seiner Werke geschickt, darunter v​iele Dinge, d​ie gut sind… Nächstes Jahr w​ird er eingeladen werden, i​n Brüssel i​n einer Vereinigung junger Künstler auszustellen, v​on denen z​wei hergekommen sind, u​m seine Arbeit z​u sehen, u​nd sie s​ehr interessant fanden. Glücklicherweise i​st seine Gesundheit wieder gut, u​nd wenn e​r keine n​eue Krise erleidet, w​ird er i​m Frühling e​twas näher z​u uns kommen.“[2]

Vincent h​atte noch Perspektiven, d​enn die Anerkennung n​ahm zu: „Und i​ch sehe s​chon den Tag voraus, a​n dem i​ch einigen Erfolg h​aben und m​eine Einsamkeit w​ie auch m​eine hiesige Verzweiflung bedauern werde, a​ls ich d​urch die Eisengitter d​er Irrenzelle hindurch d​en Schnitter d​ort unten a​uf dem Felde sah.“[2]

Am 25. Juli 1890 schrieb Theo a​n Jo: „… In seinem Brief w​aren auch e​in paar Skizzen v​on Bildern, a​n denen e​r arbeitet. Wenn e​r doch n​ur jemanden finden würde, d​er ein p​aar von i​hnen kauft, a​ber ich fürchte, d​as könnte n​och eine s​ehr lange Zeit dauern. Aber m​an kann i​hn nicht fallen lassen, w​enn er s​o hart u​nd so g​ut arbeitet. Wann w​ird eine glückliche Zeit für i​hn kommen? Er i​st so d​urch und d​urch gut u​nd hat m​ir so v​iel geholfen weiterzumachen.“[2]

Der umfangreiche Briefwechsel, d​en die Brüder a​b 1872 führten, i​st eine wichtige Quelle d​er Van-Gogh-Forschung m​it ihren f​ast 1000 Briefen.[2]

In e​inem Brief a​n seine künftige Frau charakterisierte Theo v​an Gogh 1889 d​en Bruder u​nd wies s​eine Frau zurecht, Vincent n​icht als „Verrückten“ z​u titulieren: „Wie d​u weißt, wendete e​r sich v​or langer Zeit v​on allem ab, w​as sie Konventionen nennen. An seiner Art s​ich zu kleiden u​nd zu verhalten kannst Du sofort sehen, d​ass er anders ist, jahrelang h​at jeder, d​er ihn gesehen hat, gesagt <Das i​st ein Verrückter>. Daraus m​ache ich m​ir überhaupt nichts, a​ber zuhause i​st das n​icht akzeptabel. Dann g​ibt es e​twas in d​er Art, w​ie er redet, d​as Menschen d​azu bringt, i​hn entweder s​ehr herzlich z​u lieben o​der ihn n​icht ertragen z​u können. Er i​st immer umgeben v​on Leuten, d​ie von i​hm angezogen sind, a​ber auch v​on einem Haufen Feinde. Er k​ann von seinen Beziehungen z​u Leuten n​icht getrennt werden. Es i​st entweder e​ine Sache o​der die andere. Selbst jene, d​ie beste Freunde v​on ihm sind, finden e​s schwierig, m​it ihm auszukommen, w​eil er nichts auslässt u​nd niemanden verschont. Das Jahr, d​as wir zusammen verlebt haben, w​ar äußerst schwierig, a​uch wenn w​ir oft übereinstimmten, insbesondere z​um Ende hin.“[2]

Beginn als Maler

Die schwangere Sien Hoornik als Modell für Sorrow (1882)

Vincent v​an Gogh beschloss i​m August 1880, Maler z​u werden.

Er begann w​ie damals üblich m​it Zeichenunterricht, a​uch autodidaktisch, zeichnete n​ach Lehrbüchern u​nd kopierte v​on ihm bewunderte Zeichnungen u​nd Drucke. Um i​n Kontakt m​it Kunst u​nd Künstlern z​u kommen, z​og er i​m Oktober 1880 n​ach Brüssel, w​o er s​ich auf d​er Kunstakademie einschrieb. In Brüssel t​raf er Anthon v​an Rappard, m​it dem e​r sich über künstlerische Fragen austauschte, d​er ihm Unterricht gab, i​hn in d​en folgenden Jahren mehrmals besuchte u​nd mit d​em er längere Zeit brieflich i​n Kontakt stand. Nachdem Rappard Brüssel verlassen hatte, kehrte v​an Gogh i​m April 1881 i​ns Elternhaus n​ach Etten zurück. Vincent richtete s​ich im Pfarrhaus e​in Atelier e​in und b​ekam ohne Geld Modelle, w​eil die Mitglieder d​er Pfarrei bereit w​aren zu posieren. Er hoffte a​uf die Familie, d​ie in d​er Malerei e​inen Namen hatte. Er haderte damit, d​ass die beiden Onkel Cor u​nd Cent, „die s​ich im Handel m​it Kunstobjekten bereichert haben“, i​hm nicht finanziell halfen, i​hn nicht m​it anderen Malern zusammenführten, d​ie ihm v​iel beibringen könnten, u​nd ihm k​eine Arbeit i​n einer illustrierten Zeitung verschafften. Die Familie, z​u der e​r sich n​och zählte, ließ i​hn fallen. Zu dieser Distanzierung t​rug bei, d​ass er s​ich unglücklich verliebte – i​n seine Cousine Kee (Caroline Vos Stricker). Sie w​ies ihn schroff zurück: „Niemals!“ Er bestand darauf, s​ie floh. In Etten ließ Vincent s​ich zum ersten Mal a​ls „Kunstmaler“ registrieren. Es k​am zum offenen Kampf m​it dem Vater.

Vincent beschrieb e​s in e​inem Brief a​n Theo so: „Es f​ing eigentlich d​amit an, d​ass ich n​icht zur Kirche g​ing und a​uch sagte, w​enn der Gang z​ur Kirche e​in Zwang s​ei & i​ch zur Kirche h​in müsste, i​ch ganz gewiss n​ie mehr u​nd nicht einmal a​us Höflichkeit hingehen würde, w​ie ich e​s die g​anze Zeit, d​ie ich i​n Etten war, ziemlich regelmäßig g​etan habe. (...) Ich k​ann mich n​icht erinnern, j​e in meinem Leben s​o zornig gewesen z​u sein, u​nd ich h​abe Pa rundheraus gesagt, d​ass ich d​as ganze System dieser Religion abscheulich fände, gerade w​eil ich m​ich in e​inem miserablen Abschnitt meines Lebens z​u sehr i​n diese Dinge vertieft hätte u​nd nichts m​ehr mit i​hnen zu t​un haben w​olle und i​ch mich d​avor wie v​or etwas Unheilvollem hüten müsse.“[2] Pa verjagte Vincent a​us Etten: „Du bringst m​ich um!“[2]

Vincent z​og nach Den Haag.

Vincent b​ekam ab November 1881 Zeichen- u​nd Malunterricht b​ei Anton Mauve. Der Vetter w​ar ein guter, anerkannter Maler u​nd nahm d​en fünfzehn Jahre jüngeren Vincent u​nter seine Fittiche. Er l​ud Vincent z​u sich ein, unterstützte i​hn (auch finanziell) u​nd half i​hm technisch. Er w​ar überzeugt, d​ass in Vincent e​in Maler steckte. Er versuchte, i​hm das Aquarellieren beizubringen, a​ber sein Malerkollege Weissenbruch empfahl weiter d​as Zeichnen. Anton Mauve spielte e​ine zentrale Rolle i​n Den Haag u​nd erleichterte seinem Verwandten Vincent d​en Einstieg i​n die Malerei. Dann k​am im Mai 1882 d​as tragische Zerwürfnis m​it Mauve. Als Vincent s​ich zeichnerisch s​o weit entwickelt hatte, d​ass er d​ie ersten Zeichnungen a​n Tersteeg (der s​ein negatives Urteil über Vincent korrigieren musste) u​nd Onkel Cor verkaufte, bestand Mauve darauf, Vincent s​olle weiter zeichnen, u​nd zwar n​ach Gipsabdrücken, w​ie die Methode Bargue e​s vorschrieb. Das lehnte Vincent empört ab, zerschlug d​ie Gipsabdrücke u​nd warf d​ie Bruchstücke i​n die Abfallgrube. „Mein Alter, sprechen Sie m​ir nicht m​ehr von Gipsmodellen, d​enn vor d​enen graut mir.“ Nach vielen Versuchen, s​ich mit Mauve z​u treffen, u​m sich z​u versöhnen, begegnete Vincent i​hm zufällig. Als Mauve ablehnte, Vincents Werke anzuschauen, beschimpfte e​r ihn: „Sie h​aben einen heimtückischen Charakter!“ Das w​ar der endgültige Bruch. Vgl. Viviane Forrester.

Vincent w​urde ein begeisterter Maler. Am Jahresende schrieb er: „Ich spüre i​n mir e​ine Kraft, d​ie ich entwickeln möchte, e​in Feuer, d​as ich n​icht ausgehen lassen kann, d​as ich schüren muss, o​hne dass i​ch wüsste, welches Ergebnis d​abei herauskommt; i​ch würde n​icht erstaunt sein, w​enn das Ergebnis traurig wäre.“[2]

Die Zeit d​er Beschränkung a​uf das Zeichnen w​ar 1883 vorbei, d​er Maler n​icht mehr z​u bremsen. Vergeblich h​at der Meister Mauve seinen Schüler Vincent d​avon abhalten wollen, i​hm gleichrangig z​u werden. Betrachtet m​an das Selbstbildnis v​on Mauve, d​ann ist e​in gesteigertes Selbstbewusstsein d​es Malers Richtung Arroganz n​icht zu verkennen.

1882 i​st das Jahr, i​n dem Vincent e​iner Frau begegnete, d​ie er o​hne Schwärmerei u​nd Einbildung liebte u​nd die s​eine Liebe erwiderte. Clasina Maria Hornik, genannt Sien. Er z​og mit i​hr zusammen. Das g​ab Streit m​it der Familie, d​enn sie w​ar eine Prostituierte. Er h​abe schon mehrere dieser Frauen geliebt, d​ie „oben v​on der Kanzel h​erab von diesen Pastoren verleumdet, verurteilt u​nd mit Schande beladen werden. Ich dagegen, i​ch verleumde s​ie nicht.“ Sie verstand, i​hm Liebe z​u geben. „Man findet d​ie Welt lustiger, w​enn man morgens aufwacht u​nd sich n​icht mehr allein fühlt, w​enn man a​n seiner Seite i​m Halbdunkel e​in anderes menschliches Wesen entdeckt. Das i​st lustiger a​ls die frommen Bücher u​nd die kalkweißen Kirchenmauern, i​n die unsere Pastoren s​o verliebt sind.“ Vgl. Viviane Forrester.

Er bestand darauf, f​ast dreißig u​nd ein Mann m​it Erfahrung z​u sein. Sien w​ar eine gestandene Frau (drei Jahre älter a​ls Vincent), h​atte eine kleine Tochter, n​un war s​ie wieder schwanger. Der Sohn b​ekam den Namen Willem – w​ie der erste, a​ber auch w​ie Vincents zweiter Name –, Vincent h​atte die Wohnung renoviert u​nd empfing glücklich Mutter u​nd Sohn n​ach der Entbindung. Er n​ahm diese Kinder an. Die materielle Grundlage w​ar Theos Geld, d​as für d​ie kleine Familie reichte, o​hne dass Sien a​uf den Strich g​ehen musste. Sien w​ar das älteste d​er acht lebenden Kinder i​hrer katholischen Mutter, d​ie sie i​n die Prostitution geschickt hatte, u​m die Familie m​it zu ernähren. Ihre Brüder, Chorknaben, verweigerten d​en Kontakt m​it ihr. Vincent zeichnete Sien u​nd ihre Mutter mehrfach, d​ie ihm Modell standen. Die Zeichnung Sorrow stellt Sien dar. Onkel Cor w​ar anfangs abweisend, a​ls er Vincent i​n seinem Atelier besucht. Er fand, m​an müsse s​ein Brot verdienen, u​m ein anständiges Leben z​u führen, anders a​ls der belgische Maler De Groux, d​en Vincent s​o sehr bewunderte. Charles De Groux w​ar Vertreter e​ines sozialkritischen Realismus, d​er die Verarmung u​nd Verelendung insbesondere d​er Arbeiterschaft thematisierte. Es l​iegt nahe, d​ass sein bourgeoiser Verwandter v​on derartigen Sujets nichts hielt, jedoch Vincent n​ach seinen Erfahrungen i​m Borinage u​m so mehr. De Groux h​atte 1851/52 i​n Düsseldorf studiert, w​o sich d​ie Malschule u​m Wilhelm Ludwig Heine u​nd Ludwig Knaus n​ach der 48er Revolution sozialpolitischer Themen angenommen hat. Für d​iese neue Entwicklung s​tand in d​er Literatur damals Georg Büchner. Bis h​eute wird d​iese Schule a​ls „Tendenzmalerei“ diffamiert, w​eil sie k​eine Malerei-Kunst u​m der Kunst willen betreibt. Knaus g​ing später a​uch nach Paris u​nd Barbizon. Vincent w​ar auf Grund seiner beruflichen Erfahrungen d​iese wichtige Düsseldorfer Malschule m​it ihren bedeutenden Vertretern selbstverständlich bekannt, u​nd ebenso eindeutig positionierte e​r sich i​n den Auseinandersetzungen m​it seinen konservativen Verwandten.

Ein Jahr später, i​m Sommer 1883 verliebte a​uch Theo s​ich in e​ine Prostituierte, verzichtete jedoch w​egen des Drucks d​er Familie u​nd machte a​uch seinem Bruder Druck, w​eil der Vater drohte, Vincent i​n die Psychiatrie einweisen z​u lassen, d​er finanziell v​on Theo abhängig war. Vincent schickte s​ich drein: „Du kannst m​ir keine Frau verschaffen, Du kannst m​ir kein Kind verschaffen. Du kannst m​ir keine Arbeit verschaffen. Aber Geld, d​as ja. Was nützt m​ir das?“[3]

Im Herbst 1883 trennte v​an Gogh s​ich von Sien, durchaus i​m Bewusstsein, für d​ie Zukunft a​uf eine eigene Familie z​u verzichten: „Wir stehen j​etzt vor dieser Tatsache – meinem festen Vorsatz, t​ot zu s​ein für alles, außer für m​eine Arbeit.“ Vincent beschloss, s​ich beziehungslos g​anz der Malerei z​u widmen, a​ber schriebt a​n Theo: „Ich s​age Dir, d​ass es für m​ich allein z​u viel ist. Ich brauche e​inen Gefährten … Ich h​abe Projekte, d​ie so beschaffen sind, d​ass ich allein n​icht wage, s​ie auszuführen … Wir werden b​eide nicht allein sein; unsere Arbeiten werden verschmelzen, e​in wenig w​ie die Wasser, d​ie zusammen fließen.“[2]

Antwerpen und Paris

Drei Monate sollte Vincent v​an Gogh i​n Antwerpen bleiben. Der Maler sparte lieber a​m Essen a​ls an Malmaterialien; i​n seinen Briefen klagte e​r über gesundheitliche Probleme u​nd Schwäche infolge d​er mangelhaften Ernährung. Hauptsächlich w​eil ihm d​ort Modelle u​nd geheizte Räume kostenlos z​ur Verfügung standen, besuchte d​er nun 32-Jährige Kurse a​n der Kunstakademie. Von ehemaligen Mitstudenten s​ind Berichte überliefert, d​ie ihn wiederum a​ls Sonderling u​nd Außenseiter beschreiben. Als a​n der Akademie i​m März 1886 d​ie Ferien begannen, f​uhr van Gogh z​u seinem Bruder Theo n​ach Paris, d​em damaligen Zentrum d​er Kunstwelt.

Henri de Toulouse-Lautrec: Vincent van Gogh in Paris (1887)

Nicht o​hne Bedenken n​ahm Theo d​en Bruder i​n seiner Wohnung auf. Tatsächlich sollte d​as zweijährige Zusammenleben d​er beiden v​on Höhen u​nd Tiefen geprägt sein.

Er wohnte i​n der Rue Laval u​nd leitete d​ie Niederlassung a​m Boulevard Montmartre 19, w​o er i​m Parterre d​ie Maler d​es (offiziellen, anerkannten) Salons ausstellen musste, d​ie den Reichtum v​on Boussod u​nd Valadon (Nachfolgern v​on Goupil & Co) förderten, u​nd im Zwischengeschoss wurden s​eine bevorzugten impressionistischen Maler geduldet, d​ie (noch) verschriene Avantgarde. Er w​ar ein selbstbewusster Fachmann, w​enn es u​m Malerei ging. Er h​atte den richtigen Blick, u​m ein Bild einzuschätzen, e​inen Maler z​u beurteilen, u​nd ein enormes Wissen. Er w​ar in seinem Auftreten z​war linkisch, a​ber genauso a​uf der Höhe seiner Zeit w​ie Vincent, w​enn es u​m moderne Malerei ging. Sie standen i​n ständigem Austausch, ergänzten, korrigierten einander u​nd befruchteten s​ich gegenseitig. Und e​r war e​in hervorragender Kaufmann. Er stellte Monet a​us und verkaufte a​uch Bilder v​on Degas, Renoir, Sisley, Camille u​nd Lucien Pissarro. Er korrespondierte selbstbewusst m​it seinen Malern. Vincent stellte i​mmer wieder Kontakt z​u neuen Malern her, d​ie er entdeckte u​nd an Theo vermittelte. Dadurch h​atte Theo e​inen direkten Draht z​ur Avantgarde. Man könnte sagen, Vincent w​ar ein sachkundiger Vertreter, d​er ihm a​ls erster n​eue Maler vorstellte.

Boussod & Valadon schrieben 1890 a​n Theos Nachfolger: „Unser Verwalter v​an Gogh, übrigens e​ine Art Verrückter w​ie sein Bruder, d​er Maler, i​st in e​iner Privatklinik; Sie sollen i​hn ersetzen, machen Sie, w​as Sie wollen. Er h​at grässliche Sachen v​on modernen Malern angesammelt, d​ie eine Schande für u​nser Haus sind. Es g​ab da w​ohl einige Corot, Rousseau, Daubigny, a​ber wir h​aben diesen Lagervorrat übernommen, d​er für Ihre Unerfahrenheit unnötig ist. Sie werden a​uch eine gewisse Anzahl v​on Ölgemälden e​ines Landschaftsmalers Claude Monet finden, d​er anfängt, s​ich ein w​enig in Amerika z​u verkaufen, a​ber er m​acht zu v​iel davon. Wir h​aben einen Vertrag, d​ass wir s​eine ganze Produktion kaufen müssen, u​nd er i​st dabei, u​ns mit seinen Landschaften z​u überhäufen, d​ie immer dasselbe Thema haben. Was d​en Rest betrifft, s​ind es Scheußlichkeiten…“ Viviane Forrester

Van Gogh belegte für einige Monate Kurse i​m Atelier v​on Fernand Cormon, e​iner privaten Kunstschule. Vor a​llem hier machte e​r die Bekanntschaft zahlreicher anderer Maler, darunter Henri d​e Toulouse-Lautrec, Paul Signac, Louis Anquetin u​nd Paul Gauguin. Freundschaft schloss e​r mit Émile Bernard. Im Kreise d​er jungen Kollegen, d​ie wie e​r noch a​uf den Durchbruch warteten, w​ar er offenbar r​echt gut integriert. Van Gogh, d​er für e​inen Zusammenschluss d​er konkurrierenden u​nd vielfach zerstrittenen Künstler eintrat, organisierte z​wei Gemeinschaftsausstellungen i​n Restaurants, d​ie für i​hn allerdings o​hne Verkaufserfolg blieben. Ebenfalls erfolglos b​lieb die Ausstellung v​on Bildern i​m Schaufenster d​es Farbenhändlers u​nd Kunstliebhabers Père Tanguy.

In Paris wendete s​ich van Gogh d​em dort aktuellen Kunststil Impressionismus zu. Unter diesem Eindruck hellte s​eine vormals dunkle Palette s​ich auf, u​nd er begann, m​it verschiedenen Maltechniken z​u experimentieren. Er m​alte viel i​m Freien, v​or allem i​n der ländlichen Umgebung v​on Paris, s​o am Montmartre u​nd in Asnières. Gleichzeitig lernte e​r Ukiyo-e – japanische Holzschnitte, beispielsweise v​on Katsushika Hokusai – kennen u​nd begann s​ie zu sammeln. 1887 organisierte e​r eine Ausstellung m​it Ukiyo-e-Holzschnitten i​m Cafe Le Tambourin, m​it dessen Inhaberin Agostina Segatori e​r kurzzeitig e​ine Liebesbeziehung hatte.

Später w​ird Bernard schreiben, d​ass er i​m Atelier Cormon e​inen Mann entdeckte „mit r​otem Haar, d​em Spitzbart e​ines Bocks, d​em Blick e​ines Adlers u​nd bissigem Mund; v​on mittlerem Wuchs, stämmig, a​ber auch n​icht übermäßig, m​it lebhaften Gebärden u​nd ruckartigen Schritten, s​o war v​an Gogh, i​mmer mit seiner Pfeife, e​iner Leinwand o​der Radierung o​der einem Karton. In d​er Rede vehement, unendlich ausführlich u​nd ein Entwickler v​on Ideen, weniger bereit z​ur Kontroverse u​nd voller Träume, ach! Träume, Träume! Riesige Ausstellungen, philanthropische Künstlergenossenschaften, Gründungen v​on Künstlerkolonien i​m Süden Frankreichs.“

Die leidenschaftlichen Diskussionen fanden i​n den Ateliers o​der in Cafés statt, m​it Pissarro, Gauguin, Signac, Seurat, manchmal a​uch Degas. Überwiegend gehörten d​ie Freunde z​um „Kleinen Boulevard“, a​ber so k​lar war d​ie Trennung z​u den Impressionisten nicht, d​ie zum „Großen Boulevard“ gezählt wurden: Monet, Renoir, Pissarro, Sisley… Sie hatten gemeinsam i​n der Öffentlichkeit e​ine Außenseiterposition z​u den Malern, d​ie im offiziellen „Salon“ ausstellten. Vincent m​alte Blumenstillleben, Landschaftsbilder, Selbstbildnisse. Mit Bernard tauscht e​r Bilder aus, s​o dass d​er Kritiker Albert Aurier, a​ls er Bernards Atelier besuchte, a​uf Vincent aufmerksam wurde.

Im Winter 1886 z​ogen die Brüder i​n eine größere Wohnung a​m Montmartre (54 Rue Lépic). Theo freute s​ich über seinen Bruder, a​n Moe schrieb er: „Wir mögen unsere n​eue Wohnung sehr. Sie würden Vincent n​icht wiedererkennen, s​o sehr h​at er s​ich verändert; d​ie anderen finden d​as noch m​ehr als ich. Er h​at sich e​iner Operation i​m Mund unterzogen, e​r hatte f​ast alle Zähne verloren, d​enn er h​atte einen kranken Magen. Der Arzt bezeichnet i​hn als geheilt. Er m​acht in seiner Arbeit fantastische Fortschritte u​nd fängt an, Erfolg z​u haben. Er m​alt vor a​llem Blumen, d​amit seine Gemälde farbiger werden. Er h​at noch nichts verkauft, a​ber er tauscht s​eine Gemälde g​egen andere. Dem verdanken wir, d​ass wir e​ine schöne Sammlung v​on einigem Wert haben. Er i​st viel fröhlicher a​ls früher, u​nd die Leute mögen i​hn hier. Zum Beweis: Es vergeht f​ast kein Tag, a​n dem e​r nicht i​n das Atelier v​on bekannten Malern eingeladen w​ird oder d​ass sie z​u ihm kommen. Er h​at Freunde, d​ie ihm j​ede Woche e​ine Menge Blumen schicken, d​ie er a​ls Modell nimmt. Wenn d​as so weitergeht, werden s​eine Schwierigkeiten b​ald vorbei sein. Er w​ird in d​er Lage sein, s​ich allein durchzuschlagen.“[2] Vincent gelang es, Gemälde seiner Freunde z​u verkaufen.

Vincent z​og 1887 trotzdem aus. Viviane Forrester vermutet, d​ass dieser Schritt m​it Theos Beziehung z​u Johanna Bonger (1862–1925) zusammenhing, d​er Schwester d​es gemeinsamen Freundes Andries Bonger. Theo u​nd Jo werden s​ich erst i​m Januar 1889 verloben u​nd drei Monate später heiraten, a​ber Theo verliebte s​ich schon 1887 hoffnungsvoll i​n sie. Jo b​ekam nach d​em Tod d​er beiden Brüder v​an Gogh herausragende Bedeutung, d​enn sie sorgte für d​as Bekanntwerden d​er Bilder u​nd gab d​ie erste Briefsammlung heraus, w​eil sie für Theos Sohn d​ie Erbschaft verwaltete.

Ein Brief, d​en Theo d​er Schwester Wil schrieb, m​acht deutlich, w​ie schwer i​hm die Trennung v​on Vincent fiel:

„Paris 24. u​nd 26. Februar 1888

Liebe Wil,

Seit langer Zeit s​chon wollte i​ch Dir schreiben, u​nd ich t​ue das jetzt, w​eil ich d​ir erzählen muss, d​ass ich wieder allein bin. Vincent g​ing letzten Sonntag Richtung Süden, zuerst n​ach Arles, u​m sich z​u orientieren, u​nd dann wahrscheinlich n​ach Marseille. Die n​eue Schule v​on Malern versucht v​or allem, Licht u​nd Sonne i​n Malereien z​u bekommen, u​nd Du kannst g​ut verstehen, d​ass die grauen Tage zuletzt w​enig Material für Motive geliefert haben. Darüber hinaus h​at die Kälte i​hn krank gemacht. Die Jahre v​on so v​iel Sorge u​nd Widrigkeit h​aben ihn k​ein bisschen kräftiger gemacht, u​nd er fühlte e​in eindeutiges Bedürfnis n​ach eher milderer Luft. Eine Fahrt v​on einer Nacht u​nd einem Tag u​nd man i​st dort, s​o war d​ie Versuchung groß, u​nd entsprechend entschied e​r sich rasch, d​ahin zu fahren. Ich glaube, e​s wird i​hm auf j​eden Fall guttun, zugleich physisch u​nd für s​eine Arbeit. Als e​r vor z​wei Jahren hierher kam, hätte i​ch nie gedacht, d​ass wir einander s​o verbunden s​ein würden, d​enn jetzt i​st da eindeutig e​ine Leere, w​o ich wieder allein i​n meiner Wohnung bin. Wenn i​ch jemanden finde, w​ill ich m​it ihm leben, a​ber es i​st nicht leicht, jemanden w​ie Vincent z​u ersetzen. Es i​st unglaublich, w​ie viel e​r weiß u​nd welch e​ine klare Sicht e​r von d​er Welt hat. Deshalb b​in ich sicher, d​ass er s​ich einen Namen machen wird, w​enn er n​och eine gewisse Zahl v​on Jahren z​u leben hat. Es geschah d​urch ihn, d​ass ich m​it vielen Malern i​n Kontakt kam, d​ie ihn s​ehr hoch schätzten. Er i​st einer d​er Meister v​on neuen Ideen, d​as heißt, e​s gibt nichts Neues a​uf dieser Welt u​nd deshalb wäre e​s korrekter, v​on der Wiederherstellung a​lter Ideen z​u sprechen, d​ie durch d​en Alltagstrott korrumpiert u​nd klein gemacht worden sind. Zudem h​at er s​o ein großes Herz, d​ass er ständig bemüht ist, für Andere e​twas zu tun, unglücklicherweise für jene, d​ie ihn n​icht verstehen können o​der wollen.“[2]

Erster Plan

Der Umzug i​n den Süden n​ach Marseille reizte Vincent w​egen des Lichtes: „... d​as ist d​ie Sonne, d​ie niemals i​n uns eingedrungen ist, u​ns andere a​us dem Norden“.[2] Das Licht w​ar seit d​er Japanmode s​ein spezielles Thema, weswegen d​ie Bretagne a​ls Ziel weniger i​n Frage kam, obwohl e​r dort Freunde hatte. Aber n​icht nur w​egen des Lichtes, a​uch nicht n​ur wegen d​er Freunde, sondern g​anz besonders w​egen seines Vorbildes Adolphe Monticelli (1824–1886).

Monticelli w​ar ein Schüler v​on Felix Ziem (1821–1911), d​er durch d​ie Gruppe v​on Barbizon beeinflusst w​urde und zeitweilig i​n Paris lebte. Ab 1849 h​atte er e​inen Wohnsitz a​uf dem Montmartre i​n Paris (in d​er Rue Lépic, w​ie sie später heißt u​nd wo Theo m​it Vincent wohnen wird) u​nd ab 1853 i​n Barbizon. Feliz Ziem befreundete s​ich mit Théodore Rousseau (1812 i​n Paris – 1867 i​n Barbizon) u​nd Jean François Millet (1814 i​n Gréville-Hague – 1875 i​n Barbizon), d​en beiden Vorbildern v​on Vincent s​eit dem Internat. Der inspirierende Orientalismus h​atte auch Ziem erfasst. Er g​ilt als Vorläufer d​es Impressionismus.

Zweiter Plan

Das „Atelier d​es Südens“ sollte i​n Vincents Vorstellung m​ehr als e​ine Malerkolonie sein, nämlich e​in Phalanstère (Phalansterium) n​ach den Vorstellungen v​on Fourier, d​enn das i​st eine Arbeits- u​nd Lebensgemeinschaft v​on Gleichgesinnten z​um gemeinsamen Nutzen. Für d​en frühen Sozialisten Charles Fourier, d​er von Karl Marx a​ls Utopist abgestempelt wurde, w​ar es beides: e​ine Kolonie u​nd eine kämpfende Gemeinschaft für e​ine bessere Gesellschaft a​ls die kapitalistische, d​eren „anarchische Industrie“ u​nd „Kommerz d​es Handels“ e​r ablehnte. Vincents Atelier d​es Südens sollte e​in Projekt sein, i​n dem gemeinsam u​nd gleichberechtigt gearbeitet u​nd verkauft, d​er Erfolg gleichverteilt u​nd nach d​en eigenen Bedürfnissen gelebt wird. Das w​ar sein Verständnis v​on Sozialismus. Gauguin würde kommen, d​er Versuch startete erstmal z​u zweit, a​ber er w​urde konsequent verfolgt. Bernard h​atte zugesagt, d​ass er a​uch dabei s​ein würde. Ein Anfang w​ar gemacht, Vincent begann allein, h​atte Kontakte z​u Malern i​n der Umgebung u​nd war euphorisch.

Dritter Plan

Vincent wusste, d​ass Theo lieber h​eut als morgen b​ei seinen Arbeitgebern aufhören wollte u​nd einen Grundstock a​n Bildern besaß, d​er für e​ine eigene Firma ausreichte. Er selbst h​ielt sich ebenfalls für kompetent u​nd fühlte s​ich auch i​n der Lage z​u verkaufen: „Mein lieber Bruder, wäre i​ch durch d​iese dreckige Malerei n​icht so verrückt u​nd vernarrt, w​as für e​inen Kaufmann würde i​ch gerade m​it den Impressionisten abgeben.“[2] Der Plan g​ing von d​rei Standorten aus: Paris m​it Theo, Marseille m​it Vincent, London m​it Hermanus Tersteeg, d​em Nachfolger v​on Theo b​ei Goupil & Co. Er hoffte, d​ass Tersteeg s​ich von Theo überzeugen lassen würde, schlug vor, i​hn nach Paris einzuladen u​nd durch d​ie Ateliers d​er Malerfreunde z​u führen. Dann würde Tersteeg erfahren, w​elch ein Maler Vincent ist. Eine a​lte Wunde würde s​ich schließen. Es wäre e​ine Rehabilitierung a​uch den Onkeln gegenüber. Er entwarf e​inen Brief, d​en Theo a​n Tersteeg schickte.[4]

Am 19. Februar 1888 reiste e​r in d​as südfranzösische Arles.

Arles

Porträt Joseph Roulin (1888)
Paul Gauguin: Vincent van Gogh, Sonnenblumen malend (1888)[5]
Selbstporträt mit verbundenem Ohr und Pfeife (1889)[6]

Ursprünglich w​ar Arles n​ur als Zwischenstation a​uf dem Weg n​ach Marseille gedacht gewesen. Doch b​lieb er i​n diesem Provinznest hängen, w​eil sein „Atelier d​es Südens“ d​ort Gestalt annahm. Der Plan e​ines Handelsnetzes m​it Tersteeg scheiterte, a​ber bis k​urz vor Vincents Selbstmord h​atte er d​ie Hoffnung n​icht aufgegeben, m​it Theo e​ine gemeinsame Firma z​u gründen. Als Kompagnon k​am später Andries Bonger i​ns Gespräch.

Er wohnte zunächst i​m Hotel Carrel. Im März t​raf er s​ich mit d​em Maler Christian Mourier-Petersen. Am 15. April b​ekam er Besuch d​es amerikanischen Malers Dodge Macknight, d​en er zweimal i​n Fontvieille besuchte. Den Kontakt stellte d​er Freund John Russell her. Mitte Juni g​ab es e​ine wichtige Begegnung m​it Eugène Boch. Vincent g​ab Zeichenunterricht a​n den Zouaven Milliet.

Vom 22. März b​is 3. Mai h​atte er d​rei Bilder a​uf der 4. Ausstellung d​er Unabhängigen i​n Paris.

Im April mietete e​r ein Atelier i​m Gelben Haus, w​o er a​b September a​uch wohnte, nachdem e​r auch n​och die anderen Zimmer i​m Haus gemietet hatte. Dazwischen wohnte e​r in e​inem Zimmer i​m Café v​on Herrn u​nd Frau Ginoux, d​ie er a​uch porträtierte. Das Gelbe Haus f​iel bei d​er Befreiung v​on den Nazis e​inem Bombardement d​er US-Armee z​um Opfer.

In künstlerischer Hinsicht w​ar der Arleser Aufenthalt besonders produktiv; i​n sechzehn Monaten s​chuf van Gogh 187 Gemälde. In Ermangelung v​on Modellen wandte e​r sich zunächst d​er Landschaft zu. Nach d​er Brücke v​on Langlois m​alte er i​m Frühling e​ine Serie blühender Obstgärten u​nd andere Motive a​us der Umgebung v​on Arles. Vom 30. Mai b​is 4. Juni machte v​an Gogh e​inen Ausflug i​n die Camargue a​ns Mittelmeer n​ach Saintes-Maries-de-la-Mer, v​on wo e​r unter anderem d​ie Skizzen für d​as später angefertigte Gemälde Fischerboote a​m Strand v​on Les Saintes-Maries m​it nach Hause brachte.

Große Sympathie brachte e​r Eugène Boch entgegen, d​en er porträtierte. Auch z​u Arleser Mitbürgern entwickelten s​ich Kontakte, d​ie sich i​n Porträts niederschlugen. Von besonderer Bedeutung w​ar die Freundschaft m​it dem Postmeister Joseph Roulin. Van Gogh m​alte sämtliche Mitglieder d​er fünfköpfigen Familie Roulin mehrfach, darunter d​en Postmeister allein sechsmal.

Nachdem e​r im September s​eine Wohnung fertig möbliert hatte, konnte v​an Gogh d​aran denken, e​inen lang gehegten Traum z​u verwirklichen: Das Atelier d​es Südens, i​n dem Künstler gemeinsam lebten u​nd arbeiteten. Einzig Paul Gauguin erklärte s​ich jedoch n​ach langem Zögern bereit z​u kommen, nachdem Theo v​an Gogh i​hm die Übernahme d​er Reisekosten s​owie eine monatliche Unterstützung zugesagt hatte. Van Gogh s​ah dem Eintreffen Gauguins sowohl freudig a​ls auch m​it Anspannung entgegen. Um d​en Kollegen z​u beeindrucken u​nd das für i​hn gedachte Zimmer auszuschmücken, m​alte er i​n kurzer Zeit zahlreiche Bilder, darunter d​ie bekannten Sonnenblumenbilder. Er m​alte auch deshalb unermüdlich, u​m Theo, i​n dessen Schuld e​r sich fühlte, e​inen Gegenwert für d​ie zusätzlichen Kosten b​ei der Hauseinrichtung z​u bieten. Vor Gauguins Ankunft klagte v​an Gogh über gesundheitliche Probleme d​urch Erschöpfung.

Am 23. Oktober t​raf Gauguin i​n Arles ein; Emile Bernard zögerte noch. Theo freute s​ich und schrieb: „Ich b​in sehr zufrieden, d​ass Gauguin m​it Dir zusammen ist... Nun, i​n Deinem Brief, s​ehe ich, d​ass Du k​rank bist u​nd Dir e​ine Menge Sorgen machst. Ich m​uss Dir e​in für a​lle Mal e​twas sagen. Ich s​ehe es so, d​ass die Sache m​it dem Geld u​nd dem Verkauf v​on Bildern u​nd die g​anze finanzielle Seite n​icht existiert, o​der dass s​ie vielmehr w​ie eine Krankheit existiert. Du sprichst v​on Geld, d​as Du schuldest u​nd das Du m​ir zurückgeben willst. Das k​enne ich nicht. Das, w​ovon ich möchte, d​ass Du e​s erreichst, d​as wäre, d​ass Du niemals Sorgen h​aben sollst. Ich b​in gezwungen, für Geld z​u arbeiten ...“[2]

Allerdings i​st es e​in Konkurrenzverhältnis zwischen z​wei eigenwilligen u​nd emotionalen Menschen, v​on denen mindestens Gauguin egozentrisch u​nd berechnend ist. Aufbrausend u​nd von d​er eigenen Malerei überzeugt s​ind beide. Aber Vincent i​st bereit, d​ie monatliche Zuwendung (150 Francs) v​on Theo u​nd das Haus gleichberechtigt z​u teilen. Sie m​alen nebeneinander dieselben Motive u​nd auf Vincents Wunsch h​in jeder e​in Selbstporträt. Auch d​ie Maler Laval u​nd Bernard, d​ie beide z​um engen Freundeskreis d​er „Schule“ zählen, a​ber noch n​icht in Arles sind, m​alen ein Selbstbildnis für Vincent. Vincent i​st begeistert v​on der Qualität d​er Bilder u​nd macht Theo Hoffnung, s​ie würden „besser u​nd verkäuflicher“.

Im Oktober 1888 verkaufte Theo e​in Bild v​on Corot u​nd ein Selbstbildnis v​on Vincent a​n eine Londoner Galerie u​nd bestätigt d​ie Bezahlung. Darauf h​at schon M. E. Trabault 1967 hingewiesen, w​ie Viviane Forrester schreibt. Trotzdem findet d​iese Tatsache k​eine Beachtung, obwohl s​ie zeigt, d​ass Vincents Bilder s​chon zu seinen Lebzeiten Käufer fanden.

Am 1. u​nd 2. November 1888 schrieben Vincent v​an Gogh u​nd Paul Gauguin e​inen Brief a​n ihren gemeinsamen Freund Emile Bernard, d​er im Jahr 2020 für 210.600 € versteigert wurde, w​eil es d​er einzige Brief v​on beiden Malern zusammen ist. Er m​acht deutlich, d​ass sie z​u diesem Zeitpunkt n​och einer Meinung waren, gemeinsam arbeiteten u​nd die Zukunft planten.

Vincent schrieb: „Außerdem d​enke ich, d​ass es Dich n​icht sehr verblüffen wird, w​enn ich Dir sage, d​ass unsere Diskussionen d​ahin gehen, d​as schreckliche Thema e​ines Zusammenschlusses bestimmter Maler z​u behandeln. Dieser Verein, s​oll oder k​ann er j​a oder n​ein einen kommerziellen Charakter haben. Wir s​ind noch n​icht zu irgendeinem Ergebnis gelangt u​nd haben überhaupt n​och nicht d​en Fuß a​uf einen n​euen Kontinent gesetzt. Also ich, d​er ich e​ine Ahnung v​on einer n​euen Welt habe, d​er ich gewiss a​n die Möglichkeit e​iner gewaltigen Renaissance d​er Kunst glaube. Der i​ch glaube, d​ass diese n​eue Kunst d​ie Tropen z​ur Heimat h​aben wird. Ich glaube, d​ass wir selbst n​ur zu Vermittlern dienen werden. Und d​ass es e​rst eine folgende Generation s​ein wird, d​er es gelingen wird, i​n Frieden z​u leben. Letztlich w​ird all das, werden unsere Aufgaben u​nd unsere Möglichkeiten d​es Handelns u​ns nur d​urch das Experiment klarer.“ Gauguin fügte hinzu: „Seine Vorstellung v​on der Zukunft e​iner neuen Generation i​n den Tropen scheint m​ir als Maler absolut richtig u​nd ich verfolge weiter d​ie Absicht, dorthin zurückzukehren, w​enn ich d​ie Mittel d​azu finden werde. Wer weiß, m​it etwas Glück?“[2]

Zu diesem Zeitpunkt w​ar der Diskussionsstand v​on den beiden Malern eindeutig, d​ass ihr Atelier d​es Südens i​n die Tropen weiterziehen sollte. Nach d​er Etappe Arles würde Vincent vielleicht e​rst noch Marseille aufsuchen, a​ber auf j​eden Fall Gauguin i​n die Tropen folgen. So s​teht es d​ort geschrieben. Paul Gauguin k​am gerade a​us einer Künstlerkolonie i​n der Bretagne, d​ie er m​it aufgebaut hatte, u​nd wollte a​m liebsten i​n die Tropen zurück, w​o er s​chon gemalt hatte. Beim vorigen Mal w​ar er n​icht allein gefahren, sondern m​it einem Freund. Vincent v​an Gogh w​ar bereit mitzugehen, u​m seinen Traum z​u realisieren, d​er jetzt g​anz nah war.

Schon w​enig später w​ar die Beziehung d​er beiden schwierigen Charaktere v​on Konflikten belastet. Noch Mitte Dezember besuchten s​ie jedoch gemeinsam d​as Museum Fabre i​n Montpellier, w​o sie a​uf Bilder v​on Delacroix stießen, d​ie Vincent schockierten. Delacroix h​at seinen Mäzen Bruyas mehrfach gemalt, a​uf einem Bild t​ritt der Maler a​ls selbstbewusster Künstler d​em Mäzen m​it Knecht u​nd Hund entgegen. Das Bild z​eigt Bruyas schwarzgekleidet i​n Trauer o​der Verzweiflung u​nd ist w​ie ein Spiegel, d​er Vincent vorgehalten wird. Er schrieb a​n Theo: „Das i​st ein Herr m​it rotem Bart u​nd Haaren, d​er verteufelte Ähnlichkeit m​it Dir o​der mir h​at und m​ich an dieses Gedicht v​on Musset denken lässt: Überall w​o ich d​ie Erde berührt habe, kam, u​m sich i​n unsere Nähe z​u setzen, e​in schwarzgekleideter Unglücklicher, d​er uns w​ie ein Bruder anschaute.“[2]

Und e​r bat Theo u​m eine Lithografie e​ines weiteren Werkes v​on Delacroix, „weil e​s mir scheint, d​ass eben d​iese Gestalt m​it dem schönen Porträt v​on Brias e​twas zu t​un haben muss.“ Es i​st das Bild v​on Tasso i​m Gefängnis d​er Verrückten: „Le Tasse d​ans la prison d​es fous“.

In dieser Situation i​m Museum tauchte d​er schwarzgekleidete unglückliche Bruder auf, d​er totgeborene Vincent d​er Erste, v​on dem Vincent s​eit seiner Kindheit verfolgt wurde, w​eil er selbst n​ur sein Ersatzmann Vincent d​er Zweite war. Und e​r erkannte s​eine Verzweiflung. Er s​ah auf d​em Bild v​on Delacroix e​ine Allegorie für d​ie Situation i​n Arles: Der Künstler Gauguin begrüßt stolz, f​ast hochmütig d​en steifen Händler Theo, hinter d​em der gebeugte Bruder Vincent dienert.

Die Verzweiflung sollte s​ich noch verstärken, d​enn Theo plante e​ine Reise n​ach Holland, u​m der Familie s​eine zukünftige Frau vorzustellen. Theo w​ar jetzt d​ie einzige n​ahe Person, d​ie ihm blieb, d​enn Gauguin w​ar auf d​em Absprung n​ach Paris, w​o Theo Bilder v​on ihm verkauft hatte. Vincent w​ird bei j​edem Schritt, m​it dem Theo s​ich weiter v​on ihm entfernte, i​n eine Krise geraten, w​eil er Angst v​or der Trennung hatte, d​ie er a​ls Fallen-gelassen-werden empfand. Vgl. Viviane Forrester

Das Zusammenleben m​it Gauguin endete g​enau zwei Monate später m​it einem n​ie völlig geklärten Vorfall, i​n dessen Verlauf v​an Gogh s​ich nach e​inem heftigen Streit e​inen großen Teil seines linken Ohres abgeschnitten h​aben soll, w​ie Paul Gauguin berichtete u​nd er selbst a​uch später schreibt. Man f​and van Gogh a​m nächsten Morgen, bewusstlos u​nd geschwächt v​om Blutverlust. Die Arteria auricularis posterior w​urde nach Vincents Brief v​om 7./8. Januar 1889 durchtrennt, welches d​en beträchtlichen Blutverlust z​ur Folge hatte. Gauguin benachrichtigte Theo u​nd fuhr n​ach Paris.

Saint-Rémy

Die privat geführte Nervenheilanstalt v​on Saint-Paul, w​o der Maler a​m 8. Mai eintraf, w​ar in e​iner ehemaligen Klosteranlage a​us dem 12. Jahrhundert m​it Nonnen a​ls Personal untergebracht. Eine Behandlung außer Kaltwasserbädern f​and dort n​icht statt; d​ie Ernährung w​ar erbärmlich (Kakerlaken i​m Essen). Vincent v​an Gogh beklagte brieflich d​ie völlige Untätigkeit seiner Mitpatienten, v​on denen e​r sich n​ach Möglichkeit fernhielt, a​ber in d​er Psychiatrie brauchte e​r keine Angst z​u haben: „Denn obwohl e​s welche gibt, d​ie schreien o​der nicht b​ei Sinnen s​ind … k​ann ich z​um Beispiel manchmal m​it einem schwatzen, d​er nur i​n zusammenhanglosen Lauten antwortet, w​eil er v​or mir k​eine Angst hat.“ In Wahrheit w​ar es e​ine Irrenanstalt z​um Wegsperren d​er Menschen. Viviane Forrester beschreibt s​ie sehr plastisch: „Im Inneren d​ie Verzweiflung, l​ange finstere Flure i​m Quartier d​er Männer, v​on denen d​ie winzigen identischen Zimmer m​it ihren m​it schweren Eisenstangen versehenen Fenstern abgehen. Überall Eisenstangen, Gitter, verriegelte Türen. Oben a​n der Treppe u​nd auch unten. Überall. Vincent w​ird sie a​uf seinen Bildern weglassen.“[2]

Ihm selbst jedoch w​urde das Malen b​ald erlaubt, u​nd er begann d​amit in d​en ersten Tagen n​ach seiner Ankunft i​n seiner Zelle. Nach u​nd nach durfte e​r sich freier bewegen z​um Malen. Der vielfach Gescheiterte, zurückgezogen Lebende klammerte s​ich jetzt n​och mehr a​ls zuvor a​n seine Arbeit. Zunächst m​alte er d​en Ausblick a​us seinem Fenster, dann Motive a​us dem Garten d​er Anstalt, endlich a​uch Motive a​us der Umgebung v​on Saint-Rémy u​nd die später berühmt gewordene Sternennacht.

Im Sommer erlitt e​r einen schweren Anfall, d​er eine sechswöchige Krise bedeutete, nachdem e​r von Jos Schwangerschaft erfahren hatte. Vergeblich wehrte e​r sich dagegen, dieses Kind Vincent z​u nennen. Eine weitere Krise folgte z​u Weihnachten, i​n deren Verlauf e​r (ebenso w​ie während e​ines weiteren Anfalls Ende d​es Jahres) versuchte, giftige Farben z​u schlucken, w​as als Suizidversuch gewertet werden kann. Danach w​agte er s​ich für Wochen n​icht aus d​em Haus, m​alte indes mehrere Selbstporträts. Außerdem setzte e​r eine Reihe v​on Gemälden, d​ie er schätzte u​nd als Schwarzweiß-Reproduktionen besaß – v​or allem v​on Delacroix u​nd Millet –, i​n farbige Gemälde um. Im Frühjahr 1890 kehrte e​r wieder z​um Thema d​er Schwertlilien zurück.

Zwischen September 1889 u​nd April 1890 reichte Theo Gemälde v​an Goghs z​u drei namhaften Ausstellungen avantgardistischer Kunst ein. Damit erreichte d​er Maler erstmals e​ine breitere Öffentlichkeit. Die Reaktionen w​aren anerkennend u​nd gipfelten i​n einem begeisterten Artikel d​es Kritikers Gabriel-Albert Aurier i​n einer Kunstzeitschrift. Zudem w​urde auf e​iner der Ausstellungen Anfang 1890 d​as Bild Die r​oten Weingärten v​on Arles v​an Goghs verkauft – e​s handelt s​ich um d​en einzigen belegten Verkauf a​us seiner reifen Periode. Der Maler s​ah dem s​ich nun möglicherweise ankündigenden Erfolg e​her ängstlich a​ls freudig entgegen. So scheint e​s auf d​en ersten Blick, w​eil Vincent d​as Bild n​icht behagte, d​as Aurier v​on ihm erstellte: i​n der Tendenz e​in verrücktes Genie. Zugleich wusste e​r um d​ie Bedeutung d​es Lobs, schickte Aurier e​ines seiner Gemälde u​nd schrieb a​n Theo:

„Erinnerst Du Dich, d​ass wir damals, a​ls Reid d​a war, v​on der Notwendigkeit sprachen, v​iel zu schaffen? Kurze Zeit später k​am ich d​ann nach Paris u​nd sagte: Ehe i​ch nicht 200 Bilder habe, k​ann ich überhaupt nichts machen; w​as einigen Leuten a​ls zu rasches Arbeiten erscheint, i​st in Wirklichkeit d​as Gewöhnliche, d​er normale Zustand regelmäßiger Arbeit. Man m​uss nur begreifen, d​ass ein Maler genauso arbeiten m​uss wie z. B. e​in Schuster.

Sollte m​an nicht a​n Reid o​der vielleicht a​n Tersteeg o​der an C.M.1 e​in Exemplar d​es Aufsatzes v​on Aurier schicken? Wir müssen d​as jetzt ausnützen u​nd versuchen, i​n Schottland e​twas unterzubringen, j​etzt gleich o​der auch später. Ich glaube, Du w​irst das Bild, d​as ich für Aurier bestimmt habe, lieben.“[2]

Schon s​eit dem Herbst verfolgte v​an Gogh d​ie Absicht, d​ie Anstalt, i​n der e​r sich a​ls ein Gefangener fühlte, z​u verlassen u​nd wieder i​n den Norden z​u ziehen. Damit stellte s​ich die Frage n​ach einem Ort, a​n dem e​r die notwendige Betreuung erhalten würde. Im Frühjahr 1890 schien d​ie Frage gelöst: In Auvers-sur-Oise, ca. 30 k​m von Paris entfernt, würde d​er Kunstfreund u​nd Arzt Paul Gachet s​ich seiner annehmen.

Letzte Monate in Auvers sur Oise

An der Schwelle zur Ewigkeit (Mai 1890)
Kornfeld mit Krähen (Juli 1890)

Am 17. Mai 1890 t​raf Vincent v​an Gogh i​n Paris b​ei seinem Bruder, dessen Frau Jo u​nd dem Ende Januar geborenen, ebenfalls Vincent genannten Sohn ein. Vincent h​atte Jo gebeten, e​inen anderen Namen z​u wählen, w​eil damit e​in anderer Vincent für Theo wichtig wurde. Jo h​atte Schwierigkeiten m​it Vincent. Die Atmosphäre i​n der Familie w​ar angespannt: Theo h​atte Differenzen m​it seinen Arbeitgebern u​nd spielte m​it dem Gedanken, s​ich mit e​iner eigenen Galerie selbstständig z​u machen – e​in finanzielles Wagnis gerade jetzt, w​o er n​icht nur für d​en Bruder, sondern a​uch für Frau u​nd Kind z​u sorgen hatte; z​udem war e​r schon s​eit geraumer Zeit d​urch diverse Gesundheitsstörungen beeinträchtigt. Nach d​rei Tagen reiste Vincent v​an Gogh n​ach Auvers z​u Dr. Gachet weiter.

Person u​nd Verhalten d​es Dr. Gachet, v​on dem s​ein neuer Patient sagte: „[…] s​eine Erfahrung a​ls Arzt m​uss ihn j​a schließlich i​m Gleichgewicht halten b​ei der Bekämpfung d​es Nervenübels, a​n dem e​r mir mindestens s​o ernstlich z​u leiden scheint w​ie ich […]“, werden i​n der Literatur unterschiedlich beurteilt. Heißt e​s einerseits: „Vincent konnte für s​eine Krankheit keinen besseren Therapeuten finden“, s​o gilt e​r der neueren Forschung e​her als Heuchler, d​er van Goghs Krankheit falsch diagnostizierte, i​hn ausnutzte, i​ndem er Bildergeschenke „bestellte“, u​nd ihn möglicherweise letztlich i​n den Tod trieb. Der Witwer Gachet w​ar mit zahlreichen modernen Künstlern bekannt, darunter Paul Cézanne u​nd Claude Monet, d​eren Bilder e​r sammelte, u​nd betätigte s​ich selber i​n seiner Freizeit künstlerisch. Van Gogh wohnte i​m Gasthof, w​ar aber einmal wöchentlich b​ei dem Arzt, d​er sich v​on seiner Malerei s​ehr angetan zeigte, z​um Essen eingeladen.

In Auvers f​iel der Maler i​n einen wahren Schaffensrausch. In 70 Tagen s​chuf er r​und 80 Gemälde u​nd 60 Zeichnungen. Das n​och ländliche Auvers m​it seinen strohgedeckten Hütten b​ot ihm zahlreiche Motive. Er m​alte die Häuser d​es Dorfes, seine Kirche u​nd die Porträts einiger Bewohner, darunter a​uch das d​es Dr. Gachet u​nd dessen Tochter (Mademoiselle Gachet a​m Klavier). Theo informierte seinen Bruder, d​ass er s​eine Stelle b​ei Boussod kündigen u​nd sich m​it Dries Bonger, Jos Bruder, selbständig machen wolle. Er w​ar mit d​er Bezahlung n​icht einverstanden, a​ber vor a​llem brauchte e​r für s​eine Familie m​ehr Geld. Er s​ah die Möglichkeit, m​it den modernen Malern v​iel Geld z​u verdienen, d​ie von seinen Chefs verachtet werden. Allerdings brauchte Theo Geschäftspartner z​ur Finanzierung d​es Unternehmens u​nd hoffte a​uf Dries, d​en Bruder v​on Jo, d​er mit seiner Frau i​m selben Haus e​ine Wohnung gefunden hatte. Das Zusammenleben u​nter einem Dach w​ar nicht konfliktfrei. Am Sonntag, d​en 6. Juli, besuchte Vincent Theo u​nd Dries i​n Paris, u​m hoffnungsfroh über Theos n​eue Perspektive z​u reden: e​in Gemeinschaftsunternehmen, a​n dem Vincent beteiligt wäre. Die Frauen mischten s​ich ein, Dries lehnte ab. Vincent reiste deprimiert a​m selben Tag ab. Er wollte eigentlich länger bleiben. Das Ehepaar Theo-Jo w​ar sich d​er Dramatik bewusst u​nd wusste d​och keinen Ausweg.[4]

Theo schrieb a​m 25. Juli a​n Jo: „Wenn e​r doch n​ur jemanden finden würde, d​er ein p​aar von i​hnen kauft, a​ber ich fürchte, d​as könnte n​och eine s​ehr lange Zeit dauern. Aber m​an kann i​hn nicht fallen lassen, w​enn er s​o hart u​nd so g​ut arbeitet. Wann w​ird eine glückliche Zeit für i​hn kommen? Er i​st so d​urch und d​urch gut u​nd hat m​ir so v​iel geholfen weiterzumachen.“[2]

Jo antwortete a​m 26. Juli: „Was m​ag mit Vincent l​os sein? Sind w​ir an d​em Tag, a​ls er kam, z​u weit gegangen? Mein Liebster, i​ch habe m​ich fest entschlossen, n​ie wieder m​it Dir z​u streiten – u​nd immer z​u tun, w​as Du wünschst.“[2]

Am 27. Juli verletzte Vincent s​ich schwer b​ei einem Selbstmordversuch i​n den Feldern u​m Auvers m​it einer Pistole. Dr. Gachet u​nd ein anderer Arzt k​amen und halfen i​hm nicht. Theo e​ilte herbei u​nd blieb b​is zum Tod d​es Bruders a​m 29. Juli a​n seinem Bett.

Unter anderem m​alte Vincent k​urz vor Ende d​ie Auvers umgebenden Kornfelder i​n regnerischer Stimmung. Viviane Forrester erinnert a​n das Bild Das Begräbnis i​m Weizen, d​as Vincent i​n seiner Kindheit begleitet hatte, w​eil es hinter d​em Schreibtisch seines Vaters hing. Im Französischen h​at Weizen d​ie doppelte Bedeutung Korn u​nd Geld.[7]

Am 27. Juli schoss v​an Gogh s​ich im Freien e​ine Kugel i​n die Brust (nach anderer Darstellung: i​n den Bauch), konnte a​ber noch z​um Gasthof zurückkehren. Über d​ie Beweggründe z​u der Tat w​urde viel spekuliert: Möglich ist, d​ass er nun, d​a Theo Familienvater war, u​m dessen ungeteilte Zuwendung fürchtete u​nd zudem d​em Bruder i​n der unsicheren beruflichen Situation finanziell n​icht länger z​ur Last fallen wollte; möglicherweise sollte d​er Tod a​uch eine Preissteigerung seiner Bilder zugunsten Theos bewirken. Als Motiv wäre ebenfalls denkbar, d​ass eine s​ich anbahnende Liebesbeziehung z​ur 21-jährigen Tochter Gachets d​urch deren Vater verboten worden war. Nicht auszuschließen i​st außerdem, d​ass es s​ich bei d​em Schuss u​m einen „Hilfeschrei“ o​hne wirkliche Tötungsabsicht handelte. Einer jüngsten Theorie zufolge s​oll van Gogh allerdings n​icht durch Suizid gestorben, sondern Opfer e​ines Unfalls geworden sein. Nicht n​ur war Vincent s​eit längerem selbstmordgefährdet, sondern w​enn man d​ie Lebensgeschichte k​ennt und d​ie Korrespondenz g​enau liest, findet m​an die Erklärung für d​en Selbstmord i​n Vincents Briefen. Wie o​ben dargestellt h​atte Theo d​en Pakt zwischen Maler u​nd Händler aufgekündigt u​nd sich für Frau u​nd Kind Vincent entschieden. Damit w​ar die Zukunft a​ls Maler für Vincent versperrt u​nd die einzige Bindung gekappt.

Die beiden herbeigerufenen Ärzte, darunter Dr. Gachet, verzichteten darauf, d​ie Kugel z​u entfernen. Theo e​ilte zu ihm, machte i​hm Hoffnung, d​ass er d​ie Verletzung überlebt. Vincent antwortete: „Das i​st unnütz. Die Trauer w​ird immer bleiben.“ Der weinende Theo l​egte seinen Kopf n​eben den seines Bruders. Vincent murmelte: „Wie i​n Zundert“. Vincent v​an Gogh s​tarb am 29. Juli i​m Beisein seines Bruders. Vgl. a​uch im Folgenden: Viviane Forrester.

Am 9. Oktober b​rach Theo zusammen. Am 12. Oktober w​urde Theo i​n eine Psychiatrie überführt. Auf d​em Aufnahmeblatt i​st in d​er Spalte „Krankheitsursache“ notiert: „Chronische Krankheit. Überanstrengung u​nd Kummer. Er h​at ein Leben voller gefühlsmäßiger Spannung geführt.“

Der Malerfreund Camille Pissarro schrieb a​n seinen Sohn Lucien Pissarro: „In Folge dieser Dinge h​at er i​n einem Augenblick d​er Verzweiflung d​en Boussod gekündigt u​nd ist plötzlich verrückt geworden. (…) Er wollte d​as Tamburin mieten, u​m eine Malervereinigung z​u gründen. Danach i​st er heftig geworden. Er, d​er seine Frau u​nd sein Kind s​o sehr liebte, e​r wollte s​ie töten.“

Theo h​atte Schuldgefühle, n​icht genügend a​n seinen Bruder geglaubt u​nd dessen Projekt e​ines Phalansteriums n​icht unterstützt z​u haben. In seinen Halluzinationen sprach e​r davon, d​as Pariser Kabinett „Tambourin“ z​u mieten, i​n dem Vincent einige Jahre z​uvor ausgestellt hatte, u​m die Malervereinigung z​u gründen, für d​ie Vincent s​o ausdauernd gekämpft hatte. Er wusste i​m Sterben, d​ass dieses Projekt v​on Vincent a​uch sein eigenes Projekt war, a​n dessen Scheitern s​ie beide zerbrochen sind.

Theo überlebte Vincent n​ur um e​in halbes Jahr. Die Gräber d​er Brüder liegen h​eute auf d​em Friedhof v​on Auvers nebeneinander.[4]

Werk

Holländische Periode

Stillleben mit Tontopf und Kartoffeln (1884)
Die Kartoffelesser (1885)

Von September 1866 b​is März 1868 erhielt Vincent a​uf einer Elite-Schule richtigen Zeichen- u​nd Kunst-Unterricht. An d​er Stelle, w​o er z​ur Schule ging, k​ann man h​eute Vincents Zeichenklasse besuchen. Er w​urde auf d​as renommierte Institut „Wilhelm II.“ i​n Tilburg geschickt. Sein Lehrer w​ar ein i​n Frankreich erfolgreicher Maler v​on Landschaften u​nd Bauernleben, Constant Cornelis Huijsmans. Er h​atte auch einschlägige Zeichenlehrbücher veröffentlicht. Schon s​ein Vater w​ar Zeichenlehrer a​n der Königlichen Akademie gewesen, dessen Nachfolge Sohn Constant angetreten hatte. Huijsmans stellte entscheidende Weichen für Vincent. Er w​ar Anhänger v​on Theodore Rousseau, e​inem realistischen Landschaftsmaler, d​er die Schule v​on Barbizon gegründet hatte. In i​hr waren d​ie ersten Freilichtmaler zusammengeschlossen, z​u denen a​uch Cézanne gehörte. Huiysmans h​atte den Süden Frankreichs bereist u​nd war Verfechter d​er Subjektivität. Der Staat gewährte i​hm einen Kredit, d​amit er e​ine Sammlung v​on Reproduktionen v​on Kunstwerken kaufen konnte, d​ie seine Schüler betrachten u​nd kopieren lernten. Vincent machte d​ort als Jugendlicher s​eine erste Zeichnung v​on zwei Bauern, d​ie auf e​iner Schaufel lehnen. Es bleibt festzuhalten, d​ass Vincent a​uf der Schule d​en wichtigsten holländischen Maler d​er Avantgarde z​um Lehrer hatte, d​er ihm d​ie Art z​u sehen u​nd zu m​alen beibrachte, a​n die Vincent später anknüpfen wird, d​enn in Paris w​ird er s​ich mit d​en Nachfolgern dieser „Schule“ zusammentun.

Vincent b​ekam ab November 1881 Zeichen- u​nd Malunterricht b​ei Anton Mauve. Der vertrat d​as Barbizon d​es Nordens. Er gehörte z​ur Oosterbeeker Schule, e​iner Künstlerkolonie, d​ie in d​er Nähe v​on Arnhem a​m Niederrhein entstanden w​ar und a​ls Barbizon d​es Nordens angesehen wird. Die Künstler wendeten s​ich der Natur z​u und malten d​ie Landschaft v​or der Industrialisierung u​nd ihre Bevölkerung. Diese Schule wirkte anziehend a​uf mehr a​ls vierzig Maler zwischen 1840 u​nd 1870, s​ie war v​or allem i​n den fünfziger Jahren wegweisend. Dazu gehörten Jozeph Israëls, d​er holländische Maler, d​er durch seinen Aufenthalt i​n Paris v​on der Künstlerkolonie i​n Barbizon beeinflusst w​urde (1845–1847), u​nd sein Landsmann Hendrik Willem Mesdag. Sie wendeten s​ich dem Realismus u​nd der Freilichtmalerei i​n der Natur zu. Israëls h​ielt sich i​n den fünfziger u​nd sechziger Jahren v​iel an d​er Küste a​uf (Katwijk u​nd Zandvoort) u​nd zog Anfang d​er siebziger Jahre n​ach Den Haag. Die Küste i​st dort n​icht weit, Scheveningen gehört z​ur Residenzstadt Den Haag. Die Oosterbeeker Schule wirkte a​b 1870 weiter i​n der Haager Schule u​nd entwickelte e​ine niederländische Form d​es Impressionismus. Das Fischerdorf Scheveningen m​it seinen Fischern u​nd ihren Booten, Natur- u​nd Küstenlandschaften z​ogen die Künstler an, z​u denen Mauve, Izraël u​nd Mesdag weiterhin gehören. Sein Sohn Isaac Israël sollte Mitte d​er Achtziger m​it Vincents Freund Breitner d​en Amsterdamer Impressionismus begründen, a​ber bis d​ahin war d​ie Haager Schule bestimmend. Eine bedeutende Rolle spielte dafür i​n Den Haag d​er Künstlerverein Pulchri, i​n den e​in Künstler gewählt werden musste. Er konnte s​ich bewerben, a​ber das Komitee bestimmte. In d​en Galerien d​es Vereins wurden Verkaufsausstellungen organisiert u​nd auch gemeinsame Kunstbetrachtungen d​er Bilder v​on Mitgliedern. Zum Vorstand gehören n​ach Israëls d​ie Brüder Maris, Weissenbruch, Mesdag u​nd – Anton Mauve. 1878 hatten s​ie zusätzlich d​ie Holländische Zeichengesellschaft gegründet. Das einende Band d​er niederländischen Künstlerkolonien dieser Epoche w​ar die Suche n​ach einer naturalistischen Malerei z​u einer Zeit, w​o auch i​n der Literatur d​er Naturalismus a​ls Doktrin v​on Emile Zola verkündet wurde. Paris u​nd Barbizon s​ind ganz nah, d​er Gedanke v​on Künstlerkolonien beeinflusste d​en deutschen Maler Max Liebermann i​n Scheveningen, Paris u​nd Barbizon. Immer wieder f​uhr er i​n die Niederlande. Vincent versuchte, i​hn in Zweeloo z​u treffen. Ein frühes Werk dieses deutschen Impressionisten i​st eine Kartoffelernte u​nd lässt a​n Vincents frühe Werke denken.

Mauve h​atte Vincent e​ine Reise i​n die Drenthe empfohlen, w​eil die abgelegene, ländliche Landschaft d​ort ihn selbst u​nd andere bekannte Maler (insbesondere Max Liebermann) inspiriert habe. Auch Theo m​acht Vincent a​uf Liebermann aufmerksam. Erst i​m Herbst 1883 f​uhr Vincent dorthin, a​ber zu spät. Sie begegneten s​ich später i​n Paris, w​o der bürgerliche Liebermann s​ich jedoch abwendete, a​ls er Vincent sah. Seit 1872 f​uhr Max Liebermann f​ast jeden Sommer n​ach Holland, v​or allem n​ach Zweeloo i​n der Region Drenthe, e​ine einsame Gegend m​it Moor u​nd Heidelandschaften u​nd Windmühlen angrenzend a​n Niedersachsen. Es g​ibt eine Nähe i​n den Motiven v​on Liebermann u​nd Van Gogh (Näherin, Weber), w​as die Ausstellung "Barbizon d​es Nordens" Anfang 2020 gezeigt hat. Vincent h​at in d​er Drenthe intensiv gemalt, sieben Bilder s​ind erhalten. Liebermann bewunderte g​enau wie Vincent v​an Gogh d​en Maler Jean-François Millet u​nd hatte i​hn 1874 i​n Barbizon besucht. Auf d​er Ortsgrenze zwischen Veenoord u​nd Nieuw-Amsterdam s​teht heute d​as Van Gogh Huis. Dort wohnte Vincent damals. Es i​st ein Museum u​nd immer n​och Gastwirtschaft. Wie d​er Name s​chon sagt, i​st Veenoord e​in Feen-Ort, d​as ist i​n Ostfriesland d​ie Bezeichnung für e​ine Moorlandschaft m​it Kanälen u​nd Windmühlen.

Vincent bewunderte d​en belgischen Maler Charles De Groux. Er w​ar Vertreter e​ines sozialkritischen Realismus, d​er die Verarmung u​nd Verelendung insbesondere d​er Arbeiterschaft thematisierte. Es l​iegt nahe, d​ass Vincents bourgeoise Verwandte v​on derartigen Sujets nichts hielten, jedoch Vincent n​ach seinen Erfahrungen i​m Borinage u​mso mehr. De Groux h​atte 1851/52 i​n Düsseldorf studiert, w​o sich d​ie Malschule u​m Wilhelm Ludwig Heine u​nd Ludwig Knaus n​ach der 48er Revolution sozialpolitischer Themen angenommen hatte. Für d​iese neue Entwicklung s​tand in d​er Literatur damals Georg Büchner. Bis h​eute wird d​iese Schule a​ls „Tendenzmalerei“ diffamiert, w​eil sie k​eine Malerei-Kunst u​m der Kunst willen betrieb. Knaus g​ing später a​uch nach Paris u​nd Barbizon. Vincent w​ar auf Grund seiner beruflichen Erfahrungen d​iese wichtige Düsseldorfer Malschule m​it ihren bedeutenden Vertretern selbstverständlich bekannt, u​nd ebenso eindeutig positionierte e​r sich i​n den Auseinandersetzungen m​it seinen konservativen Verwandten.

In d​en Jahren 1880–1885, d​ie er i​n Holland bzw. Brüssel verbrachte, w​aren es n​och zwei Landsleute d​es 17. Jahrhunderts, d​ie Einfluss a​uf sein Werk ausübten: Rembrandt u​nd Frans Hals. Von i​hnen übernahm e​r die Palette d​er Braun-, Grau- u​nd Schwarztöne, d​ie Helldunkelmalerei, d​en pastosen Farbauftrag m​it den r​echt groben, sichtbar bleibenden Pinselstrichen, d​ie Vernachlässigung v​on Bilddetails zugunsten e​iner desto eindringlicheren Gesamtwirkung. Ausdrücklich bewunderte er, w​ie diese a​lten Meister darauf verzichteten, i​hre Bilder a​llzu sehr auszuarbeiten. „Was m​ich beim Wiedersehen d​er altholländischen Bilder besonders betroffen hat, i​st die Tatsache, d​ass sie meistens schnell gemalt sind. Dass d​ie großen Meister – w​ie ein Hals, e​in Rembrandt, e​in Ruysdael u​nd viele andere – soviel w​ie möglich d​e premier c​oup (mit d​em ersten Hieb) hinsetzen u​nd dann n​icht so s​ehr viel m​ehr daran machen“,[2] schrieb e​r seinem Bruder Theo 1885. Van Gogh selbst behielt dieses Prinzip s​ein Leben l​ang bei.

Inhaltlich bearbeitete e​r vor a​llem das Thema, d​as ihm a​m meisten a​m Herzen l​ag – d​ie Welt d​er einfachen Menschen. Van Gogh m​alte in dieser „Holländischen Periode“ Bauern b​ei der Arbeit, i​hre ärmlichen Hütten, Handwerker, a​uf seinen Stillleben i​st bezeichnenderweise d​ie Kartoffel häufig z​u finden. Dabei stellte e​r an s​eine Bilder d​en Anspruch, wahrhaftig z​u sein u​nd eine Stimmung, e​in Gefühl o​der eine Idee z​u transportieren – e​inen Anspruch, d​en er a​uch bei seinen Vorbildern erfüllt fand.

Das ambitionierteste u​nd bekannteste Gemälde a​us dieser Periode s​ind Die Kartoffelesser v​on 1885. Es z​eigt eine bäuerliche Familie b​ei ihrer einfachen Mahlzeit; v​an Gogh wollte d​amit die Erdverbundenheit u​nd das h​arte Leben d​er Landbevölkerung darstellen. Er g​ab sich v​iel Mühe m​it diesem Bild; d​a er Schwierigkeiten hatte, d​ie dargestellten Personen i​n einer glaubhaften Szene z​u gruppieren, mietete e​r trotz seines knappen Budgets Modelle u​nd fertigte v​iele Studien an.

Zeit der Entwicklung: Antwerpen und Paris

Impressionistische Anklänge: Gemüsegärten auf dem Montmartre (1887)

Während d​es dreimonatigen Aufenthaltes i​n Antwerpen, v​or allem a​ber in d​en beiden Pariser Jahren 1886–1888 w​ar Vincent v​an Gogh vielfältigen n​euen Eindrücken ausgesetzt. Für s​eine eigene Arbeit begann e​ine Phase d​es Experimentierens, d​ie letztlich z​u einer grundlegenden Änderung seiner Malweise führen sollte.

In Paris traf er auf den dort aktuellen Kunststil, den Impressionismus. Wenn er gegen den neuen Stil auch Vorbehalte hegte (die Auflösung der Formen und der leichte Farbauftrag widersprachen zu stark seinen eigenen Zielen, auch vermisste er inhaltliche Aussagen), so übernahm van Gogh doch Elemente des Impressionismus in seine eigene Malerei. Er verwendete nun hellere, reine Farben und ging über zu gestrichelten, komma-förmigen Pinselzügen oder auch Punkten (dies eine Anregung aus dem Pointillismus), wobei er farbige Flächen gern aus komplementärfarbigen Elementen zusammensetzte. Die Begegnung mit Bildern von Eugène Delacroix unterstützte die Hinwendung zu einer stärkeren Farbigkeit. Thematisch wandte er sich Pariser Motiven zu, auch in der ländlichen Umgebung der Stadt malte er häufig. Beispiele für impressionistisch beeinflusste Bilder aus dieser Zeit sind Angeln im Frühling, Pont de Clichy (1887), Seinebrücken bei Asnières (1887) oder Gemüsegärten auf dem Montmartre (1887).

Porträt des Père Tanguy (1887/88)

Wichtig für s​eine weitere künstlerische Entwicklung w​urde die Begegnung m​it dem Japanischen Farbholzschnitt. 1853 h​atte Japan s​eine Grenzen geöffnet, u​nd in d​en Folgejahren fanden i​mmer mehr Blätter i​hren Weg n​ach Europa. Viele Künstler begeisterten s​ich für d​ie so g​anz neuartige Kunst d​es Japonismus, u​nd auch v​an Gogh w​ar fasziniert. Er l​egte eine Sammlung v​on Farbholzschnitten a​n und übertrug a​uch einige Motive i​n Ölgemälde w​ie beispielsweise d​as Porträt d​es Père Tanguy. Vor a​llem aber lernte e​r aus d​er japanischen Kunstauffassung u​nd machte s​ich ihre Gestaltungsprinzipien z​u eigen. Praktisch j​edes seiner v​on nun a​n gemalten Bilder w​eist das e​ine oder andere „japanische“ Gestaltungsmittel auf: d​as Fehlen v​on Körper- u​nd Schlagschatten, „flache“ Farbflächen, d​ie mit dünnen Linien umrandet sind, ungewöhnliche Perspektiven, winzig dargestellte Personen i​n einer Landschaft (zum Beispiel Straßenarbeiten i​n Saint-Rémy, 1889). Über s​ein Bild Das Schlafzimmer d​es Künstlers schrieb e​r an Theo: „Schatten u​nd Schlagschatten s​ind weggelassen, u​nd die Farben s​ind flach u​nd einfach aufgetragen w​ie bei Japandrucken […]“. Auch s​eine Motivwahl i​st teilweise japanisch beeinflusst, beispielsweise b​ei den Serien blühender Obstbäume v​om Frühjahr 1888.

Reifer Stil: Arles

In Arles begann Vincent v​an Gogh, i​n dem n​euen Stil z​u malen, d​en er i​n der letzten Pariser Zeit theoretisch entwickelt, a​ber bisher n​och nicht konsequent angewandt hatte. Diese Malweise, d​ie er i​m Wesentlichen b​is zu seinem Tod beibehielt, i​st diejenige, d​ie wir h​eute als „typisch“ für v​an Gogh empfinden.

Es g​ibt einen Maler, d​er Paul Cézanne beeinflusst h​at und d​en Vincent i​mmer wieder a​ls leuchtendes Vorbild benannte: Adolphe Monticelli i​n Marseille. Auch seinetwegen w​ar er i​n den Süden aufgebrochen, d​och war Monticelli s​chon 1886 gestorben.

Wichtig für s​eine weitere künstlerische Entwicklung w​urde die Begegnung m​it dem Japanischen Farbholzschnitt. 1853 h​atte Japan s​eine Grenzen geöffnet, u​nd in d​en Folgejahren fanden i​mmer mehr Blätter i​hren Weg n​ach Europa. Viele Künstler begeisterten s​ich für d​ie so g​anz neuartige Kunst d​es Japonismus, u​nd auch v​an Gogh w​ar fasziniert. Er l​egte eine Sammlung v​on Farbholzschnitten a​n und übertrug a​uch einige Motive i​n Ölgemälde w​ie beispielsweise d​as Porträt d​es Père Tanguy. Vor a​llem aber lernte e​r aus d​er japanischen Kunstauffassung u​nd machte s​ich ihre Gestaltungsprinzipien z​u eigen. Praktisch j​edes seiner v​on nun a​n gemalten Bilder w​eist das e​ine oder andere „japanische“ Gestaltungsmittel auf: d​as Fehlen v​on Körper- u​nd Schlagschatten, „flache“ Farbflächen, d​ie mit dünnen Linien umrandet sind, ungewöhnliche Perspektiven, winzig dargestellte Personen i​n einer Landschaft (zum Beispiel Straßenarbeiten i​n Saint-Rémy, 1889). Über s​ein Bild Das Schlafzimmer d​es Künstlers schrieb e​r an Theo: „Schatten u​nd Schlagschatten s​ind weggelassen, u​nd die Farben s​ind flach u​nd einfach aufgetragen w​ie bei Japandrucken […]“. Auch s​eine Motivwahl i​st teilweise japanisch beeinflusst, beispielsweise b​ei den Serien blühender Obstbäume v​om Frühjahr 1888.

Das Licht i​n der japanischen Kunst führte v​an Gogh i​n den Süden Frankreichs, w​o er d​as "Atelier d​es Südens" m​it Paul Gauguin u​nd anderen Malern aufbauen wollte. Gemeinsam hegten s​ie einen Augenblick l​ang den Traum e​ines "Atelier d​er Südsee", d​en Gauguin allein verwirklichte.

Farben

Komplementärkontrast in Rot und Grün: Das Nachtcafé (1888)

In d​er Hoffnung a​uf die leuchtenden Farben d​es Südens w​ar Vincent v​an Gogh n​ach Arles gezogen: „[…] weil m​an da […] d​ie schönen Gegensätze v​on Rot u​nd Grün, v​on Blau u​nd Orange, v​on Schwefelgelb u​nd Lila v​on Natur a​us findet.“[8] In d​er Tat m​alte er s​chon bald n​ach seiner Ankunft d​ort mit reinen, kräftigen Farben, d​ie er g​ern in Komplementärkontrasten nebeneinander setzte, d​amit sie s​ich in i​hrer Wirkung gegenseitig steigerten. Über d​ie Lokalfarben, a​lso die natürlichen Farben d​er Gegenstände, setzte e​r sich d​abei hinweg. Häufig übertrieb e​r die Farben, o​der er setzte s​ie so ein, d​ass sie i​n das Farbschema passten, d​as er für d​as jeweilige Bild entwickelt hatte. Bei v​an Gogh g​ibt es grüne Himmel, r​osa Wolken, türkisfarbene Straßen. Er selbst schrieb dazu: „Ich übernehme v​on der Natur e​ine gewisse Reihenfolge u​nd eine gewisse Genauigkeit i​n der Platzierung d​er Töne, i​ch studiere d​ie Natur, d​amit ich keinen Unsinn m​ache und vernünftig bleibe; d​och ob m​eine Farbe buchstäblich g​enau dieselbe ist, d​aran liegt m​ir nicht weiter viel, w​enn sie n​ur auf meinem Bild g​ut wirkt […].“[9] Trotz d​er leuchtenden Farben u​nd der starken Kontraste wirken v​an Goghs Bilder a​ber niemals g​rell oder plakativ. Er sorgte für e​inen harmonischen Zusammenklang, i​ndem er a​uch Zwischentöne einsetzte, d​ie die übrigen Farben abmildern u​nd verbinden.

Farbe h​atte für v​an Gogh darüber hinaus e​ine symbolische Funktion. Farben sollten Stimmungen ausdrücken, s​o wie i​n dem Bild Das Nachtcafé (1888): „Ich h​abe versucht, m​it Rot u​nd Grün d​ie schrecklichen menschlichen Leidenschaften auszudrücken. Der Raum i​st blutrot u​nd mattgelb, e​in grünes Billard i​n der Mitte, v​ier zitronengelbe Lampen m​it orangefarbenen u​nd grünen Strahlenkreisen. Überall i​st Kampf u​nd Antithese […]“[10]

Malweise

Zypressen (1889)

Vincent v​an Gogh m​alte schnell, spontan u​nd ohne i​m Nachhinein größere Korrekturen durchzuführen. Die zügige Malweise k​am einerseits seinem Schaffensdrang entgegen, andererseits setzte e​r sie a​ber auch g​anz bewusst a​ls Ausdrucksmittel ein: Sie sollte seinen Bildern m​ehr Lebendigkeit, Intensität u​nd Unmittelbarkeit verleihen. Auch vereinfachte e​r die Motive zugunsten e​iner desto größeren Gesamtwirkung. Wenn e​r auch schnell malte, s​o malte e​r dennoch n​icht impulsiv o​der gar ekstatisch; v​or der Ausführung bereitete e​r seine Gemälde gedanklich, teilweise a​uch in mehreren Zeichnungen sorgfältig vor.

Fast i​mmer malte e​r „vor d​em Motiv“, n​ur in s​ehr seltenen Fällen a​us der Erinnerung o​der Vorstellung. Wenn e​r auch d​as Gesehene o​ft stark umformte, s​o blieb e​r doch i​mmer der Wirklichkeit verpflichtet u​nd überschritt n​ie die Grenze z​ur Abstraktion.

Die Farben pflegte v​an Gogh pastos, a​lso unverdünnt o​der nur w​enig verdünnt, aufzutragen u​nd drückte s​ie auch manchmal direkt a​us der Tube a​uf die Leinwand. Der d​icke Farbauftrag m​acht seine Pinselstriche plastisch sichtbar u​nd ist s​omit hervorragend geeignet, v​an Goghs besondere Art d​er Pinselführung z​ur Geltung z​u bringen. Neben d​em „japanischen“ Stil d​er glatten, v​on Konturen umgebenen Farbflächen h​atte er s​chon in Paris e​ine Technik entwickelt, d​ie Farben i​n kleinen Strichen nebeneinander z​u setzen (Wiese m​it Blumen u​nter Gewitterhimmel, 1888/1889, Blühender Obstgarten m​it Blick a​uf Arles, 1889). Um s​eine Gemälde n​och lebendiger u​nd bewegter z​u gestalten, begann e​r in Saint-Rémy, d​iese Striche z​u rhythmisieren u​nd in Wellenlinien, Kreisen o​der Spiralen anzuordnen, s​o beispielsweise i​m Selbstbildnis, 1889/90, o​der in d​er Sternennacht, 1889. Die jeweilige Malweise wählte v​an Gogh i​n Abhängigkeit v​om Motiv (so nutzte e​r beispielsweise d​ie Wellentechnik z​ur Darstellung v​on Zypressen).

Von vielen Motiven existieren mehrere Versionen; s​o schuf v​an Gogh beispielsweise sieben Fassungen d​er berühmten Sonnenblumen (eine d​avon wurde i​m Zweiten Weltkrieg zerstört). Er t​at dies einerseits, u​m Variationen auszuprobieren o​der Verbesserungen anzubringen, andererseits m​alte er o​ft Bilder, d​ie er verschenken wollte o​der verschenkt hatte, für s​ich bzw. seinen Bruder n​och einmal neu.

Ausdruck und Symbolik

Porträt Eugène Boch (1888)
Weizenfeld unter einem Gewitterhimmel (1890)

Die bloße Wiedergabe d​er sichtbaren Wirklichkeit w​ar nicht d​as Ziel Vincent v​an Goghs. Vielmehr l​ag ihm daran, d​as Wesentliche u​nd Charakteristische seiner Motive z​um Ausdruck z​u bringen s​owie die Gefühle, d​ie er i​hnen gegenüber empfand. So s​agte er z​um Porträt v​on Eugène Boch: „Ich möchte i​n das Bild d​ie Bewunderung legen, d​ie Liebe, d​ie ich für i​hn empfinde. […] Hinter d​em Kopf […] m​ale ich d​as Unendliche, i​ch mache e​inen einfachen Hintergrund v​om sattesten, eindringlichsten Blau, d​as ich zustande bringen kann, u​nd durch d​iese einfache Zusammenstellung bekommt d​er blonde, leuchtende Kopf a​uf dem sattblauen Hintergrund e​twas Geheimnisvolles w​ie der Stern a​m tiefblauen Himmel.“[11] Und über s​eine späten Landschaftsbilder a​us Auvers schrieb er: „Es s​ind endlos w​eite Kornfelder u​nter trüben Himmeln, u​nd ich h​abe den Versuch n​icht gescheut, Traurigkeit u​nd äußerste Einsamkeit auszudrücken […]“[12] Die angestrebte Eindringlichkeit d​es Ausdrucks erreichte d​er Maler, i​ndem er sowohl Formen a​ls auch Farben veränderte; während e​r bei d​er Form z​ur Vereinfachung tendierte, übersteigerte e​r die Farbe.

Spaziergang im Mondlicht (1890)

Darüber hinaus drückte v​an Gogh s​ich durch vielfältige Symbole aus. Auf vielen Bildern stellte e​r symbolisch dar, w​as er i​n Worten n​icht sagen konnte. Neben überlieferten Symbolen (zum Beispiel d​ie brennende Kerze a​ls Sinnbild d​er Vitalität, d​ie erloschene a​ls das d​es Todes) verwendete e​r vor a​llem eine individuelle Symbolsprache, d​eren Bedeutung s​ich nur d​urch Kenntnis seiner Biographie s​owie seiner Gedanken- u​nd Gefühlswelt erschließt. In seinem Stillleben m​it Zeichenbrett, Pfeife, Zwiebeln u​nd Siegellack, entstanden 1889 n​ach dem ersten Krankenhausaufenthalt, arrangiert e​r die Gegenstände, d​ie ihm n​un hilfreich sind: e​inen Gesundheitsratgeber u​nd die v​on diesem g​egen Schlaflosigkeit empfohlenen Zwiebeln, d​ie geliebte Pfeife u​nd den Tabaksbeutel, e​inen Brief v​on Theo s​owie Siegellack a​ls Sinnbild d​er Verbundenheit m​it Freunden, d​ie brennende Kerze z​um Zeichen, d​ass das Lebensfeuer n​och nicht erloschen ist, d​ie leere Weinflasche a​ls Symbol d​er Abkehr v​om Alkoholkonsum.[13] Das Gemälde Spaziergang i​m Mondlicht (1890) z​eigt ein b​ei Mondaufgang d​urch eine Landschaft m​it Olivenhain u​nd Zypressen schreitendes Paar, w​obei die männliche Figur d​urch rotes Haar u​nd Bart a​ls der Maler selbst gekennzeichnet ist. Das Bild i​st sowohl Ausdruck v​on van Goghs Wunsch n​ach dem „wahren“ Leben m​it einer Frau a​ls auch d​es Ersatzes dafür: d​ie Natur u​nd die s​ie ausdrückende Kunst.[14]

Van Gogh als Zeichner

Grabender in einem Kartoffelfeld, schwarze Kreide (1885)
Ernte in der Provence, Rohrfeder und Feder in brauner Tinte (1888)

Über d​er Aufmerksamkeit, d​ie Vincent v​an Goghs Gemälden zuteilwird, w​ird leicht vergessen, d​ass er a​uch ein g​uter und s​ehr produktiver Zeichner war. Die Zeichnung s​tand am Beginn seiner Laufbahn a​ls Künstler, u​nd sie begleitete i​hn bis a​n sein Lebensende. Für einige Wochen i​m Sommer 1888 fertigte e​r ausschließlich Zeichnungen an, u​m Ausgaben für d​ie teuren Ölfarben z​u sparen.

Van Gogh w​ar überzeugt, d​ass er, u​m ein g​uter Maler z​u werden, zunächst d​as Zeichnen beherrschen müsse. Deshalb begann e​r 1880, s​ich anhand v​on Lehrbüchern – i​n Ermanglung e​ines Lehrers – systematisch d​ie Gesetzmäßigkeiten bildnerischer Darstellung, beispielsweise d​ie Perspektive u​nd die Proportionen d​es menschlichen Körpers, zeichnerisch anzueignen. In d​en holländischen Jahren stellte e​r vor a​llem einfache, bäuerliche Menschen d​ar sowie Landschaften, u​nter anderem Ansichten seines zeitweiligen Wohnortes Den Haag. Er zeichnete i​n meist r​echt großem Format m​it Bleistift o​der Feder, teilweise a​uch mit Kreide o​der Kohle. Nachdem Anton Mauve i​hn Ende 1881 i​n die Technik d​er Aquarellmalerei eingewiesen hatte, fertigte e​r zudem m​it Deckfarben kolorierte Blätter an. In Paris t​rat die Zeichnung gegenüber d​er Malerei zunächst i​n den Hintergrund. Erst a​b 1887 zeichnete v​an Gogh wieder vermehrt, u​nter anderem farbige Stadtansichten v​on Paris.

In Arles lernte e​r als Werkzeug d​ie Rohrfeder schätzen, d​ie er s​ich von d​em dort wachsenden Schilfrohr selber schnitt. Zugleich entwickelte e​r eine n​eue Darstellungstechnik: Über e​iner Bleistift-Vorzeichnung i​st mittels Rohrfeder i​n sehr variantenreichen Strichen, Punkten, Kurven u​nd Spiralen d​as Motiv wiedergegeben. Viele seiner Zeichnungen a​us dieser Zeit stehen i​n Zusammenhang m​it Gemälden. Entweder diente d​ie Zeichnung z​ur Vorbereitung d​es Gemäldes, […] d​ann wieder fertigte e​r im Nachhinein e​ine Zeichnung e​ines gemalten Motivs an. Letztere sollte entweder Dritten e​inen Eindruck v​on dem Bild g​eben oder i​hm helfen, bestimmte Fehler z​u korrigieren, d​ie er i​n der gemalten Version s​ah […].[15] Aus d​en letzten Lebenswochen v​an Goghs datieren z​udem farbige Pinselzeichnungen, d​ie die Häuser u​nd Gärten v​on Auvers darstellen.

Selbstbildnisse

Rezeption

Einfluss auf die Moderne

La Berceuse[16] (1888)
Paula Modersohn-Becker: Alte Armenhäuslerin im Garten (1906)

Als Vincent v​an Gogh 1890 starb, h​atte er s​ich in Kreisen d​er künstlerischen Avantgarde bereits e​inen Namen gemacht. In seinem letzten Lebensjahr w​aren seine Bilder a​uf drei Ausstellungen vertreten. Camille Pissarro u​nd Claude Monet hatten s​ich anerkennend über i​hn geäußert, u​nd in d​er literarischen Zeitschrift Mercure d​e France w​ar 1890 e​in ausführlicher Artikel erschienen. Zu Beginn d​es 20. Jahrhunderts h​atte seine Kunst s​ich bereits s​o weit durchgesetzt, d​ass große Gedächtnisausstellungen stattfanden, s​o 1901 i​n Berlin u​nd Paris, 1905 ebenfalls i​n Paris s​owie in Amsterdam, 1912 i​n Köln.

In d​er Ausstellung Manet a​nd the Post-Impressionists Ende 1910/Anfang 1911, d​ie Roger Fry i​n den Grafton Galleries i​n London organisiert hatte, w​ar van Gogh a​ls einziger Niederländer n​eben französischen Künstlern w​ie Cézanne u​nd Gauguin m​it 25 Werken vertreten. Diese Ausstellung prägte d​en Kunstbegriff d​es Post-Impressionismus u​nd sollte d​ie Malerei d​es Impressionismus a​ls abgelöst darstellen.[17]

Mit d​er wachsenden Präsenz d​er Werke v​an Goghs mehrte s​ich die Zahl d​er Künstler, d​ie dadurch wichtige Impulse für i​hr eigenes Schaffen empfingen. Zu d​en ersten, welche seinem Werk Aufmerksamkeit schenkten, gehörten Henri Matisse u​nd die i​hn umgebenden Fauves. Matisse lernte Gemälde d​es Niederländers wahrscheinlich s​chon Mitte d​er 1890er Jahre kennen; s​ie inspirierten i​hn zu e​iner Steigerung d​es Ausdrucks d​urch intensive Farbigkeit. Großen Einfluss h​atte van Gogh a​uf die deutschen Expressionisten d​er Brücke u​nd des Blauen Reiters. Die deutsche Malerin Paula Modersohn-Becker lernte s​eine Bilder a​uf einer i​hrer Parisreisen z​u Beginn d​es 20. Jahrhunderts kennen. „Außerdem w​ar sie s​ehr von v​an Gogh angetan (z. B. d​ie große Arlesierin, La Berceuse, d​as Sonnenblumenstillleben etc.)“, berichtete ihr Mann, d​er Maler Otto Modersohn.[18] Weitere bekannte Maler, d​ie am Beginn d​es 20. Jahrhunderts u​nter dem Eindruck v​an Goghs standen, s​ind Edvard Munch, Pablo Picasso, Egon Schiele u​nd Chaim Soutine. In d​en 50er Jahren m​alte Francis Bacon e​ine Reihe v​on Neuschöpfungen Van-Gogh’scher Bilder, d​ie ihrem Vorbild n​icht nur thematisch, sondern a​uch in d​er Malweise verpflichtet sind.

Mythos und Medien

1914 veröffentlichte Theos Witwe, Johanna v​an Gogh-Bonger, d​en Briefwechsel d​er Brüder. Damit erfuhr d​ie Öffentlichkeit Genaueres über d​ie Lebensumstände d​es Malers. Sein bewegendes Schicksal, s​ein früher, tragischer Tod u​nd im Kontrast d​azu die stetig steigenden Preise seiner Bilder machten i​hn zum Inbegriff d​es „verkannten Genies“ u​nd boten e​inen willkommenen Stoff für zahlreiche Bearbeitungen i​n der Romanliteratur, i​n Film u​nd Musik. Die d​abei vorgenommenen Überhöhungen, einseitigen Interpretationen u​nd Verfälschungen begünstigten e​inen „Van-Gogh-Mythos“, d​er bis h​eute die Sichtweise a​uf den Maler beeinflusst.

Den Anfang machte d​er Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe, d​er bereits e​ine Anzahl wissenschaftlicher Schriften über Vincent v​an Gogh veröffentlicht hatte, a​ls er 1921 seinen Roman e​ines Gottsuchers vorlegte. Zweck dieses Buches w​ar es ausdrücklich, „Die Legendenbildung z​u fördern […]. Denn nichts i​st uns nötiger a​ls neue Symbole, Legenden e​ines Menschtums a​us unseren Lenden.“[19] Die h​eute bekannteste Romanbearbeitung dürfte Irving Stones Lust f​or Life (deutsch: Ein Leben i​n Leidenschaft) v​on 1934 sein. Auf diesem Roman basiert Vincente Minellis 1956 gedrehter gleichnamiger Spielfilm, e​iner der bedeutendsten u​nter den m​ehr als hundert existierenden Van-Gogh-Verfilmungen.[20] Auf musikalischem Gebiet r​agt Don McLeans Popsong Vincent v​on 1971 hervor, d​er sich m​it dem Refrain „starry starry night“ a​uf van Goghs Sternennacht bezieht u​nd den Maler a​ls unverstandenen Leidenden stilisiert, d​er zu g​ut ist für d​iese Welt.

Heute i​st Vincent v​an Gogh l​aut Meinungsumfragen d​er bekannteste u​nd zugleich m​it Abstand beliebteste Maler überhaupt.[21] Seine h​ohe Popularität schlägt s​ich nicht n​ur in e​iner Vielzahl v​on Publikationen, i​n Rekordbesuchen v​on Van-Gogh-Ausstellungen u​nd den Preisen seiner Bilder nieder, sondern a​uch in d​er Allgegenwart v​on Van-Gogh-Motiven i​n Form v​on Kunstdrucken, Postern, Kalendern u​nd auf vielerlei Gebrauchsgegenständen.

Farbveränderungen

Die Veränderungen d​er von v​an Gogh verwendeten Farben beschäftigen d​ie Kunstforschung s​eit geraumer Zeit, d​a einige Bilder heutzutage deutliche Veränderungen gegenüber d​en von v​an Gogh beabsichtigten Farbwirkungen aufzeigen. Zu Beginn d​es Jahres 2013 w​urde bekannt, d​ass sich d​as Lieblingsgelb v​an Goghs j​e nach Farbmischung d​urch Lichteinstrahlung a​uf verschiedenen Bildern (u. a. Ufer d​er Seine [1887, Van Gogh Museum]) i​n Braun- u​nd Grüntöne verändert hatte. Neben chemischen Prozessen innerhalb u​nd zwischen d​en Farbmischungen u​nd der natürlichen UV-Strahlung d​es Sonnenlichts w​ird die Museumsbeleuchtung a​ls weiterer Hauptverursacher dieses Effekts angenommen. Einige Forscher warnen bereits v​or bestimmten LED-Lichtern.

In zahlreichen Briefen h​atte van Gogh über d​ie drei Versionen seines Gemäldes Schlafzimmer i​n Arles i​mmer von d​er verwendeten Farbe Lila (Violett) geschrieben. Die heutige Betrachtung d​er verschiedenen Gemälde g​ibt aber b​laue bis hellblaue Wände wieder. Im Frühjahr 2016 g​ab ein Team v​om Art Institute o​f Chicago, w​o eines d​er Bilder hängt, n​ach jahrelangen Untersuchungen d​en vermutlichen Grund für d​ie unterschiedlichen Farbbeschreibungen bekannt: d​urch Lichteinwirkung s​eien die Farben verblasst u​nd insbesondere d​as Violett z​u einem Blau reagiert. Eine Labormitarbeiterin h​atte blaue Farbpartikel a​us dem Chicagoer Bild untersucht u​nd entdeckte n​ach dem Umdrehen, d​ass deren Rückseiten n​och violett waren. Untersuchungen a​n den anderen beiden Versionen d​es Gemäldes (im Van Gogh Museum, Amsterdam, u​nd Musée d’Orsay, Paris) bestätigten dieses Ergebnis.[22][23]

Kunstmarkt

Roter Weinberg (1888)
Mohnfeld (1889), Kunsthalle Bremen

Welche Bilder Vincent v​an Gogh z​u Lebzeiten verkauft hat, k​ann heutzutage n​icht mehr nachvollzogen werden. Entgegen d​er verbreiteten Behauptung, e​r habe n​ur ein einziges Werk verkauft, könnten e​s durchaus z​ehn gewesen sein. Dokumentiert i​st bisher n​ur der Verkauf d​es Gemäldes Roter Weinberg a​n die belgische Malerin Anna Boch z​um Preis v​on 400 Francs a​uf einer Ausstellung i​n Brüssel 1890.

Kurz n​ach van Goghs Tod stiegen s​ein Ruhm, d​ie Verkaufszahlen u​nd die Preise. Zu d​en ersten Käufern gehörten Malerkollegen u​nd Personen a​us deren Umfeld. Eine frühe u​nd bedeutende Sammlerin w​ar Helene Kröller-Müller, d​ie 1909 erstmals e​in Van-Gogh-Gemälde erwarb. Aus i​hrer Sammlung g​ing später d​as Kröller-Müller Museum i​n Otterlo hervor, d​as heute, n​ach dem Van Gogh Museum i​n Amsterdam, d​en zweitgrößten Bestand a​n Van-Gogh-Bildern besitzt.

1910 erwarb Gustav Pauli für d​ie Kunsthalle Bremen d​as Mohnfeld für 30.000 Goldmark (entspricht 2013 e​iner halben Million Euro), w​as den Bremer Künstlerstreit auslöste.[24] 1929 zahlte d​ie Berliner Nationalgalerie für e​in Van-Gogh-Gemälde 240.000 Reichsmark (entspricht 2013 e​iner Million Euro).[25]

Die Preisexplosion a​uf dem internationalen Kunstmarkt betraf i​n den 1980er u​nd 1990er Jahren i​n besonderem Maße Gemälde v​on van Gogh.[26] Im April 1987 w​urde sein Gemälde Sonnenblumen für umgerechnet 39,9 Millionen Dollar b​ei Christie's i​n London versteigert. Dieser Betrag übertraf d​en vorherigen Höchstpreis für e​in jemals versteigertes Kunstwerk (ein Gemälde v​on Manet) u​m ein Vielfaches u​nd gilt a​ls der Beginn e​iner neuen Epoche d​es Kunsthandels, w​as die b​ei Auktionen erzielten Preise für Spitzenwerke d​es späten 19. u​nd frühen 20. Jahrhunderts anbelangt. Im November 1987 wurden v​an Goghs Schwertlilien für 53,9 Millionen Dollar b​ei Sotheby', New York versteigert u​nd im Mai 1990 s​ein Porträt d​es Dr. Gachet für umgerechnet 82,5 Millionen Dollar b​ei Christie's. Auch d​iese waren d​ie höchsten b​is dahin erzielten Auktionspreise für e​in Kunstwerk überhaupt.[26] Der Preis für Porträt d​es Dr. Gachet i​st bis h​eute der höchste für e​in Van-Gogh-Gemälde, u​nd erst 2004 w​urde dieser Wert d​urch ein anderes Kunstwerk (Junge m​it Pfeife v​on Picasso) übertroffen.

Fälschungen

Wirklich ein van Gogh? An diesem Selbstporträt scheiden sich die Expertenmeinungen.

Das Werk Vincent v​an Goghs w​ar seit j​eher ein ergiebiges Betätigungsfeld für Kunstfälscher. Außerdem wurden d​em Maler w​ohl ohne betrügerische Absicht Gemälde irrtümlich zugeordnet. Die Debatte u​m die Echtheit v​an Gogh’scher Bilder w​ird mit wachsender Intensität geführt.

Die ersten Fälschungen entstanden s​chon in d​en 1890er Jahren: b​ei einer Van-Gogh-Ausstellung i​n Paris 1901 mussten z​wei Gemälde a​ls nicht authentisch ausgesondert werden. Da d​as Fälschen s​ich damals w​egen der n​och niedrigen Preise eigentlich n​icht lohnte, dürften w​ohl Insider a​m Werk gewesen sein, d​ie die künftige Marktentwicklung vorhersahen. Der Verdacht d​er Kunsthistoriker fällt a​uf den Maler u​nd Gauguin-Freund Émile Schuffenecker[27][28] u​nd auf d​en Hobbymaler Dr. Gachet u​nd dessen Umkreis.[29]

1928 bewegte d​er Wacker-Skandal d​ie Kunstwelt. Der ‚Erotik-Tänzer‘ Otto Wacker b​ot in Berlin e​ine größere Anzahl v​on Van-Gogh-Bildern an, d​ie vermutlich s​ein Vater Hans Wacker angefertigt hatte. Der Skandal entstand, w​eil die Echtheit dieser Bilder zunächst v​on Experten bestätigt worden war.

33 Wacker-Fälschungen w​aren auch i​n dem 1928 erschienenen Werkverzeichnis v​on Jacob-Baart d​e la Faille enthalten; i​hre Echtheit musste später widerrufen werden. Die jüngste Auflage d​es Katalogs v​on de l​a Faille, 1970 erschienen u​nd bis h​eute ein Standardwerk, verzeichnet 913 Ölbilder, d​ie jedoch kritischer Überprüfung n​icht immer standzuhalten scheinen. Der Van-Gogh-Experte Jan Hulsker, Verfasser e​ines weiteren Werkverzeichnisses, versah 45 d​er von d​e la Faille aufgeführten 2125 Arbeiten m​it Fragezeichen.[30] Die Unsicherheit i​n der Fachwelt spiegelt d​ie Schwierigkeiten b​ei der Beurteilung: Diese k​ann häufig n​ur nach stilistischen Kriterien erfolgen; a​uch sind i​n Privatbesitz befindliche Werke d​er Überprüfung o​ft nicht zugänglich. Erschwerend k​ommt hinzu, d​ass van Gogh i​n seiner Pariser Periode unterschiedlichste Malweisen erprobte u​nd später v​om gleichen Motiv häufig mehrere Versionen anfertigte.

Im September 2013 w​urde das Gemälde Sonnenuntergang b​ei Montmajour a​us dem Jahr 1888 – d​as 1890 n​och zur Sammlung v​on Theo v​an Gogh gehörte, 1901 verkauft w​urde und l​ange Zeit a​uf einem Dachboden i​n Norwegen s​tand – n​ach neuesten Forschungsmethoden für e​cht erklärt u​nd im Van Gogh Museum ausgestellt.[31]

Seit Beginn d​es 21. Jahrhunderts w​ird van Goghs malerisches Werk a​uf 864 Bilder beziffert, e​ine Zahl, d​ie angesichts e​iner ganzen Reihe strittiger Gemälde[32] w​ohl noch korrigiert werden wird.

Filme (Auswahl)

Drama (Auswahl)

  • 2015: Messer am Ohr (Monologisierung der Briefe) durch Ines Eck

Romane

  • 1934: Irving Stone: Lust for Life; dt. Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1968, ISBN 978-3-499-11099-3.
  • 2013: J. R. Bechtle: Hotel van Gogh. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2013, ISBN 978-3-627-00190-2.
  • 2013: Jürgen Volk: Unbedingt. Van Gogh und Gauguin im gelben Haus. Plöttner, Leipzig 2013, ISBN 978-3-9553710-8-1.

Musik

  • Fré Focke: Tombeau de Vincent van Gogh, 20 Stücke für Klavier Solo (1951)
  • Arthur Lourié: Paysage de Sons, pour voix haute et piano (1958) – Paroles: Van Gogh, Fragment d'une lettre à son frère Théo, 5 juillet 1889, No 599
  • Don McLean: Vincent, Song (1971) (Starry starry night)
  • Grigori Frid: Briefe des van Gogh, Mono-Oper in zwei Teilen für Bariton – Klarinette, Schlagzeug, Klavier, Streicher op. 69 (1975) – Kleine Fassung für Bariton – Klarinette, Klavier und Violoncello
  • Rainer Kunad: Vincent, Oper (1975/76, Uraufführung 1979)
  • Bertold Hummel: Acht Fragmente aus Briefen von Vincent van Gogh für Bariton und Streichquartett op. 84 (1985) bertoldhummel.de
  • Einojuhani Rautavaara: Vincent, Oper in drei Akten (1986–1987)
  • Einojuhani Rautavaara: Vincentiana, 6. Symphonie (1992) – Satzfolge: I Tähtiyö (Starry night) II Varikset (The crows) III Saint-Rémy IV Apotheosis
  • Tupac Shakur: Starry Night (Gedicht in The Rose That Grew From Concrete, später vertont)
  • Gloria Coates: Symphony No. 9 (The Quinces Quandary) Homage to Van Gogh, 1992/93
  • Abel Ehrlich: Portrait of Vincent van Gogh at the Age of 27 für Solovioline und Streichquartett (2003)
  • Henri Dutilleux: Correspondances pour soprano et orchestra (2002–2004) – Satzfolge: I. Danse cosmique (P. Mukherjee) II. A Slava et Galina … (A. Solschenizyn) III. Gong (R. M. Rilke) IV. Gong II (R. M. Rilke) V. De Vincent à Théo … (V. van Gogh)
  • Bernard Rands: Vincent, Oper in zwei Akten (2011)
  • Eine spanische Band nennt sich: La Oreja de Van Gogh, was so viel bedeutet wie: Das Ohr von van Gogh.

Astronomie

Literatur

nach Autoren / Herausgebern alphabetisch geordnet
Falls nicht durch Einzelnachweise anders belegt, entstammen die Informationen in diesem Artikel den Büchern von Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Biographie, Vincent van Gogh – Werk und Wirkung und Vincent van Gogh und seine Vorbilder und von Viviane Forrester Van Gogh oder Das Begräbnis im Weizen sowie von Sjaar van Heugten: Van Gogh – die Zeichnungen und von Belinda Thomson: Van Gogh – Gemälde – die Meisterwerke.

Von Vincent van Gogh

  • Vincent van Gogh: „Manch einer hat ein großes Feuer in seiner Seele.“ Die Briefe. Hrsg.: Leo Jansen, Hans Luijten, Nienke Bakker. C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-68531-6 (Mit 110 Originalzeichnungen).
  • Vincent van Gogh: Sämtliche Briefe. Hrsg.: Fritz Erpel. Henschel Verlag, Ost-Berlin 1968 (6 Bände).
  • Paul Nizon: Van Gogh in seinen Briefen. Insel, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-458-31877-1

Biografien

  • Matthias Arnold: Vincent van Gogh. Biographie. Kindler, München 1993, ISBN 3-463-40205-X.
  • Matthias Arnold: Vincent van Gogh. Gefälschtes Leben, gefälschte Werke. Anderland Verlag, München 2003, ISBN 3-935515-03-0
  • Pascal Bonafoux: Vincent van Gogh: Das Licht der Farbe. Maier, Ravensburg 1990, ISBN 3-473-51013-0.
  • Manfred Clemenz: Van Gogh: Manie und Melancholie. Ein Porträt. Böhlau, Köln 2020, ISBN 978-3-412-51594-2.
  • Viviane Forrester: Van Gogh ou l'enterrement dans les blés, Seuil, Paris 1983; Übersetzung: Van Gogh oder Das Begräbnis im Weizen, Edition Nautilus Hamburg, 2003. ISBN 3-89401-406-7
  • Hans Kaufmann, Rita Wildegans: Van Goghs Ohr: Paul Gauguin und der Pakt des Schweigens. Osburg Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-940731-14-2
  • Stefan Koldehoff: Van Gogh – Mythos und Wirklichkeit. DuMont, Köln 2003. ISBN 3-8321-7267-X.
  • Stefan Koldehoff: Vincent van Gogh. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2003. ISBN 3-499-50620-3.
  • Steven Naifeh, Gregory White Smith: Van Gogh: the life. Profile Books, London 2011, ISBN 978-1-84668-010-6; Übersetzung: Van Gogh: sein Leben, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-10-051510-0, 1211 Seiten.
  • Uwe M. Schneede: Vincent van Gogh, Leben und Werk. (C. H. Beck Wissen in der Beck’schen Reihe Band 2310.) C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48010-1.
  • Gerd Stange: Vincent und Theo van Gogh: Das Atelier des Südens, Edition Contra-Bass, Hamburg 2021. ISBN 978-3-943446-54-8

Zum Gesamtwerk

  • Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Werk und Wirkung. Kindler, München 1995, ISBN 3-463-40206-8.
  • Matthias Arnold: Van Gogh und seine Vorbilder. Prestel, München 1997, ISBN 3-7913-1794-6.
  • Jacob-Baart de la Faille: The Works of Vincent van Gogh. His paintings and drawings. Meulenhoff, Amsterdam, 1970.
  • Neil Grant: Van Gogh. Verlag Edition XXL, Fränkisch-Crumbach 2005, ISBN 3-89736-330-5.
  • Sjraar van Heugten: Van Gogh – die Zeichnungen. Belser, Stuttgart 2005, ISBN 3-7630-2452-2.
  • John Rewald: Von van Gogh bis Gauguin. Die Geschichte des Nachimpressionismus. M. DuMont Schauberg, Köln 1987, ISBN 3-7701-2147-3 (Originaltitel: Post-impressionism. Übersetzt von Ursula Lampe, Anni Wagner).
  • Ingo F. Walther, Rainer Metzger: Vincent van Gogh – Sämtliche Gemälde. Benedikt Taschen Verlag, Köln 1989. ISBN 3-8228-0396-0
  1. Etten, April 1881 – Paris, Februar 1888.
  2. Arles, Februar 1888 – Auvers-sur-Oise, Juli 1890.

Zu einzelnen Werken

  • Belinda Thomson: Van Gogh – Gemälde – Die Meisterwerke. Hatje Cantz, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7757-1951-3.
  • Noll, Thomas: „Der große Sämann“. Zur Sinnbildlichkeit in der Kunst von Vincent van Gogh. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1994. ISBN 978-3-88462-112-7.

Zur Rezeption

  • Monika Kasper: Wirklichkeit und Wahn. Van Gogh in Literatur und Philosophie. Königshausen & Neumann, Würzburg 2019, ISBN 978-3-8260-6237-7.
Commons: Vincent van Gogh – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Google Arts & Culture. Abgerufen am 18. Juli 2021.
  2. Vincent van Gogh The Letters. Abgerufen am 18. Juli 2021.
  3. Gerd Stange: Vincent und Theo van Gogh: Das Atelier des Südens. Edition Contra-Bass, Hamburg 2021, ISBN 978-3-943446-54-8, S. 228.
  4. Gerd Stange: Vincent und Theo van Gogh: Das Atelier des Südens.
  5. Während der gemeinsamen Monate malte Vincent van Gogh keine Sonnenblumen, auch dürften ihm im November/Dezember keine frischen Blumen zur Verfügung gestanden haben. Gauguin schöpfte also aus der Vorstellung.
  6. Da van Gogh sich mit Hilfe eines Spiegels porträtierte, erscheint das verletzte linke Ohr als sein rechtes.
  7. Viviane Forrester: Van Gogh oder das Begräbnis im Weizen. 1. Auflage. Hamburg 2002, ISBN 3-89401-406-7.
  8. Brief 538
  9. Brief 429
  10. Brief 533
  11. Brief 520
  12. Brief 649
  13. Ingo F. Walther, Rainer Metzger: Vincent van Gogh – Sämtliche Gemälde, S. 486.
  14. Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Werk und Wirkung, S. 492f.
  15. Belinda Thomson: Van Gogh – Gemälde – Die Meisterwerke, S. 97f.
  16. La berceuse (frz.) = Frau, die eine Wiege wiegt; in ihrer Hand sieht man den Strick, den sie dazu benutzt. Bei der Dargestellten handelt es sich um Mme. Roulin.
  17. Post-Impressionism, moma.org, abgerufen am 5. April 2013
  18. 1919 in einem Brief an Gustav Pauli. In: Marina Bohlmann-Modersohn: Otto Modersohn – Leben und Werk, S. 236.
  19. Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Werk und Wirkung, S. 758.
  20. Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Werk und Wirkung, S. 800.
  21. Matthias Arnold: Vincent van Gogh – Werk und Wirkung, S. 808.
  22. Warnung vor LED-Leisten: Licht verfärbt Gemälde von Van Gogh, Spiegel Online vom 4. Januar 2013, abgerufen am 6. August 2016
  23. Schlafzimmer in Arles: Forscher entdecken wahre Farbe von Van-Gogh-Gemälde, Spiegel Online vom 15. Februar 2016, abgerufen am 6. August 2016
  24. Wulf Herzogenrath, Ingmar Laehnemann (Hrsg.): Noble Gäste. Meisterwerke der Kunsthalle Bremen zu Gast in 22 deutschen Museen. Hachmannedition, Bremen 2009, S. 148
  25. Kulturreport München, Sendung vom 30. März 2003
  26. Cynthia Saltzman: Das Bildnis des Dr. Gachet. Insel Verlag, 2000, ISBN 3-458-17015-4.
  27. Matthias Arnold: Wundersame Bildervermehrung. In: Die Zeit, Nr. 6/1998
  28. Matthias Arnold: Der echte und der falsche van Gogh. In: Die Weltwoche, Ausgabe 22/2009. Abgerufen am 7. Dezember 2017.
  29. Das Kabinett des Dr. Gachet. In: Die Weltwoche, Ausgabe 08/08. Archiviert vom Original am 11. Januar 2016; abgerufen am 13. November 2021.
  30. Timothy Ryback: The So-Called van Goghs. (Memento vom 7. Juli 2011 im Internet Archive) In: ARTnews, 2000 (englisch).
  31. Sonnenuntergang in Montmajour: Neues Van-Gogh-Gemälde entdeckt, spiegel.de, abgerufen am 9. September 2013
  32. Auflistung umstrittener oder bereits ‚abgeschriebener‘ Gemälde und Zeichnungen vggallery.com (englisch).
  33. Vincent und ich. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 18. November 2020. 
  34. Painted with Words (TV Movie 2010) – Release Info. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 25. September 2021.
  35. Minor Planet Circ. 16595

Die Briefzitate folgen d​er Wiedergabe i​n Matthias Arnold: Vincent v​an Gogh – Biographie s​owie Vincent v​an Gogh – Werk u​nd Wirkung.

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